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Diese Lernzettel-Datei enthält wichtige Informationen zur Psychologie, insbesondere zur Allgemeinen Psychologie (AP). Es werden Definitionen, Prinzipien der Erkenntnisgewinnung und psychophysische Gesetzmäßigkeiten erläutert.
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Lernzettel: Psychologie 1. Definition der Psychologie (PS): Psychologie (PS) ist die Wissenschaft, die sich mit den Formen und Gesetzmäßigkeiten des Erlebens und Verhaltens sowie deren Deutung beschäftigt. Es gab bisher keine einheitliche Definition der Psychologie, daher wurden verschiedene Ansätz...
Lernzettel: Psychologie 1. Definition der Psychologie (PS): Psychologie (PS) ist die Wissenschaft, die sich mit den Formen und Gesetzmäßigkeiten des Erlebens und Verhaltens sowie deren Deutung beschäftigt. Es gab bisher keine einheitliche Definition der Psychologie, daher wurden verschiedene Ansätze formuliert. Eine zentrale Unterscheidung ist die Teildisziplin der Allgemeinen Psychologie (AP). 2. Allgemeine Psychologie (AP): Die allgemeine Psychologie befasst sich mit den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des Erlebens und Verhaltens von Organismen, insbesondere des Menschen. Sie untersucht Ursachen und Wirkungen psychischen Geschehens und konzentriert sich auf generelle Prozesse und Mechanismen. Die Leitideen dieser Disziplin sind Funktionalismus, Universalismus und die Erklärung des kognitiven Systems des Menschen. 3. Angewandte Psychologie: Angewandte Psychologie bezieht sich auf die Anwendung psychologischer Erkenntnisse auf verschiedene Lebensbereiche. Dazu gehören: Verkehrspsychologie Ingenieurspsychologie Klinische Psychologie Arbeits- und Organisationspsychologie 4. Wahrnehmung und Entscheidungsprozesse: Wir nehmen Informationen wahr, verarbeiten diese und sortieren Unwichtiges aus, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Entscheidungen treffen wir häufig auf Basis von Assoziationen im Gehirn. 5. Erkenntnisproblem und Prinzipien der Erkenntnisgewinnung: Erkenntnisproblem: Was ist wahr? Um Aussagen zu überprüfen, müssen wir diese objektiv definieren. Prinzipien der Erkenntnisgewinnung: o Intuition: Unmittelbare Eingebung, schnell, aber risikobehaftet. o Autorität: Übernahme von Erkenntnissen von anerkannten Quellen, ebenfalls risikobehaftet. o Vernunft: Erkenntnisgewinnung durch logisch-formale Verfahren, wie Mathematik oder Logik, intersubjektiv überprüfbar. o Erfahrung: Beobachtungen und Experimente, intersubjektiv überprüfbar, jedoch unstrukturiert. 6. Korrelation und Kausalität: Korrelation: Ein linearer Zusammenhang oder Wechselwirkung zwischen zwei Variablen, z. B. Schulnoten und Intelligenz. Korrelation zeigt, dass zwei Dinge zusammenhängen, aber nicht, dass das eine das andere verursacht. Kausalität: Ein Ereignis (Ursache) beeinflusst ein anderes Ereignis (Wirkung). Wissenschaftler suchen nach Ursachen, um Phänomene zu erklären (z. B. warum sich Menschen in bestimmten Situationen so verhalten). 7. Experimentelle Methode: Ziel: Durch kontrollierte Experimente sollen Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen Variablen zuverlässig aufgedeckt werden. Kontrollgruppen: Dienen dazu, zu überprüfen, ob die beobachteten Veränderungen wirklich durch die unabhängige Variable (UV) und nicht durch andere Faktoren verursacht werden. Mehrfaktorielles Design: Erlaubt es, die Wirkung mehrerer unabhängiger Variablen (UV) zu untersuchen und Wechselwirkungen zu prüfen. Vorteile der experimentellen Methode: Hohe Kontrolle und Glaubwürdigkeit, da kausale Zusammenhänge nachgewiesen werden können. Nachteile: Ethnische und technische Einschränkungen, z. B. bei der Manipulation von Variablen, die nicht im Labor untersucht werden können. 8. Korrelationsmethode: Wenn es nicht möglich ist, unabhängige Variablen zu manipulieren (z. B. aufgrund ethischer oder praktischer Gründe), können statistische Korrelationsverfahren verwendet werden, um die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen zu messen. Prädiktor (Ausgangsvariable) und Kriterium (zweite Variable) sind die Variablen, zwischen denen der Zusammenhang untersucht wird. Korrelationen erlauben keine Aussagen über Kausalbeziehungen. 9. Grundlagen der Wahrnehmung: Distaler Reiz: Ein physikalisches Reizobjekt in der Außenwelt (z. B. Licht, Schall), das unabhängig vom Beobachter existiert. Proximaler Reiz: Die sensorische Abbildung des distalen Reizes, die durch die Sinnesorgane verarbeitet wird. Prozess der Wahrnehmung: 1. Der distale Reiz trifft auf die Rezeptoren der Sinnesorgane und wird in neuronale Signale (Reizempfindung) umgewandelt. 2. Diese Signale werden durch afferente Bahnen ins Gehirn geleitet und dort verarbeitet (Perzeption). 3. Kognitive Reize (z. B. Emotionen, Vorwissen) beeinflussen die Wahrnehmung und führen zu einer subjektiven Erfahrung. 10. Gesetz der spezifischen Sinnesenergie: Jedes Sinnesorgan reagiert nur auf bestimmte Reize und vermittelt spezifische Empfindungen (z. B. Sehen, Hören, Schmecken). Die Qualität der Empfindung hängt vom gereizten Organ ab, nicht vom Reiz selbst. Adäquater Reiz: Der Reiz, auf den ein Sinnesorgan besonders empfindlich reagiert. Inadäquater Reiz: Ein Reiz, der nicht dem üblichen Reiz für ein Sinnesorgan entspricht und nur mit hoher Energie eine Reaktion hervorruft (z. B. ein Schlag auf das Auge, der weiße Flecken verursacht). 11. Psychophysik: Psychophysik untersucht, wie physikalische Reize (distale Reize) in psychische Wahrnehmungen übersetzt werden. Ziel ist es, zu verstehen, wie auf den Körper einwirkende Reize in subjektive Erlebnisse und Handlungen transformiert werden. Was besagt das Webersche Gesetz? Das Webersche Gesetz beschreibt die Fähigkeit, Unterschiede zwischen zwei Reizen wahrzunehmen. Es besagt: Reizunterschied wahrnehmbar, wenn zwei Reize im konstanten Verhältnis zueinander stehen: o Formel: ∆𝑆 / 𝑆 = 𝑘 ▪ ∆S = Reizzuwachs (Delta = Veränderung). ▪ S = ursprüngliche Reizgröße. ▪ k = Weber-Konstante, variiert je nach Sinn und Eigenschaft des Reizes. Wichtige Merkmale: Linearer Zusammenhang: Der notwendige Reizzuwachs (∆S) hängt linear von der ursprünglichen Reizgröße (S) ab. o Der Bruch ∆S/S bleibt konstant. Interpretation der Weber-Konstante (k): o Kleinere k-Werte: Mensch ist empfindlicher für Unterschiede (feinere Wahrnehmung). o Größere k-Werte: Mensch ist unempfindlicher für Unterschiede. Empfindlichkeit und Störungen: Die Unterscheidungsfähigkeit des Menschen hängt von äußeren und inneren Störungen ab: o Exogene Störungen: Äußere Einflüsse, z. B. wechselnde Beleuchtung. o Endogene Störungen: Innere Einflüsse, z. B. Müdigkeit, Unkonzentriertheit. Berechnung: Die Weber-Konstante lässt sich als Bruch berechnen: k = Unterschiedsschwelle (∆S) / ursprüngliche Reizgröße (S). Sie dient als Maß für die Unterscheidungsfähigkeit bei bestimmten Sinneseigenschaften. 7) Was sind Absolut- und Unterschiedsschwelle? Absolutschwelle (AS): Definition: Die geringste Reizintensität, die wahrgenommen werden kann. Fragestellung: Wie intensiv muss ein Reiz sein, damit 50% der Probanden ihn wahrnehmen? Beispiel: Das leiseste Geräusch, das eine Person hören kann. Unterschiedsschwelle (US): Definition: Der minimale Unterschied zwischen zwei Reizen, der als Unterschied wahrgenommen wird. Fragestellung: Wie unterschiedlich müssen zwei Reize sein, damit 50% der Probanden den Unterschied bemerken? Beispiel: Unterschied in Gewicht, Lautstärke oder Helligkeit. 8) Was besagt das Fechnersche Gesetz? Das Fechnersche Gesetz beschreibt den Zusammenhang zwischen der subjektiven Empfindungsstärke (E) und der physikalischen Reizstärke (S). Es lautet: E = a * log(S) + b Erklärung: Empfindungsstärke wächst logarithmisch zur Reizintensität: o Bei linearem Zuwachs der Empfindungsstärke muss die physikalische Reizintensität exponentiell zunehmen. Je kleiner der Reiz, desto kleiner muss die Änderung sein, um als Unterschied wahrgenommen zu werden. o Beispiel: Bei schwachem Licht reicht eine kleine Änderung, um einen Unterschied zu bemerken, während bei hellem Licht größere Änderungen nötig sind. Unterschiede zum Weberschen Gesetz: Weber: Konzentriert sich nur auf Unterschiede zwischen Reizen. Fechner: Bezieht auch die subjektive Empfindung mit ein. Wichtige Begriffe: Logarithmus: Exponent, der angibt, wie oft die Basis potenziert werden muss, um die Reizintensität zu erreichen. 9) Verfahren zur Bestimmung von Wahrnehmungsschwellen 1. Konstanzverfahren: Vorgehen: Reize werden in zufälliger Reihenfolge präsentiert. Der Proband gibt an, ob er den Reiz wahrnimmt. Vorteil: Sehr genau. Nachteil: Zeitaufwendig. 2. Grenzverfahren: Vorgehen: Reizintensität wird schrittweise erhöht oder verringert, bis der Proband den Reiz wahrnimmt. Vorteil: Schnell. Nachteil: Weniger präzise. 3. Herstellungsverfahren: Vorgehen: Proband passt Reizintensität selbst an, bis ein Unterschied wahrnehmbar ist. Vorteil: Individuelle Anpassung. Nachteil: Subjektiv beeinflusst. 10) Signalentdeckungstheorie Die Signalentdeckungstheorie erklärt, wie Reize wahrgenommen und Entscheidungen getroffen werden. Grundlagen: Reaktionswahrscheinlichkeit: Hängt von der Aktivität der Nervenzellen ab (Zufallsverteilung). Motivation und Erwartungen: Beeinflussen die Wahrnehmung. o Beispiel: Wenn man ein Ereignis erwartet, meldet man es eher (Wunschdenken). Entscheidungsprozess: Proband legt ein inneres Kriterium fest: o Reiz > Kriterium: Reiz wird wahrgenommen. o Reiz < Kriterium: Reiz wird nicht wahrgenommen. o Das Kriterium ist abhängig von möglichen Gewinnen oder Verlusten. Ereignisse: 1. Treffer: Reiz ist vorhanden und wird wahrgenommen. 2. Falscher Alarm: Reiz ist nicht vorhanden, wird aber wahrgenommen. 3. Auslassung: Reiz ist vorhanden, wird aber nicht wahrgenommen. 4. Korrekte Ablehnung: Reiz ist nicht vorhanden und wird nicht wahrgenommen. Analyse: Die relative Häufigkeit von Treffern und Fehlalarmen ermöglicht die Berechnung der Sinnesempfindlichkeit, unabhängig von der Antwortneigung. 