Protokoll der Vorlesungen Ethik 2024 PDF
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Friedrich-Schiller-Universität Jena
2024
Emma Lauter
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This document is a lecture notes of a course on Ethik, or ethics, given in 2024. The course covers topics such as practical philosophy, the difference between theoretical and practical philosophy, and discusses elements of ethics and moral philosophy in relation to the ancient Greek understanding and modern understanding of ethical thought.
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Einführung in die Philosophie Emma Lauter Protokoll der Vorlesungen am 4. und 11. Dezember 2024 zur Ethik Praktische Philosophie: Einteilung der Philosophie in zwei verschiedene Wissensgebiete: → die theoretische Philosophie besch...
Einführung in die Philosophie Emma Lauter Protokoll der Vorlesungen am 4. und 11. Dezember 2024 zur Ethik Praktische Philosophie: Einteilung der Philosophie in zwei verschiedene Wissensgebiete: → die theoretische Philosophie beschäftigt sich mit allen Dingen, die zur Welt gehören → Bereich der Naturgesetzlichkeit → die praktische Philosophie beschäftigt sich mit Angelegenheiten und Dingen, die der Mensch verändern und auf die er einwirken kann → Bereich der Freiheit Aristoteles unterschied als Erster theoretische von praktischer Philosopie: → 3 Disziplinen der praktischen Philosophie: Ethik, Politik und Ökonomik → Ethik hat eine praktische und existenzielle Bedeutung: Betrachtung einzelner Fälle statt Bildung oberster Axiome, von denen sich alles ableiten lässt → kein konkretes Wissen, nur “Umriss-Wissen” möglich In der praktischen Philosophie geht es insofern um Dinge, die der Mensch ‚in der Hand‘ hat, gestalten und formen kann. Die erwartbare Genauigkeit ist dem Gebiet anzupassen. Ethik und Moral(philosophie): Moral ist ein komplexes und vielschichtiges System von Normen, Werten, Maßstäben und Regeln, welche das Handeln und Verhalten der Menschen (aber auch das Verhältnis der Menschen zu nicht-menschlichen Organismen oder Dingen, vgl. Tier- oder Naturethik) betreffen. Ethik (= Moralphilosophie) ist eine wissenschaftliche, v.a. philosophische Disziplin. Gegenstand des Faches Ethik ist die Moral. → Insofern kann etwas un-/ moralisch, aber nicht un-/ethisch sein. Philosophische Ethik bedeutet: → die Moral von außen beschreiben, moralische Urteile analysieren sowie verdeutlichen, inwieweit eine Moral begründet ist, wie moralische Begriffe funktionieren und zueinander passen → beurteilen, welche moralischen Entwürfe kohärent sind und wie sich moralische Überzeugungen systematisieren und begründen lassen → nicht: der Moral gemäß urteilen bzw. bewerten (vgl. auch Max Scheeler: “Haben sie schon einmal gesehen, dass der Wegweiser auf dem Weg geht, auf den er zeigt?”) Antike und heutige Ethik im Vergleich: → Antike Ethik: v.a. Individualethik, d.h. philosophische Anweisungen, die auf die Vermittlung von Kenntnissen zielte, welche ein gelingendes, gutes, glückliches, glückseliges Leben ermöglichen soll: Wie sollte ich leben, damit es mir gut geht? → eher Philosophie der Lebenskunst als die der Moral → Spätere/ heutige Ethik: mehr Sozial- als Individualethik, d.h. ein moralischer Standpunkt, an dem die Interessen anderer für mindestens so wichtig wie die eigenen Interessen gewichtet sind und danach gehandelt wird: Was muss oder soll ich tun, damit ich moralisch bin? Moderne Auffassung: Moral unterscheidet sich je nach Gesellschaft, nach Kultur, nach der Zeit → Frage nach dem Umgang damit: Ist jede Moral gleichwertig oder ist eine Moral besser als eine andere, d.h. ist Hierarchisierung möglich? Kennzeichen der Moral: Zwei Unterscheidungen: 1. moralisch – nicht moralisch; 2. moralisch – unmoralisch (1) Im Mittelpunkt der Moral stehen Urteile, durch die ein menschliches Handeln positiv oder negativ bewertet, gebilligt oder missbilligt wird. → Handlung in dem Sinne, der auch Unterlassen einschließt; nicht Gegenstand sind dagegen z.B. Widerfahrnisse (d.i. was einem zustößt) (2) Moralische Urteile sind kategorisch. Sie bewerten Handlungen unabhängig davon, wieweit diese den Zwecken oder Interessen des Akteurs entsprechen. → d.h. sie gelten unbedingt (keine Voraussetzungen) → Abrenzung moralischer von prudentiellen (= Klugheits-) Urteilen, die fragen, ob etwas ein gutes Mittel für einen festgelegten Zweck ist (3) Moralische Urteile beanspruchen (idR) intersubjektive Verbindlichkeit. → d.h. sie haben einen Allgemeingültigkeitsanspruch Grundfragen der Ethik: Nicht: Wie ist etwas? Sondern: Was soll sein? Wie soll etwas sein? Was soll ich tun? Das moralische Sollen: Wer in ethischer Perspektive fragt: „Was soll ich tun?