Mikroökonomie Vorlesung 1 PDF
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Technische Universität Darmstadt
Prof. Frank Pisch PhD
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Diese Dokument ist der erste Teil einer Mikroökonomie-Vorlesung von Prof. Frank Pisch an der Technischen Universität Darmstadt. Die Vorlesung deckt Grundlagen wie Nachfrage, Budgetbeschränkungen und Opportunitätskosten ab. Es werden auch Begriffe wie Präferenzen und Budget erörtert.
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1 Mikroökonomie Vorlesung 1 Prof. Frank Pisch PhD © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 3 Motivation © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie ...
1 Mikroökonomie Vorlesung 1 Prof. Frank Pisch PhD © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 3 Motivation © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 4 Nachfrage als eine Seite auf allen Märkten tagesschau.de manager magazin © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 5 Aggregierte Nachfrage Um Märkte zu verstehen, brauchen wir eine Vorstellung der Nachfrage Zusammen mit dem Angebot bestimmt sie Preise und Konsum Sie sagt uns, wer wie viel konsumiert und somit wie es um die Konsumentenwohlfahrt steht destatis © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 6 Individuelle Nachfrage Marktnachfrage wird (heutzutage) immer auf individuelle Nachfragen, also auf das Entscheidungsverhalten von einzelnen Konsument zurückgeführt. In der Einführungsvorlesung haben wir uns Ihre Nachfrage nach Smartphones angesehen. Wovon hängt sie ab? Ihr Bedarf bzw. Ihre Wünsche Ihr (knappes) Budget und der Preis Ob Sie beides gut in Einklang bringen können In der VWL haben wir dafür spezielle Namen, aber die Interpretation ist gleich Präferenzen Budget Ob Sie rational und insbesondere nutzenmaximierend handeln © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 7 Überblick und Ressourcen Ziele Verstehen, wie Ökonomen über Präferenzen und Budgets nachdenken Analysieren, wie optimale Nachfrageentscheidungen und eine Marktnachfrage zustande kommen Nützliche Konzepte entwickeln und verstehen, die uns auch später helfen werden Inbesondere in Bezug auf Wohlfahrt Ressourcen (Einige) Kapitel im Varian: 2 - 8, 14, 15 Interaktive Diagramme © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 9 Budget © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 10 Der Zweigüterfall Betrachten wir 2 Güter – ohne Beschränkung der Allgemeinheit Waren, Dienstleistungen, andere Dinge wie frische Luft Ein Güterbündel ist x ≡ (x1 , x2 ) , wobei xi ≥ 0 die konsumierte Menge darstellt Die dazugehörigen Preise pi pro Einheit sind für Konsumenten gegeben und einheitlich Das verfügbare Budget ist m © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 11 Budgetbeschränkung: Was kann man sich leisten? Die Budgetmenge enthält alle Güterbündel, die bei den aktuellen Preisen erschwinglich sind x′ p = p1 x1 + p2 x2 ≤ m Sie wird durch die Budgetgerade abgegrenzt, also die Menge aller Güterbündel, die das Budget vollkommen erschöpfen m p1 x2 = − x1 p2 p2 Die Steigung zeigt an, mit welcher Rate die beiden Güter auf der Budgetgerade füreinander substituiert werden können, also die Opportunitätskosten Opportunitätskosten Opportunitätskosten sind allgemein die ökonomischen Kosten einer Entscheidung, also der Wert der nächstbesten ungenutzten Alternative. Im Kontext der Budgetgeraden entsprechen diese der Steigung: dx2 p1 =− dx1 p2 © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 12 Opportunitätskosten im Fokus Opportunitätskosten sind vielleicht das wichtigste Konzept in den Wirtschaftswissenschaften (und darüber hinaus) Einige Beispiele: Studieren und insbesondere ein Doktorat haben hohe