06. Weckherlin Finanzpolitik PDF Lecture Notes
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Universität Zürich
2023
Dr. Philipp Weckherlin
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Summary
These lecture notes cover state finances and public governance, emphasizing the importance of good governance practices for the sustainability of state organizations. The author, Dr. Philipp Weckherlin, from University of Zurich, discusses the organization of the state, the sources of its financial data, income and expenses, balance sheets and potential best practices. The lecture notes provide a critical analysis of the current state of public governance and highlight the need for improvement.
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Vorlesung Finanzen des Staates/ Good Public Governance Universität Zürich - Oktober 2023 Dr. Philipp Weckherlin Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 1 Inhalt 1. Einführung 2. Entmystifizierung der Organisation Staat – eine Organisation wie jede andere auch 3. Woher stammen die...
Vorlesung Finanzen des Staates/ Good Public Governance Universität Zürich - Oktober 2023 Dr. Philipp Weckherlin Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 1 Inhalt 1. Einführung 2. Entmystifizierung der Organisation Staat – eine Organisation wie jede andere auch 3. Woher stammen die Zahlen 4. Ertragsseite des Staates 5. Aufwandseite des Staates 6. Bilanz des Staates (Schulden, Vermögen und Eigenkapital) 7. Führungsaspekte der Führung staatlicher Finanzzahlen 8. Best Practice und Dynamik 9. Ausblick und Zusammenfassung Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 2 Einführung Zur Person Unternehmer, Dr. oec. HSG, Finanzanalyst, ehemalig RPK- Präsident und Gemeinderat, Mitglied Bau- und Planungskommission 10 Jahre Beratung bei Boston Consulting Group und Roland Berger & Partner Begründer weltweiter (MSCI World) Corporate Quality Aktien Investmentstil 2001 Verfasser «Systematische Investments in Corporate Excellence», NZZ 2006 Erste Quality Equity Index weltweit (USA, Europa, CH, Emerging Markets, Welt) Begründer weltweiter Corporate Excellence Award mit NZZ, FAZ und «Die Presse» Pro Bono Projekt BCG zum Thema Quality bei Staaten 2009 Verfasser mehrerer Berichte zum Thema nachhaltige Staatsführung und Aufschalten von https://government-excellence.com oder https://www.centreforpublicimpact.org/ der BCG Toprankings weltweit «Morningstar» Nachhaltigkeit Mehrere «Lipper Fund Awards» Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 3 Zusammenfassung Zusammenfassung Dass der Staat für seine Eigentümer (und damit auch für kommende Generationen) nachhaltig geführt werden muss ist evident und offensichtlich. Dabei ist der Grundgedanke: «Staat als ewige gemeinnützige Genossenschaft». Dazu braucht es Transparenz, klare Verantwortlichkeiten, Rechenschaft, qualifiziertes Personal, ein Rollenverständnis von Politik und Verwaltung als Treuhänder, starke unabhängige Aufsicht und Schutzmechanismen für das Eigenkapital – aber dies alles fehlt In einer Demokratie sind Bürger nicht nur Steuerzahler, Stimmbürger oder Nutzniesser – sie sind auch Eigentümer. Eine feudalistische Gesinnung in Politik und Verwaltung (l’Etat c’est moi) kann aber ein gewichtiger Stolperstein sein bei der Wahrnehmung der Eigentümerinteressen Es besteht mit Neuseeland oder Norwegen eine Best Practice und wichtigste Führungsinstrumente (zb IPSAS) stehen für die nachhaltige Staatsführung zur Verfügung, und sie sind auch erprobt. Erfreulich ist, dass wichtige Exponenten bei internationalen Organisationen (zb IMF, OECD) , im Finanz- und Consultingbereich und zunehmend auch aus der Wissenschaft den Druck erhöhen. Eine markante Verbesserung der nachhaltigen good Public Governance ist KEINE Utopie! Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 4 2. Staat Organisation wie jede andere Gedankenspiel – würden Sie dieser Organisation Geld leihen? Ja aber nur weil es ein Staat ist! Business Case der Organisation: Erbringung von verschiedenen Leistungen im Bereich Bildung, Sicherheit, Infrastruktur, Gesundheit, Versorgung. Marktgrösse und 11 Mio Kunden. Dieser Servicekonzern hat eine marktführende Stellung in seinem Raum mit quasi monopolistischem Charakter. Gute Position in Städten aber auch auf dem Land. Einen führenden Teilhaber gibt es nicht, jeder Teilhaber hat lediglich eine Stimme. Es bestehen eklatante Defizite in der Markattraktivität, im Pricing, Debitorenmanagement, Beschaffungswesen, der Produktentwicklung, in den Produktionsanlagen. Eine Geschäftsstrategie ist kaum ersichtlich. Das Management entstammt weitgehend den Gründerfamilien – diese sind seit Anbeginn zerstritten. Keine der Good Governance Kriterien werden erfüllt – die Organisation ist „undermanaged“. Die Organisation wird im Finanzmanagement mit einer Free Cash Flow Betrachtung geführt. Bilanz und Erfolgsrechnungen bestehen nicht. Die Schuldensituation ist erdrückend und der Betrieb war in den letzten Jahren oft knapp an Liquidität. Die Rechnung ist nicht konsolidiert, einen aussagekräftigen Geschäftsbericht existiert nicht, ebenso wenig ein Testat einer unabhängigen Revisionsgesellschaft. Investoren finden keine Investor-Relationsabteilung. Die Organisation schreibt seit Jahren Verluste. Die Fix Kosten sind enorm und bislang kaum angetastet worden - eine Vollkostenrechnung besteht nicht, ebenso wenig sind die wichtigsten Prozesskosten bekannt. Bisherige Kostensenkungsmassnahmen waren nicht erfolgreich. Die Kapitalbindung wird nicht systematisch hinterfragt. Ein Eigenkapital wird nicht ausgewiesen, vermutlich ist es stark negativ. Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 5 2. Staat Organisation wie jede andere Staat: In der Realität kein Musterschüler per se am Thema Nachhaltigkeit… Leitet täglich zwischen 13 und 14 Tsd Tonnen Phosphatgips ins Mittelmeer in Tunesien Seit 60 Jahren eine «Dreckschleuder» in Süditalien, 40-50 Mio Euro Verlust pro Monat, ökologisch ein Sanierungsfall, immer wieder in Staatshand oder Staatsverwaltung Beispiel aus der Tagespresse (NZZ) – 2. Februar/9. November 2019 Bericht zu staatsnahen Konzernen Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 6 Illusion, dass der Staat immer gute Investitionen tâtigt … und auch beim Thema Investieren nicht Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 2. Staat Organisation wie jede andere 7 2. Staat Organisation wie jede andere Der Staat ist der wichtigste Wirtschaftssektor in jedem Land, auch in der Schweiz – seine betriebswirtschaftlichen und finanziellen Entscheide sind für die Volkswirtschaft höchst relevant Staat lebt von der misconception of legitimacy Principal-Agent Problem – auch beim Staat Staatsquoten – Staatsausgaben in % des BIP* Staat hat 3 Funktionen Principle agent problem: wissensvorsprung des Staats Land 2015 2016 2017 Finnland 58,3 58,3 58,1 Frankreich 56,8 56,2 55,9 Dänemark 55,7 54,8 53,5 Belgien 53,9 53,7 53,0 Österreich 51,7 51,4 50,7 Schweden 50,4 50,1 50,4 Griechenland 55,3 50,7 49,6 Italien 50,5 49,7 48,6 Portugal 48,3 46,6 45,8 Deutschland 43,9 44,3 44,5 Niederlande 44,9 44,3 43,7 Vereinigtes Königreich 43,2 42,6 42,0 Japan 41,4 41,5 41,6 Spanien 43,3 42,1 41,3 Luxemburg 41,5 41,5 40,9 Vereinigte Staaten 37,6 37,9 38,1 Schweiz 34,0 34,3 34,4 Volksrepublik China 31,3 31,9 32,2 Irland 35,1 32,4 31,5 Staatsquoten allerdings nicht gut vergleichbar * Als Quellen für die Staatsquote dienen einerseits die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und andererseits die Finanzstatistik. Internationale Vergleiche sind nur mit Einschränkung möglich, weil die Zusammensetzung der Staatsausgaben sowie die statistische Erfassung des Bruttoinlandsprodukts differieren. Staatsquoten sind lediglich eine grobe Indikation über das Ausmass der staatlichen Tätigkeit. Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 8 2. Staat Organisation wie jede andere Good Public Governance – weit entfernt von «Best Practice» wie man grosse Organisationen führt Wirtschaftliche Tätigkeit des Staates Erschafft Infrastruktur Erbringt Dienstleistungen Hauptaspekte einer guten Public Governance Beurteilung • Selbstverständnis von Politik, Regierung und Verwaltung als Treuhänder aller Eigentümer Wenig entwickelt Überwiegende Vertretung von Partikularinteressen • Hingabe zu Mehrwert, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit Wenig vorhanden Es fehlen die elementaren Führungskonzepte und Informationen • Rechenschaftspflicht Klassisches Management, Good Public Governance Staatsquote zwischen 26-und 56% Wenig vorhanden Hauptschwächen der heutigen Public Governance Es fehlen aussagefähige Geschäftsberichte • Zeitgemässe FührungsinformationsSysteme Nicht vorhanden Es fehlen die elementarsten Führungskonzepte und Informationen • Zweckmässige Organisation, klare Arbeitsteilung und Verantwortlichkeiten Nicht vorhanden Unklare Trennung von strategischer und operativer Ebene, Verpolitisierung der Sachebene, alle Ebenen operativ • Starke unabhängige Aufsicht Stark entwickelbar Unabhängigkeit fehlt, Mandat und Dotierung zu knapp • Qualifiziertes Management Nicht vorhanden Politiker ohne Ausbildung, in Verwaltung keine Finanzexperten, Juristen, Volkswirte Menschen sind besser gebildet, haben mehr fragen und wollen wissen was passiert. Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 9 2. Staat Organisation wie jede andere Eckwerte Bund - grösste Organisation im Land MITARBEITENDE 38 100 „Umsatz“: Verlust: Schulden Lfr. Fremdkapital: Bilanzsumme Eigenkapital: CHF 156 Mrd. CHF 0.7 Mrd. CHF 130 Mrd. CHF 363 Mrd. CHF 63 Mrd. (>90% zweckgebunden, nicht im klassischen Sinn anrechenbar) BUNDESVERWALTUNG STAMMHAUS BUND 20 100 ETH 34 100 5800 POST RUAG 34 200 1500 SBB SKYGUIDE 800 19 200 1500 ÜBRIGE SWISSCOM ÜBRIGE 16,1 MRD. LÖHNE UND GEHÄLTER Ausbezahlte Löhne und Gehälter an die Mitarbeitenden. Quelle: Konsolidierte Rechnung Bund 2022 Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 1,5 MRD. 10 UNTERNEHMEN Der Bund bietet 155 300 Vollzeitstellen an. Diese verteilen sich auf die Segmente Bundesverwaltung (59 000 Vollzeitstellen) und Unternehmen (96 300 Vollzeitstellen). 