Psychologie Examen Skript Päd. Psych. PDF

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Dieses Dokument ist ein Skript für ein Psychologie Examen, das sich auf Pädagogische Psychologie konzentriert. Es behandelt Lerntheorien, Behaviorismus, klassische Konditionierung und weitere wichtige Konzepte der Pädagogischen Psychologie. Die behandelten Themen sind relevant für Studenten der Psychologie. Das Skript enthält auch Abbildungen für Verständnis..

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1. Themenblock | Pädagogische Psychologie Pädagogische Psychologie beschreibt eine wissenschaftliche Disziplin, die mit der Beschreibung und Erklärung der psychologischen Komponenten von Erziehungs-, Unterrichts- und kurze Sozialisationsprozessen (…) befasst ist und zu deren Optimierung dien...

1. Themenblock | Pädagogische Psychologie Pädagogische Psychologie beschreibt eine wissenschaftliche Disziplin, die mit der Beschreibung und Erklärung der psychologischen Komponenten von Erziehungs-, Unterrichts- und kurze Sozialisationsprozessen (…) befasst ist und zu deren Optimierung dient. (modifiziert nach Brandstätter, Reinert & Schneewind, 1979) è Stets an der Förderung (Optimierung) interessiert 1.1 Grundprozesse des Lernens 1.1.1 Allgemeines = relativ überdauernde Verhaltensänderung aufgrund von Erfahrung minus Verhaltensänderung aufgrund von angeborenen Reaktionstendenzen, Prägungen, Reifung 1.1.1.1 Herleitung und Definition (Alter) etc. Eine Definition, die alle Aspekte des Lernens umfasst, ist nicht bekannt! Lernen Als Veränderung kognitiver Als Verhaltensveränderung Strukturen (Wissenserwerb) Als Verhaltens- Operantes Deklarativer Prozeduraler veränderung Konditionieren Wissenserwerb Wissenserwerb è Modelllernen als Übergang (zwischen operantes und deklarativer Wissenserwerb) Lernen ist der Vorgang, durch den eine Aktivität im Gefolge von Reaktionen des Organismus auf eine Umweltsituation entsteht oder verändert wird. Dies gilt jedoch nur, wenn sich die Art der Aktivitätsveränderung nicht auf der Grundlage angeborener Reaktionstendenzen, von Reifung oder von zeitweiligen organismischen Zuständen (z.B. Ermüdung, Drogen) erklären lässt. (Hilgard & Bower, 1970) Lehren und Lernen stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Man kann keinen der beiden Prozesse für sich behandeln! 10 Input Black Box Input è Ein von außen gegebener Input löst eine nicht sichtbare Reaktion in der sog. Black Box aus. Das Gelernte bzw. die Veränderung des Individuums wird anschließend sichtbar (Input) 1.1.1.2 Arten der Darbietung / des Lernens - Intentionelles Lernen: absichtlich, zielgerichtet - Inzidentelles Lernen: beiläufig, häufig effektiver, bewusst, manchmal unerwünscht - Programmiertes Lernen: Lerntempo, Lernschritte (↗ Skinner, 1954) à Prozess(Lehrer)-Produkt(Schüler)-Forschung 1.1.1.3 Phasen des Lernens 1. Vorbereitungsphase: Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Reizuntersuchung 2. Aneignungsphase: Verknüpfungsprozess 3. Speicherungsphase: Innere Verknüpfung mit Kodierung (jegliche Bearbeitung des Materials, z.B. Mehrfachkodierung (Bild und Sprache)) der Erfahrung und Speicherung im Gedächtnis 4. Erinnerungsphase: Abrufen des gespeicherten Materials à Dekodierung à Reaktion / Wiedergabe à Lernen ist der Prozess, durch den deklaratives (Begriffe, Schemata, Regeln = Sachverhalte) und prozedurales Wissen (psychomotorische, kognitive Fähigkeiten = Fertigkeiten, z.B. Autofahren) über die Welt sowohl aufgrund externer Anregungen wie auch durch die Eigenaktivität des Lerners entsteht oder verändert wird. 1.1.1.4 Überblick der verschiedenen Lerntheorien Lerntheorien Grundannahmen Konkrete Theorien Betonung äußerer Einflüsse (Belohnung, Bestrafung) als Klassisches Konditionen; Behavioristische Ursache für Operantes Konditionieren Verhaltensänderungen Betonung der Interaktion von Individuum und Einflüssen der Sozial-kognitive sozialen Umwelt als Ursache Modelllernen für Veränderungen von Kognition und Verhalten Beschreibung von Lernen als Ergebnis der Informations- Informationsverarbeitung verarbeitung durch Gedächtnis; Wissenserwerb (kognitive Theorien) Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Denkprozesse 11 Verständnis von Lernen als kognitive Konstruktion von Kognitiv-konstruktivistische Wissen und Verständnis, die Gedächtnis; Wissenserwerb von den Lernenden selbst ausgeht Verständnis von Lernen als Ergebnis sozialer und kooperativer Konstruktion von Sozial-konstruktivistisch Wissen und Verständnis, die aus der Interaktion mehrerer Lernender hervorgeht 1.1.2 Behavioristische Lerntheorien Behaviorismus ist ein wissenschaftlicher Ansatz, der das Feld der Psychologie auf messbares, beobachtbares Verhalten reduziert. (Gerrig & Zimbardo, 2008) Begründer: Watson (1878-1958) Der Behaviorismus ist eine Richtung der objektiven Psychologie: Die Lehre vom Verhalten, von Handlungen und Reaktionen. Behaviorismus konzentriert sich alleine auf nach außen erkennbare Verhaltensweisen / Handlungen / Reaktionen und ignoriert dabei nach innen gerichtete Reaktionen. Kernannahmen des Behaviorismus: - Lernen = sichtbare Verhaltensänderung - Verhaltensänderungen sind direkte Verknüpfungen von Umweltreizen (Stimuli) und Verhaltensweisen (Reaktionen) - Aufbau von Verhaltensweisen ist in hohem Maße durch Ausnutzung von Reiz-Reaktions- Kontingenzen beeinflusst Einfluss behavioristischer Lernforschung auf den Unterricht - Hauptaufgabe der Lehrer = Veränderungen von beobachtbarem Verhalten à Konzentration auf verhaltensorientierte Lernziele - Beachtung der unterschiedlichen Zeitbedarfs der Schüler zum Erlernen - Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Beteiligung am Unterricht à Ziel aus behavioristischer Sicht: möglichst hohes Maß an Aktivität - Angemessene Verhaltenskonsequenzen einhalten (Lehrerlob / Tadel) 12 Klassisches Konditionieren Begründer: Iwan Petrovic Pawlow Eine Art des Lernens, bei der das Verhalten (konditionierte Reaktion) durch einen Stimulus (konditionierter Stimulus) hervorgerufen wird, der seine Wirkung durch eine Assoziation mit einem biologisch bedeutsamen Stimulus (unkonditionierter Stimulus) erlangte. (Zimardo, 2008) è 2-gliedriger Aufbau Ablauf der klassischen Konditionierung - Vor der Konditionierung: angeborene Reiz-Reaktionsverbindungen, z.B. Schmerzreiz à Angstreaktion oder Tadel à Furcht […] o Auf einen Angeborenen Reiz (UCS) muss ein natürlicher Reiz (UCR) folgen o Ein ursprünglich unbedeutender Reiz (Schule, Glockenton …) führt erstmal zu keiner Reaktion - Konditionierungsphase: ursprünglich unbedeutender Reiz (NS) wird wiederholt mit den US gepaart, wodurch es zur unkonditionierten Reaktion (CR) kommt - Nach der Konditionierung: NS wird zu einem konditionierten Auslöser (CS), der eine konditionierte Reaktion (CR) hervorruft. Powlows Hund (1928) US = unkonditionierter Stimulus: Reiz, der auf natürlichem Weg eine bestimmte Reaktion hervorruft UR = unkonditionierte Reaktion: nicht gelernte, biologisch vorgeformte Reaktion NS = Neutraler Stimulus: ursprünglich unbe- deutender Reiz, der bisher keine Reaktion hervorgerufen hat CS = conditionierter Stimulus: Reiz, der eine emotionale oder physiologische Reaktion nach einem Konditionierungsvorhang hervorruft CR = Conditionierte Reaktion: gelernte Antwort auf einen vorher neutralen Reiz 1. Futter (US) à Speichelfluss (UR) 2. Glocke (NS) à keine Reaktion bzw. Orientierungsreaktion 3. NS + US à UR (mehrmals à Konditionierung) 4. Glocke (CS) à Speichelfluss (CR) è Beispiel sollte im Examen erklärt werden können (Abkürzungen möglich) 13 Einflussfaktoren auf die klassische Konditionierung Unabhängige Variablen Abhängige Variablen Stärke der konditionierten Reaktion (Amplitude) Anzahl der Durchgänge Zeitdauer der Darbietung CS und CR Intensität und Qualität der Reize Verlauf des Konditionierungsprozesses Zeitlicher Abstand zwischen CS und UCS (Erwerbsrate) Resistenz gegenüber Lösung 3 Prinzipien Kontigenz Kontiguität (Vorhersagbarkeit nach Informativität (zeitlich-räumliche Nähe) US nach NS/CS) = Assoziation zweier = bezeichnet die bedingte Ereignisse durch wiederholte Wahrscheinlichkeitsbeziehung räumlich-zeitliche Paarung zwischen zwei Ereignissen (Woolfolk, 2014) (Seidl & Krapp, 2014) Glockenton und Futter Futtergabe (US) erfolgt auch Glockenton muss sich vom müssen in zeitlicher Nähe nach Glockenton à Umfeld abgeben (z.B. stiller passieren Verbindung zwischen den Raum) und für den Hund beiden Aktionen muss deutlich erkennbar sein vorhanden Bei Bedarf - Extinktion (Löschung): wenn CS ohne US präsentiert wird (Futter ohne Ton) verlernt der Hund die Kombination und der Ton hat keine Funktion mehr o Spontane Remission: Gelöschte Reaktion ist verhaltenstheoretisch aus den Augen, aber kognitiv nicht aus dem Sinn à CR tritt nach Ruhephase in schwacher Form wieder auf, wenn nur der CS angeboten wird o Ersparnis: Bei erneuten Konditionierungsdurchgängen wird weniger Zeit benötigt, eine Reaktion wieder zu erlernen, als bei der ursprünglichen Konditionierung Weitere Prozesse / Einflussfaktoren - Reizgeneralisierung: automatische Erweiterung der Reaktion auf Stimuli, die nie mit dem ursprünglichen UCS gepaart wurden (Gerrig & Zimardo, 2008) à Ähnlicher Stimulus präsentiert, kann gleiche konditionierte Relation zur Folge haben (Kuhglocke, Schellenkranz, was ähnlich zur Glocke klingt) - Reizdiskrimination: Ein Konditionierungsprozess, in dem der Organismus lernt, unterschiedlich auf Reize zu reagieren, die sich von dem CS entlang einer Dimension (z.B. Unterschiede in