Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters PDF

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This document presents a lecture on adult development psychology. It explains the concept of developmental regulation and identifies strategies for successful development in adulthood. The key models explored include the SOK model and the theory of primary and secondary control.

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LEKTIONEN 3-6 Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters Dr. Christina Röcke Universität Zürich Healthy Longevity Center Universitärer Forschungsschwerpunkt “Dynamik Gesunden Alterns” Zentrum für Gerontologie (ZfG) Heutige Sitzung § Entwicklungsregulation & Handlungstheoretische Modelle erfol...

LEKTIONEN 3-6 Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters Dr. Christina Röcke Universität Zürich Healthy Longevity Center Universitärer Forschungsschwerpunkt “Dynamik Gesunden Alterns” Zentrum für Gerontologie (ZfG) Heutige Sitzung § Entwicklungsregulation & Handlungstheoretische Modelle erfolgreicher Entwicklung im Erwachsenenalter § Beispiel 1: Das SOK-Modell § Beispiel 2: Modell der primären und sekundären Kontrolle 2 Lernziele Entwicklungsregulation Sie kennen am Ende von Lektion 3-6 § die Annahmen, § wichtigsten Konstrukte, § Forschungsstrategien und § Befunde § zu Entwicklungsregulationsmodellen >> v.a. SOK-Modell & Lebenslauftheorie der Kontrolle 3 Entwicklungsregulation „… psychische, kognitive und behaviorale Prozesse und Mechanismen, mit denen Menschen das eigene Leben gestalten und in Einklang bringen mit Herausforderungen und Aufgaben, die sich aus ihren jeweiligen gesellschaftlichen, biologischen und psychischen Bedingungen ergeben.“ (Lang, Rohr & Wagner, 2012, S. 126). à Stichwort „Erfolgreiches Altern“ (z. B. M.M. Baltes & Carstensen, 1996) 4 Erfolgreiches Altern „ … Fähigkeit, auch im späteren Leben eine möglichst positive Bilanz aus Entwicklungsgewinnen und –verlusten zu erreichen und aus den gegebenen Möglichkeiten und Grenzen das Beste zu machen.“ (M.M. Baltes & Carstensen, 1996, zitiert aus Pinquart, 2007, S. 20) Oder kurz gesagt: Maximierung von Gewinnen, Minimierung von Verlusten (P.B. Baltes & M.M. Baltes, 1990) 5 Handlungstheoretische Modelle erfolgreicher Entwicklungsregulation Zwei Beispiele Modell der Selektion, Optimierung und Kompensation (Baltes & Baltes, 1990; Freund & Baltes, 2000) Modell der primären und sekundären Kontrolle / Lebenslauftheorie der Kontrolle (Heckhausen & Schulz, 1995) 6 Handlungstheoretische Modelle erfolgreicher Entwicklungsregulation Wie gelingt eine erfolgreiche Entwicklung über das Erwachsenenalter? § Entwicklungsaufgaben und Anforderungen an die Person verändern sich über das Erwachsenenalter § Verfügbarkeit von Ressourcen verändert sich über das Erwachsenenalter (Gewinne nehmen ab, Verluste nehmen zu) § Personen können ihre Entwicklung aktiv mit gestalten § Ziele spielen eine zentrale Rolle für die Entwicklungsregulation 7 Heutige Sitzung § Entwicklungsregulation & Handlungstheoretische Modelle erfolgreicher Entwicklung im Erwachsenenalter § Beispiel 1: Das SOK-Modell § § Einführung § Empirische Befunde § Kulturelles & individuelles Wissen zu SOK: Sprichwortstudie § Selbstbericht: Altersunterschiede § Selektion bei multiplen Zielen § SOK im Verhalten Beispiel 2: Modell der primären und sekundären Kontrolle 8 SOK-Modell: Allgemein § Ursprünglich von Baltes & Baltes (1990) als allgemeines Modell der Entwicklungsregulation entwickelt Margret M. Baltes 1939-1999 Paul B. Baltes 1939-2006 9 Prozesse der Lebensgestaltung: Selektion, Optimierung, Kompensation Allgemeine Definition § Selektion (S): Eingrenzung des Raumes möglicher Alternativen – Elektive Selektion (ES) – Verlustbasierte Selektion (LBS) § Optimierung (O): Erwerb und Einsatz von Mitteln zum Erreichen eines Ergebnisses § Kompensation (K): Erwerb und Einsatz von Mitteln, um Einschränkungen / Verlusten entgegenzuwirken 10 SOK-Modell: Grundannahmen (Freund & Baltes, 2000) § Individuen bestimmen durch Zielauswahl und Zielverfolgungsprozesse aktiv Richtung und Funktionsniveau ihrer Entwicklung mit. § Die Auswahl von Zielen (Selektion) konzentriert begrenzte Ressourcen auf eine begrenzte Anzahl von Zielen (Spezialisierung; Richtung). § Entwicklung umfasst Gewinne und Verluste. Prozesse der Zielerreichung (Optimierung) sind ebenso zentral für die Erklärung von Entwicklungsregulation wie Prozesse der Aufrechterhaltung des Funktionsniveaus angesichts von Verlusten (Kompensation). 11 Prozesse der Lebensgestaltung: Selektion, Optimierung, Kompensation Ein Beispiel Der 80jährige Arthur Rubinstein wurde oft gefragt, wie er es schaffe, sein hohes Niveau als Konzertpianist zu halten. Seine Antwort: Er verringerte sein Repertoire und übte diese Stücke öfter als früher. Weil er die ausgewählten Stücke nicht mehr so schnell wie früher spielen konnte, verlangsamte er vor besonders schnellen Passagen das Tempo. Im Kontrast erschienen diese Passagen dann wieder ausreichend schnell. Ø Erkennen Sie SOK-Prozesse wieder? 12 Prozesse der Lebensgestaltung: Selektion, Optimierung, Kompensation Ein Beispiel Der 80jährige Arthur Rubinstein wurde oft gefragt, wie er es schaffe, sein hohes Niveau als Konzertpianist zu halten. Seine Antworten entsprechen dem SOK-Prinzip: § Er verringerte sein Repertoire – Selektion. § Er übte diese Stücke öfter als früher – Optimierung. § Weil er die ausgewählten Stücke nicht mehr so schnell wie früher spielen konnte, verlangsamte er vor besonders schnellen Passagen das Tempo. Im Kontrast erschienen diese Passagen dann wieder ausreichend schnell – Kompensation. 13 Prozesse der Lebensgestaltung: Selektion, Optimierung, Kompensation Motivationale Ausrichtung SOK-Strategien im Kontext von Prozessen der a) Zielsetzung und der Zielverfolgung b) Annäherung an Gewinne und Vermeidung von Verlusten Zielsetzung Zielverfolgung Gewinn Elektive Selektion Optimierung Verlust Verlustbasierte Selektion Kompensation 14 SOK-Modell: Empirische Überprüfung I Sprichwortstudie: Kulturelles und individuelles Wissen zu SOK? 15 Subjektive Theorien der Lebensmeisterung § Kulturelles Wissen Gibt es Sprichworte, die S, O, K widerspiegeln? § Individuelles Wissen Inwieweit nutzen Individuen SOK-bezogene Sprichworte für Lebensmeisterung? 16 Kulturelles Wissen über SOK Grundgesamtheit: ca. 20’000 Sprichworte (Simrock, 1846/1991; Bayer & Bayer, 1985) Auswahl von Schritt 1: 418 Sprichworten Schritt 2: 156 Sprichworten § Entscheidungs- oder Handlungsmöglichkeit § eindeutig § bereichsunspezifisch § repräsentativ § überkonfessionell § verständlich § altersunspezifisch § modern Selektion 69 34 Optimierung 131 39 Kompensation 84 27 Alternativen 99 56 Schwer zuordenbar 35 17 Sprichwörter, die S, O, K widerspiegeln § Selektion • Man kann nicht auf zwei Hochzeiten zugleich tanzen. • Viele Handwerker verderben den