Vorlesung Entwicklungspsychologie III PDF

Summary

Die Vorlesung "Entwicklungspsychologie III" beleuchtet unterschiedliche Forschungsmethoden und die Anlage-Umwelt-Debatte in der Psychologie. Es wird ein Überblick über die Themen Querschnitt-, Längsschnittmethode und Konvergenzmodell gegeben. Die Vorlesung thematisiert verschiedene relevante Beispiele und Studien.

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VORLESUNG ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE Untersuchungsmethoden der Entwicklungspsychologie Anlage-Umwelt-Debatte 1 AKTUELLES  Alternativtermin zum 12.11.  13.11 18 Uhr funktioniert nicht  Ersatztermin Seminar...

VORLESUNG ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE Untersuchungsmethoden der Entwicklungspsychologie Anlage-Umwelt-Debatte 1 AKTUELLES  Alternativtermin zum 12.11.  13.11 18 Uhr funktioniert nicht  Ersatztermin Seminar https://www.gansloser.de/aktuelles.html 2 OFFENE FRAGEN DER LETZTEN VORLESUNG Thema Wolfskinder  Gähnen:  universelles Verhalten, das nicht erlernt werden muss, sondern biologisch verankert ist  Genaue Gründe noch ungeklärt, mögliche Erklärungen: Regulierung der Gehirntemperatur, Versorgung mit Sauerstoff, Müdigkeit und Entspannung  KEIN soziales/“ansteckendes“ Gähnen https://bilder.deutschlandfunk.de/46/8e/e7/54/468ee754-f90e-4fc7-adcf-4bcccef41e18/gaehnendes- kind-100-1920x1080.jpg 3 OFFENE FRAGEN DER LETZTEN VORLESUNG Thema Wolfskinder  Gehen  Schwieriger zu beantworten  Mensch ist von körperlichen Gegebenheiten für das Gehen auf zwei Beinen entwickelt (die Skelettstruktur, einschließlich der Position des Kopfes, der Form der Wirbelsäule, der Beckenform und der Beinlänge ist darauf ausgelegt, dass der Mensch sich aufrecht fortbewegt)  Umwelt jedoch ebenfalls sehr prägend, ohne https://static.spektrum.de/fm/912/f2000x857/iStock-469609891_00Mate00_edit.jpg menschliche Vorbilder scheint ein flüssiges Gangbild eher unwahrscheinlich 4 UNTERSUCHUNGSMETHODEN DER ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE 5 DATENERHEBUNG IN DER ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE 1. Interviews/Fragebögen 2. Naturalistische Beobachtung 3. Strukturierte Beobachtung 6 7 UNTERSUCHUNGSMETHODEN DER ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE Datenerhebungsmethoden Querschnittsmethode Längsschnittmethode Konvergenzmodell in der frühen Kindheit 8 QUERSCHNITTMETHODE  Definition: Bei der Querschnittmethode werden Stichproben aus verschiedenen Altersgruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt einmalig untersucht.  UV = Lebensalter, AV = Erfasstes Merkmal  Unterschiede zwischen den Stichproben werden auf Altersunterschiede zurückgeführt.  Beispiel: Betrachtung der Entwicklung der intellektuellen Leistungsfähigkeit über das Alter hinweg.  Mehrere Untersuchungsstichproben unterschiedlichen Alters zum selben Zeitpunkt  Möglichkeit im Anschluss: Berechnung der Mittelwerte der einzelnen Stichproben und Darstellung des Entwicklungsverlaufs über das Alter Lohaus, Arnold, & Vierhaus, Marc. (2019). Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters für hinweg Bachelor (4th ed. 2019). Berlin, Heidelberg: Imprint: Springer. 