Farbton oder Tonhöhe) unterscheiden (Gerrig & Zimbardo, 2008) à Konditionierung auf einen einzelnen bestimmten Ton ohne andere Möglichkeiten (wie oben) - Konditionierung höherer Ordnung: weiterer Konditionierungsprozess (Lichtblitz mit Ton), irgendwann reicht der Lichtblitz), obwohl Lichtblitz nie im Zusammenhang mit dem Futter stand à Paarung der zwei Reize vor oder anschließend an die Konditionierung möglich (Assoziative Konditionierung) 14 Empirie „Little Albert“ (Watson & Rayner, 1920): mithilfe dem Zusammenschlagen von Topfdeckeln wurde Albert Angst vor Ratten gemacht - Ziel: Nachweis, dass viele Furchtreaktionen als eine Paarung aus einem NS mit etwas natürlich Furchtauslösendem verstanden werden können - Methode: Kopplung der bestehenden Reiz-Reaktionsverbindung (Gong – Angst) mit einem neutralen Stimulus (Ratte) Vor dem Versuch (Kontrollphase) Lautes Geräusch (UCS) Weinen (UCR) Ratte (NS) Freude / Interesse (OR = Orientierungsreaktion) Erwerbsphase Lautes Geräusch (UCS) + Ratte (NS) Weinen (UR) Nach mehrfachen Wiederholungen Ratte (CS) Weinen (CR) è Es kann auch hier zu einer Reizgeneralisierung kommen: Grauer Bart ähnelt der Ratte (CS) und löst auch eine UR (Weinendes Kind) aus Konditionierte Furchtreaktionen können über Jahre hinweg anhalten, auch wenn der ursprüngliche furchteinflößende UCS nie wieder Auftritt à kann nur schwer gelöscht werden! „Kleiner Peter“ (Gegenkonditionierung; Mary Cover-Jones, 1924): – Gegenbeispiel – Peter hat Angst vor Kaninchen, aber keine Angst vor Keksen, wodurch die Angst beseitigt werden konnte - Ausgangslage: Peter (3 Jahre) hat Angst vor weißen Ratten, wobei die Angst auch auf andere Objekte übertragbar ist (Kaninchen, Wattebällchen, Pelzmäntel) - Behandlung: Gegenkonditionierung (Abbau der Angst) durch Kopplung einer angenehmen Situation (Essen von Keksen) Tag 1: Ratte (CS) in einem Käfig à Furcht (CR), aber relativ weit weg von Peter. Dieser bekam währenddessen Kekse (UCS) à angenehme Reaktion (UCR) Tag 2: Ratte wurde allmählich näher herangestellt, während er Kekse aß Nach mehreren solcher Sitzungen: Peter hatte jegliche Angst vor dem Tier verloren, konnte es schlussendlich auf dem Schoss halten und streicheln Systematische Desensibilisierung (Gegenmaßnahme; Wolpe, 1958): - Grundannahme: gleichzeitiges Empfinden von Angst und Entspannung nicht möglich - Schüler erstellen eine Angsthierarchie, woran anschließend ein Entspannungsverfahren gelernt wird; Schüler sollen sich den Situationen dann aussetzen und mithilfe der Verfahren die Angst abbauen 15 Schulbezug - Schul-/Leistungs-/Prüfungsangst o = sich mit Schwierigkeiten zu beschäftigen, Eine Lehrkraft sollte zu Beginn bevor man diese hat des Schuljahres immer ein o Mögliche Auslöser: Lehrer, Unterrichtsfach, - neutraler Stimulus sein! materialien, Schule als Institution etc. o Anschreien, auf den Tisch hauen etc. = US, welcher UR (Angst) auslöst, sodass das Sehen der Lehrkraft reicht, um die Angst zu empfinden à Reizgeneralisierung o Lehrkraft sollte Klassenzimmer stehts mit positiven Gefühlen verbinden / positives Klassenklima / Schüler dürfen Misserfolge nicht auf Schule allgemein, sondern nur auf konkrete Aufgabenstellungen beziehen - Erlernte Hilflosigkeit Instrumentelles Konditionieren Begründer: Thorndike Erkenntnis basiert dieser Theorie zufolge auf den sinnlichen Erfahrungs- bzw. Vorstellungs- assoziationen, deren elementarste Form die - Räumliche und zeitliche Berührung von Ereignissen (Kontiguität) darstellt, - Die aber auch durch wahrgenommene Gleichheit oder Ungleichheit (Gesetz der Ähnlichkeit bzw. des Kontrasts) - Und durch die Wahrnehmung einer zeitlichen Abfolge (Gesetz der Kausalität) Zustande kommen können. Experiment Beobachtung von Karten, die versuchen, sich aus der sog. „Puzzlebox“ zu befreien. - Ausgangssituation: Hungrige Katze wurde in einen Käfig gesperrt, vor dem Futter stand - Ziel: Tritt auf eine Taste, um Klasse zu öffnen und an das Futter zu gelangen - Katze zeigte zuerst spontane Verhaltensweisen, um sich zu befreien, wie z.B. Kratzen an Gitterstäben (trial and error) - Zufälliger Tritt auf die Taste, sodass die Klappe sich öffnet und die Katze zum Futter gelangt - Law of effect: Sobald die Katze das richtige Verhalten einmal kennt, erzielt sie es immer schneller Aus diesen und anderen Beobachtungen entstanden die drei Lerngesetze nach Thorndike: - Gesetz der Bereitschaft: Motivationale Bereitschaft, durch die ein Lerner dazu neigt, etwas als angenehm oder unangenehm zu empfinden - Gesetz der Übung: Stärkung einer Verknüpfung durch Übung à Schwächung einer Verknüpfung durch Nicht-Übung - Gesetz des Effekts (law of effect): Kraft eines Stimulus wird verstärkt, wenn der Reaktion eine Belohnung folgt und geschwächt, wenn keine Belohnung folgt 16 Ergebnis Lernen ist keine Assoziation zwischen zwei reizen, sondern zwischen Reizen (S) und einer Reaktion (R), gelernt wird durch eine S-R-Verbindung. Verhaltensweise wird so zum Instrument eine angenehme Konsequenz herbeizuführen und eine unangenehme zu vermeiden. à Instrumentelles Konditionieren Operantes Konditionieren Begründer: Burrhus Frederic Skinner = Lernen durch Konsequenzen Eine Lernform, bei der sich die Wahrscheinlich einer Reaktion auf Grund einer Veränderung ihrer Konsequenzen ändert. (Zimbardo 2008) Verhalten Konsequenz è 3-gliedrig: Reiz – Verhalten – Konsequenz (diese entscheidet, ob Verhalten erneut auftritt) à Wenn-Dann-Beziehung Kontingenz Experiment: Unterschied zu Thorndike (↗ instrumentelles Konditionieren): Nicht nur Beobachtung, sondern Kontrolle des Verhaltens mithilfe einer vorausgehenden Reizbedingung. Seine grundlegende Frage war nicht, unter welchen Bedingungen sich das Verhalten verändern lässt, sondern wie sich das Verhalten durch vorausgegangene Reize unter Kontrolle bringen lassen kann. - Ausgangssituation: Drücken der Pickscheibe bringt Futter in den Trog - Kontrollierte bzw. bedingte Futterausgabe: erfolgt nur dann, wenn die Lichtquelle eingeschaltet ist - Ergebnis: Taube lernt somit den Hebel zu drücken, wenn das grüne Licht angeschaltet ist - Lerneffekt wie bei Thorndike: law of effect – Dreh einmal raus, heißt schnelleres Erreichen des Ziels 3 Prinzipien (hinsichtlich der Konsequenz) Kontigenz Kontiguität (Vorhersagbarkeit nach Informativität (zeitlich-räumliche Nähe) US nach NS/CS) ↗ klassische Konditionierung 17 Prinzip der Verstärkung & Bestrafung Darbietung Beseitigung Positive Verstärkung: angenehme Bestrafung II: Entzug eines Angenehmer Konsequenz auf Verhalten angenehmen Reizes Reiz (Tokenprinzip, Lob etc.) (Verbot von Ausflügen, Pausen etc.) Negative Verstärkung: Entzug eines Bestrafung I: Darbietung eines negativen Reizes Unangenehmer aversiven* Reizes (Tafeldienst wird entlassen, HA Reiz (reinrufender Schüler wird bestraft) werden weggelassen) à pädagogisch nicht sinnvoll Keine Löschung Konsequenz Verhaltensaufbau Verhaltensabbau *Aversiv = unangenehm oder irritierend Verstärker ist jede Art von Konsequenz, die das Verhalten, auf das sie folgt, festigt. (Woolfolk, 2014) è Verstärkung führt zu einer Erhöhung der Auftretenswahrscheinlichkeit der Reaktion Beispiele für Verstärker: - Positiver Verstärker: Kind hat Hausaufgaben gemacht und darf abends Süßigkeiten essen - Negativer Verstärker: Kind ist Abends das Gemüse und muss das Zimmer dafür nicht aufräumen à der aversive Reiz ‚Zimmer aufräumen‘ wird entzogen) Bei Bedarf - Verstärkerarten, z.B. primär (Grundbedingungen, wie Essen) vs. Sekundär (Geld); sozial (Lob), materiell (Mugglesteine, Fußballkarten), Aktivitäten (Premack-Prinzip: Wenn die HA gut sind, spielen wir anschließend Fußball) - Verstärkerpläne: Quotenplan (fixiert (jedes 4. Mal) vs. Variabel) – Intervallplan (fixiert (alle 5 Minuten) vs. Variabel) Bestrafung = der Prozess, der zur Schwächung und Unterdrückung von Verhalten führt. (Woolfolk, 2014) è Bestrafung führt, anders als die Verstärkung, nicht zu einer Senkung der Auftretens- wahrscheinlichkeit. Sie unterdrückt in der Situation das eben gezeigte Verhalten lediglich. Die Tendenz dieses Verhalten wieder auszuführen bleibt bestehen. Effektivität Bestrafungen sind allerdings häufig nicht effektiv - Bedingungen des instrumentellen Lernens müssten alle Beachtung finden - Das Verhalten wird meist nur unterdrückt, tritt dann wieder auf, wenn die Strafandrohung ausbleibt 18 Strafreize sind nur wirksam, wenn - Die unerwünschte Verhaltensweise nicht besonders stabil etabliert ist und keine besonders starke Motivation zu ihrer Ausführung besteht - Der Strafreiz möglichst sofort, möglichst stark und mindestens am Anfang immer dargeboten wird - Ein alternatives Verhalten angeboten werden kann, dass dann positiv verstärkt wird Ausnahme: Informative Strafstimuli bei intellektuellen Tätigkeiten (Kritik, Korrekturen) können sehr wirksam sein, wenn sie in einer sonst unterstützenden oder wertschätzenden Atmosphäre geschehen. Weitere Prozesse - Diskriminativer Reiz: Wenn einer Reaktions-Konsequenz-Abfolge regelmäßig bestimmte Reize vorausgehen, so erlangen diese eine Hinweisfunktion, dass verstärkt bzw. nicht verstärkt wird (Holland & Skinner, 1971) à Andere Reaktion bei roter als bei grüner Ampel à Schulbeispiel: Kind soll im Unterricht ruhig sitzen, in der Pause aber aufgedreht sein - Generalisierung: Die Verhaltensweise, die ein Organismus als Reaktion auf diskriminatorische Reize zeigt, wird auf andere Reize, die dem diskriminativen Reiz ähneln, generalisiert à Bezug nicht nur auf einen einzelnen Reiz à Schulbezug: Jede Frage / Aufforderung im Unterricht, die eine