Summary

This document provides a summary and introduction to special education counseling. It covers topics such as types of counseling, target groups, and the role of counseling in various contexts. The document is likely a set of lecture notes or study materials rather than a past paper.

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# Zusammenfassung ## Einführung in die sonderpädagogische Beratung ### 1. Einführung #### Beratung - Gespräch zwischen einer ratsuchenden Person und einer beratenden Person. - Befasst sich mit Konflikt- und Bewältigungsfragen. - Legt ein interdisziplinäres Wissenschaftsverständnis zugrunde. - Ka...

# Zusammenfassung ## Einführung in die sonderpädagogische Beratung ### 1. Einführung #### Beratung - Gespräch zwischen einer ratsuchenden Person und einer beratenden Person. - Befasst sich mit Konflikt- und Bewältigungsfragen. - Legt ein interdisziplinäres Wissenschaftsverständnis zugrunde. - Kann einzeltherapeutische, beraterische, sozialfürsorgerische, sozialpädagogische oder pädagogische Aktivität sein. #### Beratungsthemen - Erziehung und Bildung - Sozial- und Gemeindewesen - Arbeit und Beruf - Wohnen und Freizeit - Gesundheit und Wohlbefinden - Pflege und Rehabilitation - Ökonomie und Politik - Recht #### Zielgruppe - Einzelne Personen, Gruppen oder auch Organisationen #### Beratung als übergreifende Wissenschaft - Beratungswissenschaft beinhaltet philosophische, theologische, psychologische, soziologische, politikwissenschaftliche, rechtswissenschaftliche und erziehungswissenschaftliche Aspekte. #### Pädagogische Beratung - Eine Form der helfenden Interaktion zwischen zwei oder mehreren Beteiligten, bei der BeraterInnen ratsuchende KlientInnen dabei unterstützen, in Bezug auf eine Frage oder ein Problem an Orientierung, Klarheit, Wissen, an Bearbeitungs- und Bewältigungskompetenzen zu gewinnen. - Interaktion zwischen Personen. - Hilfe zur Selbsthilfe (Kompetenzzuwachs). - Trennung zwischen beratender Person und ratsuchender Person. - Frage, Problem, Herausforderung. ### 2. Gesprächs- und Beratungsformate #### Ziele einer Beratung (Deutsche Gesellschaft für Beratung e.V.) - Definition erreichbarer Ziele und Fällen reflektierter Entscheidungen. - Entwerfen von Handlungsplänen, die den Bedürfnissen, Interessen und Fähigkeiten des Individuums oder der Gruppe entsprechen. - Identifikation und Nutzen von persönlichen, sozialen oder anderen Ressourcen, selbst gesteckte Ziele zu erreichen oder Aufgaben gerecht werden zu können. - Geben einer Unterstützungen zum Umgang mit nicht auflösbaren Belastungen. #### Kennzeichen von Beratung - Vorbereitung einer Entscheidung/Entscheidungshilfe. - Selbsthilfepotential fördern. - Kooperation (gemeinsame Anstrengung nötig). - Zuhören (vgl. Rogers). - Freiwilligkeit (meistens). - Subjekt-, Aufgaben- und Kontextgebunden. - Klare Zielvereinbarung (schon zu Beginn aus dem Beratungsanlass ableiten). - Geschütztes Vertrauensverhältnis (Bedeutsamkeit der Beziehungsebene). #### Gesprächsformate ##### Information - Kenntnisse, die vermittelt werden, um entweder Fragen mit Hilfe dieser Kenntnisse zu beantworten oder aber eine Erweiterung der Wissensbestände zu erreichen. - Grundlage für Anleitung und Beratung. - Ratsuchende Person fragt aufgrund von Unkenntnis nach