MSc Psychodynamik 4. Sitzung PDF
Document Details
Uploaded by CohesiveDiscernment8610
Universität Kassel
2025
Dr. Sonja Etzler
Tags
Summary
This document is a lecture on psychodynamics, models, and therapies from the University Kassel. It is from the 4th session of the MSc programme, winter semester 2024/2025.
Full Transcript
Psychodynamische Modelle und Therapien Sitzung 4: Analytische Psychotherapie Wintersemester 2024/2025 Dr. Sonja Etzler Master Klinische Psychologie und Psychotherapie, Mo...
Psychodynamische Modelle und Therapien Sitzung 4: Analytische Psychotherapie Wintersemester 2024/2025 Dr. Sonja Etzler Master Klinische Psychologie und Psychotherapie, Modul 4 Institut für Psychologie, Universität Kassel M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 111 Gliederung der Vorlesung Sitzung Termin Thema 1. 04.11.2024 Organisation, Auffrischung Bachelorvorlesung 2. 11.11.2024 Psychodynamisches Störungsverständnis 3. 18.11.2024 Settings, Techniken, Manuale 4. 25.11.2024 Analytische Psychotherapie 5. 02.12.2024 Modelle und Psychotherapie der Depression 6. 09.12.2024 Modelle und Psychotherapie der Angststörungen 7. 16.12.2024 Modelle und Psychotherapie der Traumafolgestörungen Weihnachten 8. 13.01.2025 Modelle und Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen I 9. 20.01.2025 Modelle und Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen II 10. 27.01.2025 Psychodynamische Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen 11. 03.02.2025 Psychodynamische Gruppentherapien 12. 10.02.2025 Forschung zur Psychodynamischen Psychotherapie 13. 17.02.2025 Puffer 19.02.2025 Klausur I 15:30h – 16:30h E-Klausuren Center 16.04.2025 Klausur II 09:15h – 10:15h E-Klausuren Center M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 112 Agenda Psychoanalytische Psychotherapien Unterschiede in Techniken (Studie) Manualisierte Psychoanalytische Therapien Psychoanalytische Therapien M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 114 Psychoanalytische Therapien Viele Wege führen zur Einsicht und Veränderung (Pulver, 1993) M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 115 https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3647/PT-RL_2024-08-15_iK-2024-11-01.pdf M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 116 M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 117 M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 118 M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 119 Psychoanalytische Psychotherapien Kurzzeittherapien Langzeittherapien Tiefenpsychologisch Psychodynamische Psychoanalytische Psychoanalytische fundierte Kurzzeittherapie Fokaltherapie Langzeittherapie Langzeittherapie Modifizierte Klassische Psychoanalytische Psychoanalytische Therapie Therapie M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 120 Psychoanalytische Psychotherapien Kurzzeittherapien Langzeittherapien Tiefenpsychologisch Psychodynamische Psychoanalytische Psychoanalytische fundierte Kurzzeittherapie Fokaltherapie Langzeittherapie Langzeittherapie Modifizierte Klassische Psychoanalytische Psychoanalytische Therapie Therapie M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 121 Psychoanalyse Analytische Psychotherapie Stundenumfang: 240h bis max. 300h Frequenz: üblicherweise zwischen 2h – 3h pro Woche Techniken: Förderung der Regression, Nutzung Übertragungsbeziehung, neue affektive Erfahrungen etc. Wirkungen: Emotionale Einsichten und affektive Erfahrungen. Ziele: Einsichten in Konfliktthemen, Zentrierung auf aktuelle Symptome, Modifizierung konflikthafter Selbst- und Objektrepräsentanzen und struktureller Vulnerabilitäten -> Symptomreduktion Modifizierte Analytische Psychotherapie Stundenumfang: 240h bis max. 300h Frequenz: üblicherweise eher 2h pro Woche Techniken: Sitzsetting, deutende Bearbeitung der Übertragungsbeziehung Wirkungen: Emotionale Einsichten und affektive Erfahrungen. Ziele: Einsichten in Konfliktthemen, Zentrierung