Kapitel 3: Aggregierte Nachfrage PDF

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Kapitel 3 von Prof. Dr. Valeriya Dinger behandelt die aggregierte Nachfrage, inklusive ihrer Komponenten und der Rolle der Geld- und Fiskalpolitik. Das Dokument untersucht auch zyklische Schwankungen und bietet Einblicke in die Wirtschaft.

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Kapitel 3: Aggregierte Nachfrage Leitfragen: Welche Faktoren bestimmen die Komponenten der aggregierten Nachfrage: o Konsum, Investition, Staatskonsum? Welche Rolle spielen die Geld- und Fiskalpolitik für die aggregierte Nachfrage? Welche Rolle spielt die aggregie...

Kapitel 3: Aggregierte Nachfrage Leitfragen: Welche Faktoren bestimmen die Komponenten der aggregierten Nachfrage: o Konsum, Investition, Staatskonsum? Welche Rolle spielen die Geld- und Fiskalpolitik für die aggregierte Nachfrage? Welche Rolle spielt die aggregierte Nachfrage bei der Bestimmung des gesamtwirtschaftlichen Einkommens? Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 1 Literatur: Blanchard und Illing (2009): Makroökonomie, Kapitel 5 Mankiw (2011): Makroökonomik: Mit vielen Fallstudien, Kapitel 10 und 11 Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 2 Es gibt zyklische Schwankungen in den Wachstumsraten des BIP pro Kopf 16 westeuropäische Länder, Quelle: Carreras und Tafunell, 2008 Welche Faktoren erklären die zyklischen Schwankungen? Was kann man tun, um die Schwankungen oder ihre Effekte zu mildern? Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger BIP Wachstum in Deutschland gegenüber dem Vorquartal Quelle: Statista Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger BIP Wachstum in Deutschland gegenüber dem Vorquartal Quelle: Statista Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 2.1. Gesamtwirtschaftliche Nachfrage Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage einer geschlossenen Wirtschaft besteht aus Konsum, Investitionen und Staatsausgaben: YN = C + I + G. Welche Faktoren bestimmen die Komponenten der aggregierten Nachfrage? Konsum: wir betrachten eine einfache Konsumfunktion: C = cYD (YD =verfügbares Einkommen der Haushalte), YD = Y-T=C+S C = cYD =c(Y-T) Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 6 Investition: Beispiel: Ein Unternehmen kauft heute eine Maschine, die in der nächsten Periode einsetzbar in der Produktion ist. Die Maschine kostet heute 1000. Mit Hilfe der Maschine kann das Unternehmen zusätzliche Güter produzieren. Der Unternehmer erwartet, dass er diese Güter in der nächsten Periode zum Wert von 1200 verkaufen kann. Danach ist die Maschine wertlos. Für die Entscheidung, die Maschine zu kaufen, muss das Unternehmen die heutigen Kosten der Maschine mit den erwarteten künftigen Erlösen vergleichen. Dazu berechnet man den „Barwert "(=Gegenwartswert) der künftigen Erlöse. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 7 Der Barwert der künftigen Erlöse ist der Betrag, den man heute sparen muss, um in der nächsten Periode einen Betrag von 1200 zu erhalten. Bei einem Zins von r beträgt der Barwert 1200/(1+r). Folgerung: Je höher der Zins, desto weniger sind die künftigen Erlöse heute wert, desto weniger lohnt sich die Investition. Daher hängt die Investitionsnachfrage negativ ab vom Zins und positiv von den Erwartungen über künftige Erlöse, E. Investitionsfunktion: I=I(r, E). Dieser Zusammenhang begründet die Bedeutung von wirtschaftlichen Erwartungen für die Investitionsnachfrage. (Beispiel: IfO Geschäftsklimaindex) Dieser Zusammenhang erklärt auch, warum  die Investitionsnachfrage auf „psychologische“ Faktoren reagiert und  im Zeitablauf variabler ist als Konsum und Einkommen. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 8 9 110 0,35 100 0,3 90 0,25 Ifo Geschäftsklimaindex 80 0,2 Investitionsquote (Bruttoinvestitionen/BIP) 70 0,15 60 0,1 50 0,05 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Quelle: Eigene Berechnungen mit Daten der Dt. Bundesbank und des Ifo Instituts 10 Nach Substitution der Konsum- und der Investitionsfunktion, erhalten wir die gesamtwirtschaftliche Nachfrage: N 1 Y = [ I (r , E ) + G − cT ] 1− c Bei gegebenem Zins wirken Änderungen der Investitionsnachfrage wie Änderungen der Staatsausgaben auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Makroökonomisch können wir aber den Zins nicht als gegeben annehmen. Er verändert sich ebenfalls, wenn sich das gesamtwirtschaftliche Einkommen verändert. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 11 Dies ist aus zwei Gründen der Fall. Erstens muss es sichergestellt sein, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage das gesamtwirtschaftliche Einkommen nicht übersteigt: Y = YN = C + I + G Da die Budgetbeschränkung der Haushalte, C = Y-T-S, gelten muss, erfordert dies: Gesamtwirtschaftliche Ersparnis=Investition: S + (T-G) = I Das ist nicht automatisch der Fall, denn Konsum- und Investitionsentscheidungen werden von unterschiedlichen Sektoren der Volkswirtschaft getroffen und sind darum nicht automatisch miteinander kompatibel. Betrachten wir eine Situation, in der Y < YN = C + I + G oder S+(T-G) < I. Haushalte, Staat und Unternehmen gemeinsam fragen mehr Güter nach, als sie durch ihre Einkommen finanzieren können. Dann muss der Zins steigen, um die Investitionsnachfrage zu senken. Dieser Zusammenhang wird durch die IS-Kurve beschrieben. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 12 2.2.1. Die IS-Kurve Die IS-Kurve stellt alle Kombinationen von Zins und gesamtwirtschaftlichem Einkommen dar, für die die makroökonomische Budgetrestriktion Y = C + I + G oder S + T-G = I erfüllt ist. Ersparnis = Investition bedeutet: (1-c)(Y-T)+T-G=I(r,E) Da höheres Einkommen mit höherer privater Ersparnis verbunden ist, muss es mit niedrigerem Zins verbunden sein. Das erklärt den negativen Verlauf der IS-Kurve. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 13 IS-Kurve Welche Parameter bestimmen die Lage der IS-Kurve? Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 14 Wie aus der IS-Gleichung 1 Y= [ I (r , E ) + G − cT ] 1− c ersichtlich ist, wird die Position der IS-Kurve durch die fiskalpolitischen Parameter G und T und die Erwartungen E beeinflusst.  Eine Erhöhung der Staatsausgaben G muss unter sonst gleichen Umständen mit einem höheren Einkommen (bei jedem Zins) verbunden sein, um die Gleichgewichtsbedingung zu erfüllen. Daher verschiebt ein Anstieg von G die IS-Kurve nach rechts.  Eine Erhöhung der Steuern hat den umgekehrten Effekt.  Bei einer gleichzeitigen Erhöhung von G und T im selben Ausmaß dominiert der Effekt von G und die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts.  Eine Verbesserung der Erwartungen der Unternehmen über künftige Erlöse verschiebt die IS Kurve nach rechts. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 15 Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 16 2.2.2. Die LM-Kurve Der zweite Zusammenhang zwischen gesamtwirtschaftlichem Einkommen und Zins resultiert aus der Nachfrage von Haushalten und Unternehmen nach Geld als Zahlungsmittel. (mehr zu Geld in Kapitel 6). Aus der Darstellung des Wirtschaftskreislaufs (VGR –Kapitel 2) wissen wir, dass allen Güter- und Dienstleistungsströmen in der Volkswirtschaft Zahlungsströme gegenüberstehen. Um diese Zahlungen zu tätigen, brauchen die Haushalte und Unternehmen Zahlungsmittel. Wir bezeichnen mit M den Bestand an Geld oder Zahlungsmitteln in der Volkswirtschaft zu Beginn einer Periode. Der gewünschte Bestand an Zahlungsmitteln hängt ab vom Volumen der von den Haushalten und Unternehmen zu tätigenden Zahlungen: Md = k*P*Y Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 17 Für die Haushalte bedeutet die Haltung von Geld, dass sie ihr Vermögen nicht zinsbringend anlegen können. Je höher der Zins, desto größer sind die entgangenen Zinserträge. Daher verringert sich der gewünscht Bestand an Zahlungsmitteln, wenn der Zins steigt. k = k(r) Wir nehmen nun an, dass der tatsächliche Bestand an Zahlungsmitteln von der Zentralbank kontrolliert wird. Daher gilt: M = k(r)*P*Y M Oder = k (r )Y P Die Geldmenge ist proportional zum gesamtwirtschaftlichen Einkommen, wobei der Proportionalitätsfaktor k(r) negativ vom Zins abhängt. Dieser Zusammenhang wird durch die LM Kurve dargestellt. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 18 Die LM Kurve gibt Kombinationen von gesamtwirtschaftlichem Einkommen und Zins an, für die das „Geldangebot“ M/P gleich der Geldnachfrage ist. Ein höheres Einkommen zieht eine höhere Geldnachfrage nach sich. Bei gegebenem Geldangebot muss der Zins steigen. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 19 Folglich ist der Zusammenhang zwischen Y und r über die LM Kurve positiv. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 20 2.3. Welche Rolle spielen Geld- und Fiskalpolitik Wir können nun sehen, wie Veränderungen des Geldangebotes, der Staatsausgaben, der Steuern und der Erwartungen auf Y und r wirken. In Gleichungsform:  IS: Y = c(Y – T ) + I(r, E) + G  LM: M/P = k(r)Y Wir finden zuerst den Schnittpunkt von IS Kurve und LM Kurve. Für das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage in diesem Punkt ist  die gesamtwirtschaftliche Budgetrestriktion erfüllt und  die gewünschte reale Geldhaltung gleich der tatsächlichen realen Geldhaltung. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 21 Das IS-LM Modell Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 22 Angenommen, die Geldmenge M/P steigt.  Die LM Kurve verlagert sich nach rechts.  Der Zins fällt, damit die gewünschte Geldhaltung zunimmt.  Die Zinssenkung stimuliert die Investitionsnachfrage und das Einkommen nimmt zu. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 23 r LM0 LM1 r0 IS0 Y Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 24 Angenommen die Staatsausgaben steigen.  Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt, die IS Kurve wandert nach rechts. Bei gleichem Zins steigt das Einkommen.  Nun ist aufgrund des gestiegenen Einkommens die gewünschte Geldhaltung größer als die tatsächliche.  Der Zins muss steigen, um die gewünschte Geldhaltung an die tatsächliche anzupassen.  Der steigende Zins vermindert die Investitionsnachfrage und das gesamtwirtschaftliche Einkommen geht zurück auf Y1. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 25 r r1 LM r0 IS1 IS0 Y0 Y1 Y Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 26 2.4. Das IS-LM Modell und die AD-Kurve Betrachten wir jetzt den Einfluss einer Preisänderung auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Wenn die Preise steigen, vermindert sich der Wert des Geldangebotes (M/P). Bei gegebenem Zins und Einkommen ist nun die Geldnachfrage größer als das Geldangebot. Daher muss der Zins steigen, um die Geldnachfrage zu verringern Im Rahmen des IS-LM Modell bedeutet dies eine Verschiebung der LM- Kurve nach oben. Aufgrund des steigenden Zinses fällt die Investitionsnachfrage und damit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Ein höheres Preisniveau entspricht einer niedrigeren gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 27 AD-Kurve P AD Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger Y 28 Geldpolitik: Wie wirkt sich eine Änderung der Geldmenge auf die AD- Kurve aus? Angenommen, die Geldmenge M steigt.  Die LM-Kurve verschiebt sich nach rechts.  Das Einkommen steigt.  Für jedes gegebenes Preisniveau wird die gesamtwirtschaftliche Nachfrage höher als bevor der geldpolitischen Expansion (AD verschiebt sich nach rechts). Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 29 r LM0 LM1 r0 IS0 Y P AD1 AD0 Y 30 Y Y1 Fiskalpolitik: Angenommen, die Staatsausgaben steigen.  Die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts.  Das Einkommen steigt.  Der Zins muss steigen, um Geldangebot und –nachfrage in Einklang zu bringen.  Für jedes gegebenes Preisniveau wird die gesamtwirtschaftliche Nachfrage höher als bevor der fiskalischen Expansion (AD verschiebt sich nach rechts). Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 31 r LM0 IS1 r0 IS0 Y P AD1 AD0 Y 32 Y Y1 Fragen: Wie wirkt eine Verschlechterung der Geschäftserwartungen der Unternehmen auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage? Wie wirkt eine Senkung der direkten Steuern auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage? Welche Effekte auf aggregierte Nachfrage und Inflation sollten wir von den Programmen der Regierung zur Erleichterung der Folgen der Inflation erwarten? Makroökonomik - Prof. Dr. Valeriya Dinger 33