3. Woher stammen die Zahlen ? Verschiedene Quellen für Finanzzahlen des «Public Sectors» Statistiken Bund, Kantone, Gemeinden Entsprechen nur zum Teil Jahresrechnungen, nicht auditiert, nicht Teil der Führung Jahresrechnungen, Bund, Kantone, z.T. Gemeinden Nicht immer deckungsgleich mit Statistik, meistens auditiert, zum Teil Element der Führung Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 11 3. Woher stammen die Zahlen ? Eine Statistik ist nicht das selbe wie buchhalterisch abgestützte Jahresrechnung- Unterschied zum Teil Faktor zwei! Beispiel die Einnahmeseite Bund Bundesrechnung FS Statistik Konsolidierte Bundesrechnung 2018 2018 2018 2018 2017 Staat gesamt Bund SozialVersicherunge n Kanton e Gemeinde n Gesamt Fiskaleinnahmen Regalien und Konzessionen 211’220 188’088 3’431 71’712 68’321 921 62’836 46’072 86’886 47’997 2’429 43’778 29’055 351 Entgelte Verschiedene Einnahmen Transfereinnahmen Total ohne Fiskaleinnahmen Fiskaleinnahmen in % Gesamteinnahmen 18’187 874 640 23’132 89% 1’583 638 250 3’392 95% 829 4 15’930 16’764 73% 7’243 596 28’621 38’888 55% 8’529 127 5’716 14’723 66% 24.6 8.4 7.3 10.1 5.1 Total Einnahmen pro Einwohner in CHF Tsd. In der konsolidierten Jahresrechnung werden auch Sozialversicherungen und staatsnahe Organisationen (SBB, Post, ETH etc.) zusammengefasst Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 12 4. Ertragsseite Die Einnahmenseite gesamthaft – Fiskaleinnahmen zenral, für untere Ebenen auch Transfereinnahmen Am Beispiel Schweiz Steuereinnahmen wichtigste Ertragsquelle, davon vor allem die Einkommenssteuer Die Einnahmen des Staats: Zahlen in CHF Mrd. gemäss FS Modell, «Staat insgesamt» bereinigt um Doppelzählungen Gesamt Fiskaleinnahmen Regalien und Konzessionen Entgelte Verschiedene Einnahmen Transfereinnahmen Total ohne Fiskaleinnahmen Fiskaleinnahmen in % Gesamteinnahmen Total Einnahmen pro Einwohner in CHF Tsd. 2018 Staat gesamt 211’220 188’088 3’431 18’187 874 640 23’132 89% 2018 Bund 71’712 68’321 921 1’583 638 250 3’392 95% 24.6 8.4 2018 SozialVersicherungen 62’836 46’072 2018 Kantone 2017 Gemeinden 829 4 15’930 16’764 73% 86’886 47’997 2’429 7’243 596 28’621 38’888 55% 43’778 29’055 351 8’529 127 5’716 14’723 66% 7.3 10.1 5.1 Steuereinnahmen Trend Seit 1980 Doppelzählungen nicht ausgesondert im Vergleich das BIP: CHF Mrd. 689’545, Medianeinkommen bei CHF 50 Tsd Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 13 4. Ertragsseite Drei Steuerhoheiten – historisches Wachstum der Steuern auf Bundesebene Am Beispiel Schweiz Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 14 4. Ertragsseite Historisches Wachstum der Steuern auf Bundesebene - Bund 1848 zunächst schwach: nur Zolleinnahmen (indirekte Steuern) Kantone/Gemeinden: Einkommen und Vermögen (direkte Steuern). Ländliche Kantone aber eher später, weil die Bauern kein klar bestimmbares Einkommen hatten, sondern eher Vermögenssteuer (Grösse des Landstücks gut messbar) Nur im Krieg sind (waren bisher) Veränderungen des Steuersystems möglich - Zäsur 1915 wegen Erstem Weltkrieg: Bund erhebt direkte Steuern, läuft in den 1930er Jahren aber wieder aus - 1918 kommt Stempelsteuer hinzu - Erneuerung 1941: Wehrsteuer, bis heute temporär gültig als direkte Bundessteuer (2004 in einer Volksabstimmung bis 2020 verlängert), ausserdem WUSt (Mehrwertsteuer) - Bsp. GLP-Initiative „Energie- statt Mehrwertsteuer“: 92 Prozent nein Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 15 4. Ertragsseite Abschöpfung Ressourcenpotenzial nach Kantonen sehr unterschiedlich – Ressourcen selber aber auch Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 16 4. Ertragsseite Grosse Unterschiede bei den kantonalen Steuerbelastungen Natürliche Personen Unternehmen OECD Mindeststeuer wird dies nivellieren – Steuerwettbewerb ausgesetzt, Steuerkartell in Kraft gesetzt Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 17 Allgemein gilt CH als Steuerparadies - stimmt nicht ganz weil andere Länder haben Gesundheitskosten und so in den Steuern drin und wir nicht 4. Ertragsseite Nach der OECD ist die Schweiz ein Steuerparadies – aber beim genauer hinschauen relativiert sich dies! …..denn Zwangsabgaben (PK und KKV) sind nicht eingerechnet …..ausserdem besteht eine starke Progression (je nach Kanton und Gemeinde) …..aus dem selben Grund ist im internationalen Vergleich die Schweizer Staatsquote ebenfalls systematisch zu tief gerechnet Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 18 4. Ertragsseite Nur die wenigsten Steuerzahler sind in der Lage ihre eigenen Kosten zu tragen 85% können ihre Kosten nicht decken Ertragsqualität: wenig diversifiziet Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 19 5. Aufwandseite Die Ausgabenseite gesamthaft Aktualisierte Daten wegen Corona verschlechtert, Datenzugang schwieriger Hohe Wertschöpfung auch auf kommunaler Ebene – international einzigartig Die Ausgaben des Staats: Zahlen in CHF Mrd. gemäss FS Modell, «Staat insgesamt» bereinigt um Doppelzählungen Staat insgesamt Bund SozialVersicherungen Kantone Gemeinden Mio. CHF Gesamtausgaben 2018 216175 2018 69591 2018 62800 2018 89495 2017 48750 Allgemeine Verwaltung 16000 6256 5046 5594 Öffentliche Ordnung und Sicherheit, Verteidigung Bildung Kultur, Sport und Freizeit, Kirche 16639 6132 8164 3089 38124 5650 7080 533 25157 1881 13086 3380 Gesundheit Soziale Sicherheit 15579 87279 286 22466 13284 19702 2022 9256 Verkehr und Nachrichtenübermittlung