Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? PDF
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This document discusses moral development in children and adolescents, focusing on how children understand and interact with rules. It covers Piaget's theories and examines the concept of social behavior in different stages of development. The text examines how children learn and respond to rules.
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3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen 3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen Textgrundlage: Piaget, J.: Das moralische Urteil beim K...
3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen 3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen Textgrundlage: Piaget, J.: Das moralische Urteil beim Kinde. Stuttgart 1983, S. 25-49 (Abschnitt III. Die Praxis der Regel). Ziele der Erziehung i.e.S. durch Schulgesetzgebung der Länder: z.B. Die Schule erzieht zur Achtung vor dem menschlichen Leben; die Schüler lernen ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach Grundsätzen der Gerechtigkeit zu gestalten; sie lernen ethisches Urteilen und Handeln. → Entwicklung moralischer Fähigkeiten als Entwicklungsaufgabe der Schule Verfügbarkeit der moralischen Kompetenzen als Voraussetzung für soziales Verhalten Diese Fähigkeiten = altersabhängig = generische (gattungsspezifische Kompetenzen) → entwickeln sich in Phasen / Stufen tiefes Verständnis und von Normen und Werten und entsprechendes Verhalten erst im höheren Alter möglich daher muss Wissen über Moralverhalten in Lehrerbildung intergriert sein → zu hohe Erwartungen vermeiden, Zielsetzungen altersgerecht anpassen Lehrpersonen sollten wissen, zu welchen Urteilen SuS in bestimmter Entwicklungsphase fähig sind und welche Schwierigkeiten sie haben Abweichendes Verhalten und fehlendes Verständnis ist normal 3.0 Zusammenfassung Der Begriff des sozialen Verhaltens o Soziales Verhalten bemisst sich am Vorhandensein von gesellschaftlichen Normen → Robinson Crusoe Beispiel (Aneignung fremden Eigentums) / Ampel-Beispiel (Verstoß gegen Verkehrsregeln) → es benötigt keinen Sozialpartner, um sich sozial zu verhalten bzw. sozialen Normen verhalten. o Wichtige Aspekte sind Regelwissen, Regelbeachtung (Angepasstheit) und Regelverständnis o die Fähigkeit Konflikte zu lösen, der Umgang mit Aggression und Gewalt sowie die Empathie für Täter und Opfer Lerntheorien → Wie kann soziales Verhalten gelernt werden? o Behaviorismus o Sozial-kognitive Theorie nach Banduras o Konstruktivismus Wie wurde die Entwicklung moralischer Kompetenzen (Regelwissen, Regelbeachtung und Regelverständnis) von Piaget untersucht? o Kinderbeobachtungen und -befragungen o Auswertung nach Inhalt und Struktur der Kinderantworten Der Begriff der Anpassung (Assimilation und Akkomodation) o Assimilation: jemand passt etwas an seine vorhandenen Fähigkeiten an (z.B. Zweckentfremdung Buch) o Akkomodation: Anpassung der Fähigkeiten an etwas Vorhandenes (?) 17 3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen Befunde zur Praxis des Murmelspiels o Akkomodation: Kugel greifen an der richtigen Stelle o ab 3: Nachahmung der Älteren (Assimilation) → kein tieferen Regelverständnis, Spiel ist nicht sozial / nur vorsozial, es entsteht kein Zusammenspiel → aber die Welt des Egozentrismus ist konfliktfrei o ab 7: Unterscheidung Gewinn und Verlust (nahezu pedantisch: „Du hast verloren!