Ethische Aspekte der Versuchstierpflege PDF
Document Details
Uploaded by DaringAbstractArt9324
Veterinärmedizinische Universität Wien
Tags
Summary
Dieses Dokument behandelt ethische Aspekte der Versuchstierpflege. Es behandelt die Grundlagen der Ethik und Tierschutz, die Verantwortung des Menschen gegenüber Tieren, Tierversuche und die Haltung von Versuchstieren. Das Dokument beleuchtet auch das Problem der Mensch-Tier-Beziehung und die Notwendigkeit des Handelns.
Full Transcript
Okay, I'll convert the image into a structured markdown format. # Ethische Aspekte bei der Pflege von Versuchstieren ## 1. Begriffserklärung: Ethik **Definition:** Klärung und Begründung von Wertvorstellungen und Verhaltensnormen, die sich auf den menschlichen Umgang mit der außermenschlichen Nat...
Okay, I'll convert the image into a structured markdown format. # Ethische Aspekte bei der Pflege von Versuchstieren ## 1. Begriffserklärung: Ethik **Definition:** Klärung und Begründung von Wertvorstellungen und Verhaltensnormen, die sich auf den menschlichen Umgang mit der außermenschlichen Natur beziehen. Zu dieser Thematik gibt es sehr unterschiedliche Ansätze, die teilweise sehr kontrovers diskutiert werden. ### 1.1. Einer dieser Ansätze geht davon aus, daß die außermenschliche Natur keinen Wert in sich selbst hat, sondern einen Wert für die Menschen darstellt, d.h. es handelt sich um eine Ethik, die ausschließlich am Menschen und seinem Wohlergehen orientiert ist. Man verwendet diesen Ansatz häufig, wenn über Umweltschutz diskutiert wird. ### 1.2. Beim Thema Tierschutz kommt ein anderer Ansatz zum Tragen. Man geht dabei davon aus, das als Basis aller Ethik ein Gefühl des Leidens angenommen wird. Daraus abgeleitet wird die Verpflichtung für den Menschen, dieses Leiden anderen nicht zuzufügen. Das ethische Ziel besteht also in der Verringerung des Leidens. Neben diesen beiden genannten Ansätzen gibt es eine ganze Reihe von anderen Ansätzen, die in bezug auf Tierschutz sehr extreme Position einnehmen. Von der ethischen Gleichstellung von Mensch und Tier, bei der ihnen die gleichen Rechte und auch dieselbe Würde zugesprochen wird bis hin zur Aufstellung von moralischen Normen, die ausschließlich auf das Wohl und die Rechte des Menschen bedacht sind (Anthropozentrismus von Kant). ## 2. Betrachtungen über das Verhältnis zwischen Menschen und Tier In früheren Zeiten hat man sich wenig Gedanken zu diesem Thema gemacht. Die Tiere wurden von Menschen verwendet als Arbeitshilfe, Spielgenosse, Nahrungs- und Bekleidungsmittel. In jüngster Zeit wird das Mensch-Tier-Verhältnis zunehmend kritisch hinterfragt. Dafür gibt es zwei Ursachen: 1. das **gestiegene Umweltbewußtsein** → Tiere, Pflanzen oder auch Biotope erhalten deshalb zunehmend mehr eine eigene Wertigkeit und eigene Rechte. Der Natur wird das Recht auf Leben und auf artgerechte Behandlung zugesprochen und der Mensch hat diese Rechte zu achten, denn sie lassen sich aus der Schöpfungsordnung und damit als Ausdruck des göttlichen Willens ableiten. 2. die **kritische Betrachtung** des Mensch-Tier-Verhältnisses wegen häufigen Mißbrauches → Das ursprüngliche Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist gravierend gestört worden. Problemkreise: * Nutztierhaltung, die heute oft eine industrielle Produktion von lebenden Tieren darstellt, um den gestiegenen Fleischkonsum, nach dem zweiten Weltkrieg decken zu können. * Haustierhaltung kritisch zu überdenken, obwohl sie zahlenmäßig eine untergeordnete Rolle spielt. * Tierversuche, die zum einen bei der Entwicklung von Arzneimitteln, aber auch bei der Entwicklung von Kosmetika zu Einsatz kommen. Daneben werden auch andere Bereiche kritisch beleuchtet wie z. B. die Jagd, die Zoo- und Zirkustierhaltung, Hunde-, Stier- und Hahnenkämpfe. ## 3. Verantwortung des Menschen für das Tier In diesem Zusammenhang wurde der Begriff der "Verantwortungsethik" geprägt. Sie ist gekennzeichnet durch: * Schaffung einer Rangordnung (Leben, Reichtum, Gesundheit, Aussehen); * Motive, die zu einem bestimmten Handeln führen; * Wahl der angemessenen Mittel; * Abwägung der Handlungsfolgen, d. h. die Alternative mit den geringsten negativen Folgen ist zu bevorzugen. Hinsichtlich der Rangfolge kommt aus christlicher Sicht das Leben des Menschen vor dem Leben des Tieres. Diese Präferenz gilt auch dann noch, wenn es sich um Fragen für den Menschen lebensbedrohender Krankheiten handelt. Tierversuche sind im allgemeinen sittlich erlaubt, wenn sie zur Erforschung von Behandlungsmethoden solcher Krankheiten dienen. Hinsichtlich der Motive wird von Versuchstiergegnern oft Gewinnsucht, Karrierestreben und Sadismus unterstellt. Im wesentlichen ist davon auszugehen, daß das Wohl der Menschheit als oberstes Ziel der Wissenschaft zu nennen ist. Dabei ist es in vielen Fällen erforderlich, daß dafür Versuche durchgeführt werden. Diese Versuche, direkt an Menschen durchzuführen, wären unmoralisch, weil kein Mensch das Recht hat, einem anderen Menschen Schmerzen zuzufügen und ihn als Mittel zu verwenden. "Die Bewahrung und der Schutz des menschlichen Lebens sind hingegen eine Verpflichtung, die auch notwendige Tierversuche der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung mit einschließt" (Zitat aus den ethischen Richtlinien für Tierversuche). In bezug auf die Wahl der geeigneten Mittel muß berücksichtigt werden, daß viele Tiere über eine hohe Schmerzfähigkeit verfügen. Aus diesem Grund sind, wenn möglich, Tiere mit geringerer Schmerzfähigkeit zu bevorzugen. Die Forderung der Verantwortungsethik, daß Handlungen mit den geringsten negativen Folgen zu bevorzugen sind, führt übertragen auf den Bereich Tierversuche dazu, daß möglichst viele Alternativmethoden einzusetzen sind, um die Zahl der Tierversuche zu reduzieren. Eine weitere ethische Pflicht besteht darin, durch Tierversuche gewonnene Ergebnisse möglichst schnell einer breiten wissenschaftlichen Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, um Wiederholungsversuche zu vermeiden. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß das Interesse am Tierschutz in den letzten 20 Jahren stark zugenommen hat. Durch die Tierschutzgesetzgebung aber auch durch die Geschichte der Tierethik wird erkennbar, daß der Trend von einem anthropozentrischen zu einem "ethischen" Tierschutz geht. Damit verbunden ist die Reduzierung von Tierversuchen auf das absolut notwendige Maß. ## 4. Ethische Vertretbarkeit von Tierversuchen Bei dem Begriff "Ethische Vertretbarkeit" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der immer wieder zu Schwierigkeiten zwischen Antragsteller eines Tierversuches und Genehmigungsbehörde führt. Tierversuche dürfen in Deutschland nur durchgeführt werden, wenn sie dem Vorbeugen, Erkennen oder Behandeln von Krankheiten, Leiden, Körperschäden usw., dem Erkennen von Umweltgefährdungen, der Prüfung von Stoffen oder Produkten auf Unbedenklichkeit oder der Grundlagenforschung dienen (§7 Abs. 2 TierSchG) Weitere Voraussetzung für einen zulässigen und damit genehmigungsfähigen Tierversuch ist seine Unerlässlichkeit (§7 Abs. 2 TierSchG). Drittes und rechtlich seit jeher schwer faßbares Kriterium ist, daß "die zu erwartenden Schmerzen, Leiden und Schäden der Versuchstiere im Hinblick auf den Versuchszweck ethisch vertretbar sind" (§7 Abs. 3 TierSchG) Trotz aller Bemühungen um Versachlichung, werden sich die Unterschiede und Gegensätze, die beim Thema Tierversuche bestehen, nicht aus der Welt räumen lassen. Auf Naturwissenschaftler und alle im Versuchstierbereich arbeitenden Menschen sind immer wieder heftigen Vorwürfen seitens der Philosophie und der Theologie ausgesetzt. Aus diesem Grund setzen sich Wissenschaftler zunehmend zur Wehr und befassen sich ihrerseits mit den ethischen Problemen