9 QUERSCHNITTMETHODE Vorteile Nachteile Zeit- und Personalaufwand gering keine Information über intraindividuelle Veränderungen und Entwicklungsverläufe! Gewinnung repräsentativer Stichproben Alters- und Generationsunterschiede sind miteinander konfundiert. Kurze Zeitspanne von Untersuchung zu Ergebnis Übertragbarkeit auf andere Erhebungszeitpunkte fraglich Nützliche Daten über Unterschiede zwischen Altersstichproben möglicherweise nicht vergleichbar Altersgruppen Keine Aussage über Stabilität einzelner Aspekte Einsatz: zur Heuristik sowie bei Fragestellungen, die an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden sind (z. B. Bestimmung von Altersnormen für einen Schultest). 10 QUERSCHNITTSMETHODE Beispiel für Konfundierungseffekt:  lat. confundere: vermischen, zusammengiessen, verwechseln  Zusammenhang einer unabhängigen Variable (z.B. niedriger vs. Hoher Fernsehkonsum) und einer abhängigen Variable (z.B. Aggressivität) kann auch durch eine Drittvariable/Störvariable (z.B. Geschlecht) erklärt werden.  Beispiel Befund:  Erhöhter Fernsehkonsum ist korreliert mit erhöhter Aggressivität.  Sind Jungen –unabhängig vom Fernsehkonsum– aggressiver als Mädchen und ist der Fernsehkonsum bei Jungen ebenfalls höher ausgeprägt, so würde die Konfundierung mit der Variable Geschlecht zu einer fehlerhaften Schätzung des direkten Zusammenhangs führen. https://www.hna.de/assets/images/6/440/6440025-1758839894-kinder-2Hfe.jpg 11 LÄNGSSCHNITTMETHODE  Definition: Bei der Längsschnittmethode wird eine Stichprobe zu verschiedenen Zeitpunkten mit demselben oder einem vergleichbaren Erhebungsinstrument untersucht.  UV = Lebensalter, AV= Erfasstes Merkmal  Beispiel: Intellektuelle Leistungsfähigkeit von 8- jährigen wird weiterverfolgt mit Wiederholungsmessungen im Alter von 10, 12, 14.  Möglichkeit im Anschluss: Berechnung der Mittelwerte der einzelnen Stichproben und Darstellung des Entwicklungsverlaufs über das Alter hinweg Lohaus, Arnold, & Vierhaus, Marc. (2019). Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters für Bachelor (4th ed. 2019). Berlin, Heidelberg: Imprint: Springer. 12 LÄNGSSCHNITTMETHODE Vorteile Nachteile Informationen über intraindividuelle Testungseffekten (Serialeffekten) Veränderungen Bestimmung von individuellen Verlaufsformen Alters- und Testzeiteffekte konfundiert und Verlaufstypen Feststellung der Stabilität oder Instabilität von Fragliche Generalisierbarkeit auf andere Merkmalen Kohorten bzw. Generationen Ggf Rückschlüsse über Ursache-Wirkungs-Ab- Gefahr der selektiven folgen Stichprobenveränderungen und Ausfällen Vergleich von Veränderungsmustern und deren Ökonomisch aufwendig Zusammenhänge Stichproben unmittelbar vergleichbar Untersuchungsmaterial eingeschränkt 13 FAZIT  Um intraindiviuelle Entwicklungsveränderungen zu erfassen, kommen nur längsschnittliche Methoden infrage  Längs- und querschnittliche Befunde können divergieren  Lösung: Kombination von längs- und querschnittlichen Designs  Konvergenzmodell https://stock.adobe.com/de/search?k=fazit 14 KONVERGENZMODELL  Auch bezeichnet als Kohorten-Sequenzplan oder sequenzielles Kohortendesign  Eine Kombination von Längs- und Querschnittsmodell, um einen zusammengesetzten, sich teilweise überlappenden Gesamtlängsschnitt zu erhalten  Im Prinzip wird eine Querschnittuntersuchung in mehreren Sequenzen durchgeführt  Mit diesem Modell lassen sich einige Nachteile von reinen Quer- oder Längsschnittmethoden vermeiden Lohaus, Arnold, & Vierhaus, Marc. (2019). Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters für Bachelor (4th ed. 2019). Berlin, Heidelberg: Imprint: Springer. 15 KONVERGENZMODELL  In diesem Beispiel werden drei Kohorten (20-, 30- und 40-jährige) in den Jahren 1965, 1975, 1985, 1995 und 2005 untersucht BERK, L. E. (2011). ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE (VOL. 4049). PEARSON DEUTSCHLAND GMBH. 16 DATENERHEBUNGSMETHODEN IN DER FRÜHEN KINDHEIT  Herausforderung: sprachliche Kommunikation kann nicht zur Datengewinnung genutzt werden   Beobachtung in experimentellen Kontexten  Systematischer Einsatz von Stimuli und die Reaktion des Säuglings darauf  Wichtigste Methoden:  das Präferenzparadigma  das Habituations-Dishabituations-Paradigma,  das Erwartungs-Induktions-Paradigma,  das Erwartungs-Enttäuschungs-Paradigma sowie  das Paradigma der verzögerten Nachahmung https://meta.wintablets.ch/methodische-tipps/ 17 PRÄFERENZPARADIGMA  Erfassung der Vorlieben eines Säuglings für bestimmte Stimuli  Säugling werden zwei oder mehr Stimuli präsentiert und aus der Reaktion des Kindes wird auf seine Präferenz für einen der Stimuli geschlossen.  Einsatz bei visuellem und akustischem Stimulusmaterial, auch bei Geruchs- oder Geschmacksstimuli  Einsatz von Blick- oder Körperbewegungen ebenso denkbar wie physiologische Messungen.  Beispiel: Präferenz vertrauter Gesichter https://centaur.reading.ac.uk/37153/1/Head-turn%20preference%20%281%29.pdf 18 HABITUATIONS-DISHABITUATIONS- PARADIGMA  Überprüfung, ob Säugling Reize voneinander differenzieren kann  Wiederholte Darbietung gleichartiger Stimuli, bis eine Reizgewöhnung (Habituation) eingetreten ist  Wird nun ein Reiz präsentiert, den der Säugling als abweichend wahrnimmt, kommt es zu einer Orientierungsreaktion  Säugling schaut länger auf neuen Reiz  Vielfältige Einsatzmöglichkeiten, Hauptfokus in Studien, die die kognitiven Fähigkeiten von Säuglingen untersuchen https://www.u-buy.com.au/product/46CVYWFYI-newborn-toys-black-and-white-cards-for-babies-visual- stimulation-for-infant-high-contrast-baby-cards-colorful-ribbon-rings-set-montessori-toys-for 19 ERWARTUNGS-INDUKTIONS- PARADIGMA (ASSOZIATIONSLERNEN)  Ausgangsfrage: Erkennt ein Säugling Relationen innerhalb von Stimulusserien  Durch Präsentation von Stimuli werden bei Säugling bestimmte Erwartungen erzeugt  Präsentation von Reizserien und Säugling soll Relationen erkennen, die in Reizserie enthalten sind  Ob die Relationen erkannt wurden, lässt sich dann durch Beobachtung seines Verhaltens erkennen  Die wahrzunehmenden Relationen können sich auf Kontingenzen zwischen Stimuli sowie auf Kontingenzen zwischen Stimuli und eigenem Verhalten beziehen https://perspectives.waimh.org/2022/02/18/improving-infant-mental-health-outcomes-in-early-learning- settings-for-children-who-have-experienced-trauma/ 20 ERWARTUNGS-ENTTÄUSCHUNGS- PARADIGMA  Annahme: bereits im Säuglingsalter können Erwartungen über eintretende Ereignisse vorliegen  Idee: diese Erwartungen werden erkennbar, wenn etwas geschieht, das den Erwartungen widerspricht.  