Information. - Wissensweitergabe. ##### Anleitung - Fokusiert einen sprachlich aber auch praktisch angeleiteten Lernprozess, der darauf abhebt, dass Kenntnisse auch lebenspraktisch umgesetzt werden können. - Kenntnisse sollen zu einer verkörperlichten Handlungsfähigkeit führen. - Ziel: Wissen nutzen können (Wissen als Mittel zum Zweck). - Ratsuchende Person: über die bloße Information hinausgehendes Interesse. ##### Beratung - Unterstützung eines individuellen Urteilsbildungsprozesses. - Hilfe zur Selbsthilfe. ##### Konsultation - Fachperson mit anderer Spezialisierung konsultiert Fachperson für jeweiliges Thema. - Fachliche Unterstützung: fachlichen Rat einholen, Fachwissen notwendig unter Fachkräften mit unterschiedlichen Qualifikationen. ##### Moderation - Austausch zwischen Personen, welcher von einer Person gelenkt wird (eine Person führt ein Gespräch). - Person (ModeratorIn) stellt Fragen, fasst zusammen, führt zum Thema zurück. - „Runder Tisch": Gruppenkonstellation: Austausch zwischen Ratsuchendem und mehreren Professionellen. Sowohl Information, Anleitung oder Beratung möglich. #### Multiaxiales Modell von Beratung (Zwicker-Pelzer, 2018) - Zeitachse: sowohl Länge des konkreten Gesprächs als auch auf Beratungsprozess - Länger - Kurz - Zugänge: - Kommstruktur (ratsuchende Person kommt in institutionelle Beratungsstelle) - Gehstruktur (BeraterIn geht zur ratsuchenden Person in privaten Kontext) - Handlungsgrundlage: - Regelwissen (theoretisches Wissen über Beratung, Regelwissen über Erkrankung und Vorgehen) - Fallverstehen (individuelle Besonderheiten der erlebten Lebenswirklichkeit der ratsuchenden Person) - Beziehungsachse: - sowohl durch Zugangsachse (Rahmenbedingungen) bestimmt, aber auch durch Vertrauensbasis und emotionaler Nähe - Nähe (durch unmittelbare Gehstruktur) - Distanz (Kommstruktur schafft Distanz) ### 3. Kommunikation #### Phasen von Beratung ##### Problemlösungsprozess und Soll-Ist-Diskrepanz (Kaminsky, 1970) 1. Problemdefinition = Subjektive Auffassung des Problems (Ist-Zustand) 2. Zieldefinition = Möglichst konkrete Formulierung des Ziels (Soll-Zustand) 3. Umsetzung = Maßnahmen zur Reduzierung der Soll-Ist-Diskrepanz (Hilfe von außen) 4. Evaluation = Klären, inwiefern die Maßnahmen zur Behebung/Verbesserung beigetragen haben ##### Phasenmodell (Culley, 2002) 1. Anfangsphase: Beziehungsaufbau, Erwartungen klären, Ziel-/Problemdefinition 2. Mittelphase: Neubewertung der Situation, neue Sichtweise erarbeiten und Strategien entwickeln 3. Endphase: Konkrete Umsetzung planen, Strategien zur Umsetzung - Grundsatz: individuelle Betrachtungsweise aufgreifen, anders bewerten, Fokus weiten und Hilfe zur Selbsthilfe schaffen (Umsetzung) #### Phasenablauf innerhalb eines Beratungsgesprächs 1. Eingangsphase (Rahmen): Begrüßung, Zeit zum Ankommen geben, Small Talk. Wichtig: Angenehme Atmosphäre schaffen. Übergang zur nächsten Phase: zeitlichen Rahmen nennen, Grund für Zusammenkommen benennen (Aufmerksamkeit auf Thema lenken) 2. Bearbeitung zentraler Thematik (Hauptteil): Problem bearbeiten, Lösungsansätze finden, konkrete Maßnahmen überlegen. 3. Erfassung zentraler Ergebnisse: Zusammenfassung der Besprechung, nächste Ansprechpartner/Schritte festhalten. Wichtig: genügend Zeit dafür einplanen. 4. Transfer in den Alltag: Welche konkreten Schritte müssen als nächstes vollzogen werden? 