Klinische Psychologie Zusammenfassung PDF

Summary

Diese Zusammenfassung behandelt die Einführung in die Klinische Psychologie, einschließlich der Klassifikation und Epidemiologie psychischer Störungen. Sie beleuchtet Aspekte wie Diagnostik, Therapie, und die Rolle verschiedener Klassifikationssysteme wie DSM und ICD. Die Zusammenfassung ist nützlich für Studierende und Fachleute im Bereich der Psychologie.

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* · Hätterosexuell Zusammenfassung Klinische Psychologie 1. Einführung => a) Klinis...

* · Hätterosexuell Zusammenfassung Klinische Psychologie 1. Einführung => a) Klinische Psychologie Bedeutung klinischer Psychologie I Anwendungsfach/Teilgebiet der Psychologie Verständnis psychischer Störungen + psychischen Aspekten somatischer Störungen über alle Altersstufen Themen: Ätiologie und Bedingungsanalyse, Klassifikation und Diagnostik, Prävention, Psychotherapie und Rehabilitation, Epidemiologie, Gesundheitsversorgung und Evaluation Entscheidung ob psychische Störung vorliegt Medizinisches Krankheitsmodell ➔ Diagnose einer (biologischen) Krankheitsursache Deskriptiver Ansatz ➔ Erfassung der Krankheitssymptome und Zusatzmerkmale abweichenden Erlebens und Verhaltens - Leiden - Beeinträchtigungen - Funktionsstörungen ➔ Diagnostik und Klassifikation (dimensional, kategorial) ➔ Psychische Störungen - sinnvolle und nützliche Konstrukte (nach aktuellem Stand) - Krankheitssymptome → Beeinträchtigungen und Funktionsstörungen + Leiden Hilfe → Interdisziplinarität bei der Versorgung Psychologische Psychotherapeuten (Verhaltenstherapie/Analytische Psychotherapie) → geschützter Beruf Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie Facharzt für psychosomatische Medizin Heilpraktiker für Psychotherapie Coach Hypnotherapeutin Indikation von Psychotherapie Abhängigkeit von Diagnose psychischer Störung Entscheidung für Intervention vor Hintergrund: ➔ Aktuelle Evidenz ➔ Individuelle Merkmale von Patienten ➔ Präferenzen und Ziele von Patienten  Prävention, Psychotherapie und Rehabilitation Ursachen psychischer Störungen Traditionelle Grundannahmen ➔ Neurobiologische Perspektive ➔ Psychodynamische Perspektive ➔ Kognitiv-verhaltenstherapeutische Perspektive ➔ Systemische Perspektive ➔ Integrativer Ansatz (bio-psycho-soziale) Modelle - hetterosexueller Mann 1 Ziel: ➔ Empirische Antwort ➔ (Weiter-) Entwicklung therapeutischer Interventionen zur Veränderung dieser Prozesse  Ätiologie und Bedingungsanalyse 2 2. Klassifikation und Epidemiologie a) Klassifikation Themen der Klassifikation Anzahl verschiedener existierender Störungen Unterscheidung von psychischen Störungen Art und Weise, wie verschiedene Psychologen zur selben Diagnose kommen Psychische Störungen Merkmale: ➔ Verhaltens- oder psychisches Syndrom oder Muster ➔ Verhaltensmäßige, psychische oder biologische Funktionsstörung ➔ Klinische Bedeutsamkeit ➔ Einhergehen mit Leiden, Beeinträchtigung oder erhöhtem Risiko zu sterben Praktische Herausforderungen Schweregrad, ab dem psychische Störung vorliegt Abgrenzung verschiedener Störungen Kommunikation über Störungen Wichtige Begriffe Klassifikation Einteilung von Phänomenen, Merkmale charakterisiert, in nach Klassen gegliedertes Syste = Einteilung/Einordnung von Phänomenen, die durch bestimmte Merkmale charakterisiert sind, in nach Klassen gegliedertes System (→ psychische Störungen) Bsp.: Angststörungen, Depression.. Taxonomie = Systematische Ordnung nach festen Regeln DSM-5, ICD Klassen = Gruppen mit gemeinsamen Merkmalen Klasse Angststörung unterteilt in phobie, panikstörung Nosologie = Versuch einer eindeutigen und logischen Unter-, Neben- und Überordnung beschriebener Krankheiten nach einheitlichen Gesichtspunkten Störungen klar voneinander abzugrenzen ➔ Ziel: Schaffung eines logischen und vollständigen Systems von Störungen Ziele diagnostischer Klassifikationssysteme Ableitung von Diagnosen Differentialdiagnostik Ökonomie von Diagnostik und Therapie Kollegiale Kommunikation über psychische Störungen Versicherungsrechtliche, juristische und abrechnungstechnische Belange Screening- und Diagnoseverfahren Lehr- und didaktische Zwecke → Ausbildung und Patientenaufklärung Probleme früher Klassifikationssysteme Geringe Reliabilität Keine Übereinstimmung („Schulen“/Institutionen/Länder) Regelwerk = „Kunst“ → adäquate Anwendung nur durch Psychotherapeuten Keine prognostische und therapeutische Validität Hohe Stigmatisierungsgefahr Breiter Interpretationsspielraum in Terminologie 3 Basis auf ungeprüften theoretischen Annahmen (Neurose vs. Psychose, endogen vs. reaktiv)  Reliabilität psychiatrischer Diagnosen 1974 → geringe Reliabilität Nosologische vs. deskriptive Klassifikationssysteme Idealtypisches (nosologisches) Klassifikationssystem ➔ Konsistente/eindeutige/logische Ordnung von Krankheiten nach eindeutigen Gesichtspunkten ➔ Vollständige Berücksichtigung aller vorkommenden Phänomene und Faktoren ➔ Basis: objektive Erscheinungen + ätiologische Ursachen ➔ Umsetzbarkeit auf psychische Störungen fragwürdig Deskriptives Klassifikationssystem mit expliziten Kriterien ➔ Basis: subjektiv-verbale Informationen + Beobachtung und Beurteilung ➔ Explizite Kriterien bezüglich notwendiger und hinreichender Bedingungen → Zuordnung von Zeichen/Beschwerden/Auffälligkeiten/Befunde zu Stellenwert eines Symptoms ➔ Modellvorstellung: - Beschwerden, Klagen, Verhaltensweisen (physiologisch/motorisch/sozial/kognitiv/affektiv) - Symptome/Befunde (Ausgewählte spezifisch und explizit definierte Aspekte) - Syndrom (überzufällig häufige, theoretisch und empirisch sinnvolle Symptomkombination) - Diagnose/Störung/Krankheit (Einbeziehung von Zusatzkriterien → Beginn, Verlauf, Diagnose) DSM-III → Paradigmenwechsel Explizite/deskriptive Kriterien + eindeutige Nomenklatur + Verbindlichkeit für alle Schulen + Neutralität in Hinblick auf ätiologische Theorien + Standardisierung diagnostischer Entscheidungen + Multiaxiale Struktur + Komorbiditätsprinzip (= Kombinationsmöglichkeit verschiedener psychischer Störungen) Wichtige Klassifikationssysteme DSM ➔ Herausgeber: APA ➔ Goldstandard in Forschung ➔ Revision durch Expertengremien (Basis auf „Field trials) ➔ Aktuell: DSM-5 ICD ➔ Herausgeber: WHO ➔ Interanationale Verbindlichkeit für Gesundheitssysteme ➔ In Deutschland: Abrechnung mit Krankenkassen nur über ICD-Diagnose ➔ Kodierung für alle Erkrankungen ➔ Aktuell: ICD-10 ➔ Gliederung: F00-F99 = psychische und Verhaltensstörungen ICD 11: internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (German Modification) ➔ Geltung und Kennzeichen - Digitalisierung: Kodiertool, Informations-/Trainingsmaterial - Neue Störungsbilder: Gaming Disorder, zwanghaftes Sexualverhalten, komplexe posttraumatische Belastungsstörung, prolongierte Trauer - Neues Konzept für Persönlichkeitsstörungen: Schweregrad von Beeinträchtigungen im Funktionsniveau sowie maladaptive Persönlichkeitstraits ➔ Chapter 6: Mental, Behavioral or Neurodevelopmental Diseases 4 - Inhaltliche und strukturelle Annäherung an DSM-5 ➔ Praktikabilitätsanspruch ➔ Guidelineartige Beschreibung von Störungen ➔ Vermeidung von willkürlichen Cut-Offs und eng definierten Zeitvoraussetzungen + weichere Formulierung von Störungsdarstellungen (dennoch Evidenzbasierung) ➔ Stammdiagnosen + Specifier → Präzisierung der Ausprägung und Symptomatik Kontroversen Kategoriale vs. dimensionale Ansätze ➔ Künstliche Dichotomisierung (dimensionale Sichtweise besser) ➔ Gegenargument: Beeinträchtigung erst ab bestimmten Schweregrad Kultur- und Kontextspezifität von Diagnosen ➔ Keine gleiche Gültigkeit von Diagnosen für nicht-westliche Gesellschaften (ICD → Berücksichtigung kulturspezifischer Phänomene) ➔ Gesellschaftliche Entwicklungen (z.B. dissoziative Identitätsstörung, Homosexualität) Revisionsprozesse nicht immer nach rationalen Prinzipien Zu starke Ausdifferenzierung der Diagnosen Stigmatisierende Diagnosen Störungen = soziale Konstruktionen (keine realen Entitäten) RDOC Research Domain Criteria → Kombination verschiedener Domänen für bessere Behandlungen Negative valence (Fear, Anxiety, Verlust, …) Positive valence (Annäherungsmotivation, Belohnungssensitivität, Belohnungslernen, …) HierarchischeTaxonomie Cognitive (Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Sprachverhalten, Gedächtnis, …) of Psychopathologic CHiTop) Social (soziale Kommunikation, Bestätigung, Selbstwahrnehmung) Arousal + Regulation (Rhythmen, Schlaf, …) Durchsetzung der Klassifikation Deutliche Verbesserung der Reliabilität bei Diagnosestellung Unterstützung der Entwicklung effektiver störungsspezifischer Therapien Ableitung therapeutischer Konsequenzen Abrechnung mit Krankenkassen nur mit Diagnose Erfassen von Diagnosen Freie klinische Interviews ➔ Unterschiedliche Fragetechniken → unterschiedliche Informationen (Informationsvarianz) ➔ Variation der Interpretation gleicher Information ohne klare Angaben (Beobachtungs- /Interpretationsvarianz) ➔ Lösung: Strukturierung und Formalisierung Strukturierte klinische Interviews ➔ Vorgegeben: - Fragen, Reihenfolge, Sprungregeln, Kodierschema, Auswertungsalgorithmus ➔ Spielraum: - Zusatzfragen, ergänzende Exploration - Klinischer Beurteilungsraum ➔ Voraussetzungen: - Kenntnis des DSM-Manuals - Klinisch-psychologische Erfahrung - Training Standardisierte diagnostische Interviews ➔ Höchste Stufe der Formalisierung 5 ➔ Alle Fragen