“, dem geht es nicht um Regelkonformität oder ein instrumentelles Sollen, sondern um das Gute bzw. das Richtige schlechthin → das absolut Gute bzw. Richtige kann nicht relativiert werden Die absolute (im Vergleich zu relativer) Verwendung des Wortes „gut“ führen zur Begründungsfrage: Warum sind bestimmte Handlungen richtig bzw. gut und andere Handlungen falsch bzw. schlecht? → es ist nicht hinreichend, dass eine absolut gute Handlung den Regeln entspricht, sondern sie muss begründet werden Systematische Diskussion der Begründungsfragen in der Ethik: → rekonstruktive Ethik in dem Sinne, in dem sie so etwas wie eine Sichtung unseres im weitesten Sinne moralischen Selbstverständnisses darstellt → konstruktive Ethik in dem Sinne, in dem sie Vorschläge macht, welche die Begründung einer bestimmten Art von Praxis betreffen Ebenen der philosophischen Reflexion: (1) deskriptive Ethik: Beschreibung der Üblichkeiten einer bestimmten Gemeinschaft (eigentlich: Soziologie der Moral, Geschichte der Moral etc.) (2) normative Ethik: Versuch, begründete Aussagen darüber zu treffen, was gut/ richtig ist (3) Metaethik: Diskussion über die Aussagen und Begriffe der Ethik sowie deren Stellenwert → Haben ethische Sätze einen Wahrheitsanspruch? Gibt es moralische Tatsachen und Sachverhalte? Wenn ja, woran sind diese zu erkennen? Was ist die richtige Art von Ethik (z.B. utilitaristische Ethik oder kantianische Ethik)? Verschiedene Arten von Ethik: (1) deontologische Ethiken (griech. deon – Pflicht) → Güte einer Handlung ist nicht vom Zweck der Handlung oder von ihren tatsächlichen Folgen abhängig, sondern allein davon, ob mit der Handlung einer Pflicht entsprochen wird → Entscheidung zur Handlung aus einem Verständnis normativer Verpflichtungen heraus → z.B. Kants Kategorischer Imperativ (z.B. Lügen, auch wenn es Schaden verursacht) (2) teleologische Ethiken (griech. telos – Ziel, Zweck) → Handlungen gelten dann als gut oder richtig, wenn sie einen bestimmten Zweck fördern → konsequentialistisch, sofern die ethische Qualität einer Handlung von den Folgen (nicht: von einem allgemeinen Ziel oder Zweck) abhängig ist → z.B. Utilitarismus (3) Verfahrens- (bzw. prozedurale) Ethiken → Ansätze in der Moralphilosophie für Verfahren, mithilfe derer auch in inhaltlicher Hinsicht relevante Beurteilungsprinzipien erzeugt werden können, d.h. gut gerechtfertigte und begründete Verfahren der Normenfindung → z.B. generelle Gestaltung fairer Vertragsregelungen; auch: Kant und Rawls (4) Tugendethiken → Orientierung des Menschen darin, ein gutes Leben zu führen (Rückbesinnung auf antike Ethik) → moralbezogene und lebenskunstbezogene Fragen Das „gute Leben“: Wer ein Leben im Sinne der Moral führt, ist ein guter Mensch – aber er führt nicht unbedingt ein gutes Leben. → ein Widerspruch? → in der Antike: die Frage nach dem guten Leben wurde nicht nur auf moralische Fragen im engeren Sinne bezogen beantwortet, sondern auch auf Fragen der Lebensführung des Einzelnen (→ die Frage nach dem, was für einen selbst gut ist, ist keine moralische, sondern eine prudentielle Frage, vgl. „Lebenskunst“) → Wiederkehr des „guten Lebens“ in die moderne Philosophie: Zur Moral werden wir nur dann motiviert, wenn wir die Moral bzw, ein moralisches Selbstverständnis als Bestandteil unseres/ „des guten“ Lebens begreifen, wenn wir also die Frage nach dem guten Leben nicht einfach von der Moral abspalten. Ergontheorie von Aristoteles: → Das Ergon einer Gegenstandsklasse ist dasjenige, was die Gegenstände einer Klasse hervorbringen, entweder aus ihrem Gebrauch oder aus sich heraus. Das Ergon einer Gegenstandsklasse ist die spezifische Leistung der Gegenstände dieser Klasse. „Gut“ sind die Gegenstände, wenn sie diese Leistung „gut“ meistern. → z.B. ist das Ergon einer Fußballerin das Fußballspiel → Das Ergon des Menschen: Das Ergon des menschlichen Geistes besteht darin, überlegen zu können. Und der menschliche Geist ist dann „gut“, wenn er die Fähigkeit zu überlegen „gut“ herbringt oder realisiert. In der Folge ist das menschliche Leben dann „gut“, wenn in ihm die Fähigkeit zu überlegen „gut“ realisierbar ist.