der Tierversuche. → Ergebnis: der Streit ist festgefahren, Argumente sind weitgehend bekannt Jeder kann dazu beitragen, durch einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Tier, an der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf gerecht zu werden. Das Ziel sollte sein: "mit der minimal notwendigen Versuchstierzahl und maximaler Einschränkung der Leiden den optimalen Erkenntnisgewinn aus den Untersuchungen zu erzielen." Tierversuche sind Teil des Mensch-Tier-Verhältnisses und die Notwendigkeit dazu besteht so lange, wie sie nicht durch andere Methoden zu ersetzen sind. Um sie durchzuführen, sind Sachverstand, Erfahrung und Tierliebe erforderlich. # Haltung von Labortieren Eine Vielzahl von Infektionserregern - unabhängig von Ihrer Pathogenität - können Ergebnisse von Tierversuchen beeinflußen. Die Folge sind: * erhöhte Tierzahlen * Wiederholungsversuche * verfälschte Versuchsergebnisse Haltungsbedingungen bei Labortieren ergeben sich aus den Anforderungen der Wissenschaft. Benötigt wird ein in seinen Eigenschaften möglichst genau definiertes Tier. Folge: Standardisierte Haltungsbedingungen unter Berücksichtigung der Grundbedürfnisse der verschiedenen Labortierspezies. Durch eine möglichst weitgehende Standardisierung der Haltungsbedingungen der Labortiere in der Zucht, der Vorratshaltung und im Experiment soll die Einschleppung von unerwünschten Mikroorganismen reduziert werden. Wesentliche Einschleppungsquellen sind: * das Versuchstier * der Mensch * das Material (z. B. Futter, Einstreu) ## Verschiedenartige Haltungssysteme von Labortieren | Unterscheidungskriterium | => | hygienische Bedingungen | | :----------------------------------- | :------------------------------- | :----------------------------- | | offenes System (= konventionelle Haltung) | | | | geschlossenes System (= Barriere-System, SPF-System) | | | | Isolatorsystem | | | | Weitere Haltungsmöglichkeiten: | | | | Tierhaltung in Filtertop-Käfigen | | | | Tierhaltung in Laminar-Flow-Schränken | | | ### 1. Offenes System * Technisch einfachste Form der Unterbringung von Labortieren * Tierräume stehen in offener Verbindung zur Außenwelt, d.h. es bestehen _keine_ Sicherheitsvorkehrungen, um die Tiere gegen Infektionen zu schützen. * Standardisierung: * Belüftung * Beleuchtung * Tierqualität: konventionelle Tiere mit undefiniertem Keimstatus * Vorkommen: * Vorratshaltung * kurzfristige Experimente ### 2. Geschlossenes System Durch verschiedene Abschirmmaßnahmen (Barrieren) werden die Tiere von der unkontrollierten Außenwelt geschützt. * Ziel: Einschleppen von Infektionserregern verhindern, d.h. Isolierung der Labortiere * Standardisierung der physikalischen und hygienischen Umweltbedingungen * Tierqualität: SPF-Tiere, d.h. bestimmte pathogene Organismen werden bei den regelmäßigen Kontrolluntersuchungen nicht nachgewiesen. * Vorkommen: * Zucht, Vorratshaltung * langandauernde Experimente * Quarantäne #### 2.1. Maßnahmen zur Errichtung einer Barriere-Haltung * **Bauliche Maßnahmen:** * zentrale oder dezentrale Anlage * Wände und Boden glatt, hart, möglichst fugenlos * Dehnungsfugen sorgfältig abdichten * Fenster aus bruchsicherem Glas (gasdicht) * Türen und Zargen aus Stahl (gasdicht) * **Technische Maßnahmen** * technische Einrichtung im unreinen Bereich installieren * Back up-Systeme für Belüftung und Stromversorgung * Klimaanlage mit Filterstationen * verschiedene Schleusensysteme für: * Personal * Material * Tiere * Wasseraufbereitungsanlage * Ver- und Entsorgungsanlagen * **Hygienische und organisatorische Maßnahmen** * Wartungsplan * Hygieneplan * Betriebshygiene * Personalhygiene #### 2.2. Anforderungen an die Luft Notwendig ist die sterile Luftversorgung für SPF-Räume, um eine Kontamination der Tiere mit pathogenen Mikroorganismen zu verhindern. Schwebstoffilter, die einen Abscheidegrad von 99,97% aufweisen (S-Filter), werden eingesetzt. Um die Standzeiten dieser Filter zu verlängern, werden Grob- und Feinstaubfilter vorgesetzt. **Überwachung der Wirksamkeit durch folgende Maßnahmen:** * rechtzeitiger Filterwechsel vor Überschreiten der Druckdifferenz * Luftpartikelmessungen nach dem S-Filter * Luftkeimzahlbestimmung der Reinluft **Überwachung von** * Temperatur (abhängig von Tierart) * Feuchte (50-70% rel. Luftfeuchte) * Druck (mind. 15 mm WS) * Luftwechsel (15 - 20 fach/h abhängig vom Tierbesatz) #### 2.3. Anforderungen an das Tränkwasser Tränkwasserqualität für SPF-Tiere muß hygienisch immer einwandfrei sein. Deshalb sind in einer SPF-Einheit zur Absicherung zusätzliche Maßnahmen zur Wasseraufbereitung erforderlich verschiedene Methoden: z. B. Filtration, Umkehr-Osmose, Ozonisierung Verbreitung von Krankheiten durch das Tränkesystem muß verhindert werden. Kontrolle durch regelmäßige Wasseruntersuchungen! #### 2.4. Schleusensysteme ##### 2.4.1. Personalschleuse: ermöglichen Personal den Zugang vom unreinen in den reinen Bereich a. Duschschleusen b. Luftduschen * **zu a. Duschschleusen, bestehend aus**: Auskleideraum, Dusche, Ankleideraum Der Duschvorgang umfaßt neben der allgemeinen Körperreinigung eine intensive Hand- und Fußhygiene, sowie das Haare waschen. Anschließend steht hinter der Barriere ein steriles Wäschepaket bestehend aus Handtücher, Ober- und Unterwäsche, Socken zur Verfügung. Außerdem muß jeder Tierpfleger Kopfbedeckung, Einweghandschuhe und Mund-Nasenschutz tragen. * **zu b. Luftduschen bestehend aus**: Auskleideraum, Ankleideraum, Luftdusche Der Mitarbeiter betritt mit spezieller Reinraumkleidung bekleidet die Luftdusche. Dort erfolgt die Abreinigung mit steril-filtrierter Luft, die aus Düsen in die Kabine drückt und durch Anblasen der Personen mit Luftgeschwindigkeiten zwischen 15 und 30 m/s ein Reinigungseffekt erzielt wird. ##### 2.4.2. Materialschleusen * Die Materialien werden mittels verschiedener Verfahren (Heissdampf, Heissluft, Gammastrahlen, Desinfektionsmittel) entkeimt. * Beschickung von der unreinen Seite, Entnahme von der reinen Seite * **2.4.2.1. Autoklav** * gebräuchlichste und sicherste Materialschleuse * Sterilisation mit Heißdampf * verschiedene Programme für verschiedene Materialien * Ablauf: 1. Phase: Vorvakuum mit Dampfinjektion 2. Phase: Sterilisationsphase 3. Phase: Nachvakuum mit Kühlung und Trocknung * Druck- und Temperaturschreiber sind erforderlich * **2.4.1.2. Heißluftsterilisation** * wirkt nur bei Materialien mit glatten Oberflächen * nicht geeignet für Futter und Einstreu * **2.4.1.3. Tauchtanks** * Wirksamkeit ist abhängig vom Desinfektionsmittel und Einwirkzeit * Eingesetzt, um gammabestrahltes Futter einzuschleusen * **2.4.1.4. Desinfektionskammern (für nicht hitzestabiles Material)** * Verdampfung von Formalin (min. 6 Stunden Einwirkzeit) * wirkt gegen Bakterien, Bakteriensporen, Pilze, Viren * gute Materialverträglichkeit * Versprühen von Peressigsäure in rohrförmigen Schleusen * keimdichter Verschluß durch Plastikkappen ##### 2.4.2. Tierschleusen a) Einschleusen von Tieren * Peressigsäureschleusen aus der Isolatortechnik * Transportbehälter bleibt in der Schleuse * Tier wird auf der reinen Seite entnommen b) Ausschleusen von Tieren * Alle beschriebenen Materialschleusen (Ausnahme Tauchtank) sind verwendbar. * Nachteil nur für limitierte Tierzahlen * daneben: * Tierrutschen * Luftschleusen * Transport erfolgt in Filterkartons ### 3. Haltung im Filtertop-Käfig * Zweck: Durch die Abdeckung des Käfiginneren werden die Tiere vor Krankheitserregern und anderen Verunreinigungen der Umgebungsluft geschützt. * Prinzip: * Filterhaube wird über den Käfig gestülpt - inkl. Futterraufe und Wasserflasche * je nach Filterart gibt es eine Ausfilterung von 80-90% * Handling der Tiere im Laminar-Flow-Schrank * Vorkommen: * mehrere kleine Haltungseinheiten innerhalb eines