vorgegeben ➔ Beurteilungsmaßstab: Antworten von Patienten - Klinische Entscheidung nur in Ausnahmefällen ➔ Vorteil: Einsatz durch trainierte Laien möglich ➔ Beispiele: DIS + CIDI b) Epidemiologie Fragen der Epidemiologie Häufigkeit psychischer Störungen Ausmaß der Beeinträchtigung durch psychische Störungen Wichtige Begriffe Deskriptive Epidemiologie = räumliche/zeitliche Verteilung und Determinanten von Gesundheit/Krankheit/ Beeinträchtigungen/Mortalität in definierten Populationen Analytische Epidemiologie = Untersuchung von Verlauf/Ursachen/Risiko- und Auslösefaktoren Unterscheidung von Quellpopulation (Stichprobe) und Zielpopulation (Gruppe über die Aussage getroffen werden soll) → im Idealfall identisch Interpretation epidemiologischer Ergebnisse (wichtige Faktoren) Bezug auf spezifische Populationen und Stichprobendesigns „Falldefinitionen“ = Grundlage, die nicht deckungsgleich mit klinischen Diagnosen sein müssen Nutzung genau definierter epidemiologischer Maße, die nur spezifischen Gültigkeitsbereich haben (z.B. Lebenszeitprävalenz, Punktprävalenz) Wichtige Begriffe der deskriptiven Epidemiologie Prävalenz = Häufigkeit einer Störung (Anteil der Fälle in definierter Population) ➔ Punktprävalenz Stichtag = Häufigkeit an einem bestimmten Stichtag ➔ 12-Monatsprävalenz vergangene Jahr = Häufigkeit auf das vergangene Jahr ➔ Lebenszeitprävalenz Lebensspanne = Häufigkeit auf die gesamte Lebensspanne ➔ Wahre Prävalenz Allgemeinbevölkerung = Häufigkeit in Allgemeinbevölkerung ➔ Behandlungsprävalenz Behandlungseinrichtung = Häufigkeit in einer Population, die in Kontakt mit Behandlungseinrichtung steht Lebenszeitrisiko = Risiko für die Entwicklung einer psychischen Störung, projiziert auf die gesamte Lebensdauer Inzidenz = Häufigkeit des Neuauftretens einer Störung innerhalb eines bestimmten Zeitraums Typische Datenbasis der Epidemiologie Querschnittsstudie Geographisch definierte Population/definierte Kohorte Untersuchung der Gesamtpopulation oder einer großen, repräsentativen Stichprobe (häufig) 6 Strukturierte oder standardisierte Interviews → Erfassung Methodische Merkmale guter epidemiologischer Studien Repräsentativität der Stichprobe Hohe „Response Rate“ Stichprobengröße (v.a. bei seltenen Phänomenen) Exakte Falldefinition Messqualität ➔ Verwendung adäquater Diagnoseinstrumente ➔ Durchführungsqualität ➔ Ermüdung bei langen andauernden, aufwendigen Messungen Angemessene statistische Methoden Angabe von Konfidenzintervallen Epidemiologie psychischer Störungen Häufigkeiten (12-Monatsprävalenz) ➔ Depression, Phobien, Somatoforme Störungen, Alkoholabhängigkeit, … Ausmaß der Beeinträchtigungen durch psychische Störungen ➔ Beispiel: Global Burden of Disease Project (WHO) ➔ DALY (= Disability-adjusted life years lost( - Hohe Werte = niedrige Lebensqualität - Länder- und kulturübergreifender Vergleich - Berechnung: DALY =YLL (=years of life lost) + YLD (=years lived with disability) 7 3. Angststörungen a) Angst Angst (Fragen) Ursache, Dauer, Zeitpunkt, Gründe, Aufhören Normale vs. pathologische Angst Echter vs. falscher Alarm (Abwesenheit von lebensbedrohlichen Stimuli) Dysfunktionale Kognition (Basis auf nichtzutreffender Bewertung) Situation falsch bewerten Beeinträchtigung des Funktionsniveaus Leben ist beeinträchtigt Persistenz bleibt gestehen, nicht alleine weg Angst vs. Furcht Furcht (Panik m = subjektiv empfundene starke e Furcht oder drohendes t Unheil) ➔ Reaktion auf unmittelbare Bedrohung ➔ Starke physiologische Erregung Herzrasen, Schwitzen ➔ Handlungsimpuls „fight or flight“ musse Angst (Vorbereitung auf nächsten Panikanfall) ➔ Reaktion auf zukünftige Bedrohung ➔ Moderate physiologische Erregung Unruhe, nervös ➔ Handlungsimpuls: „prepare or avoid“ Transdiagnostisches Modell der Bedrohungsnähe → dynamische Aktivierung defensiver Reaktionen (mit zunehmender Nähe der Bedrohung) Phasen: ➔ Pre-Encounter Defense → potenziell gefährlicher Kontext ➔ Post-Encounter Defense → phobisches Objekt ist da sehen, hören, nicht direkt bedrohlich ➔ Circa-Strike Defense → Fastangriff Gefahr direkt da Angst/Vermeidung/distale Bedrohung: Präfrontaler Kortex + laterale Amygdala Einfrieren/Furcht/proximale Bedrohung: zentrale Amygdala + peri-aquäduktales Grau b) Spezifische Phobie Definition (DSM-5) A) Furcht/Angst vor spezifischen Situationen/Objekten B) Fast immer Angst-/Furchtreaktion C) Vermeidung/Ertragen unter starker Furcht/Angst D) Unverhältnismäßigkeit des Ausmaßes von Furcht/Angst Angst, stärker als nötig E) Anhaltende Furcht/Angst/Vermeidung (>6 Monate) F) Leiden und Beeinträchtigung G) Keine bessere Erklärung durch andere psychische Störung Subtypen (DSM-5) → Specifier Tier-Typ (am häufigsten) Umwelt-Typ (z.B. Höhen, Stürme, Wasser) Blut-Spritzen-Verletzungs-Typ Situativer Typ (z.B. Flugzeuge, Fahrstühle, enge, geschlossene Räume) Anderer Typ (z.B. Situationen, die zu Ersticken oder Erbrechen führen könnten) Prävalenz 8 Lebenszeit: 8-12% 12-Monate: 6,4% Entstehung → Konditionierungsmodelle Zwei-Faktoren-Theorie ➔ Entstehung: klassische Konditionierung (vgl. kleiner Albert → Kopplung von CS mit US) ➔ Aufrechterhaltung: operante Konditionierung (negative Verstärkung der Vermeidung) ➔ Probleme: - Selektivität von Phobien (Spinnenphobien häufiger als Messerphobien?) - Äquipotenzialität von Reizen für klassische Konditionierung nicht gegeben (nicht alle Reize gleichermaßen als CS geeignet) - Seltenere Erinnerung an traumatische Erfahrungen mit CS-US-Kopplung - Andere Formen des Angsterwerbs möglich (z.B. Information) Modifikationen der Konditionierungstheorien ➔ Preparedness-Theorie → biologische Vorbereitung mancher Reize für Furchtkonditionierung ➔ Stimulusgeneralisierung → Auslösen der Furchtreaktion auch durch ähnliche Reize ➔ Faktoren mit Einfluss auf die Stärke der Konditionierung - Vorerfahrungen mit CS - Informationsgehalt von CS - kognitive Faktoren (Informationen über Zusammenhang) - individuelle Unterschiede (Neurotizismus, Konditionierbarkeit) Three-Pathway-Model (Drei Wege zur Angst) Hunden ➔ Klassische Konditionierung Kind Kind von von HundAngst Hund gebissen - vor gebissen --> Angst vor Hunden Kind Anget vor Spinnen ➔ Modelllernen Eltern Eltern Angst Spinnenangst Spinnen z -> Kind Spinnenangst vor gefährlich - Angst vor Schlangen Information das Schlangen ➔ Instruktionslernen Viele häutige , + Durch infos: Schlangen gefährlich -> Angst vor Schlangen Behandlung Kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition in vivo Leitlinien (insgesamt?) ➔ Aktuell beste Evidenz für kognitive Verhaltenstherapie ➔ Konfrontation als wichtiges Element der Behandlung von Angststörungen Exposition in vivo = Angst direkt stellen ➔ Prinzipien - Konfrontation mit gefürchtetem Reiz/Situation - Unterbindung von Vermeidung/Sicherheitsverhalten - Langanhaltende und wiederholte Durchführung ➔ Zentrale Intervention in Behandlung von Phobien und Zwangsstörungen ➔ Häufiger Bestandteil in Behandlung PTBS generalisierter Angststörung ➔ Ablauf: 1) Diagnostische Phase 2) Erstellen von Angsthierarchie 3) Kognitive Vorbereitung 4) Planung 5) Durchführung der ersten Expositionssitzung (mit Therapeuten) 6) Häufige Wiederholung der ersten Situation (mit und ohne Therapeuten) 7) Durchführung weiterer Expositionen nach Angsthierarchie inklusive häufige Wiederholung 8) Selbstkontrollphase und Rückfallprophylaxe ➔ Angstverlaufskurven (Erwartung vs. Habituation vs. Vermeidung/Ritual) ➔ Neuere Entwicklungen mit Virtual Reality Wirkmechanismen ➔ Habituation Angst nimmt ab, wenn öfters aussetzt 9 - Absinken der Reaktionswahrscheinlichkeit zentralnervöser/peripherer Strukturen bei der wiederholten Reizdarbietung ➔ Extinktion - Klassische Sicht: Löschung einer gelernten CS-US-Assoziation - Moderne Sicht: Inhibitionslernen = Bildung neuer Assoziationen ➔ Kognitive Veränderung - Veränderung dysfunktionaler Überzeugungen/ Erwartungen durch korrektive Erfahrungen c) Panikstörung und Agoraphobie Panikattacke (DSM-5) Plötzliche Anflutung intensiver Angst → Höhepunkt innerhalb von Minuten Symptome (mind. 4): ➔ Herzklopfen + Schwitzen + Zittern + Atemnot + Erstickungsgefühle + Schmerzen in der kribbeln + Taubheitsgefühl Brust + Übelkeit + Schwindelgefühle + Kälteschauer/Hitzegefühl + Parästhesien + Derealisation/Depersonalisation + Angst von Kontrollverlust + Todesangst ➔ Am häufigsten: Tachykardie + Hitzewallungen + Beklemmungsgefühle + Zittern Panikanfälle als transdiagnostisches Phänomen ➔ Auftreten bei vielen Angststörungen ➔ Auftreten bei anderen psychischen Störungen sowie gesunden Personen ➔ Phänomenologisch keine systematischen Unterschiede zwischen Panikanfällen bei Panikstörung und anderen Angststörungen ➔ Hauptunterschied Panikanfälle: - Situativ ausgelöst (andere Angststörung) vs. spontan (Panikstörung) - Erwartet (andere Angststörung) vs. unerwartet (Panikstörung) Panikstörung Panikattacke spontan und unerwartet Definition (DSM-5) A) Wiederholte unerwartete Panikattacken B) Symptome (mind. eins), die mind. einen Monat nach Attacken folgen: ➔ Besorgnis/Sorgen über Auftreten weiterer Panikattacken ➔ Deutlich fehlangepasste Verhaltensänderung infolge der Attacken C) Störungsbild nicht durch Substanz oder medizinische Krankheitsfaktoren D) Störungsbild nicht durch andere psychische Störung erklärbar Epidemiologie und Verlauf ➔ Lebenszeit: 2-5% ➔ 12-Monate: 2% ➔ Ca. 2:1 (Frauen:Männer) ➔ Häufig früher Beginn, unbehandelt → chronischer Verlauf ➔ Starke Einschränkungen + häufiges Aufsuchen von medizinischen Notfalleinrichtungen Agoraphobie Definition (DSM-5) A) Ausgeprägte Furcht oder Angst vor folgenden fünf Situationen (mind. 2): ➔ Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel ➔ Auf offenen Plätzen sein ➔ In geschlossenen öffentlichen Räumen sein ➔ Schlange stehen oder in einer Menschenmenge sein ➔ Allein außer Haus sein B) Vermeidung der Situationen, weil Flucht schwierig/Hilfe nicht erreichbar C) Fast immer Frucht- und Angstreaktionen 10 D) Aktive Vermeidung/Aufsuchen nur in Begleitung/Durchstehen unter intensiver Angst E) Unverhältnismäßigkeit F) Andauernde Furcht/Angst/Vermeidung (> 6 Monate) G) Leiden, Beeinträchtigung + Ausschluss medizinischer Krankheitsfaktoren + anderer Störungen Epidemiologie und Verlauf ➔ Lebenszeit: 4% ➔ 12-Monate: 2% ➔ Sehr großer Geschlechterunterschied Frauen mehr ➔ Häufig früher Beginn, unbehandelt mit chronischem Verlauf ➔ Starke Einschränkungen und häufiges Aufsuchen von medizinischen Notfalleinrichtungen Entstehung → Moderne lerntheoretische Modelle Angst → Vorbereitung auf möglichen nächsten Panikanfall Panik = subjektiv empfundene starke Furcht oder drohendes Unheil  Konditionierung von Angst mit internen/externen Reizen → Panikstörung Aspekte: ➔ Generalisierte, biologische Vulnerabilität - Genetisch vermittelte Trait-Angst ➔ Generalisierte, psychologische Vulnerabilität - Frühe Erfahrungen von Unvorhersagbarkeit und Unkontrollierbarkeit - Überbehütender Erziehungsstil der Eltern ➔ Spezifische psychosoziale Vulnerabilität (spezifische Lernerfahrungen) - Modelllernen, operantes Lernen - Reaktion auf Angst mit Vermeidung - Sensibilisierung für mögliche Bedrohung durch körperliche Symptome ➔ Angstsensitivität - Überzeugung, dass Angst und damit assoziierte körperliche Symptome zu schädigenden Konsequenzen führen („Angst vor der Angst“) ➔ Krankheitserfahrungen in der Kindheit ➔ Interozeptive Aufmerksamkeit und/oder erhöhte Interozeptionsfähigkeit Moderne Lerntheorie der Panikstörung ➔ Generalisierte psychologische/biologische Vulnerabilität → Stress → erlernter Alarm → Panikstörung mit/ohne Agoraphobie Entstehung → kognitive Modelle Kognitives Modell der Panikstörung ➔ 3 Arten kognitiver Verzerrungen - Interpretation Bias: Neigung, angstrelevante Reize als bedrohlich zu interpretieren - Attention Bias: selektive Aufmerksamkeit auf bedrohliche Reize - Memory Bias: Fähigkeit, bedrohliche Reize besser zu erinnern ➔ Kern der Panikstörung: Fehlinterpretation von Körperempfindungen ➔ Weitere aufrechterhaltende Faktoren: - Vermeidung - Sicherheitsverhalten - Selektive Informationsverarbeitung Typische Fehlinterpretationen ➔ Herzinfarkt, Ohnmacht, Hirntumor, Schlaganfall, Ersticken, Lähmung, Kontrollverlust, Verrücktwerden, Tod Teufelskreis der Angst ➔ Äußere Reize → Wahrnehmung → Gedanken → Angst → physiologische Veränderungen → körperliche Empfindungen 11 Behandlung Informationsvermittlung (Psychoedukation) Kognitive Interventionen Verbale Methoden Verhaltensexperimente (z.B. Hyperventilationstest) Exposition in vivo d) Soziale Phobie Definition (DSM-5) A) Furcht/Angst vor einer oder mehreren sozialen Situationen, in denen Beurteilung möglich ist (z.B. soziale Interaktionen, Beobachtung durch andere, Leistungserbringung vor anderen) B) Befürchtung der negativen Bewertung der Angst Symptome durch andere C) Furcht-/Angstreaktion fast immer in sozialen Situationen D) Vermeidung/Ertragen unter Angst von sozialen Situationen E) Unverhältnismäßigkeit F) Andauernde Angst (> 6 Monate) G) Leiden und Beeinträchtigung H) Keine Substanz + medizinische Krankheitsfaktoren als Ursache I) Keine bessere Erklärung durch andere psychische Störung  Wichtig: Bestimmen ob „nur in Leistungssituationen gegeben ist“ Typische gefürchtete Situationen Mit Autoritätspersonen sprechen + Gespräch beginnen + Vorstellungsgespräch + vor anderen schreiben + anderen gegenüber die eigene Meinung äußern + … Epidemiologie und Verlauf Lebenszeit: 7% 12-Monate: 2-4% Frauen>Männer (Geschlechtsunterschied weniger deutlich als bei anderen Angststörungen) Häufig früher Beginn + hohe Komorbidität und große Beeinträchtigungen Entstehung → Kognitive Modelle Zentrale Faktoren der Aufrechterhaltung (soziale Phobie) ➔ Schemata/Grundüberzeugungen - negative Überzeugungen bzgl. der eigenen Person (inkompetent; nicht liebenswert; andersartig) - negative Überzeugungen bzgl. sozialer Situationen (andere sind bedrohlich) ➔ Negative mentale Vorstellungsbilder bzgl. Eigener Person in sozialen Situationen ➔ Maladaptive Copingstrategien zur Unterdrückung der Angst/Abwendung wahrgenommener Gefahr („Sicherheitsverhalten“) ➔ Kognitive Verzerrungen in Aufmerksamkeit, Interpretation und Erinnerung ➔ Grübeln/Sich-Sorgen Kognitives Modell sozialer Angst nach Clark X Behandlung Beste Evidenz: KVT Stärkerer Fokus auf kognitive Interventionen (im Vergleich zu anderen Angststörungen) ➔ Psychoedukation 12 ➔ Selbstbeobachtung → Beweise für/gegen + Kosten-Nutzen-Analyse + Dekatastrophierung/Zu-Ende-Denken ➔ Kognitive Umstrukturierung ➔ Identifikation von Denkfehlern ➔ Empirische Hypothesentestung: Verhaltensexperimente - Traditionelle Exposition (Konfrontation mit angstauslösender Situation → keine ② Vermeidung → Ziel: Pat. bleibt in Situation, bis Angst nachlässt → Wiederholte Exposition nach Angsthierarchie) - Verhaltensexperimente (Testen, ob Erwartungen eintreffen → Sicherheitsverhalten reduzieren → Ziel: Pat. bleibt in Situation bis Ergebnis des Experiments deutlich wird) e) Generalisierte Angststörung Definition (DSM-5) Angst/Sorgen bezüglich mehrerer Ereignisse und Tätigkeiten Dauer (>6 Monate) Symptome (mind. 3) ➔ Ruhelosigkeit ➔ Ermüdbarkeit ➔ Konzentrationsschwierigkeiten ➔ Reizbarkeit ➔ Muskelspannung ➔ Schlafstörungen Leiden und Beeinträchtigung Keine andere Ursache/bessere Erklärung Themen → Unterscheidung zu gesunden Personen nur im Ausmaß (Dauer, Belastung, …) Eigene Gesundheit Gesundheit nahestehender Personen Arbeit, Schule, Ausbildung Finanzen Familie Zwischenmenschliche Beziehungen Gesellschaftliche Probleme, Weltgeschehen Umwelt Alltägliche Angelegenheiten Epidemiologie und Verlauf Lebenszeit: 3–6 % 12-Monate: 2–4 % Häufig chronischer Verlauf mit hoher Komorbidität Ca. 2:1 (Frauen:Männer) Entstehung → kognitive Modelle Metakognitive Theorie ➔ Positive Metakognitionen → Sorgenphase → negative Metakognitionen - Positive Metakognitionen: „Meine Sorgen helfen mir, zukünftige Probleme zu vermeiden“ + „Ich brauche meine Sorgen, um gut organisiert zu sein“ + „Wenn ich mir Sorgen über ein negatives Ereignis mache und es tritt ein, dann ist es weniger schlimm für mich, da ich vorbereitet bin“ 13 - Negative Metakognitionen: „Meine Sorgen machen mich noch krank“ + „Ich muss meine Sorgen kontrollieren, sonst werde ich wahnsinnig“ + „Ich sollte meine Gedanken immer unter Kontrolle haben“ ➔ Fokus auf Veränderung der Metakognitionen - Disputation - Verhaltensexperimente - Abbau von Gedankenunterdrückung “Repetitive Negative Thinking“ → Sorgen, Rumination Störungsübergreifender Prozess ➔ Repetitiv, Intrusiv, Unkontrollierbar ➔ Unproduktiv, mental belastend ➔ Abstrakt, verbal (vs. bildhaft) ➔ Vermeidend Transdiagnostischer Mechanismus? ➔ Bei einer Vielzahl von psychischen Störungen erhöht ➔ Prädiziert Risiko und Verlauf unterschiedlicher Störungen f) Zwangsstörungen Definition (DSM-5) A) Zwangsgedanken/Zwangshandlungen B) Verursachung erheblicher Belastung und Zeitaufwand C) Ausschluss anderer Störungen ➔ Neue Gruppe der Zwangsspektrumstörungen - Zwangsstörung - Körperdysmorphe Störung - Pathologisches Horten - Trichotillomanie - Dermatillomanie Epidemiologie und Verlauf Lebenszeit: ca. 2,3% 12-Monate: 0,7-3,8% Meistens Symptome aus 3 oder mehr Bereichen, Bereich des Kontrollierens am häufigsten Kein sign. Geschlechtsunterschied, früher Beginn mit häufig chronischem Verlauf und hoher Komorbidität Zwangsgedanken und -handlungen Zwangsgedanken ➔ Wiederholt aufdringliche/unangemessene Gedanken/Impulse/Vorstellungen → starke Angst + Unbehagen ➔ Keine Sorgen über echte Lebensprobleme ➔ Versuche, Gedanken zu ignorieren/unterdrücken/neutralisieren ➔ Erkenntnis, dass die Gedanken eigenen Geist entsprungen Zwangshandlungen ➔ Wiederholte Verhaltensweisen/geistige Handlungen → Person aufgrund von Zwangsgedanken oder strengen Regeln gezwungen fühlt ➔ Verhindern von Unwohlsein/Verringerung + Vorbeugen gefürchteter Ereignisse/Situationen ➔ Verhalten in keinem realistischen Bezug zu dem, was neutralisiert/verhindert werden soll Typische Zwangsinhalte 14 ➔ Kontamination und Waschen ➔ Tabuisierte und verbotene Gedanken ➔ Pathologisches Zweifeln und Fehler ➔ Symmetrie und Ordnung ➔ Horten Grenze zwischen anormalen und normalen Zwangsgedanken ➔ Ähnlichkeit der Inhalte der Gedanken von Menschen mit und ohne Zwangsstörungen ➔ Beispiele für Zwangsgedanken der gesunden Gruppe → Gewaltigkeit ggü. Kindern, … Entstehung Kognitives Modell der Zwangsstörung ➔ Aufdringlicher Gedanke ➔ Bewertung des Gedankens → Therapeutischer Ansatz ➔ Emotionale Unruhe ➔ Neutralisierung durch Ritual Biologische Korrelate ➔ Genetische Faktoren → Hinweise auf moderate Erblichkeit ➔ Kortiko-striatales Modell - I mbalance zwischen direkter + indirekter Schleife des orbitofrontalen-subkortikalen Kreises - Erhöhter Tonus der direkten Regelschleife: repetitive/situationsinadäquate