11) Was ist der Adaptionseffekt? Definition: Anpassung der Sinnesorgane an konstante Reize. Beispiel: Nach längerer Dunkelheit passt sich das Auge an, und die Sehfähigkeit verbessert sich. Aufbau und Funktion des Auges Das Auge ist ein komplexes System, das Lichtreize in elektrische Signale umwandelt und sie zur Verarbeitung an das Gehirn weiterleitet. Es besteht aus mehreren anatomischen und funktionellen Komponenten, die in drei Verarbeitungsprozesse unterteilt werden können: a) Dioptrischer Apparat Funktion: Der dioptrische Apparat bündelt und fokussiert das einfallende Licht durch die Pupille und erzeugt ein scharfes Bild der Außenwelt auf der Netzhaut (Retina). Bestandteile: o Cornea (Hornhaut): Die erste und wichtigste lichtbrechende Struktur. o Linse: Unterstützt die Fokussierung des Lichtes auf die Retina. Sie verändert ihre Form durch den Ziliarmuskel (Akkommodation): ▪ Nahakkommodation: Linse wird dicker und runder. ▪ Fernakkommodation: Linse wird flacher und dünner. o Glaskörper: Ein durchsichtiger, gelartiger Körper, der das Licht weiterleitet und stabilisiert. b) Pupille Funktion: Reguliert die Lichtmenge, die ins Auge gelangt, um eine Über- oder Unterbelichtung zu vermeiden. o Bei hoher Helligkeit: Pupille verengt sich (Miosis). o Bei geringer Helligkeit: Pupille erweitert sich (Mydriasis). c) Retina (Netzhaut) Die Retina ist der Bereich, auf dem das Bild abgebildet und verarbeitet wird. Sie besteht aus mehreren Schichten von Neuronen: o Lichtsinneszellen: Stäbchen und Zapfen. o Interneuronen: Horizontal-, Bipolar-, und Amakrinzellen. o Ganglienzellen: Über den Sehnerv (Nervus opticus) übertragen sie die verarbeiteten Signale zum Gehirn. 2) Stäbchen und Zapfen – Rezeptoren der Retina Die Retina enthält zwei Arten von Fotorezeptoren, die sich in Funktion, Verteilung und Empfindlichkeit unterscheiden: Eigenschaft Stäbchen (Hell-Dunkel-Sehen) Zapfen (Farbsehen) Funktion Dämmerungssehen Farbsehen Funktionieren nur bei Sensitivität Sehr empfindlich bei schwachem Licht ausreichender Helligkeit Wahrnehmung von Farben (Rot-, Farberkennung Keine (Schwarz-Weiß-Sehen) Grün- und Blauzapfen) Anzahl im Auge Ca. 120 Mio. Ca. 6 Mio. Verteilung auf der Fovea centralis (Bereich des Retinaperipherie Retina schärfsten Sehens) Hohe Konvergenz (120 Stäbchen pro Niedrige Konvergenz (1:1 Verschaltung auf Ganglienzelle) – erhöht Empfindlichkeit, Verschaltung in Fovea) – sorgt für Ganglienzellen reduziert Sehschärfe hohe Sehschärfe Zuständig für Dunkeladaption und Zuständig für Farbempfindung bei Adaptionsfähigkeit Kohlrausch-Knick Helligkeit Besonderheiten: Blinder Fleck: Bereich, an dem der Sehnerv das Auge verlässt und keine Fotorezeptoren vorhanden sind. Unser Gehirn kompensiert diesen Bereich. Kohlrausch-Knick: Beim Übergang von photopischem (Zapfen) zu skotopischem (Stäbchen) Sehen entsteht ein Knick in der Adaptationskurve. 3) Transduktion und neuronale Verarbeitung Die visuelle Wahrnehmung umfasst zwei Hauptprozesse: a) Transduktion Licht wird durch Fotorezeptoren in elektrische Signale umgewandelt: o Sehpigmente: Lichtempfindliche Moleküle in Stäbchen und Zapfen (z. B. Rhodopsin bei Stäbchen). o Ablauf: ▪ Licht trifft auf das Pigment (z. B. Rhodopsin). ▪ Das Pigment zerfällt in Opsin und Retinal, was zu einer molekularen Strukturänderung führt. ▪ Dieser Zerfall löst ein Rezeptorpotenzial aus, das proportional zur Lichtintensität ist. b) Neuronale Verarbeitung in der Retina Die Retina enthält verschiedene Schichten von Neuronen, die die Signale weiterleiten und verarbeiten: o Horizontalzellen: Verarbeiten Kontraste und Helligkeitsunterschiede. o Bipolarzellen: Übertragen Signale von Fotorezeptoren zu Ganglienzellen. o Ganglienzellen: Ihre Axone bilden den Sehnerv, der die Signale zum Gehirn leitet. 4) Verarbeitung im Gehirn Die elektrische Information gelangt vom Auge zum Gehirn, wo sie interpretiert wird: a) Sehbahn und Verschaltung Die Signale der beiden Augen werden im Gehirn gekreuzt: o Chiasma opticum: Hier kreuzen sich die Fasern des Sehnervs, sodass Informationen des rechten Gesichtsfeldes in die linke Gehirnhälfte und umgekehrt gelangen. o Corpus geniculatum laterale (CGL): Umschaltstation im Thalamus. o Primäre Sehrinde (V1): Retinotop organisiert, d. h., benachbarte Bereiche der Retina projizieren auf benachbarte Areale im Cortex. b) Verarbeitungsschritte im Cortex Frühe Verarbeitung: Im primären visuellen Cortex (V1) werden einfache Reize wie Linien, Kanten und Orientierung erkannt. Höhere Verarbeitung: In spezialisierten Arealen (z. B. V4 für Farben, MT für Bewegungen) werden komplexere Informationen interpretiert. c) Retinotope Organisation Die Fovea centralis hat eine größere Repräsentation im visuellen Cortex, da sie für das scharfe Sehen verantwortlich ist. 5) Farbwahrnehmung und Farbtheorien a) Trichromatische Theorie Es gibt drei Typen von Zapfen, die jeweils auf unterschiedliche Wellenlängen empfindlich reagieren: o Rot-Zapfen (langwelliges Licht). o Grün-Zapfen (mittelwelliges Licht). o Blau-Zapfen (kurzwelliges Licht). Mischungen der Signale ergeben die Wahrnehmung verschiedener Farben. b) Gegenfarbentheorie Ganglienzellen kombinieren die Signale der Zapfen in antagonistischen Paaren: o Rot-Grün., Blau-Gelb., Schwarz-Weiß. Diese Theorie erklärt Phänomene wie Nachbilder. 6) Adaptationseffekte Die visuelle Wahrnehmung passt sich an wechselnde Lichtbedingungen an: o Dunkeladaption: Erhöhte Empfindlichkeit der Stäbchen bei schwachem Licht. o Helligkeitsadaption: Anpassung der Zapfen an starke Beleuchtung. Der Adaptionseffekt sorgt dafür, dass wir uns sowohl an plötzliche Dunkelheit als auch an blendendes Licht anpassen können. Laterale Hemmung Laterale Hemmung bezeichnet den Prozess, bei dem benachbarte Nervenzellen in ihrer Aktivität gegenseitig gehemmt werden. Funktion: o Verantwortlich für Kontrastverschärfung. o Verstärkung von Konturen und Abgrenzung von Flächen. o Grundlage für die Wahrnehmung von Formen und die Identifikation von Kanten und Grenzen von Objekten. Phänomene der lateralen Hemmung 1. Machsche Bänder: o Helle Flächen erscheinen an der Grenze zu dunkleren Flächen noch heller (helleres Band). o Dunklere Flächen wirken an der Grenze zu helleren noch dunkler (dunkleres Band). o Diese subjektiv wahrgenommenen Streifen nennt man Machsche Bänder. 2. Hermann-Gitter-Illusion: o Kreuzungspunkte weißer Streifen erscheinen dunkler als die übrigen Bereiche. o Tritt nur im peripheren Gesichtsfeld auf und verschwindet bei längerem Anstarren. o Erklärt durch verstärkte Hemmung an den Kreuzungspunkten durch laterale Hemmung. Mechanismus der lateralen Hemmung Verbindung der Rezeptorzellen: o Rezeptorzellen sind linear über Zwischenneurone mit nächsthöheren Ganglien verbunden. o Gleichzeitig bestehen divergierende (= auseinanderstrebende) hemmende Verbindungen über Interneurone zu benachbarten Neuronen. Ergebnis: o Die Verteilung der Reizstärke wird in der nächsten Ganglienschicht „versteilt“, wodurch der Kontrast verstärkt wird. 2. Simultankontrast Definition Beschreibt die Wechselwirkung zwischen nebeneinanderliegenden Farbflächen. Farben erscheinen je nach Hintergrund heller oder dunkler. Beispiele und Mechanismus 1. Grauer Kasten auf verschiedenen Hintergründen: o Auf dunklem Hintergrund wirkt der graue Kasten heller. o Auf hellem Hintergrund erscheint derselbe graue Kasten dunkler. 2. Erklärung: o Entsteht durch laterale Hemmung auf höherer Ebene. o Die Helligkeitswahrnehmung ist relativ und wird durch die Umgebung beeinflusst. 3. Farbwahrnehmung Reizgrundlage Farbwahrnehmung basiert auf der Wellenlänge des Lichts: o Kurz (450–500 nm, Blau). o Mittel (500–570 nm, Grün/Gelb). o Lang (650–780 nm, Rot). Farbräume: Farben lassen sich anhand von Farbton, Helligkeit und Sättigung in einem Farbraum darstellen (Farbspindel). Weißsehen: Alle Wellenlängen wirken gleichzeitig und mit gleicher Intensität auf uns ein. Farbadaption: Hängt von Umgebung ab. Adaption kann für jedes Auge unterschiedlich erfolgen. Physikalische und subjektive Aspekte Farben sind eine subjektiv-psychische Qualität, die durch Lichtwellen hervorgerufen wird. Reflexionsgrad von Oberflächen bestimmt die wahrgenommene Farbe (z. B. reflektiert eine Tomate langwelliges Licht und erscheint rot). 4. Farbcodierung in Rezeptoren 1. Dreifarbentheorie (Young-Helmholtz): o Drei Zapfentypen reagieren auf unterschiedliche Wellenlängen (K = kurz, M = mittel, L = lang). o Farbempfindungen entstehen durch das Verhältnis der Aktivität der drei Rezeptortypen. 2. Opponententheorie (Hering): o Neuronen reagieren antagonistisch auf Farbenpaare (z. B. Rot-Grün, Blau-Gelb). o Dies erklärt Kontrasteffekte wie Nachbilder. Kontrastphänomene Nachbilder: Fixiert man eine farbige Fläche, erscheint die neutrale Fläche in der Komplementärfarbe. Simultankontrast: Die Grundfarbe beeinflusst ihre Gegenfarbe auf aufgebrachten Farbflächen. 5. Größenwahrnehmung Abhängig von: o Der Größe des Netzhautbildes. o Wahrgenommener Entfernung des Objekts (Hinweisreize wie Perspektive oder Bewegung). Emmertsches Gesetz: Nachbilder erscheinen größer, wenn sie auf eine weiter entfernte Fläche projiziert werden. Größenkonstanz: o Retinale Größe nimmt ab, wenn das Objekt weiter entfernt ist, jedoch bleibt die wahrgenommene Größe konstant. 6. Täuschungen in der Größenwahrnehmung Müller-Lyer-Täuschung Stumpfe Winkel erscheinen weiter entfernt und damit größer. Spitze Winkel wirken näher und damit kleiner. Kulturelle Unterschiede aufgrund unterschiedlicher Erfahrungswelten (z. B. rechteckige Architektur). Ponzo-Täuschung Zwei gleich lange Balken, die auf konvergierenden Linien liegen, erscheinen unterschiedlich groß. Tiefeninformationen aktivieren die Größen-Distanz-Invarianz, wodurch der obere Balken länger wirkt. 7. Hinweisreize für Tiefenwahrnehmung Monokulare Hinweisreize: 1. Linearperspektive: Parallel verlaufende Linien konvergieren im Bild. 2. Relative Größe: Kleinere Objekte werden als weiter entfernt wahrgenommen. 3. Verdeckung: Überdeckte Objekte wirken weiter entfernt. 4. Texturgradient: Strukturen wirken dichter bei größerer Entfernung. Binokulare Hinweisreize: 1. Querdisparation: Abweichung der Netzhautbilder beider Augen. 2. Konvergenz: Augen bewegen sich stärker einwärts bei nahen Objekten. Grundidee der Gestaltspsychologie: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“ Gestaltgesetze: 1. Gesetz der Nähe: Nahe beieinanderliegende Elemente werden gruppiert. 2. Gesetz der Ähnlichkeit: Ähnliche Objekte werden als zusammengehörig wahrgenommen. 3. Gesetz der Geschlossenheit: Unvollständige Figuren werden als geschlossen wahrgenommen. 4. Gesetz der Kontinuität: Linien werden als zusammenhängend wahrgenommen. 9. Objekterkennung nach Treismann Stufenmodell der Objekterkennung: 1. Stufe 1: Identifikation von Elementarmerkmalen (z. B. Farbe, Form). 