Makroökonomie Kapitel 3: Der Gütermarkt PDF

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LMU München

2017

Olivier Blanchard, Gerhard Illing

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Macroeconomics Gütermarkt BIP Konsumfunktion

Summary

Dieses Dokument ist Kapitel 3 aus dem Lehrbuch "Makroökonomie" von Olivier Blanchard und Gerhard Illing. Es behandelt den Gütermarkt, analysiert die Zusammensetzung des BIP, die Konsumfunktion und die Bestimmung der Produktion. Das Dokument stammt aus dem Jahr 2017 und wird vom Verlag Pearson herausgegeben.

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Olivier Blanchard, Gerhard Illing Makroökonomie Inklusive eLearning-Zugang zu MyMathLab | Makroökonomie 7., aktualisierte Auflage ISBN: 978-3-86894-308-5 800 Seiten | 2-farbig € 54,95 [D] | € 56,50 [A] | sFr 64,20* www.pearson-studium.de www.pearson.ch Kapitel 3 Der Gütermarkt © Pea...

Olivier Blanchard, Gerhard Illing Makroökonomie Inklusive eLearning-Zugang zu MyMathLab | Makroökonomie 7., aktualisierte Auflage ISBN: 978-3-86894-308-5 800 Seiten | 2-farbig € 54,95 [D] | € 56,50 [A] | sFr 64,20* www.pearson-studium.de www.pearson.ch Kapitel 3 Der Gütermarkt © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 2 Überblick über die heutige Vorlesung § Wir werden uns heute zum ersten Mal mit dem Gütermarkt beschäftigen. § Wir werden uns die Zusammensetzung des BIP anschauen. § Wir werden sehen, dass es bei einer Änderung der Güternachfrage zu einem Multiplikatoreffekt kommt: Nachfrage -> Produktion -> Einkommen -> Nachfrage § Wir werden einen ersten Einblick bekommen, wie sich Fiskalpolitik auf die Produktion auswirkt. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 3 3.1 Die Zusammensetzung des BIP § Wiederholung letzte Vorlesung: § Entstehungsseite: Das BIP erfasst die gesamte Wertschöpfung aller Waren und Dienstleistungen für den Endverbrauch (bzw. die Summe aller Mehrwerte). § Verteilungsseite: Das BIP ist die Summe aller in einem bestimmten Zeitraum erzielten Einkommen. § Verwendungsseite: Das BIP entspricht dem Wert aller Ausgaben, also der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 4 Die Zusammensetzung des BIP Tabelle 3.1: Die Zusammensetzung des BIP, Deutschland 2019 und 2020 Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, Stand Februar 2021 © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 5 Die Zusammensetzung des BIP § Konsumausgaben der privaten Haushalte (C): Waren und Dienstleistungen, die von Verbrauchern gekauft werden. § Konsumausgaben des Staates (G): Waren und Dienstleistungen, die durch den staatlichen Sektor (Bund, Länder und Gemeinden) gekauft werden. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 6 Die Zusammensetzung des BIP § Investitionen (I): Sie werden auch als Anlageinvestitionen bezeichnet, um sie von den Lagerinvestitionen abzugrenzen. Die Anlageinvestitionen setzen sich zusammen aus den gewerblichen Investitionen, den Wohnungsbauinvestitionen (dem Kauf von neuen Häusern und Wohnungen durch Privatpersonen) sowie den öffentlichen Investitionen (etwa in Verkehrsinfrastruktur und Militärausgaben). § Importe (IM): Kauf im Ausland produzierter Waren und Dienstleistungen durch inländische Wirtschaftssubjekte (Konsumenten, Unternehmen, staatlicher Sektor). § Exporte (X): Kauf im Inland produzierter Waren und Dienstleistungen durch ausländische Wirtschaftssubjekte. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 7 Die Zusammensetzung des BIP § Außenbeitrag (oder “Nettoexporte”) (X - IM): Differenz zwischen Exporten und Importen. Exporte > Importe: Positiver Außenbeitrag Exporte < Importe: Negativer Außenbeitrag § Vorratsveränderungen (oder “Lagerinvestitionen”): Differenz zwischen den über das Jahr produzierten und verkauften Waren (Differenz zwischen Produktion und Absatz). Diese Größe ist meist gering. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 8 3.2 Die Güternachfrage § Die Nachfrage nach im Inland produzierter Güter bezeichnen wir mit Z. Wenn man die Zusammensetzung des BIP aus dem Abschnitt 3.1 heranzieht, kann man Z so darstellen: Z ≡ C + I + G + X - IM § Das Symbol „≡“ bedeutet, dass es sich bei dieser Gleichung um eine Identität handelt. § In einer geschlossenen Volkswirtschaft mit X = IM = 0, gilt: Z≡C+I+G © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 9 3.2.1 Der Konsum C § Konsumentscheidungen hängen von vielen Faktoren ab. Der wichtigste Faktor ist das verfügbare Einkommen. Der Konsum nimmt zu, wenn das verfügbare Einkommen steigt. § Die Funktion C(YV) wird Konsumfunktion genannt, YV bezeichnet das verfügbare Einkommen. C=C(YV) (+) § Das verfügbare Einkommen (YV) bezeichnet das Einkommen, das dem Verbraucher nach Abzug der Nettosteuern (Steuern plus Abgaben minus Transfers) zur Verfügung steht. YV≡Y-T © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 10 Der Konsum C § Wir spezifizieren die Konsumfunktion als eine lineare Beziehung: C=c0+c1YV § Diese lineare Funktion hat zwei Parameter, c0 und c1: Man bezeichnet c1 als die marginale Konsumneigung. Der Parameter beschreibt den Effekt, den ein zusätzlicher € verfügbares Einkommen auf den Konsum hat (0 < c1 < 1). Man bezeichnet c0 als den autonomen Konsum. Der Parameter beschreibt, wie viel konsumiert würde, wenn das verfügbare Einkommen im betrachteten Zeitraum null wäre. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 11 Der Konsum C Abbildung 3.1: Konsum und verfügbares Einkommen. Konsum C Der Konsum steigt mit dem Konsumfunktion verfügbaren Einkommen, aber C = c0 + c1YV die Steigung der Konsum- funktion ist kleiner eins. c0 Steigung: c1 Verfügbares Einkommen YV © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 12 3.2.2 Die Investitionen I § In Modellen gibt es zwei Arten von Variablen: Einige Variablen werden im Modell (bzw. durch das Modell) erklärt. Solche Variablen werden endogene Variablen genannt. Andere Variablen werden nicht durch das Modell erklärt. Diese Variablen werden exogene Variablen genannt. § In dem Modell in diesem Kapitel sind die Investitionen eine exogene Variable: I=I © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 13 3.2.3 Die Staatsausgaben G § Der dritte Bestandteil der Nachfrage sind die Staatsausgaben G. § Entscheidungen über die Höhe von Staatsausgaben G und (Netto-)Steuern T bezeichnet man als Fiskalpolitik. § In den Modellen in Makroökonomie I werden Staatsausgaben G und (Netto-)Steuern T typischerweise exogene Variablen sein. § Hauptgrund: Wir sind an Aussagen der folgenden Art interessiert: „Wenn der Staat bestimmte Werte für G und T festlegen würde, dann ergäbe sich Folgendes.“ © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 14 3.3 Die Bestimmung der Produktion im Gleichgewicht § Ein Gleichgewicht auf dem Gütermarkt ist nur dann gegeben, wenn die Güterproduktion, Y, der Güternachfrage, Z, entspricht: Y =Z § Diese Gleichung wird als Gleichgewichtsbedingung bezeichnet. § Wenn wir die Gleichung für Z und die Konsumfunktion einsetzen, dann erhalten wir: ( ) Y = c0 + c1 Y − T + I + G © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 15 3.3 Die Bestimmung der Produktion im Gleichgewicht § Gleichgewicht auf dem Gütermarkt: ( ) Y = c0 + c1 Y − T + I + G § Im Gleichgewicht ist die Produktion Y (linke Seite der Gleichung) gleich der Nachfrage (rechte Seite der Gleichung). Die Nachfrage hängt ihrerseits vom Einkommen Y ab; das Einkommen wiederum ist gleich der Produktion. Somit wird dasselbe Symbol Y sowohl für die Produktion als auch für das Einkommen verwendet. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 16 3.3 Die Bestimmung der Produktion im Gleichgewicht § Wir werden das Modell jetzt lösen. § Das Modell besteht aus drei Gleichungen: einer Identität (Z ≡ C + I + G) einer Verhaltensgleichung (C = c0 + c1YV mit YV ≡ Y - T) einer Gleichgewichtsbedingung (Y = Z) § Ein Modell zu lösen bedeutet, die endogenen Variablen als Funktion der exogenen Variablen auszudrücken. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 17 3.3.1 Die formale Analyse § Die Gleichgewichtsbedingung: ( Y = c0 + c1 Y − T + I + G) § Wir bringen c1Y auf die linke Seite: (1− c )Y = c 1 0 + I + G − c1T § Wir dividieren beide Seiten durch (1-c1): 1 ⎡ ⎤ Y= c ⎣ 0 + I + G − c T 1 ⎦ 1− c1 § Produktion gleich „Multiplikator“ mal „autonome Ausgaben“. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 18 3.3.2 Die grafische Analyse Abbildung 3.2: 45o Linie Gleichgewicht auf dem Gütermarkt Nachfrage (Z), Produktion (Y) Steigung = 1 ZZ Nachfrage A Steigung = c1 ( Z = c0 + I + G − c1T + c1Y ) Gleichgewicht: Y=Z Autonome Ausgaben Einkommen Y © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 19 Die grafische Analyse Abbildung 3.3: 45o Linie Der Multiplikatoreffekt ZZ' Ein Anstieg der A' autonomen Ausgaben Nachfrage (Z), Produktion (Y) Y1 D um 1 Mrd. € steigert B ZZ die Produktion um ein C Vielfaches - um 1/(1-c1) Mrd. €. Y A Y Y1 Einkommen Y © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 20 Der Multiplikatoreffekt § Der Multiplikatoreffekt ist das Resultat sukzessiver Steigerungen der Produktion, resultierend aus Anstiegen der Nachfrage durch höheres Einkommen. § Steigt die Nachfrage um 1 Mio. € , dann ergibt sich nach n Runden eine Erhöhung der Produktion um 1 Mio. €, multipliziert mit der folgenden Summe: 1 + c1 + c12 +... + c1n-1 § Die Reihe, die sich ergibt wenn man n erhöht, bezeichnet man als geometrische Reihe. Der Grenzwert dieser Reihe ist 1/(1 - c1). © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 21 3.3.3 Die verbale Analyse § Die Produktion hängt von der Nachfrage ab, die ihrerseits vom Einkommen abhängt. Das Einkommen entspricht wiederum der Produktion. § Ein Anstieg der Staatsausgaben (oder ein anderer Anstieg der autonomen Ausgaben) führt zu einem Anstieg der Produktion. Dies führt zu einem Anstieg des Einkommens. Dies induziert eine Erhöhung der Nachfrage, weil die marginale Konsumneigung c1 positiv ist. § Im Endergebnis fällt der Anstieg der Produktion weit größer aus als die ursprüngliche Verschiebung der Nachfrage, und zwar genau um den Faktor, der dem Multiplikator 1/(1-c1) entspricht. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 22 3.3.4 Wie lange dauert es, bis der Anpassungsprozess abgeschlossen ist? § Der Multiplikatoreffekt basiert auf drei Schritten: Eine Erhöhung der Nachfrage führt zu einer Erhöhung der Produktion. Eine Erhöhung der Produktion führt zu einer Erhöhung der Einkommen. Eine Erhöhung der Einkommen führt zu einer Erhöhung des Konsum. § Jeder dieser drei Schritte braucht Zeit. Deswegen entfaltet sich der Multiplikatoreffekt in der Realität langsam über die Zeit. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 23 3.4 Investition ist gleich der Ersparnis: Ein alternativer Ansatz für das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt § Es gibt zwei äquivalente Methoden, um die Gleichgewichts- bedingung auf dem Gütermarkt zu formulieren: Produktion = Nachfrage Investition = Ersparnis § Zur Erinnerung: Die private Ersparnis (S) entspricht der Differenz zwischen verfügbarem Einkommen und Konsum: S ≡ YV – C = (Y – T) – C © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 24 3.4 Investition ist gleich der Ersparnis: Ein alternativer Ansatz für das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt § Herleitung der Äquivalenz: Wir beginnen mit der bekannten Gleichung für das Gütermarktgleichgewicht (Produktion = Nachfrage) Y=C+I+G § Wir ziehen auf beiden Seiten die Steuern T und den Konsum C ab: Y–T–C=I+G-T § Die linke Seite ist nichts anderes als die private Ersparnis (S) S=I+G–T § Umformen ergibt: I = S + (T – G) § Investitionen = private Ersparnis plus Ersparnis des Staates. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 25 3.4 Investition ist gleich der Ersparnis: Ein alternativer Ansatz für das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt § Wegen der Äquivalenz von „Produktion = Nachfrage“ und „Investition = Ersparnis“ wird die Bedingung für ein Gleichgewicht auf dem Gütermarkt auch als IS-Gleichung bezeichnet („investment equals saving“). © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 26 3.5 Ist die Regierung allmächtig? Eine Warnung § Wir haben folgende Gleichung für das Produktionsniveau hergeleitet: 1 ⎡ ⎤ Y= c ⎣ 0 + I + G − c T 1 ⎦ 1− c1 § Diese Gleichung legt nahe, dass die Regierung durch eine geeignete Wahl von Staatsausgaben G oder Steuern T jedes gewünschte Produktionsniveau realisieren kann. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 27 3.5 Ist die Regierung allmächtig? Eine Warnung § Viele Aspekte der Realität erschweren diese Aufgabe und sind in unserem Modell noch nicht enthalten: Staatsausgaben G oder Steuern T rasch zu ändern ist schwierig. Investitionen und Importe reagieren ebenfalls auf Fiskalpolitik. Erwartungen spielen eine große Rolle. Erhöhungen der Nachfrage können zu einem Anstieg der Inflation führen. Steuersenkungen und Erhöhung der Staatsausgaben können zu einem Budgetdefizit führen. § Wir werden diese Aspekte berücksichtigen. © Pearson Studium 2017 | © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 28