auf aktuelle Symptome, Modifizierung konflikthafter Selbst- und Objektrepräsentanzen und struktureller Vulnerabilitäten -> Symptomreduktion Psychoanalyse als Methode der Persönlichkeitsentwicklung Stundenumfang: Unbegrenzte Stundenzahl Frequenz: 4 oder mehr Wochenstunden Techniken: Übertragungsdeutung, offener Prozess, Tendenzlosigkeit Ziel: Aufdeckung unbewusster Dynamiken Ziel: Veränderung der Gesamtpersönlichkeit M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 122 Psychoanalytische Psychotherapien Kurzzeittherapien Langzeittherapien Tiefenpsychologisch Psychodynamische Psychoanalytische Psychoanalytische fundierte Kurzzeittherapie Fokaltherapie Langzeittherapie Langzeittherapie Modifizierte Klassische Psychoanalytische Psychoanalytische Therapie Therapie M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 123 Tiefenpsychologisch fundierte Langzeittherapie Sammelbegriff für viele Ansätze, die aus der Analyse abgeleitet wurden International nur unter dem Begriff „psychodynamic psychotherapy“ bekannt Tiefenpsychologisch fundierte Langzeittherapie Stundenumfang: 60h – max. 100h Frequenz: 1h bis 2h pro Woche Techniken: Sitzsetting, deutende Bearbeitung der Übertragungsbeziehung, regressive Prozesse werden nicht explizit gefördert, Übertragungsbeziehung und Deutung spielen aber eine Rolle Wirkungen: Emotionale Einsichten und affektive Erfahrungen in Bezug auf Determinanten der aktuellen Symptome Ziele: Einsichten in Konfliktthemen, Modifizierung struktureller Vulnerabilitäten, Zentrierung auf aktuelle Symptome -> Symptomreduktion Ziel: Veränderung eines komplexen Konflikt- oder Strukturfokus unter Berücksichtigung der Gesamtpersönlichkeit M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 124 Psychoanalytische Psychotherapien Kurzzeittherapien Langzeittherapien Tiefenpsychologisch Psychodynamische Psychoanalytische Psychoanalytische fundierte Kurzzeittherapie Fokaltherapie Langzeittherapie Langzeittherapie Modifizierte Klassische Psychoanalytische Psychoanalytische Therapie Therapie M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 125 Psychoanalytische Kurzzeit und Fokaltherapie Ausformulierte Kurzzeit- oder fokaltherapeutische Konzepte stammen von z.B. Balint, Mann, Malan, Klüwer, Lachauer Psychoanalytische Fokaltherapie Stundenumfang: bis zu 24h Frequenz: üblicherweise 1h pro Woche Techniken: Formulierung eines psychodynamischen Fokus mit Pat., der Hypothesen zu Symptomhintergründen enthält. Anschließende Bearbeitung dieses Fokus. Wirkungen: Klärung Zusammenhang von Symptomen und (alter) innerer Konfliktsituation. I Ziele: Klärung Zusammenhang inklusive des Erlebens der bisher unintegrierten „alten“ Affekte, die nun ins erwachsene Ich integrieren -> Symptomreduktion Ziel: Veränderung eines eng umfassten psychodynamischen Fokus M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 126 Psychoanalytische Psychotherapien – Wann wird was gewählt? Kurzzeittherapien Langzeittherapien Tiefenpsychologisch Psychodynamische Psychoanalytische Psychoanalytische fundierte Kurzzeittherapie Fokaltherapie Langzeittherapie Langzeittherapie Modifizierte Klassische Psychoanalytische Psychoanalytische Therapie Therapie M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 127 Differenzialindikation 1. Psychoanalytische Therapie Indiziert bei starken und geschichtlich verankerten störungsrelevanten Dispositionen in der Gesamtpersönlichkeit 1a. Klassische Psychoanalytische Therapie Bei sehr rigiden, persönlichkeitsbildenden Abwehrstrukturen, da sehr regressionsfördernd 1b. Modifizierte Psychoanalytische Therapie Bei höherem Ausmaß struktureller Einschränkungen, da sonst Gefahr maligner Regression 2. Tiefenpsychologisch fundierte Therapie Bei Pat. mit umschriebener Konfliktdynamik, die zu komplex für Fokaltherapie ist, die aber keine regressiven Prozesse benötigt Bei Pat. mit struktureller Beeinträchtigung mit notwendiger Begrenzung regressiver Prozesse. Fokusformulierung