Umweltschutz und Raumordnung 16601 9378 5953 4605 6137 1044 1548 4420 Volkswirtschaft Finanzen und Steuern 8463 5703 5772 10643 214 4780 3979 1508 1790 Pro Einwohner in CHF Tsd. 25.2 8.1 7.3 10.4 5.7 62586 Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 20 5. Aufwandseite Die Ausgabenseite nach Einheiten wiederspiegelt Arbeitsteilung über die föderativen Einheiten Bund Gemeinden Kantone Sozialversicherungen Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 21 5. Aufwandseite Die Entwicklung der Staatsausgaben - Defizite Erfolgsrechnung Ertrag Aufwand Erfolg 1990-2017 1990-2018 1990-2018 1990-2017 Staat Bund Kantone Gemeinden 2.90% 3.2% 3.2% 2.0% 2.87% 2.9% 3.2% 2.1% 3.55% seit 2008 Überschüsse 7.1% -0.1% «Aufwand» enthält auch «Nicht Betrieblicher Aufwand» – deshalb Zahlen leicht unterschiedlich Sektor Staat Mio. CHF Betrieblicher Aufwand Personalaufwand Sach- und übriger Betriebsaufwand Rüstungsaufwand Abschreibungen auf das Verwaltungsvermögen Einlagen in Fonds und Spezialfinanzierungen Transferaufwand 2017 211’758 52’110 24’881 873 11’478 2’419 119’997 Wachstum CAGR Seit 1990 2.95% 1.86% 1.52% Seit 2000 2.21% 1.19% 0.68% Seit 2010 2.0% 2.0% 1.2% 1.5% 4.4% 4.2% -1.06% -0.45% 3.68% 0.7% -0.4% 2.4% • Aufwände wachsen auf allen Ebenen stärker als das BIP (Wachstum seit 1990 mit 1.46%) • Am stärksten wachsen Personal- und Transferaufwand Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 Die wichtigsten Defizite: Der Staat kennt seine Vollkosten nicht: • Kostenrechnung fehlt • Gemeinkosten nicht umgelagert • Kapitalkosten nicht zugerechnet • Deshalb Rechnungen immer nur auf Teilkostenbasis • Opportunitätskosten werden nicht erfasst Dadurch entstehen Fehlentscheide, insbesondere wenn mit Angeboten Dritter verglichen wird Kosten-Nutzenanalysen sind nicht existent – sogar bei den mit Abstand größten Posten (Subventionen) nicht 22 5. Aufwandseite Dem Personal des Staates geht es sehr gut – und es wächst schnell Ohne Fringe Benefits Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 23 6. Bilanz Die Staatsbilanz – und die verschiedenen föderativen Ebenen/Einheiten Aktualisierte Daten wegen Corona verschlechtert, Datenzugang schwieriger Die Bilanz des Staats: Zahlen in CHF Mrd. gemäss FS Modell Zur Erinnerung Bilanz: Aktiven Vermögen Passiven Schulden Eigenkapital Bilanzsumme Bilanzsumme in CHF Mio. Bilanzpositionen/Jahr Finanzvermögen Verwaltungsvermögen Fremdkapital (FK) Eigenkapital (EK) Eigenkapital Anteil EK pro Einwohner in CHF Tsd. FK pro Einwohner in CHF Tsd. EK und FK pro Einwohner in CHF Tsd. Sektor Staat 2018 177792 251648 299227 130213 30% 15194 Bund Sozialversicherungen Kantone Gemeinden 2018 33335 130776 150354 13756 8% 1605 2018 39944 1291 1994 39241 95% 4579 2018 57265 69521 88775 38011 30% 4435 2017 51751 58339 67466 42625 39% 4974 34916 17544 233 10359 7872 50110 19149 4812 14794 12846 • Tiefes EK beim Bundgeringer Puffer • Gutes EK bei Gemeinden und Kantonen • Beachtliche Beträge pro Einwohner gerechnet • Die statistischen Daten basieren allerdings NICHT auf den konsolidierten Rechnungen Im Staat wird nicht betriebsnotwendiges Finanzvermögen und das betriebsnotwendige Verwaltungsvermögen unterschieden. In beiden Vermögensklassen, mehr aber im Verwaltungsvermögen, sind stille Reserven beinhaltet. Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 24 6. Bilanz Im internationalen Vergleich gilt die Schweiz als «Musterschüler» was die Verschuldung betrifft DEPT/GDP Betrachtung • Vergleichsweise tiefe (dh. positive) Debt/GDP Werte für die Schweiz und damit geringe Verschuldung im Vergleich (auf unkonsolidierter Basis gerechnet) Aber: • Schulden werden zu nominellen und nicht zu ökonomischen Werten gerechnet, was «schlechte» Staaten unnötig «bestraft» • Basis ist jeweils NICHT die konsolidierte Bilanz • Konzeptionell absolut unsinnig, die Schulden eines Wirtschaftssubjekts mit dem Einkommen anderer Wirtschaftssubjekte zu vergleichen • Schulden müssten wenn, dann mit dem Vermögen verglichen werden • Zudem werden nur explizite, nicht aber implizite Schulden herangezogen https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/8ccf5c38-en.pdf?expires=1600440904&id=id&accname=guest&checksum=A49B8020464B2429F432FA21EE049971 Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 25 6. Bilanz Das gute Bild der Schweiz relativiert sich, wenn die impliziten Schulden miteinbezogen werden • In den impliziten Schulden sind auch nicht oder nicht genügend nachhaltig finanzierte Verpflichtungen beinhaltet • Dazu gehören schwergewichtig Verpflichtungen aus dem Gesundheitsbereich und aus dem Bereich der Sozialkosten • Unter Einbezug dieser Faktoren ist die Schweiz nicht mehr Musterschüler • Aus buchhalterischer Sicht handelt es sich aber nicht immer um «Schulden» im herkömmlichen Sinne, da die Verpflichtungen abstrakt sind und nicht einem «Konto» eines Begünstigten wie in einem Vertrag gutgeschrieben werden – die Verpflichtungen könnten durch Gesetzesänderungen einseitig jederzeit geändert werden Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 26 Problem Konsolidierung - erheblicher Einfluss: Kantone zum Teil reine Willkür 6. Bilanz Unterschied Bilanz zum Beispiel beim