2. Stufe 2: Aufmerksamkeit verbindet Merkmale zu einem Objekt. 3. Stufe 3: Das Objekt wird wahrgenommen. 4. Stufe 4: Abgleich mit Gedächtnisrepräsentationen (Top-Down-Prozesse). 5. Stufe 5: Objekt wird erkannt, wenn eine Übereinstimmung besteht. Lernzettel: Bewegungswahrnehmung und Reafferenzprinzip 1. Grundlage der Bewegungswahrnehmung Zeitlich versetzte Reize: Bewegungswahrnehmung basiert auf der Verarbeitung von zwei Reizen, die zeitlich versetzt auftreten. Diese Reize werden als Bewegung wahrgenommen, wobei die Art der Bewegung von der zeitlichen Abfolge und dem räumlichen Abstand der Lichtpunkte abhängt. Scheinbewegung: Man sieht Bewegung nicht nur dann, wenn sich das Abbild eines Objekts über die Retina bewegt und nacheinander verschiedene Rezeptoren erregt werden, sondern auch, wenn einzelne Lichtpunkte zeitlich und räumlich versetzt auf die Retina projiziert werden. Dies führt zu der Wahrnehmung einer Scheinbewegung. Bewegungswahrnehmung bei Objektverlagerung: Wenn ein Objekt an einer anderen Stelle der Retina erscheint, entsteht der Eindruck, dass sich das Bild bewegt. Phi-Phänomen: Wenn der zeitliche Abstand zwischen den Lichtpunkten größer wird und die Entfernung zwischen ihnen zunimmt, wird es weniger als Bewegung interpretiert. Dieses Phänomen erklärt, wie wir die Bewegung aufgrund von Abständen und Zeitabständen rekonstruieren. Bewegungserkennung bei Objektverlagerung: Die Position von Objekten auf der Retina verändert sich. Der „Sprung“ muss jedoch schnell genug und nicht zu weit entfernt sein, damit wir die Bewegung plausibel als solche wahrnehmen. 2. Bewegungsheuristiken Probleme der Bewegungswahrnehmung: Wenn sich ein Mensch oder ein Objekt von A nach B bewegt, verändert sich nicht nur der Standpunkt, sondern auch das Aussehen des Objekts. Diese Veränderung muss berücksichtigt werden, damit wir Bewegungen korrekt wahrnehmen können. Gestaltgesetze: Sie helfen uns, die Bewegung zu interpretieren und zu verstehen, wie sich Objekte während ihrer Bewegung verändern, z.B. wie ein Mensch beim Laufen aussieht. 3. Problem der Augenbewegungen Veränderung der Position auf der Retina: Wenn wir unser Auge bewegen, verändert sich die Position von Objekten auf der Retina. Nach jeder Augenbewegung erscheinen alle Objekte an neuen Positionen, obwohl die Welt sich nicht tatsächlich bewegt hat. Trennung von Augenbewegungen und tatsächlichen Bewegungen: Wir müssen Augenbewegungen von tatsächlichen Bewegungen unterscheiden. Dies wird durch das Reafferenzprinzip erklärt. 4. Reafferenzprinzip Erklärung des Reafferenzprinzips: o Wenn das okulomotorische Zentrum ein Bewegungssignal für eine Augenbewegung (z. B. nach links) sendet, verschiebt sich das Abbild eines Objekts nach rechts auf der Retina. o Das Gehirn nimmt jedoch diese Veränderung nicht wahr, da eine Efferenzkopie des Signals an das Gehirn geschickt wird. Diese Kopie hilft, das Bild korrekt zu verarbeiten, sodass keine Bewegung wahrgenommen wird. o Das Signal der Efferenzkopie (vom Gehirn kommend) wird mit den afferenten visuellen Signalen (aus der Retina) verrechnet, sodass es zu keiner wahrgenommenen Bewegung kommt. Die Reafferenz sorgt dafür, dass diese Veränderung nicht als echte Bewegung wahrgenommen wird. Wahrnehmungskonstanz: Wenn die Efferenzkopie (Erwartung) mit dem tatsächlichen Bild übereinstimmt, gibt es keine wahrgenommene Bewegung. Wenn die Veränderung jedoch nicht der Erwartung entspricht, interpretiert das Gehirn dies als echte Bewegung der Umwelt. 5. Vier Phänomene für die Gültigkeit des Reafferenzprinzips 1. Nachbildbewegung: o Wenn man auf ein Bild schaut und dann woanders hinblickt, entsteht ein Nachbild, das sich bewegt. o Erklärung: Das Netzhautbild bleibt stabil, auch wenn das Auge bewegt wird, wodurch ein Bewegungssignal erzeugt wird, das durch eine Verletzung der Erwartung falsch interpretiert wird. 2. Passive Augenbewegung: o Wenn wir z.B. den Augapfel drücken und so das Auge passiv bewegen, verschiebt sich die Sehwelt in die entgegengesetzte Richtung. o Dies führt dazu, dass die Efferenzkopie null ist und die Reafferenz ohne Abzug weitergeleitet wird, was zur Wahrnehmung einer Bewegung führt. Das Bild bleibt im Auge stabil, aber es wird als Bewegung interpretiert. 3. Objektverfolgung: o Wenn wir ein Objekt wie einen Zug verfolgen und dabei das Auge bewegen, erwarten wir, dass sich der Zug mitbewegt. Wenn er jedoch nicht mitbewegt, entsteht eine Diskrepanz zwischen Erwartung und tatsächlichem Bild. 4. Lähmung der Augen: o Wenn die Augen gelähmt sind, wird das Bild als konstant wahrgenommen, obwohl das Gehirn ein Bewegungssignal an die Augen sendet. o Dies führt dazu, dass wir den Eindruck bekommen, dass sich die Umwelt bewegt, obwohl die Augen sich nicht bewegen können. Auditive Wahrnehmung Akustische Signale und ihre Eigenschaften Töne/Schallsignale entstehen durch die Bewegung oder Vibration eines Objekts. Diese Vibration versetzt den Randbereich in Schwingung, welche sich auf benachbarte Luftmoleküle überträgt. Diese Moleküle schwingen nur minimal hin und her, während die Schallwellen sich fortpflanzen. Töne sind Druckwellen, die sich durch Medien (meist Luft oder Wasser) ausbreiten. Sie werden durch ihre Schwingungsfrequenz (Hz) und Schwingungsamplitude charakterisiert. Lautstärke (Amplitude): Bestimmt durch die Amplitudenhöhe der Schalldruckwelle (gemessen in dB). Größere Amplituden bedeuten höhere Lautstärke. Tonhöhe (Frequenz): Bezieht sich auf die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde. Niedrige Frequenzen = tiefe Töne, hohe Frequenzen = hohe Töne. Klangfarbe (Timbre) Reine Töne bestehen aus einer einzigen Frequenz (z.B. Sinustöne), während Töne mit unterschiedlicher Klangfarbe Schallwellen mehrerer Frequenzen beinhalten. Geräusche wie Sprache oder Musik bestehen aus komplexen Wellen mit mehreren Frequenzen und deren zeitlichem Muster. Diese Klangfarbe wird durch das Anteilsverhältnis der Frequenzen und deren zeitliche Anordnung bestimmt. Schalldruckpegel Der Schalldruckpegel wird in dB (Dezibel) gemessen. Jede Erhöhung des Schalldrucks um das Zehnfache entspricht einer Erhöhung von 20 dB. Schmerzschwelle liegt bei etwa 130 dB. Normales Gespräch hat einen Schalldruckpegel von etwa 60 dB, was 10.000-mal lauter ist als ein Flüstern. Isophone Isophone sind Kurven gleicher Lautstärke, die Töne kennzeichnen, die gleich laut wahrgenommen werden. Dies zeigt, dass tiefe Töne mehr Schalldruck benötigen, um als gleich laut wie hohe Töne wahrgenommen zu werden. Altersbedingte Veränderungen der Hörempfindlichkeit Im Alter nimmt die Empfindlichkeit insbesondere für hohe Frequenzen ab. Aufbau des Ohres und Funktionsweise Das Ohr besteht aus drei Bereichen: dem Außen-, Mittelohr und Innenohr. Schallschwingungen werden in nervöse Impulse umgesetzt und über das auditive System weitergeleitet. 1. Außen- und Mittelohr: Schallwellen erreichen das Ohr über die Ohrmuschel und den Gehörgang und treffen auf das Trommelfell. Das Trommelfell überträgt Schwingungen an die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss, Steigbügel), die diese in das Innenohr weiterleiten. Über das oval Fenster werden Schwingungen in das Innenohr übertragen, wo sie Druckwellen erzeugen. 2. Innenohr: Das Innenohr enthält die Cochlea (Schnecke), die aus drei Flüssigkeitskammern besteht und den Corti-Organ (Rezeptoren) beherbergt. Die Basilarmembran in der Cochlea schwingt aufgrund der Schallwellen, was die Haarzellen (Rezeptoren) stimuliert und die Umwandlung der mechanischen Wellen in neuronale Impulse erfolgt. Kodierung von Tonhöhe und Lautstärke Tonhöhe wird durch die Position der Haarzellen entlang der Basilarmembran kodiert (das Ortsprinzip). Jede Schwingungshäufigkeit stimuliert eine bestimmte Stelle auf der Basilarmembran. Lautstärke wird durch die Frequenz der Aktionspotenziale kodiert, die von den Haarzellen erzeugt wird. Schallwahrnehmung und Lokalisierung Binaurale Lokalisierung: Das auditive System nutzt Unterschiede in der Laufzeit und Intensität von Schallwellen, die an beiden Ohren ankommen, um die Richtung der Schallquelle zu bestimmen. o Interaurale Laufzeitdifferenz: Wenn ein Geräusch von der Seite kommt, benötigt der Schall länger, um das gegenüberliegende Ohr zu erreichen. o Interaurale Intensitätsdifferenz: Durch den Kopfschatteneffekt wird der Schall an dem Ohr, das weiter entfernt ist, gedämpft, was besonders bei hohen Frequenzen auffällt. Ohrmuschel (Pinna) hilft, die Richtung von Schallquellen zu erkennen, da sie Schallwellen je nach ihrem Ursprung verändert (z.B. oben, unten, vorne, hinten). Verarbeitung im Gehirn Schallinformationen werden über den Nervus acusticus (Hörnerv) zum Hirnstamm, dann über die obere Olive und den Colliculus inferior weitergeleitet. Im primären auditorischen Cortex (Schläfenlappen) erfolgt eine detaillierte Verarbeitung und Analyse der Schallfrequenzen. Dort werden auch komplexe Muster wie Sprache und Musik erkannt. Zusammenfassung: Auditive Wahrnehmung umfasst die Umwandlung von Schallwellen in neuronale Signale, die von verschiedenen Ohrstrukturen verarbeitet werden. Die wichtigsten Eigenschaften von Schall sind Lautstärke, Tonhöhe und Klangfarbe. Lautstärke wird durch die Amplitude der Schallwelle, Tonhöhe durch die Frequenz und Klangfarbe durch die Zusammensetzung verschiedener Frequenzen bestimmt. Der Schall wird über das Ohr in nervöse Impulse umgewandelt und im Gehirn analysiert, um verschiedene Informationen wie die Quelle des Schalls (Lokalisation) und seine Bedeutung (z.B. Sprache) zu verarbeiten. Sprachwahrnehmung 1. Akustische Eigenschaften des Sprachsignals Bei der Sprachwahrnehmung geht es darum, wie akustische Signale (Laute) verarbeitet werden. Das Sprachsignal besteht aus Schallwellen, die durch die Luft übertragen werden, und diese werden vom Hörorgan (Ohr) aufgenommen und vom Gehirn in sprachliche Bedeutungen übersetzt. Es gibt verschiedene akustische Merkmale, die beim Hören von Sprache wahrgenommen werden: Phoneme: Die kleinsten bedeutungstragenden Laute, wie /b/, /d/ oder /a/. Frequenzmuster: Unterschiedliche Laute haben spezifische Frequenzen, die uns helfen, zwischen Vokalen und Konsonanten oder verschiedenen Lautarten zu unterscheiden. Lautstärke und Tonhöhe: Diese helfen bei der Unterscheidung von Wörtern und Satzstrukturen. 