Meister. § Optimierung • Übung macht den Meister. • Wie gerungen, so gelungen § Kompensation Freund & Baltes (2002): Auswahl von 36 Sprichwörtern für Studie: 18 SOK, 18 Alternativen • Fehlt es am Wind, so greife zum Ruder. • Wenn man nicht fischen kann, dann muss man jagen. § Alternativen • Man muss bisweilen fünf gerade sein lassen. • Übermut tut selten gut. 18 Individuelles Wissen über SOK: Sprichwortaufgabe Wenn etwas nicht mehr so gut läuft wie bisher.... …Was passt besser? Fehlt es am Wind, so greife zum Ruder. Zeit bringt alles, wer warten kann Freund & Baltes (2002) 19 Anzahl gewählt* Erwachsene wählen häufiger SOKbezogene als alternative Sprichworte in Lebensmeisterungssituationen 1 0.9 0.8 * 0 = Alternative, 1 = SOK Optimierung Kompensation 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 Selektion Zufall/ Keine Präferenz Jüngere Erwachsene Ältere Erwachsene (n = 31, 19-31J.) (n = 33, 59-70 J.) Freund & Baltes (2002, Studie 1) 20 Schnellere Wahl von SOK-Sprichworten SOK Alternative 8000 7500 7000 6500 AntwortZeit (ms) 6000 5500 5000 4500 4000 3500 3000 Jüngere Ältere (n=99, 19-32 Jahre) (n=96, 59-85 Jahre) Freund & Baltes (2002, Studie 2) 21 Kurze Zusammenfassung zu subjektiven Theorien der Lebensmeisterung § Kulturelles Wissen Es gibt Sprichworte, die S, O, K widerspiegeln § Individuelles Wissen § Jüngere und ältere Erwachsene wählen SOK-bezogene Sprichworte häufiger und schneller für Lebensmeisterungssituation aus Achtung, Altersunterschiede § Selektion: Jüngere > Ältere § Kompensation: Jüngere < Ältere nicht verallgemeinerbar: Anderes Muster an Altersunterschieden als in Fragebogenstudie zum Gebrauch von SOK! 22 SOK-Modell: Empirische Überprüfung II Selbstberichtstudien (Fragebogenstudien): Gibt es Altersunterschiede im Gebrauch von SOK? Ist SOK mit erfolgreicher Entwicklung verknüpft? 23 SOK Fragebogen: Beispiel-Items (Baltes, Baltes, Freund & Lang, 1999) STRATEGIE TARGET ALTERNATIVE Selektion: Bildung und Auswahl persönlicher Ziele Elektive Selektion: z.B. Formulierung persönlicher Ziele, Aufbau einer Zielhierarchie Ich konzentriere meine Energie auf wenige Dinge Ich verteile meine Energie auf viele Dinge Verlustbasierte Selektion: z. B. Restrukturierung der Zielhierarchie, Anpassung von Zielstandards Wenn mir etwas nicht mehr so gelingt wie bisher, konzentriere ich mich ausschliesslich auf das Wesentliche Selbst wenn mir etwas nicht mehr so gelingt wie bisher, verfolge ich all meine Ziele Optimierung: Erwerb, Verfeinerung und Investition von zielrelevanten Ressourcen zum Erreichen eines erwünschten Ergebnisses z. B. Erwerb neuer Fertigkeiten/Ressourcen, Übung Ich probiere so lange, bis mir gelingt, was ich mir vorstelle Wenn mir nicht gleich gelingt, was ich mir vorstelle, probiere ich nicht mehr lange andere Möglichkeiten durch Kompensation: Erwerb, Verfeinerung und Investition von zielrelevanten Ressourcen zur Aufrechterhaltung eines Funktionsniveaus angesichts von Verlusten z. B. Substitution von nicht mehr vorhandenen Mitteln, Aktivierung bisher nicht genutzter Ressourcen Wenn etwas nicht mehr so gut klappt wie bisher, bitte ich andere um Rat oder Hilfe Wenn etwas nicht mehr so gut klappt wie bisher, gebe ich mich auch damit zufrieden 24 Wie verändert sich SOK im Erwachsenenalter? Welche Vermutung / Hypothese haben Sie dazu, wie sich der Gebrauch von SOK-Strategien über das Erwachsenenalter unterscheidet / verändert? Begründen Sie Ihre Hypothese! 