Bund >Faktor 2 Bundesrechnung 2019 Konsolidierte Rechnung 2019 Konsolidierungsregeln sind bei Kantonen sehr willkürlich – Beispielweise im Kanton Zürich wo ZKB, GVZ… nicht konsolidiert Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 27 6. Bilanz Staat arbeitet sehr kapitalintensiv – Frage: »Muss man nur für ein Glas Milch die ganze Kuh besitzen» Konsolidierte Bilanz Bund im Vergleich – beachtliches Gewicht* hinzukommen Kantone und Gemeinden CHF Mrd. per Ende 2019 380 370 360 350 340 330 320 310 300 290 Gesamtkapital Nestle, Novartis*, Roche Gesamtes Kreditvolumen Schweizer Unternehmen Gesamt Bilanz Bund Konsoli diert *Novartis USD umgerechnet in CHF zum Kurs von 0.9436 (Juni 2020) Abbildung 1: Die konsolidierte Bilanz des Bundes im Vergleich, eigene Darstellung Quelle: Geschäftsberichte, Kreditvolumenstatistik SNB, Konsolidierter Geschäftsbericht Bund * ohne Berücksichtigung stille Reserven, SRG und Suva und auch ohne SNB Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 28 6. Bilanz Hohe Selbstfinanzierung – Kein Qualitätsmerkmal, weil Staat meist ein undisziplinierter Investor ist Der Selbstfinanzierungsgrad [beim Staat] «Der Selbstfinanzierungsgrad errechnet sich durch die Formel: (Selbsterwirtschaftete Mittel /Nettoneuinvestitionen)* 100. Die selbsterwirtschafteten Mittel entsprechen – vereinfacht gesagt – dem Mittelfluss aus der betrieblichen Tätigkeit («Cashflow from Operations»). Nettoneuinvestitionen sind die Neuinvestitionen abzüglich der in derselben Periode veräusserten Anlagen. Ertrag in% Aufwand im 3-Jahres Mittel Kantone Selbstfinanzierung in % der Netto Investitionen im 3-Jahres Mittel (vor Corona) * Median 102 * Durchschnitt 102 116 124 106 137 Eidgenossenschaft Netto Schulden je Einwohner im 3-Jahres Mittel Wachstum Netto Schulden je Einwohner 10 Jahre 1113 6.2% 2313 0.7% 12564 -2.3% Im Gegensatz zu börsenkotierten Unternehmen ist ein hoher Selbstfinanzierungsgrad bei Staaten kein Zeichen von Stärke. Bei börsenkotierten Unternehmen wird vorausgesetzt, dass sie im Wettbewerb stehen, Wachstum finanzieren, disziplinierte Investoren und Bilanzbewirtschafter sind, ihre Kapitalkosten korrekt rechnen sowie hohen Transparenz-, Rechenschafts- und Corporate-Governance-Ansprüchen genügen. Erfolgreiche Unternehmen stossen nicht betriebsnotwendige Vermögen konsequent ab und prüfen neben einer teuren Selbstfinanzierung auch eine billigere Fremdfinanzierung. Zudem fällen sie konsequente Make-or-Buy-Entscheide. Staaten hingegen, als ewige gemeinnützige Genossenschaften konzipiert, sind weder dem Wachstum noch dem Gewinn verpflichtet und stehen nicht im Wettbewerb. Dies macht sie zu nachlässigen Investoren und Bilanzbewirtschaftern. Disziplinierte und korrekt gerechnete Make-or-Buy-Entscheide sind hier nicht der Regelfall – und wenn, dann rechnet der Staat nicht mit den Vollkosten, vor allem wird das Eigenkapital als «gratis» betrachtet. Kommt hinzu: Viele Protagonisten in Verwaltung und Politik sind nach wie vor der Meinung, dass man «die Kuh im Eigentum haben muss, um ein Glas Milch zu bekommen». Im Gegensatz zu börsenkotierten Unternehmen veräussert der Staat die nicht mehr betriebsnotwendigen Vermögen nur selten. Kaum ein Thema sind auch das Bilanzwachstum und die daraus folgenden Kosten – ebenso wenig wie die Vermögensverwaltung oder der Schutz des Eigenkapitals. Eine Fremdfinanzierung wird meist gar nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, die Regel ist die Selbstfinanzierung über Steuergelder. [1] https://www.unil.ch/idheap/fr/home/menuinst/unitescompetences/finances-publiques/comparatif-des-financescantonales-et-communales/vergleich-der-kantons--und-gemeindefinanzen.html Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 29 6. Bilanz Bilanz und Kapitalbindung kostet – und zwar richtig viel! Bei staatlichen Investitionen fallen diverse Kosten an. Dazu gehören insbesondere: • Abschreibungen • Ersatzinvestitionen • Unterhaltskosten • das Management der Anlage selbst und • allenfalls entgangene Gewinne, weil die Anlage nicht kostendeckend «vermietet/genutzt» wird. Bei einer auf 50 Jahre ausgelegten staatlichen Investition können diese jährlichen Kosten problemlos 5 bis 6 Prozent des Investitionsvolumens ausmachen. Hinzukommen die Kapitalkosten. Die Kosten der Bilanz sind meistens «gebundene» sprich fixe Kosten und diese schränken den Budgetspielraum ein Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 30 Führung der Staatsfinanzen Verschiedenen Rechnungen beim Bund – ohne SRG und Suva Schulden Bremse ist nicht genug - betrifft das Eigenkapital nicht Organisationen/Einheiten Die Konsolidierungseinheiten der KRB lassen sich wie folgt kategorisieren: • Stammhaus Bund: unterliegt der Schuldenbremse • Fonds mit Sonderrechnung • Dezentrale Verwaltungseinheiten mit eigener Rechnung • Unternehmen mit Bundesbeteiligung • Sozialversicherungen des Bundes Staatsrechnung Konsolidierte Rechnung Geführt wird vor allem der Mittelfluss des Stammhauses, nicht aber die konsolidierte Rechnung (ps in Kantonen und Kantonen besteht meist keine konsolidierte Rechnung) https://www.efv.admin.ch/efv/de/home/finanzberichterstattung/finanzberichte/konsolidierte_rg_bund.html: Bericht 