“ ) → substanzielles Verständnis → man kann das Zusammensein auf Basis der Regeln strukturieren Problem für die Grundschule: Öffentlichkeit 3.1 Wie kann soziales Verhalten gelernt werden? wichtige Aspekte des Sozialverhaltens: o die Anpassung an eine bestimmte gesellschaftliche Ordnung, o ein Bewusstsein der jeweils geltenden Normen und Werte und ihrer Geltungsgründe (Legitimationswissen), o Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln muss gering sein o Emotionen als wichtige Komponenten o kognitive Komponenten o die Fähigkeit Konflikte zu lösen, der Umgang mit Aggression und Gewalt sowie die Empathie (Einfühlung) in diejenigen, die sozial angepasstes oder abweichendes Verhalten zeigen bzw. erleben, einen Sieg errungen oder versagt o soziales Verhaltes bemisst sich an der Geltung von Regeln Die sozial-kognitive Lerntheorie A. Banduras (nicht prüfungsrelevant) geht in die Black Box rein, die für den Behaviorismus als unwichtig erachtet wird Lernen ist „eine informationsverarbeitende Aktivität, durch die Informationen über die Struktur von Verhaltensweisen und über Umweltereignisse in symbolische Repräsentationen, die als Wegweiser für Handlungen dienen, umgewandelt werden“ (Mietzel, 2007, S. 179). Lernen aus den Konsequenzen eigenen Verhaltens → Personen wissen, dass sie einen Verstärkung / Bestrafung erhalten werden und gewissen aus diesem Wissen einen Wegweiser für zukünftiges Handeln Lernen durch Beobachtung / Lernen am Modell (Vorbilder) → durch Beobachtung von Modellen weiß man, welche Kosequenzen auf eine Verhalten folgen (Modelle: natürliche Vorbilder (Eltern/Lehrer), symbolische Modelle (Cartoons, Zeichentrickfilme), sprachlich formulierte Anweisungen / Erfahrungen) Menschliche Reaktionen folgen nicht unmittelbar auf Reize, sondern sind an Prozesse der Informationsverarbeitung gebunden Prozesse betreffen eigene Erfahrungen mit Verhaltensweisen und Konsequenzen und deren Beobachtung und Interpretation bei anderen Beispiel: Gummipuppenexperiment (Kinder entgegnen Gummipuppe aggressives Verhalten, welches sie vorher beobachtete haben) 18 3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen Konstruktivismus (Piaget) (nicht prüfungsrelevant) Zwischen Umweltereignisse (Reize) und Verhalten (Reaktionen) treten als Vermittlungsglieder die kognitiven Repräsentationen der Außenwelt. Es handelt sich dabei um Systeme von Symbolen, Vorstellungen, Bedeutungen und Regeln. Diese Systeme entwickeln sich in Stufen (Kompetenzstufen, Intelligenz). Die Entwicklung ist einerseits abhängig von der Reifung (genetische Faktoren), andererseits von der aktiven Auseinandersetzung des Individuums mit den Anforderungen der jeweiligen Umwelt. Die aktive Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Umwelt ist abhängig von den altersspezifischen individuellen kognitiven Möglichkeiten. (Intelligenz) (Kognitive Begrenzungen z.B. durch Egozentrismus und Realismus des Denkens). 3.2 Piagets Untersuchungen zur Entwicklung des moralischen Urteils Moralische Urteile Moralische Urteile umfassen alle normativen Sätze, alle Äußerungen zur Geltung von Normen und alle Äußerungen, die die Anwendung solcher Normen auf bestimmte Fälle sozialen Verhaltens betreffen. Dies schließt Feststellungen über zulässiges (gutes) oder unzulässiges (böses) Verhalten sowie Aussagen über gerechte Bestrafungen und Aussagen über die gerechte Verteilung von Gütern, Rechten und Pflichten ein. Die Geltung moralischer Urteile (Legitimität) bemisst sich an höchsten sittlichen Werten (menschliches Leben, Freiheit, Gerechtigkeit) bzw. sittlichen Grundsätzen (z.B. Grundgesetz), Konventionen Beispiele für normative Sätze und Urteile: o Gesetze (könne wir wissen) ▪ Die Würde des Menschen ist unantastbar. ▪ Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. ▪ Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. o Konventionen (könne wir wissen) ▪ „Bei Tisch wird nicht geschmatzt.