Opportunitätskosten: entgangenes Einkommen und Erfahrung Jede Ausgabe – zum Beispiel eine Investition – hat Opportunitätskosten in Höhe des “Zinses”, den das Geld angelegt erwirtschaftet hätte DIY (z.B. Heimwerkeln) ist immer eine Abwägung, da die eigene Zeit auch anders genutzt werden kann Putzhilfe in der WG?? Forschung vs Administration und Spezialisierung nach komparativem Vorteil Aber kehren wir zurück zur Budgetbeschränkung… © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 13 Budgetbeschränkung: was kann man sich leisten? © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 15 Präferenzen und Nutzen © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 16 Präferenzen: was möchte man haben? In der VWL modellieren wir Bedürfnisse und Wünsche mithilfe von Präferenzen Nehmen wir zwei Güterbündel, x = (x1 , x2 ) und y = (y1 , y2 ) Sagen wir, Gut 1 ist ein iPhone 15, Gut 2 ein Samsung S24 Manche von Ihnen bevorzugen strikt Apple; dann schreiben wir (1, 0) ≻ (0, 1) Und wenn ich Ihnen noch ein S24 oben drauf packe? Dann sind Sie vielleicht indifferent (1, 0) ∼ (0, 2) Vielleicht ist es Ihnen nicht ganz klar, aber Sie finden das S24 ganz sicher nicht besser? Dann haben Sie eine schwache Präferenz für das iPhone (1, 0) ≿ (0, 1) Alle Operatoren zeigen Präferenzrelationen – diese werden uns sehr helfen, wenn wir die Nachfrage finden wollen © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 17 “Vernünftige” Präferenzen Wir nehmen für unsere Konsumenten zumeist an, dass ihre Präferenzen bestimmte Eigenschaften erfüllen, sodass sie “wohlverhalten” sind (man also mit ihnen gut arbeiten kann): 1. vollständig x≿y ∨ y≿x ∀ x, y 2. reflexiv x≿x ∀x 3. transitiv (das ∧ steht für das logische “Und”) x≿y ∧ y≿z ⟹ x≿z ∀ x, y, z 4. monoton ↔ keine Sättigung xi ≥ yi ∀i ⟹ x≿y 5. stetig Teamarbeit: wie realitätsfern sind diese Annahmen? © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 18 Nützliche Beschreibung: Die Nutzenfunktion Optimale Entscheidungen nur mithilfe von Präferenzrelationen zu finden ist schwierig… Können wir vielleicht jedem Bündel einen Wert zuweisen, sodass die Präferenzen repräsentiert werden? Mit unseren Annahmen ist dies garantiert! Wir haben dann sogar wohlverhaltene Funktionen Diese Nutzenfunktionen werden zumeist als u(x) = u(x1 , x2 ) notiert Teamarbeit: Gehen Sie zurück auf Folie 13 und finden Sie Funktionen, die die jeweiligen Präferenzen repräsentieren könnten! © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 19 Kardinaler vs Ordinaler Nutzen Sie haben sicher festgestellt: die gleichen Präferenzen können durch unendlich viele Funktionen dargestellt werden Nutzenfunktionen sind also immer ordinal: Sie geben nur Reihenfolgen an und absolute (kardindale) Unterschiede im Nutzenwert haben keine Bedeutung Somit können wir immer monotone Transformationen auf Nutzenfunktionen anwenden und die resultierende Funktion repräsentiert die selben Präferenzen! Das steht in großen Kontrast zur Volkswirtschaftslehre in den Anfängen: im 18. Jahrhundert war “Nutzen” messbar und absolut… © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 20 Beispiele für Nutzenfunktionen Perfekte Substitute u(x) = x1 + x2 Perfekte Komplemente u(x) = min{x1 , x2 } Cobb-Douglas u(x) = xα1 x1−α 2 Quasilineare Präferenzen u(x) = v(x1 ) + x2 , mit v′ > 0, v′′ < 0 Teamarbeit: Beschreiben Sie das Verhalten dieser Präferenzen in Worten! © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 22 Nützliche Konzepte und das Verhalten von Nutzenfunktionen © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 23 Überblick In diesem Teil lernen wir zwei nützliche Konzepte kennen, die uns helfen werden, Nutzenfunktionen besser zu verstehen und später die Nachfrage herzuleiten. Grenznutzen