2019, Seite 23 Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 31 Führung der Staatsfinanzen Bestrebungen aktuell: Bundesrechnung (nicht konsolidiert) anzupassen – Ziel : Angleichung Mittelflussrechnung an Erfolgsrechnung – aber Bilanz und konsolidierte Sicht NICHT im Fokus Doppelte Buchhaltung: zahlen gehen nicht verloren und machen Probleme deutlicher Letztes Projekt der EFV Damit entsteht wieder eine neue Sonderrechnung - Erhöhung der Intransparenz statt Reduktion – konsolidierte Betrachtung, Bilanzeinbezug und Verknüpfung der Schuldenbremse mit dem Eigenkapital wären naheliegender Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 32 Führung der Staatsfinanzen Dadurch fällt es auch nicht auf, dass die grösste Position der konsolidierten Bundesrechnung Schieflage hat: Postfinance: 1/4 des Eigenkapitals, 1/3 der Bilanzsumme Variante 1: Die bundesrätliche Variante Verlust CHF 4 Mrd. Variante 2: Postfinance geht an den Bund Verlust CHF 3 Mrd. Aufhebung Kreditverbot und sofortige Teilprivatisierung Eine Postfinance hat heute, unter Berücksichtigung der schwierigen Ausgangslage sowie den marktüblichen Preisabschlägen für Banken an der Börse bei einer Teilprivatisierung einen geschätzten Wert von maximal CHF 2 Mrd. (für 100%). Bei einer Teilprivatisierung unter dem Dach der Post AG müssten Bund und Post AG rund CHF 4 Mrd. abschreiben. Rund CHF 1 Mrd. würden über den Verkauf der Aktien wieder zurückfliessen, allerdings würde der Bund ca. 50% des Aktienkapitals abgeben. Rund 17% des Eigenkapitals des Bundes würden damit vernichtet und die Postfinance bliebe die grösste Position in der Bilanz des Bundes. Aufhebung Kreditverbot und Teilprivatisierung bei ersten Ergebnisverbesserungen Das Herausschälen an den Bund hätte wie bei der Variante 1, einen sofortigen Nettoabschreiber von CHF 4 Mrd bei Bund und Post zur Folge. Dank besseren Erträgen könnte jedoch zu einem späteren Zeitpunkt ein um CHF 1 Mrd. höherer Erlös, also eine Verdoppelung, bei der Teilprivatiserung erwartet werden. Dies reduzierte den Abschreibbedarf bei Bund und Post AG auf netto ca. 3 Mrd. Bei dieser Variante verbliebe die Postfinance die grösste Position in der Bundesbilanz, aber es müssten mittelfristig lediglich gut 12% des Eigenkapitals des Bundes abgeschrieben werden. Variante 3: Geordnete Liquidation der Postfinance Breakeven Variante 4: Verkauf der Postfinance an einen Dritten Gewinn CHF 1 Mrd. Liquidation und Verkauf aller Anlagen Bei einer geordneten Liquidation der Postfinance würden alle Anlagen verkauft, Reserven aufgelöst, die Kundengelder zurückbezahlt und ein Sozialplan erstellt. Teile des Geschäfts könnten verkauft werden. Diese Variante (wenn sich die Reserven auf dem Anlagevermögen im marktüblichen Rahmen bewegen) dürfte dazu führen, dass das Eigenkapital der Post gerade gedeckt werden kann, und weder Bund noch Post AG einen Abschreiber vorzunehmen haben. Das Eigenkapital von Bund und Post wäre geschont und unverändert, die Bundesbilanz würde durch den Wegfall der Postfinance deutlich verkleinert. Verkauf des Gesamtunternehmens In der Schweiz gibt es potenziell zwei, maximal drei Unternehmen, welche eine Postfinance übernehmen könnten. Im Ausland sind mehre Abnehmer denkbar. Für einen potenziellen Übernehmer der Postfinance, unter der Annahme dass diese keine Einschränkungen (Kreditverbot, Grundversorgungsauftrag) mit auf den Weg bekäme, dürfte das Unternehmen heute etwas über dem Wert des Eigenkapital verkauft werden können. Die Bundesbilanz wäre deutlich entlastet durch den Wegfall der Postfinance und das Eigenkapital sowohl von Post AG als auch vom Bund würde gestärkt https://www.finews.ch/news/banken/43650-postfinance-miss-management-bundesrat-volksvermoegen-varianten-philipp-weckherlin Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 33 Führung der Staatsfinanzen Die Ausklammerung der Bilanz in der Steuerung führt zu Fehlstrategien und Fehlentscheiden Beispiele • Die Resilienz einer Organisation kann NUR unter Einbezug einer guten Bilanz mit einer soliden Eigenkapitalquote (und einer ausreichenden Liquidität) sichergestellt werden • Ohne Einbezug der Bilanz können keine Vollkosten gerechnet werden. Kostenvergleiche basieren sodann auf Teilkosten und dies führt zu Fehlentscheidungen • Ohne umfassendes Kostenverständnis auf Vollkostenbasis erfolgt kein effektives Kostenmanagement • Ohne Bilanzsicht werden unnötige Kosten generiert und Ertragspotenziale übersehen, die Vermögensverwaltung geniesst kein Augenmerk • Umverteilungssysteme (zb Finanzausgleichssysteme) ohne Bilanzbezug führen dazu, dass Vermögende Gebietskörperschaften vermögend bleiben oder noch vermögender werden - das widerspricht der Solidarität https://www.finews.ch/news/banken/43650-postfinance-miss-management-bundesrat-volksvermoegen-varianten-philipp-weckherlin Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 34 Finanzvermögen Verwaltungsvermögen Bundesunternehmen Strategische Führung durch Eignerrolle Aufsicht Bestellerrolle Regulatorenrolle Swisscom Verwaltungsrat UVEK/EFV** EFK/ROR* Bakom ComCom Post • Postauto • Postfinance Verwaltungsrat UVEK/EFV** EFK/ROR* Bakom BAV (Postauto) Bakom PostCom ? + BAV • Finma? SBB