25 Wie verändert sich SOK im Erwachsenenalter? Mögliche Hypothesen / Annahmen: Die Präferenz für SOK über alternative Strategien der Lebensgestaltung sollte mit dem Alter steigen, da… § der Bedarf für SOK über das Erwachsenenalter ansteigt § die “Expertise” in SOK mit dem Alter wächst Die Präferenz für SOK über alternative Strategien der Lebensgestaltung sollte mit dem Alter abnehmen, da … § auch SOK-Prozesse Ressourcen benötigen, die ihrerseits im höheren Alter abnehmen 26 Altersunterschiede in der Häufigkeit von SOK SOK (T-Werte) Freund & Baltes (2002) Elektive Selektion 53 52 Verlustbasierte Selektion 51 50 49 Optimierung 48 47 Kompensation 46 45 Jüngere Erw. (18-43 J.) Mittlere Erw. (44-67 J.) Ältere Erw. (68-89 J.) Alter x SOK-Komponente: F(6,352) = 6.01, p = .000, Eta2=.06; (N = 181) 27 SOK ist mit subjektivem Erfolg in der Lebensgestaltung verbunden Wohlbefinden im Erwachsenenalter Positive Emotionen Kompetenz Persönlichkeitswachstum Lebenssinn Berliner Altersstudie Positive Emotionen r r r r = = = = .33** .35** .37** .44** Freund & Baltes (2002) (72 - 102 Jahre, N = 200) r = .47** Zufriedenheit mit dem Alter r = .33** Emotionale Einsamkeit (14 - 89 Jahre, N = 395) Freund & Baltes (1998) r = -.31** Anmerkung. Zahlen repräsentieren Korrelation [r] zwischen SOK-Gesamtwert und Wohlbefinden/Einsamkeit. 28 SOK-Modell: Empirische Überprüfung III Selektion: Selektivität als zentrale Facette der Meisterung multipler Ziele 29 Selektion als Umgang mit multiplen Zielen angesichts beschränkter Ressourcen Wie gelingt angesichts beschränkter Ressourcen die Verfolgung multipler Ziele? § Selektion von kohärenten und nicht-konfligierenden Zielen § Was sind die Ursachen von Zielkonflikten? § Lernen Menschen mit zunehmendem Alter, weniger konfligierende und kohärente Ziele zu wählen? 30 Zielkonflikt und Zielkohärenz (Riediger et al., 2004, 2005, 2006) Ein geteiltes Ziel: Regelmässiges Sporttreiben § § § Objektive Indikatoren der Zielverfolgung Relevant für jüngere und ältere Erwachsene Potentiell konfligierend Drei individuelle, frei generierte Ziele 31 Zielkonflikt und Zielkohärenz (Riediger et al., 2004, 2005, 2006) Für jedes Zielpaar Erfassung von: § Ziel-Kohärenz (aufgrund instrumenteller Zielbeziehungen, Überlappung von Strategien) § Ziel-Konflikt (aufgrund von Ressourcenlimitation, inkompatiblen Zielstrategien) 32 Ältere Erwachsene berichten mehr Zielkohärenz und weniger Zielkonflikte als jüngere Erwachsene (Riediger et al., 2005) 4.0 Jüngere Erwachsene Ältere Erwachsene Mittelwerte 3.0 2.0 1.0 Kohärenz 0.0 Instrumentelle Beziehung StrategieInkomüberpatible lappung Strategien Konflikt Zeit Energie Finanzen Stichprobe: N = 145; jünger: n = 99, M = 25 Jahre; älter: n = 46, M = 64 Jahre 33 Tagebuchphase § 9 Tagebücher über 3 Wochen § Jedes Tagebuch: 3 Einträge (Mittags, 18:00, vor dem Zubettgehen) Bei jedem Tagebucheintrag: Positiver und negativer Affekt (Steyer et al., 1997) Chronologischer Aktivitätsbericht (inklusive Relevanz für Ziel) 34 Zielkohärenz hängt mit zielrelevanten Aktivitäten im Alltag zusammen Riediger & Freund (2004) Varianzaufklärung durch die UV (%) Tagebuchstudie (Study 3): N = 81; jung: n = 52, M = 26 Jahre; alt: n = 29, M = 63 Jahre 20 UV = unabhängige Variable AV = abhängige Variable 15 10 5 Konflikt Kohärenz Beta -.16 .39 ** (UV) 0 Zielrelevante Aktivitäten (AV) Ergebnis einer multiplen Regressionsanalyse über die gemittelten Tagebuchdaten. * p < .05, ** p < .01 35 Zielbeziehungen hängen