Antwort nach sich zieht, besitzt die Funktion eines diskriminativen Reizes (wenn alle Schüler dieser Aufforderung nachkommen) - Löschung: Durch weniger Bestrafen (dann erstmal noch häufigeres Auftreten, dann Abflachung) - Shaping: Prinzip des teilweisen Lobs (bei Schuh an richtigem Fuß, dann richtiger Knoten, dann erst nach voller Schleife) à nach und nach aufbauen - Chaining: Jeder Reaktion folgt innerhalb einer Kette von Einzelreaktionen ein konditionierter Verstärker, bis auf die letzte Reaktion ein unkonditionierter oder primärer Verstärker folgt à Beispiel: morgendliche Routine – Jede nachfolgende Reiz ist eine Verstärkung für die vorherige (Ich gehe nach dem Essen zum Zähneputzen, sonst schmeckt es nicht, erst am Ende erfolgt das „große Lob“) - Fading: Ausklingendes Lob, ohne dass das Verhalten verlernt wird - Stimuluskontrolle: Kontrolle der Reize, welche in der Umgebung vorhanden sind (ADHS- Kind wird nicht an das Fenster gesetzt), sonst diskriminierender Reiz / Ich will weniger Süßigkeiten essen, also kauf ich keine - negative Sättigung/Praxis: Verhalten wird ausgeführt, sodass es den Reiz verliert (Schüler wirft immer Papierflieger, die gesamte Klasse darf einmal Papierflieger fliegen lassen, Reiz weg, da man es ausprobieren durfte) - Verhaltensverhinderung: Unerwünschtes Verhalten durch eine unvereinbarte Reaktion verhindern (Als Raucher keine Zigaretten einstecken / Ärgerkontrolle Lehrer: bis 20 Zählen) - Verzögerung des Handlungsablaufes: Handlungsablauf komplizieren und hinauszögern (Ablenken durch Zeitungslesen: Zeitung wegschließen und Schlüssel verstecken) - Gedankenstopp: Hilfe, die an das richtige Verhalten erinnert (Zettel, Symbolkarten etc.) 19 Empirie - Verstärkung durch gemeinsame Spielzeit mit Vater (Tharp & Wetzel, 1975) - Konkretes, systematisches Lob wirkungsvoller (Spielberger & DeNike, 1966) - Bestrafung unwirksam für dauerhafte Verhaltensänderung (Skinner, 1953) - Unpersönliche Verbotsformulierung effektiver (Tausch, 1960) - Effektivität von response-cost-Verfahren (Reuter, 1977) - Emotionale Nebeneffekte aversiver Reize (Skinner, 1968) - Leise, individuelle Zurechtweisung (O’Leary, 1970; Landrum & Kauffmann, 2006) - Lob in zeitlicher & räumlicher Nähe zum Verhalten, glaubwürdig & erwünschtes Verhalten klar definiert à effektiv ( O’Leary & O’Leary, 1977) - … Schulbezug - Verhaltensaufbau: gutes Verhalten von Schülern wird gefördert - Unterrichtsstörungen (Verhaltensabbau): Bestrafung unterbindet Störung - Schulangst (Vermeidungsverhalten): o Grundannahme: Schüler hat Angst vor einem Lehrer o negativer Verstärkung (ich muss die Lehrkraft nicht sehen) o positive Verstärkung (Eltern bleiben daheim und umsorgen das Kind) Modell-Lernen = Sozial-kognitive Lerntheorie Begründer: Bandura, 1963 Unter Beobachtungslernen (Modelllernen) ist zu verstehen, dass sich das Verhalten eines Individuums auf Grund der Wahrnehmung von Verhaltensweisen anderer Personen (so genannte Modelle) oder auf Grund verbaler Darstellung über das Verhalten anderer Personen ändert, und zwar in Richtung größerer Ähnlichkeit mit dem beobachteten oder oder auf Grund verbaler Übermittlung vorgestellt Verhalten. (Tausch & Tausch 1971) è Reziproker Determinismus: Interaktion zwischen Lerner und Umwelt findet statt, woran der Lerner aktiv beteiligt ist (Darum die „Sonderstellung) Historie Banduras Kritik richtete sich am Anfang der 60er Jahre gegen den reinen Behaviorismus. Insbesondere Skinners operante Konditionierung schien ihm keine ausreichende Erklärung für menschliches Lernen „Die Menschen müssen ihre Meinung ändern, wie Wetterfahnen ihre Richtung, um sich den Launen anderer anpassen zu können“ (Bandura, 1977) 20 Einflussfaktoren für das Beobachtungslernen Einflussfaktoren Auswirkungen Gebrauch von Strategien, Entwicklungsstand, Entwicklungsstand ausdauerndere Aufmerksamkeit Ansehen und Kompetenz des Modells; Fähiges Modell mit hohem Sozialstatus wird Organisieren der Lerner für das Lernen aufmerksamer beobachtet Konsequenzen für das Modell liefern Infos über die Stellvertretende Konsequenzen Angemessenheit und für die wahrscheinlichen Folgen des Verhaltens Beobachter übernehmen eher ein vorgeführtes Erwartung bestimmter Folgen Verhalten, wenn sie den Eindruck gewinnen, es ist angemessen und bringt Erfolg Beobachtende Lerner schenken denjenigen Ziele setzen Verhaltensweisen größere Aufmerksamkeit, die ihnen hilfreich bei der Erreichung ihrer Ziele sind Beobachtende Lerner ahmen dann ein Modell nach, wenn sie glauben, sie könnten das beobachtete Selbstwirksamkeit Verhalten lernen oder ausführen. Die Beobachtung von ähnlichen Modellen wirkt sich auf das Selbstwirksamkeitserleben aus Studien / Experimente Bandura 1963 - Bobo-Doll = Stehaufmännchen - Unterteilung von 4 Gruppen (KIGA, 3-5 J.): „realer“ Erwachsener Filmmodell Cartoon- Kontroll- schlägt die Puppe Modell gruppe - 1. Phase: Anschauen des Filmes, entsprechend der Gruppeneinteilung - 2. Phase: Frustration, durch Raum mit Spielsachen, mit welchen nicht gespielt werden darf - 3. Phase: Raum mit Spielsachen (u.a. Bobo-Doll) - Ergebnis: A, B, C behandelte die Puppe sehr schnell Puppe aggressiv, Gruppe D zeigte weniger aggressives Verhalten „Rocky-Experiment“ - Von Bandura, Ross & Ross (1965) - Unterteilung von 3 Gruppen (KIGA, 3-6 J.), welchen die Misshandlung der Puppe an einem realem Modell („Rocky“) gezeigt wurde Belohnung Bestrafung Keine Konsequenz - Anschließend gleicher Aufbau wie Bandura 1979 Ergebnisse - Gruppen zeigten klares Verhalten, wie in der anfänglichen Unterteilung gezeigt - Unterscheidung mit und ohne Anreiz Fürs Examen beide Experimente können! 21 Grundlegende Theorie: 2 Phasen / 4 Prozesse Beobachtungslernen ist ein Prozess mit vier Komponenten. Zwischen einem modellhaften Ereignis und einer möglichen Nachbildung vermitteln vier Bedingungskomplexe. Lernen hat stattgefunden Wird das Verhalten gezeigt? à Unterschied zum Behaviorismus Aufmerksamkeitsprozesse Prozess, der aus dem gesamten Reizangebot der Umwelt eine Auswahl für die weitere Verarbeitung vornimmt. - Ein potenzielles Modell muss als notwendige Lernvoraussetzung zuerst die Aufmerksamkeit eines Beobachters auf sich ziehen. Hierfür sind folgende Punkte wichtig: Aspekte der Modellperson - Hoher Status, hohe Ausstrahlungskraft à Mehr Aufmerksamkeit - Verhalten, das sich von den anderen Personen, im Sinne des Figur-Hintergrund-Prinzips gut unterscheidet (z.B. ein aggressiver Schüler in einer sonst ruhigen Klasse) Eigenschaften des Beobachters - Motivation - Fähigkeit der Wahrnehmung - Fähigkeit zum Nachvollzug der Handlung Verhältnis zwischen Modell und Beobachter - Ähnlichkeit mit dem Beobachter - Sympathieempfinden à Aufmerksamkeitsprozesse finden statt, wenn ich persönliche Sympathie für das Thema empfinde 22 Man unterscheidet 3 Arten von Modelle: - Natürliche Modelle: Lernender steht mit ihnen unmittelbar in Kontakt. Z.B. Eltern, Lehrer, Mitschüler - Symbolische Modelle: als die Cartoons oder Zeichentrickfiguren bestimmte Verhaltensweisen abbilden, die Lernende beobachten und evtl. nachahmen - Sprachlich formulierte Erläuterungen: Schritt für Schritt Anleitung zum Ziel, z.B. Plakat mit Rechenweg Schulbezug: Lehrer, die bei den Schülern den Eindruck erwecken, ihr Fachgebiet gut zu beherrschen und die zudem freundliche Beziehungen zu ihren Schülern entwickelt haben, erfüllen diese Bedingungen (Faktoren). Auch Begeisterungsfähigkeit ist eine wichtige Eigenschaft von Lehrern. Gedächtnisprozesse Fuchs Vor der Nachahmung des beobachtbaren Verhaltens muss es ins Gedächtnis transferiert und dort gespeichert werden. - Was langfristig im Gedächtnis verbleibt, ist von Behaltens- und Informationsverarbeitungsprozessen abhängig - Vorgeführte Handlungen werden symbolisch kodiert und in mehr oder mindere leichte erinnerbare kognitive Schemata transferiert - Um das erlernte Verhalten zu behalten ist Wiederholen erforderlich (auf Vorstellungsebene oder durch körperliche Nachahmung), Bewegungsabläufe sollten automatisiert werden Motorische Reproduktionsprozesse H In dieser Phase wird man durch Selbstbeobachtung oder objektive Rückmeldung (Feedback) auf Fehler aufmerksam. - Verhalten muss in Form motorischer Reproduktionsprozesse erst eingeübt werden - Auch wenn bereits bekannt ist, wie das Verhalten abläuft, und dies im Gedächtnis gespeichert ist, kann es trotzdem noch nicht richtig ausgeführt werden; dazu ist Übung mit Rückmeldung und Anleitung notwendig Schulbezug: Lehrer sollte in dieser Phase keine negativen Bewertungen vornehmen (nur informative Rückmeldung) und im Schulalltag häufig keine korrekte Reproduktion anregen, da Schüler ihre Aufmerksamkeit nicht auf Alle Aspekte der Lehrerdemonstration richten Motivationsprozesse Ob ein beobachtetes Verhalten nachgeahmt wird, hängt von der Motivation des Lernenden in einer gegebenen sozialen Situation ab. - Entscheidend für die offene Ausführung erlernter Handlungen sind Verstärkung- bzw. motivationale Prozesse - Einfluss durch o Stellvertretende Verstärkung o Selbstbelohnung- bzw. Selbstbestrafungsmechanismen o Externale Verstärkungsprozesse durch real vorhandene Dritte - Stellvertretende Motivation: jemand anders wird belohnt, ich zeige das Verhalten häufiger in der Hoffnung, auch belohnt zu werden 23 Effekte (bei Bedarf) - Neuerwerb von Verhalten: Du zeigst mir wie ich etwas mache, dann kann ich es auch à mehr oder minder identische Reproduktion, keine reine Imitation! à Beispiele: Autofahren, Werkzeuggebrauch etc. - Hemmungseffekt: Reduktion der Häufigkeit früher erworbener Verhaltensweisen, abhängig von der Beobachtung aversiver Verhaltensfolgen einer Handlung (Bestrafung etc.) à Bestrafung von etwas, hemmt mich, dies auch zu tun à Beispiel: Beobachtung der Bestrafung explorativen Verhaltens durch ungeduldige Mutter „Stell nicht immer so dumme Fragen!