Verwaltungsrat UVEK/EFV** EFK/ROR* BAV RailCom Skyguide Verwaltungsrat UFEK/EFV** EFK/ROR* BAZL Na + BAZL Ruag Verwaltungsrat VBS/EFV** EFK/ROR* ARMASUISSE ? Na Na (kein Eigentum) Na Na BVE EICom Oberaufsicht Preisüberwacher Hinzukommen Schwächen bei der Governance der Bundesbetriebe: IST Führung der Staatsfinanzen Bundesrat Verwaltungsgericht Parlament Bundesgericht WEKO *ROR= Aktienrechtliche Revision gemäss OR ** EFV als «Junior Partner» Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 35 Führung der Staatsfinanzen Governance der Bundesbetriebe: SOLL Finanzvermögen Bundesunternehmen Oberaufsicht Strategische Führung durch Eignerrolle Aufsicht Bestellerrolle und Bezahler Grundversorgung Best Policy Advice Regulatorenrolle (incl Preisüberwachung) Swisscom Verwaltungsrat EFV EFK/ROR* Parlament Bakom ComCom Post • Postauto • Postfinance Verwaltungsrat EFV EFK/ROR* Parlament Bakom BAV (Postauto) Bakom PostCom (Neue) MobilitätsCom** Finma SBB Verwaltungsrat EFV EFK/ROR* Parlament BAV (Neue) MobilitätsCom** Skyguide Verwaltungsrat EFV EFK/ROR* Parlament BAZL (Neue) AirCom Ruag Verwaltungsrat EFV EFK/ROR* Parlament ARMASUISSE ? Na Na (kein Eigentum) Na Na Na Parlament BVE EICom Bundesrat Verwaltungsgericht Parlament Bundesgericht * ROR= Aktienrechtliche Revision gemäss OR ** Es bräuchte eine MobilitätsCom fur Schiene und Strasse (darin wäre die heutige RailCom integriert) Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 (Weko) 36 Führung der Staatsfinanzen Staatsunternehmen sind nicht per se schlecht? Die Führung ist entscheidend! Auswertung des Corporate Excellence Awards – Staatsbetriebe im Vergleich mit ihren Peers https://blogs.faz.net/adhoc/2015/07/05/derstaat-ist-kein-guter-eigentuemer-1053/ Und: 2017 und 2018 gewann die Österreichische Post den Corporate Excellence Award als bestes Unternehmen Österreichs (NZZ, FAZ) Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 37 Führung der Staatsfinanzen Vorlage der OECD 2015 - Wie (SOE’s) State owned Enterprises geführt werden müssen Die OECD Forderungen im Kern – die Schweiz hat 2022 es wieder abgelehnt, diesen Empfehlungen zu folgen Im Kern fordert die OECD, dass das staatseigene Unternehmensportfolio wie ein Private Equity Portfolio nach dem Primat des Share Holder Value Managements geführt wird. Ferner soll jedes einzelne Unternehmen im Staatsbesitz, wo von der Grösse auch gerechtfertigt, den Governance Kriterien von börsenkotierten Unternehmen gehorchen. Dabei sind namentlich bezeichnete Herausforderungen, welche sich aus einem staatlichen Besitzverhältnis ergeben, zu vermeiden: • • • • • • Wenn ein Betrieb neben wirtschaftlichen Tätigkeiten auch politische Ziele zu verfolgen hat, dann sind diese separat auszuweisen und entsprechend zu entschädigen. Vom Staat delegierte Mitarbeiter in Führungsgremien dürfen keine Interessenskonflikte aufweisen und nicht in der Regulierung desselben Betriebs tätig sein und sie müssen den gleichen Anforderungen wie die übrigen (externen) Führungskräfte genügen. Auch wenn mehrere Regierungsstellen in die Definition der Zielsetzung eines Staatsbetriebs involviert sind, darf dies nicht zu einer Verwässerung der Gesamtverantwortung führen. Diese muss bei einem starken und kompetenten „Owneroffice“ gebündelt werden. Die Verwaltung sowie die demokratische Mitbestimmung müssen sich auf die Definition der strategischen Stossrichtung beschränken und dürfen nicht ins Tagesgeschäft eingreifen. Staateigene Betriebe dürfen weder durch steuerliche, finanzielle, juristische noch durch andere staatliche Privilegien begünstigt werden. Es ist allen Beteiligten in Regierung, Verwaltung und Parlament klarzumachen, dass sie lediglich Agenten sind und in ihrer Tätigkeit als Treuhänder des Bürgers agieren, welcher der Eigentümer und wirtschaftlich Berechtigte ist. Die OECD äussert sich nicht dazu, wann und ob ein staatseigenes Unternehmen privatisiert werden soll oder nicht. Sie geht aber davon aus, dass ihre Corporate Governance Richtlinien die Wertgenerierung für das Volk maximieren und damit eine Grundbedingung ist, um eine Privatisierung erfolgreich umzusetzen und die Werthaltigkeit der Beteiligung zu optimieren. http://www.oecd.org/corporate/guidelines-corporate-governance-soes.htm Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 38 Best Practice und Dynamik Die Überarbeitung der historisch gewachsenen Public Governance ist keine Utopie! • Neuseeland und auch Norwegen haben Pionierarbeit geleistet. Schweiz hat selber im Vergleich zu anderen Ländern grosse Schritte getan in diese Richtung, zum Beispiel Einführung HRM 2, Geschäftsberichte – aber (noch?) halbherzig in der Anwendung • Mit Rechnungslegungsgrundsätze IPSAS http://www.ipsasb.org/ für Staaten besteht ausgefeiltes Instrumentarium (analog IFRS oder US GAAP): «The International Public Sector Accounting Standards Board® (IPSASB®) works to improve public sector financial reporting worldwide through the development of IPSASB®, international accrual-based accounting standards, for use by governments and other public sector entities around the world.” • Die OECD http://www.oecd.org/corporate/guidelines-corporate-governance-soes.htm fokussiert auf besser