2. Vier Ebenen der Sprachproduktion Die Sprachproduktion erfolgt in mehreren aufeinanderfolgenden Ebenen, bei denen auf jeder Ebene unterschiedliche Dinge wahrgenommen und geplant werden: 1. Konzepte (Oberste Ebene): o Dies sind die Gedanken, Ideen oder Vorstellungen, die wir ausdrücken wollen. Sie liegen als "Propositionen" vor, die später in Sprache umgewandelt werden. 2. Satzstruktur (Zweite Ebene): o Auf dieser Ebene werden die Konzepte in Phrasen oder Sätze umgewandelt. Wir ordnen die Ideen bestimmten Satzteilen zu (z.B. Subjekt, Prädikat, Objekt). 3. Wörter und Morpheme (Dritte Ebene): o Diese Ebene bezieht sich auf die Wörter, die wir verwenden, sowie auf Morpheme. Morpheme sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten in der Sprache, z.B. der Wortstamm oder Suffixe wie -heit, -lich. 4. Sprachlaute (Phoneme und Grapheme, Unterste Ebene): o Hierbei handelt es sich um die phonetischen Laute (z.B. /t/, /a/), die wir produzieren. Diese Laute entsprechen den Phonemen, die in der Schrift als Buchstaben (Grapheme) dargestellt werden. 3. Wortwahrnehmung und -erkennung Wortwahrnehmung ist eine grundlegende Fähigkeit für das Verstehen größerer sprachlicher Einheiten, z.B. Sätze. Um ein Wort zu verstehen, muss man in der Lage sein, die Phoneme und die Struktur eines Wortes zu erkennen. Der Sprachfluss erfolgt ohne hörbaren „Abfall“ der Schallenergie an Wortgrenzen. Das bedeutet, dass es schwierig sein kann, die genaue Grenze zwischen Wörtern zu erkennen, wenn sie fließend miteinander verbunden sind. Phoneme: Sind die kleinsten unterscheidbaren Laute der Sprache. Eine Änderung eines Phonems kann die Bedeutung eines Wortes verändern (z.B. „Rat“ vs. „Tat“). Beim Zuhören achten wir weniger auf einzelne Phoneme, sondern nehmen Wörter und Sätze als Ganzes wahr. 4. Morpheme und Syntax Morpheme sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten der Sprache, die Wörter oder Wortteile wie Präfixe (z.B. un-) oder Suffixe (z.B. -keit) enthalten. o Freie Morpheme: Können eigenständig ein Wort bilden (z.B. „Haus“). o Gebundene Morpheme: Brauchen ein freies Morphem, um Bedeutung zu erzeugen (z.B. „-keit“ in „Freundlichkeit“). Syntax ist die Grammatik einer Sprache, die festlegt, wie Wörter zu Phrasen und Sätzen kombiniert werden. Hier werden Regeln für die Wortstellung im Satz definiert. 5. Unterscheidung von Sprachverstehen und Sprachproduktion Sprachverstehen und Sprachproduktion können in vier Sprachfähigkeiten unterteilt werden: Lesen und Hören: Hier geht es um die Wortverarbeitung und das Erkennen von Wörtern sowie das Verstehen von deren Bedeutung. Sprechen und Schreiben: Dies betrifft die Konzepterstellung, Formulierung von Gedanken und die Artikulation von Wörtern und Sätzen. Exkurs: Phonetische Eigenschaften und Artikulation Phoneme entstehen durch die Veränderung von Luftströmen, die aus der Lunge ausgestoßen werden. Diese Luft wird durch Mund, Rachen und Nasenraum geführt und in unterschiedliche Laute umgewandelt. Wenn die Stimmbänder aktiv sind, entstehen stimmhafte Laute. Wenn sie nicht schwingen, sind die Laute stimmlose. Beispiele für Artikulationsarten: Plosive: Plötzliche Öffnung der Lippen (z.B. /b/, /p/). Nasale: Luft strömt durch die Nase (z.B. /m/). Frikative: Teilweise Blockierung des Luftstroms, was zu hörbaren Turbulenzen führt (z.B. /s/). Liquide: Fließende Artikulation, geringe Blockierung (z.B. /l/). Vokale: Ungehinderter Luftstrom (z.B. /a/, /e/). Arten von Lauten: Labiale: Mit den Lippen gebildet (z.B. /p/). Alveolare: Zunge nahe dem Gaumenwulst (z.B. /t/). Velare: Zunge am hinteren Gaumen (z.B. /k/). Kontextabhängigkeit in der Sprachwahrnehmung Wortbedeutung: Ein Wort kann mehrere Bedeutungen haben, und welche Bedeutung gemeint ist, ergibt sich oft aus dem Kontext (z.B. „Schloss“: ein Gebäude oder ein Schloss zum Verschließen). Die Aussprache eines Wortes kann variieren, je nachdem, wer es spricht, ob es geflüstert oder geschrien wird oder ob Dialekte im Spiel sind. Assimilation: In der gesprochenen Sprache kann es vorkommen, dass Phoneme verschluckt, angepasst oder hinzugefügt werden (z.B. „wolln“ statt „wollen“). Der McGurk-Effekt zeigt, wie die Wahrnehmung eines Lautes von visuellen Informationen (z.B. Lippenbewegungen) beeinflusst werden kann. Kategoriale Wahrnehmung Bei der kategorialen Wahrnehmung nehmen wir statt einer Vielzahl von akustischen Mustern nur eine reduzierte Anzahl von Kategorien wahr, die für uns bedeutungsvoll sind (z.B. verschiedene Variationen des /b/-Lauts werden als derselbe Laut wahrgenommen). Ein Experiment zur kategorialen Wahrnehmung: Es wurde eine Serie von Silben (ba, da, ga) synthetisiert, bei denen der Formantenübergang (die Veränderung von Frequenzmustern) akustisch variierte. Hörer konnten die Übergänge nur dann deutlich unterscheiden, wenn sie verschiedenen Lautkategorien angehörten. Motorische Theorie der Sprachwahrnehmung Grundidee: Hören eines Sprachlauts aktiviert die motorischen Mechanismen zur Produktion dieses Lauts. Diese Theorie besagt, dass wir beim Hören unbewusst die Bewegungen nachahmen, die notwendig sind, um den Laut zu produzieren. Koartikulation: Es gibt keine klare Entsprechung zwischen dem akustischen Signal und dem wahrgenommenen Laut, weil die Artikulation oft überlappend ist. Die Dekodierung der Laute erfolgt in einem speziellen phonetischen Modul im Gehirn, das die Artikulationsbewegungen rekonstruieren kann. McGurk-Effekt: Wenn der visuelle Eindruck (z.B. Lippenbewegungen) mit dem akustischen Signal nicht übereinstimmt, kann der Wahrnehmende einen anderen Laut hören, als er tatsächlich produziert wurde. Dies zeigt, dass Sprachwahrnehmung stark vom Kontext abhängt. Lernzettel zur Aufmerksamkeit 1. Selektive Aufmerksamkeit: Die selektive Aufmerksamkeit umfasst zwei Hauptaspekte: Ausrichten der Aufmerksamkeit auf verschiedene Bereiche, um mehrere Aufgaben gleichzeitig auszuführen. Konzentrierte Fokussierung auf einen bestimmten Stimulus, wobei der Rest der Informationen ausgeblendet wird. 2. Dichotisches Hören und „Beschatten“: Dichotisches Hören untersucht, wie wir in einer Umgebung mit mehreren gleichzeitig dargebotenen Reizen unsere Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Reiz richten. Beim Experiment von Lewis (1970) wurde die Reaktionszeit auf ein Reizwort, das über das aufmerksame Ohr wahrgenommen wurde, verzögert, wenn das andere Ohr mit einer Synonym-Nachricht beschallt wurde. „Beschatten“ (Shadowing) bedeutet, das gehörte Material sofort nachzusprechen, um die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Stimulus zu fokussieren. In Experimenten zeigt sich, dass auch Reize, die nicht aktiv bearbeitet werden, durch Top-down-Prozesse (z.B. semantische Bedeutung) Aufmerksamkeit auf sich ziehen können. 3. Experiment von Moray (1959): In diesem Experiment wurde untersucht, wie selektive Aufmerksamkeit durch verschiedene Arten von Cues (Hinweisen) beeinflusst wird. Moray stellte fest, dass affektive Cues wie der eigene Name die Aufmerksamkeit durchbrechen können, selbst wenn sie im nicht-beachteten Kanal präsentiert wurden. Diese Befunde sprechen für die Bedeutung von Top-down-Prozessen, bei denen emotionale oder bedeutungsvolle Informationen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen können. 4. Theorien der frühen und späten Selektion: Frühe Selektion: Informationen werden aufgrund physikalischer Merkmale (z.B. Lautstärke, Tonhöhe) bereits zu einem frühen Zeitpunkt gefiltert. Dieses Modell geht davon aus, dass nur die relevantesten Informationen weiterverarbeitet werden. Späte Selektion: Alle Informationen werden bis zu einer späteren Phase verarbeitet und die Auswahl erfolgt erst dann basierend auf der Bedeutung der Information. Dämpfungstheorie von Treisman: Im Gegensatz zur frühen Selektion werden auch nicht beachtete Reize zur zentralen Verarbeitung weitergeleitet, jedoch in abgeschwächter Form. Diese Reize können die Aufmerksamkeit unter bestimmten Bedingungen, etwa durch Bedeutung oder Erwartungen, erneut aktivieren. 5. Gorillavideo von Simon & Chabris (1999): Dieses Experiment zeigt, wie selektive Aufmerksamkeit dazu führt, dass wir selbst auffällige Objekte, wie den Gorilla, übersehen, wenn wir uns auf andere Aufgaben konzentrieren. Es verdeutlicht die Idee der objektbasierten Selektivität, bei der unsere Aufmerksamkeit auf spezifische Objekte gerichtet wird und andere Objekte unbemerkt bleiben. 6. Lenkung der Aufmerksamkeit im peripheren Feld (Posner et al., 1978): Posner und seine Kollegen untersuchten, wie die Aufmerksamkeit auch ohne direkte Fixation auf einem Objekt gelenkt werden kann. In ihrem Experiment zeigten sie, dass die Aufmerksamkeit in der Peripherie des Gesichtsfeldes schnell und gezielt verlagert werden kann, wenn ein Hinweisreiz präsentiert wird. 7. Spotlight-Metapher und Aufmerksamkeitssteuerung: Spotlight-Metapher: Diese Metapher beschreibt, wie unsere Aufmerksamkeit wie ein Scheinwerfer auf bestimmte Bereiche des visuellen Feldes gerichtet wird, wodurch nur die Informationen in diesem Bereich tiefgehender verarbeitet werden. Informationen außerhalb dieses Fokus werden ausgeblendet, jedoch nicht vollständig gelöscht, sondern können später über Top-down-Prozesse wieder ins Bewusstsein gerufen werden. Bottom-up und Top-down: o Bottom-up: Objekte ziehen automatisch die Aufmerksamkeit auf sich (z.B. bei auffälligen Merkmalen). o Top-down: Die Aufmerksamkeit wird gezielt auf bestimmte Orte gelenkt, basierend auf Zielen und Erwartungen. 8. Experiment von Tsal & Lavie (1988): Dieses Experiment zeigt, dass wir unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf Orte richten, sondern auch nach Eigenschaften suchen können. So zeigt sich, dass die Aufmerksamkeit sowohl von Orten als auch von Merkmalen gesteuert wird. Zum Beispiel können wir uns auf rote Buchstaben konzentrieren und diese als Zielorte für die Verarbeitung wählen. 9. LaBerge (1983) – Fokussierte Aufmerksamkeit: LaBerge untersuchte, wie fokussierte Aufmerksamkeit im fovealen Sichtfeld gesteuert wird. Die Ergebnisse zeigen, dass eine enge Ausrichtung der Aufmerksamkeit die Reaktionszeit verringert, während eine breitere Ausrichtung dazu führt, dass Reize am Rand des visuellen Feldes langsamer erkannt werden. 10. Effekte starker Fokussierung (Lavie, 1995): Wenn die Aufmerksamkeit stark fokussiert wird, kann es dazu führen, dass irrelevante Reize im Außenbereich des Fokus nicht mehr wahrgenommen werden. In einem Experiment von Lavie zeigte sich, dass je stärker die Aufmerksamkeit auf einen zentralen Reiz gerichtet ist, desto weniger Aufmerksamkeit verbleibt für periphere, irrelevante Reize. 