Zellbiologie 1. Vorlesung – Allgemeine Einführung und Grundlagen: Die Eigenschaften des Lebens PDF
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This document provides a general overview of cell biology, covering the characteristics of life and the basic building blocks of cells. It introduces the fundamental concepts of prokaryotic and eukaryotic cells and their related structures.
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Zellbiologie 1. Vorlesung – Allgemeine Einführung und Grundlagen: Die Eigenschaften des Lebens Leben im biologischen Sinn Leben im biologischen Sinn umfasst fünf Grundvoraussetzungen: 1. Stoffwechsel 2. Bewegung 3. Reizbarkeit 4. Fortpflanzung 5. Entwicklung Ein Organi...
Zellbiologie 1. Vorlesung – Allgemeine Einführung und Grundlagen: Die Eigenschaften des Lebens Leben im biologischen Sinn Leben im biologischen Sinn umfasst fünf Grundvoraussetzungen: 1. Stoffwechsel 2. Bewegung 3. Reizbarkeit 4. Fortpflanzung 5. Entwicklung Ein Organismus sollte diese Punkte erfüllen, um im biologischen Sinne als lebendig angesehen zu werden. Viren stellen dabei einen Grenzfall dar, bei dem es bis heute umstritten ist, ob diese als lebendig angesehen werden können oder nicht, da ein Virus ohne eine Wirtszelle sich nicht fortpflanzen kann und auch keinen eigenen Stoffwechsel betreibt. Organismen können vielzellig oder auch einzellig sein. Zellen stellen somit eine Basiseinheit für Leben dar. Sie betreiben Stoffwechsel, können sich je nach Zelltyp oder im Fall von Einzellern bewegen, sie reagieren auf Reize, sie können sich teilen und auch entwickeln. Moleküle und Organellen innerhalb von Zellen bilden die Grundbausteine des Lebens. Zellen können sich innerhalb eines Organismus zu Gewebestrukturen organisieren. Es gibt vier große Gewebetypen: 1. Epithelgewebe 2. Muskelgewebe 3. Bindegewebe 4. Nervengewebe Grundstruktur und Eigenschaften von Zellen Alle Zellen folgen einen gemeinsamen groben Grundbauplan. Sie alle besitzen Plasmamembranen. Diese Membranen trennen zum einen das Zelllumen gegen die Umgebung ab, sie sind aber auch bei eukaryotischen Zellen innerhalb der Zelle zu finden. Durch Membranen werden abgetrennte Reaktionsräume geschaffen, die für verschiedene biochemische Reaktionen genutzt werden können. Plasmamembranen ermöglichen eine Kompartimentierung der Zelle. Biomembranen sind im Allgemeinen Lipiddoppelschichten, was bedeutet, dass auch der Raum zwischen den beiden Membranschichten ein abgetrennter Reaktionsraum ist. Zellen benötigen für den Ablauf von Stoffwechselvorgängen Energie. Dazu nehmen alle Zellen freie Energie aus ihrer Umgebung auf. Die Energiequellen, die durch Organismen genutzt werden, können dabei unterschiedlich sein. Sowohl die Sonnenenergie aber auch Energie aus Biomasse stellen mögliche Beispiele für Energiequellen dar. Unabhängig von der Energiequelle wandeln Zellen die aufgenommene freie Energie in biochemische Energie um. Zentrale und wichtigste „Energiewährung“ der Zelle ist dabei das ATP. Die Bereitstellung von ATP für Stoffwechselprozesse erfolgt bei Prokaryoten an der Plasmamembran direkt, bei eukaryotischen Zellen wird diese Aufgabe von Zellorganellen übernommen, den Chloroplasten und den Mitochondrien. In allen Zellen ist die DNA das Trägermolekül der Erbinformation. Sie folgt einem universellen Grundcode, welcher sich in Aminosäuresequenzen aufschlüsseln lässt. Die DNA selbst wird matrizengesteuert repliziert. Alle Zellen haben etwa 200 basale Gene gemeinsam und besitzen mindestens 500 Gene insgesamt. Jede Zelle ist eine biochemische Fabrik. In ihr laufen Stoffwechselprozesse ab und sie synthetisieren Proteine, deren Baupläne im genetischen Code festgeschrieben sind. Dazu wird der Bauplan von der DNA abgelesen und in eine RNA umgewandelt, welche wiederum von Ribosomen genutzt werden kann, um aus Aminosäuren Proteine herzustellen. Die Prokaryotenzelle Die Prokaryotenzelle