“ - Enthemmungseffekt: Gegenbeispiel Belohnung von etwas, animiert mich, dies auch zu tun - Auslöseeffekt: Modelle können Verhalten auslösen, welche der Beobachter schon völlig beherrscht à Beispiel: Konzert – Einer fängt an mit klatschen, plötzlich klatschen alle - Nullwirkung: Verhaltensweise bereits bekannt à keine Lernwirkung à Wenn mich das Thema nicht interessiert, hebt es mich nicht an Empirie - Selbstinstruktions-Training (Meichenbaum, 1977) o Beispiel: Rechenaufgabe o Schritt 1: Lehrkraft rechnet laut vor und sagt ihre Anweisungen o 2: Schüler rechnen, Lehrkraft gibt Anweisungen o 3: Schüler rechnen allein mit lauten Anweisungen o 4: Schüler rechnen allein mit leisen Anweisungen o 5: Schüler rechnen allein ohne Anweisungen (nur gedanklich) - Beobachtung von Peers effektiver als Beobachtung vom Lehrer (Schunk & Hanson, 1985; Poche et al., 1988) - Imitative Aggression, wenn zuvor Person (Mann, Frau, Junge, Mädchen) im Film Aggression gezeigt hat (Hicks, 1965) - Leistungen lassen sich durch mentales Training steigern (Feltz & Landers, 1983) Schulbezug Lehrer sind im Allgemeinen nicht wirklich als gute Modelle für Schüler zu sehen! Meistens findet sich Beobachtungslernen heutzutage unter Gleichaltrigen, in Rollenspielen, bei Prüfungsängstlichkeiten oder durch Modelle in den Medien. - Verhaltensaufbau - Nachahmung positiven / Negativen Verhaltens - Selbstinstruktionstraining (Meichenbaum, 1977) - Lehrer oder Peers als Modell (Pass, 1983; Immisch, 1972; Elbing & Ellring, 1977) 24 1.2 Gedächtnis Gedächtnis ist die mentale Fähigkeit, Informationen zu enkodieren, zu speichern und abzurufen. (Zimbardo 2008) è Kein passiver Informationsspeicher, sondern abhängig von der Aktivität des Lerners bei der Aneignung è Höchste Aufnahmeschnelligkeit ist im Schulalter zu finden Die Qualität des Gedächtnisses und die Fähigkeit sich zu erinnern, ist abhängig von - Anzahl der Wiederholungen - Zeitabstand zwischen Lernen und Abruf - Konzentration & Aufmerksamkeit - Äußeren und inneren Umständen – Interesse am Lernstoff - Individuelle Einstellung zum Lernstoff 1.2.1 Gedächtnisprozesse Bevor Informationen langfristig gespeichert werden können, müssen sie vom Organismus zuerst aufgenommen und verarbeitet werden. Drei mentale Prozesse sind notwendig, um Wissen zu einem späteren Zeitpunkt nutzen zu können, unabhängig von der Form des Gedächtnisses. Information Enkodierung Speicherung Abruf = Prozess, durch den die = „Bewahrung“ von = Prozess, der darauf zielt, im Informationen in ein System Informationen; Speichermenge LZG gespeicherte gelangen, das diese hängt vom Speichersystem ab Informationen zu „finden“ verarbeitet und in eine verwertbare Form umsetzt. 1.2.2 Gedächtnismodelle 1.2.2.1 Mehrspeicher-Modell (auch Dreispeicher-Modell) 25 Ultra-KZG / Sensorisches Register Funktionale Speichereinheit, die Sinnesinformationen nur sehr kurzfristig behält. (Woolfolk, 2014) è Komponente des Gedächtnissystems, in der Informationen aus der Außenwelt empfangen und für kurze Zeiträume zwischengespeichert werden. è Speicherdauer: zwischen 1-3 Sekunden Aufmerksamkeitsprozesse Hallo Der Übergang vom sensorischen Register zum Kurzzeitgedächtnis wird mit unterschiedlichen Modellen zu erklären versucht. Filtermodell (nach Broadbent, 1958) Kognitive Verarbeitungssystem arbeitet mit einem einzigen Kommunikationskanal, der zudem ein begrenztes Fassungsvermögen aufweist und die Information sequentiell verarbeitet Durch einen Selektionsfilter wird eine Information ausgewählt und aus dem Gesamt des Informationsangebots weiterverarbeitet. Verdünnungs- oder Abschwächungsmodell (nach Treisman, 1964) Annahme: Die eingehen Botschaften werden einer Reihe von Überprüfungen ausgesetzt. 1. Zuerst werden die physikalischen Eigenschaften analysiert 2. Dann werden Muster von Silben und bestimmten Wörtern überprüft 3. Schließlich die Wortbedeutung Die irrelevante Botschaft wird auf dem niedrigsten Niveau, das für eine Unterscheidung hinreichend ist, verarbeitet. Die Analyse ist dann beendet, wenn eine Unterscheidung zwischen den beiden Botschaften möglich ist. Späte-Selektions-Modell (nach Deutsch & Deutsch, 1963) Erklärung: Selektion findet erst auf einer späteren Stufe der Analyse statt. Alle eingehenden Informationen werden erkannt, die Selektion erfolgt auf der Stufe des Kurzzeitgedächtnisses – nur die „beachteten“ Reize haben Zugang zu den weiteren Stufen, z.B. zum LZG Modell der flexiblen Ressourcen-Allokation (nach Kahnemann, 1973) Grundannahme: der Mensch verfügt über einen begrenzten Pool kognitiver Ressourcen, der bei der Informationsverarbeitung eingesetzt wird. à Schwierige Aufgabe (Auto durch Stadtverkehr fahren) benötigt größten Teil Verarbeitungskapazität, Ressourcen für andere Aufgaben (z.B. Gespräche nebenbei) nicht möglich à Leichte Aufgabe (Autobahnfahren) benötigt nicht viele Ressourcen, sodass weitere Tätigkeit (Gespräch) möglich ist 26 Aufmerksamkeitsmodelle mit multiplen Ressourcen Sanders (1986) stellte Studien zusammen, bei der gezeigt werden konnte, dass eine Erstaufgabe (z.B. Kopfrechnen) nicht durch eine Zweitaufgabe (z.B. Nachfüllen eines Musters mittels eines Stifts auf einer Platte) beeinträchtigt wird. Implikationen für den Unterricht Aufmerksamkeit auf sich bzw. Unterricht lenken durch - Aufforderung des Lehrers genau zuzuhören oder besonders Acht zu geben - Abwechslung in Unterrichtsgeschehen bringen durch Medieneinsatz - Umherbewegen im Klassenzimmer, Veränderung der Stimme Kurzzeitgedächtnis (KZG) Arbeitsgedächtnis (neuere Bezeichnung) = Komponente des Arbeitsgedächtnisses, welche Informationen in diesem System nur passiv zwischengelagert. - Gedächtnisspanne: 7 ± 2 Chunks - Speicherdauer: 20 – 30 Sekunden (kann durch Wiederholung (rehearsal) verlängert werden) - Kontrollprozesse o Kodierungsprozeduren: Hinzufügen zusätzlicher Informationen aus dem LZG an die aufgenommene Information im KZG o Wiederholungsoperationen: Für den Übergang von neuen Informationen aus dem KZG in das LZG o Abruf- und Suchstrategien: Zur Aktivierung relevanter Informationen im LZG Wiederholungsprozeduren = dienen dem Erhalt des Wissens im KZ nicht unbedingt der Übertragung ins LZG Erhaltende (primäre) Wiederholung (rehearal) nach Broadbent, 1958 z.B. eine gute Methode, sich die Telefonnummer eines Freundes zu merken, ist es, die Ziffern ständig im Kopf kreisen zu lassen. Isolierungseffekt (nach Köhler & von Restorff, 1933, 1938) Sie belegten, dass immer dann, wenn in eine Merkreihe herausfallende Elemente eingebaut sind (z.B. in einer Silbenreihe eine Zahl oder in eine Reihe mit römischen Ziffern ein geometrisches Muster), dieses andersartige Glied besser gemerkt wird als die übrigen. à Erklärung: seltene Ergebnisse werden intensiver enkodiert als häufige à Implikation für Unterricht: wichtige Aussagen hervorheben (bei zu vielen Elementen geht dieser Effekt aber verloren) 27 Intereferenz- oder Hemmungserscheinungen Das Einprägen eines vorgegebenen Materials ist kein vom übrigen Verhaltensablauf isolierter Vorgang. Jeder Lernvorgang ist vielmehr in einer Serie von Lernvollzügen eingebettet, die sich gegenseitig beeinflussen. à Assoziative Hemmung: Verbindungen, die zwischen Gedächtnisinhalten bestehen können störend wirken (Bekannter hat neue Nummer; Verknüpfung des Namen mit alter Nummer „stärker“) à Ähnlichkeitshemmung (Ranschburg-Hemmung): Lernen von ähnlichen Silbenreihen fast unmöglich vs. Keine Schwierigkeiten beim Lernen und Wiedergeben unähnlicher Silbenreihen Kodierungsprozesse Was letztlich im LZG gespeichert wird, hängt wesentlich von ablaufenden Kodierungsprozessen ab. Diese Prozesse führen anders als die Wiederholungsprozeduren zu einer Übertragung des Wissens aus dem KZG in das LZG bzw. erleichtern ihre Übertragung. Elaborierende (sekundäre) Wiederholung Informationen im AG halten durch Verknüpfung mit bekannten Wissensbeständen aus dem aus dem LZG (Woolfolk, 2014) è Einzelne Elemente werden nur Bedeutungen angereichert oder getrennte Elemente zu einem Ganzen verbunden è Herstellung von Beziehungen zwischen neuem Wissen und Wissen aus dem LZG Chunking (nach Miller, 1956) Chunk = bedeutungsvolle Informationseinheit Chunking = Prozess der Rekonfiguration von Items, indem sie auf der Basis von Ähnlichkeiten oder anderen Organisationsprinzipien gruppiert werden. Oder sie werden zu größeren Mustern kombiniert (statt 1 – 9 – 8 – 4 die Jahreszahl 1984) Clustering / Kategorisieren / subjektive Organisation = Tendenz, Wörter einer Kategorie aufeinanderfolgend zu reproduzieren. Dual-Encoding-Theory (nach Paivia, 1971) - Entwickelte systematisch ein Erklärungsversuch für den Bildüberlegenheitseffekt. - Annahme: zwei Kodierungssysteme o Bildhaft: Speicherung von Vorstellungsbildern o Verbal: Speichert sprachliche Informationen - Entweder findet eine Speicherung in bildlicher, verbaler Weise oder in beiden Systemen gleichzeitig statt - Doppelspeicherung führt zu besseren Behaltensleistungen 28 Experiment nach Shepard (1967) 600 Kärtchen mit Wörtern, Sätzen und Abbildungen wurden Menschen vorgelegt. Die VP bekamen immer 2 Karten vorgelegt (eine Neue und eine aus dem Stapel). Sie sollten die Karte benennen, die aus dem Stapel war. Ergebnis: Bilder wurden zu 100%, Sätze zu 89% und Wörter zu 88% wiedererkannt. Warum wurden die Bilder besser behalten als das sprachliche Material? - Sprachliches Material semantisch codiert und gespeichert (Material nach ihrer Bedeutung verschlüsselt) - Bilder hingegen lassen sich in bildhafter und in sprachlicher Form abspeichern 2 voneinander unabhängige Möglichkeiten zur Speicherung, zum Abruf und zur Verschlüsselung: Verbales (symbolisch-sprachliches) System und Imaginales (anschaulich-bildhaQes) System à Verknüpfungen möglich Visuelle Repräsent- Verbale Vorstellung a6on im Einheiten sbilder LZG Prinzip der dualen Kodierung (Piavio, 1971, 1986) Wörter werden verschlüsselt, Einzelheiten gehen verloren; Bilddarstellungen werden in bildhafter und sprachlicher Form kodiert (à höhere Wahrscheinlichkeit, sich an einen Code zu erinnern. Beispiel: zwei Möglichkeiten der Speicherung eines Satzes „Das Buch ist auf dem Tisch.