Summary

This document provides an overview of anxiety disorders, covering various types, including phobic disorders, other anxiety disorders, obsessive-compulsive disorders, somatoform disorders, and other neurotic disorders. It also discusses the epidemiology, definition, etiology, and clinical aspects of anxiety disorders.

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## F4 - Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen - F40 phobische Störungen - F41 andere Angststörungen - F42 Zwangsstörung - F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen - F44 dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) - F45 somatoforme Störungen - F48 andere neuroti...

## F4 - Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen - F40 phobische Störungen - F41 andere Angststörungen - F42 Zwangsstörung - F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen - F44 dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) - F45 somatoforme Störungen - F48 andere neurotische Störungen ## Angststörungen ### Epidemiologie - Lebenszeitprävalenz ca. 15%, w>m. - In der ICD-11 werden die Störungen im Kapitel „Angst und mit Furcht verbundene Störungen“ zusammengefasst. ### Definition Angst - Die normale Angst (Realangst) dient als Schutzmechanismus und alarmiert bei Gefahren oder Bedrohungen, so dass entsprechende Reaktionen erfolgen können. - Eine pathologische Angst besteht, wenn die Angst auch in Situationen auftritt, von denen normalerweise keine Gefahr ausgeht. Sie wird unterteilt in phobische Angst, frei flottierende Angst und Panik. ### Teufelskreis der Angst am Beispiel einer Panikattacke - Der Beginn einer Panikattacke besteht häufig in der Wahrnehmung einer körperlichen Empfindung (z.B. Herzrasen), welche aufgrund einer angstauslösenden Situation oder Gedanken, jedoch auch physiologisch auftreten kann (z. B. bei körperlicher Anstrengung). - In dem Beispiel wird das Herzrasen als Gefahr bewertet: „Ich bekomme gleich einen Herzinfarkt oder falle in Ohnmacht!“ und sorgt für Angst und einer nachfolgenden Stressreaktion, so dass das Herz noch schneller schlägt, der Betroffene dies wahrnimmt und die Angst immer größer wird. - Wichtig in der Therapie ist, dem Patienten bewusst zu machen, dass das Herzrasen nicht immer gefährlich ist und durch Neubewertung aus dem Teufelskreis rauszukommen. ### Ätiologie - multifaktoriell, Vulnerabilitäts-Stress-Modell - neurobiologische Faktoren - genetische Disposition, familiäre Häufung - Neurotransmitterstörungen (z. B. GABA, Serotonin, Noradrenalin), reduzierte Inhibition der Amygdala - psychosoziale Faktoren: z. B. Traumata, chronische Überforderung, Stress, Verluste, Trennung - lerntheoretische Faktoren: - Zwei-Faktoren-Modell nach Mowrer - klassische Konditionierung: ein neutraler Reiz wird mit Angstreaktion gekoppelt → Entstehung der Angst - operante Konditionierung: Vermeidungsverhalten führt zur negativen Verstärkung → Aufrechterhaltung der Angst bzw. sogar Verstärkung der Angst - Modelllernen: z. B. Spinnenphobie der Mutter - biological Preparedness: erhöhte Bereitschaft für Angst, z. B. Dunkelheit, Gewitter, gefährliche Tiere - psychodynamische Faktoren: ungelöste frühkindliche Konflikte durch gegensätzliche Bestrebungen von Autonomie und Abhängigkeit, sowie eine unvollständig entwickelte Ich-Stärke, welche das Es mit dem Über-Ich nicht in Einklang bringen kann. ### Klinik - Reaktionen identisch bei Realangst und pathologischer Angst - emotionale Reaktionen: Angst - vegetative Reaktionen: Herzrasen, Palpitationen, Schwitzen, Zittern, Mundtrockenheit - kognitive Reaktionen: typische Gedanken „Gleich falle ich in Ohnmacht!", „Ich bekomme gleich einen Herzinfarkt!" - motorische Reaktionen/Verhalten: „flight" (Flucht, Vermeidung), „fight" (Kampf), „fright/freeze" (Erstarrung) ### Differenzialdiagnose: Vorkommen von Ängsten - Normale realistische Angst (Furcht, Realangst): Normale Angst vor einer gefährlichen Situation → Schutz vor Gefahren oder Schmerzen. ### Phobische Störungen - Angst bei Fehlen einer sofortigen Fluchtmöglichkeit → Angst vor Menschenmengen, öffentlichen Plätzen, Alleinreisen bzw. Entfernung von dem (schützenden) Zuhause. - Angst vor Situationen, in denen sie der Betrachtung und möglicherweise Kritik durch andere ausgesetzt sind. Angst vor kleinen Gruppen u. im Mittelpunkt zu stehen. - Angst ist auf spezifische Objekte bzw. spezifische Situationen begrenzt. ### Sonstige Angststörungen - Wiederkehrende schwere Panikattacken mit intensiver Angst, die abrupt auftritt und nicht vorhersehbar ist, bezieht sich auf kein konkretes Objekt bzw. Situation. - Flottierende Angst mit ständigem Grübeln und Sorgenmachen um Alltag u. Zukunft. - Ausgeprägte Angst vor der Trennung von Bezugspersonen durch die Furcht, dass diesen etwas zustoßen könnte. - Sprechunfähigkeit in bestimmten Situationen bzw. gegenüber bestimmten Personen, ängstlich und zurückhaltend in sozialen Situationen. ### Ängste bei anderen Erkrankungen - Zerebral: Enzephalitis, Morbus Parkinson, Chorea Huntington, Epilepsie, Tumor - Hormonal: Hyperthyreose, Hypothyreose, Phäochromozytom, Cushing-Syndrom - Metabolisch: Hypoglykämie, Elektrolytstörungen - Kardiogen: KHK (koronare Herzkrankheit), Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörung - Respiratorisch: chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, Asthma - Immunologisch: Allergien, Autoimmunerkrankungen - v.a. paranoide Schizophrenie, aber auch Prodromi der psychotischen Symptomatik; bizarre Ängste v.a. in Bezug auf Verfolgung, Beeinträchtigung und Beeinflussung - Ängste treten phasisch auf (während der depressiven Episoden). - Angst vor Verunreinigung oder dass etwas Schlimmes passiert, wenn Zwangs-handlungen nicht durchgeführt werden. - Auslöser ist ein traumatisches Erlebnis → wiederkehrende Flashbacks mit Angst. - Auslöser ist ein belastendes Lebensereignis, z. B. Tod des Partners, Jobverlust. - Körperliche Symptome stehen im Vordergrund und es besteht die Überzeugung, dass eine organische Ursache vorhanden ist. - Angst, zu dick zu werden - Angst vor sozialer Ablehnung und Kritik bei gleichzeitiger Sehnsucht nach Nähe und Lob, Gefühl der Unzulänglichkeit, große Minderwertigkeitskomplexe. - Konsum, Intoxikation oder Entzug von Drogen (z. B. Kokain, Amphetamine. LSD, Koffein), Alkohol oder Medikamenten (z. B. Benzodiazepine). ### Komorbiditäten - F10-F19 Substanzmissbrauch und -abhängigkeit: Alkohol, Drogen, Medikamente (Benzodiazepine) - F32 depressive Episoden - F40 phobische Störungen - F41 andere Angststörungen - F90 ADS/ADHS ## F40 Phobische Störungen - Bei den phobischen Störungen besteht eine Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten, wodurch bei den Betroffenen häufig Vermeidungsreaktionen auftreten. ### F40.0 Agoraphobie (Platzangst) - Epidemiologie: Erstmanifestation v.a. junges Erwachsenenalter, Lebenszeitprävalenz ca. 6%, w>m (3:1) - Ausschluss: nicht durch organische Störungen, Schizophrenie, affektive Störungen oder Zwangsstörungen ausgelöst - Definition: Die Agoraphobie ist die Angst vor Menschenmengen, vor öffentlichen Plätzen, dem Alleinreisen bzw. weiter Entfernung von dem (schützenden) Zuhause. ### Klinik - Die Symptome beschränken sich nur oder vorwiegend auf die gefürchteten Situationen oder auf Gedanken an sie. - Angstattacken: deutliche und anhaltende Furcht vor Menschenmengen, öffentlichen Plätzen, allein Reisen bzw. weiter Entfernung von zu Hause (Merkhilfe „MÖRE“) - Angst, Kontrolle zu verlieren, ohnmächtig zu werden oder einen Herzinfarkt bzw. Schlaganfall zu bekommen - Erwartungsangst,„Angst vor der