“ ▪ „Wer etwas sagen möchte, muss sich melden.“ ▪ „Der erste, der eine Sechs geworfen hat, darf anfangen.“ o Urteile (entwickelt und verändert sich, genau so , wie die Bereitschaft danach zu handeln) ▪ „Es war gerecht, dass die beiden Jungs nachsitzen mussten.“ ▪ „Heute darf ich zwei Stücke Kuchen haben, die anderen hatten gestern mehr.“ ▪ „Wir dürfen noch fernsehen; du musst schon ins Bett, weil du jünger bist.“ ▪ „Mit Felix spiele ich nicht mehr (zur Strafe), weil er gepetzt hat.“ ▪ „Frau Silbermann ist ungerecht, die nimmt immer die Gleichen dran.“ 19 3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen Was wird untersucht (bei Kindern von 0 – 14 Jahren)? Teil 1: o Das Wissen über geltende Normen und Werte o Die Beachtung geltender Normen und Werte o Die Gründe für die Geltung von Normen und Werten (Legitimationswissen, bei Trautner: „Regelverständnis“, S. 417) Teil 2 o Die Unterscheidung von „gut“ und „böse“ o Die Gründe für die Beurteilung eines Verhaltens als „gut“ oder „böse“. o Die Zuschreibung von Verantwortung (Schuld) für abweichendes Verhalten bzw. die Folgen abweichenden Verhaltens o Die Gründe für die Zuschreibung von Verantwortung (Schuld) o Die Vorstellung von einer gerechten Strafe o Die Vorstellung von einer gerechten Verteilung materieller und ideeller Güter (austeilende Gerechtigkeit) Untersuchungsmethoden - Beobachtungs- und Befragungsstudien → es gibt keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern Teil 1: Regelwissen, Regelbeachtung und Regelverständnis (Legitimationswissen) am Beispiel des Murmelspiels o Welche Regeln gibt es? (Regelwissen) o Wie wird tatsächlich gespielt (Regelbeachtung) o Wer hat die Regeln gemacht? o Wie wurde das Spiel früher gespielt? o Wie spielen die anderen Kinder? o Kann man die Regeln ändern? Teil 2: Verantwortung (Schuld), Strafe und Gerechtigkeit o Präsentation von Geschichten, die moralische Konflikte, gute oder verwerfliche Taten berichten o Erhebung von Urteilen zu Schuld, Strafe und Gerechtigkeit im nachfolgenden Interview → Erzählen von Geschichten, Wiederholung dieser durch die Kinder, Auswertung durch die Kinder Auswertungsverfahren Die Antworten der Probanden werden im Hinblick auf die Unterscheidung von Inhalt und Struktur (Begründungen) ausgewertet. Antwortbeispiel: „Das Kind, welches behauptet, es wäre im Auto gefahren, ist das schlimmere, weil es gar nicht im Auto war. Seine Lüge war größer als bei dem anderen, das gesagt hat, ihm tun die Füße weh und dass es nicht mehr laufen kann.“ Inhalt: „Das Kind, welches behauptet, es wäre im Auto gefahren, ist das schlimmere“ („Beurteilung einer Person“, Trautner, 1997, S. 415) → Beurteilung einer Person unter den Gesichtspunkten schlimm / schlimmer Struktur: „weil es gar nicht im Auto war. Seine Lüge war größer als bei dem anderen“ („zugrundeliegende Begründung“, ebd., S. 415) → Größe der Lüge ist das entscheidende Kriterium Begründungen verändern sich mit dem Alter → Begründungen als wesentlicher Gegenstand der Entwicklungsanalyse 20 3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen Die Befunde Piagets im Überblick Alter Regelpraxis = Regelverständnis Verantwortlichkeit Vergeltende Austeilende Regelbeachtung Gerechtigkeit (Strafe) Gerechtigkeit 1 Motorisch, ohne 2 Regeln - 3 Äußerliche 4 Nachahmung Heteronom Nach objektiven Sühnestrafen Gehorsam 5 (vorsozial) → Kriterien 6 Assimilation (Schadenshöhe) 7 Regelkonformes 8 Verhalten 9 (sozial) Nach subjektiven Ausgleichs- und Gleichheit 10 Kriterien (Absicht) Wiedergutmachungs- 11… Konstruktiver Autonom strafen Umgang mit Gleichheit Regeln Tadel und Billigkeit keine trennscharfe Altersabgrenzung in Spalten 3-6 → auch jüngere