“ Bildhafte Vorstellung Proposition Buch Bildhafte Vorstellungen sind eine form des deklarativen Wissens. Langzeitgedächtnis (LZG) Funktionseinheit zur dauerhaften Speicherung von Informationen / Wissen. (Woolfolk, 2014) Arten des Langzeitgedächtnisses Explizites Gedächtnis / deklaratives Gedächtnis (bewusst) – nach Tulving, 1972) Die Inhalte de deklarativen Gedächtnisses (Allgemeinwissen, Weltwissen) sind bewusstseinsfähig und ermöglichen es dem Individuum, seine Welt zu interpretieren. Von dem deklarativen Wissen nimmt man an, dass es in organisierter Form gespeichert ist, wobei aufeinander bezogene Wissenseinheiten miteinander verbunden gedacht werden. 29 Episodisches Gedächtnis - Speichert persönliche Erinnerungen und Erfahrungen - Bezieht sich auf zeitlich datierte, räumlich lokalisierte Persönliche Erfahrungen/Episoden - Vergessenskurve (nach Ebbinghaus, 1885): Ausmaß des Vergessens am Anfang sehr hoch, nimmt mit der Zeit ab Semantisches Gedächtnis - Inhalte beziehen sich auf Bedeutungen (insb. Von Ganzheiten) die nicht unmittelbar erlebt werden müssen - Entspricht dem organisierten Wissen eines Menschen Implizites Gedächtnis / non-deklaratives Gedächtnis (unbewusst) - Prozedurales Gedächtnis: Umfasst alle Handlungsprogramme, die der Steuerung von motorischen wahrnehmungsgemäßen und kognitiven Fertigkeiten zugrunde liegen (z.B. Skifahren, Rechenoperationen, …) - Priming („vorwärmen, vorbereiten“): erhöhte Wahrscheinlichkeit einen Reiz wiederzugeben oder wiederzuerkennen, wenn davor ein assoziativ damit verbundener Gedächtnisinhalt aktiviert worden ist - Klassische oder operante Konditionierung: Ablauf der Prozesse ohne Zutun des Bewusstseins ↗ Klassische Konditionierung ↗ Operante Konditionierung Vergessen im Langzeitgedächtnisses Vergessen = Information, die schon im LZG nachgewiesen wurde, aber nicht mehr abrufbar ist. Es können 5 „Vergessenstheorien“ (jeweils aus vrsch. Theoretischen Ansätzen) herangezogen werden: Spurenzerfalltheorie - Spurenzerfall: Das Verblassen und Schwächer werden von Erinnerungen mit der Zeit (Woolfolk, 2014) - Vergleich des Vergessens mit Spuren, die ein Fußgänger im weichen Sand hinterlassen hat à Verschwinden im Laufe der Zeit wieder - Ausgangspunkt der Erklärung: Gedächtnisspur (= Engramm) im LZG, die im Laufe der Zeit zerfällt - Abhängigkeit von der verstrichenen Zeit seit der letzten Aktualisierung des Lerninhalts à Ist Spur völlig verwischt, gibt es keine Möglichkeit den Gedächtnisinhalt abzurufen - Belege: Spurenzerfall im UKZG und KZG gut belegt, für LZG jedoch viele gegenteilige Befunde vorhanden à daher: andere Theorie besser 30 Theorie der fehlenden Hinweisreize - Vergessen bzw. Beeinträchtigung des Behaltens bedeutet nicht gleichzeitig, dass die entsprechenden Gedächtnisinhalte ausgelöscht worden sind - Hier fehlt ein geeigneter Schlüssel, also Abrufhinweis, um die relevanten Repräsentationen hinreichend stark zu aktivieren, damit sie im AG bewusstwerden - Annahme: aus dem LZG geht nichts verloren, was diesem einmal übergeben worden ist. Vergessen ist nichts anderes als ein Misslingen des Abrufs von Inhalten aus diesem Speicher (Ashcraft, 2002) à kein echtes Vergessen, sondern „Findestörung“ (d.h. temporär ist der Zugriff zur gesuchten Information gestört) Interferenztheorie des Vergessens - Interferenz = „Erschwerung oder Verhinderung der Reproduktion von Gelerntem durch nicht dazugehörige Inhalte“ (Dorsch et al. 1994) à Störung - Interferenz tritt auf, wenn die Hinweisreize nicht klar genug auf eine bestimmte Erinnerung hinweisen - Je größer die Unsicherheit über die angemessene Reaktion auf eine Abrufhilfe ist, desto stärker wird die Erinnerungsleistung beeinträchtigt Verdrängung - Nach diesem psychoanalytischem Konzept von Siegmund Freud können manche Informationen angstauslösende oder sogar traumatische Aspekte beinhalten - Diese werden durch einen Verdrängungsprozess aktiv vom Bewusstsein ferngehalten Verzerrung - Das erworbene bleibt im Gedächtnis nicht stabil, sondern verzerrt sich - Je länger der Abstand zwischen Lernphase und Wiedergabephase, desto eher entspricht das Erinnerte einem Schema und nicht den erlebten Tatsachen 1.2.2.2 Arbeitsgedächtnismodell Baddeley & Hitch (1974) gehen von derselben Unterteilung in UKZ, AG und LZG aus Atkinson & Shiffrin aus, haben jedoch einen anderen Aufbau des Arbeitsgedächtnisses entwickelt. Arbeitsgedächtnis = Gedächtnissystem, welches die übertragene InformaTon aus dem sensorischen Register so lange zwischenspeichert, bis diese mit Hilfe des bereits vorhandenen Wissens aufgearbeitet worden sind. (Baddeley, 2000, 2007) è KZG ist kein einfacher Zwischenspeicher, sondern ein modular aufgebautes System, das getrennte, aber interaktive Subsysteme umfasst. 31 Episodischer Räum.-vis.- NB Zentrale Exekutive Phonolog. Schleife Puffer Teilsystem/Sub-System Überwachung und Kurzzeitgedächtnis und Integriert des AG Kodierung der aktives Auffrischen von Informationen aus anderen Sub- Lauten, Wörtern und der Funktion: visuelle und Systeme, besitzt verbalen Informationen phonologischen räumliche selbst aber keine Schleife, dem Informationen zu halten Beschränkte Kapazität Speicherkapazität. visuell-räumlichen und zu bearbeiten von etwa 3 Einheiten Notizblock und Wesentliche Funktion Speichert visuelle Basiert auf akustischen dem LZG unter der = Herstellen der Informationen, die Repräsentationen Oberaufsicht der Verbindung zum LZG sprachliche zentralen Beispiel: 19582001 Zusammenhänge Überwacht Exekutive wird in die Jahreszahlen veranschaulichen Aufmerksamkeit, unterteilt Speichert Stellt Pläne auf, Beispiel: Welche Farbe Episoden entscheidet, was hat das Nachbarhaus temporär ab abzurufen ist, teilt deiner Eltern? Visuell Ressourcen auf vorstellen 1.2.2.3 Langzeitgedächtnismodell Hinweis: wird in manchen Aufgaben explizit in den Fokus gerückt - Deklarativ: kann abgerufen werden semantisch (= Faktenwissen, wie Hauptstädte) episodisch (biografisches Wissen, wie haben sie ihren 18. Geburtstag gefeiert? Konkrete, aber individuelle Fakten) 32 - Non-deklarativ = nicht bewusst abrufbar o Prozedural: Fahrrad fahren (ich kanns ausführen, aber nicht in gleichem Maße in Einzelheiten verbalisieren); Dissertationen abgespeichert (Ängste) o Priming: Bahnung von Gedächtnisinhalten o Sensibilisierung: Wenn Kinder nachts schreien, nimmt man trotzdem das ganze Wort (z.B. Mama) wahr 1.2.2.4 Alternative Modelle / Ansätze (bei Bedarf) Einspeichermodell / Theorie der Verarbeitungstiefe (Craik & Lockhart, 1972) - Kritisieren das Mehrspeichermodell; Orientierung vertikal (MSM horizontal) - Annahme: Es gibt nur ein LZG; keine Untergliederung in verschiedene Komponenten - Dafür gibt es mehrere Ebenen der initialen Kodierung und Verarbeitung von Informationen Verarbeitungsstufen: - Visuell / strukturell Zunehmende - Akustisch / phonetisch Erinnerungsleistung - Semantisch à Je mehr Elaboration, desto besser die Behaltensleistung Cognitive Load Theory (Sweller & Chandler, 1988) - Begrenzte Kapazität des AG - Lernen als Schemaerwerb - Intrinsische, extrinsische, lerngezogene kognitive Belastung ACT-Theorie (adaptive controll of thought; Anderson, 1983) Bei dieser Theorie handelt es sich um eine komplette Theorie der menschlichen Informationsverarbeitung (Wahrnehmung, Sprache, Problemlösen, etc.) Die ACT-Theorie unterscheidet drei Gedächtnissysteme: - Deklaratives Gedächtnis: Speicherung von Wissen in Form von Propositionen, Reihenfolgen oder räumlichen Bildern - Prozedurales Gedächtnis: Speicherung von Prozeduren, also wenn-dann-Verknüpfungen (es wird angenommen, dass die Bedingungskomponenten von Prozeduren dem Bewusstsein nicht zugänglich sind) - Arbeitsgedächtnis: Hier sind alle Informationen, die dem Bewusstsein im Moment zugänglich sind, aktiviert (z.B. Sinneseindrücke, die gerade enkodiert werden, …) Die ACT-Theorie sieht den Mehrwert im Üben von Akzeptanz und im Loslassen von Dingen, die wir nicht verändern können. à natürliches Leid eines Beinbruchs wird durch unnötigen Schmerz (Wie doof bin ich eigentlich?) unterstützt à ACT-Theorie versucht diese Gedankenkette zu unterbrechen, indem wir Achtsamkeit auf die Gedanken richten (War bzw. ist das hilfreich?) à strebt kein richtig/falsch an, es geht darum zu entscheiden, was für uns persönlich wichtig ist 33 Die Abkürzung ACT kann damit auch für die folgenden drei Handlungsschritte stehen: A = Akzeptanz von Gefühlen, Gedanken und Körperempfindungen C = Commitment/Engagiertes Handeln, das sich an den eigenen Werten orientiert. T = Taten folgen lassen und handeln. 