Tierraumes * Einsatz bei Langzeitexperimenten ### 4. Laminar-Flow-System * Zweck: Schutz der Tiere vor Krankheitserregern in der Umgebungsluft (blasende Ausführung) * Prinzip: * Raumluft wird mittels Gebläse über einen Vorfilter und über einen Sterilfilter (99,995% Abscheidegrad) geführt. * Parallele Luft nach dem Verdrängungsprinzip bewirkt, daß die Tiere nicht mit der ungefilterten Raumluft in Berührung kommen (opt. Luftgeschwindigkeit 30-50 m/min.) * Einsatz: * Sterilarbeitsplatz * Tierhaltung ### 5. Isolatorhaltung * Zweck: * sicherste, technisch-hygienische Barriere gegen mikrobiologische Kontamination * direkter Kontakt Mensch-Tier ist ausgeschlossen * Prinzip: * keimdicht umschlossener Raum, dessen Inneres keimfrei gemacht werden kann * Außenhülle besteht meist aus PVC-Folie mit eingearbeiteten langen Handschuhen oder eingeschweisten Jacken mit Klarsichthelm * Doppeltürige Materialschleuse zur sterilen Ver- und Entsorgung * sterile Luftversorgung im Überdruckverfahren, um Tiere vor kontaminierter Umwelt zu schützen oder beim Unterdruckverfahren die Umwelt vor dem kontaminierten Inhalt zu schützen * Standort in einem klimatisierten Raum * Vorkommen: * sehr aufwendiges und damit kostenintensives Haltungsverfahren * Zucht und Haltung von gnotobiotischen Tieren (keimfrei oder definiert mikrob. besiedelt) * Zucht und Haltung zahlenmäßig kleiner Tierstämme * Operationsisolator zur Entwicklung von Feten # Krankheitszeichen und Verhalten von Versuchstieren (Schmerzen, Leiden, Schäden und Umwelteinflüsse) ## 1. Allgemeines: Ich glaube, es ist jedem klar, daß bei fast jedem Tierversuch das Wohlbefinden des Tieres fast immer mehr oder weniger stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Das eingeschränkte Wohlbefinden kann einerseits direkt durch den Versuch verursacht werden, es kann aber auch durch verschiedene Streßfaktoren (Lärm, Transport, Temperaturen, Käfigdesign etc.) bedingt sein. **Definition Schmerz:** Schmerz ist eine unangenehme, sensorische oder emotionale Erfahrung, verbunden mit akuter oder potentieller Schädigung eines Gewebes, oder Schmerz wird als solche empfunden. **Definition Leiden:** Leiden entsteht aufgrund von Schmerzen, Furcht, Langeweile, Einsamkeit, Unbehagen, wenn diese eine für das Tier tolerierbare Schwelle überschreiten. Nach dem Tierschutzgesetz müssen Schmerzen, Leiden und Schäden, die beim Tierversuch auftreten, kategorisiert werden. * keine * geringe * mäßige * erhebliche * lang dauernde Diese Begriffe deuten zwar auf eine ansteigende Belastung hin, ihre Beschreibung ist jedoch subjektiv. Bei der Auslegung des Begriffes "Krankheit" als Zustand, der mit Schmerzen, Leiden und/oder Schäden verbunden ist, stellt sich natürlich speziell beim Labortier die Frage: Wo beginnt dieser "Zustand"? Bei der Bewertung von Schmerzen, Leiden oder Schäden treten abgesehen vom Menschen, immer Schwierigkeiten auf. Beim Menschen wird die Bewertung erleichtert durch persönliche Erfahrung, die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und die verbale Beschreibung der Art der Schmerzen, Leiden oder Beschwerden. Beim Tier kann das Auftreten und eine Bewertung nur mit Hilfe von Beobachtungen erfolgen. Um haltungsbedingte Krankheiten und Verhaltensstörungen beim Labortier zu diagnostizieren, ist mit Sicherheit neben sorgfältiger Beobachtung, Fachwissen, Erfahrung auch viel "Fingerspitzengefühl" notwendig. Die Schwierigkeiten beginnen schon bei der Definition der haltungsbedingten Krankheit respektive Verhaltensstörung. Es ist sicherlich ein Fehler, bei der Beurteilung von Haltungsbedingungen und eventuell daraus resultierenden Erkrankungen nur den Käfig als solches zu betrachten. Selbstverständlich sind auch Umweltbedingungen, wie Temperatur, Licht, Geräusche wichtig für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Labortiere. Ein weiterer Aspekt in den haltungsbedingten