Einführung in die Psychologie PDF

Summary

Dieser Text beschreibt verschiedene psychologische Ansätze, wie psychodynamisch, behavioristisch, humanistisch, kognitiv und biologisch-neurowissenschaftlich. Die verschiedenen Ansätze stellen unterschiedliche Sichtweisen auf menschliches Erleben und Verhalten dar. Der Text dient als Einführung in die Psychologie und stellt eine Übersicht zu den wichtigsten Ansätzen dar.

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KAPITEL 1. WAS IST PSYCHOLOGIE? 1.3 Ansätze der Psychologie Neben der Unterteilung der Psychologie in verschiedene Teildisziplinen, können in- nerhalb der Psychologie auch verschiedene Perspektiven/Ansätze unterschieden werden, welche sich im Laufe der Geschichte der Psychologie entwickelt habe...

KAPITEL 1. WAS IST PSYCHOLOGIE? 1.3 Ansätze der Psychologie Neben der Unterteilung der Psychologie in verschiedene Teildisziplinen, können in- nerhalb der Psychologie auch verschiedene Perspektiven/Ansätze unterschieden werden, welche sich im Laufe der Geschichte der Psychologie entwickelt haben. Sie stellen verschiedene Sichtweisen hinschtlich psychologischer Themenberei- che dar. In diesem Sinne verfolgen diese Ansätze andere Blickwinkel und können unterschiedliche Erkärungen für das Erleben und Verhalten der Menschen liefern. Je nach Ansatz gibt es verschiedene Theorien und teils auch unterschiedliche Me- thoden, welche zur Untersuchung des menschlichen Erlebens und Verhaltens ein- gesetzt werden. Im Kapitel zur Geschichte der Psychologie (Kapitel 2) erfahren Sie mehr zur Entstehung der verschiedenen Ansätze und der Beziehung der Ansätze untereinander. An dieser Stelle soll lediglich ein Überblick geschaffen werden. Wel- che Ansätze unterschieden werden können, wird in den einzelnen Lehrbüchern (vgl. Myers, 2005; Grabowski, Smith, & Nolen-Hoeksema, 2007; Gerrig, Dörfler, & Roos, 2018) unterschiedlich dargestellt. In diesem Lernskript werden der psy- chodynamische Ansatz, der behavioristische Ansatz, der humanistische Ansatz, der kognitive Ansatz und der biologisch-neurowissenschaftliche Ansatz näher be- trachtet. Psychodynamischer Ansatz: Die Grundannahme des psychodynamischen An- satzes ist, dass das Verhalten durch starke innere Kräfte (Triebe) beeinflusst wird. Verhalten ist der Versuch, den Konflikt zwischen den persönlichen Be- dürfnissen und den sozialen Erfordernissen zu lösen. Dieser Ansatz wurde am deutlichsten von Sigmund Freud (siehe auch Kapitel 2.4.4 und Kapitel 8.2.2), der auch als Begründer dieser Richtung gilt, vertreten, seitdem aber auch von anderen Psychologen und Psychologinnen weiterentwickelt. Durch die Verdeutlichung, dass unbewusste Prozesse menschliches Verhalten be- einflussen, hat der psychodynamische Ansatz viele Bereiche der Psycholo- gie nachhaltig beeinflusst. Behavioristischer Ansatz: Der behavioristische Ansatz erklärt Verhalten durch beobachtbare Reize und Reaktionen, sowie beobachtbare Konsequenzen, welche auf die Reaktionen folgen. Als Begründer des Behaviorismus gilt John Watson (siehe auch Kapitel 2.4.3 und Kapitel 5.3.3). Mentale Prozesse, welche nicht direkt beobachtet werden können, werden im behavioristischen Ansatz nicht berücksichtigt. Stattdessen fokussiert man sich auf die genaue und exakte Beschreibung und Überprüfung dessen, was z. B. bei Lernpro- zessen beobachtet werden kann. Humanistischer Ansatz: Der humanistische Ansatz entwickelte sich ab 1950 als Alternative zu den psychodynamischen und behavioristischen Ansichten. In diesem wird der Mensch als ein aktives Wesen gesehen, dessen Hauptauf- gabe es ist, nach positiver Entwicklung zu streben. Bekannte Vertreter wie Carl Rogers und Abraham Maslow (siehe auch Kapitel 8.2.3) betonten die natürliche Tendenz eines Individuums zu geistiger Weiterentwicklung und 14 KAPITEL 1. WAS IST PSYCHOLOGIE? Gesundheit. Der humanistische Ansatz verfolgt eine holistische Herange- hensweise. Das bedeutet, dass der Mensch als Ganzes im Mittelpunkt steht und neben Wissen über Psyche, Körper und Verhalten auch soziale und kul- turelle Faktoren miteinbezogen werden. Kognitiver Ansatz: Der kognitive Ansatz rückt die nicht direkt beobachtaren Vor- gänge wie Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Denken, Entscheiden und Erin- nern in den Mittelpunkt. Nach diesem Ansatz ist Verhalten – im Gegensatz zum Behaviorismus – nur bedingt das Resultat externer Bedingungen. Men- schen handeln, weil sie mit der Fähigkeit des Denkens ausgestattet sind und von dieser Gebrauch machen. Der kognitive Ansatz ist in den letzten Jahr- zehnten immer mehr zum dominierenden Ansatz der Psychologie geworden, was vor allem in der Allgemeinen Psychologie (siehe Kapitel 5) deutlich wird. Biologisch-neurowissenschaftlicher Ansatz: Der biologische Ansatz geht da- von aus, dass psychische Phänomene auf biochemische Vorgänge im Kör- per zurückgeführt werden können. Daran beteiligt sind u. a. Gene, das Ner- vensystem und das Hormonsystem. Fortschritte in der Hirnforschung und die Entwicklung von Verfahren, mit denen Prozesse im Gehirn sichtbar gemacht werden können, haben schließlich zur Entwicklung der kognitiven Neurowis- senschaften (siehe auch Kapitel 4.1.2) geführt. Diese Ansätze müssen sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern können sich auch ergänzen, indem die verschiedenen Ansätze unterschiedliche Aspekte von komplexen psychischen Phänomenen im Blick haben können. Werden mehre- re Perspektiven für die Erklärung eines Phänomens betrachtet, spricht man auch von einem eklektischen Ansatz. Darüber hinaus stellen die verschiedenen An- sätze nicht nur verschiedene Sichtweisen für die Erklärung menschlichen Verhal- tens zur Verfügung, es haben sich aus diesen Ansätzen auch verschiedene An- sätze zur Behandlung von psychischen Störungen entwickelt, wie beispielsweise die Verhaltenstherapie, welche sich stark am behavioristischen Ansatz orientiert, oder die Gesprächspsychotherapie nach Carl Rogers, welcher ein humanistisches Menschenbild zugrunde liegt. 1.4 Ziele der Psychologie Die wissenschaftliche Psychologie verfolgt vier Ziele: Erleben und Verhalten...... beschreiben,... erklären,... vorhersagen und... verändern. Diese Ziele können sowohl in der Forschung als auch in den Anwendungsfel- dern angetroffen werden. 15 KAPITEL 1. WAS IST PSYCHOLOGIE? Beschreiben Damit Verhalten erklärt, vorhergesagt und verändert werden kann, muss zunächst der Ist-Zustand beobachtet und beschrieben werden. Informationen über die psy- chischen Phänomene sollen möglichst genau und systematisch erfasst werden. Die so erfassten Informationen werden auch Daten genannt. Dabei kommen ver- schiedene Methoden zur Datenerhebung zum Einsatz, wie beispielsweise Beob- achtungen, Befragungen, Tests und Experimente (vgl. Kapitel 3.4 und 8.3). Die Verhaltensbeschreibung sollte dabei möglichst objektiv sein – das bedeu- tet, dass die Beschreibung auf Basis des tatsächlich beobachteten Verhaltens, un- abhängig von Erwartungen und Vorstellungen des Beobachtenden erfolgt (Gerrig et al., 2018; vgl. Kapitel 3.3.2). Zwei verschiedene Personen, die das gleiche Ver- halten beobachten, sollen zu gleichen Beschreibungen kommen. Vor allem in der Forschung stellt sich häufig auch die Frage, wie die psychi- schen Phänomene überhaupt sichtbar gemacht werden können, um sie zu be- schreiben (vgl. Kapitel 3.3.2). Wie können