1.3 Wissenserwerb Lernen im Sinne von Wissenserwerb kann als der Aufbau und die fortlaufende Modifikation von Wissenspräsentationen definiert werden (Es) ist ein bereichsspezifischer, komplexer und mehrstufiger Prozess, der die Teilprozesse des des Verstehens, Speicherns uns Abrufens einschließt. (Steiner 2001) 1.3.1 Wissensarten des Langzeitgedächtnisses Deklarativ Prozedural = Wissen über Prozesse, die Lernen und = Kenntnisse darüber, wie die Strategien zu Behalten betreffen nutzen sind = Kenntnisse von den eigenen Fertigkeiten, - ACT-Theorie (adaptive control of thought; Strategien und Ressourcen Anderson, 1983) - Enkodierung - 3 Stufen (deklarative Stufe, - Wiederholung / Elaboration Wissenskompilierung (Übung), - Organisation (Klammer Wissensoptimierung (Gefestigt, Gedächtnisstrategien – Wdgl + Orga) Fertigkeit kann ausgeführt werden à - Speicherung (semantische, deklarative Teil ist nicht mehr propositionale Netzwerke, Schemata, abrufbar); Fitts & Posner, 1967; Anderson, 1983) Skript) - Abruf (recall, recognition, Vergessen) 34 1.3.2 Überblick Wissensarten, Repräsentation, Wissenserwerb (nach Ryle, 1949) 1.3.3 Empirie - Nachweis von sensorischem Register (Sperling, 1960) à sensorisches Register o Buchstabenmatrix kurz präsentiert, Unterschiede, ob alle wiedergeben oder nur Teile, das beeinflusst das Ergebnis der Wahrnehmung - Gleichzeitiges Lösen zweier Aufgaben à Nachweis des AG (Baddeley & Hitch, 1974) - Priming-Vorteil bei zu voriger Beurteilung (Rejaram & Roediger, 1993) - Bei fehlender Wiederholung schlechtere Abrufleistung (Peterson & Peterson, 1959) bzw. häufigere Wiederholung à bessere Leistung (Hellyer, 1962) - Positionseffekte (Recency- & Primacy) beim Silbenlernen (Murdock, 1962) - … Recency-Effekt: bei spontanem Aufrufen von Schülern kann das zuletzt gesagte wiedergegeben werden, mehr jedoch nicht 35 1.3.4 Förderungsmöglichkeiten - Lernstrategien: Leichteres Transferieren ins Langzeitgedächtnis - Aufmerksamkeit lenken: Lenken auf wichtige Aspekte, fördert, dass die Informationen ins Kurzzeitgedächtnis (?) gelangt - Vermeidung von Interferenzen: Störfaktoren identifizieren und verringern - Aktivierung von Vorwissen - Üben o Ganz- vs. Teil-Lern-Methode: alles auf einmal oder Stück für Stück Prozedural o Verteiltes vs. Massiertes Üben: - Feedback & Verbesserungsmöglichkeit - … Förderung des Behaltens im Langzeitgedächtnis – Unterricht - Vorwissen aktivieren - Lernstoff / Frage an der Lebenswelt der Schüler orientieren - Schüler müssen vor Inhaltsdarbietung das zu lösende Problem erkennen - Aufmerksamkeit der Schüler auf Thema / Lehrer lenken - Lerninhalte veranschaulicht darbieten - Elaboration / elaborierende Wiederholung - Einstiegsphase des Unterrichts gestalten o Vorbereitung auf das Lernmaterial à hohe Kontrolle des Lehrers o Lehrergelenkte Fragen à haben das Ziel, sich bereits bekannte Regeln zu vergegenwärtigen, damit im Verlauf des Unterrichts effektiver gearbeitet werden kann - Darbietung der Lerninhalte in organisierter Form o Ordnen des Materials durch Tabellen oder Übersichten à Vorteil: bestehende Beziehungen werden leichter sichtbar o Darbietung in hierarchischer Anordnung - Strategien zur Verarbeitung dargestellter Informationen vermitteln o Markieren von Textteilen à bietet erste Orientierung o Anfertigen von Notizen à Optimalfall: Gehörtes in eigenen Worten hinschreiben 1.4 Gedächtnis-/ Lernstrategien Unter Lernstrategien versteht man einen Plan für eine Handlungssequenz, die auf die Erreichung eines Lernziels gerichtet ist. (Klauer, 1996) Unter Gedächtnisstrategien versteht man unterschiedliche Techniken und Mittel, um Gedächtnisleistungen zu verbessern. (Kray & Schaefer,2012) è Gedächtnisstrategien = abstrakter; wie kann ich etwas verarbeiten è Lernstrategien = konkrete Handlungspläne 36 1.4.1 Kategorisierung der Lernstrategien nach Wild & Schiefele, 1994 (relevant!) Lernstrategien Kognitive Lernstrategien Metakognitive Ressourcenbezogene Lernstrategien Lernstrategien Wiederholung Planung Interne Ressourcen Organisation Aufmerksamkeit, Selbstüberwachung Anstrengung, Elaboration Zeitmanagement (Pausen) Regulation Kritisches Prüfen Externe Ressourcen Lernumgebung, Literatur, Lerngruppen = Gedächtnisstrategien In einem Modell von Ballstaedt werden kognitive Strategien als Primärstrategien, metakognitive Strategien als Kontrollstrategien und ressourcenbezogene Strategien als Stütz- bzw. Sekundärstrategien bezeichnet. 1.4.1.1 Kognitive Lernstrategien Wiederholung = Wissen auswendig lernen à Gelerntes im Arbeitsspeicher behalten à Unterstützung des Übergangs ins LZG à Lautes / stilles Wiederholen; schreiben / unterstreichen wichtiger Passagen Organisation = Geordnetes und logisches Netzwerk von Verbindungen zwischen Begriffen (vor allem beim Lernen größerer Informationen sehr wichtig) à Informationsreduzierende Vorgehensweise à Auswahl / Zusammenfassung von Informationen à sinnstiftende Gliederung à Gliederung anfertigen, Diagramm / MindMaps erstellen Elaboration = Verknüpfung neuer Wissensinhalte (Begriffe, Propositionen, Schemata etc.) mit bereits bestehendem, d.h. im Gedächtnis repräsentiertem Wissen à Dadurch wird neuen Informationen mehr Sinn verliehen à Herausarbeitung von Sinnstrukturen in zu lernender Information à Anreicherung der Information durch Herstellung von Assoziationen à Konstruktion: Stoff mit eigenen Worten wiedergeben à Integration: Stoff mit gespeichertem Wissen vernetzen à Transfer: Übertragung auf andere Kontexte 37 Kritisches Prüfen Konkrete Beispiele (kognitive Lernstrategien) - Bild- & sprachorientiert: Loci-Methode (Geschichte mit wichtigen Begriffen), Schlüsselwort-Methode, Akronym-Merkwörter (EDEKA = alle fettlösliche Vitamine), Rhythmus und Reim (Tonartenreime) etc. - Organisation: hierarchisches Zusammenfassen und rekonstruieren etc. - Mehrschichtig: SQ3-R, READS Exzerpieren etc. Beispiele für kognitive Lernstrategien Allgemeine Strategien Organisationsorientierte Verfahren = Gliederung des Stoffes, Kategorien bilden, Struktur in die Fülle von Informationen bringen à durch den Lerner Hierarchisches Zusammenfassen und Empirischer Befund: Bower et al (1969) legte VP Begriffshierarchie Rekonstruieren als Baumdiagramm vor, welche es zu reproduzieren galt à Experimentalgruppe konnte dreimal so viele Wörter reproduzieren als Kontrollgruppe (erhielt identischen Wörter nach Zufall geordnet) Vorgabe einer hierarchisch strukturierten Hintergrundinformation, Organisation von Texten in welcher die neuen Informationen eingebettet werden können, in durch den Lehrer dem Behalten förderlich. (Ausubel, 1951) à Hierzu zählen Advanced Organizer Mehrschrittige Lernstrategien = Selbstrezitation bzw. Fragen-Stellen an sich Selbst Beispiele: Text zweimal lesen und sich dann selbst Fragen Selbstregulationstechniken (mögliche Prüfungsfragen) dazu stellen Geeignet für: Lernen von Definitionen, Vokabeln, Rechtschreiben, Rechenoperationen Entwickelt von Robinson (1961) zur Bewältigung umfangreicher und semantisch bedeutungsvoller Texte (z.B. Bücher) Bezeichnung folgender Tätigkeiten - Survey: Überblick verschaffen SQ3R – Methode - Question: Fragen an den Stoff stellen - Read: Lesen - Recite: Wiedergeben des Gelesenen - Review: Rückschau SQ4R – Methode: Zusatz des Reflektierens à Rückschau auf den Text mit Fragen im Kopf erbringt einen Gewinn allgemeiner Art = Überblick, Absatz kurz lesen, unterstreichen, Wiederholen, Technik des gezielten Einprägen des Unterstrichenen Unterstreichens à zentrale Aussagen herausschreiben, Unwichtiges weglassen à nur mit Suchauftrag sinnvoll (z.B. 1 Aussage pro Absatz) Schreiben deshalb interessante Strategie, da hier Wissen unter Erstellen eigener Texte einem bestimmten Anwendungsgesichtpunkt abgerufen und gegebenenfalls modifiziert zu Papier gebracht werden muss (Friedrich, 1995) 38 Mitschreiben erlaubt die Aufmerksamkeitslenkung auf den Vortrag und die Notizen können für die Rekonstruktion des Gehörten eine Hilfe sein Technik des Notizen- à kein mechanisches Mitschreiben, Formulierung in eigenen Anfertigens Worten und nur das Wesentliche à Lehrer können dazu anregen, indem sie das wichtige hervorheben und Zeit geben, Schlüsselbegriffe geben etc. Graphische Methoden Visualisierung von Bebilderte Arbeitsblätter, Folien, Tafelbilder Sachverhalten Mnemotechniken Auch als Memotechniken oder Merktechniken bezeichnet. Mnemotechniken sind systematische Ansätze zur Verbesserung der Behaltensleistungen. Wenn Informationen für sich genommen keine Bedeutung haben, bauen mnemotechnische Verfahren diese durch Verknüpfungen neuer zu lernender Wörter und Bilder mit vorhandenen, gelernten, auf. (Woolfolk, 2008) è Vor allem hilfreich, wenn zu lernendes Material nicht sinnvoll erscheint und man es in bestimmter Reihenfolge wiedergeben muss è Nach Untersuchungen von Atkinson (1075) ist die Anwendung von Mnemotechniken in der Schule und in der Uni sinnvoll Bildorientierte Verfahren = Gedächtnistechnik, bei der zu erinnernde Einzelheiten mit vertrauten Orten verbunden werden (Woolfolk, 2014) à kann man anwenden, wenn Material nicht sinnvoll erscheint oder man es in einer bestimmten (willkürlich erscheinenden) Reihenfolge wiedergeben muss à erst Kinder ab 8 Jahre sind hierzu in der Lage Vorgehensweise: 1. Vorstellung eines gut vertrauten Ort, welcher genügend Platz bietet, um Informationen dort zu verteilen LOCI-Methode 2. Für die zu merkenden Inhalte eindringliche mentale Bilder finden à konkrete Dinge, keine Wörter 3. Bedingung der Gleichzeitigkeit beachten: Während der Begriff gebildet wird, muss die Verknüpfung der Bildsymbole mit dem Ort stattfinden 4. Bei der Wiedergabe den Ort in Gedanken abgehen, die gebildeten mentalen Bilder dabei dekodieren und so Informationen in richtiger Reihenfolge abrufen 5. Ein und derselbe Ort kann immer wieder benutzt werden, um Informationen zu speichern à Ökonomie der Methode ist gewährleistet 39 = Informationen werden in bildhafter und/oder sprachlicher Weise gespeichert Duale Codierung à Bilder sind leichter zu erinnern (Kodierung in bildhafter + sprachlicher Form erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wenigstens ein Code erinnert wird), bildhafte Vorstellungen sind aber nicht wie Fotos (nur Merkmale gespeichert) Sprachliche Verfahren Ein Schlüsselwort ist ein Wort der eigenen Sprache, dass eine gewisse Klang- ähnlichkeit mit Teilen eines in einer anderen Sprache zu lernenden Wortes besitzt. (Atkinson, 1975) Schlüsselwort- Aus beiden ist ein Bild zu formen, wobei später auf dem Umweg des methode (CUE- Vorstellungsbildes die richtige Übersetzung reproduziert werden kann. Methode) (Arbinger, 1984) Beispiel: spanisches Wort „espanilla“ (=Schienbein) à ähnlich klingendes deutsches Wort „Spinne“ à daraus Vorstellungsbild formen: „eine Spinne krabbelt über das Schienbein“ = Bilden eines Reimes aus den zu merkenden Zusammenhängen und Wörtern Rhythmus und à sehr gut verwendbar für einfache Merkaufgaben Reim à werden auch als Eselsbrücken bezeichnet Beispiele: 7, 5, 2 – Rom schlüpft aus dem Ei oder Wer nämlich mit h schreibt, ist dämlich. 