Verhaltensweisen - Reduzierter Tonus der indirekten Regelschleife → Inhibition der repetitiven Verhaltensweisen reduziert ➔ Neurochemisch-serotonerges Modell - Basis: anti-obsessionale Wirkung von SSRI - Evidenz bisher inkonsistent Behandlung der Zwangsstörung Behandlung erster Wahl: Exposition mit Reaktionsverhinderung ➔ Konfrontation mit Zwangsgedanken/Situationen, die Zwangsgedanken auslösen ➔ Verhinderung der Neutralisierung der Zwangshandlung Beispiel Waschzwang ➔ Anfassen einer Klobrille, ohne danach die Hände zu waschen g) Überblick Spezifische Phobie Unrealistische Angst und Vermeidung eines spezifischen Objektes oder einer spezifischen Situation, die nicht zu einer anderen Angststörung gehört Panikstörung Besorgnis bzgl. Panikanfällen und ihrer Folgen Agoraphobie Unrealistische Angst und Vermeidung von Situationen, in denen Flucht schwierig und/oder Hilfe nicht erreichbar sein könnte Soziale Phobie Unrealistische Befürchtungen bzgl. negativer Bewertung durch andere Generalisierte Angststörung Pathologisches Sich-Sorgen über zwei oder mehr Bereiche, das nicht durch andere Angststörungen erklärt werden kann 15 4. Depressive Störungen a) Symptomatik und Klassifikation der Depression Gesichter der Depression Emotionale Symptome ➔ Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Ängstlichkeit, Verzweiflung, Schuld, Schwermut, Reizbarkeit, Leere, Gefühllosigkeit Physiologisch-vegetative Symptome ➔ Energielosigkeit, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Weinen, Schlafstörungen, Morgentief, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Libidoverlust, innere Unruhe, Spannung, Reizbarkeit, Wetterfühligkeit, allgemeine vegetative Beschwerden (u.a. Magenbeschwerden und Kopfdruck) Kognitive Symptome ➔ Grübeln, Pessimismus, negative Gedanken, Einstellungen und Zweifel gegenüber sich selbst („ich bin ein Versager), den eigenen Fähigkeiten, seinem Äußeren, der Umgebung und der Zukunft, Suizidgedanken, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten, schwerfälliges Denken, übermäßige Besorgnis um die körperliche Gesundheit Behaviorale/motorische Symptome - Verlangsamte Sprache und Motorik, geringe Aktivitätsrate, Vermeidung von # Blickkontakt, Suizidhandlungen, kraftlose,-gebeugte, spannungslose Körperhaltung oder nervöse,~zappelige Unruhe, starre,- maskenhafte, traurige Mimik, weinerlich besorgter Gesichtsausdruck Unterteilung affektiver Störungen Depressive Störungen (unipolar) Bipolare Störungen (manisch-depressiv) Eine oder mehrere depressive Episoden oder Mind. eine manische/sich abwechselnde „dysthyme“ Symptomatik manische, hypomane und depressive Episode bzw. zyklothyme Symptomatik Major Depression, einzelne Episode Bipolar-I-Störung Major Depression, rezidivierend Bipolar-II-Störung Persistierende depressive Störung (DSM-IV: Zyklothyme Störung Dysthyme Störung) Unterteilung depressiver Störungen Traurig/reizbare Stimmung mit weiteren kognitiven/somatischen Symptomen ➔ Episodisch - Major Depression - Prämenstruelle dysphorische Störung ➔ Chronisch/persistierend - Persistierende depressive Störung (Dysthymie) - Disruptive Affektregulationsstörung ➔ Anderweitig - Substanz-/Medikamenteninduzierte depressive Störung - Depressive Störung aufgrund eines anderen medizinischen Krankheitsfaktors - Andere näher bezeichnete depressive Störung - Nicht näher bezeichnete depressive Störung Depressive Störungen Major Depression, einzelne Episode → vollremittiert 16 Major Depression, rezidivierend → vollremittiert Major Depression, rezidivierend → teilremittiert Major Depression, rezidivierend → aktuelle Episode mittelgradig Major Depression, einzelne Episode → schwergradig (=Persistierende depressive Störung → mit persistierender Episode von Major Depression) Persistierende depressive Störung → mit intermittierenden Episoden von Major Depression, ohne aktuelle Episode Persistierende depressive Störung → mit reinem dysthymen Syndrom Major Depression Definition (DSM-5) A) Änderung von Funktionsniveau durch min. 5 Symptome während 2-Wochen-Periode ➔ Symptome: - Depressive Verstimmung - Vermindertes Interesse oder Freude - Gewichtsverlust/Gewichtszunahme - Insomnie/Hypersomnie - Psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung - Müdigkeit oder Energieverlust - Gefühle von Wertlosigkeit + Schuldgefühle - Verminderte Fähigkeit zu denken oder sich zu konzentrieren + verringerte Entscheidungsfähigkeit - Gedanken an den Tod + Suizidvorstellungen ➔ Ein Symptom entweder depressive Verstimmung oder Verlust an Interesse oder Freude B) Leiden und Beeinträchtigung C) Symptome nicht als Folge von Substanz/medizinischen Faktor D) Keine bessere Erklärung durch andere Störung E) Niemals manische oder hypomane Phase Definition (ICD-11) ➔ Hauptsymptome: täglich gedrückte Stimmung + Interessenslosigkeit ➔ Ab 2 Episoden: rezidivierende depressive Störung ➔ Leichte Symptome: Keine starke Ausprägung der Symptome ➔ Moderate Episode: Starke Ausprägung einiger Symptome/geringe Ausprägung vieler Symptome ➔ Schwere Episode: Meiste Symptome stark ausgeprägt Persistierende depressive Störung In DSM-IV: Dysthymie ➔ Dauer: mind. 2 Jahre an Mehrzahl der Tage ➔ Mind. 2 depressive Symptome ➔ Ausschluss einer Major Depression Veränderung DSM-5 ➔ Major Depression kein Ausschluss mehr (Komorbidität) ➔ Kodierung von chronischer Major Depression ➔ Hauptkriterien: - Depressive Verstimmung - 2 aus 6 zusätzlichen Kriterien - Dauer: mind. 2 Jahre (mehr als Hälfte der Tage) b) Epidemiologie und Verlauf Depression als „Volkskrankheit“ 17 Hohe Prävalenz Hohe Folgekosten Prävalenz Lebenszeit: Major Depression: 15-20%, dysthyme Störung: 4,5% 12-Monate: Major Depression: 6-7%, dysthyme Störung: 2% Frauen > Männer Steigende Zahlen mit DSM-5 zu erwarten (Ausschlüsse und Hierarchieregeln gelockert) Verlauf Erster Anstieg der Prävalenzraten im Jugendalter Spontanremission nach 3-4 Monaten bei unbehandelter erster Episode Erhöhte Episodendauer und Chronizitätsrisiko mit jeder Episode Jeweils 1/3 Betroffener haben 1 Episode, rezidivierende Episoden bzw. chronischen Verlauf Hohe Komorbidität (Depression häufig sekundäre Störung) Hohe Folgekosten (Arbeitsausfälle, medizinische Versorgung, Suizidalität) c) Psychologische Modelle der Depression Vulnerabilitäts-Stress-Modell Wichtige ätiologische Faktoren Ursachen ⑭ Genetische Faktoren (polygenetisches Risiko) viele verschiedene Gene tragen bei, nicht einzelnes Psychobiologische Faktoren (biochemische, endokrinologische, neuroanatomische und neuro-funktionelle Befunde) Neurotransmitter, HPA-Achse, Aktivitätunterscchied, Frühkindliche Stresserlebnisse und Traumata Veränderungen der Informationsverarbeitung - Selektive Erinnerung an negative Erlebnisse/Informationen - Depressives Grübeln (Rumination) Rumination bei depression Vergangenheit Soziale Faktoren Rumiation bei Angststörung: Zukunft - Mangel interpersoneller Fähigkeiten - Negative soziale Interaktionen - Geringe soziale Unterstützung Akute Belastungen 18 Lerntheoretisches Modell t Operante Konditionierung: Lernprozess, bei dem Auftretenswahrscheinlichkeit von Verhalten durch Konsequenzen erhöht oder erniedrigt wird ➔ Positive Verstärkung vs. direkte Bestrafung vs. indirekte Bestrafung vs. negative Verstärkung Verstärker-Verlust-Theorie - niedrige Rate an positiver Verstärkung führt zu Depress - zunächst soziale Verstärkung ausgelöst - später soziale Vermeidung -> niedrige Rate an positiver Verstärkung bedingt - Menschen wenden sich zunächst dem Depressivem zu und dann wieder ab, was die Symptomatik verschlimmert Kognitives Modell negative Denkprozesse Depression als Folge dysfunktionaler Kognitionen ➔ Negative automatische Gedanken ➔ Dysfunktionale Grundannahmen / Schemata Negative Schemata werden durch negative früher Erfahrungen erworben und durch belastende Lebensereignisse aktiviert (Verlassenwerden durch Partner aktiviert „ich bin nicht liebenswert) Kognitive Triade ➔ negative Selbsteinschätzung ➔ negative Überzeugungen bzgl. der Umwelt ➔ negative Überzeugungen bzgl. der Zukunft Kognitive Fehler (= kognitive Verzerrungen) → Dysfunktionalen Kognition ➔ Absolutistische/verallgemeinernde/verzerrte/unlogische/unangemessen Fehlschlüsse ➔ Aufkommen in automatischen Gedanken ➔ Entwicklung zu dauerhaften persönlichen Überzeugungen und Ansprüchen ➔ Verstärkung negativer Schemata ➔ Beispiele: Übergeneralisierung, Gedankenlesen, Alles-oder-nichts Denken, Abwehr des Positiven, Personalisierung 19 Ereignisse , wo man mangelnde Kontrolle hatte, für zu depressives Verhalten Modell der erlernten Hilflosigkeit Ausgangspunkt: Mangelnde Kontrolle → Depressives Verhalten Erweiterung: Attribution negative Ereignisse auf internale, globale und stabile Ursachen Globalität = viele Lebensbereiche Stabilität = dauerhaftes Problem Internalität = Ursache bei sich selbst Psychodynamische Modelle Depressiver Grundkonflikt ➔ Frühkindliche Beziehungserfahrung: mangelnde Verfügbarkeit verlässlichen Gegenübers ➔ Wunsch nach Zuwendung vs. Unmöglichkeit, Zuwendung zu fordern/ anzunehmen → Enttäuschung und Aggression gegen andere ➔ Verarbeitung durch Aggression gegen eigene Person selbst sorgen vs. versorgt werden ➔ Zentrale Konflikte: Autonomie vs. Abhängigkeit, Autarkie vs. Versorgung; unabhängig vs. nähe Selbstwertkonflikte kann selbst nicht als eigenständige Person, die unabhängig von anderen Strukturelle Schwierigkeiten: Selbst-Objekt-Differenzierung, ganzheitliche