11. Driver et al. (1999) – Aufmerksamkeitssteuerung im Alltag: Driver und Kollegen zeigten, dass wir unsere Aufmerksamkeit nicht nur bewusst lenken, sondern auch durch unbewusste Hinweisreize, wie die Blickrichtung einer anderen Person, beeinflusst werden können. Diese Hinweisreize sind eine Mischung aus Bottom-up (Reiz zieht unwillkürlich Aufmerksamkeit auf sich) und Top-down (bewusste Entscheidung, wo die Aufmerksamkeit hingelenkt wird). 12. Visuelle Suche und Merkmals-Integrationstheorie (Treisman & Gelade, 1980): Merkmals-Integrationstheorie: Diese Theorie geht davon aus, dass wir zunächst die Elementarmerkmale eines Objekts (wie Farbe oder Form) parallel verarbeiten, um schnell festzustellen, ob ein bestimmtes Merkmal vorhanden ist. Wenn mehrere Merkmale zu einem Objekt gehören, erfolgt die Integration dieser Merkmale und wir können das Objekt schnell identifizieren. In der visuellen Suche unterscheidet man zwischen paralleler (schnell, ohne systematische Untersuchung) und serieller Suche (langsam, mit einer schrittweisen Überprüfung von Objekten). 13. SEEV-Modell von Wickens et al. (2001): SEEV-Modell: Das Modell beschreibt vier Komponenten der visuellen Aufmerksamkeitssteuerung: 1. Salienz: Auffälligkeit von Reizen. 2. Erwartung: Vorhersage relevanter Reize. 3. Erfahrung: Vorherige Erfahrungen, die die Aufmerksamkeit beeinflussen. 4. Wert: Relevanz der Information für die aktuellen Ziele. 14. Visuelle Suche in Menüs: Die Suche in Menüs hängt von der Effizienz der Gestaltung ab. Ein Menü sollte so gestaltet sein, dass der Nutzer schnell und ohne große kognitive Anstrengung die gewünschten Optionen auswählen kann. Eine klare, übersichtliche Struktur hilft dabei, die Suche zu beschleunigen. 15. Fazit: Die visuelle Aufmerksamkeit muss an spezifische Orte gerichtet werden, um Informationen effektiv zu verarbeiten. Dabei ist die Aufmerksamkeitslenkung sowohl durch unwillkürliche, auffällige Reize (Bottom-up) als auch durch gezielte Entscheidungen (Top-down) möglich. Effiziente visuelle Verarbeitung erfordert eine selektive Fokussierung und ein sequentielles Vorgehen, bei dem nur die relevanten Informationen tief verarbeitet werden. Das Modell der multiplen Ressourcen von Wickens ist ein kognitives Modell, das die Verarbeitung von Informationen im menschlichen Gehirn erklärt. Es wurde von Christopher Wickens entwickelt und ist besonders nützlich, um zu verstehen, wie Menschen mit komplexen Aufgaben umgehen, die mehrere Informationen gleichzeitig erfordern. Es geht davon aus, dass die menschliche Informationsverarbeitung nicht von einer einzigen Ressource abhängt, sondern mehrere unabhängige, spezialisierte Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Hauptkomponenten des Modells: Wickens unterscheidet mehrere Komponenten, die unterschiedliche Ressourcen repräsentieren. Diese werden nach den folgenden Dimensionen kategorisiert: 1. Modalität (sensorische Kanäle): o Visuell: Informationen, die über den Sehsinn verarbeitet werden (z. B. visuelle Reize, Bilder, Text). o Auditorisch: Informationen, die über den Hörsinn verarbeitet werden (z. B. gesprochene Sprache, Geräusche). Diese Dimension stellt die grundlegendste Unterscheidung zwischen den Ressourcen dar: verschiedene Arten von Informationskanälen (sehen, hören). 2. Codes (Wahrnehmungs- und Gedächtniscodes): o Verbal: Sprachliche Information, die sowohl über den auditiven Kanal (gesprochene Worte) als auch über den visuellen Kanal (geschriebene Worte) verarbeitet werden kann. o Piktorial: Nicht-sprachliche Informationen, wie Bilder, Grafiken, Symbole. 3. Verarbeitungsstile (Verarbeitungsmodi): o Automatisiert: Aufgaben, die routinemäßig und mit wenig bewusster Anstrengung durchgeführt werden (z. B. Autofahren für erfahrene Fahrer). o Kontrolliert: Aufgaben, die bewusst und mit größerer Anstrengung ausgeführt werden müssen (z. B. eine schwierige mathematische Berechnung). Dieser Aspekt betrifft, wie die kognitiven Ressourcen in einer bestimmten Situation aufgeteilt werden und wie viel Aufmerksamkeit eine Aufgabe benötigt. Grundannahmen des Modells: 1. Unabhängigkeit der Ressourcen: Eine der Grundannahmen von Wickens Modell ist, dass die verschiedenen Ressourcen weitgehend unabhängig voneinander sind. Das bedeutet, dass Menschen gleichzeitig Informationen aus verschiedenen Modalitäten (z. B. visuell und auditiv) verarbeiten können, ohne dass diese sich gegenseitig stark beeinträchtigen. 2. Kapazitätsgrenzen: Jede Ressource hat eine begrenzte Kapazität. Wenn mehrere Aufgaben die gleiche Ressource beanspruchen (z. B. visuelle Informationen), kommt es zu einer kognitiven Überlastung und einer Beeinträchtigung der Leistung. 3. Task-Koordination: Wickens betont, dass die Fähigkeit zur gleichzeitigen Ausführung von Aufgaben von der Art der Ressourcen abhängt, die für diese Aufgaben benötigt werden. Aufgaben, die dieselbe Ressource beanspruchen (z. B. zwei visuelle Aufgaben), können nicht effizient gleichzeitig durchgeführt werden. Aufgaben, die unterschiedliche Ressourcen erfordern (z. B. eine visuelle und eine auditive Aufgabe), können besser parallel ausgeführt werden. 4. Multitasking: Das Modell unterstützt die Idee, dass Multitasking möglich ist, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Wenn Aufgaben unterschiedliche Ressourcen beanspruchen, kann der Mensch effizienter arbeiten. Wenn sie jedoch dieselbe Ressource beanspruchen, führt dies zu einer Beeinträchtigung der Leistung. Lernzettel: Gedächtnis 1. Die Phasen des Gedächtnisprozesses Das Gedächtnis lässt sich in drei wesentliche Phasen unterteilen: Codierung, Speicherung und Abruf. Codierung (Encoding): Die Codierung ist der Prozess, durch den eingehende Reizinformationen in eine Form umgewandelt werden, die vom Gedächtnis verarbeitet werden kann. Dies geschieht durch sensorische Prozesse, bei denen Reize (z. B. Bilder, Geräusche) in neuronale Codes übersetzt werden, die im Gehirn gespeichert werden können. Beispiel: Wenn Sie eine Telefonnummer sehen, wird das Bild der Ziffern visuell codiert, d. h., die Ziffern werden in neuronale Muster übersetzt, die das Gehirn erkennen kann. Speicherung (Storage): Nach der Codierung werden die Informationen im Gedächtnis gespeichert. Dies bedeutet, dass die codierten Informationen über längere Zeiträume hinweg erhalten bleiben, auch wenn sie nicht ständig aktiv genutzt werden. Beispiel: Nachdem Sie sich die Telefonnummer einmal angesehen haben, bleibt sie für eine gewisse Zeit im Gedächtnis gespeichert, selbst wenn Sie nicht aktiv darüber nachdenken. Abruf (Retrieval): Der Abruf ist der Prozess, durch den gespeicherte Informationen aus dem Gedächtnis wieder ins Bewusstsein geholt werden. Dies kann zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich sein, beispielsweise wenn Sie sich an eine Telefonnummer erinnern müssen, um sie anzurufen. Beispiel: Später, wenn Sie die Telefonnummer anwählen möchten, müssen Sie die Nummer aus Ihrem Gedächtnis abrufen. Gründe für das Nicht-Erinnern: Falsche Codierung: Informationen werden nicht richtig codiert, z. B. aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit. Mangelhafte Speicherung: Informationen werden nicht langfristig im Gedächtnis gespeichert. Abrufprobleme: Auch wenn Informationen gespeichert sind, können Abrufprobleme auftreten, etwa aufgrund von Störungen oder unzureichender Hinweissignale. 2. Arten des Gedächtnisses nach zeitlicher Dauer Das Gedächtnis kann in drei Arten unterteilt werden, basierend darauf, wie lange die Informationen gespeichert werden: 1. Sensorisches Gedächtnis (Sensory Buffer): o Definition: Das sensorische Gedächtnis speichert Sinneseindrücke (z. B. visuelle Eindrücke oder Geräusche) für sehr kurze Zeiträume, von Bruchteilen einer Sekunde bis zu wenigen Sekunden. o Bedeutung: Es hilft, Reize kurz zu speichern, um sie dann in das Kurzzeitgedächtnis zu überführen, wenn die Aufmerksamkeit darauf gerichtet wird. o Beispiel: Wenn Sie einen kurzen Blick auf eine Telefonnummer werfen, wird diese Ziffernfolge für einen Moment im sensorischen Gedächtnis gehalten, bevor sie in das Kurzzeitgedächtnis übertragen wird. 2. Kurzzeitgedächtnis (KZG): o Definition: Das KZG speichert Informationen, die vor kurzem wahrgenommen wurden, für einen kurzen Zeitraum, etwa 20 Sekunden, wenn sie nicht weiter beachtet oder verarbeitet werden. o Bedeutung: Das KZG wird häufig als „Arbeitsgedächtnis“ bezeichnet, da es nicht nur speichert, sondern auch aktiv Informationen verarbeitet, etwa um sie zu analysieren oder in bestehende Wissensstrukturen einzuordnen. o Beispiel: Wenn Sie sich eine Telefonnummer merken, die Sie gerade in einer Zeitung gesehen haben, bleibt sie für kurze Zeit im KZG gespeichert. 3. Langzeitgedächtnis (LZG): o Definition: Das LZG speichert Informationen über längere Zeiträume, von Minuten bis hin zu Jahren oder ein Leben lang. o Bedeutung: Informationen im LZG sind meist nicht sofort abrufbar, können aber langfristig erhalten bleiben, wenn sie gut gespeichert wurden. o Beispiel: Wenn Sie sich nach einer gewissen Zeit wieder an die Telefonnummer erinnern wollen, kann sie aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen werden, obwohl es schwieriger ist, als wenn die Information im Kurzzeitgedächtnis gespeichert wäre. Beispiel für die Übergänge: Sensorisches Gedächtnis: Sie werfen einen schnellen Blick auf eine Telefonnummer. Kurzzeitgedächtnis: Sie versuchen, sich die Telefonnummer für den Moment zu merken, etwa während des Telefonierens. Langzeitgedächtnis: Sie können sich die Nummer nach Tagen oder Wochen erinnern, obwohl dies mehr Aufwand erfordert. 3. Tip-of-the-Tongue Phänomen Definition: Das „Tip-of-the-Tongue“-Phänomen beschreibt die Situation, in der eine Person das Gefühl hat, ein bestimmtes Wort oder einen Namen zu wissen, aber es kommt einfach nicht in den Kopf. Prozess betroffen: In diesem Fall ist der Abrufprozess gestört. Obwohl die Information im Gedächtnis vorhanden ist, lässt sich die Information nicht leicht zugänglich machen. Der Abruf erfolgt oft erst, wenn die Suche nach der Information gestoppt wird. 4. Ebbinghaus’ Ersparnismethode und Vergessenskurve Ersparnismethode: Ebbinghaus verwendete sinnlose Silben, um das Gedächtnis zu untersuchen. Er lernte zunächst eine Liste von 13 Silben und wiederholte die Liste so lange, bis er sie fehlerfrei rezitieren konnte. Danach ließ er eine Zeitspanne vergehen und versuchte, die Liste erneut zu lernen. o Ersparnis: Die Ersparnis berechnet sich als die Differenz zwischen den Durchgängen, die zum ersten Lernen und zum Wiedererlernen der Liste notwendig sind. Ein hoher Wert bedeutet, dass weniger vergessen wurde. Vergessenskurve: Ebbinghaus stellte fest, dass das Vergessen schnell in den ersten Stunden nach dem Lernen stattfindet und sich danach stabilisiert. Dies bedeutet, dass wir viele Informationen schnell verlieren, aber nach einer bestimmten Zeitrate bleibt das Gedächtnis stabil. 