Kinder können bestimmte Fähigkeiten früher zeigen als andere es findet Entwicklung von Heteronomie zur Autonomie, von objektiver zu subjektiver Verantwortlichkeit, von Sühnestrafen zu Ausgleichs- und Wiedergutmachungsstrafen, von Gehorsam über Gleichheit zur Billigkeit statt Die Entwicklung moralischer Fähigkeiten (Trautner, 1997, S. 416) „Die Entwicklung beinhaltet das Durchlaufen einer universellen, gerichteten und irreversiblen … Abfolge qualitativ-struktureller Veränderungen des Denkens und Urteilens über moralische Probleme. Dies lässt sich adäquat nur als Aufeinanderfolge von Entwicklungsstufen des moralischen Urteils beschreiben.“ „Reifere moralische Urteile kommen durch die aktive Auseinandersetzung des Individuums mit den Anforderungen der Umwelt zustande.“ o aktive Auseinandersetzung im Unterschied zu passiv (= Konditionierung, Behaviorismus) o Probleme und Auseinandersetzungen zwischen Gleichaltrigen Die aktive Auseinandersetzung des Individuums mit den Anforderungen der Umwelt ist abhängig von kognitiven Möglichkeiten (Intelligenz). „Kognitive Begrenzungen (z.B. Egozentrismus und Realismus des Denkens) bzw. kognitive Entwicklungsfortschritte (z.B. Reversibilität des Denkens) bilden die Grundlage für die jeweils vorherrschende Art moralischer Urteile.“ o Begrenzungen werden erst mit 7/8 Jahren überwunden 21 3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen 3.3 Die Anwendung von Regeln (Regelpraxis) Das Murmelspiel Ziel des Spiels ist der Gewinn von Murmeln. Es gibt Murmeln unterschiedlichen Werts: Die Zementmurmel ist wertvoller als die kleinere „carron“ oder „mapis“ aus Ton. Murmeln verschiedenen Werts werden als Einlage von den Mitspielern in ein aufgezeichnetes Quadrat oder in ein ausgehobenes Loch gelegt. Die Spieler versuchen mit gezielten Würfen, die Murmeln aus dem Quadrat oder Loch zu schießen. Es sind nur bestimmte Wurfarten zulässig: piquette, nicht aber roulette. Wer anfangen darf, wird durch einen Auszählreim, ein Zielwerfen oder ein anderes Ritual ermittelt. Geworfen wird von einer Linie (coche). Bleibt die Murmel, mit der geworfen wird, im Quadrat oder Loch liegen, wird sie selbst zur Einlage. Zu hohe Einlagen können zurückgenommen werden, wenn nicht ein Gegenspieler „toumiké“ sagt. Gibt ein Spieler keine Revanche, dann darf er, wenn jemand „glaine“ sagt, von den anderen ausgeraubt werden. Befunde zur „Praxis der Regel“ Stufe 1 (bis 2 Jahre): Gespielt wird entsprechend den individuellen motorischen Gewohnheiten (rituelle, oft wiederholte Handlungen → jedoch keine Regeln!), ohne Bewusstsein irgendwelcher Regeln (Assimilation) o Assimilation: etwas aus meiner Umgebung passt sich an mich an o Motorischen Regelmäßigkeiten fehlt das Element sozialer Verpflichtung Stufe 2 (3-6 Jahre): Die Art des Spiels wird wesentlich durch die Nachahmung anderer (größerer Kinder) bestimmt, jedoch ohne dass es zu einem sozialen Zusammenspiel nach gemeinsamen Regeln kommt (Assimilation). o Kinder eignen sich Verhaltensweisen nur äußerlich an → Verständnis des Spielgeschehen ist rein äußerlich o Eigenes Tun kann noch nicht distanziert und mit einem tieferen Verständnis für die Spielregeln verknüpft werden (Egozentrismus) o Egozentrismus: Perspektive „Ich im Zentrum“ → Versteckspiel „Wenn ich dich nicht sehe, kannst du mich auch nicht sehen“ o Egozentrismus sehr ausgeprägt → Verwechslung der Perspektiven / Kind hält das was es selbst tut und macht für alle anderen verbindlich → Kind verliert nicht, meint, es gewinnt immer o gegen Belehrungen resistent o Fall von Assimilation liegt vor: Kinder spielen mit und dann wieder nicht, spielen etwas anderes mit den Murmeln und spielen wieder mit Stufe 