5. Abschlussphase (Rahmen): Freundliche Verabschiedung, für die Zeit bedanken. Wichtig: Ratsuchende Person soll das Gefühl haben, wir haben heute etwas geschafft und den Blick nach vorne richten. #### Kommunikation und Beratung - Kommunikation als Auslöser von Beratungsanlässen (in Kommunikation entstehen viele Problemsituationen). - Kommunikation ist das Medium der Beratung. ### 4. Kommunikation und kultur- und mehrsprachigkeitssensibler Umgang mit ratsuchenden Personen #### Kommunikation als Auslöser von Beratungsanlässen ##### 5 Axiome menschlicher Kommunikation (Watzlawick, Beavin, Jackson, 1967) 1. Verhalten ist immer auch Kommunikation. Man kann sich nicht nicht verhalten. Man kann nicht nicht kommunizieren. - Kommunikation ist nicht nur Lautsprache. - Im Beratungsgespräch: auf Feinheiten der Kommunikation achten. 2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und Beziehungsaspekt. - Es geht nicht nur darum, was man sagt, sondern auch wie man es sagt. - Inhalt des Gesagten kann unterschiedlich aufgenommen werden. 3. Jede Kommunikation wird aus der unterschiedlichen Sicht der KommunikationspartnerInnen strukturiert (Interpunktion). Jeder Kommunikationsbeitrag kann als Reaktion auf einen vorherigen Beitrag interpretiert werden. - Unterschiedliche Sichtweisen: Wann hat der Konflikt begonnen? 4. Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten. - Digital: sprachliche Elemente, eindeutige Zeichen. - Ausdruck objektiver Inhaltsebene. - Analog: nichtsprachliche Elemente (Gesten, Mimik, Prosodie, Handlungen), flüchtiger, nicht eindeutig, evtl. missverständlich. - Ähnlichkeit (Analogie) zu etwas. 5. Kommunikation ist entweder symmetrisch oder komplementär. - Symmetrisch: Gleichheit der KommunikationspartnerInnen (Kommunikation auf Augenhöhe). - Komplementär: Ungleichheit der KommunikationspartnerInnen (Kommunikation durch Hierarchie bestimmt). #### Vier Seiten einer Nachricht (Schulz von Thun, 1981) 1. Sachebene 2. Selbstkundgabe 3. Appell 4. Beziehungsseite - Bsp. „Die Noten meines Kindes sind schlecht" 1. Sachebene: Noten befinden sich auf unterem Leistungsniveau. 2. Selbstkundgabe: Ich mache mir Sorgen um den Bildungserfolg meines Kindes. 3. Appell: Bitte fördern sie mein Kind besser. Haben sie Tipps für mich, mein Kind zu fördern? 4. Beziehungsseite: hilfesuchende Mutter #### Gespräch als Basismedium - Beziehungsaufbau durch Kommunikation. - Gespräch ist zentral. - Kommunikation ist multimodal. - Gesagtes: Wörter und Sätze. - Gesagtes: Prosodie. - Gezeigtes: Mimik, Gestik, Körperhaltung. #### Zuhören - Volle Aufmerksamkeit schenken, voll und ganz bei der Sache sein. - Lösen von allen eventuell vorhandenen Vorstellungen in Bezug auf das Gesagte (individuelles Fallverstehen). - Interpretation des Gesagten und Gezeigten: rein deskriptiv, nicht urteilend. - Unklarheiten erkennen und Fragen zur Klärung stellen. - Signalisieren, dass Inhalt gehört und Intention des Gesagten verstanden worden ist. #### Kongruente vs. inkongruente Kommunikation - Kongruente Kommunikation : alle Ebenen/Modalitäten, auf denen wir kommunizieren vermitteln dieselbe Botschaft - Inkongruente Kommunikation: Diskrepanz zwischen Ausdruck in verschiedenen Modalitäten (zwischen Gesagtem und Gezeigtem) #### Reaktion auf inkongruente Kommunikation - Reaktion nur in Bezug auf das Gesagte. - Reaktion nur in Bezug auf das Gezeigte. - Themenwechsel: keine direkte Reaktion auf die inkongruente Mitteilung. - Ansprache der Doppeldeutigkeit. #### Ursprünge inkongruenter Kommunikation - Geringes Selbstwertgefühl. - Stress (Belastungssituation). - Schutz vor Zurückweisung. - → Universelle Muster zur Selbstwerterhaltung 1. Beschwichtigen 2. Anklagen 3. Rationalisieren 4. Ablenken #### Kongruente Kommunikation erlernen - Bewusstwerden der inkongruenten Kommunikation (Verbalisierung durch BeraterIn) - Reflexion der Ursachen - Gedankenumkehr in kongruente Kommunikation (Gegenimpuls durch BeraterIn) #### Klärung von Situationen - Klärung durch Wie- und Was-Fragen. - Eher „Wie" und „Was-Fragen" nutzen, anstatt „Warum?". - Aus „Warum-Fragen" ergeben sich häufig Festschreibungen und häufig bereits durchgeführte Argumentationsketten - Was ist so schwierig für sie? - Was sehen sie als das Problem? - Was befürchten sie? - Wer ist beteiligt? - Was haben sie bislang unternommen? - Klärung von Emotionen - Wie geht es ihnen damit? - Was bedeutet das für sie? - Was ist ihnen dabei wichtig? ### 5. Psychoanalytische Ansätze und Personenzentrierter Ansatz nach Rogers #### Beratungsansätze - Tiefenpsychologische/psychoanalytische Ansätze. - Humanistische Ansätze: Personenzentrierter Ansatz nach Rogers. - Systemische Ansätze #### Psychoanalytische Ansätze ##### Grundlage: Psychoanalyse/Tiefenpsychologie - Rückgriff auf Drei-Instanzen-Modell nach Sigmund Freud - Es - Ich - Über-Ich - Ich-Stärke: Gleichgewicht zwischen den Instanzen und der Realität → psychische Gesundheit - Ich-Schwäche: Ungleichgewicht zwischen Instanzen und Realität → Beratungsanlässe ##### Topographisches Modell (Eisberg-Modell) - Bewusstes - Vorbewusstes - Unbewusstes - Früher zurückliegende Erfahrungen (v.a. unbewusst und vorbewusst) beeinflussen Persönlichkeitsentwicklung und Entwicklung der Ich-Stärke #### Beratung *- Hohe Bedeutung des Unbewussten. - Hohe Bedeutung von Entwicklungen und Erfahrungen in der frühen Kindheit. - Konzentration auf innerpsychische Konflikte. - Frage: Welche unbewussten Persönlichkeitsstrukturen liegen aktuellem Problem zugrunde? - Übertragung und Gegenübertragung in der Beratung. - Übertragung: ratsuchende Person überträgt Gefühle auf BeraterIn, welche eigentlich anderer Person gelten. - Gegenübertragung: BeraterIn überträgt eigene Wünsche, Vorurteile oder Erwartungen auf ratsuchende Person (kann als Reaktion passieren, aber auch losgelöst). - Nicht als Verbot sehen, sondern als Informationsquelle für sich selbst nutzen. #### Konzept einer klinisch-psychologischen Beratung (Antoon Houben) - Beratung soll dem Klienten helfen, alle Entscheidungen zu finden und anschließend zu verwirklichen, die geeignet sind, sein persönliches Problem eigenverantwortlich zu lösen. - KlientInnen helfen Entscheidungen zu finden und zu verwirklichen. - Seelische Konflikte = Entscheidungskonflikte, Ausgang durch Ich-Stärke bestimmt. - Ich-Stärke erhöhen, um Entscheidungen treffen zu können, die in die richtige Richtung führen. #### Konzept einer psychotherapeutischen Beratung (Wolfram Lüders) - Menschliches Verhalten ist ein dialektischer Prozess zwischen Progression und Regression (Spannungsfeld). - Progression: Streben nach