mit positivem und negativem Affekt im Alltag zusammen Riediger & Freund (2004) Varianzaufklärung durch die UV (%) Tagebuchstudie (Study 3): N = 81; jung: n = 52, M = 26 Jahre; alt: n = 29, M = 63 Jahre 25 UV = unabhängige Variable AV = abhängige Variable 20 15 10 5 Beta Konflikt -.24* Kohärenz .23* Beta Konflikt .41** Kohärenz -.16 (UV) 0 Positiver Affekt (AV) Negativer Affekt (AV) Ergebnisse von multiplen Regressionsanalysen über die gemittelten Tagebuchdaten. . * p < .05, ** p < .01 36 Multiple Ziele: Befunde zur Wichtigkeit von Selektion § Ältere Erwachsene haben weniger konfligierende und mehr kohärente Ziele als junge Erwachsene Studie konnte ausserdem zeigen: § Zielkohärenz ist mit höherem Engagement (Optimierung) bei der Zielverfolgung verbunden (und langfristig besserer Zielerreichung) § Zielkonflikt hängt mit positivem und negativem Affekt zusammen, Zielkohärenz mit positivem Affekt § [Geringerer Zielkonflikt ist mit ein Grund für höheres Wohlbefinden im Alltag älterer Erwachsener] 37 SOK-Modell: Empirische Überprüfung IV Verhaltensindikatoren von SOK: Kompensation durch vertrauten Sozialpartner 38 Kompensation: Unterstützung durch Partner/in (Rauers, Riediger, Schmiedek, & Lindenberger, 2011) § Kognitiv-mechanische Leistungsfähigkeit nimmt mit dem Alter ab (Li et al., 2004; Salthouse, 2004) § Ist Kompensation von kognitiv-mechanischen Fähigkeiten durch den Partner/ die Partnerin möglich? § Kooperation zwischen Dyaden scheint hilfreich, hat aber auch Kosten (Ross et al., 2008; Finley et al., 2000) Ziel der Studie: Vergleich von partnerschaftlichen Dyaden versus einander fremden Dyaden in Hinblick auf Kompensation von geringeren kognitivmechanischen Fähigkeiten 39 Stichprobe (Rauers, Riediger, Schmiedek, & Lindenberger, 2011) N = 78 heterosexuelle Paare n = 38 jüngere Paare (mittleres Alter = 26.64 Jahre, SD = 2.77) n = 40 ältere Paare (M = 71.59 Jahre, SD = 3.56) § Zusammenlebend, mind. Seit 6 Monaten in Partnerschaft § Wenig (< 4x pro Jahr) Tabu-Spielen 40 Methode (Rauers, Riediger, Schmiedek, & Lindenberger, 2011) Design: § Tabu-spielen (d.h. mit möglichst wenigen Begriffen einen anderen Begriff beschreiben, ohne dabei die Wörter auf der Tabu-Liste zu gebrauchen) § Zwei experimentelle Durchgänge mit je 48 Begriffen (ohne Zeitlimit): 1) mit Partner/in 2) mit fremder Person des anderen Geschlechts Ergebnisvariable: „Collaborative performance outcome“: Anzahl gebrauchter Wörter zur Beschreibung des gesuchten Begriffs Moderatorvariablen: - Partner versus fremd Altersgruppe Kognitive Funktionsfähigkeit 41 Ergebnisse (Rauers, Riediger, Schmiedek, & Lindenberger, 2011) § Haupteffekt für Partner versus Fremd à Leistung war besser in Partner-Bedingung § Keine Altersunterschiede à in allen Altersgruppen war die Leistung besser in der Partner-Bedingung § ABER: Interaktion der Partner versus Fremd-Bedingung mit kognitiv-mechanischer Fähigkeit der Begriffe-erklärenden Person à siehe nächste Folie 42 Ergebnisse: Interaktionseffekt (Rauers, Riediger, Schmiedek, & Lindenberger, 2011) Zusammenhang zwischen der Anzahl der benötigten Worte zur Begriffserklärung und der kognitiven Leistungsfähigkeit (gemessen mit Test für Verarbeitungsgeschwindigkeit: Zahlen-Symbol-Test) Dyaden aus Fremden Ehepartner 43 Interpretation der Ergebnisse der vorherigen Folie § Personen mit geringerer geistiger Fähigkeit im Sinne geringerer Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit benötigen mehr Worte zum Erklären eines Begriffs als Personen mit einer höher ausgeprägten geistigen Fähigkeit § ABER: Geringe kognitive Leistungsfähigkeit kann dadurch kompensiert werden, dass man mit einem sehr vertrauten Partner zusammen“arbeitet“: à Für vertraute Paare zeigte sich nämlich kein Unterschied in der gezeigten Tabu-Leistung (Anzahl benötigter Worte) zwischen Personen mit niedrig bis hohen kognitiven Leistungswerten. 