hier möglich, aber komplexer 3. Psychodynamische Fokaltherapie (Kurzzeittherapie) Bearbeitung eines konkreten psychodynamischen oder strukturellen Fokus, meist Kernkonflikt. Bearbeitung des Fokus alleine hat gute Prognose für Symptomreduktion. Wie stark unterscheiden sich die Ansätze tatsächlich? M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 129 M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 130 Unterschied analytischer Psychotherapien – Ergebnisse der Studie 1 Item 1 Förderung der Regression 2 Arbeit an der Übertragung Items stammen ursprünglich aus der Göttinger Psychoanalyse-Studie 3 Arbeit in der Übertragung (Leichsenring et al. 2005). 4 Arbeit am Widerstand 5 Arbeit an Außenobjekten 6 Förderung des Arbeitsbündnisses 7 Konfrontieren Kasseler Studie: 8 Klären TherapeutInnen sollten an eine 9 Deuten besonders gute Phase einer beliebigen ihrer Therapien denken. 10 Zentrierung auf einen Fokus 11 selektive Mitteilung der Gegenübertragung Und dann angeben, welche der 12 Affektklarifizierung Techniken sie wie oft (1 bis 5) in 13 Ermutigungen dieser Phase angewendet haben. 14 Ratschläge 15 als Therapeut aktiv M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 131 Unterschied analytischer Psychotherapien – Ergebnisse der Studie 1 „Klassisch“ analytische Klärende Techniken Aktiv-supportive Techniken Techniken Förderung der Regression Konfrontieren Förderung des Arbeit an der Übertragung Klären Arbeitsbündnisses Arbeit in der Übertragung Affektklarifizierung Zentrierung auf Fokus Arbeit am Widerstand Als Therapeut*in aktiv Deuten Arbeit an Außenobjekten Selektives Mitteilen der Gegenübertragung Ermutigungen Ratschläge M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 132 Unterschied analytischer Psychotherapien – Ergebnisse der Studie 2 Online-Studie: DPG-Praxisstudie: Technik in „besonders guter Therapiephase“ Technik „im letzten Jahr“ einer beliebig ausgewählten Therapie der Studientherapie Henkel, Zimmermann, & Benecke (2018) Henkel et al. (2020) APC = Couchsetting APF = AP face-to-face TP = Tiefenpsychologisch KZT = Kurzzeittherapie M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 133 Unterschied analytischer Psychotherapien – Fazit Die unterschiedlichen psychodynamischen Behandlungsformen unterscheiden sich im Setting, aber nur eher wenig in den verwendeten Behandlungstechniken. Alle Techniken kommen in allen Behandlungsformen vor Je länger die Behandlung, desto inaktiver die Therapeutin und tiefergreifend die Technik Individuelle („personalisierte“) Haltung-Setting-Technik-Kombination. APC, APF, TfP und KZT sind natürlich nicht gleich, aber die Unterschiede begründen keine separaten Verfahren! M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 134 Videobeispiel Analytische Psychotherapie M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 135 Videobeispiel Analytische Psychotherapie Manualisierte Psychoanalytische Therapien M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 137 Manualisierte Psychoanalytische Psychotherapie Buchreihe Psychodynamische Manuale M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 138 Strukturbezogene Psychotherapie nach Gerd Rudolf Für Behandlung von Pat. mit strukturellen Beeinträchtigungen folgend dem Strukturkonzept der OPD Strukturelle Thematik soll nicht in die Übertragung einbezogen und dort gedeutet werden, sondern als Drittes gemeinsam untersucht und bearbeitet werden (Rudolf, 2004, S.149) Gerd Rudolf, geb. 1939 Techniken stützend und spiegelnd Haltung: Strukturelle Einschränkungen werden zunächst als gegeben akzeptiert Ziel: Förderung Selbstreflexion und Vorgang Selbststeuerung und Handlungskompetenz im interpersonellen Bereich M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 139 Strukturbezogene Psychotherapie nach Gerd Rudolf Techniken Anregungen zur psychischen Produktion des Pat. Klärende Fragen Einladung zur Selbstreflexion Gerd Rudolf, geb. 1939 Antwortende