ist im Vergleich zur eukaryotischen Zelle einfacher aufgebaut. Die innere Plasmamembran kann sich zur Oberflächenvergrößerung einstülpen, um Reaktionsflächen zu vergrößern und Reaktionsbereiche zumindest einzugrenzen. Auch kann diese unvollständige Kompartimentierung die Faltung von Proteinen erleichtern und unterstützen. Bakterienzellen besitzen eine Zellwand, die zum Teil recht dick sein kann. Neben den abgebildeten Strukturen können Bakterien auch Kapseln, Schleime, Geißeln oder Pili (feine Härchen) besitzen. Bakterien besitzen eine ringförmige DNA. Die Eukaryotenzelle Die eukaryotische Zelle (im abgebildeten Fall eine tierische Zelle) fällt direkt mit ihrem hohen Maß an Kompartimentierung auf. Weiterhin sind viele verschiedene Organellen enthalten, die für die Zelle verschiedene Aufgaben übernehmen. Da wäre der Zellkern zu nennen, mit der Kernmembran, die mit dem rauen (mit Ribosomen besetzten) und dem glatten endoplasmatischen Retikulum ein zusammenhängendes Membransystem bildet. Als weiteres Organell ist der Golgi-Apparat zu nennen, der zur Speicherung und Modifikation von Proteinen dient. Weiterhin sind im Zelllumen Vesikel zu finden, sowie Lysosomen und Peroxisomen. Zuletzt wären noch die Mitochondrien zu nennen. Abb. Purves – Biologie Pflanzliche Zellen unterscheiden sich von tierischen Zellen. Zum einen besitzen sie eine feste Zellwand. Weiterhin fällt die Vakuole als Organell auf, die unter anderem als Speicherorgan, aber auch als Ort der Abfallentsorgung dient. Auch Amöben und einige Einzeller, wie das Pantoffeltierchen besitzen eine Vakuole. Chloroplasten sind ebenfalls ein pflanzenspezifisches Organell, das zur Photosynthese dient. Auch Pflanzenzellen besitzen Mitochondrien. In Geweben halten Proteine, die in der Plasmamembran sitzen, den Zellverband zusammen. Diese Proteine und die Verbindungen zwischen den Zellen wird im Rahmen der Vorlesung im Zusammenhang mit dem Zytoskelett genauer behandelt. Die Entstehung von Leben und der Urey-Miller-Versuch von 1953 Einfache organische Moleküle waren nach heutigem Stand der Ausgangspunkt für die Entstehung von Leben. Sie sind aus den chemischen Elementen und einfachen anorganischen Verbindungen unter dem Einfluss der Umweltbedingungen auf der Erde entstanden, die während der frühen Phase nach der Entstehung unsrem Planeten bestanden haben. Diese oft auch als „Ursuppe“ bezeichnete Startumgebung kann als Ausgangspunkt für Leben angesehen werden. Das zentrale Element für organische Verbindungen und somit für das Leben ist der Kohlenstoff. Die Tetravalenz (vier Bindungsstellen durch vier einfach besetzte Außenschalen) bildet die Grundlage für die Vielseitigkeit des Elements. Kohlenstoff kann von -4 bis +4 jede Oxidationszahl annehmen, was eine Vielzahl von Bindungsmöglichkeiten zulässt. Dies ist die Grundlage für die ungeheure Vielfalt von organischen Molekülen. Es ist weiterhin die Basis für das Phänomen der Isomerie bei organischen Molekülen. Dies bedeutet, dass es bei gleicher Summenformel unterschiedliche Strukturformeln für das betrachtete Molekül geben kann. Es gibt verschiedene Formen der Isomerie: Abb. Purves – Biologie Diese vielfältigen Möglichkeiten zur Anordnung von Bindungspartnern erlaubt eine große Variation bei der Bildung von organischen Molekülen. Weiterhin sind verschiedene funktionelle Gruppen für die organische Chemie von Bedeutung. Abb. Purves – Biologie Aus diesen einfachen Bausteinen, die sich im Ozean und in der urzeitlichen Atmosphäre befunden haben, konnten unter Energiezufuhr (beispielsweise durch Blitze) einfache organische Verbindungen entstehen. Diese These konnte 1953 durch den von Harold Urey und Stanley Miller durchgeführten Versuch untermauert werden. Abb. https://www.planet-schule.de/wissenspool/experiment-verwandtschaft/inhalt/kurs/kurs-wir-kochen-uns-eine- ursuppe Der Versuch konnte die schrittweise Bildung von immer komplexeren