geführte staatliche Unternehmen: «The OECD Guidelines on Corporate Governance of State-Owned Enterprises give concrete advice to countries on how to manage more effectively their responsibilities as company owners, thus helping to make state-owned enterprises more competitive, efficient and transparent.” • IMF https://www.imf.org/en/Publications/FM/Issues/2018/10/04/fiscal-monitor-october-2018#Infographic unterstützt eine zeitgemässere Financial Governance: «Managing Public Wealth: Public sector balance sheets bring together the entirety of what the state owns and owes, offering a broader fiscal picture beyond debt and deficits. Once governments understand the size and nature of public assets, they can start managing them more effectively, raising considerable additional revenue. Also, public sector balance sheet analysis allows for better risk management and policymaking. “ Eine Verbesserung der Public Governance muss man wollen und sich damit auseinandersetzen. Sie liebe Komilitoninnen und Komilitonen haben es in der Hand. Staat sollte Strategische und Operative Abteilung haben wie eine Firma weil es eine Art Firma ist Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 39 Zusammenfassung und Ausblick Schweizer Staatsfinanz-Governance – wo steht die Schweiz • Schweiz finanziell vergleichsweise gut – aber noch viel zu tun (kein «political committment» spürbar) • Schuldenabbau real, da und dort positives Eigenkapital – seit Corona aber am Schwinden • Entscheide werden immer noch oft da gefällt wo sie kosten – aber Föderalismus wird systematisch ausgehöhlt (Transferzahlungen) • Positiver Cash Flow bei Kantonen und beim Bund • Keine «Dreckschleudern» im Portfolio • Führt Rechnung nach internationalem Standard IPSAS (doppelte Buchhaltung) – aber mit Ausnahmen • Veröffentlicht Bilanz, Mittelfluss und Erfolgsrechnung beim Bund – nutzt sie aber nicht für das Finanzmanagement • Hat eine kompetente Aufsicht – diese ist aber unterdotiert • Steht finanziell nur unter Berücksichtigung stiller Reserven solide da – kaum solide Eigenkapitaldecke • Reduziert zentrale Governance Risiken institutionell durch föderative Strukturen • (Eid-) Genossenschaftsdanke der Organisation schwingt immer noch mit – aber viele Good Governance »Bemühungen» mit Alibicharakter Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 40 Best Practice und Dynamik Back-up Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 41 Best Practice und Dynamik Einige Länder geben tüchtig Gas • Neuseeland führt sein Land nach modernsten Governance Grundsätzen und mit IPSAS – seit vielen Jahren und sehr erfolgreich - und Australien ist auf dem besten Weg dazu • Jeder Politikbereich eine eigene Gesellschaft mit Bilanz, Erfolgsrechnung, strategischen Zielen (veröffentlicht), Geschäftsleitung mit CEO • • Das Pensionssystem ist auf «defined contribution» umgestellt worden • Etc. • Top Ratings, kaum Schulden, gutes Eigenkapital, gutes GDP Wachstum Einige Länder haben in entscheidenden Bereichen den Wohlstand gesichert (zb Norwegen) • Erdölprofite werden in einen Staatsfonds platziert, die Substanz erhalten und lediglich der Profit wird zu einem vordefinierten Prozentsatz verwendet • Staatseigene Betriebe werden nach modernsten Governance Grundsätzen geführt Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 42 Best Practice und Dynamik Einige Länder geben tüchtig Gas – zb Neuseeland – gutes Wachstum, top Ratings https://countryeconomy.com/ratings/new-zealand https://www.rbnz.govt.nz/statistics/key-graphs/key-graph-real-gdp Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 43 Best Practice und Dynamik Führende Beratungsunternehmen, Wissenschaftler und Finanzhäuser nehmen sich Thema zunehmend an CPI/Boston Consulting Group fokussiert auf Best Practice, z.B Studien: Neuseeland Norwegen https://www.centreforpublicimpact.org/ Neuste Literatur Herbst 2019 https://global.oup.com/academic/product/gr eat-policy-successes9780198843719?cc=us&lang=en& Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 Neuster Sigma Report 2019 Swiss RE https://www.swissre.com/institute/research/sigmaresearch/sigma-2019-05.html 44 Best Practice und Dynamik Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 45 Seit Oktober 2018 gibt auch der IMF Gas – wackelige Zahlen – aber immerhin Best Practice und Dynamik https://www.imf.org/en/Publications/FM/Issues/2018/10/04/fiscal-monitor-october-2018#Infographic Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 46 Best Practice und Dynamik Seit Oktober 2018 gibt auch der IMF Gas– wackelige Zahlen – aber immerhin erste Fakten (1) Leider Ergebnisse eines Datenmodells und nicht auf der Buchhaltung der Staaten abgestützt https://www.imf.org/en/Publications/FM/Issues/2018/10/04/fiscal-monitor-october-2018#Infographic Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 47 Best Practice und Dynamik Seit Oktober 2018 gibt auch der IMF Gas– wackelige Zahlen – aber immerhin erste Fakten (2) Schweiz Deutschland Aber trotz Modellcharakter: So schlecht sieht es gar nicht aus https://www.imf.org/en/Publications/FM/Issues/2018/10/04/fiscal-monitor-october-2018#Infographic Staatsfinanzen - Dr. Philipp Weckherlin, Oktober 2023 48