Autonomie, Individualität, Freiheit, Einzigartigkeit (Wunsch nach aktiver Gestaltung). - Regression: Suche nach Annäherung und Gemeinsamkeiten (Wunsch nach passiver Versorgung). - Beide Bestrebungen sind für menschliche Entwicklung zentral: im Spannungsfeld entwickeln wir uns weiter. - Verhaltensprobleme sind Beziehungsprobleme: entstehen, wenn Beziehungswünsche (nach Autonomie oder Versorgung) nicht verwirklicht werden können. #### Personenzentrierte Beratung (Rogers) - Auch klientenzentrierte Beratung oder Gesprächsführung. - Begründer: Carl Rogers (1902-1987). - Humanistischer Ansatz. - Grundlegendes Vertrauen in den Menschen. - Der Mensch trägt alles zur Heilung dienliche in sich. - Zentral: Aktualisierungstendenz: - Angeborene Kraft zur Erhaltung und Entfaltung der in einem Organismus liegenden Möglichkeiten. Diese dienen der Erhaltung oder Förderung des Organismus. #### Beziehung als zentrales Mittel - Ziel der Beratung: Wachstum des Individuums. - Person steht im Zentrum, nicht das Problem. - Individuum verfügt über ungeahnte Möglichkeiten sich selbst zu begreifen und eigene Einstellungen und Verhalten zu verändern. - Therapeutisches Basisverhalten: - Empathie - Fähigkeit Erlebnisse und Gefühle der ratsuchenden Person und deren persönliche Bedeutung präzise erfassen. - Übernahme der Perspektive. - Aktives Zuhören. - Ratsuchende Person kann sich auf diese Weise besser selbst verstehen lernen. - Schon der Versuch des wirklich verstehen Wollens ist unterstützend für den Prozess und den Beziehungsaufbau. - Unbedingte Wertschätzung - Begegnung mit tiefer und echter Zuwendung. - Frei von Beurteilungen und Bewertungen. - Ratsuchende Person akzeptieren, wie sich diese zeigt/mitteilt. - Ausdruck emotionaler Nähe (auch nonverbal). - Kongruenz oder Echtheit - BeraterIn ist er/sie selbst: keine professionelle Fassade. - Bewusstsein für eigene Gefühle und Einstellungen. - Transparent für ratsuchende Person: keine destruktive Ehrlichkeit, Bemühen um Kongruenz zählt. #### Interventionstechniken ##### Spiegeln - Verstandenes der ratsuchenden Person mitteilen. - Nicht wertendes Feedback. - Eigenes Erleben noch einmal möglich, mit gewisser Distanz, Reflexion möglich. ##### Konfrontieren - Hilft zur Herstellung von Kongruenz der ratsuchenden Person. - Aufdecken von Widersprüchlichkeiten. - Wirkungsvoll, aber auch kritisch. ##### Zusammenfassen - Mitgeteiltes zusammenfassen, wichtiges herausheben (akzentuieren), verstandenes rekapitulieren. ##### Konkretisieren - Nachfragen nach konkreten Gefühlen, Situationen, Verhaltensweisen. - Bei allgemeinen Äußerungen. - Festlegen konkreter Beratungs- und Veränderungsziele. ##### Perspektivwechsel anbieten - Vorschlagen unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. - Vermutungen über Gefühle, Gedanken und Handlungen anderer Personen anstellen. - Wie würde sich Person verhalten, wenn sie sich auf diese oder jene Art verhalten? - Ermöglicht in einem gedanklichen Rollenspiel Ängste oder Befürchtungen zu erproben. ### 6. Systemische Beratung #### Grundlagen - VordenkerInnnen: Palo-Alto-Gruppe (Bateson, Jackson, Haley, Satir, Watzlawick), Maturana, Varela - Probleme entstehen in Beziehungen des Menschen zu seinem Umfeld. - Hauptfokus liegt im Kontext. - Phänomene können nicht isoliert betrachtet werden. - Spezifice Wechselwirkungen