Beispiel Erwartungsenttäuschung: Säuglinge betrachten die unerwarteten Ereignisse länger oder zeigen Anzeichen von Verunsicherung https://lovevery.com/community/blog/child-development/baby-development-milestones-by-month/ 21 PARADIGMA DER VERZÖGERTEN NACHAHMUNG  Kindern werden Modellhandlungen vorgeführt, die nach einem mehr oder minder großen Zeitintervall imitiert werden sollen  Wenn dies gelingt, kann daraus geschlossen werden, dass das Kind die Modellhandlung gespeichert hatte  Durch eine Variation des zeitlichen Abstandes lässt sich feststellen, über welche Zeiträume hinweg die Handlung gespeichert werden konnte  Verfahren erfordert motorische Reproduktionsfähigkeiten seitens des Kindes  Einsatz erst ab ca. 6 Monaten möglich  Haupteinsatzgebiet: Lern- und Gedächtnisforschung https://www.mayinstitute.org/news/acl/asd-and-dd-child-focused/what-is-imitation-and-why-is-it- important/ 22 DATENERHEBUNGSMETHODEN IN SPÄTEREN ENTWICKLUNGSABSCHNITTEN  Sprachverständnis geht den Kompetenzen zur Sprachproduktion i.d.R. voraus  Einsatz von Methoden, die nur Sprachverständnis erfordern (z.B. Sortieraufgaben)  Interviewtechniken stellen höhere Anforderungen sowohl an das Sprachverständnis als auch an die Sprachproduktion  Anpassung an kindliche Situation  Adäquate Gestaltung der Umgebung https://nfamilyclub.com/try-this/sorting-objects/ 23 ETHISCHE PRINZIPIEN Society for Research on Child Development  Keine physischen oder psychischen Beeinträchtigungen  Informierte Einwilligung des/der Erziehungsberechtigten und auch von den Kindern, falls sie alt genug sind  Aufklärung über alle Aspekte der Untersuchung  Freiwilligkeit der Teilnahme – Verweigerung hat keine negativen Konsequenzen  Anonymität bewahren  Über Befunde aufklären (angepasst an das jeweilige kognitive Nievau)  Unvorhergesehenen negativen Folgen entgegenwirken  Korrektur aller falscher Eindrücke, die das Kind im Verlauf der Untersuchung gewinnen könnte https://www.pfh-berlin.de/sites/default/files/styles/mood_image_desktop_retina/public/2021-03/ Kinderschutz_shutterstock_230143459_Von%20CebotariN.jpg?itok=JLKOmO08 24 ANLAGE UND UMWELT Zwillings- und Adoptionsstudien 25 ANLAGE VS UMWELT  Eine der grundlegenden Fragen der Entwicklungspsychologie mit langer Tradition  Anlage = vererbte Information, von den Eltern bei der Empfängnis erhalten  Umwelt = physische und soziale Einflüsse, beeinflusst die biologische und psychologische Entwicklung  Frage nach „Entweder-oder“ gilt als überholt  Heute eher folgende Fragestellungen:  Wie wirken Anlage und Umwelt zusammen? (Anastasi, 1958)  Warum ist dieses Verhalten evolviert? (Eckensberger & Keller, 1998) 26 UMWELTEINFLÜSSE 27 ZWILLINGSSTUDIEN Im Humanbereich gebräuchlichster Ansatz zur Abschätzung von Anlage-Umwelt-Anteilen  Eineiige Zwillinge: Entstehung aus einer befruchteten Eizelle, die sich frühzeitig in zwei Individuen mit