Angst" - Vermeidungsverhalten der phobischen Situationen → Patienten gehen schlimmstenfalls nicht mehr aus dem Haus - Isolation, Berufsunfähigkeit - kann mit oder ohne Panikstörung auftreten; bei Panikstörung zusätzlich: - vegetative Symptome: Herzrasen, Palpitationen, Schweißausbrüche oder Kälteschauer, Tremor, Mundtrockenheit, Atembeschwerden, Schwindel, Übelkeit, Parästhesien, Beklemmungsgefühle, Brustschmerzen - psychische Symptome: Angst vor Kontrollverlust, Angst zu sterben, Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche, Benommenheit, Derealisation, Depersonalisation ### Merke! - Schlüsselsymptome bei der Agoraphobie ist das Auftreten von Angst bei Fehlen einer sofortigen Fluchtmöglichkeit oder rechtzeitiger Hilfe. ### Therapie - Ohne eine effektive Behandlung wird die Agoraphobie häufig chronisch. - Verhaltenstherapie: v.a. Reizkonfrontation (systematische Desensibilisierung, Reizkonfrontation in vivo, Flooding) - ggf. Pharmakotherapie: trizyklische Antidepressiva oder selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer ### Komorbiditäten - F10-F19 Substanzmissbrauch und -abhängigkeit: v.a. Alkohol, Medikamente (Benzodiazepine) - F32 depressive Episoden - F40-F41: ca. 75% leiden unter mindestens einer weiteren Angststörung, ca. 50% unter einer Panikstörung - F42 Zwangsstörungen - F45 somatoforme Störungen ### F40.1 Soziale Phobien - Synonyme: Soziophobie, soziale Angststörung, Anthrophobie, soziale Neurose - Epidemiologie: Erstmanifestation v.a. im Jugendalter, Lebenszeitprävalenz ca. 6-10%, m=w (Frauen evtl. etwas häufiger) - Definition: Bei der sozialen Phobie besteht die Angst vor Kontakt zu anderen Menschen (aus Angst vor Blamage oder negativer Bewertung) und die Angst, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Häufig haben die Betroffenen ein niedriges Selbstwertgefühl und Furcht vor Kritik. ### Klinik - Bei der sozialen Phobie erkennen die Betroffenen, dass die Angst übertrieben oder unvernünftig ist. - Angst vor Kontakt zu anderen Menschen (aus Angst vor Blamage oder negativer Bewertung) und Angst, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen - Ein direkter Augenkontakt wird als belastend empfunden → Blickkontakt wird vermieden - Meiden von Situationen, in denen sie sich der Betrachtung und Kritik durch andere ausgesetzt fühlen → Isolation, Schulverweigerung, Arbeitsplatzverlust - (Die Angst kann klar abgegrenzt sein, z.B. nur auf Essen oder auf das Sprechen in der Öffentlichkeit.) - Händezittern, Erröten, Schwitzen - Angst zu Erbrechen, Harndrang - Panikattacken möglich ### Therapie - Unbehandelt meist chronischer Verlauf, häufig mit depressiven Episoden - Psychotherapie: kognitive Verhaltenstherapie, soziales Kompetenztraining - Pharmakotherapie: SSRI, Moclobemid ### Merke! - Schlüsselsymptom ist die Angst vor Situationen, in denen sie sich der Betrachtung und möglicherweise Kritik durch anderen ausgesetzt fühlen. ### Komorbiditäten - F10-F19 Substanzmissbrauch und -abhängigkeit: Alkohol, Drogen, Medikamente (Benzodiazepine) - F32 depressive Episoden - F40-F41 andere Angststörungen ### Differenzialdiagnose - F60.6 ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung (ÄVPS): Bei der ÄVPS werden die Ängste als Bestandteil der Persönlichkeit angesehen (Ich-synton), während sie bei der sozialen Phobie als Störung und nicht Teil der Persönlichkeit angesehen werden (Ich-dyston). Bei der sozialen Phobie sind die Ängste meist eng umschrieben (z. B. Vorträge, Prüfungen), während sie bei der ÄVPS auf viele unterschiedliche Situationen bezogen sind. ### F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien - Epidemiologie: Erstmanifestation v. a. in der Kindheit, Lebenszeitprävalenz 8-20%, w>m (2:1) - ICD-10-Kriterien: Angst muss den Alltag stark beeinträchtigen oder mit persönlichem