Angst, Einstellungen oder Intelligenz beschrieben werden? Die Aufgabe von Psychologinnen und Psychologen ist es daher auch, Tests und Techniken zum Messen der psychischen Phänomene zu entwickeln. Doch auch in der praktischen Anwendung hat das Ziel zu beschreiben Bedeutung. Denken Sie beispielsweise an die Behandlung von psychischen Stö- rungen. Bevor Sie dazu übergehen können eine Person zu behandeln, müssen Sie ein klares Bild von der Person und ihren Problemen/Konflikten erhalten. Erklären Erklärungen gehen über das Beobachtbare hinaus. Psychologinnen und Psycho- logen wollen wissen, warum sich Personen auf eine bestimmte Art verhalten, ver- suchen Muster zu erkennen und entwickeln entsprechende Theorien anhand de- rer das Verhalten erklärt werden kann. In der Regel wird davon ausgegangen, dass Verhalten durch die Kombination mehrerer, verschiedener Faktoren erklärt werden kann. Erklärende Faktoren können in dispositionale und situative Fakto- ren unterteilt werden. Unter dispositionalen Faktoren versteht man zeitlich stabile Merkmale, welche innerhalb der Person liegen. Dazu gehören beispielsweise die genetische Ausstattung, erlernte Verhaltensweisen, Fähigkeiten, Bedürfnisse, In- teressen oder auch Persönlichkeitsmerkmale. Unter situativen Faktoren versteht man Faktoren, welche von der Umwelt auf das Individuum einwirken. Dazu zählen beispielsweise Verhaltensweisen anderer Personen, mit denen das Individuum in Kontakt steht, das Wetter oder ganz generell Situationen, denen das Individuum ausgesetzt ist (Gerrig et al., 2018). Die verschiedenen Teildisziplinen der Psycho- logie fokussieren sich in ihren Erklärungen in unterschiedlichem Ausmaß auf dis- positionale und situative Faktoren. Die Persönlichkeitspsychologie beispielsweise hat ihren Fokus primär auf den dispositionalen Faktoren, während sich die Sozial- psychologie in erster Linie mit situativen Faktoren beschäftigt. In diesem Lernskript werden Ihnen viele Theorien zur Erklärung des menschlichen Erlebens und Ver- haltens begegnen. Die in der Forschung erlangten Erklärungen finden wiederum in der praktischen Arbeit Anwendung, wenn es beispielsweise darum geht, zu ergrün- 16 KAPITEL 1. WAS IST PSYCHOLOGIE? den, warum Kinder (noch) Schwierigkeiten bei der Perspektivenübernahme haben oder warum sich eine Person zwanghaft verhält. Vorhersagen In der Psychologie versteht man unter Vorhersagen Aussagen über die Wahr- scheinlichkeit, mit der ein bestimmtes Verhalten auftreten wird. Wurde eine zu- treffende Erklärung für das zuvor beschriebene Verhalten gefunden, erlaubt diese Erklärung meist auch eine Vorhersage über zukünftiges Verhalten. Eine treffende Erklärung für ein Verhalten hilft also auch bei der Vorhersage von zukünftigem Ver- halten in ähnlichen Situationen. Dieses kann dann wiederum beobachtet und die vermutete dahinterliegende Theorie überprüft werden. Dazu ist es wichtig, dass wissenschaftliche Vorhersagen exakt formuliert werden, um auch getestet und ge- gebenenfalls zurückgewiesen werden zu können (Gerrig et al., 2018). In der Pra- xis spielt das Ziel des Vorhersagens beispielsweise bei der Personalauswahl eine wichtige Rolle, da man mithilfe entsprechendener Auswahlverfahren versucht vor- herzusagen, ob eine Passung zwischen den Eigenschaften einer Person und den beruflichen Anforderungen besteht. Verändern Das Ziel der Verhaltensänderung ist häufig das Hauptanliegen praktisch arbeiten- der Psychologinnen und Psychologen. Es findet sich insbesondere in der Therapie von psychischen Störungen wieder, aber auch anderweitig wollen Psychologinnen und Psychologen das Verhalten von Menschen ändern. Zum Beispiel stellen sich Gesundheitspsychologen und -psychologinnen die Frage, wie man Menschen da- zu bewegen kann, mehr Sport zu treiben und sich gesünder zu ernähren. Mit der Möglichkeit der Verhaltensänderung geht eine große Verantwortung einher, da die Einflussnahme auf das Verhalten immer zum Wohl der Person geschehen muss und kein Schaden entstehen darf (Bourne & Ekstrand, 2005). Dadurch ist das Ver- ändern von Erleben und Verhalten auch immer eine ethische Frage, da Personen mit psychischen Erkrankungen nicht zwangsläufig eine Veränderung ihrer Situa- tion wünschen. Folglich benötigt der/die Psychologe/Psychologin einen Behand- lungsauftrag von der betreffenden Person. Erst dadurch wird eine psychologische Intervention ethisch vertretbar. 17 KAPITEL 1. WAS IST PSYCHOLOGIE? 1.5 Ethische Prinzipien in der Psychologie Psychologinnen und Psychologen haben durch ihren Beruf eine große Verantwor- tung sowohl gegenüber anderen Personen als auch gegenüber der Gesellschaft im Allgemeinen und müssen daher in der Wissenschaft wie auch in der Praxis ethi- sche Prinzipien beachten. Im Bereich der Forschung müssen Studien zum Beispiel häufig erst von einer Ethikkommission hinsichtlich der Erfüllung ethischer Stan- dards positiv begutachtet werden. In der Praxis kann beispielsweise das vorhan- dene Machtverhältnis zwischen Psychologinnen und Psychologen auf der einen Seite und Patientinnen und Patienten auf der anderen Seite eine mögliche Gefah- renquelle für unethisches Verhalten sein. Die American Psychological Association (APA) hat fünf ethische Grundsätze formuliert, an die sich Psychologinnen und Psychologen in Forschung, Praxis und Lehre halten sollen (American Psychologi- cal Association, 2017): Wohltätigkeit und Nicht-Schaden: Psychologinnen und Psychologen verfolgen stets das Wohl aller Personen und Tiere, mit denen sie durch ihre Praxis oder Forschung Kontakt haben und versuchen Schaden zu verhindern oder zu minimieren. Loyalität und Verantwortung: Psychologinnen und Psychologen sind sich be- wusst über das Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wird, und welche Verantwortung sich daraus gegenüber der Gesellschaft und Einzelpersonen ergibt. Sie halten sich an berufliche Verhaltensstandards und tauschen sich mit anderen Berufsgruppen und Institutionen aus, um stets im besten Inter- esse, derer zu handeln, mit denen sie arbeiten. Integrität: Psychologinnen und Psychologen dürfen in keiner Form unrechtmäßi- ge Handlungen, wie Betrug, absichtliche Falschdarstellung von Fakten und Täuschung ausführen und sind in Forschung, Lehre und Praxis bestrebt, nach Prinzipien der Ehrlichkeit, Genauigkeit und Wahrhaftigkeit zu handeln. Vor allem ältere psychologische Untersuchungen haben nur in sehr mangel- haftem Ausmaß auf Integrität geachtet. Das Milgram-Experiment (Milgram, 1963, siehe auch Kapitel 7.3.4) beispielsweise würde daher heutzutage in der ursprünglichen Form nicht mehr durchgeführt werden dürfen. Gerechtigkeit: Psychologinnen und Psychologen erkennen, dass jede Person in gleichem Ausmaß von den Erkenntnissen der Psychologie und deren An- wendung profitieren sollte. Sie erkennen die Grenzen ihrer eigenen Kompe- tenz und ihres Wissens, ihre mögliche Unvoreingenommenheit und sorgen dafür, dass diese nicht zu ungerechtem Verhalten führen. Respekt für die Rechte und Würde von Personen: Psychologinnen und Psycho- logen respektieren die Würde aller Menschen und ihr Recht auf Privatsphäre, Vertraulichkeit und Selbstbestimmung, sowie individuelle, kultur- oder rollen- spezifische Unterschiede. Letztere sind im Kontakt mit Personen zu berück- sichtigen und darauf basierende Vorurteile zu eliminieren. 18

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