identischer Erbinformation teilt  Genetische Übereinstimmung bei 100%  Unterschiede zwischen Zwillingen deshalb nur auf Umwelt zurückführbar  Zweieiige Zwillinge: Entstehung aus zwei getrennt voneinander befruchteten Eizellen  Die durchschnittliche genetische Übereinstimmung liegt bei 50% (wie auch sonst bei Geschwistern) 28 ZWILLINGSSTUDIEN  Die eineiigen Zwillinge Gerald Levey und Mark Newman wurden nach der Geburt getrennt und unabhängig voneinander in jüdischen Mittelschichtsfamilien in der Gegend von New York aufgezogen. Bei ihrem Wiedersehen im Alter von 31 Jahren waren beide Feuerwehrmänner mit heruntergezogenem Oberlippenbart und Koteletten und hatten eine Vorliebe für die Jagd und das Fischen, für John-Wayne-Filme, sogar für dieselbe Biermarke, wobei sie die Bierdosen in gleicher Weise mit dem kleinen Finger auf der Unterseite abstützten und nach dem Leeren zusammendrückten 29 ZWILLINGSSTUDIEN Erblichkeitsschätzungen geben an, welcher Anteil an der Variation eines Merkmals auf die genetische Ausstattung bzw. die Umweltvariation entfällt.  Hohe Erblichkeitsschätzungen oftmals im Bereich Intelligenz (verminderte Schätzungen bei Betrachtung einzelner Teilfertigkeiten)  In Persönlichkeits- oder Verhaltensbereichen liegen Schätzungen deutlich niedriger https://www.wissenschaft.de/wp-content/uploads/t/w/twinsbdw.jpg 30 ZWILLINGSSTUDIEN Limitationen/Einschränkungen:  Zwillingsstichproben sich nicht repräsentativ für Gesamtbevölkerung  Umwelten sind nicht in jeder Hinsicht vergleichbar  Aussagemöglichkeiten sind beschränkt auf vorgefundene Umweltvariation  Vermutung, dass der Erblichkeitsanteil mit der Zwillingsmethode überschätzt wird. https://www.wissenschaft.de/wp-content/uploads/t/w/twinsbdw.jpg 31 ADOPTIONSSTUDIEN  Bei Adoptivstudien macht man sich den Umstand zunutze, dass man für Verwandte und Nichtverwandte abschätzen kann, wie hoch jeweils das Ausmaß der genetischen Ähnlichkeit ist.  Bei starkem Erblichkeitseinfluss sollte eine hohe Ähnlichkeit zu den biologischen Eltern bestehen, bei starkem Umwelteinfluss sollte dagegen die Ähnlichkeit zu den Adoptiveltern hoch sein.  Adoptivstudien führen zu ähnlichen Ergebnissen wie Zwillingsstudien. Über das Alter hinweg findet sich häufig eine zunehmende Ähnlichkeit zu den biologischen Eltern, was mit aktiven und evozierenden Anlagewirkungen erklärbar ist.  Schwächen:  Häufig kann nicht jeder Umwelteinfluss seitens der leiblichen Eltern ausgeschlossen werden. https://b2774750.smushcdn.com/2774750/wp-content/uploads/2017/08/bigstock-Cubes-with-word- ADOPTION-and-f-168761183-768x512.jpg?lossy=1&strip=1&webp=1 32 ADOPTIONSSTUDIEN REANALYSE DREIER US-ADOPTIONSSTUDIEN (CADORET ET AL., 1983) N = 525 Adoptivkinder (367 (Iowa, 1980), 50 (Iowa, 1970), 108 Missouri) Problemfamilie Auffälligkeit der Antisoziales Verhalten (Umwelteinfluss) biologischen Eltern (Anlageeinfluss) = normverletzendes bis hin = Adoptiveltern getrennt oder zu kriminellem Verhalten im geschieden, bzw. = Straffälligkeit mindestens Jugendalter Familienmitglied mit eines Elternteils psychiatrischer Diagnose 33 ADOPTIONSSTUDIEN ERGEBNISSE Ergebnisse: 1. Minimal erhöhtes Risiko