Krankheiten könnte z.B. auch der Bereich der Infektionskrankheiten sein. Bezeichnen wir Infektionen, die dadurch entstehen, daß, bedingt durch technische Gegebenheiten, Infektionen nicht verhindert werden können, als haltungsbedingt? Tiere reagieren von Tier zu Tier und noch mehr von Spezies zu Spezies sehr unterschiedlich auf Schmerzen. Man geht davon aus, solange kein anderer Beweis vorliegt, daß jeder Reiz, der beim Menschen Schmerzen verursacht, auch für das Tier schmerzhaft und/oder unangenehm ist. Es wird dabei allerdings nicht ausgeschlossen, daß es Situationen gibt, die das Befinden einer bestimmten Spezies mehr als beim Menschen beeinträchtigen oder aber besser toleriert werden. Voraussetzung zur Vermeidung von Schmerzen, Leiden und Schäden sowie Krankheiten ist vor allem die Aufmerksamkeit bzw. das Wissen, wie die Tiere normal verhalten. Als Normalverhalten kann man natürlich einerseits das Verhalten des wildlebenden Tieres beschreiben. Andererseits muß man bedenken, daß durch Zucht und Haltung über Generationen verschiedene bei den "Wildtieren" vorhandene Instinkte verlorengegangen oder reduziert wurden. Neben physischen, also körperlichen Aspekten des Wohlbefindens spielen die psychischen Aspekte eine große Rolle. Verhaltensveränderungen, wie Bewegungsstereotypien und Selbstbeschädigung, sind häufig beobachtete Symptome und gelten als Streßsymptome. Welche Faktoren der Haltung sind als Haupteinflußfaktoren auf das Wohlbefinden der Labortiere zu nennen? Mögliche Einflußgrößen könnten sein: 1. Käfigdesign 2. Temperaturen 3. Luftfeuchtigkeit 4. Geräusche ## 1. Käfigdesign. Ein schlechtes Käfigdesign kann durchaus zur Beeinträchtigung im Wohlbefinden unserer Labortiere führen. Zu achten ist dabei insbesondere auf scharfe Kanten oder ungünstig gelagerte Futterautomaten. Auftretende Erscheinungen können dabei sein: * Haarlose Stellen im Nackenbereich (Ratten, Mäuse) * Entzündungen/Schwellungen im Halsbereich von Meerschweinchen * Entzündungen im Ballenbereich (Meerschweinchen, Kaninchen, Ratten) * gebrochene Beine (junge Kaninchen, Meerschweinchen) bedingt durch Abstände im Gitterboden Eine weitere Einflußgröße auf das Verhalten der Tiere kann auch die Einrichtung der Käfige sein. Verhaltensstudien haben ergeben, daß Farbpunkte, Klettermöglichkeiten, Nestmaterialien und Aufbauten die Käfige unserer Labortier interessanter gestalten und Veränderungen im Käfig sich positiv auf das Tier auswirken. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, welchen Einfluß die Veränderungen auf einen Versuchsablauf, bei dem man ja unbekannte Einflußgrößen ausschließen möchte, haben können. Bei Ratten und Mäusen, die unter "normalen" Labortierhaltungsbedingungen deutlich aktiver sind als z.B. Kaninchen, findet man immer mal wieder Tiere, die eventuell bedingt durch eine tierarme Umwelt oder aber eine stark eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten nachfolgende Verhalten zeigen: Symptome können sein: * übermäßiges Nagen, Beißen und Lecken an Käfigteilen * anhaltendes Scharren, Schnüffeln und Putzen * monotones Laufen, Springen und Purzelbäumeschlagen * stundenlang andauernde Schaukel- und Pendelbewegungen (sog. Weben) ## 2. Temperatur Auch hinsichtlich der Temperatur ist kaum Dokumentation vorhanden. Allgemein werden Werte von unter 40F = 4°C und über 85F = 29°C für das Auftreten klinischer Erscheinungen angegeben. Allgemein kann man sagen, daß sich unser Labortier an veränderte Umweltbedingungen (Luftdruckschwankungen, Temperaturschwankungen) gut anpassen kann. Innerhalb von 2-4 Wochen können z. B. starke Temperaturunterschiede zu einer Veränderung des Haarkleides, des Wasser- und Futterverbrauches und im Generationswechsel schließlich auch zu morphologischen Veränderungen wie Größe von Extremitäten (Ohren, Füßen, Schwanz) führen. Bei Temperaturschwankungen verändern die Tiere ihr