5. Massiertes vs. Verteiltes Lernen Massiertes Lernen: Beim massierten Lernen werden Lerninhalte in kurzen, intensiven Sitzungen hintereinander gelernt. Dies kann zu schneller Ermüdung und schlechteren langfristigen Ergebnissen führen. Verteiltes Lernen: Beim verteilten Lernen werden die Lernsitzungen über längere Zeiträume verteilt, was das Gedächtnis stärker fördert und die Erinnerung langfristig verbessert. Studien zeigen, dass verteiltes Lernen effektiver ist, weil es den Lernstoff besser im Langzeitgedächtnis verankert. 6. Meili & Rohracher (1983) – Wiedererkennen vs. Reproduktion Wiedererkennen: Bei Wiedererkennungsaufgaben müssen Informationen anhand von Hinweisen oder Optionen identifiziert werden (z. B. Multiple-Choice). Dieser Prozess ist einfacher, weil die Information bereits als „abgespeichert“ gilt. Reproduktion: Bei der Reproduktion müssen Informationen ohne äußere Hinweise oder Optionen abgerufen werden. Dies ist schwieriger, da mehr Abrufprozesse notwendig sind. 7. Primacy und Recency Effekt (Positionseffekte) Primacy-Effekt: Die ersten Elemente einer Liste werden besser behalten, weil sie im Langzeitgedächtnis gespeichert werden. Recency-Effekt: Die letzten Elemente werden besser erinnert, da sie noch frisch im Kurzzeitgedächtnis sind. Serieller Positionseffekt: Der Positionseffekt beschreibt, dass die ersten und letzten Elemente einer Liste besser behalten werden als die mittleren. 8. Proaktive und Retroaktive Hemmung Proaktive Hemmung: Frühere Informationen beeinflussen das Lernen und Abrufen neuer Informationen negativ. Ein Beispiel ist, wenn man sich schwer tut, sich neue Telefonnummern zu merken, weil man immer wieder die alte Nummer im Kopf hat. Retroaktive Hemmung: Neue Informationen beeinträchtigen das Abrufen bereits gelernter Informationen. Ein Beispiel ist, wenn Sie nach einer neuen Telefonnummer die alte nicht mehr richtig erinnern können. 9. Mackworth (1962) – Versuch zur Untersuchung des sensorischen Gedächtnisses Versuchsaufbau: Teilnehmer sahen Ziffernfolgen, die für kurze Zeit eingeblendet wurden (z. B. 62 ms bis 16 Sekunden). Sie mussten sich sowohl die Ziffern als auch deren Position merken. Ergebnis: Bei kurzer Darbietungsdauer war der Abruf schwieriger, was darauf hinweist, dass das sensorische Gedächtnis nur eine begrenzte Speicherdauer hat, aber eine große Kapazität. 10. Sperling (1960) – Teilberichtsaufgabe und das ikonische Gedächtnis Versuchsaufbau: Ein Bild mit Ziffern wurde für eine sehr kurze Zeit angezeigt. Teilnehmer sollten entweder das gesamte Bild oder nur einen bestimmten Teil der Ziffern nennen. Ergebnis: Das ikonische Gedächtnis speichert visuelle Informationen für einen kurzen Zeitraum (wenige Millisekunden). Wenn die Teilnehmer rechtzeitig instruiert wurden, sich auf einen Teil des Bildes zu konzentrieren, konnten sie diesen mit hoher Genauigkeit wiedergeben. Dies zeigt, dass der sensorische Speicher eine hohe Kapazität hat, aber nur eine kurze Speicherdauer Lernzettel: Arbeitsgedächtnis 1. Arbeitsgedächtnis und seine Funktionen Aufmerksamkeit und Kurzzeitgedächtnis (KZG): Die Aufmerksamkeit spielt eine zentrale Rolle beim Arbeitsgedächtnis. Nur die Informationen, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richten, werden ins Kurzzeitgedächtnis (KZG) überführt. Unaufmerksame oder irrelevante Informationen bleiben unberücksichtigt. Handlungsintention und Gedächtnisprozesse: Die Handlungsintention bestimmt, welche Informationen wir aktiv wahrnehmen und weiterverarbeiten. Sie beeinflusst, welche Daten codiert und gespeichert werden. Dies bedeutet, dass wir bewusst auswählen, was wichtig ist und was nicht. Beziehung zwischen KZG und LZG: Das KZG erhält nicht nur Informationen aus der Umwelt, sondern auch Daten aus dem Langzeitgedächtnis (LZG), um diese in den aktuellen Kontext einzuordnen. Dies ist entscheidend, da Informationen aus dem LZG helfen, neu aufgenommene Informationen zu verstehen und sinnvoll zu verarbeiten. Das KZG ist die einzige Gedächtnisstufe, auf der Informationen bewusst verarbeitet werden. Vergänglichkeit von Informationen im KZG: Informationen, die nicht aktiv verarbeitet oder wiederholt werden, verschwinden im KZG innerhalb von 20 Sekunden. Wenn sie jedoch mit sinnvollen Bedeutungen verknüpft oder wiederholt werden, haben sie eine höhere Chance, ins LZG überzugehen. Theorie von Atkinson & Shiffrin: Laut Atkinson und Shiffrin werden Informationen, die Aufmerksamkeit erhalten, aus dem sensorischen Gedächtnis in das KZG überführt. Der Großteil der Informationen wird allerdings verworfen, wenn sie nicht wichtig oder nützlich sind. Kapazität des KZG: Das KZG hat eine begrenzte Kapazität, auch Gedächtnisspanne genannt. Diese bezieht sich auf die Anzahl von Elementen, die wir uns merken können. In der Regel liegt diese Zahl bei etwa 7 ± 2 Elementen. Dies bedeutet, dass wir bei einem kurzen Blick auf Informationen maximal 7 Objekte (z. B. Ziffern oder Buchstaben) behalten können. 2. Modelle zur Erklärung der Speicherkapazität des KZG Displacement-Modell: Nach diesem Modell verdrängt neue Information ältere Informationen im KZG. Wenn neue Elemente hinzukommen, müssen die älteren zurückgelassen werden, wenn das KZG voll ist. Aktivierungsmodell: Dieses Modell geht davon aus, dass Informationen im KZG durch Aktivierung von Gedächtnisinhalten bearbeitet werden. Je mehr eine Information aktiviert wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie ins LZG übergeht. Informationstheoretischer Ansatz: Dieser Ansatz bezieht sich auf die Informationsmenge, die das KZG speichern kann. Die Anzahl der Elemente, die es verarbeiten kann, wird durch die Kanalkapazität des Gedächtnisses begrenzt. 3. Modalitäten der Codierung im KZG Im KZG können verschiedene Arten von Codierung auftreten: Akustische Codierung: Informationen werden vor allem akustisch kodiert, besonders bei sprachlichen Inhalten. Das bedeutet, dass wir Informationen im Kopf wiederholen (innerlich sprechen) oder die phonologische Schleife aktivieren. Dies hilft, Informationen für den Abruf zu behalten. Ein Experiment zeigte, dass bei der Wiederholung von Buchstaben vor allem Fehler auftraten, wenn die Buchstaben ähnlich klangen, was auf akustische Codierung hindeutet. Visuelle Codierung: Visuelle Inhalte werden vor allem über den räumlich-visuellen Buffer im KZG gespeichert. Dies betrifft nicht-verbale Informationen wie Bilder oder Bewegungen. Ein typisches Beispiel für visuelle Codierung ist das fotografische Gedächtnis, auch als eidetische Vorstellung bekannt. Semantische Codierung: Bei der semantischen Codierung wird der Inhalt tiefgehend verarbeitet, indem er mit bestehenden Erinnerungen oder Bedeutungen verknüpft wird. Ein Beispiel: Eine Zahl wie "3017" kann mit einer persönlichen Bedeutung (z. B. Jahrgang) verknüpft werden, um sie sich besser zu merken. 4. Baddeleys Modell des Arbeitsgedächtnisses Baddeley schlug ein komplexeres Modell des Arbeitsgedächtnisses vor, das sich von anderen Gedächtnismodellen unterscheidet. Im Gegensatz zu früheren Modellen, die sich auf die Speicherung konzentrierten, betonte Baddeley die Rolle des Arbeitsgedächtnisses als kognitiven Arbeitsplatz. Das Modell umfasst mehrere Komponenten: Zentrale Exekutive: Diese Komponente steuert die Aufmerksamkeitsprozesse und koordiniert die anderen Systeme des Arbeitsgedächtnisses. Sie ist verantwortlich für das Fokussieren und das Wechseln der Aufmerksamkeit. Phonologische Schleife: Sie speichert und verarbeitet sprachliche Informationen. Sie besteht aus einem akustischen Buffer und einer artikulatory rehearsal-Komponente, die das innere Wiederholen von Informationen ermöglicht. Visueller Spatialisierungs-Sketchpad (räumlich-visueller Notizblock): Diese Komponente speichert und verarbeitet visuelle und räumliche Informationen. Sie hilft uns, räumliche Beziehungen zu verstehen und visuelle Muster zu manipulieren. Episodischer Puffer: Eine neuere Erweiterung im Modell, die es ermöglicht, Informationen aus dem LZG mit den Daten aus den anderen Komponenten zu verbinden und in eine kohärente Episode zu integrieren. 5. Der Wortlängeneffekt Definition: Der Wortlängeneffekt besagt, dass Menschen sich mehr kurze Wörter als lange Wörter merken können, wenn sie diese innerhalb des Arbeitsgedächtnisses speichern müssen. Versuchsaufbau: Teilnehmer müssen eine Liste von Wörtern in der Reihenfolge wiedergeben, in der sie präsentiert wurden. Es wurde gezeigt, dass kürzere Wörter (z. B. „Hut“) leichter zu merken sind als längere Wörter (z. B. „Krankenhaus“). Erklärung: Der Effekt wird durch die phonologische Schleife erklärt, deren Kapazität ungefähr 2 Sekunden Sprechdauer beträgt. Deshalb können kürzere Wörter schneller wiederholt und gespeichert werden. 6. Speicherung räumlich-visueller Informationen Versuchsaufbau von Santa (1977): In diesem Experiment sollten Teilnehmer räumliche oder visuelle Informationen behalten und wiedergeben. Dabei zeigte sich, dass räumlich-visuelle Informationen im Arbeitsgedächtnis verarbeitet und manipuliert werden können, was durch den räumlich-visuellen Notizblock des Arbeitsgedächtnisses unterstützt wird. 7. Gedächtnisspanne im Arbeitsgedächtnis Kapazität: Die Gedächtnisspanne des Arbeitsgedächtnisses liegt typischerweise bei 7 ± 2 Elementen, was bedeutet, dass wir uns in der Regel zwischen 5 und 9 Elemente merken können, ohne sie aktiv zu wiederholen. Experiment: Ein Experiment zur Gedächtnisspanne zeigte, dass Teilnehmer mindestens 5 und maximal 9 Ziffern aus einer Zahlenreihe behalten konnten. 