für antisoziales Verhalten im Jugendalter  Bei Adoptivkindern, die in Problemfamilien aufwuchsen (signifikanter Umwelteffekt in allen drei Studien)  Bei Adoptivkindern, deren biologische Eltern antisozial auffällig geworden sind (hier nur in einer der drei Studien signifikanter Effekt) 2. Stärker erhöhtes Risiko für antisoziales Verhalten im Jugendalter  Bei Adoptivkindern in Problemfamilien mit auffällig https://www.inside-studie.de/portals/0/Icons_Symbole/Zeichnung_Ergebnisse.jpg gewordenen biologischen Eltern 34 ADOPTIONSSTUDIEN REANALYSE DREIER US-ADOPTIONSSTUDIEN (CADORET ET AL., 1983) Evidenz für Genom-Umwelt-Interaktion Interpretation der Autoren: Vererbt wurde von den biologischen Eltern eine erhöhte Vulnerabilität/Verletzlichkeit durch belastende Umweltbedingungen Mit anderen Worten: Belastende Umweltbedingungen können sich vor allem bei durch ihre Erbanlagen verletzbaren Jugendlichen negativ auswirken. Allgemeiner formuliert: Befund ist ein Hinweis darauf, dass Umwelt- und Anlageeinflüsse sich wechselseitig verstärken können. 35 ANLAGE-UMWELT-WECHSELWIRKUNG FORMEN DER WECHSELWIRKUNG  Aktiv  Kind mit spezifischer genetischer Ausstattung sucht aktiv Umgebung, die zu seinen Anlagen passt (Nischenwahl)  Passiv  Biologische Eltern bieten eine Umwelt, das zu eigenen genetischen Alle Anlagewirkungen Anlagen passt, das jedoch durch genetische Überlappung gleichzeitig auch können sich in ihrer günstiges Umfeld für Kind darstellt (Eltern vererben Gene und Umwelt). Wirkung gegenseitig  Evokativ/evozierend verstärken  Anlagen des Kindes rufen bei anderen Personen bestimmte Reaktionen hervor, die zu seiner Anlage passen 36 ANLAGE-UMWELT-WECHSELWIRKUNG Folgen aus den Typen der Anlage-Umwelt-Passung:  Mit zunehmendem Alter gewinnt die aktive-Umwelt-Passung an Bedeutung  Wahrscheinlichkeit einer geringen Passung sinkt Passive Passung in biologisch verwandten Familien wahrscheinlich Formen stehen vor allem in biologisch verwandten Familien im Zusammenhang Je eingeschränkter die passive/evokative Passung, desto geringer die Möglichkeit, eine aktive Passung zu erzeugen 37 ANLAGE-UMWELT-WECHSELWIRKUNG STAND DER FORSCHUNG Eine Gewichtung von Anlage-Umwelt-Einflüssen nicht sinnvoll, weil… Wechselwirkungen von Anlagen und Umwelteinflüssen zu komplex sind Lange Zeit von einem passiven Kind ausgegangen wurde, welches von Anlagen oder Umwelt geformt wird. Mittlerweile nimmt das Kind die Rolle eines eigenaktiven Subjektes ein und somit eines dritten Faktors, welches seine Anlagen entwickelt und seine Umwelt erobert Kompetenter Säugling 38 ANLAGE-UMWELT-WECHSELWIRKUNG EPIGENETIK  Epigenetik befasst sich mit Wechselwirkungen zwischen Genen, Umwelt und Verhalten  Entwicklung resultierend aus kontinuierlichen, bidirektionalen Veränderungen:  Gene beeinflussen Verhalten und Erfahrungen  Verhalten und Erfahrungen beeinflussen die Genexpression Epigenom: Das Epigenom entspricht der Gesamtheit der epigenetischen Informationen in Zellen, durch die die Aktivierung von Genen und damit die Funktion des Genoms gesteuert werden. 39 ANLAGE-UMWELT-WECHSELWIRKUNG 40

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