Indifferenzkurven Auch wenn beide Konzepte zunächst formalistisch anmuten, können wir sie mithilfe von Beispielen leicht verstehen. © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 24 Oktoberfest DALL-E DALL-E Grenznutzen ist positiv, aber abnehmend! Indifferenzkurven geben an, in welchen Verhältnissen Güter konsumiert werden können, ohne dass sich das Nutzenniveau ändert. © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 25 Zentrales Konzept: Grenznutzen Betrachten wir den Fall eines einzigen Gutes, sodass der Nutzen u = u(x) ist Wie finden wir das beste Güterbündel ohne Budgetrestriktion? Starten wir bei eine beliebigen Konsummenge x = k. Wollen wir mehr oder weniger konsumieren? Wenn der zusätzliche Nutzen der nächsten Einheit größer als der Preis (gemessen in Nutzen) ist, wollen wir mehr! Wenn er niedriger ist, wollen wir den Konsum reduzieren. Grenznutzen Der Grenznutzen eines Gutes i (Marginal Utility), ∂u(x) ≡ M Ui , ∂xi ist der marginale Zusatznutzen, wenn man die Menge um eine infinitesimale Einheit erhöht. Hinweise: Typischerweise fällt der Grenznutzen eines Gutes, wenn man mehr konsumiert Mit mehreren Gütern ist es komplizierter, aber der Grenznutzen wird dennoch eine zentrale Rolle spielen © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 26 Zentrales Konzept: Indifferenzkurven Um das beste Güterbündel – und auch die Nachfrage – zu finden, werden wir ein sehr nützliches Konzept nutzen: Indifferenzkurven Sie sind Mengenscharen aller Güterbündel, die den gleichen Nutzenwert erzeugen; also solche, zwischen denen ein:e Konsument:in indifferent ist {x|u(x) = ū} Ihre Form zeigt uns, wie gerne wir substitutieren, also freiwillig von einem Gut weniger und von anderen mehr konsumieren würden © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 27 Indifferenzkurven im Zweigüterfall © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 28 Steigung der Indifferenzkurve: die Grenzrate der Substitution Um das beste Güterbündel – also die Nachfrage – zu finden, wollen wir die höchste Indifferenzkurve finden, auf der mind. ein Güterbündel in der Budgetmenge liegt Es wird also ein Tangenzialpunkt gesucht: Im Optimum ist die Steigung der Indifferenzkurve genauso groß wie die Steigung der Budgetgeraden! Die Steigung der Indifferenzkurve wird als Grenzrate der Substitution bezeichnet (Marginal Rate of Substitution) Für ein beliebiges Nutzenniveau k und eine Nutzenfunktion für zwei Güter u(x1 , x2 ): ∂u ∂u du(x1 , x2 ) = dk = 0 = dx1 + dx2 ⇔ ∂x1 ∂x2 ∂u dx2 ∂x1 MU1 = − ≡− ≡ MRS1,2 dx1 ∂u MU2 ∂x2 Grenzrate der Substitution © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 29 Eigenschaften der MRS Die MRS ist bei differenzierbaren Nutzenfunktionen negativ Wenn man von einem Gut mehr konsumiert, kann man ohne Nutzenverlust weniger von einem anderen konsumieren Sie gibt den “Wechselkurs” an, zu der Konsument:innen bereit sind, Güter füreinander auszutauschen Bei schwach konvexen Präferenzen fällt die MRS nicht; bei strikt konvexen Präferenzen steigt sie D.h. |MRS| nimmt typischerweise schwach ab Man muss also immer mehr von einem Gut aufgeben, um den Nutzen durch Konsum des anderen Gutes konstant zu halten © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 31 Individuelle Nachfrage © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 32 Überblick In diesem Teil leiten wir uns die individuelle Nachfrage als Funktion des Budgets und der Güterpreise her Zunächst mithilfe des Lagrange Ansatzes (also ein bisschen Analysis) Anschließend bilden wir Intuition mithilfe der grafischen Lösung im Zweigüterfall Im nächsten Schritt können wir dann über Konsument:innen aggregieren, um die Marktnachfrage zu erhalten © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 33 Der