organischen Molekülen unter den angenommenen Bedingungen nachweisen. In einem ersten Schritt waren nur Wasser, Stickstoff, Ammoniak, Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Methan und Wasserstoff als Ausgangsstoffe vorhanden. Der „Ozean“ wurde erhitzt und der Wasserdampf mischte sich mit den Gasen der „Atmosphäre“. Durch Energiezugabe (Blitze) konnten zunächst einfache organische Verbindungen wie Aldehyde und Blausäure gebildet werden. Wiederholte man diese Vorgänge, so entstanden nach und nach komplexere Verbindungen wie Essigsäure, Propansäure, Ameisensäure, Harnstoff oder Methylharnstoff. Im weiteren Verlauf konnten so auch einfache Aminosäuren und Zuckersäuren gebildet werden. Die Bausteine des Lebens Alles Leben ist aus vier großen Stoffgruppen zusammengesetzt. Dies sind: 1. Aminosäuren 2. Nukleotide 3. Fette 4. Zucker Sie stellen die Basismoleküle, aus denen Zellen zusammengesetzt sind. Die großen Strukturen, aus denen Zellen und ihre Organellen bestehen, sind Makromoleküle, die aus den genannten Bestandteilen bestehen. Sie entstehen durch Polymerisierung der Moleküle. Die RNA-Welt Gemäß einer Theorie über die Entstehung des Lebens stellt die RNA-Welt eine Möglichkeit dar, wie der Anfang von Lebensprozessen beschrieben werden kann. Diese Theorie geht davon aus, dass sich durch die oben beschriebenen Prozesse einfache kurze RNA-Stränge gebildet haben könnten. Die Bildung dieser Stränge geschah zufällig. Allerdings konnten diese vorhandenen Stränge nun die Bildung von neunen RNA-Strängen direkt beeinflussen. Durch die Paarbarkeit von RNA-Basen konnten sich an RNA-Strängen Komplementärstränge anlagern. Spalteten sich diese ab, war so ein Komplementärstrang wiederum Matrize für einen neuen RNA-Strang, der dem Ausgangsstrang glich. Vorhandene RNA-stränge konnten mithin die Polymerisation von neuen Strängen beeinflussen. Hinzu kommt, dass sich die Stränge falten konnten und so räumliche Strukturen bilden können, die geschützte Reaktionsbereiche darstellen konnten. Die Hydrolyse ist die Reaktion dieser Polymerisation. Die Faltung der RNA erlaubt die Stabilisation von Ladungen innerhalb des Moleküls, aber auch von Ionen in bestimmten Bereichen, die sich dort anlagern können, was die Bildung von aktiven Zentren ermöglicht, einer Grundlage von Enzymen. Durch weitere Anlagerung von RNA-Strängen konnten so erste Polypeptide gebildet werden, die enzymatisch aktiv sein konnten. Ein Beispiel für ein Enzym, das zu einem hohen Anteil aus RNA besteht, sind die Ribosomen. Je mehr RNA sich zu einem Polypeptid zusammenfand, desto weiter schritt auch die räumliche Faltung und Organisation fort, die durch chemische Wechselwirkungen mit dem Umgebungsmedium und den einzelnen funktionellen Gruppen der Aminosäuren bestimmt wurde. Es bildeten sich Primär-, Sekundär- Tertiär- und Quartärstrukturen heraus. Solche Polypeptide konnten durch Membranen umhüllt werden, was abgeschlossene Reaktionsräume schuf. Diese Kompartimentierung begünstigte zusätzlich den geregelteren und beschleunigten Ablauf von Reaktionen, vorausgesetzt die umhüllten Bereiche enthielten ebenfalls eine ausreichende Menge an Bausteinen für die Reaktionsprozesse. Eine Membranhülle bot aber auch Schutz vor ungewollten oder unerwünschten Reaktionen. Bestimmte Prozesse konnten mithin selektiv innerhalb eines membranumhüllten Bereichs ablaufen, während unerwünschte Reaktionen (unerwünscht auch bezogen auf beispielsweise um Ressourcen konkurrierende Reaktionen und nicht zwingend auf für einen Organismus generell unerwünschte Reaktion) außerhalb des abgetrennten Bereichs stattfinden konnten. Eine Umhüllung mit einer Membran konnte so gewährleisten, dass nur noch RNA innerhalb des Kompartiments repliziert wurde. Wie schon bereits angedeutet, stellt eine Kompartimentierung aber auch Herausforderungen an die Versorgung des umhüllten Bereichs mit Ressourcen, sowie an die Entsorgung