8. Was passiert mit nicht verwendeten Inhalten? Vergessen: Inhalte, die im Arbeitsgedächtnis gespeichert sind, aber nicht aktiv verwendet werden, verschwinden nach kurzer Zeit. Informationen, die nicht wiederholt oder aktiv verarbeitet werden, sind schnell verloren. Chunking: Eine Strategie zur Verbesserung der Behaltensleistung ist das Chunking, bei dem mehrere Informationsstücke zu größeren, bedeutungstragenden Einheiten zusammengefasst werden. Zum Beispiel wird eine Zahlenfolge wie „1945“ als Jahr wahrgenommen, was die Erinnerung erleichtert. Experiment von Peterson und Peterson: In diesem Experiment wurde das Behalten von Informationen über verschiedene Zeitintervalle hinweg untersucht. Es zeigte sich, dass die Gedächtnisspanne sinkt, wenn das aktive Wiederholen durch eine andere Aufgabe unterbrochen wird. Versuchsaufbau des Sternberg-Paradigmas 1. Präsentation der Liste: Zu Beginn wird den Teilnehmern eine Liste von Ziffern präsentiert. Die Länge dieser Liste variiert je nach Versuch und kann zwischen 1 und 6 Ziffern liegen. Die Liste wird dabei für eine kurze Zeit (meist 1–2 Sekunden) eingeblendet, um den Wahrnehmungseffekt zu testen. 2. Testprobe: Nach der Präsentation der Liste wird den Teilnehmern ein Testitem (eine Ziffer, die entweder in der ursprünglichen Liste enthalten war oder nicht) angezeigt. Die Aufgabe der Probanden ist es, schnell und genau zu entscheiden, ob das Testitem Teil der Liste war oder nicht. 3. Reaktionszeitmessung: Die Reaktionszeit (Zeit zwischen der Präsentation des Testitems und der Antwort der Probanden) wird gemessen, um Rückschlüsse auf die Abrufprozesse zu ziehen. Die Antwortmöglichkeiten sind in der Regel „Ja“ (die Ziffer war in der Liste) oder „Nein“ (die Ziffer war nicht in der Liste). 4. Testvariablen: Sternberg variiert die Anzahl der Elemente in der Liste und beobachtet, wie sich die Reaktionszeit verändert. Die Teilnehmer müssen jedes Testitem mit allen Elementen der Gedächtnisliste vergleichen, um herauszufinden, ob es vorhanden ist oder nicht. Ergebnisse des Sternberg-Paradigmas Das wesentliche Ergebnis des Sternberg-Experiments ist, dass die Reaktionszeit linear mit der Anzahl der Elemente in der Liste steigt. Wenn mehr Ziffern in der Liste vorhanden sind, dauert es länger, eine Entscheidung zu treffen. Diese Ergebnisse führten zu der Erkenntnis, dass der Abruf von Informationen aus dem KZG nicht sofort und parallel erfolgt, sondern dass eine serielle Durchsuchung des gespeicherten Materials stattfindet. Interpretation der Ergebnisse: 1. Exhaustive serielle Suche: Die wichtigste Schlussfolgerung aus dem Sternberg-Paradigma ist, dass der Abruf von Informationen aus dem KZG einer exhaustiven seriellen Suche folgt. Dies bedeutet: o Jedes Element der Gedächtnisliste wird nacheinander geprüft, um festzustellen, ob es mit dem Testitem übereinstimmt. o Es gibt keinen „Früherstopp“-Mechanismus, der den Abrufprozess sofort beendet, sobald eine Übereinstimmung gefunden wird. Das bedeutet, dass selbst wenn das gesuchte Element in der Liste an erster Stelle steht, der gesamte Vergleichsprozess fortgesetzt wird, auch wenn bereits eine Übereinstimmung festgestellt wurde. 2. Lineare Zunahme der Reaktionszeit: Die Reaktionszeit nimmt mit der Anzahl der Elemente in der Liste linear zu, was darauf hindeutet, dass die Teilnehmer alle Elemente der Liste in einer festen Reihenfolge durchgehen. Mit jeder weiteren Ziffer dauert der Abrufprozess also etwas länger, da zusätzliche Vergleiche notwendig sind. 3. Kein paralleler Abruf: Ein weiteres wichtiges Ergebnis des Paradigmas ist, dass der Abruf nicht parallel erfolgt. Hätten die Probanden die Möglichkeit, alle Elemente der Liste gleichzeitig zu überprüfen, würde die Reaktionszeit nicht linear mit der Anzahl der Elemente steigen. Stattdessen zeigte sich, dass die Reaktionszeit für jede Ziffer in der Liste ungefähr gleich war, was für eine serielle Verarbeitung spricht. 4. Unterschiede zwischen „Ja“ und „Nein“-Antworten: Eine interessante Beobachtung war, dass die Reaktionszeit zwischen der Antwort „Ja“ (die Ziffer war in der Liste) und „Nein“ (die Ziffer war nicht in der Liste) keine signifikanten Unterschiede zeigte. Dies widerspricht der Idee, dass eine „Ja“-Antwort schneller erfolgen sollte, wenn die Übereinstimmung bereits festgestellt wurde. Stattdessen verläuft der Abrufprozess in beiden Fällen gleich, was die Annahme der exhaustiven seriellen Suche stützt. Schlussfolgerung und Bedeutung des Experiments Das Sternberg-Paradigma liefert wertvolle Erkenntnisse darüber, wie das Arbeitsgedächtnis funktioniert. Die Ergebnisse zeigen, dass der Abruf von Informationen aus dem KZG ein systematischer und serieller Prozess ist, bei dem alle gespeicherten Elemente geprüft werden, um die gesuchte Information zu finden. Diese Art des Abrufs unterscheidet sich von der Annahme einer sofortigen parallelen Suche, bei der alle Elemente gleichzeitig verarbeitet werden. Das Experiment liefert außerdem Hinweise darauf, dass das Arbeitsgedächtnis limitierte Kapazitäten hat: Mit mehr Informationen im KZG steigt die Zeit, die benötigt wird, um die Informationen abzurufen. Dieses Ergebnis unterstützt das Konzept der Gedächtnisspanne, die besagt, dass das Arbeitsgedächtnis nur eine begrenzte Anzahl an Elementen gleichzeitig verarbeiten kann. Lernzettel: Denken und Problemlösen 1. Vier wesentliche Arten des Denkens Propositionales Denken (Repräsentation von Wissen): o Beschreibt die Verarbeitung von Wissen in Form von Konzepten und sprachlich-logischen Aussagen. Es handelt sich um eine abstrakte und analytische Denkweise, die es uns ermöglicht, Bedeutungen und Eigenschaften von Dingen zu verstehen. o Diese Form des Denkens verwendet sprachliche oder symbolische Strukturen und hilft uns, Wissen zu ordnen und zu verarbeiten. o Beispiel: Wenn wir das Wort „Baum“ hören, denken wir an die allgemeinen Eigenschaften eines Baumes (Stamm, Blätter, Wurzeln). Bildhaftes Denken (anderes Wissen): o Bei dieser Denkweise basiert die Verarbeitung von Wissen auf visuellen Vorstellungen und mentalen Bildern. Es handelt sich um eine alternative Form der Wissensrepräsentation, die ähnliche Ressourcen wie die visuelle Wahrnehmung nutzt. o Wir können uns Bilder vorstellen, die nicht real vor uns sind, was uns hilft, Informationen zu visualisieren. o Beispiel: Sich vorzustellen, wie ein Strand aussieht, ohne physisch an einem Strand zu sein. Schlussfolgerndes Denken (logisches Denken, Induktion, Deduktion): o Diese Form des Denkens umfasst die Fähigkeit, logisch zu denken, Schlüsse zu ziehen und Probleme zu analysieren. Es schließt auch Selbstreflexion und die Planung von Handlungen ein. o Wir ziehen Schlüsse basierend auf Ursachen-Wirkungs-Beziehungen und wägen verschiedene Szenarien ab, um Entscheidungen zu treffen. o Beispiel: Wenn ich Hunger habe, sollte ich in die Mensa gehen. Hier wird eine logische Verbindung zwischen Bedürfnis (Hunger) und Handlung (Mensa besuchen) hergestellt. Problemlösen (kreatives Denken): o Problemlösen ist ein kreativer und flexibler Prozess, der es uns ermöglicht, komplexe Fragestellungen oder Herausforderungen zu bewältigen. o Dieser Prozess erfordert Kreativität und neue Lösungsansätze, wobei es oft keine sofort offensichtliche Lösung gibt. Das bedeutet, dass wir nachdenken, explorieren, experimentieren und neue Ideen suchen müssen. o Beispiel: Wie kann ich jemanden beeindrucken oder wie kann ich eine neue Idee umsetzen, um ein Problem zu lösen? Zusammenfassung: Diese vier Arten des Denkens sind Werkzeuge, die uns helfen, Wissen zu repräsentieren, zu verarbeiten, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Häufig greifen diese Denkweisen ineinander. 2. Theorie der dualen Codierung Die Theorie der dualen Codierung besagt, dass wir Informationen auf zwei verschiedenen Wegen speichern: o Verbales/propositionales Denken: Dies betrifft das sprachliche Wissen, also das, was wir innerlich sprechen können. o Bildhaftes/analoges Denken: Dies betrifft visuelle Vorstellungen, also das, was wir uns im Geist „sehen“ können. Diese duale Codierung ermöglicht es, dass Informationen auf zwei Wegen verarbeitet und gespeichert werden, was die Erinnerung und das Abrufen von Wissen erleichtert. 3. Was ist ein Konzept? Konzepte sind kognitive Repräsentationen von Arten oder Eigenschaften von Dingen. Sie umfassen Eigenheiten oder Relationen, die einer Klasse von Objekten oder Ideen gemeinsam sind. Konzepte sind hierarchisch aufgebaut und in Netzwerken miteinander verbunden. Sie helfen uns, die Welt in kognitiv handhabbare Einheiten zu unterteilen. Beispiel: Das Konzept „Baum“ umfasst typische Merkmale wie „Stamm“, „Blätter“, „Wurzeln“. Auch nicht sichtbare Eigenschaften eines Objekts können durch Konzepte abgeleitet werden, wie beispielsweise das Kerngehäuse eines Apfels. Kategorisierung: Wir ordnen Objekte zu Konzepten und behandeln sie entsprechend. Diese Kategorisierung hilft uns, die Komplexität der Welt zu reduzieren und Vorhersagen zu treffen. 4. Wie entscheidet man, ob ein Objekt zu einer Kategorie gehört? Es gibt drei grundlegende Theorien zur Kategorisierung: Kritische Merkmalsintegrationskategorie: o Konzepte werden durch eine Reihe notwendiger und hinreichender Merkmale definiert. Ein Objekt gehört zur Kategorie, wenn alle Merkmale erfüllt sind. o Beispiel: Ein „Junggeselle“ muss männlich, erwachsen und alleinstehend sein. o Vorteil: Klare und präzise Definitionen. o Nachteil: Natürliche Konzepte sind oft unscharf und passen nicht immer zu dieser Theorie. Prototypenhypothese: o Konzepte werden durch einen typischen Prototyp beschrieben, der die zentralen Merkmale der Kategorie enthält. Der Prototyp ist der "Durchschnitt" aller Mitglieder einer Kategorie. o Beispiel: Ein typischer Vogel ist gefiedert, zweibeinig und kann fliegen. Ein Pinguin passt weniger gut in diese Kategorie, da er flugunfähig ist. o Vorteil: Erklärt, warum manche Mitglieder einer Kategorie als „typischer“ wahrgenommen werden als andere. o Nachteil: Es gibt keine festen Definitionen und Konzepte haben unscharfe Grenzen. Exemplarbasierter Ansatz (Exemplartheorie): o Konzepte basieren auf gespeicherten Beispielen aus der realen Welt. Es gibt keinen festen Prototypen, sondern jedes Exemplar ist individuell. o Beispiel: Ein „Vogel“ ist ein individueller Vogel, den man gesehen hat (z.B. eine Meise oder ein Rotkehlchen). Diese Exemplare dienen als Referenz, um neue Exemplare zu vergleichen. o Vorteil: Die Theorie erklärt die Variation innerhalb von Kategorien. o Nachteil: Es erfordert einen hohen Speicheraufwand, da viele Beispiele gespeichert werden müssen. Fazit: Es gibt keine universell gültige Theorie. Welche Theorie zur Kategorisierung verwendet wird, hängt vom Konzept und den Umständen ab. 5. Strategie des Hypothesentestens Beim Hypothesentesten wird häufig ein bekanntes Beispiel eines Konzepts verwendet. Abstrakte Merkmale werden herausgearbeitet, und neue Objekte werden damit verglichen. Wenn ein neues Objekt mit der Hypothese übereinstimmt, wird die Hypothese gestärkt, andernfalls wird sie verworfen oder angepasst. Diese Strategie hilft dabei, neue Objekte in bestehende Kategorien einzuordnen. 