Lagrange Ansatz Das Problem ist, Güterbündel zu wählen, die den Nutzen unter Einhaltung der Budgetbedingung zu maximieren: maxx u(x) u.d.N. x′ p ≤ m Wir verwenden die Lagrange-Methode mit Multiplikator λ: maxx,λ L = u(x) + λ(m − x′ p) Die notwendigen Bedingungen erster Ordnung geben uns ein Gleichungssystem, das wir für x∗ , λ∗ lösen können ∂u(. ) ∣ ∣ = M Ui |x∗ = λ∗ pi ∂xi ∣x∗ m = x∗ ′ p Beachte: Im Zuge dieser Veranstaltung kennzeichnen wir alle optimalen Lösungen mit einem Asterisk ∗ © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 34 Optimale Nachfrage Dividieren wir die Bedingungen erster Ordnung für zwei Güter i und j durcheinander und multiplizieren mit −1 , erhalten wir einen richtig nützlichen Ausdruck: ∂u(.) ∣ ∂xi ∣ MUi ∣ pi − ∂u(.) ∣ =− ∣ = − MUj ∣x∗ pj ∂xj ∣x∗ Steigung der Budgetgeraden Grenzrate der Substitution Wie schon antizipiert, erfüllt das optimale Güterbündel die oben erwähnte Tangenzialbedingung von Indifferenzkurve und Budgetgerade Weitere Intuition: Nehmen wir an, dass für ein Güterbündel MRS(x′1 , x′2 ) > p1 /p2 : der relative Grenznutzen von Gut 1 ist somit hoch im Vergleich zum relativen Preis. Somit möchte man mehr von Gut 1 und weniger von Gut 2 konsumieren Bei diesem sub-optimalen Güterbündel würde man also gerne auf das relativ teure Gut 2 verzichten und mehr vom relativ billigen Gut 1 konsumieren Für Fortgeschrittene: λ ist der Grenznutzen des Einkommens bzw. sein Schattenpreis Verifizieren Sie das bitte in der grafischen Analyse weiter unten. © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 35 Beispiel: Cobb-Douglas Mit einer expliziten Nutzenfunktion können wir nun die individuelle Nachfrage ausrechnen: Nehmen wir Cobb-Douglas Präferenzen an, also u(x1 , x2 ) = xα1 x1−α 2 Die beiden übrig gebliebenen Gleichungen sind also α x∗2 p1 1 − α p1 ∗ − = − ⇔ x∗2 = x 1 − α x∗1 p2 α p2 1 m = x∗1 p1 + x∗2 p2 Sodass αm (1 − α) m x∗1 ≡ x1 (p1 , p2 , m) = , x∗2 ≡ x2 (p1 , p2 , m) = p1 p2 Mit Cobb-Douglas Präferenzen gibt man also einen konstanten Teil α für Gut 1 und den Rest für Gut 2 aus Nota bene: wir gehen ein paar Abkürzungen, aber Sie wissen sicher, wie Sie die Lagrange-Methode vollständig korrekt anwenden ;) © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 36 Grafische Lösung © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 38 Eigenschaften der individuellen Nachfrage © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 39 Exploration: Veränderung des Einkommens Teamarbeit: Gehen Sie zurück auf Folie 31 und spielen Sie mit dem Einkommensparameter herum Wie verändern sich Budgetgerade und Indifferenzkurven? Wie verändert sich das Nachfragebündel? Wie sieht das ganze mit unterschiedlichen Präferenzen aus? © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 40 Einkommens-Expansionspfade, Engel-Kurven und Gütertypen Viele Güter sind normal: bei höherem Budget wird mehr konsumiert Der Einkommens-Expansionspfad im Zweigüterfall und die Engel-Kurve haben eine monoton positive Steigung (siehe nächste Folie) Einige Güter sind (abschnittsweise) inferior: die Nachfrage reduziert sich bei höherem Budget Dies betrifft vor allem Güter mit niedriger Qualität Die Engel-Kurve fällt und der Einkommens-Expansionspfad ist “gewunden” Steigt die Nachfrage schneller als das Budget (im Sinne einer Elastizität), spricht man von einem Luxusgut; steigt sie langsamer, ist es ein notwendiges Gut © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 41 Grafik: Einkommens-Expansionspfad und Engel-Kurve Nach Varian, Abbildung 6.3 © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 42 Exploration: Veränderung der relativen Preise Teamarbeit: Gehen Sie zurück auf Folie 31 und spielen Sie mit einem der Preise herum Wie verändern sich Budgetgerade und