44 Fortsetzung Entwicklungsregulation § Entwicklungsregulation & Handlungstheoretische Modelle erfolgreicher Entwicklung im Erwachsenenalter § Beispiel 1: Das SOK-Modell § Beispiel 2: Modell der primären und sekundären Kontrolle 45 Kontroll-Überzeugungen ”Persönliche Kontrollüberzeugungen meinen den Glauben einer Person daran, dass sie mit ihrem Verhalten positive Ergebnisse maximieren und negative Ergebnisse minimieren kann." (Peterson, 1999) 46 Funktion von Kontrolle ”Eine Kontrollüberzeugung kann wahr sein oder auch nicht, zentral ist die selbsterfüllende Prophezeihung, die damit einhergeht. Da Kontrollüberzeugungen Personen dazu bringen in einer sehr entschlossenen Art und Weise mit der Welt zu interagieren, können zunächst unerreichbare Ereignisse kontrollierbar werden.” (Peterson, 1999) Ø Aktivierung von Handlungsressourcen 47 Lebenslauftheorie der Kontrolle [Optimization through Primary and Secondary Control (OPS-Model)] Richard Schulz Carsten Wrosch Jutta Heckhausen Heckhausen & Schulz (1995); Heckhausen, Wrosch, & Schulz (2010) 48 Primäre Kontrolle >> Der Versuch, die Welt so zu verändern, dass sie zu den Bedürfnissen und Wünschen des Individuums passt << (Heckausen & Schulz, 1995) § Fokus: external, äussere Gegebenheiten § Prozess: Handlung 49 Sekundäre Kontrolle >> Der Versuch, sich in die Welt einzufügen und mit dem Strom zu schwimmen << (Heckausen & Schulz, 1995) § Fokus: internal, Selbst § Prozess: Kognitionen (z.B. selbstwertdienliche Attributionen, soziale Vergleiche) 50 Primat der Primären Kontrolle Primäre Kontrolle hat grösseren adaptiven Wert als sekundäre Kontrolle Zentrale Funktion primärer Kontrolle: § Umwelt aktiv gemäss eigenen Wünschen und Zielen zu gestalten § Optimierung von Entwicklungsverläufen Zentrale Funktion sekundärer Kontrolle: § Aufrechterhaltung von Funktionsbereichen § Minimierung von Verlusten § Steigerung primärer Kontrolle 51 Entwicklung primärer und sekundärer Kontrolle über die Lebensspanne (hypothetischer Verlauf, Heckhausen et al., 2010) Primary Control Striving: Streben nach primärer Kontrolle à über die Lebensspanne gleichbleibend hoch Primary Control Capacity: Die Fähigkeit zur primären Kontrolle à im mittleren Alter am höchsten Secondary Control Striving: Streben nach sekundärer Kontrolle à nimmt von Kindheit zu Erw. alter zu 52 Gelegenheitsstrukturen für Entwicklungsaufgaben Heckhausen, Wrosch & Schulz, 2010; S. 37 53 Handlungsphasenmodell der Entwicklungsregulation (Heckhausen, Wrosch & Fleeson, 2001) 54 Adaptive Kontrollprozesse vor und nach einer Entwicklungsdeadline Wrosch & Heckhausen (1999) Trennungsstudie: Wrosch & Heckhausen (1999) § Kürzlich getrennte vs. in Partnerschaft lebende junge und ältere Erwachsene Ø Passen Erwachsene ihre Kontroll-Orientierung an Gelegenheitsstrukturen an? § Gute Gelegenheiten Ø Primäre Kontrolle § Schlechte Gelegenheiten Ø Sekundäre Kontrolle 56 Trennungsstudie: Gelegenheiten für neue Partnerschaft  Mit zunemendem Alter sind Menschen mit eingeschränkten Partnerschaftsmarkt konfrontiert 