3 (7-10 Jahre): Das Spiel wird im eigentlichen Sinne sozial, indem die Kinder bestrebt sind, nach gemeinsamen Regeln miteinander in Wettstreit zu treten (Akkomodation) und zu gewinnen. Anfänglich herrscht jedoch noch Unsicherheit hinsichtlich der allgemeinen Gültigkeit bzw. Änderbarkeit der Regeln o Auflösen des Egozentrismus → Akkomodation = man passt sich an seine Umwelt an. o Regeln gestalten das Zusammensein o Indikator für Erreichen von Stufe 3 = Fähigkeit zur Unterscheidung von Gewinnen und Verlieren 22 3 Moralische Praxis: Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen o Kinder kennen nur einen Bruchteil der Regeln und können auch mit eigenen Regeln ein eigenes Spiel aufbauen Stufe 4 (ab 11 Jahre): Die Kinder sind nun in der Lage, alle möglichen Fälle der sozialen Interaktion beim Spiel vorauszusehen und dafür Regeln festzulegen. Die Vereinbarung und Festlegung von (möglichst komplizierten) Regeln gewinnt einen Wert an sich. o Kinder könne mit verschiedenen Regelsystemen/Spielweisen umgehen und sich anpassen o Autonomie, Souveränität o Interesse an Zusammenspiel wird so dominant, dass Kinder Kompromisse eingehen 23 3 Mögliche Prüfungsfragen „Moralische Praxis: Wie gehen Kinde rund Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen“ 3 Mögliche Prüfungsfragen „Moralische Praxis: Wie gehen Kinde rund Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen“ Welche Moralischen Phänomene sind von Piaget untersucht worden? → 3 Lösungen Legitimationswissen Gewissen Werte Mitleid Begriff der Strafe Gerechtigkeitsgefühl Schuldgefühle Verantwortungsbewusstsein (?) Normen Wissen über geltende Normen (?) Sekundärtugenden aus anderen Klausurfragen: Regelbewusstsein (?) Praxis der Regel Schuld und Verantwortlichkeit Lügen/Petzen/Solidarität Vergeltung Strafe und Wiedergutmachung Gleichheit und Gerechtigkeit aus dem Skript: Teil 1: o Das Wissen über geltende Normen und Werte o Die Beachtung geltender Normen und Werte o Die Gründe für die Geltung von Normen und Werten (Legitimationswissen, bei Trautner: „Regelverständnis“, S. 417) Teil 2 o Die Unterscheidung von „gut“ und „böse“ o Die Gründe für die Beurteilung eines Verhaltens als „gut“ oder „böse“. o Die Zuschreibung von Verantwortung (Schuld) für abweichendes Verhalten bzw. die Folgen abweichenden Verhaltens o Die Gründe für die Zuschreibung von Verantwortung (Schuld) o Die Vorstellung von einer gerechten Strafe o Die Vorstellung von einer gerechten Verteilung materieller und ideeller Güter (austeilende Gerechtigkeit) Regelwissen, Regelbeachtung und Regelverständnis (Legitimationswissen) 24 3 Mögliche Prüfungsfragen „Moralische Praxis: Wie gehen Kinde rund Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen“ Piaget und Kohlberg unterscheiden in ihren Untersuchungen zur Entwicklung moralischer Kompetenz zwischen dem Inhalt und der Struktur moralischer Urteile. Geben Sie für die drei markierten Antworten die Chep in einem Interview mit Piaget zum Begriff der Lüge gibt an, ob es sich um strukturelle oder inhaltliche Aussagen handelt. Gespräch 1 o Piaget: Was ist eine Lüge? o Chep: Was nicht wahr ist! → Struktur (zugrundeliegende Begründung) ODER Inhalt, da keine Begründung vorliegt Gespräch 2 o Piaget: Rate wie alt ich bin. o Chep: 20 Jahre. o Piaget: Nein ich bin 30 Jahre. Ist das eine Lüge, was du gesagt hast? o Chep: Ich habe es nicht absichtlich gesagt. o Piaget: Ist es trotzdem eine Lüge oder nicht? o Chep: Trotzdem, weil ich nicht das Alter gesagt habe. o Piaget: War es eine Lüge? o Chep: Ja, weil ich nicht die Wahrheit gesagt habe. → Inhalt Beurteilung einer Person ODER Struktur, da etwas begründet wird Die Entwicklung moralischer Kompetenzen