im System (Paarbeziehung, Familie, Arbeitsgemeinschaften) müssen betrachtet werden. - Nur so ist Veränderung möglich #### System - Besteht aus mehreren Elementen und den spezifischen Relationen zwischen diesen. - Ist mehr als die Summe seiner Elemente. - Strebt nach einem Gleichgewichtszustand (Homöostase). - Struktur des Systems wird gebildet und in Balance gehalten durch explizite und implizite Regeln, diese bestimmen und organisieren die Beziehungen der Mitglieder. #### Beratung - Mitglieder wirken ständig aufeinander ein. - Verhalten des Individuums wird durch das Beziehungssystem und den Kontext verursacht. - Arbeit nicht am Individuum, sondern an: - Den Kommunikationsmustern zwischen den Mitgliedern des Systems. - Den subjektiven Auffassungen und Überzeugungen (Konstrukten) im Hinblick auf die Beziehung, die beteiligten Personen und den Kontext. - Mensch zeigt in unterschiedlichen Kontexten unterschiedliche Verhaltensmuster. #### Konstruktivismus ##### Radikaler Konstruktivismus - Keine objektive Realität. - Nur individuelle Konstrukte, die Welt wird nach subjektiver Vorstellung konstruiert. ##### Sozialer Konstruktivismus - Fokus auf sozialer Wirklichkeit, Entstehung sozialer Phänomene. - Konstruktion von Bedeutungen in sozialen Prozessen. - Kommunikation und Sprache als zentraler Bestandteil. #### Kybernetik - Zirkuläre Rückkopplungsprozesse statt linearer Ursache-Wirkungs-Erklärungen. ##### Kybernetik 1. Ordnung - Anlehnung an technische Erkenntnisse zu selbst regulierenden Regelkreisen: Erweiterung des Fokus von rein auf das Individuum und seine Defizite hin zum Kontext und den Systembezügen. - Person verhält sich in Kontext 1 so, in Kontext 2 ganz anders. - Wechselwirkungen zwischen Individuum (auch in sich ein System) und System/Kontext. ##### Kybernetik 2. Ordnung - Erweiterung der 1. Ordnung um beobachtende/beratende Person. - BeraterIn wird selbst Teil des erweiterten Systems. #### Zirkularität - Wechselseitige Rückkopplungsprozesse. - Im interpersonalen Feld lassen sich „einfache" Ursache-Wirkungs-Hypothesen nicht aufrechterhalten. - Interpunktion. #### Haltung - Wertschätzend, bedingungslos, vorurteilsfrei, menschenfreundlich. - Authentisches Interesse am Gegenüber. - „Es gibt für alles einen Grund". - Verhalten ergibt in diesem Kontext, in diesem System, zu diesem Zeitpunkt Sinn. - Nicht unbedingt erhaltenswert und gut, aber nachvollziehbar. #### Haltung - Prinzipien ##### Neutralität - Bewusstes Nicht-Bewerten: keine Wertung der Wertvorstellungen, Ideen, Lebensentwürfe der ratsuchenden Person. - → geistiges und emotionales Ausschalten der eigenen Werte: Rolleneinnahme. - Veränderungs-Neutralität: es bleibt der ratsuchenden Person überlassen, ob sie sich bzw. ein System verändert werden soll. - Beziehungs-Neutralität: keine Parteinahme. - Methoden-Neutralität: Methodenwahl hängt von der ratsuchenden Person ab. ##### Allparteilichkeit - Beratende Person hat alle Beteiligten gleichermaßen im Blick. - Kann jede Perspektive einnehmen/verlassen. - Welche Interessen haben alle Beteiligten? ##### Respekt gegenüber Personen/Respektlosigkeit gegenüber Ideen - Jederzeit respektvoller Umgang: konsequente Haltung der Augenhöhe. - Respektlosigkeit gegenüber Ideen: Muster, Ideen, Vorstellungen und Konstrukte, die nicht mehr hilfreich/nützlich