100 80 Heiratschancen für Geschiedene Männer 60 40 Frauen 20 0 20 30 40 50 Alter Age Wrosch & Heckhausen (1999) 60 (Braun & Proebsting, 1986) 57 Trennungsstudie: Wrosch & Heckhausen (1999) Stichprobe (quer- und längsschnittlich) § 116 kürzlich getrennte und neu gebundene Personen o Junge Erwachsene (20-35 Jahre) o Ältere Erwachsene (50-60 Jahre) o Balanciert nach Geschlecht und Partnerstatus Instrumente § Entwicklungsziele § Kontroll-Orientierung: o Primäre Kontrolle “Wenn ich Probleme habe, gebe ich nicht auf, bis ich sie löse.” o Sekundäre Kontrolle “Ich finde auch in den schlimmsten Situationen etwas Positives.” 58 Trennungsstudie: Wrosch & Heckhausen (1999) Nennung von persönlichen Zielen: • 5 Ziele für die nächsten 3 - 5 Jahre • offenes Antwortformat Partnerschaftsziele 2 Anzahl Partnerschaftsziele bei Personen nach Trennung Anzahl Personen mit Partnerschaftszielen nach Trennung Partnership Goals 1 No 1 or More 0 Junge Erwachsene Early Adulthood Late Midlife 4% 37% 96% 63% Mittelalte Erwachsene 59 Trennungsstudie: Kontroll-Orientierung 5 Getrennte Junge Erwachsene Mittelwert Getrennte Erw. im späten mittleren Alter 4 3 2 Primäre Kontrolle > Sekundäre Kontrolle Wrosch & Heckhausen (1999) 60 Erklärung der vorherigen Folie § Beide Altersgruppen zeigen grössere Präferenz für primäre Kontrolle (à Primat der primären Kontrolle) § Ältere Erwachsene nach Trennung zeigen jedoch im Vergleich zu den jüngeren nach Trennung mehr sekundäre Kontrolle, während jüngere eine leichte Tendenz aufweisen, stärker als ältere eine Präferenz für primäre Kontrolle zu berichten 61 Trennungsstudie: Veränderung im positiven Affekt § Sekundäre Kontrolle sagt Anpassung des PA vorher: § à Bei jungen/älteren nach Trennung hängt mehr sekundäre Kontrolle mit einem Abfall/Anstieg in pos. Affekt über 1 Jahr zusammen Veränderung pos. Affekt § Sekundäre Kontrolle ist adaptiv für ältere, aber nicht für jüngere Erwachsene +2 Getrennte spätes mittleres Erw.-Alter +1 0 -1 Getrennte Junge Erw. -2 1 2 3 4 5 Sekundäre Kontrolle Wrosch & Heckhausen (1999) 62 “Deadline”: Erstes Kind Ausprägung von Kontrollstrategien Primary control (Compensatory) secondary control 4 4 3 3 2 2 1 1 0 just before just after long after 0 just before deadline 30-35 Jahre 40-45 Jahre just after long after deadline 50-55 Jahre 30-35 Jahre 40-45 Jahre Heckhausen, Wrosch, & Fleeson (2001) 50-55 Jahre 63 Erklärung der vorherigen Folie § Vor der Deadline, Kinder bekommen zu können, berichten Frauen stärkere primäre Kontrolle als nach Verstreichen der Deadline. § Nach Ablauf der Deadline berichten Frauen mehr sekundäre Kontrolle als vor deren Ablauf. 64 “Deadline”: Erstes Kind Kontrolle und Depressivität Heckhausen, Wrosch, & Fleeson (2001) 65 Erklärung der vorherigen Folie § Die unterschiedliche Tendenz, primäre oder mehr sekundäre je nach Zeitpunkt um die Deadline herum zu berichten, ist unterschiedlich mit Depressivität (als Indikator für Wohlbefinden und psych. Gesundheit) verbunden: Ø VOR Ablauf der Deadline ist es offensichtlich adaptiv (d. h. gut), wenn man stärkere primäre Kontrolle berichtet: Ist dann mit geringeren Depressivitätswerten verbunden Ø NACH Ablauf der Deadline ist es offensichtlich besser, weniger primäre Kontrollstrategien zu berichten (und zu verfolgen), was wiederum mit geringerer Depressivität zusammenhängt 66 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 67

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