Arbeits- und Organisationssoziologie PDF

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This document discusses organizational sociology, covering topics such as rational bureaucracy (Max Weber) and scientific management (Taylorism). It analyzes organizational structures, efficiency, and human relations, offering critical perspectives on these concepts.

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Arbeits- und Organisationssoziologie Orgasozi (anfängliche Themen): allgemeinere Leitsätze, die eher unabhängig von der Form der Organisation sind Arbeitssozi (spätere Themen): geht eher auf Erwerbsarbeit, Gewinnorientiertheit und Einflüsse auf die Orgastrukturen ein Rationalismus I: Rationale Bür...

Arbeits- und Organisationssoziologie Orgasozi (anfängliche Themen): allgemeinere Leitsätze, die eher unabhängig von der Form der Organisation sind Arbeitssozi (spätere Themen): geht eher auf Erwerbsarbeit, Gewinnorientiertheit und Einflüsse auf die Orgastrukturen ein Rationalismus I: Rationale Bürokratie (Max Weber) Was ist Organisation? Definition nach Kühl 1. Zweckorientierte soziale Gebilde, bei denen der Zweck selbst gesetzt ist 2. Mitgliedschaft, bei der über Ein- und Austritt nach Regelbefolgung entschieden wird (Drohung von Ausgrenzung und Austritt, Rechte und Pflichten) 3. Hierarchie und formalisierte Positionsgefüge (Ein- und Unterordnung) Mögliche aktuelle Kritik an Bürokratie Überforderung, Gebühren, Starre Handlungsmethoden Weiterreichung von Verantwortung, mehrere Stellen bei einem Anliegen Fast blinde Regelbefolgung, ohne den eigentlichen Sinn und Zweck vor Augen zu haben Verständnis Webers Rationalisierung als zentrales Motiv der „Moderne“: es gibt keine geheimnisvollen Mächte, sondern der „Glaube“ daran, alles im Grunde berechnen und beherrschen zu können, wenn man nur will. → Entzauberung der Welt Bürokratie als Organisationsform der legal-rationalen Herrschaft ➔ Idealtypus der rationalen Bürokratie: (Idealtypus ist Utopie) - Regelmäßigkeit und Kontinuität der Leistungserfüllung - Eingeschränkte Zuständigkeit der Herrschaft (Regeln, Gesetze) - Amtshierachie (formalisierte Über- und Unterordnung) - Schriftlichkeit: Aktenführung, Trennung Privat und Amt - Amt als Beruf mit abhängigem Dienstverhältnis, Gehalt, Ausbildung und nicht über Erbe Ambivalenz der Bürokratisierung - effizientes, demokratischen System (alle sind gleich vor dem Gesetz) vs. Autonomie der Bürgerschaft - Effizienzsteigerung: wie Maschine, präzise, schnell, einheitlich etc. - Entfremdung, System aus Hörigkeit Rationalismus II: Taylorismus und wissenschaftliche Betriebsführung Annahmen Taylors - Kritik an damals traditioneller Betriebsführung: Willkür - bleibt hinter den damals neuen technisch-wissenschaftlichen Entwicklungen zurück - neues Arbeitskraftpotenzial wird nicht ausgeschöpft (Ende 19. Jh.) - Soldering: Arbeitskräfte halten Arbeitsleistung zurück in Form von Faulheit, Langsamkeit und Unwissenheit (natural soldering) oder durch reflektiertes Zurückhalten von Leistung (systemic soldering) ➔ Es braucht eine wissenschaftliche Reform der Betriebsführung ➔ Taylor vertritt rationales Leitbild der Arbeitsorganisation Grundsätze der wissenschaftlichen Betriebsführung und Organisation der Arbeit Wissenschaftliche Untersuchungen der Arbeitsmethoden Trennung Planung und Ausführung Standardisierung der Ausführung mit detaillierten Vorgaben Standardisierung von Zeit und Ort Leistungsentlohnung als Anreiz (zusätzlich Überwindung des Klassenkampfs) Externe Qualitätskontrollen Ausgeprägte Hierarchie Also kurz: Standardisierung, Automatisierung, Rationalisierung und dadurch Effizienzsteigerung ➔ Es gibt „one best way“ Wissenschaftliche Untersuchungen der Arbeitsmethoden ➔ Versuchsgruppen ➔ Tätigkeitsanalysen ➔ Optimierung der Bewegungen ➔ Standardisierte Werkzeuge ➔ Normzeiten, Normabläufe ➔ Wissenschaftliche Schulungen Kritik am Taylorismus Standardisierung führt zu Vereinfachung, Monotonie, Belastung (charlie chaplins modern times) Austauschbarkeit der Arbeitskräfte, Sinnverlust Geringschätzung von Produktionsarbeit und Arbeitenden Lohnsteigerungen blieben aus Anti-Gewerkschaftspolitik (oft nur gefügige Arbeitskräfte) Aktualität Globaler Erfolg des Taylorismus nach WW2 Dienstleistungssektor (galt lange Zeit als nicht standardisierbar) Zusammenhänge zwischen Taylorismus und Kapitalismus Digitalisierung als neuer Standardisierungshebel Organisationen als soziale/natürliche Systeme: Human-Relations-Ansatz Nur kurz Aus wissenschaftlicher Kritik am Taylorismus entstandener Gegenansatz (u.a. Entfremdung, Menschenbild und Arbeitsverständnis, technokratische Utopie) informelle Gruppennormen und soziale Beziehungen haben Einfluss auf Arbeitsleistung und -realität, nicht nur Formalstruktur ist relevant für Organisationsleben (mehrdimensional) Wertschätzung, soziales Arbeitsklima, freundlicher Umgang Schwäche: Ausblendung der Umwelt, Fokus nur auf Binnenleben Formales und informales als relevant Organisationen als offene Systeme I: Neo-Institutionalismus → Organisationen als umweltabhängige Systeme Vier zentrale Beiträge des NI Rationalitätsmythen Isomorphie Concepts of control Pluralität von Konventionen Rationalitätsmythen Umwelterwartungen beeinflussen Organisationen Kritik am Rationalismus: Organisationen nicht allein von Effizienzstreben geprägt Formalstrukturen werden auch von Umwelterwartungen und den sogenannten Rationalitätsmythen (das, was als rational in der Umwelt gilt) bestimmt Legitimation als wichtiger Faktor Studie bezieht sich auf Bsp. Schule als offenes System Konflikte: technische Effizienz vs. institutionalisierte Umwelterwartungen; unterschiedliche institutionalisierte Erwartungen Mögliche Reaktionen: Verzicht auf Effizienz, Ablehnung der Erwartung, Entkopplung zwischen Formalstruktur und informellen Aktivität (Bsp. Nike und Nachhaltigkeitskonzept, das nicht gänzlich umgesetzt wurde) Isomorphie „Angleichung“ durch Austausch, Beobachtung etc. Wie beeinflusst Umwelt Organisationen Kritik am Rationalismus: nicht Effizienz ist alleiniger Treiber Sich bildende organisatorische Felder (OF) Organisationen werden von Umwelt geprägt, Organisationen machen Umwelt, rekursives Verhältnis Drei Formen der Isomorphie (neben der Angleichung durch Wettbewerb) 1. Durch Zwang: wirtschaftliche Abhängigkeiten oder staatlichen Erwartungen 2. Durch Normen: getrieben von Professionen & kulturellen Gruppierungen 3. Durch Mimesis: Unsicherheiten z.B. bzgl. Technik/KI etc. (Orientierung an Erfolgreichem und nachmachen) Concepts of Control Kritik am Rationalismus: Strategien und Strukturen der Wirtschaftsorganisation wird nicht nur durch Technik und den Markt bestimmt Kultur spielt eine spezifische Rolle, Unternehmen streben nach Stabilität Konkurrenz als Ungewissheitsquelle Kontrolle durch: - Direkte Kontrolle über Konkurrenten (Ende 19.J.) - Durch integrierte Produktion (Anfang 20.J.) - Durch Marketing, Diversifizierung etc. (nach WWII) - Durch Finanz und Finanzperspektive Soziologie der Konventionen Pluralität von Umwelterwartungen, sie sind nicht eindeutig, sondern ambivalent Faktoren: Soziale Situationen sind offen, Akteure können reflektieren und einordnen, unterschiedliche Oualitätskonventionen: Bsp. Käseproduktion technische Effizienz oder handwerkliche Kunst Organisation als offene Systeme II: Kapitalismus im Betrieb Ausgang: Marx und das kapitalistische, gewinnmaximierende Wirtschaften (damit einhergehende Ausbeutung und Klassenbildung) Degradierung von Arbeit Arbeitsstrukturen sind in kapitalistische Entwicklungstrends eingebettet Monopolkapitalismus: Dominanz von Großunternehmen Moderner Industriekapitalismus - Kontrolle über gesamte Arbeits- und Produktionsprozesse - Zerlegung der Arbeit - kapitalistische Konkurrenzverhältnisse als Treiber - Deskilling: Wert der Lohnarbeit sinkt, standardisierte Arbeit vom Handwerk Folgen - Druck auf Löhne - Arbeitende sind austauschbarer - Polarisierung der Arbeit: Entstehen von hochqualifizierten Fachkräften und gering qualifizierte Hilfsarbeiter Formen der Kontrolle von Arbeit Personalisierte Kontrolle: einfache, teils willkürliche Kontrolle durch Vorgesetzte und Beobachtung Strukturelle Kontrolle: bürokratische und technische Kontrolle → gerade aktuell: digitale Kontrollen (Bsp. Callcenter, Paketzustellung) → Disziplinierung, Effizienz, Qualität sichern → Ähnlichkeit zur Kritik am Taylorismus Wirtschaftsorganisationen: Shareholder Value und Arbeit Allgemein Wandel in der Unternehmensfinanzierung (vom Kredit zum Wertpapier/Aktie) Orientiert sich am Aktionärsvermögen Ausgerichtet an der Maximierung des Marktwerts und an den Interessen der Aktionäre Entwicklungen Starker Anstieg des Aktienhandels Aktien: Erwartungs-erwartungen (wenn mehr Leute die Aktie kaufen, steigt sie und umgekehrt) Wandel der Unternehmensfinanzierung Vom Kredit zum Wertpapier Klassisch: Hausbanksystem - Langfristige Kredite - Stabilität ist wichtiger als Risiko und kurzfristige Gewinne Finanzmarktorientierung (1990er) - Auflösung der DE AG und Abnahme der Querverflechtungen, die nun eher als Hindernis gelten - Bsp.: feindliche Übernahme Vodafones von Mannesmann - Investmentbanken, Analysten etc. Shareholder-Value-Paradigma Neues Leitbild der Unternehmensführung: Ausrichtung der Unternehmensentscheidungen an dem Finanzwert, der vom Aktienkurs definiert wird Ausgang: Kritik an damaligen (80er) Managern, die nicht im Sinne der Aktionäre und steigender Aktienkurse handeln Neue Strukturen der Unternehmenskontrolle, z.B. über feindliche Übernahme Konsequenzen für Organisationen Desintegration, Dezentralisierung und Flexibilisierung Große Fabriken: viel von „fremder Hand“, über Zulieferer etc. → Outsourcing und Produktionsverlagerung Flexible globale Produktionsketten Motive: Kostenersparnis und -flexibilität, Spezialisierung Folgen: desintegrierte Großunternehmen mit zunehmend differenzierten Arbeitsstandards und damit Ungleichheiten Dezentralisierung, Subjektivierung und Prekarisierung von Arbeit Wandel von Arbeit seit 80er/90er Fortschreitende Dezentralisierung seit 1990er Verlagerung von Entscheidungskompetenzen Ziele der Dezentralisierung Flexiblere, anpassungsfähigere Einheiten Innovationsgeschwindigkeit, Know-how Größere Markt- und Kundennähe Kostenreduktion Steuerung der dezentralisierten Unternehmen Indirekt: Ergebnisvorgaben, Kennziffern, Budgets Wettbewerb und Konkurrenz Gemeinschaftliche Integrationsformen Neues Rationalisierungsleitbild: Flexible-marktgetriebene Produktion Von Massenproduktion zu flexibler kundenorientierter Produktion Von langfristiger Planung zur anpassungsfähigen Organisation Subjektivierung Konträr zur tayloristischen Arbeitsorganisation Reintegration von Planung und Ausführung Entgrenzung von Arbeit Unternehmerische Verantwortung auch bei dezentralen Subjekten und Einheiten Subjektivität als unternehmerischer Erfolg: der Mensch ungleich Störfaktor Trend zu höher qualifizierten Tätigkeiten Doppelte Subjektivierung Neue Ansprüche der Beschäftigten: Arbeit als Sinnstiftung, Persönlichkeitsentwicklung etc., Work Life Balance Veränderte Rationalisierungsstrategien der Unternehmen: Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, Dezentralisierung Zeit und Raum mitstrukturieren Weiterentwicklungsmöglichkeiten Sinnhaftigkeit Soziale Kooperationen → neue Anforderungen für Unternehmen, neue Ansprüche der Arbeitenden → Selbst-Kontrolle, selbst gestalten Prekarisierung Trotzdem Prekarisierungsängste und Unsicherheiten Ungleich verteilte Chancen und Risiken (nur) Aufwertung von hochqualifizierter Arbeit Arbeit und Gender Vergeschlechtlichung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung Typisch weiblich/männlich (Berufe) als gesellschaftliches Konstrukt Durch tiefliegende Strukturen, Selbst- und Fremdzuweisungen bei Berufswahl V.a. Bereich der Sorge als typisch weibliche Tätigkeit In Medien und Sozialisationsprozessen (teils immer noch) reproduziert Gender Pay Gap Unbereinigt in DE bei knapp 18% Entlohnungsdifferenz Bereinigt bei 7% (Teil/Vollzeit, Berufsbranche etc. berücksichtigt) Warum verdienen Frauen weniger? Allgemein niedrigere Beschäftigungsrate Höhere Teilzeitquote Unterbrochene Erwerbsbiografien (Bsp. Schwangerschaft) „typische Frauenberufe“ sind geringer entlohnt aber Gründe sind teils auch wiederum auf strukturellen Ungleichheiten aufgebaut Gläserne Decke, geringere Aufstiegschancen Organisationen sind männlich dominiert, schwierig auszubrechen Doppelte Vergesellschaftung der Frau Haus- und Reproduktionsarbeit (Care Arbeit) als „typisch weiblich“, unentgeltlich, randständig, keine große Wertschätzung Doppelte Provokation: gleichzeitig Anerkennung als gute Arbeitskraft → Balanceakt beider Sphären und Anforderungen Emotionsarbeit V.a. wieder in typisch weiblichen Berufen Bsp.: Freundlichkeit von Flugbereiterinnen als Teil der standardisierten und vorausgesetzten Dienstleistung Gefühlsnormen erfüllen, Gefühlsregulation als Teil der Arbeit Folgen Individuell: Anerkennungsdefizite, Armutsrisiko Gesellschaftlich: z.B. Defizite in der Care-Arbeit Gewerkschaften, Partizipation und Mitbestimmung Duales System der Interessensvertretung Betriebsverfassung/Betriebsrat - Institutionalisierter Betriebsrat vertritt Interessen der Arbeitnehmenden (ab 5 Beschäftigte) - Mitbestimmen, Informationsrecht, Überwachung der Tarifverträge etc. - Demokratische Qualität - Dt. Besonderheiten (ursprünglich zur Schwächung der Gewerkschaften) Tarifautonomie/Tarifvertrag - Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände handeln Tarifverträge aus - Schutz und Ordnungsfunktion des Tarifvertrags Erosion von Mitbestimmung und Tarifverträgen in DE im intern. Vergleich eher Rückgang des gewerkschaftlichen Organisationsgrades Reichweite von Betriebsräten nimmt stetig ab (Zuwachs v.a. nur in mittelgroßen Betrieben Tarifverträge sinkt ebenfalls Gründe: Outsourcing, geringere Durchsetzungsfähigkeit durch Standortkonkurrenz, Globalisierung etc. Klassische Betriebsratstypologien Trotz einheitlicher Rechtsrahmen gibt es unterschiedliche Interaktionsmuster Vom ignorierten bis zum klassenkämpferischen Betriebsrat Jeweils unterschiedliche Einbindung und Handlungsrahmen des Rates Weitere Mitbestimmungen auf Unternehmensentscheidungen Starker Protest und Streik Bsp. AEG Unternehmen in Nürnberg 2005 Arbeit und Technik: Digitalisierung von Arbeit Konjunktur von Technik in der Arbeitssoziologie 50er/60er Vom Handwerk zur Mechanisierung zur Automatisierung Hoffnung auf Fortschritt, Effizienzsteigerung und Wohlstand, Entlastung 70er/80er Belastende Arbeit bleibt, ungleiche technische Entwicklungen Organisation ist gefragt Wechselwirkungen von technischen und sozialen Faktoren analysieren 2010er Digitalisierung und neue Impulse Neue Automatisierungswelle? Trotzdem ungleiche Entwicklungen Frage nach Arbeitsplatzverluste Debatte um Mensch-Technik Verhältnisse, KI etc., Gewinner/Verlierer der Digitalisierung Algorithmisches Management (Bsp. Essensauslieferung, Taxiapps etc.): Reduktion von Kosten und Aufwand, Kontrolle und Sicherheit Nach Pandemie: neuer Bereich des Homeoffice Entwicklungen teils offen und ungewiss

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