Leiden verbunden sein. - Definition: Bei den spezifischen Phobien besteht die Angst vor spezifischen Objekten bzw. vor umschriebenen Situationen. ### Klinik - Angst vor spezifischen Objekten bzw. umschriebenen Situationen - Angst kann nicht unterdrückt werden, obwohl den Betroffenen bewusst ist, dass die Angst übertrieben oder unangemessen ist. - Steigerung der Angstreaktionen ist bis zum Panikanfall möglich. - evtl. Ohnmacht, z. B. bei Blut- und Verletzungsphobien - Vermeidungsverhalten - erhöhtes Risiko für die Entwicklung weiterer Angststörungen und affektiven Störungen - Beispiele für spezifische Phobien - Aichmophobie: Furcht vor spitzen Gegenständen - Akrophobie: Höhenangst - Arachnophobie: Angst vor Spinnen - Aviophobie: Flugangst - Blutphobie, Spritzenphobie, Verletzungsphobie - Erythrophobie: Angst vor Erröten - Examensangst, Prüfungsangst - Klaustrophobie: Angst vor engen, geschlossenen Räumen - Mysophobie: Ansteckungsangst - Zoophobie: Angst vor Tieren ### Therapie - Meist besteht kein Behandlungsbedarf bei den Betroffenen, da die angstauslösende Situation im Alltag gemieden werden kann. - Verhaltenstherapie, Expositionstherapie/Reizkonfrontation - Verzicht auf Selbstmedikation mit Tranquilizern - Entspannungsverfahren - ggf. Hypnose - ggf. Pharmakotherapie bei schweren Verlaufsformen: SSRI ### Differenzialdiagnosen - Angst vor einer Ansteckung - normale Angst: z. B. Angst, sich beim Geschlechtsverkehr mit HIV anzustecken (→ Kondomnutzung) - spezifische Phobie (Mysophobie): Angst vor Schmutz und der Ansteckung mit Bakterien oder Viren → übertriebene Hygiene, Schutzmaßnahmen, Meiden bestimmter Situationen - Hypochondrie: generelle Angst davor, schwer krank zu sein oder zu werden, u.a. auch Angst vor Ansteckung → Meiden bestimmter Situationen - Angst vor spitzen Gegenständen: Diese kann auch bei F42 Zwangsstörungen auftreten, aus der Angst heraus, eine andere Person mit einem spitzen Gegenstand (z. B. Messer) zu verletzen. ## F41 Andere Angststörungen - Synonym: Angstneurosen - Die „anderen Angststörungen" umfassen die Angststörungen, bei denen die Angst das Hauptsymptom darstellt, aber nicht auf bestimmte Objekte oder Situationen bezogen ist. - Depressive Symptome, Zwangssymptome und Phobien können vorkommen, müssen aber für die Codierung F41 eindeutig sekundär oder weniger ausgeprägt sein. ### F41.0 Panikstörung - Synonyme: episodisch paroxysmale Angst, Panikattacke, Panikzustand - Epidemiologie: Erstmanifestation v.a. 20-30. Lebensjahr, Lebenszeitprävalenz ca. 2% (mit Agoraphobie 5%), w>m (2:1) - ICD-10-Zeitkritierien: - F41.00 mittelgradige Panikstörung: mindestens 4 Panikattacken in 4 Wochen - F41.01 schwere Panikstörung: mindestens 4 Panikattacken pro Woche über einen Zeitraum von vier Wochen - Definition: Bei einer Panikstörung kommt es zu wiederkehrenden schweren Panikattacken, die abrupt auftreten, nicht vorhersehbar sind und sich auf kein konkretes Objekt oder Situation beziehen → „objektlose Angst". ### Klinik - Es besteht eine sehr hohe Tendenz zur Chronifizierung. - wiederkehrende schwere Panikattacken mit abruptem Auftreten der Angst, die einige Minuten anhält - vegetative Symptome: Herzrasen, Palpitationen, Schweißausbrüche oder Kälteschauer, Tremor, Mund-trockenheit, Atembeschwerden, Schwindel, Übelkeit, Parästhesien, Beklemmungsgefühle, Brustschmerzen - psychische Symptome: Angst vor Kontrollverlust, verrückt zu werden oder auszuflippen, Angst zu sterben, Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche, Benommenheit, Derealisation, Depersonalisation - Im Verlauf entwickelt sich eine „Angst vor der Angst“ (Phobophobie) und ein agoraphobisches Vermeidungs-verhalten → starke Isolation, Berufsunfähigkeit, Schulverweigerung - bei ca. 30% der Betroffenen kommt es zu depressiven Episoden