Mitteilungen der Therapeutin Spiegelnde Äußerungen Strukturierende Interventionen Aufzeigende und hypothesengeleitete Interventionen Interventionen des Therapeuten als Chronist für die Erfahrungen der Pat. M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 140 Strukturbezogene Psychotherapie nach Gerd Rudolf Beispiele der Technik Affektdifferenzierung Durch spiegelnde Interventionen mitteilen, welche Affekte des Pat. er wahrnimmt, die vom Pat. mitgeteilten Affekte werden dann mit den berichteten Affekten anderer Menschen abgeglichen Gerd Rudolf, geb. 1939 Affektregulierung An Stelle der ich-dystonen Affekte (es packt mich) tritt Eigenverantwortung (ich habe es, ich tue es). Ziel ist das Steuern und Eingrenzen von Affekten im sozialverträglichen Sinne, Aushaltenkönnen von Unlustaffekten und Frustration. Emotionale Kommunikation nach Innen Therapeutische Interventionen sollen affektiv belegen, zur Begegnung mit Emotionalität ermutigen und die dadurch ausgelösten Beunruhigungen aushaltbar machen M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 141 Übertragungsfokussierte Psychotherapie nach Otto Kernberg Von Clarkin et al. (2001) in manualisierter Form beschrieben Zielgruppe: TFP wurde speziell für Patienten mit Borderline- Persönlichkeitsstörung entwickelt, die unter Identitätsdiffusion, primitiven Abwehrmechanismen (z. B. Spaltung, projektive Otto Kernberg, geb. 1928 Identifizierung) und instabiler Realitätsprüfung leiden. Rigide und eindimensionale Repräsentanzen von Selbst und Anderen sowie intensiven Affekten, wobei die einzelnen Dyaden voneinander abgespalten sind und die Dyaden jeweils abgewehrt werden -> schnell und stark wechselnde Gegenübertragungsreaktionen Ziel: Integration der abgespaltenen Selbst- und Objektrepräsentanzen in ausgewogenere, reifere und flexiblere Vorstellungen von sich selbst und den anderen. M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 142 Übertragungsfokussierte Psychotherapie nach Otto Kernberg Techniken Fokus auf Übertragung, weil innere Welt der Objektbeziehungen und Abwehr sich in der Übertragung manifestiert. Fragen: „Warum sagt der Pat. mir das gerade jetzt? Wie sieht mich der Pat.? Wie behandelt mich der Pat.? Was macht der Pat. mit mir? Otto Kernberg, geb. 1928 Fokus auf Rahmenvereinbarung, d.h. Therapievertrag Verantwortlichkeit des Pat., Verantwortlichkeit der Therapeutin Strategie Definieren und Erleben der dominanten Objektbeziehungen, Beobachten und Deuten der Rollenwechsel des Pat., Beobachten und Deuten der Zusammenhänge zwischen sich gegenseitig abwehrenden Objektbeziehungsdyaden, Integrieren der abgespaltenen Teilobjekte Interventionen Klären: jede unklare Information zu untersuchen und zu erklären Konfrontation: Bewusstmachung widersprüchlicher Anteile seiner Mitteilungen Deutung: Verbinden des bewussten Materials des Pat. mit vermutetem unbewusstem Material, dem ein Einfluss zugeschrieben wird. M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 143 Übertragungsfokussierte Psychotherapie nach Otto Kernberg Beispiel für Klärung – Konfrontation – Deutung: Therapeut: „Ich habe den Eindruck, Sie sind heute sehr verschlossen.“ Patient: – schweigt. Therapeut: „Könnte das etwas damit zu tun haben, dass die letzte Sitzung ausfiel.“ Patient: „Ist doch eh alles ’n Scheiß hier! Aber Sie haben sich wahrscheinlich ’nen Otto Kernberg, geb. 1928 schönen Tag gemacht. Und ich konnt sehen, wo ich bleib.“ Therapeut: „Letzte Woche haben Sie mir noch versichert, wie wichtig Ihnen unsere Sitzungen sind. Heute beschimpfen Sie mich, ich würde Sie absichtlich hängen lassen. Wie passt das zusammen?“ Patient: „Ja, ist doch so! Alle interessieren sich doch nur für sich selbst. (murmelnd:) Alles egoistische Schweine.“ Therapeut: „Ich kann verstehen, dass Sie enttäuscht und verärgert sind über die kurzfristig ausgefallene Stunde. Und im Moment ist es einfacher für Sie, mich als ein egoistisches Schwein zu erleben, als die Enttäuschung und auch Angst zu spüren, die vielleicht mit dem Gefühl verbunden ist, die Therapie oder mich zu brauchen.