idealisierung, abwertung von andern Objektwahrnehmung, Selbstwertregulation, Affektsteuerung, Affektdifferenzierung nicht unabhängig von extern Unsichere Bindung Biologische Modelle z.B. „Monoamin-Hypothese der Depression“ ➔ Ungleichgewicht bestimmter Neurotransmitter (Serotoninmangel) → Depression ➔ inzwischen überholt  Keine ausreichende Evidenz für bestimmte (neuro-) biologische, neurochemische oder genetische Ursache trotz intensiver Forschung d) Behandlung der Depression Grundlegende Optionen Pharmakologische / somatische Therapien vs. Psychologische Therapien S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie → Auswahl abhängig vom Schweregrad Leicht bis mittelgradige depressive Episode: Psychotherapie (oder Pharmakotherapie) Schwere depressive Episode: Kombinationsbehandlung Phasen der Behandlung Akuttherapie: Ansprechen Erhaltungstherapie: Remission vs. Rückfall Prophylaktische Therapie: Vollständige Gesundung vs. Wiedererkrankung Vorbeugung 20 Antidepressive Medikation Unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Wirkungs- und Nebenwirkungsprofilen ➔ TZA + MAO-Hemmer + SSRI + SSNRI keine vollständige Genesung Wirkung der Antidepressiva auf Einnahmezeitraum begrenzt (keine prophylaktische Wirkung) ➔ Weitere Einnahme als Erhaltungstherapie und Rückfallprophylaxe wichtig Weitere somatische Interventionen: Lichttherapie + Schlafentzug + Elektrokrampftherapie Aktuelle Trends: schwere, therapieresistenter ➔ Wachsende Verschreibung, ungeklärten Wirkmechanismen und wenig Evidenz Untersuchung: signifikante Wirkung nur bei schweren Depressionen → heterogene Befundlage Verhaltenstherapie Prinzip: Verhaltensaktivierung (in Wechselwirkung mit Gedanken + Körper + Geist) Basis: Verstärker-Verlust-Modell Hauptsächliche Interventionen: ➔ Erhöhung der Aktivierungsrate ➔ Aufbau positiver Aktivitäten ➔ Abbau von Vermeidung ➔ Veränderung sozialer Aufrechterhaltungsprozesse Ablauf ➔ Psychoedukation, Entwicklung eines Störungs- und Veränderungsmodells ➔ Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Aktivitäten und Stimmung im Alltag ➔ Auswahl potenziell verstärkender Aktivitäten ➔ Planung und Durchführung verstärkender Aktivitäten ➔ Kontinuierliche Evaluation der Effekte Wichtige Punkte ➔ Abbau von Vermeidungsverhalten ➔ Veränderung ungünstiger sozialer Verstärkerprozesse (z.B. Ehefrau nimmt sich nur Zeit, wenn Patient depressiv ist; ansonsten kaum positive Interkation) ➔ Aufbau von Aktivitäten, die das Selbstwirksamkeitsgefühl des Patienten fördern können Kognitive Therapie Ziele: ➔ Bewusstsein für negative automatische Gedanken ➔ Disputation/Veränderung negativer automatischer Gedanken ➔ Veränderung dysfunktionaler Schemata (in Wechselwirkung mit Verhalten + Körper + Gefühle) Methoden: ➔ Kognitive Umstrukturierung: Disputation/Prüfung dysfunktionaler Gedanken/Bewertungen ➔ Aufbau alternativer funktionaler Gedanken/Bewertungen ➔ Training der neuen Konzepte ➔ Verhaltensexperimente Kognitionsverändernde Methoden ➔ Realitätstestung negative Gedanken = Wahrheit?? ➔ Reattribution Ursachen finden, nicht immer selber schuld ➔ Alternative Erklärungen ➔ Entkatastrophisieren ➔ Pro- und Contra-Argumente ➔ Rollentausch ➔ Verhaltensesperimente 21 zwischenmenschliche Interpersonelle Psychotherapie Kurzzeittherapie + psychodynamischer Hintergrund Betonung eines bio-psycho-sozialen Modells Annahme: Lösung interpersoneller Probleme → Verbesserung der Symptome Wahl eines Fokus für die Therapie: ➔ Rollenkonflikte/ interpersonelle Konflikte ➔ Übergänge (Trauer über Verlust alter Rolle; Annahme einer neuen Rolle) ➔ Interpersonelle Defizite Beziehung aufbauen, aufrechterhalten ➔ Trauer Cognitive Behavioural Analysis System of Psychotherapy Störungsspezifisch für chronische Depression Integration kognitiver/verhaltensorientierter/interpersoneller/psychodynamischer Strategien Annahmen: ➔ Ätiologischer Faktor: traumatisierende Beziehungserfahrungen in Kindheit ➔ Hohes Misstrauen gegenüber Mitmenschen und Rückzug ➔ Fehlendes Bewusstsein für eigene Wirkung auf andere ➔ Hemmung kognitiv-emotionaler Entwicklung Interventionen ➔ Analytische/interpersonelle Strategien - Liste prägender Bezugspersonen: Rekonstruktion interpersoneller Prägungen - Übertragungshypothesen: Analyse von Beziehungserwartungen an Therapeuten - Kiesler-Kreis: Arbeit mit Circumplexmodell des Stimuluscharakters von Personen im Kiesler-Kreis werden Personen nach Nähe und Distanz sowie nach Offen- & Verschlossenheit eingeordnet - Diszipliniert-persönliches Einlassen: Therapeut bringt sich persönlich ein mit positiven und negativen Gefühlen und Reaktionen als Konsequenz auf das Verhalten des Patienten - Interpersonelle Diskriminationsübung: Analyse von Unterschieden zwischen der Reaktion ihrer prägenden Bezugspersonen und der Reaktion des Therapeuten auf ihr Verhalten ➔ Kognitive/behaviorale Strategien → Einsatz von Situationsanalysen zur Analyse & Lösung interpersoneller Probleme - Explorationsphase: Situationsbeschreibung → Interpretationen → Verhalten → erwünschtes Ergebnis → Vergleich tatsächliches Ergebnis mit erwünschten Ergebnis - Lösungsphase: Revision der Interpretationen → Revision des Verhaltens → Zusammenfassung → Lerntransfer und Generalisierung 22 5. Persönlichkeitsstörungen a) Klassifikation von Persönlichkeitsstörungen Persönlichkeit und Persönlichkeitsstörung Persönlichkeit und Persönlichkeitseigenschaften = Ausdruck der charakteristischen Verhaltensweisen/Interaktionsmuster ➔ Versuch des Entsprechens gesellschaftlich kultureller Anforderungen/Erwartungen ➔ Füllen zwischenmenschlicher Beziehungen auf der Suche nach persönlichen Identität im Sinn Persönlichkeitszüge = Überdauernde Formen des Wahrnehmens/Denkens im Hinblick auf Umwelt und sich selbst ➔ Ausdruck in breitem Spektrum von wichtigen sozialen/persönlichen Situationen und Zusammenhängen Persönlichkeitsstörungen = unflexible/wenig angepasste Persönlichkeitszüge ➔ Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit + Subjektiven Beschwerden ➔ Kontinuum: - Persönlichkeitszug + Temperament - Persönlichkeitsakzentuierung (Z73) + Persönlichkeitsschwierigkeiten - Persönlichkeitsstörung (F60) Allgemeine Kriterien für Persönlichkeitsstörungen Charakteristisches überdauerndes Muster von Innerem Erleben + Verhalten Deutliche Abweichung von kulturellen/akzeptierten Normen Klinisch bedeutsames Leid und Funktionsbeeinträchtigungen Muster in Bereichen (min. 2): ➔ Kognition ➔ Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen ➔ Affektivität ➔ Impulskontrolle Stabile Abweichung (Entstehung in späten Kindheit/Adoleszenz) ICD-11 länger als 2 Jahre Epidemiologie Prävalenz: ➔ Deutsche Population: 8% ➔ Klinische Gruppen: 30-50% ➔ Andere psychische Störungen: ca. 60% ➔ Borderline Persönlichkeitsstörung: 85% Persönlichkeitsstörungen nach DSM-5 Keine separate Achse (vgl. DSM-IV) Früher bei anderen dabei jetzt zusammen mit klinischen Störungren 3 Cluster mit 10 kategorialen Störungen Forschungskriterien (Sektion III): Alternative Model for Personality Disorders (AMPD) als hybrides Modell mit dimensionalen und kategorialen Aspekten Cluster A schizophrenisch ➔ Paranoid - Merkmale: misstrauisch, argwöhnisch, empfindlich bei Rückschlägen, streitsüchtig/beharrlich - Prävalenz: 0,5%-2,5% ➔ Schizoid 23 - Merkmale: distanziert, bindungsunfähig (+ fehlender Wunsch), mangelnder Gefühlsausdruck - Prävalenz: Contexually-bound Representations Merkmale des Trauma-Gedächtnisses ➔ Desorganisation und mangelhafte Kontextualisierung der Trauma-Erinnerung (Ehlers und Clark) einzelne Bilder + Geruchs - Hostspots der Trauma-Erinnerung mit anderen autobiographischen Erinnerungen mangelhaft verbunden - Mangelhafte Elaboration der schlimmsten Momente (v.a. sensorische Information und ursprüngliche Bedeutungen → kein Update) - Andere Ansätze: Fragmentierung der Trauma-Erinnerung ➔ Perzeptuelles Priming für Trauma-bezogene Reize und starke konditionierte Verbindungen (Ehlers und Clark) - Resultat: Vielzahl von Triggern → schnelle Auslösung von Erinnerungen durch Vielzahl von Triggern (als jetzt wäre ob es Negative Bewertungen ➔ Bewertung des Traumas ➔ Bewertung der Reaktionen anderer ➔ Bewertung der PTBS-Symptome ➔ Körperliche Folgeprobleme Dysfunktionale Strategien ➔ Vermeidung ➔ Gedankenunterdrückung ➔ Exzessives Grübeln ➔ Sicherheitsverhalten ➔ Alkohol-/Drogengebrauch zur Bewältigung der Intrusionen Psychobiologische Korrelate der PTBS Dysfunktion der HPA-Achse ➔ Erniedrigte basale Cortisol-Konzentration ➔ Hinweise auf eine erhöhte Feedbacksensitivität Erhöhte autonome Erregung ➔ Basisniveau ➔ In Reaktion auf Trauma-spezifische Reize Veränderte Aktivierungsmuster im limbischen System (u.a. Amygdala) und präfrontalen Regionen (mPFC, dlPFC) Verringerung des Hippocampus-Volumens: möglicherweise Korrelat der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen c) Behandlung Evidenzbasierte Behandlungen der PTBS Behandlung erster Wahl ➔ Trauma-fokussierte Kognitive Verhaltenstherapie (TF-KVT) ➔ Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) Behandlungen (Wirksamkeit nachgewiesen) ➔ Nicht Trauma-fokussierte KVT (z.B. Angstmanagement; Vermittlung von Skills) ➔ Medikamentöse Therapie (SSRI) Keine ausreichenden Wirksamkeitsnachweise ➔ Psychodynamische Verfahren ➔ Humanistische Verfahren 36 ➔ Hypnotherapie Trauma-fokussierte Kognitive Verhaltenstherapie Hauptbestandteil: Imaginative