und/oder Substanzabhängigkeit ### Therapie - Ausschluss körperlicher Ursachen: z. B. Hyperthyreose, Herzerkrankungen, Herzrhythmusstörungen, Asthma - Psychotherapie: Psychoedukation, kognitive Verhaltenstherapie, tiefenpsychologische Therapie, Entspannungs-methoden (PMR, autogenes Training, Atemtherapie), Verhaltensexperimente (kognitive Vorbereitung, Drehstuhl), bei Agoraphobie Konfrontationstherapie - Pharmakotherapie: akut Benzodiazepine, langfristig SSRI (Citalopram, Paroxetin, Escitalopram, Sertralin) oder SSNRI (Venlafaxin) - sportliches Ausdauertraining ### Komorbiditäten - F10-F19 Substanzmissbrauch und -abhängigkeit: v.a. Alkohol, Medikamente (Benzodiazepine) - F32 depressive Episoden - F40-F41: Angststörungen: ca. 90% leiden unter mindestens einer weiteren Angststörung ### F41.1 Generalisierte Angststörung (GAS) - dazugehörige Begriffe: Angstneurose, Angstreaktion, Angstzustand - Epidemiologie: Erstmanifestation ca. 30. Lebensjahr oder 40.-50. Lebensjahr, Lebenszeitprävalenz ca. 6%, w>m (2:1). - ICD-10-Zeitkriterien: ≥ 6 Monate - Definition: Bei der generalisierten Angststörung bestehen ständige unbegründete Befürchtungen, ein permanentes Grübeln, motorische Anspannungen und vegetative Symptome. Die Ängste sind dabei nicht auf bestimmte Situationen oder Objekte begrenzt, sondern frei flottierend (ständig wechselnd). ### Klinik - ständiges Grübeln und sich-Sorgen-machen um Alltag und Zukunft - z. B. über zukünftiges Unglück, Geldprobleme, Arbeitsplatz/Schule, Gesundheit von sich und Angehörigen - Die Ängste sind nicht auf bestimmte Situationen/Objekte beschränkt, sondern frei flottierend. - Die Ängste bestehen, obwohl meist keine Gründe dafür vorhanden sind. - Angst zu sterben, Angst vor Kontrollverlust (,,verrückt zu werden" oder „auszuflippen"), Derealisation - motorische Anspannung - Muskelverspannungen, Oberbauchbeschwerden, Kopfschmerzen, akute und chronische Schmerzen - Beklemmungsgefühle, Kloßgefühl im Hals, Schluckbeschwerden - ständige Nervosität und innere Anspannung, Ruhelosigkeit mit Unfähigkeit der Entspannung, Schlafstörungen - vegetative Symptome: Herzrasen, Palpitationen, Tremor, Schweißausbrüche, Mundtrockenheit, Übelkeit, Schwindel, Harndrang ### Therapie - Psychotherapie: - kognitive Verhaltenstherapie, Konfrontationstherapie (Sorgenkonfrontation in sensu), Problemlösetraining - Entspannungsverfahren, Sport - evtl. psychodynamische Psychotherapie - Pharmakotherapie: SSRI (z. B. Paroxetin, Escitalopram), SNRI (z. B. Venlafaxin), evtl. Anxiolytika (z. B. Buspiron) - Phytotherapeutika: z. B. Passionsblume, Melisse, Hopfen, Baldrian ### Komorbiditäten - F10-F19 Substanzmissbrauch und -abhängigkeit: v.a. Alkohol, Medikamente (Benzodiazepine) - F32 depressive Episoden: sehr häufig - F40-F41: Angststörungen: ca. 90% leiden unter mindestens einer weiteren Angststörung - F60.6 ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung ### F41.2 Angst und depressive Störung, gemischt - Kategorie wird verwendet, wenn gleichzeitig Angst und Depressionen auftreten, diese jedoch nicht das Ausmaß erreichen, dass sie als Angststörung oder depressive Episode codiert werden können. - Für die Diagnose ist erforderlich, dass zusätzlich auch vegetative Symptome (z. B. Herzklopfen, Mundtrockenheit, Tremor) zumindest vorübergehend vorhanden sind. ### F41.3 Andere gemischte Angststörungen - Diese Kategorie wird verwendet, wenn die Kriterien für eine generalisierte Angststörung erfüllt sind und zeitgleich auch deutliche Symptome anderer Störungen aus dem Kapitel F40-F48 (v.a. Zwangsstörungen, dissoziative Störungen, Somatisierungsstörungen und hypochondrische Störungen) auftreten - die Kriterien zur Codierung der genannten Störungen jedoch nicht vollständig erfüllt sind.

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