erscheinen infrage stellen. - Aktuelle Konstruktion der ratsuchenden Person darf gestört/hinterfragt werden. - Inhaltlich recht klar, in der Form angemessen. ##### Wertschätzung - Bedingungslose Wertschätzung der Personen. - Liebenswerter und wertschätzungswürdiger Kern einer jeden ratsuchenden Person. ##### Transparenz/Offenheit - Rollenklarheit für alle Seiten herstellen. - Erfolgt im Rahmen der Auftragsklärung. - Vorgehen ist offen und flexibel: Nützlichkeit für ratsuchende Person. ##### Respektvolle Neugier - Authentisch an der ratsuchenden Person und deren Konstrukt interessiert. - Fragen zur Erschließung des Konstrukts der ratsuchenden Person, nicht zum eigenen Voyeurismus. ##### Ressourcen-, Kompetenz- und Lösungsfokus - Fokussierung auf Ressourcen: Person, Kontext, Umfeld. - Ausnahmen von Problemen aufspüren. ##### Konstruktivistische Grundannahme - Gemeinsame Vorstellung im wechselseitigen Gespräch konstruieren. - Sprache konstruiert, kreiert und formt Realität: damit in der Lage Realität zu verändern. - Beginn einer systemischen Beratung: unwissender Standpunkt. - Kontextabhängigkeit, Zirkularität, Wechselwirkungen. - Keine feststehenden Eigenschaften einer Person. - Interpunktion. - Alles hängt mit allem zusammen und wirkt sich auf die anderen Elemente aus. ### 7. Systemische Ansätze #### Systemische Basismethoden - Strukturelle und strategische Methoden: - Joining, Auftragsklärung, Hypothesenbildung, Reframing. - Symbolisch-metaphorische Methoden: - Skulpturarbeit, Zeitlinie, Systemkarte. - Systemische Fragen: - zirkuläre Fragen, lösungsorientierte Fragen, problemorientierte Fragen. - Narrative und dialogische Methoden. #### Hypothesenbildung und Reframing - Hypothesen der Systemmitglieder über das Problem und seine Funktion zusammentragen: Für wen im System hat das Problem welche Funktion und Sinnhaftigkeit? - Reframing: positive Umdeutung von Problemen bzw. gezeigter Verhaltensweisen oder des Kontextes: - Inhaltsreframing (streng - besorgt, zögerlich – überlegt, bestimmend - entscheidungsfreudig, verklemmt – in sich ruhend, sensibel – einfühlsam, vorlaut - selbstbewusst) - Kontextreframing (Verhaltensweise in anderen Kontext setzen) #### Zirkuläre Fragen - Einbezug anwesender und nicht-anwesender Personen. - Perspektivwechsel ermöglichen. #### Verflüssigungs- und Externalisierungsfragen - Starre Zuschreibungen auflösen, andere Konstruktionen sind möglich. - Verflüssigungsfragen: durch Fragen unumstößliche Zustände/Zuschreibungen auflösen (Ist-Zustand aufweichen, um andere Perspektive zuzulassen und von Person zu entkoppeln) - Bsp. Was müsste ihre Tochter tun, damit sie sie für faul halten? - Externalisierungsfragen: durch Fragen bestimmte Aspekte von einer Person distanzieren #### Skalierungsfragen - Differenzierte Einordnung: Abstufungen erkennen (Reflexion automatisch angeregt). - Auf einer Skala von 0 bis 10, wie geht es ihnen heute? - Problemorientierte Fragen: Wie würden sie sich verhalten, wenn sie noch unsicherer wären, 9 oder 10? - Fragen nach Ausnahmen: Haben sie sich schon einmal bei einer 4 oder 3 oder gar 2 unsicher gefühlt? Wann? Wo? Wie? #### Fragen nach Ausnahmen - Ausnahmen vom Problem finden. - Kontext ausfindig machen. - Ressourcen nutzen und übertragen. #### Möglichkeitsfragen - durch Fragen Situationen konstruieren, in