Exposition ➔ Exposition in sensu (Bezug auf Trauma) ➔ Chronologisch ➔ Geschlossene Augen ➔ Präsens, als ob es im Hier und Jetzt passiert ➔ Keine Vermeidung ➔ Einschluss von Gedanken, Gefühlen, Körperempfindungen ➔ Wiederholung und Prolongieren ➔ Exposition als Hausaufgabe (Aufnahme anhören) Häufige Kombination ➔ Kognitive Interventionen ➔ andere verhaltenstherapeutische Interventionen Eye Movement Desensitization and Reprocessing Hauptbestandteil: Desensitization ➔ Identifikation eines belastenden Bildes + negativer Kognition ➔ Konfrontation mit diesem Bild/ dieser Kognition → spontane Assoziationen - Gleichzeitig: Durchführung rhythmischer Augenbewegungen Angriffspunkte verschiedener Maßnahmen Merkmale des Traumagedächtnisses ➔ Imaginative Exploration ➔ Aktualisierung des Traumagedächtnisses ➔ Narrative Integration, Imagery Rescripting Verbindung zwischen Merkmale des Traumagedächtnisses + Wahrnehmung aktueller Bedrohung ➔ Diskrimination von Auslösern intrusiven Wiedererlebens Exzessive negative Bewertungen des Traumas/seiner Konsequenzen ➔ Kognitive Interventionen Dysfunktionale Bewältigungsstrategien ➔ Veränderung aufrechterhaltender Strategien 37 7. Substanzbezogene Störungen a) Überblick über psychotrope Substanzen Definition = natürliche/chemisch aufbereitete/synthetische Stoffe → zentralnervöse Einwirkung auf Organismus + Beeinflussung von Denken/Emotion/Verhalten Einteilung Koffein Stimulierend -Kohein , hallizingen = Psilocybir sedierend Benzodiazepinz/Oprate/Barbiturat serierend stimulierend + Alkohol/Nikotin = Canabis = stimulierend + hallzirogant saircand b) Diagnostische Einordnung Diagnostische Kategorien DSM-IV + DSM 5 ➔ Substanzinduzierte Störungen - Intoxikation - Entzug - Andere substanzinduzierte Störung DSM-IV ➔ Störungen durch Konsum psychotroper Substanzen - Abhängigkeit - Missbrauch DSM-5 ➔ Störungen durch Konsum psychotroper Substanzen - Substanzgebrauchsstörung (leicht, mittel, schwer) Substanzkonsumstörungen Pathologisches Muster von Verhaltensweisen ➔ Kognitive/verhaltensbezogene/körperliche Ebene ➔ Konsum von psychotropen Substanzen trotz Problemen fortgesetzt ➔ 4 Symptomgruppen: - beeinträchtigte Konsumkontrolle - soziale Beeinträchtigungen - riskante Konsummuster - pharmakologische Auswirkungen Substanzklasse → Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung einer Abhängigkeit bei wiederholtem Konsum Übergeordnete Merkmale: ➔ Verlangen nach wiederholtem/hoch automatisiertem/progressivem Konsum (Sensitivierung) ➔ Verlust der Kontrolle (Zeitpunkt/Situation/Menge) ➔ Konsumfortsetzung trotz Schädigungen 38 Veränderung von DSM-IV zu DSM-5 DSM-IV → Subtanzmissbrauch vs. Substanzabhängigkeit DSM-5: keine Unterscheidung → einheitliche Diagnose der Substanzkonsumstörung ➔ Schweregrad in Abhängigkeit von Kriterienanzahl ➔ Leicht unterschiedliche Kriterien je nach Art der Substanz ICD-10 und ICD-11: schädlicher Gebrauch vs. Abhängigkeit vs. riskanter Konsum Alkoholintoxikation (nach DSM-5) A) Kurz zurückliegender Alkoholkonsum B) Verhaltensbezogene/psychische Veränderungen C) Symptome (min. 1): ➔ Verwaschene Sprache ➔ Koordinationsstörungen ➔ Unsicherer Gang ➔ Augenbewegungsstörung ➔ Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisstörungen ➔ Stupor oder Koma D) Ausschluss anderer medizinischer Krankheitsfaktor oder andere psychische Störung Alkoholentzug (nach DSM-5) A) Beendigung/Reduktion B) Daraus folgende Symptome (min. 2): ➔ Vegetative Hyperaktivität ➔ Handtremor ➔ Insomnie ➔ Übelkeit oder Erbrechen ➔ Vorübergehende visuelle, taktile oder akustische Halluzinationen oder Illusionen ➔ Psychomotorische Unruhe ➔ Angst ➔ Krampfanfälle C) Leiden und Beeinträchtigung D) Ausschluss anderer Krankheitsfaktoren Alkoholkonsumstörung (nach DSM-5) A) Problematisches Muster von Alkoholkonsum (min. 2 Kriterien): ➔ Konsum: langandauernd + viel ➔ Wunsch/erfolglose Versuche nach Verringerung und Kontrolle ➔ Zeitaufwand für Konsum/Beschaffung/Wirkung ➔ Craving ➔ Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen ➔ Konsum trotz sozialer oder zwischenmenschlicher Probleme ➔ Aufgeben/Einschränkung von Aktivitäten ➔ Kenntnis eines körperlichen/psychischen Problems ➔ Toleranzentwicklung ➔ Entzugssymptome  Schweregrad: leicht (2-3), mittel (4-5) schwer (>6) c) Epidemiologie Schwierigkeiten bei der Erfassung Verschiedene Prävalenzen (Alkoholabhängigkeit 3,1%; Cannabisabhängigkeit 0,6%) 39 d) Ätiologie Entwicklungsmodell der Substanzkonsumstörung (Erstkonsum → regelmäßiger Konsum → Substanzkonsumstörung) Erstkonsum: Einflussfaktoren ➔ Verfügbarkeit (Legalität, Kosten, Verbreitung) ➔ Familiäre Faktoren - Regelmäßiger Konsum in der Familie (Modelllernen) - Familiäre Probleme - Psychische Störungen in der Familie ➔ Medieneinflüsse - Werbung - Repräsentation in Filmen und Populärkultur Regelmäßiger Konsum: Einflussfaktoren ➔ Emotionsregulationsdefizite ➔ Selbstmedikation (Coping) ➔ Substanzwirkungserwartungen ➔ Kulturelle Einflüsse Substanzkonsumstörung - Biopsychosoziales Modell der Abhängigkeit Kognitives Modell Neurobiologische Modelle Toleranzentwicklung: Verschiebung der Dosis -Wirkungskurve nach rechts Entzugserscheinungen: Einnahme → adaptive neuronale Veränderungen → Entzugserscheinungen Mangelnde Selbstaktivierung des dopaminergen Belohnungssystems ➔ Ausgleich durch Substanz Suchtgedächtnis: ➔ Auslösesituationen → neurophysiologischen Reaktionsweisen → Craving ➔ Cue reactivity und Incentive Salience & Bar - zu trinken 3. - Neurobiologischer Teufelskreis: Assoziatives Lernen Verlangen Alkohol positive Assoziation der Bar 40 e) Behandlung Veränderungsmotivation → Erstes Therapieziel Absichtslosigkeit → kein Problembewusstsein Absichtsbildung → Wahrnehmung des Problems Zielfindung → Entscheidungsfindung Handlung → Erwerb neuer Kompetenzen Aufrechterhaltung → Integration in den Alltag Rückfall → erneuter Alkoholkonsum Verschiedene Behandlungen: Entzugsbehandlung + Entwöhnungsbehandlung + Ambulante Nachsorge + Adaptionsbehandlung + Langzeitbehandlung + Selbsthilfegruppen + Medikamentöse Behandlung Medikation während der Entzugsbehandlung (z.B. Distraneurin) Entwöhnung/Nachsorge: Anti-Craving-Medikamente Wichtige evidenzbasierte psychotherapeutische Verfahren Motivational Interviewing ➔ Ziel: Förderung der Veränderungsbereitschaft ➔ Interventionsprinzipien: Empathie + Entwicklung von Diskrepanzen + Geschmeidiger Umgang mit Widerstand + Stärkung der Änderungszuversicht Kognitive Verhaltenstherapie ➔ Verschiedene Programme ➔ Überlappung in Bezug auf zentrale Interventionen Therapeutische Verfahren zur Rückfallprävention ➔ Identifikation von Rückfallsituation ➔ Bewältigungsstrategien bei Hochrisikosituationen ➔ Modifizierung der Auslöserqualität ➔ Aufbau inkompatibler Verhaltensweisen ➔ Verbesserung der Selbstwirksamkeitserwartung ➔ Stärkung der kognitiven Voraussetzungen für die Bewertung rückfallkritischer Situationen ➔ Verhalten nach Rückfällen Familienfokussierte Behandlungen bei minderjährigen Suchtpatienten Selbsthilfegruppen (z.B. Anonyme Alkoholiker) Wirksamkeit Hohe Rückfallraten → häufig mehrere sequenzielle Behandlungen notwendig Mittlere Effektstärke von d = 0.37 Erfolgsquote stationäre Behandlung: 42-76% Durchschnittliche Erfolgsraten in Deutschland: 40–50% nach 1-2 Jahren Wirksamkeit für Motivational Interview 41 8. Essstörungen a) Symptomatik und Klassifikation Anorexia Nervosa (nach DSM-5) A) Eingeschränkte Energieaufnahme + niedrigeres Gewicht B) Angst vor Gewichtszunahme + Verhalten gegen Gewichtszunahme C) Störung in Wahrnehmung von Figur/Körpergewichts + Einfluss des Körpergewichts/Figur auf die Selbstbewertung + fehlende Einsicht Bulimia Nervosa (nach DSM-5) A) Episode von Essanfällen ➔ größere Nahrungsmenge ➔ Kontrollverlust über Essen B) Unangemessene kompensatorische Maßnahmen C) Essanfälle min. einmal pro Woche über Zeitraum von 3 Monaten D) Übermäßiger Einfluss von Figur und Körpergewicht auf Selbstbewertung E) Kein ausschließliches Auftreten im Verlauf von Anorexia Nervosa Binge-Eating-Störung (nach DSM-5) A) Wiederholte Essanfälle ➔ Erheblich größere Nahrungsmenge ➔ Kontrollverlust über Essen B) Symptome (min. 3) ➔ Schnelles Essen ➔ Unangenehmes Vollgefühl ➔ Viel essen, obwohl nicht hungrig ➔ Allein essen aus Scham ➔ Ekelgefühle/Deprimiertheit/Schuldgefühle C) Deutlicher Leidensdruck D) Essanfälle min. einmal pro Woche über Zeitraum von 3 Monaten E) Kein gemeinsames Auftreten mit unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen und kein ausschließliches Auftreten im Verlauf von Anorexia Nervosa b) Epidemiologie und Verlauf Lebenszeitprävalenz Anorexia Nervosa: 0,5 % Bulimia Nervosa: ca. 1% Binge Eating Disorder: ca. 2%  sehr unterschiedliche Prävalenzschätzung je nach Studie Hinweise auf Anstieg in jüngeren Kohorten Verhältnis Frauen : Männer ca. 10-20:1 Verlauf Meist Beginn Adoleszenz bis frühes Erwachsenenalter Weitere Daten Anorexia Nervosa ➔ Mortalität: ca. 5% ➔ Remission: ca. 45% 42 ➔ Gebessert: ca. 30% ➔ Chronischer Verlauf: ca. 20% ➔ Auch bei Remission/Besserung hohes Risiko für andere Erkrankungen und Störungen Bulimia Nervosa ➔ Remission: 50-75% Stabilität einzelner Diagnosen ➔ Fraglich ➔ Vorschlag, traditionelle störungsspezifische Ansätze durch transdiagnostische Modelle für Ätiologie/Therapie zu ersetzen Körperliche Folgeprobleme von Mangelernährung und/oder Erbrechen c) Ätiologie Multifaktorielle Bedingtheit (wenig longitudinale