Indifferenzkurven? Wie verändert sich das Nachfragebündel? Wie sieht es mit unterschiedlichen Präferenzen aus? © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 43 Anwendung: Butterpreise EUR/kg, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Süddeutsche Butter- und Käsebörse © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 44 Anwendung: Gebrauchtwagen de.statista.com © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 45 Die Slutzky Zerlegung Eine Preissteigerung hat immer zwei Effekte: 1. Substitutionseffekt: Andere Güter werden relativ billiger, sodass Konsumenten ‘wegsubstituieren’ dieser Effekt wirkt immer in diese Richtung 2. Einkommenseffekt: Das Preisniveau steigt insgesamt an, sodass das reale Budget kleiner wird dieser Effekt kann, wie oben gesehen, den Konsum erhöhen oder senken Mathematisch kann man leicht die Slutzky Identität herleiten ∂ x1 (p1 , p2 , m̄) ∂ xS1 (p1 , p2 , x̄1 , x̄2 ) ∂ x1 (p1 , p2 , m̄) ≡ − x̄1 , ∂p1 ∂p1 ∂m Gesamteffekt (?) Substitutionseffekt (-) Einkommenseffekt (?) xSi : Nachfrage nach Gut i wenn das Budget ausgeglichen wird, also bei m̄ ≡ p1 x̄1 + p2 x̄2 © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 46 Giffen Güter Könnte es sein, dass ein Gut stärker nachgefragt wird, wenn sein Preis steigt? Haben Sie Beispiele? Slutzky zeigt uns: Prinzipiell kann der Einkommenseffekt so stark sein, dass er den Substitutionseffekt überkompensiert; solche Güter heißen Giffen Güter Empirische Evidenz Jensen/Miller (2008): Reis und Fleisch Konsum extrem armer Menschen Feldexperiment in der Provinz Hunan: randomisierte Zuteilung von Gutscheinen für Reis an Haushalte Reiskonsum fiel, insbesondere in Hauhalten mit einem “mittelhohen” Einkommen © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 47 Substitute und Komplemente Bei den Präferenzen haben wir bereits informell von perfekten Substituten und Komplementen gesprochen, dies aber nicht definiert Gut i ist ein Substitut (Komplement) für Gut j ≠ i , wenn ∂ xi (p, m)/∂ pj > 0 (< 0) Bei vielen Gütern ist dies eine Matrix mit vielen indirekten Effekten, aber wir beschränken uns auf Brutto- Substitute und -Komplemente Beispiel: Im Fall der Cobb-Douglas Nachfrage sind Güter weder das eine, noch das andere αi m xi (pi ) = pi © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 49 Die Marktnachfrage © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 50 Die inverse individuelle Nachfrage Um zur Marktnachfrage zu gelangen, die wir einem Angebot gegenüberstellen können, verändern wir den Preis eines Gutes ceteris paribus und ermitteln zunächst die individuelle Nachfrage Bei normalen Gütern fällt diese Funktion, wie Sie bei Ihren Explorationen bereits feststellen konnten Die Marktnachfrage von n Konsument:innen ergibt sich als die Summe aller individuellen Nachfragen: n Xi (p, m) ≡ ∑ xci (p, mc ) c=1 Wenn die Präferenzen aller Konsument:innen bestimmte Bedingungen erfüllen, können wir vernachlässigen, dass die Marktnachfrage von der Verteilung der Einkommen abhängt dann sprechen wir von einem repräsentativen Konsumenten mit Budget M = ∑ mc , der sich wie die Gesamtheit der Konsumenten verhält © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 51 Grafik: Die inverse Marktnachfragefunktion © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 52 Zum Abschluss: Einige nützliche Konzepte Die Eigenschaften der Nachfragefunktion spielen eine zentrale Rolle in der VWL Preissetzung von Unternehmen Marktreaktionen auf Steuern, Subventionen, Friktionen oder Schocks Wohlfahrtseffekte Um das besser zu verstehen, brauchen wir ein paar wichtige Konzepte Preiselastizität Einkommenselastizität Konsumentenrente © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 53 Die Preiselastizität der