Verhalten. Sie kauern sich zusammen, nutzen Einstreu als Wärmequelle oder richten sich am Käfig auf, um Kühlung zu erreichen. Fehlende Adaption/Anpassung hat natürlich Konsequenzen. So kann es z.B. zu Frostbeulen, Aborten, Unfruchtbarkeit oder auch Todesfällen kommen. ## 3. Luftfeuchtigkeit Bei Temperaturen zwischen 18° und 22°C wird eine Luftfeuchtigkeit von 40-60% als gut für das Labortier angegeben. Zu hohe Luftfeuchtigkeit (oft verbunden mit hohen Temperaturen) führt dazu, daß Tiere schwitzen und nach Kühlung suchen, z. B. durch Aufstellen an Käfigwänden. Zu geringe Luftfeuchtigkeit kann z. B. zu Austrocknen der Nasenschleimhäute und zu vermehrten Auftreten von Nasenbluten (Ratte) führen. Die Überlebensrate vieler Bakterien und Viren ist bei geringer Luftfeuchtigkeit erhöht. Diese Erscheinung, gekoppelt mit einer möglichen Reizung/Austrocknung der Schleimhäute, kann verantwortlich sein für das vermehrte Auftreten von Atemwegserkrankungen. ## 4. Geräusche Wodurch entstehen Geräusche im Tierraum? * mechanische Gerätschaften * Klimaanlage * Personal arbeitet * Säuberungsgeräusche Die meisten dieser Geräusche sind immer wiederkehrend bzw. bedingt durch ständiges Laufen, z. B. Klimaanlage/Lüftung (monoton). Extreme Lautstärken können zu Schädigungen des Tieres führen (z.B. Gehör) Ebenfalls kann eine gleichmäßige Lautstärke bei gleichbleibender Intensität (Frequenz) zu einer Schädigung des Gehörs führen. Beobachtungen (subjektiv) haben ergeben, daß z.B. Radiomusik dazu führt, daß Labortiere weniger gestreßt auf einen Ortwechsel reagieren. Wir müssen uns dabei nur im Klaren sein, daß Labortiere auch Frequenzen hören, die außerhalb unseres Wahrnehmungsbereiches liegen. **Hinweise zur praktischen Bewertung von Schmerzen:** **akute Schmerzen:** mögliche Verhaltensänderungen, die durch Beobachtung festgestellt werden können - subjektive Bewertung. **chronische Schmerzen:** häufige langsame und/oder geringfügige Veränderungen, z. B. bei Ratten * Einstufung Gewichtsverlust bis 5% = geringgradig * Einstufung Gewichtsverlust 5 - 25% = mittelgradig * Einstufung Gewichtsverlust über 25%= hochgradig **Verhaltensänderungen** * Fressen * Trinken * Futtersuche * Putzen * Kratzen * Sozialverhalten * Schlafen **Streß** * Handling * Umordnung innerhalb der Gruppe * Immobilisierung * Euthanasie # Anzeichen für Schmerzen, Schäden und Leiden bei Labornagern und Kaninchen ## 1. Allgemeines Zeichen für akute Schmerzen: in der Regel zusammen mit dem Zufügen des Schmerzes, z.B. Injektionen. Reaktionen können sein: * Rückzug von der Schmerzquelle mit Lautäußerung * Lecken, Schütteln oder Kratzen der betroffenen Stelle. Aber auch in Verlauf von Heilungsprozessen oder auch andauernden krankhaften Prozessen können natürlich intensive Schmerzen entstehen Reaktionen darauf können sein: * eingeschränkte Bewegungslust * Lautäußerung * Reizbarkeit * fehlende Nahrungsaufnahme * anormale Haltung Bei Einsatz von Analgetika oder Abstellen der Schmerzursache sollte eine Besserung eintreten und die Schmerzreaktionen sollten abnehmen. Chronische Schmerzen sind, vor allem in leichten Stadien, immer schwieriger zu erkennen. Im allgemeinen sind die meisten gesunden Labornager * aktiv * aufmerksam * neugierig Man muß allerdings beachten, daß nachtaktive Tiere wie Ratten, Mäuse und Hamster tagsüber oft schlafend vorgefunden werden. Eine Störung der Tiere, z. B. durch eine Untersuchung, sollte in der Regel eine Abwehrreaktion hervorrufen. Gesunde, unbelastete Tiere sollten sein: * warm * Muskeltonus erkennbar * Fell sauber, glänzend und gut gepflegt und ohne kahle Stellen * Haut ohne Schwellung ### Maus Unterschiede durch spezielle Zuchten (Inzuchten, Hybride, Auszuchten) * nach schmerzhaften Eingriffen: * verlängerte Schlafzeiten * Gewichtsverlust * Sträuben von Haaren, gekrümmte Haltung * Körpertemperatur oft abgesunken **Schmerz- und