von Produkten der Reaktion, die keine weitere Verwendung finden. Diese Stoffe müssen (im Idealfall geregelt) die Membran passieren können, da sonst die Reaktion zum Erliegen kommt. Zwar sind frei vorkommende Enzyme an das zufällige Auffinden von Substraten gebunden, was die Reaktionsabläufe zufällig und langsam macht, allerdings stand solchen Enzymen ein theoretisch nahezu unendlicher Vorrat an Substraten zur Verfügung und auch nicht mehr benötigte Reaktionsprodukte konnten sofort freigegeben werden. Membranumhüllte Enzyme konnten also nur dann erfolgreich arbeiten, wenn ein Stoffaustausch über die umhüllende Membran hinweg gewährleistet war. Viren und Phagen Viren und Phagen stellen nach heutigem Stand eine Grenzform des Lebens dar. Sie sind im Grundprinzip einen ein eingekapselten Nukleinsäurestrang (RNA oder DNA), der ohne eine Wirtszelle, die das Virus befallen kann, nicht weiter funktionsfähig ist. Phagen sind auf Bakterien spezialisierte Viren. Egal ob Phage oder Virus, beide sind nach dem einem Baukastenprinzip aufgebaut. Sie benötigen zwingend eine Wirtszelle, um die in der Proteinkapsel transportierte Erbinformation nutzbar zu machen. Nach dem Befall einer Zelle kann diese entweder in einen „Lytic Cycle“ oder in einen „Lysogenic Cycle“ eintreten. Beim „Lytic Cycle“ nutzt das Virus die zelleigenen Ressourcen, Ribosomen und Transportwege, um neue Viren produzieren zu lassen und diese wieder durch einen „Burst“ an die Umwelt abgeben zu lassen. Die befallene Zelle stirbt bei diesem Vorgang. Beim „Lysogenic Cycle“ wird die Erbinformation des Virus in die DNA der Zelle eingebaut. Diese wird dann wie die zelleigene DNA bei der Zellteilung mit vermehrt. Dabei kann es passieren, dass die Erbinformation des Virus wieder freigesetzt wird und die Zelle dann doch noch in einen „Lytic Cycle“ eintritt. Neben dem bereits erwähnten „Burst“, bei dem die Wirtszelle aufbricht und stirbt, kann die Freisetzung von Viren auch durch ein „Budding“ geschehen. Die Wirtszelle stirbt bei diesem Vorgang nicht zwingend ab, sondern kann weiter existieren und weiter dem Virus als Virenfabrik dienen. Die so freigesetzten Viren sind mit der Zellmembran der Wirtszelle umhüllt, was die Partikel vor dem Immunsystem des Organismus tarnt. Die drei Domänen des Lebens Nach dem heutigen Wissensstand können alle Lebewesen einer der drei großen Domänen des Lebens zugeordnet werden. Diese Domänen sind: 1. Archaea 2. Bacteria 3. Eukaryotes Archaea und Bacteria werden zusammen auch als Prokaryoten bezeichnet. Mitglieder dieser Domänen sind immer einzellige Lebewesen. Archaea stellen ein Bindeglied zwischen Prokaryoten und Eukaryoten dar. Sie kommen in zum Teil sehr extremen Lebensräumen vor (extrem thermophil, extrem halophil). Abb. Skript 11. Vorlesung Eukaryoten können sowohl einzellige Organismen sein, oder auch mehrzellige. Algen, Flechten und Pilze sind ebenfalls eukaryotische Organismen. Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Prokaryoten und Eukaryoten ist der Zellkern bei Eukaryoten (Achtung! Hier gibt es Neuigkeiten! Das Bakterium Thiomargarita magnifica hat anscheinend membranumhüllte DNA – siehe https://www.science.org/doi/10.1126/science.abb3634). Die Kernmembran des Zellkerns ist durch Einstülpungen der Plasmamembran entstanden. Mitochondrien und Chloroplasten sind gemäß der Endosymbiontentheorie ehemalige prokaryotische Organismen, die durch Endozytose in die Zelle gelangt sind. Der Prokaryot wurde dabei nicht verdaut und es entwickelte sich eine Symbiose, bei der die Zelle die Funktionen des Prokaryoten nutzen konnte wie Energiegewinnung und Sauerstofftoleranz. Ein Indiz für diese Theorie ist beispielsweise, neben den Ribosomen, die doppelte Zellmembran um Mitochondrien und Chloroplasten. Bakterien treten in vielfältigen Formen auf. Abb. Lexikon der Biologie – online: https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/bakterien/6844