6. Erlernen von Konzepten nach Heidbreder (1947) Versuchsaufbau: Erwachsene Teilnehmer sollten Bilder von Objekten sehen, die nach Oberbegriffen klassifiziert werden können. Diese Bilder wurden mit sinnfreien Silben (z.B. „Dilt“ oder „Relk“) verknüpft, um neue Begriffe zu bilden. Ergebnis: Abhängig vom Abstraktionsgrad der Begriffe variiert die Zeit, die benötigt wird, um den neuen Begriff zu lernen. Konkrete Begriffe werden schneller gelernt als abstrakte. Averbale Begriffsbildung: Auch Tiere und Kinder können Konzepte durch Belohnung und Bestrafung lernen, ohne verbale Anweisungen zu erhalten. Hier wird der Begriff „ungleich“ als Mustererkennung erlernt. 7. Propositionen Proposition: Die kleinste Wissenseinheit, die als wahr oder falsch beurteilt werden kann. Beispiel: Der Satz „Die neue Präsidentin der TU Braunschweig ist eine begeisterte Radfahrerin“ enthält mehrere Propositionen: o P1: Es gibt eine Präsidentin an der TU Braunschweig., P2: Sie ist neu., P3: Sie ist eine begeisterte Radfahrerin. 8. Mentale Rotation nach Metzler & Shephard (1974) Experiment: Den Teilnehmern wurden Buchstaben gezeigt, die in unterschiedlichen Winkeln rotiert wurden. Sie sollten entscheiden, ob der Buchstabe in seiner normalen oder spiegelverkehrten Form gezeigt wurde. Ergebnis: Es zeigte sich, dass die Teilnehmer mehr Zeit benötigten, wenn der Buchstabe stärker rotiert war, was darauf hindeutet, dass sie das Bild mental rotieren mussten, um die Entscheidung zu treffen. 9. Scannen mentaler Bilder nach Brooks (1968) Experiment: Teilnehmer sollten sich ein visuelles Bild einprägen und dann Fragen dazu beantworten, indem sie bestimmte Stellen im Bild visuell „abscannten“. Ergebnis: Es wurde festgestellt, dass beim Scannen mentaler Bilder ähnliche Ressourcen wie beim realen visuellem Abtasten benötigt werden. Die benötigte Zeit war länger, wenn die gesuchte Stelle im Bild weiter entfernt war. 1. Deduktive Schlüsse: Definition: Deduktion bezeichnet eine Schlussfolgerung, bei der aus allgemeinen, vorgegebenen Prämissen neue, spezifische Aussagen zwingend abgeleitet werden. Die Schlussfolgerung ist immer wahr, wenn die Prämissen wahr sind. Beispiel für einen deduktiven Schluss: o Prämisse 1: Alle Kreter sind Lügner. o Prämisse 2: Epimenides ist ein Kreter. o Konklusion: Also ist Epimenides ein Lügner. Dieser Schluss folgt dem Modus Ponens (Wenn A, dann B; A ist wahr, also ist B auch wahr). Eigenschaften der Deduktion: o Prämissen: Ausgangsaussagen, die als allgemein wahr vorausgesetzt werden. o Konklusion: Die logisch abgeleitete Schlussfolgerung. o Zwingende Ableitung: Der deduktive Schluss ist stets gültig, wenn die Prämissen wahr sind. o Fehlbeurteilungen im Alltag: Im alltäglichen Denken kann Deduktion zu Fehlschlüssen führen, wenn die Prämissen nicht richtig oder zu ungenau sind. 2. Induktive Schlüsse: Definition: Induktive Schlüsse ziehen allgemeine Aussagen oder Gesetzmäßigkeiten aus spezifischen Beobachtungen. Diese Schlüsse sind probabilistisch, also sie sind mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wahr, aber nicht zwingend. Induktion ist im Gegensatz zur Deduktion nicht absolut, sondern basiert auf Wahrscheinlichkeiten. Beispiel für einen induktiven Schluss: 1. Beispiel 1: Mein Nachbar zur Rechten und der Nachbar gegenüber sind nett. Schlussfolgerung: Alle Nachbarn sind nett. 2. Beispiel 2: Unsere Nachbarn und die Nachbarn unserer Freunde sind nett. Schlussfolgerung: Alle Nachbarn sind nett. 3. Beispiel 3: Meine Nachbarn sind nett. Schlussfolgerung: Also sind auch deine Nachbarn nett. Arten der Induktion: 1. Von wenigen Elementen auf die Gesamtheit: Wenn nur wenige Einzelfälle beobachtet werden, schließt man auf die gesamte Gruppe. 2. Von Teilklassen auf die Gesamtheit: Wenn mehrere Teilgruppen beobachtet wurden, wird auf die Gesamtgruppe geschlossen. 3. Von einer Teilklasse auf eine andere Teilklasse: Innerhalb derselben Gesamtgruppe wird von einer Teilklasse auf eine andere geschlossen. Unsicherheiten der Induktion: o Induktive Schlüsse sind keine sicheren Aussagen, sondern basieren auf Wahrscheinlichkeiten. Ein klassisches Beispiel ist der Fehler, aufgrund der Häufigkeit weißer Schwäne zu schließen, dass alle Schwäne weiß sind, bis man einen schwarzen Schwan sieht. Induktive Schlussfolgerungen sind dynamisch und iterativ: o Induktion kann weiterentwickelt werden, indem neue Beobachtungen gemacht und die Hypothesen angepasst werden (z.B. das Konzept von „Vögeln“ wird durch die Entdeckung von Pinguinen erweitert). Induktion bei der Konzeptbildung: o Induktive Schlüsse ermöglichen es, neue Konzepte zu bilden, indem man von spezifischen Beobachtungen allgemeine Merkmale ableitet. Dies ist auch die Grundlage dafür, neue Objekte auf Grundlage bestehender Konzepte zu kategorisieren. 3. Probleme: Definition von Problemen: Ein Problem entsteht, wenn ein unerwünschter Anfangszustand vorliegt, der durch eine Barriere von einem gewünschten Zielzustand getrennt ist. Kennzeichen eines Problems: 1. Unerwünschter Anfangszustand: Ein Zustand, der als unbefriedigend oder problematisch wahrgenommen wird (z.B. Sultan kann die Banane nicht erreichen). 2. Erwünschter Zielzustand: Der Zustand, in dem das Problem gelöst ist (z.B. Sultan hat die Banane erreicht). 3. Barrieren: Hindernisse oder Einschränkungen, die den Übergang vom Anfangszustand zum Zielzustand erschweren. Diese können physischer, kognitiver oder regelbasierter Natur sein. 4. Eigenschaften des Problemlösens: 1. Zielgerichtetheit: o Problemlösen ist immer auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet. Im Beispiel des Affen Sultan geht es darum, die Banane zu erreichen. 2. Zerlegung in Teilziele: o Wenn das Hauptziel nicht sofort erreichbar ist, wird es in kleinere, erreichbare Teilziele unterteilt. Dies reduziert die Komplexität und ermöglicht schrittweises Vorankommen (z.B. Sultan muss die Stangen zusammenstecken, um sie lang genug zu machen). 3. Anwendung von Operatoren: o Operatoren sind Handlungen oder Regeln, die den Zustand im Problemraum verändern. Zum Beispiel könnte Sultan als Operator die Stangen miteinander verbinden, um das Ziel zu erreichen. 5. Problemlösestrategien: 1. Unterschiedsreduktion: o Definition: Schrittweise Reduzierung des Unterschieds zwischen dem Ausgangs- und dem Zielzustand. o Beispiel: Der Arbeitsweg wird durch verschiedene Verkehrsmittel bewältigt, wie das Auto oder zu Fuß. o Problem: Diese Strategie kann in die Irre führen, wenn der direkte Weg nicht optimal ist (z.B. der "Hobbit-Orc-Problem"). 2. Mittel-Ziel-Analyse: o Definition: Der Ausgangszustand wird mit dem Zielzustand verglichen, und Mittel zur Überbrückung dieses Unterschieds werden gesucht. Dabei werden Unterziele gebildet. o Beispiel: Das Auto ist defekt – die Batterie muss ersetzt werden. Ein Zwischenziel ist der Weg zur Werkstatt. o Vorteil: Diese Strategie ermöglicht indirekte Schritte, die langfristig zum Ziel führen, auch wenn sie den Unterschied zunächst vergrößern. 3. Rückwärts-Analyse: o Definition: Vom Ziel aus rückwärts denken, um die nötigen Schritte zu identifizieren. Diese Strategie eignet sich besonders für mathematische Probleme, Labyrinthe oder bei der Planung kürzester Verbindungen. o Beispiel: In einem Labyrinth analysiert man vom Ausgangspunkt rückwärts, um den besten Weg zu finden. 4. Analogie-Bildung: o Definition: Die Übertragung bekannter Lösungen auf neue Probleme. Dies basiert auf der Anwendung von Analogien. o Beispiel: Rutherford verwendet das Sonnensystemmodell, um Atome zu erklären, oder Kekulé nutzt eine ähnliche Struktur zur Erklärung der Benzolformel. o Herausforderung: Eine erfolgreiche Analogie erfordert, dass die Übertragung der Lösung korrekt und sinnvoll ist. 5. Funktionale Fixierung: o Definition: Die kognitive Bindung eines Objekts an seine übliche Funktion verhindert kreative Lösungen. o Beispiel: Im "2-Seile-Problem" muss man ein Seil als Pendel benutzen, oder im "Kerzenproblem" muss eine Streichholzschachtel als Halterung für eine Kerze verwendet werden. o Herausforderung: Diese Fixierung hindert uns daran, neue Nutzungsmöglichkeiten für bekannte Objekte zu erkennen. 6. Phasen des kreativen Problemlösens: 1. Problematisierung: o Definition: Zu Beginn des kreativen Problemlösens wird das Problem erkannt und eine präzise Frage gestellt. o Beispiel: Der Affe Sultan erkennt das Problem: „Ich kann die Banane nicht erreichen.“ 2. Exploration: o Definition: In dieser Phase wird das Problem aus verschiedenen Blickwinkeln und Perspektiven erforscht, um ein besseres Verständnis zu erlangen. o Beispiel: Sultan prüft die Stangen und deren Möglichkeiten, sie miteinander zu verbinden. 3. Inkubation: o Definition: Hier wird das Problem kurzzeitig „vergessen“, um dem Unterbewusstsein Raum für neue Lösungsansätze zu geben. Dies kann oft zu unerwarteten Lösungen führen. o Beispiel: Sultan spielt oder ruht sich aus, und währenddessen könnte ihm eine Lösung einfallen. 4. Heuristische Regression: o Definition: Spontan auftretende Lösungen werden geprüft und weiterentwickelt. Neue Ideen und Ansätze kommen durch kreative Denkprozesse auf. o Beispiel: Sultan könnte spontan darauf kommen, die Stangen zu verbinden, um die Banane zu erreichen. 5. Elaboration: o Definition: In dieser Phase wird die gefundene Lösung weiter ausgearbeitet und perfektioniert. o Beispiel: Sultan verwendet die verbundenen Stangen und erreicht schließlich die Banane. 7. Zusammenfassung des Problemlösens: Problemraum: Beinhaltet alle möglichen Zustände zwischen Ausgangszustand und Zielzustand sowie alle möglichen Operatoren, die zur Lösung führen. Systematische Ansätze: Menschen verwenden systematische Suchstrategien und Methoden zur Problemlösung, im Gegensatz zu zufälligen Versuch-Irrtum-Strategien. Zielgerichtete Problemlösung: Der Problemlösungsprozess umfasst das Erkennen eines Problems, die Anwendung von Operatoren, die Zerlegung in Teilziele und das Überwinden von Barrieren, um den Zielzustand zu erreichen.