Marktnachfrage Oft sprechen wir aus verschiedenen Gründen von preiselastischer oder preisUNelastischer Nachfrage Unternehmen messen bspw. ihre Marktmacht daran, wie sensitiv ihre Kunden auf Preiserhöhungen reagieren und setzen dementsprechend höhere oder niedrigere Preise Elastizitäten geben an, wie sich eine Größe prozentual verändert, wenn wir eine andere prozentual erhöhen in unserem Fall ist die Preiselastizität der Nachfrage nach Gut 1 ∂ X1 (p1 ) X1 (p1 ) ∗ 100 ∂ X1 (p1 ) p1 εX1 ,p1 ≡ = ∂p1 ∂p1 X1 (p1 ) p1 ∗ 100 Teamarbeit: Gehen Sie zurück auf Folie 44 und verändern Sie die Nachfrageparamater so, dass die Nachfrage elastischer wird! © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 54 Beispiel: Nachfrage mit konstanter Preiselastizität Nehmen wir Cobb-Douglas Präferenzen mit Nachfragefunktion αi m xi = pi Dann ist die Preiselastizität ∂ xi (pi ) pi −αi m p2i εXi ,pi = = = −1 ∂pi xi (pi ) 2 pi αi m Cobb-Douglas Präferenzen erzeugen Constant Elasticity of Substitution (CES) Nachfrage Konsument:innen reduzieren ihre Nachfrage immer um ein Prozent, wenn der Preis um ein Prozent steigt CES Präferenzen werden extrem häufig eingesetzt, da sie sehr angenehme Eigenschaften haben © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 55 Die Einkommenselastizität Analog können wir die Einkommenselastizität von Gütern definieren: ∂ xi (pi , m) m εxi ,m ≡ ∂m xi (pi , m) Mithilfe dieser Elastizität können wir Güter nun formal kategorisieren Normal: εxi ,m > 0 Inferior: εxi ,m < 0 Luxus: εxi ,m > 1 Notwendige Güter: 0 < εxi ,m < 1 © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 56 Beispiel: Nachfrage mit konstanter Einkommenselastizität Wiederum mit Cobb-Dougles Präferenzen und Nachfragefunktion αi m xi = pi haben wir αi m εxi ,m = αi m = 1 pi p i Jede Einkommenserhöhung um ein Prozent erhöht die Nachfrage nach jedem Gut um ein Prozent Die Engel-Kurve ist eine Gerade mit Steigung αi /pi Diese Präferenzen sind daher homothetisch: die relativen Nachfragen sind unabhängig vom Einkommen © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 57 Die Konsumentenrente Die inverse Marktnachfrage gibt an, welchen Preis Konsument:innen maximal bereit sind zu zahlen, wenn sie eine bestimmte Menge erwerben wollen – diesen Preis nennt man Reservations- oder Vorbehaltspreis er korrespondiert mit einem bestimmten Nutzenniveau Der gezahlte Preis entspricht einem bestimmten Nutzenverlust, da andere Güter mit dem verausgabten Geld nicht mehr erworben werden können Die Konsumentenrente, ein Maß für die Wohlfahrt der Konsumentenseite, kann also über die Differenz zwischen inverser Nachfrage und dem Preis ermittelt werden steigt der Preis, fallen manche Konsumenten aus dem Markt und die Verbliebenen erfahren Nutzeneinbußen Dieses zentrale Konzept werden wir für die Analyse von Steuern, aber auch von Marktversagen brauchen! © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 58 Grafik: Die Konsumentenrente © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie 59 Wiederholungsfragen Erläutern Sie, welche Güterbündel sich Nachfrager überhaupt leisten können und von welchen Determinanten diese Menge abhängt Gehen Sie alle Nutzenfunktionen anhand der interaktiven Grafik durch und erläutern Sie, warum die Indifferenzkurven die jeweilige Form annehmen Wie findet man die optimale Nachfrage? Welche Herangehensweisen gibt es? Nehmen Sie eine bestimmte Klasse von Nutzenfunktionen und versuchen Sie, mithilfe einer interaktiven Grafik Einkommens-Expansionspfade, Engel-Kurven und Nachfragefunktionen zu konstruieren Suchen Sie sich einen Partner und erklären dieser Person die Begriffe “Preiselastizität”, “Einkommenselastizität” und “Konsumentenrente” © Prof. Frank Pisch PhD | Fachgebiet Mikroökonomie