ist eine Abfolge von Phasen bzw. Stufen →3 Antworten gerichtet Sprunghaft Kulturspezifisch Schwankend Milieuspezifisch universell ungleichmäßig unumkehrbar gleichmäßig geschlechtsspezifisch Nennen Sie 2 Fragen zum Murmelspiel. Welche Regeln gibt es? (Regelwissen) Wie wird tatsächlich gespielt (Regelbeachtung) Wer hat die Regeln gemacht? Wie wurde das Spiel früher gespielt? Wie spielen die anderen Kinder? Kann man die Regeln ändern? Welche Aussagen zu Piagets Befunden zur Praxis der Regel treffen zu? Stufe 1 (bis 2 Jahre): Gespielt wird entsprechend den individuellen motorischen Gewohnheiten (rituelle, oft wiederholte Handlungen → jedoch keine Regeln!), ohne Bewusstsein irgendwelcher Regeln (Assimilation) o Assimilation: etwas aus meiner Umgebung passt sich an mich an o Motorischen Regelmäßigkeiten fehlt das Element sozialer Verpflichtung Stufe 2 (3-6 Jahre): Die Art des Spiels wird wesentlich durch die Nachahmung anderer (größerer Kinder) bestimmt, jedoch ohne dass es zu einem sozialen Zusammenspiel nach gemeinsamen Regeln kommt (Assimilation). 25 3 Mögliche Prüfungsfragen „Moralische Praxis: Wie gehen Kinde rund Jugendliche mit Regeln um? / Die Entwicklung moralischer Kompetenzen“ o Kinder eignen sich Verhaltensweisen nur äußerlich an → Verständnis des Spielgeschehen ist rein äußerlich o Eigenes Tun kann noch nicht distanziert und mit einem tieferen Verständnis für die Spielregeln verknüpft werden (Egozentrismus) o Egozentrismus: Perspektive „Ich im Zentrum“ → Versteckspiel „Wenn ich dich nicht sehe, kannst du mich auch nicht sehen“ o Egozentrismus sehr ausgeprägt → Verwechslung der Perspektiven / Kind hält das was es selbst tut und macht für alle anderen verbindlich → Kind verliert nicht, meint, es gewinnt immer o gegen Belehrungen resistent o Fall von Assimilation liegt vor: Kinder spielen mit und dann wieder nicht, spielen etwas anderes mit den Murmeln und spielen wieder mit Stufe 3 (7-10 Jahre): Das Spiel wird im eigentlichen Sinne sozial, indem die Kinder bestrebt sind, nach gemeinsamen Regeln miteinander in Wettstreit zu treten (Akkomodation) und zu gewinnen. Anfänglich herrscht jedoch noch Unsicherheit hinsichtlich der allgemeinen Gültigkeit bzw. Änderbarkeit der Regeln o Auflösen des Egozentrismus → Akkomodation = man passt sich an seine Umwelt an. o Regeln gestalten das Zusammensein o Indikator für Erreichen von Stufe 3 = Fähigkeit zur Unterscheidung von Gewinnen und Verlieren o Kinder kennen nur einen Bruchteil der Regeln und können auch mit eigenen Regeln ein eigenes Spiel aufbauen Stufe 4 (ab 11 Jahre): Die Kinder sind nun in der Lage, alle möglichen Fälle der sozialen Interaktion beim Spiel vorauszusehen und dafür Regeln festzulegen. Die Vereinbarung und Festlegung von (möglichst komplizierten) Regeln gewinnt einen Wert an sich. o Kinder könne mit verschiedenen Regelsystemen/Spielweisen umgehen und sich anpassen o Autonomie, Souveränität o Interesse an Zusammenspiel wird so dominant, dass Kinder Kompromisse eingehen Welche Folgenden Merkmale treffen auf Spielverhalten des egozentrischen Kindes zu? → 4 Lösungen Die Kinder spielen nicht nach Regeln Die Kinder spielen miteinander Die Kinder spielen nebeneinanderher Die Kinder einigen sich darauf wer gewonnen hat Die Kinder stören sich daran das andere gegen Regeln verstoßen Die Kinder spielen nach Regeln Die Kinder spielen, dass sie gewinnen Die Kinder spielen teilweise nach Regeln Die Kinder spielen nach phantasierten Regeln Die Gewinner stellen sich über die Verlierer Die Kinder fragen ältere, um zu wissen wer gewonnen hat Die Kinder führen neue Regeln ein Die Kinder führen keine neuen Regeln ein, weil man Regeln nicht ändern darf 26