Leidensmerkmale** Allgemeine Abwehrreaktionen: * Beißen * gesträubtes Fell * gekrümmter Rücken * Augen eingesunken (Flüssigkeitsverlust) * Gewichtsverlust * Absondern von der Gruppe * geringere Reaktion auf Umgebungsreize * beißen sich selbst * keine oder verminderte Körperpflege **Anzeichen für ein schlechtes Allgemeinbefinden:** * wiederholtes Lecken, häufiges Kratzen an gleichen Stellen * taumeln, im Kreis laufen * fehlende Wasseraufnahme → Dehydration * Verhalten: * absondern * unerwartete Aggression oder völlige Gleichgültigkeit * urinieren} * Defäkation} Zeichen von Angst * häufig Abwenden von Lichtquelle ### Ratte Wenn Ratten an fachgerechtes Anfassen gewöhnt sind, sind sie im allgemeinen zutraulich gegenüber Mensch und Artgenossen und wenig aggressiv. **akute Schmerzen:** * hohe Quietschlaute * Wälzen * lecken oder betrachten der schmerzenden Stelle * Kratzen * zusammengekauerte Haltung, Kopf oft in Bauchgegend * eventuell verlängerte Schlafzeiten **Hauptmerkmale für Schmerzen und Leiden:** * Aggression * Rückzug * gesträubtes Fell * Gewichtsverlust * Selbstbeschädigung * Kot- und/oder Urinabsatz → Angstzeichen ### Meerschweinchen Gesunde Meerschweinchen sind in der Regel * aufmerksam und fluchtbereit * häufig Widerstandslosigkeit nach Erfassen →Schreckstarre, * reagieren auf Reize schroff durch Lautäußerungen Meerschweinchen wirken bei Erkrankungen oft schläfrig. Bei schwerkranken Tieren fehlt der Stellreflex oft und die Lautäußerungen sind verändert. ### Kaninchen Beim Kaninchen sind Belastungen schwer zu erkennen, da die Tiere häufig offensichtlich schmerzhafte Zustände ohne eine auffällige Reaktion hinnehmen (bei wildlebenden Kaninchen ist Unauffälligkeit lebenswichtig). Wenn ein Kaninchen Schmerzen hat, sind mögliche Zeichen: * Lichtempfindlichkeit * eingeschränkte Futter- und Wasseraufnahme Weitere mögliche Merkmale sind: Teilnahmslosigkeit * Hockhaltung * Schmerzenslaute * Kotflecken auf dem Fell. # Zucht von Labortieren ## Zucht von-Maus und Ratte | Zuchtmethoden: | | | :------------- | :----------- | | A. | Auszucht | | B. | Inzucht | | C. | Hybridzucht | ### A. Auszucht 1. **Warum züchtet man Auszuchtmäuse und -ratten?** Auszuchttiere eignen sich in Versuchsanordnungen, bei denen das Tiermuster über ein möglichst breites Reaktionsspektrum verfügen soll. 2. **Was bedeutet Auszucht?** Auszucht bedeutet die Auswahl der Zuchtpartner nach möglichst kleinem Verwandschaftsgrad. Bei der Auszucht will man den Verlust von Alellen (Träger von genetischen Informationen). Homozygotie (Einerbigkeit) soll bei der Auszucht vermieden und die Heterogenität (Mischerbigkeit) erhalten werden. 3. **Auszucht und SPF-Bedingungen** * **3.1. Charakteristika von SPF-Zuchten** * geschlossenes Zuchtsystem, d.h. die Zuchtkolonie / Zuchttiere sind in ihrer Anzahl beschränkt. * Einbringung von "Frischem Blut", d.h. neuer Zuchttiere, ist eine Kontaminationsgefahr. * **3.2. Wie also kann man in einem geschlossenen System Auszucht betreiben?** * Genügend große Anzahl von Zuchtpaaren pro Generation * besteht z. B. die Population eines Stammes aus mindestens 100 Zuchtpaaren pro Generation oder mehr, so sind in der Regel Verpaarungen zwischen nahen Verwandten (Bruder-Schwester) unwahrscheinlich und eine spezielle Kontrolle nicht erforderlich (GV-Solas, Betreiben von Versuchstiereinrichtungen) * In kleineren Zuchten sollte dagegen unbedingt-ein Kontrollsystem zur Auswahl der Zuchttiere eingeführt werden *Beispiel: Das Rotationssystem* Im Rotationssystem werden die Zuchttiere nach einem festgelegten System so ausgewählt, daß jeweils Zuchttiere eines geringen Verwandschaftsgrades miteinander verpaart werden. (siehe auch ABC-Zuchtsystem) ### B. Inzucht 1. **Was bedeutet "Inzucht"?** Im weiteren Sinne entsteht bei jeder Verpaarung von Verwandten Inzucht. Im Sinne der Versuchstierkunde ist der Ausdruck Inzucht jedoch einer kontroll