1.4.1.2 Metakognitive Lernstrategien Metakognition = „Spezieller Teil des Weltwissens eines Menschen, der sich auf seine Kognition und Anwendung des Wissens bezieht. (Flavell, 1979) è Kognition über der Kognition Metakognitionen bestehen aus drei verschiedenen Arten von Wissen (Schunk, 2004) - Deklaratives Wissen - Prozedurales Wissen - Selbstregulationswissen (konditionales Wissen): Kenntnisse darüber, wann und warum die verfügbaren Maßnahmen und Strategien anzuwenden sind Planung - Umfasst beispielsweise folgende Entscheidungen o Wie viel Zeit man einer Aufgabe widmet o Welche Strategien man einsetzt o Wie man anfängt o Welche Ressourcen zu sammeln sind o Welche Reihenfolge einzuhalten ist o Was kann ausgelassen werden, was ist besonders o … - Das Setzen von Lernzielen - Auswahl von Lernstrategien 40 Unterscheidung nach Klauer, 2000: - Planungsziele (primäre Ziele): Texte durcharbeiten - Effizienzziele (sekundäre Ziele): 3 Stunden zu lernen und gute Benotung Selbstüberwachung - Kontrollfragen - Überprüfung, ob Gelesenes verstanden wurde - Korrektur der eigenen Aufgabenbearbeitung (kritisches Begleiten) Regulation (Bewertung) - Anpassung des eigenen Lernens an Anforderungen - Überlegungen, ob an die Strategie wechseln sollte 1.4.1.3 Ressourcenbezogene Lernstrategien Interne Ressourcen - Unterstützen das Lernen; schirmen störende Einflüsse ab - Motivationale Maßnahmen à Selbstmotivation - Kontrolle von Aufmerksamkeit und Anstrengung - Sinnvolle Zeitplanung - Z.B. Karteikarten, Zeitmanagement etc. Externe Ressourcen - Optimale Nutzung institutioneller Ressourcen (z.B. Bib) - Soziale Ressourcen (z.B. Arbeitsgruppen, Lernpartner …) - Gestaltung der eigenen Lernumgebung 1.4.1.4 Empirie und Schulbezug Empirie - hierarchisch geordnete Inhalte werden besser behalten & schneller gelernt (Bower et al., 1969) - höhere Gedächtnisleistung bei Anwendung der Loci-Technik (Bower, 1970; Pressley et al., 1984) - Effektivität der Schlüsselwortmethode (Atkinson, 1975) - Effektivität der SQ3R-Methode (Holz-Ebeling & Buchloh, 1995) - Technik des Fragenstellens eine der effektivsten metakognitiven Strategien (Haller, Child & Walberg, 1988; King, 1994) Schulbezug - Vermittlung von Lernstrategien (direkt (Heute lernen wir …) vs. Indirekt (einbauen, ohne direkt offensichtlichen Bezug), vgl. Friedrich 1995 - Ulmer Lernförderungsprogramm (Keller, 1991) - Advance organizer (Ausubel, 1963) - Zusammenhang zu Gedächtnis, Metagedächtnis, Wissenserwerb, Defizite (vgl. EP) 41 1.4.2 Training von Lernstrategien 1.4.2.1 Trainingsprogramme für den Erwerb von Lernstrategien Schräder-Naef (1987) Die behandelte Themen dieses Trainingsprogramms sind: 1. Persönliche Arbeitstechniken 8. Denken und Problemlösen 2. Lesen 9. Konzentration 3. Zuhören und Mitschreiben 10. Motivation 4. Zusammenarbeit 11. Zeiteinteilung 5. Physiologische Voraussetzungen 12. Durchführung größerer Arbeiten 6. Ordnung von Wissen 13. Prüfungsvorbereitung 7. Hilfsmittel Ebenfalls enthalten sind Anregungen für Kurse mit Schülern für drei Altersgruppen. Ulmer Lernförderungsprogramm (Keller et al. 1997) - Auch unter Bezeichnung LAT (Lern- und Arbeitsverhaltenstraining) bekannt - Umfasst sowohl Primär-, als auch Sekundärstrategien 1.4.2.2 Indirekte oder direkte Vermittlung von Lernstrategien Nach Friedrich (1995) kann man Lernstrategien direkt oder indirekt vermitteln. Direkte Vermittlung Indirekte Vermittlung Verschiedene Unterrichtseinheiten werden Im Kontext der Fächer werden effiziente zu den Themen des Lehrens des Lernens Lernstrategien angeregt, ohne dass die angeboten oder entsprechende Materialien zugrunde liegenden Prinzipien explizit zum Selbststudium verteilt thematisiert werden. Hier sind drei Schritte zu beachten: Prinzipien eNektiven Lernens vermitteln: Lernender erhält Informationen, welche Wirkungen, Vorteil/Nachteil bestimmte Strategien besitzen Kognitives Modellieren: Lernstrategien werden durch ein Modell, das handlungsbegleitend sein Denken und Handeln verbalisiert, verdeutlicht. Kontroll- und Selbstreflexionsstrategien vermitteln: damit der Lernende seine Lern-Denkprozesse selbst überwachen kann. 42 1.5 Selbstreguliertes / Selbstgesteuertes Lernen Selbstreguliertes / Selbstgesteuertes Lernen gehört zu den sozial-kognitiven bzw. konstruktivistischen Lerntheorien. Beim selbstgesteuerten Lernen bestimmt das Individuum sein Handeln eigenständig unter Verzicht auf Fremdsteuerung. (Dorsch, 2009) Lernform, bei der „der Handelnde die wesentlichen Entscheidungen, ob, was, wann, wie und woraufhin er lernt, gravierend und folgenreich beeinflussen kann. (Weinert, 1982) è Aus sozial-kognitiver und vor allem konstruktivistischer Perspektive ist es nötig, den Lerner in sein eigenes Lernen einzubinden und ihm Verantwortung zu übertragen. Wichtige Elemente/Komponenten des selbstregulierten Lernens (bei beiden vorhanden) Diese sind aus den Definitionen abzulesen und enthalten meistens folgende drei Komponenten: à mögliche StEx-Aufgabe: wichtige Bestandteile herausarbeiten - Metakognitive Prozesse: Lernziele setzen, Lernprozess planen, überwachen, bewerten, regulieren) - Motivationale Aspekte u.a. Selbstwirksam, -motivierung - Kognitive Prozesse u.a. Lernstrategien & Fähigkeit zur Anwendung Ebenen, auf die sich selbstreguliertes Lernen stets bezieht Kognitionen Metakognitionen Motivationen Emotionen 1.5.1 Komponenten-Modelle (je eins lernen) 1.5.1.1 Schunk (1989) Überzeugung des Schülers Selbststeuernde Prozesse - Selbstwirksamkeit: Durch mein - Selbstbeobachtung Handeln kann ich etwas bewirken - Selbstbewertung - Fähigkeit, Lernziele zu setzen - Selbstreaktion 1.5.1.2 Drei-Schichten-Modell nach Boekaerts (1999) Regulation des Selbst (Festlegung von Zielen) Selbstreguliertes Lernen Regulation des Lernprozesses Regulation des Verarbeitungsmodus 43 Innere Schicht: Regulation der Informationsverarbeitungsprozesse à kognitive Strategien - Thematisiert die Ebene der kognitiven Prozesse und der auf sie einwirkenden kognitiven Primärstrategien der Informationsverarbeitung - Damit sind die vom Lernen habituell bevorzugten Herangehensweisen oder Lernziele gemeint - Voraussetzung für die Regulation: Vorhandensein verschiedener Primärstrategien à „WAS-Fragen“ des Lerners à WAS kann ich tun, um den Inhalt des Textes zu behalten? Mittlere Schicht: Regulation des Lernprozesses à Metakognitives Wissen und metakognitive Strategien - Adressiert die nächsthöhere Regulationsebene, die des gesamten Lernprozesses - Legt sich somit über die erste à so, wie sich die übergeordneten metakognitiven Strategien auf die untergeordneten kognitiven Strategien der Informationsverarbeitung beziehen - Aufgaben: Einsatz der kognitiven Primärstrategien kontrollieren und optimieren - Regulationsvoraussetzungen: Metakognitives Wissen und metakognitive prozedurale Fertigkeiten des Planens, Überwachens und Korrigieren à WIE-Fragen des Lerners à Wie kann ich kontrollieren, ob ich die Hauptaussage des Textes wirklich behalten habe? Äußere Schicht: Regulation des Selbst à Ziele und Ressourcen - Soll verdeutlichen, dass der gesamte Lernprozess in das kognitive und motivationale Selbstkonzept und in die selbstbezogenen Überzeugungen einer Person eingebettet sind à WARUM-Fragen der motivationalen, emotionalen und volitionalen Selbstkontrolle des Lerners à Warum soll ich diesen Text überhaupt lesen? 