“ Patient: „hm.“ Therapeut: „Es ist schwer erträglich für Sie, unsere Beziehung einerseits als etwas zu empfinden, was Ihnen wichtig ist, und gleichzeitig zu erleben, dass ich manchmal nicht für Sie da bin.“ M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 144 Mentalisierungsbasierte Psychotherapie (MBT) nach Peter Fonagy Entwickelt für die Behandlung von Borderline- Persönlichkeitsstörungen Mentalisierung als zentrales Konzept Peter Fonagy, geb. 1952 Fähigkeit, sich selbst und andere als von innerpsychischen Prozessen, Gefühlen und Intentionen geleitet wahrnehmen und verstehen zu können. Massive Störungen in der Entwicklung der Mentalisierungsfähigkeit werden mit desorganisierter Bindung und Traumatisierungen in Verbindung gebracht Fehlentwicklungen der Mentalisierung Hemmung, um Erfahrung von intentionaler Bösartigkeit abzuwenden Früher exzessiver Stress kann die Aktivität des orbitofrontalen Kortex hemmen Traumatische Situationen – Aktivierung Bindungssystem – Identifikation mit dem Aggressor M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 145 Mentalisierungsbasierte Psychotherapie (MBT) nach Peter Fonagy Techniken Erregungsniveau des Pat. beachten Bei hoher Erregung keine komplexen Interventionen, das verwirrt, setzt die Mentalisierung weiter herab und führt zu Agieren Peter Fonagy, geb. 1952 Empathische Validierung Mentalisierung beim Pat. anregen, nicht selbst Eindrücke mitteilen - Pseudomentalisierung Unterstützende Bemerkungen, vorsichtiges Explorieren oder Klären des Problems – Fördern der Mentalisierungsfähigkeit Authentische aber empathische und validierende Rückmeldung M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 146 Mentalisierungsbasierte Psychotherapie (MBT) nach Peter Fonagy Beispiele Gemeinsame Mentalisierung -> Authentizität auch in Bezug auf eigene Gefühle (Achtung: Grenzverletzung) Peter Fonagy, geb. 1952 Wichtig besonders dann, wenn Pat. Gefühle des Th. richtig mentalisieren „Sie langweilen sich mit mir, nicht wahr?“ Empathische Validierung und richtige Mitteilung plus Neugierde: „Jetzt, da Sie das sagen, habe ich mich tatsächlich gerade ein wenig gelangweilt und bin mir nicht sicher, woher das kommt. Hat es mit dem zu tun, worüber Sie gerade geredet haben oder wie Sie es sagen, oder hat es mehr mit mir und meiner augenblicklichen Verfassung zu tun? Wissen Sie, ich bin mir da gar nicht so sicher.“ Auch wenn er sich nicht langweilt, sollte der Therapeut dies mitteilen und eine Exploration anregen, z. B. so: „Soweit ich mir bewusst bin, habe ich mich gerade nicht gelangweilt, ich habe sogar versucht, zu begreifen, was Sie meinten. Ich war etwas verwirrt. Aber jetzt bin ich fasziniert davon, dass wir beide diesen Moment so unterschiedlich erleben.“ M4: Psychodynamische Modelle und Therapien | Institut für Psychologie | WS 24/25 | Seite 147 Gliederung der Vorlesung Sitzung Termin Thema 1. 04.11.2024 Organisation, Auffrischung Bachelorvorlesung 2. 11.11.2024 Psychodynamisches Störungsverständnis 3. 18.11.2024 Settings, Techniken, Manuale 4. 25.11.2024 Analytische Psychotherapie 5. 02.12.2024 Modelle und Psychotherapie der Depression 6. 09.12.2024 Modelle und Psychotherapie der Angststörungen 7. 16.12.2024 Modelle und Psychotherapie der Traumafolgestörungen Weihnachten 8. 13.01.2025 Modelle und Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen I 9. 20.01.2025 Modelle und Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen II 10. 27.01.2025 Psychodynamische Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen 11. 03.02.2025 Psychodynamische Gruppentherapien 12. 10.02.2025 Forschung zur Psychodynamischen Psychotherapie 13. 17.02.2025 Puffer 19.02.2025 Klausur I 15:30h – 16:30h E-Klausuren Center 16.04.2025 Klausur II 09:15h – 10:15h E-Klausuren Center Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!