der das Problem bereits gelöst wäre. #### Problemorientierte Fragen (Verschlimmerungsfragen) - Fokussierung auf den Beitrag der ratsuchenden Person an dem Problem. - Keine direkte Verhaltensaufforderung - Reflexion der eigenen Beteiligung. - Was müssen sie tun, damit es noch schlimmer wird? #### Lösungsorientierte Fragen (Wunderfrage) - Fokussierung auf die Zukunft. - Motivationssteigerung, keine gedanklichen Schranken - Ausbrechen aus Perspektivlosigkeit. ### 8. Konfliktfelder #### Konfliktfelder und Hindernisse bei der Kommunikation zwischen Lehrkräften und Eltern - Lehrkräfte sind meist semiprofessionelle BeraterInnen. - Lehrkräfte haben Wissen über inhaltliche Themen (Entwicklung, Lernen). - Wenig Wissen über Gesprächsführung und Beratung von Eltern (kaum Teil der Ausbildung). - Lehrkräfte sind Teil des Systems. - Lösungsvorschläge der Lehrkräfte oft betriebsblind, überfordern Eltern. - Zu viel Nähe: bei professioneller Beratung gewisse Distanz zum Thema nötig. - Neutralität der Lehrkräfte. - Eltern sehen Lehrkraft evtl. als Auslöser/Teil des Problems. - Beziehungsarbeit zusätzlich nötig: hohe Anforderungen an Beratungskompetenz der Lehrkraft. - Freiwilligkeit (im schulischen Kontext nicht immer gegeben: Eltern sehen Problem nicht ein (kein Veränderungswunsch)) - Lehrkraft muss durch Gesprächstechniken eine offene Atmosphäre schaffen. - Wahlfreiheit beim Termin ermöglichen. - Hierarchisches Eingebundensein der Lehrkraft. - Erschwert Aufbau einer vertrauensvollen, angstfreien Kommunikation. - Sorgen der Eltern: unfaire Behandlung des Kindes, Ordnungsmaßnahmen der Schulbehörde, Jugendamt. - Sorge der Lehrkräfte: Eltern gehen zum Vorgesetzten. #### Verantwortung - Beratung als Hilfe zur Selbsthilfe, aber auch Verantwortung der Lehrkraft gegenüber dem Kind und dessen Entwicklung. - Lehrkraft versucht, Probleme außerhalb seines Verantwortungsbereichs zu lösen oder gibt nicht befolgbare Ratschläge. - Sorge um Kind zunutze machen bei der Einladung zum Gespräch (Mir liegt es am Herzen). - Eingeschränkter zeitlicher Rahmen. - Kein zeitlicher Ausgleich für Beratungsgespräche: häufig nur kurze Gespräche. - Vorschnelle Lösungen, verkürzte Sichtweise, unbefriedigende Ergebnisse. - Tipp: 20-35 Minuten für gutes Gespräch einplanen, Folgetermin bei Bedarf. - Tür-und-Angel-Gespräche als guter Türöffner für Beratungstermin. - Rollenunklarheit. - Häufig: Lehrkraft in Ratgeber-/Lehrmeisterrolle und Eltern in Schülerrolle (passiv). - Wichtig: Lehrkraft muss sich Rollenwechsel bewusst machen, Eltern als gleichberechtigte Partner sehen. - Hohes Verletzungspotential. - Problemveranlasste und defizitorientierte Kommunikation. - Diffizile Gesprächsthemen, die beide Seiten verletzen können. - Ängste im Eltern-Lehrkraft-Gespräch. - Beide Seiten: Angst vor Vorwürfen und Entwertungen. #### Ängste auf Seiten von Lehrkräften - Leistungsangst - Autoritätsängste - Helferängste - Kompetenzängste - Konfliktangst ### 9. Systemische Ansätze #### Systemische Basismethoden - Strukturelle und strategische Methoden: - Joining, Auftragsklärung, Hypothesenbildung, Reframing - Symbolisch-metaphorische Methoden: - Skulpturarbeit, Zeitlinie, Systemkarte - Systemische Fragen: - zirkuläre Fragen, lösungsorientierte Fragen, problemorientierte Fragen - Narrative und dialogische Methoden