1.5.2 Prozessmodelle 1.5.2.1 Zyklisches Trainingsmodell nach Zimmermann (1998) Handlungsphase Selbstkontrolle Aufgabenstrategien, Selbstinstruktion, Strukturierung des Lernumfelds, Selbstverstärkung, Aufmerksamkeit ausrichten, Steuerung der Emotionen Selbstbeobachtung Metakognitive Überwachung, Selbstberichte Phase der Vorüberlegungen Phase der Selbstreflexion Aufgabenanalyse Selbstbeurteilung Zielsetzung, Strategische Planung Selbstevaluation, Kausalattribution Selbstbezogene motivationale Selbstbezogene Reaktion Überzeugung Selbstaffekte, Adaptive & defensive Selbstwirksamkeit, Ergebniserwartungen Schlussfolgerungen è Zyklischer, immer wieder aufs Neue zu durchlaufender Prozess 44 Phase 1: Lernvorbereitung Hier spielen laut Zimmermann zwei aufeinander bezogene Teilprozesse der Selbstregulation eine wichtige Rolle: 1. Prozesse der Selbstbeobachtung und Selbstbewertung der eigenen Wissensbestände und des eigenen Lernvermögens, im Sinne einer Bestandsaufnahme der aktuellen Lern- voraussetzungen und der Lernvorgeschichte 2. Aus dieser Selbstdiagnose resultierende Festlegung und Formulierung konkreter Lernziele, einschließlich der Auswahl und Festlegung geeigneter und verfügbarer Strategien und Maßnahmen zur Zielerreichung à Das Lernen wird geplant Phase 2: Lernphase Hier werden: 3. Zur Aufgabenbearbeitung und Problemlösung ausgewählten und vorgesehenen Strategien tatsächlich eingesetzt, und der Einsatz dieser Strategien sowie das gesamte eigene Lernverhalten werden fortwährend überwacht Phase 3: Nachbereitung 4. Ergebnisse des Strategieeinsatzes und der Lernanstrengungen im Hinblick auf das Ausmaß der Zielerreichung bewertet. 1.5.2.2 Weitere Modelle - Integratives Rahmenmodell (Schiefele & Pekrun, 1996) - Zyklus selbstregulierten Lernens (Ziegler & Ströger, 2005) - Prozessmodell (Schmitz, 2006) - … 1.5.2.3 Empirie - Verhaltensänderung durch „Protokolle“ (Yates & Zimbardo, 1977; Mace & Kratochwill, 1988) - Unterschiede bei Selbstwirksamkeitserwartungen (Oettingen et al., 1992) - höherer Wissenszuwachs bei Integration von selbstregulativen Elementen im Unterricht (Labuhn, Bögelholz & Hasselhorn, 2008) - mehr Anstrengung bei selbstgesetzten Zielen (Ford, 1992) - leichte Selbstüberschätzung förderlich (Bandura, 1990; Helmke, 1992) - indirekte Vermittlung effektiv (z.B. Lund, Rheinberg & Gladasch, 2001; De Jager, Jansen & Reezigt, 2005), aber direkt effektiver (Otto, 2007) - Positiver Effekt von Fördermaßnahmen für selbstreguliertes Lernen (v.a. durch Externe; Dignath & Büttner, 2006) - Verbesserte Selbstwirksamkeit, Abnahme von Fehlkonzepten durch Implementation von Strategien (Perry et al., 2002) - Positive Effekte auf Selbstregulationskompetenz durch 6wöchiges Training in Mathe (Perels et al., 2003) - Stärkere Präferenz für SRL, Verbesserung bei Inhaltswiedergabe durch Strategietraining (inkl. Modell) im HSU- & Lese-Unterricht (Stöger, Sontag & Ziegler, 2014) - … 45 Zusammenhang zu Metakognition Wissenserwerb Lernstrategien 1.5.2.4 Schulbezug / Maßnahmen - Trainingsmaßnahmen (z.B. Friedrich, 1995) - Selbstinstruktionstraining (Meichenbaum, 1977): 5-Schrittmodell (L nimmt sich mehr und mehr zurück) à vom Modelllernen hin zum Selbstgesteuerten Lernen - Übergang zur Selbststeuerung (Deci & Ryan, 1985) Weitere - Attributionstraining: Wenn es gut lief, ist zu überlegen woran es lag - Individuelle Bezugsnorm: Bezug des Lernverhalten, Lernziele etc. immer auf den Schülern - Schaffen von Erfolgserlebnissen / positive Lernerfahrungen / Verstärkung dieser - Realistische Zielsetzung - Förderung der Selbstwirksamkeit - Langsame Erhöhung des Anspruchsniveaus / optimale Herausforderung - Abbau negativer / fehlerbehafteter Fremdbewertungen (z.B. Eltern) / Reduktion negativer Bezugsgruppeneffekte - Rollenspiele (Perspektivenwechsel) - Erfahrung von Grenzen - Entdecken von eigenen Stärken - Positives Modell der Lehrkraft (Freude am Unterricht) - … 1.6 Lehrtheorien / -strategien 1.6.1 Lehrerhandeln und Lehrfunktionen Kennzeichen erfolgreichen Lehrerhandelns Systematisch strukturelle Lernziel- Sorgfältige Diagnostik der und Aufgabenanalyse individuellen Lernvoraussetzungen Lernprozessbegleitende Sachlogische Sequenzierung der Unterstützung und Überprüfung unterrichtlichen Darbietung der individuellen Fortschritte Lehrfunktionen (nach Greeno, Collins und Resnick, 1996) 1. Über Ziele einer Lerneinheit informieren 2. Vorkenntnisse diagnostizieren 3. Aufmerksamkeit sicherstellen 4. Aktivierung des Vorwissens fördern 5. Darstellende Stoffvermittlung 6. Zu kognitive Elaborationen anregen 7. Selbstregulative Lernprozesse fördern 8. Unterstützende Lerngerüste verwenden 9. Angeleitetes und selbstständiges Üben sicherstellen 46 10. Lernfortschritte überwachen und Rückmeldung geben 11. Regelmäßige Lernerfolgskontrollen durchführen 12. Anwendung und Transfer des Gelernten vorbereiten und unterstützen 1.6.2 Lehrtheorien Lehren = Methodisches Vorgehen, das explizit und bewusst, absichtlich und geplant eingesetzt wird, um erfolgreiche Lernvorgänge unterschiedlicher Art auszulösen oder zu beeinflussen. (Hasselhorn & Gold, 2013) ↗ Literatur: Hasselhorn & Gold, Kapitel 6 1.6.2.1 Unterschiede zwischen den Lehrtheorien Behaviorismus Kognitivismus Konstruktivismus Konstruktionsbasiert (Schüler instruktionsbasiert erarbeitet es sich selbst) Reines Reiz-Reaktions- Wechselwirkung zwischen Konstruktion einer indi- (Konsequenz)-Lernen Umwelt und Individuum viduellen & subjektiven Welt Teils fremd-, teils selbst- Fremdsteuerung Selbststeuerung gesteuert Passiver Lerner Aktiver Lerner Pawlow, Watson, Skinner, Watzlawik, Aebli, Wygotski, Bandura, Bruner, Ellis, Piaget Thorndike von Glasersfeld 1.6.2.2 Kognitivistische Lehrtheorien (Instructional Design) - Primat der Instruktion - Im Sinne einer außengesteuerten Optimierung der Lehrsituation - Sichtweise des Lehrenden als „Didactic Leader“ - Rationales und im Voraus planbares Lerngeschehen Empfehlung für die Planung und Durchführung von Unterricht (Instructional Design) 1. Lernziele konkretisieren 2. Individuelle Lernvoraussetzungen diagnostizieren 3. Lernvoraussetzungen vor Beginn des Unterrichts möglichst angleichen 4. Lernaufgaben in Lernzielkomponenten zerlegen und diese in Voraussetzungsrelationen anordnen 5. Schüler motivieren 6. Individuelle Lernprozesse anleiten, steuern und unterstützen 7. Individuelle Lernfortschritte überprüfen 8. Wo nötig, zusätzliche Lernhilfen bereitstellen 47 Rolle des Lehrenden Rolle des Lernenden „didactic leader“ Passive Rolle Wissensinhalte repräsentieren und erklären, Lernende anleiten, Lernfortschritte überwachen Mastery Learning (nach Bloom, 1976) - Zentraler Stellenwert des Faktors Zeit - Gewährung unterschiedlicher Lernzeiten - Benötigte Lernzeit abhängig von Begabung, spezifische Vorkenntnisse, Qualität der Instruktion, Motivation usw. - Problem: Unterrichtszeit ist begrenzt Programmierter Unterricht (nach Skinner, 1958) - Programmierte Lehrbücher wurden entwickelt - Selbstinstruktive, gedruckte Lehrprogramme - Vorläufer späterer Computer-basierten Lehrsysteme Die programmierten Lehrbücher beruhen auf den Prinzipien des operanten Konditionierens: - Der Lehrinhalt wird in kleine Einheiten aufgeteilt und kleinschrittig dargeboten - Alle Lernenden müssen auf jede Frage mit einer Antwort, meist in schriftlicher Form reagieren, sie arbeiten nach ihrem eigenen Tempo - Auf jede dieser Antworten erhalten die Lernenden eine unmittelbare Rückmeldung - Möglichst einfache Aufgabenstellungen (90% der Bearbeiter sollen 90% der Aufgaben richtig lösen können) Kritik - Lernende verbleiben möglicherweise in einer passiven, rezeptiven Haltung und damit in einer Abhängigkeit von Lehrenden - Für Lernerfolg ist hauptsächlich der Lehrende mit seinem Instruktionsdesign verantwortlich. Die Eigenverantwortlichkeit des Lernenden einschließlich ihrer Kompetenzen zur Lernzielsetzung, Lernsteuerung und Lernfähigkeit wird weder angestrebt noch ausgebildet - Lernen findet losgelöst vom Kontext statt. Das so erworbene Wissen läuft Gefahr, nicht auf andere Situationen flexibel angewandt werden zu können à Träges Wissen 1.6.2.3 Konstruktivistische Lehrtheorien (Situated Learning) Werden auch als entdeckenlassendes und problemorientiertes Lehre, individualisierende oder offene Methode bezeichnet - Primat der Konstruktion (Situated Learning) - Alles Lernen ist hochgradig kontextgebunden (situiert) und geht individuell vonstatten - Solches Lernen kann man durch Aktivitäten des Lehrens höchstens begleiten und ermöglichen, nicht aber von außen planen und kontrollieren 48 Grundidee - Selbstgesteuerter Lernprozess - Beruht auf Eigenständigkeit - Lernprozesse verlaufen individuell unterschiedliche - Sind meist in sozialen Kontexten verankert Rolle des Lehrenden Rolle des Lernenden Problemsituationen und „Werkzeuge“ zur Aktive Rolle; Steuerung und Kontrolle des Problem-bearbeitung zur Verfügung stellen eigenen Lernprozesses und bei Bedarf unterstützen Anchored instruction - Entwickelt von der Cognition and Technology Group at Vanderbilt, 1997 - Ausgangspunkt und Basis des Unterrichts: „narrative Anker“ als zentrales Kennzeichen der Theorie à „narrative Anker“ = Erzählungen oder Beschreibungen von authentischen Problemsituationen Gestaltungsprinzipien - Videobasierte Problemstellung: Präsentation der authentischen Problemsituation erfolgt per Video à Lernende sollen ein anschauliches mentales Modell dadurch aufbauen und ein („situatives“) Interesse an der Thematik entwickeln können - Narratives Format: Problem in für Lerner bedeutungsvollen Kontext einbetten à Dadurch wird ihr bereits vorhandenes Vorwissen aktiviert à Leichteres Erkennen der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der nicht vorhandenen und des noch nicht erworbenen Wissens - Generatives Format: Geschichten fördern die Kompetenz zur Differenzierung und Spezifizierung von Problemen - Eingebettete Daten: Alle Daten, die zur Lösung des Problems benötigt werden, sind in die Geschichte eingebettet - Problemkomplexität: geschilderte Problemsituationen entspricht der Komplexität einer realen Situation à Dadurch Förderung der Bereitschaft und Kompetenz der Lernenden, mit Komplexität umzugehen - Paare verwandter Abendteuer: Lernenden werden jeweils zwei ähnliche Geschichten präsentiert, da

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