Forschung) Anorexia Nervosa ➔ Körperliche Unzufriedenheit ➔ Diäthalten ➔ Negativer Affekt bzw. depressive Symptome ➔ Kindliche Probleme im Zusammenhang mit Essen Bulimia Nervosa ➔ Diäthalten und Fasten ➔ Psychiatrische Morbidität, insb. negativer Affekt Binge-Eating-Störung ➔ Essen mit Kontrollverlust ➔ (höherer) BMI Risikofaktoren Anorexia Nervosa ➔ Geburt: Genetische Faktoren + Geschlecht ➔ Kindheit: Verdauungsprobleme/wählerisches Essverhalten + Esskonflikte + Neurotizismus ➔ Adoleszenz: Früher Pubertätsbeginn + Übermäßige Beschäftigung mit Figur und Gewicht Bulimia Nervosa ➔ Geburt: Genetische Faktoren + Geschlecht ➔ Kindheit: Angst/Depression + Sexueller Missbrauch/körperliche Vernachlässigung ➔ Adoleszenz: Früher Pubertätsbeginn + Übermäßige Beschäftigung mit Figur und Gewicht + Niedriges Selbstwertgefühl/Ineffektivität + Negative Lebensereignisse + Niedrige Introspektion Allgemein ➔ Korrelat → Risikofaktor → Variabler Risikofaktor → kausaler Risikofaktor Exkurs: SORKC Modell zur Verhaltensanalyse S = Stimulus ➔ Extern: allein nach Hause kommen ➔ Intern: Schuldgefühle O = Organismus ➔ Selbstwertgefühl/Perfektionismus/Leistungsanspruch R = Reaktion ➔ Kognitiv + Emotional + Physiologisch + Motorisch (Hungern) K= Kontingenz C = Konsequenz ➔ Kurzfristig: Reduktion der Anspannung ➔ Langfristig: Gewichtskontrolle/Attraktivität 43 Aufrechterhaltung der bulimischen Symptomatik Auslösende Faktoren für Essanfälle ➔ Heißhunger durch vorherige Mangelernährung ➔ Negativer Affekt ➔ Stress ➔ Dysfunktionale Kognitionen Effekte während des Essanfalls ➔ Reduktion der negativen Gefühle ➔ Spannungsabbau → Fluchtverhalten + Spannungsreduktion Effekte nach dem Essanfall ➔ Völlegefühl ➔ Schuldgefühle ➔ negative Kognitionen ➔ Kompensatorisches Verhalten → Reduktion negativer Gefühle + negative Verstärkung Kognitiv-verhaltenstheoretisches Störungsmodell Ablauf: ➔ Soziokultureller Kontext ➔ Risikofaktoren ➔ Niedriges/labiles Selbstwertgefühl + spezifische Auslöser ➔ Anorexia Nervosa/Bulimia Nervosa ➔ Folgeschäden (körperlich/psychisch/sozial) d) Behandlung Anorexia Nervosa Geringere Evidenzbasis Effektive Behandlungen: KVT + Family-Based Treatment + psychodynamische Fokaltherapie Bulimia Nervosa Beste Evidenz für KVT (erste Wahl nach Leitlinien) Moderate Evidenz: Interpersonelle Psychotherapie + Family-Based-Treatment (zweite Wahl nach Leitlinien) Ziele der Behandlung Aufrechterhaltung durchbrechen ➔ Normalisierung von Essverhalten und Gewicht Rückfallprophylaxe ➔ Bearbeitung der Risikofaktoren Normalisierung von Essverhalten und Gewicht Bearbeitung der zugrunde liegenden Problembereiche Verbesserung der Körperwahrnehmung und -akzeptanz 44 9. Schizophrenie und Bipolare Störung a) Schizophrenie Symptomatik und Klassifikation Positive Symptome = Symptome der akuten psychotischen Krankheitsepisode ➔ Wahn = Feste/unverrückbare Überzeugungen, die aufrechterhalten werden (trotz Beweisen dagegen) - Bsp. 1: Verfolgungswahn (z.B. Verfolgung durch Geheimdienst) - Bsp. 2: Beziehungswahn (z.B. Tagesschau → Nachrichten an mich persönlich) ➔ Halluzinationen = Sinneswahrnehmungen ohne adäquate Stimulation der entsprechenden sensorischen Kanäle - Bsp.: Stimmenhören Negative Symptome = Verminderung/Verlust normaler Funktionen + Defizit von Verhalten und Erleben ➔ Verminderte Expressivität - Alogie = Armut des Sprachinhalts, Hemmung, Verzögerte Reaktion - Affektverflachung = Reduktion im Affektausdruck ➔ Vermindertes Erleben - Anhedonie = Freudverlust/Defizit antizipatorischer Freude/weniger lustvolle Aktivitäten - Asozialität = Reduktion von Sozialer Initiative und Wunsch nach engen Kontakten - Avolition = Reduktion der Initiierung und Persistenz zielgerichteter/zweckgefundener Aktivitäten (z.B. Erledigen von Pflichten) Schizophrenie (nach DSM-5) A) Symptome (min. 2) ➔ Wahn ➔ Halluzinationen ➔ Desorganisierte Sprechweise ➔ Grob desorganisiertes oder katatones Verhalten ➔ Negative Symptome B) Beeinträchtigung in wichtigen Funktionsbereichen C) Dauer (mind. 6 Monate) D) Ausschluss anderer Störungen und Krankheiten Epidemiologie und Verlauf Häufigkeit der Schizophrenie ➔ 12-Monats-Insidenz: 0,02% ➔ Lebenszeitrisiko: 0,7% ➔ Weltweit ungefähr gleiche Prävalenz ➔ Leicht erhöhte Prävalenz bei Männern Häufigste Symptome ➔ Wahn. 80% ➔ Halluzinationen: 59% ➔ Negativsymptomatik: 50-90% Wichtig ➔ Hohes Ausmaß von Funktionsbeeinträchtigungen ➔ DALY: Drittgrößter Anteil unter neuropsychiatrischen Störungen (trotz niedriger Prävalenz) ➔ 20% reduzierte Lebenserwartung 45 ➔ Hohe Suizidraten ➔ Hohe Prävalenz koronarer Herzerkrankungen Prodromalsymptome im Vorfeld einer psychotischen Episode ➔ Unspezifisch (z.B. Ängste, Reizbarkeit, Schlafstörungen) ➔ Psychosenah (z.B. vermehrtes Misstrauen, Geräuschempfindlichkeit) Langzeitverlauf ➔ „Ein-Drittel-Regel“: jeweils zu gleichen Teilen: - Einmalige Episode - Mehrere Episoden mit zwischenzeitlicher Symptomfreiheit - Chronischer Verlauf (insbesondere mit persistierender Negativsymptomatik) Kontinuumsannahme (Beispiele) ➔ Lebendiges Vorstellungsvermögen → Intrusive/aufdringliche Gedanken → Wahrnehmungsempfindlichkeit → Stimmenhören ➔ Befürchtungen der sozialen Bewertung → Starke Bedrohung ➔ Behandlungsbedürftigkeit vs. Nicht-Behandlungsfähigkeit - Wenig vs. viel Kontrolle über Stimmen - Negativer vs. positiver/neutraler Inhalt Genetik und Umwelt Ätiologie ➔ Multifaktorielle Entstehung: Vulnerabilitäts-Stress-Modelle ➔ Risikofaktoren Genetik ➔ Familiäre Transmission bei Schizophrenie ➔ Familienstudien - Vererbbarkeit höher bei Verwandten ersten Grades - Am höchsten: EE-Zwillinge + Nachkommen von betroffenen Eltern ➔ Zwillingsstudien - EE → 45-75% - ZE → 5-15% ➔ Molekulargenetische Studien - Assoziationsstudien: Beteiligung vieler Gene + Dopaminrezeptorgen (DRD2/DRD3) + Gene mit Bedeutung für Glutamat-System/synaptische Plastizität/Immunität Rolle von Umweltfaktoren ➔ Trauma (ätiologischer Faktor) ➔ Stigmatisierung → Diskriminierung + Verbreitung von Falschinformationen ➔ Niedrige soziale Schicht ➔ Soziale Verursachungshypothese: Soziale Schicht/Migration/Urbanitzität → Entstehung ➔ Social Drift-Hypothese: Schizophrene Störung → sozialer Abstieg ➔ Einfluss von familiären Variablen ➔ „Expressed Emotion“ - Beschreibung des Interaktionsstils mit wichtigsten Angehörigen - Drei Aspekte: Kritik + Feindseligkeit + Emotionales Überengagement - Erfassung: halbstrukturiertes Interview im Betroffenen und Angehörigen (Camberwell Familiy Interview) ➔ Cannabis - THC → vorübergehende psychotische Symptomatik - Langfristiger Zusammenhang + Dosis-Wirkungs-Beziehung - Erhöhter Cannabiskonsum bei Personen mit Schizophrenie - Erhöhte Inzidenzraten in Ländern mit höherem THC-Gehalt im Cannabis - Verlaufsprognose durch Cannabis verschlechtert  Kausalität liegt nahe, aber ist nicht bestätigt 46 Theorien Biochemische Theorien ➔ Schwerpunkt: Veränderungen in Transmittersystemen ➔ Dopaminhypothese - Traditionelle Hypothese: übermäßige Aktivität dopamin-reicher Nervenbahnen - Hintergrund: dopamin-antagonistische Wirkung antipsychotischer Medikation - Revidierte Hypothese: dopaminerge Überaktivität in limbischen Hirnregionen + dopaminerge Unteraktivität im Frontalhirn Neuropsychologische Theorien (Unteraspekte) ➔ Störungen der Aufmerksamkeit + Informationsaufnahme und -verarbeitung (z.B. reduzierte Verarbeitung sozialer Informationen) ➔ Störungen des Arbeitsgedächtnis ➔ Störungen der Affektverarbeitung (z.B. unterschiedliches visuelles Scanning Verhalten für Gesichter) ➔ Störungen exekutiver Funktionen ➔ Bsp.: „Sensomotorisches Gating“ = sensorische Filterprozesse während der frühen Reizverarbeitung - Erfassung: Hemmung der P50-Amplitude durch wiederholte Reize + prepulse Inhibition (vorausgegangene akustische Reize → Reduktion des akustischen Startle- Reflexes) - Ergebnisse: sensomotorisches Gating in geringerem Ausmaß bei Schizophrenie - Vgl. Aufmerksamkeitsprobleme bei schizophrenen Personen/ Reizüberflutung Kognitive Theorien ➔ Tendenz zu voreiligen Schlüssen → wahnhafte Ideen - Beads Aufgabe ➔ Neigung zu externaler Attribution → Verfolgungs- und Beeinträchtigungsideen ➔ Probleme bei Perspektivübernahme → Falsche Einschätzung der Handlungsintentionen anderer + Verfolgungsideen Vulnerabilitäts-Stress-Modelle ➔ Modell 1: - Vulnerabilität für Schizophrenie (genetisch/neurophysiologisch/kognitiv) + Stress/Belastung - Vorübergehende Zwischenzustände - Psychotische Symptome ➔ Modell 2: - Vulnerabilität + Stress/Belastung - Negative Emotionen/geringer Selbstwert + kognitive Verzerrungen - Ungewöhnliche Erfahrung + Suche nach Erklärung - Wahn - Dysfunktionales Coping/Bewertungen + Isolation/Sicherheitsstrategien + selektive Aufmerksamkeit Behandlungen Überblick ➔ Behandlung erster Wahl: Medikamentöse Behandlung ➔ Psychotherapie/psychosoziale Interventionen → zusätzlich gute Effekte ➔ Schizophrenie: meist rezidivierend (wiederholte Episoden) oder chronisch ➔ Häufig langfristige Behandlung notwendig Medikamentöse Behandlung ➔ Neuroleptika = antipsychotisch wirksame Medikation ➔ Verschiedene Gruppen (z.B. typisch/atypisch; unterschiedliche Potenz) 47 ➔ Größte Wirkung: Positivsymptomatik (wenig auf Negativsymptomatik) ➔ Probleme: - Nebenwirkungen - Compliance (häufig eigenständiges Absetzen der Medikation) Psychoedukation ➔ Informationen: - Erkrankung und Behandlung - Medikation und Nebenwirkungen - Frühsymptome und Krisenbewältigungsstrategien - Patient → Störungsexperte Psychotherapeutische Ansätze ➔ Interventionen zur Veränderung der kognitiven Verzerrungen (z.B. schlussfolgerndes Denken) ➔ Familientherapie (Expressed Emotions) ➔ Kognitive und soziale Trainings Rehabilitation b) Bipolare Störung Symptomatik und Klassifikation Emotionale Symptome ➔ Heitere bis gehobene Stimmung, gereizt, enthemmt, flegelhaft, lustig, überzogen, positiv, angstfrei, sorglos, optimistisch, expansiv Physiologisch-vegetative Symptome ➔ Geringes bis fehlendes Schlafbedürfnis, hektisch, unter Strom, voller Energie, angespannt, erregt, wenig Schlaf, reduzierter Appetit, Gewichtsverlust, gesteigertes sexuelles Interesse oder sexuelle Überaktivität Kognitive Symptome ➔ Positive bis extreme optimistische Einstellung, positive Sichtweise der eigenen Person, der eigenen Fähigkeiten und der Zukunft, Gedankenrasen, Gedankendrängen, Konzentrationsprobleme, schlechte Problemlösefähigkeit, erhöhte Entscheidungsfreudigkeit, Impulsivität, Größenideen, wahnhafte Selbstüberschätzung, verantwortungslos, kann Risiken schlecht bzw. nicht einschätzen Behaviorale/motorische Symptome ➔ Sprache: laut, drängend, deftig, beleidigend, unterbrechend, konfrontierend ➔ Aktivität: gesteigert, wechselnd, unruhig, im Mittelpunkt, gesellig Körperhaltung: kraftvoll, aufrecht, gespannt, auf dem Sprung, unruhig, hektisch, zappelig, getrieben, kann nicht stillsitzen ➔ Gesichtsausdruck: lebendig, viel Mimik, übertrieben, aufdringlich Depressive und manische Episoden Kontinuumi ➔ Depression → unterschwellige Depression → normaler Zustand → Hypomanie → Manie ➔ Zyklothyme Störung → persistierende Schwankungen ➔ Bipolar-I-Störung → manische Episoden ➔ Bipolar-II-Störung → hypomane Episoden ➔ Normale Stimmung Euthymie vs. depressive Episode vs. manische Episode vs. hypomane Episode vs. gemischte Episode Manie (nach DSM-5) ➔ Kernsymptomatik - Abgrenzbare Periode von abnorm anhaltend gehobener/expansive/reizbarer Stimmung und abnorm anhaltend gesteigerter/zielgerichteter Aktivität und Energie ➔ Dauer - Manische Episode → min. 1 Woche 48 - Hypomane Episode → min. 4 Tage ➔ Symptome (min. 3) - Übersteigertes Selbstwertgefühl - Vermindertes Schlafbedürfnis - Vermehrte Gesprächigkeit oder Rededrang - Ideenflucht oder subjektives Gefühl des Gedankenrasens - Erhöhte Ablenkbarkeit - Zunahme zielgerichteter Aktivität oder psychomotorischer Unruhe - Übermäßige Beschäftigung mit Aktivitäten ➔ Art der psychosozialen Beeinträchtigung - Manische Episode → Funktionsbeeinträchtigungen/Hospitalisierung/psychotische Symptome - Hypomane Episode → geringere Funktionsbeeinträchtigungen + Hospitalisierung nicht erforderlich ➔ Ausschlusskriterien Epidemiologie Lebenszeitprävalenz: 1-5% Erstmanifestation zwischen 15. und 19. Lebensjahr Hohe Wiedererkrankungsrate Große individuelle Unterschiede in Häufigkeit/Dauer der Episoden Lebenszeitprävalenz für Suizidversuche: 30% Theorien Multifaktorielle Genese ➔ Genetik - Familien- und Adoptivstudien → hohe Heritabilität ➔ Psychobiologie - Störung der zirkadianen Rhythmik → Instabilität biologischer Rhythmen - Veränderung der intrazellulären Signaltransduktion - Dysregulation der HHNA-Achse - Neurofunktionelle Befunde (z.B. geringe Aktivierung im dorsolateralen PFC) ➔ Umweltfaktoren - Stress - Mangel an äußeren Rhythmen ➔ Psychobiologische W Faktoren - Dysregulation von BIS und BAS - Dysfunktionale Emotionsregulationsstrategien Behandlungen Medikamentöse Behandlung ➔ Akutbehandlung - Manie → Lithium (auch Antiepileptika/Antipsychotika) - Depression → Antidepressiva in Kombination mit Phasenprophylaktika (v.a. Lithium) ➔ Phasenprophylaxe - V.a. Lithium (Mittel 1. Wahl) - Wichtig: regelmäßige Kontrolle des Serumspiegels, da Intoxikation möglich ➔ Psychotherapie - KVT - Family Focused Treatment - Interpersonelle und soziale Rhythmustherapie 49 10. Somatoforme und sexuelle Störungen a) Somatoforme Störungen Symptomatik & Klassifikation Somatoforme Störungen ➔ DSM-IV - Somatisierungsstörung - Undifferenzierte somatoforme Störung - Schmerzstörung - Hypochondrie ➔ DSM-5 - Somatic Symptom Disorder Somatische Belastungsstörung (nach DSM-5) A) Somatische Symptome (belastend/einschränkend) B) Exzessive Gedanken, Gefühle oder Verhaltensweisen (min. 1) ➔ Gedanken über Ernst der Symptome ➔ Hohes Angstniveau in Bezug auf Gesundheit ➔ Zeit/Energie → Gesundheitssorgen/Symptomatik C) Persistierende Symptomatik Krankheitsangststörung (nach DSM-5) A) Beschäftigung mir Vorliegen/Erwerb von Krankheit B) Keine/schwache somatische Symptome C) Starke Angst in Bezug auf Gesundheit D) Exzessive gesundheitsbezogene Verhaltensweisen oder maladaptive Vermeidung E) Min. 6 Monate F) Nicht besser durch andere psychische Störungen erklärt Epidemiologie Hohe Prävalenz (v.a. somatische Belastungsstörung) Häufig chronischer Verlauf Hohe Inanspruchnahme des medizinischen Versorgungssystems Ätiologie Gestörte biologische Prozesse ➔ Erhöhte autonome Erregung/Imbalance zwischen sympathischem und parasympathischem NS ➔ Chronische Aktivierung der HHNA-Achse ➔ Veränderungen in der Funktion des Immunsystems ➔ Defizitäres Filtersystem für Körpersignale ➔ Folgen: - Erhöhte Frequenz von Körpersignalen - Stärkere Wahrnehmung von Körpersignalen Kognitive und behaviorale Faktoren ➔ Selektive Aufmerksamkeit für körpereigene Vorgänge/Symptome ➔ Katastrophisierende Bewertung von körperlichen Vorgängen ➔ Negative kognitive Schemata der eigenen Gesundheit und Gefahren durch Krankheiten ➔ Krankheitsverhalten ➔ Schonverhalten ➔ Checking ➔ Übermäßige Rückversicherung 50 ➔ Medikamenteneinnahme Störungsmodell Emotionale Prozesse ➔ Traditionelle tiefenpsychologisch-psychosomatische Sichtweise - unterdrückte emotionale Impulse → körperliche Erregung → somatoforme Beschwerden ➔ Empirische Befunde: Zusammenhang somatoformer Störungen - Probleme bei Wahrnehmung/Interpretation/Ausdrucks von Emotionen (vgl. Alexithymia) - Erhöhtes Ausmaß an inhibitorischer Emotionsregulation - unsicheren Bindungsstile Behandlung somatoformer Störungen KVT → beste Evidenz Zentrale Komponenten: ➔ Motivation ➔ Vermittlung eines psychologischen Störungsmodells ➔ Kognitive Interventionen zur Veränderung dysfunktionaler Kognitionen ➔ Entspannungsübungen ➔ Abbau von Schon- und Vermeidungsverhalten ➔ Abbau von Checking- und Rückversicherungsverhalten b) Sexuelle Störungen Symptomatik & Klassifikation Sexuelle Störungen ➔ Klassifikation: - Sexuelle Funktionsstörungen - Paraphile Störungen - Geschlechtsdysphorie Sexuelle Funktionsstörungen (nach DSM-5) ➔ Klassifikation: - Störung mit verminderter sexueller Appetenz beim Mann + Störung des sexuellen Interesses/Erregung bei Frauen - Erektionsstörung - Weibliche Orgasmussstörung - Verzögerte Ejakulation - Vorzeitige (frühe) Ejakulation - Näher bezeichnete sexuelle Funktionsstörungen - Nicht näher bezeichnete sexuelle Funktionsstörungen - Genitopelvine Schmerz-Penetrationsstörung ➔ Epidemiologie - Einzelne Symptome > manifeste Störung + Belastung - 42% sexuelle aktiver Männer + 51% Frauen mit sexuellen Problemen - 10% Belastungen + 4% sexuelle Funktionsstörung (DSM-5) Paraphile Störungen (nach DSM-5) ➔ Klassifikation - Voyeuristische Störung - Exhibitionistische Störung 51 - Frotteuristische Störung - Sexuell masochistische Störung - Sexuell sadistische Störung - Pädophile Störung - Fetischistische Störung - Transvestitische Störung ➔ Epidemiologie - Keine verlässlichen Prävalenzdaten - Umfrage: 2,4% Konsum von Kinderpornographie Geschlechtsdysphorie nach DSM-5 ➔ Diskrepanz zwischen Gender und Zuweisungsgeschlecht über 6 Monate (mind. 2 Symptome) - Diskrepanz zwischen Gender und Geschlechtsmerkmalen - Verlangen Geschlechtsmerkmale loszuwerden - Verlangen nach Geschlechtsmerkmalen des anderen Geschlechts - Ausgeprägtes Verlangen, dem anderen Geschlecht anzugehören - Ausgeprägtes Verlangen, wie das andere Geschlecht behandelt zu werden - Ausgeprägte Überzeugung, die typischen Gefühle und Reaktionsweisen des anderen Geschlechts aufzuweisen ➔ Klinisch relevantes Leiden/Beeinträchtigungen in sozialen/schulischen/wichtigen Funktionsbereichen ➔ Geschlechtsdysphorie - Keine verlässlichen Prävalenzdaten - Schätzungen für erwachsene Frauen: 0,001% - Schätzungen für Männer: 0,003% Gesellschaftliche Einflüsse auf die Definition psychischer Störungen Homosexualität als psychische Störung ➔ DSM: bis 1973 ➔ ICD: bis 1992 ➔ Forschung und Praxis zur „Behandlung“ von Homosexualität bis in die 80er Jahre ➔ Verbot durch aktuelle Berufsordnungen ➔ Damalige Forschung → Konversionstherapien ➔ Aktuelle Kontroverse zur Rolle klinischer Psychologen in dieser Entwicklung Aktuelle gesellschaftliche und fachpolitische Diskussion: Diagnostische Einordnung und Umgang mit Transsexualität ➔ Bis DSM-IV/ICD-10: Störung der Geschlechtsidentität ➔ Ab DSM-5/ICD-11: Geschlechtsdysphorie Ätiologie sexueller Funktionsstörungen 52 Behandlung sexueller Funktionsstörungen Paartherapeutisches Vorgehen → besonders effektiv Prinzip: Sensate Focus (Sensualitätstraining) ➔ Behaviorale Ebene: - Teasing-Technik bei Erektionsstörungen - Stop-Start bzw. Squeeze-Technik bei vorzeitigem Samenerguss - Verwendung von Vaginaltrainern bzw. Dilatoren bei Vaginismus ➔ Kognitive Ebene Pharmakologische Behandlung Behandlung von Paraphilien und Geschlechtsdysphorien Diskussionen bezüglich Behandlung/Behandelbarkeit 53 #

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