Systemisch Denken & therapeutisch Handeln PDF
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Universität Kassel
Christoph Flückiger
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This document contains lecture notes on systemic thinking and therapy, focusing on different aspects of the subject, including group therapy, self-organized groups, and the impact/implications of different aspects of the life cycle, such as development and life-span views, psychosocial crisis and critical life events.
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Prof. Dr. Christoph Flückiger Kontexte verstehen Systemisch Denken & therapeutisch Handeln Letze Wochen: Fahrplan Gruppentherapie Einführung Zentrale Aspekte der Gruppentherapie kennen Empirische Eckdaten zur Wirksamkeit von Gruppentherapien kennen Ablauf eines „klassischen“ Rollenspiels in Gr...
Prof. Dr. Christoph Flückiger Kontexte verstehen Systemisch Denken & therapeutisch Handeln Letze Wochen: Fahrplan Gruppentherapie Einführung Zentrale Aspekte der Gruppentherapie kennen Empirische Eckdaten zur Wirksamkeit von Gruppentherapien kennen Ablauf eines „klassischen“ Rollenspiels in Gruppen Wirkfaktoren in Gruppen Gruppen Wirkfaktoren kennen Ablauf einer Problemlöse-Sequenz kennen Selbstorganisierte Gruppen z.B. Themen Zentrierte Interaktion (TZI nach Ruth Cohn) - Strukturierung durch Leitung; gleichzeitig macht Leitung auch mit - Geschlossene Gruppe als professionelle Refl ektion, Intervision und sozialen Unterstützung Einfaches Gruppenkonzepte zur sozialen Unterstützung: - Ich (mein Befi nden) - Wir (unsere Gruppe, Dynamik) - Es (aktuelles Thema) - Globe (Umfl ed, Kontext) Durchführung: - Befi ndlichkeitsrunde (Ei!) - Fokus auf ein aktuelles Thema - Schlussrunde: Befi ndlichkeit und Was nehme ich daraus Löhmer & Standhardt, 2006; Cohn, 1975 Heute: Fahrplan - Entwicklungsvorstellungen & Psychotherapie - Lebenszyklus-Perspektive & Psychotherapie - Altersspezifi sche Themen Entwicklungsbegriffe & Psychotherapie - Geschichtliche Vorstellungen von Lebensphasen - Kollektivistische vs. individualistische Entwicklung - Bio-Psycho-Soziale Entwicklung Entwicklungsbegriffe & Psychotherapie - Körperliche Leistungsfähigkeit (z.B. Willimczik et al, 2006) Entwicklungsbegriffe & Psychotherapie Entwicklungsvorstellungen / Bilder beeinflussen Entwicklungserwartungen Entwicklungsbegriffe & Psychotherapie Baltes, 1987 Entwicklungsbegriffe & Psychotherapie Generationale Entwicklung Baltes, 1987 Entwicklungsbegriffe & Psychotherapie Phylogenetische Entwicklung generationale Entwicklung individuelle Entwicklung Teleologie: Frage nach der menschlichen Weiterentwicklung ist grundsätzlich off en! Entwicklungsbegriffe & Psychotherapie Phylogenetische Entwicklung generationale Entwicklung individuelle Entwicklung Teleologie: Frage nach der menschlichen Weiterentwicklung ist grundsätzlich off en! Entwicklungsbegriff & Psychotherapie Psychotherapie als individuelle, maßgeschneiderte Behandlung bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Entweder: Empirisch-beobachtete, für die Zukunft prädiktive Entwicklungsteleologie Oder: Off ene, ”neue”, “bessere” Entwicklungsteleologie Längerfristige Aufgabe für jede Beratungsperson! Lebenszyklus-Perspektive Havighurst, 1956 Entwicklungsaufgaben - Quellen : - körperliche Entwicklung - kultureller Druck - individuelle Wünsche Klassische Aufgaben: - Kindheit (0-12 Jahre): Bildung von Bindungen, sozialen Fähigkeiten, Identitätsentwicklung. - Jugend (12-18 Jahre): Entwicklung von Autonomie, Identitätsklärung, Beziehungsaufbau außerhalb der Familie. - Frühes Erwachsenenalter (18-30 Jahre): Berufl iche Etablierung, Par tnerschaftsformung, familiäre Neuorientierung. - Mittleres Erwachsenenalter (30-60 Jahre): Karriereentwicklung, Familienbildung, Beitrag zur Gemeinschaft. - Spätes Erwachsenenalter (60+ Jahre): Anpassung an den Ruhestand, Pfl ege sozialer Beziehungen, Sinnfi ndung. Mögliche “moderne” Entwicklungsaufgaben – gesellschaftliche Er war tungen: - Work-Life Balance (wo sich die Person wohl fühlt) - Wohnform (wo sich die Person wohl fühlt) - Beziehungsnetzwerk (wo sich die Person wohl fühlt) - Körperliche Aktivität / Sport (wo sich die Person wohl fühlt) - Kleidungsstil (wo sich die Person wohl fühlt) - Medienkonsum (wo sich die Person wohl fühlt) Körperliches, seelisches und soziales Wohlbefi nden! Lebenszyklus-Perspektive Erickson, 1977: Psychosoziale Krisen - Identität vs. Identitätsdiff usion (Jugendalter) - Intimität und Solidarität vs. Isolierung (frühes Erwachsenenalter) - Generativität vs. Selbstabsorption (Erwachsenenalter) - Integrität vs. Verzweifl ung (reifes Erwachsenenalter - Kritische Lebensereignisse: Normative (Heirat, Auszug der Kinder, Verlust der Partner u.s.w.), nicht-normative (Unfall, Schicksalsschläge, Krankheiten u.s.w.) Lebenszyklus-Perspektive Kritische Lebensereignisse; Normative: - Heirat - Auszug der Kinder - Verlust der Partner - COVID Nicht-normative: - Unfall - Schicksalsschläge - Krankheiten Lebenszyklus-Perspektive Mittleres Alter (Erwerbsleben) finanziert Gesellschaft, ist jedoch psychisch stark belastet Psychreport der DAK-Gesundheit (DAK, 2022): - 39.2 Arbeitstage Krankschreibung bei Personen mit psychischen Störungen - 41% Anstieg an Ausfalltagen innerhalb von 10 Jahren Lebenszyklus-Perspektive z.B. LGBTQ N = 1686 D,CH,A Schürmann-Vengels, et al, 2024 Implikationen für die Psychotherapie Allgemeine Implikationen (praktisch für jede Psychotherapie) - Entwicklungsaufgaben, psychosoziale Krisen und kritische Lebensereignisse bilden einen Kontext in dem eine Person mit Leidensdruck und psychischen Symptomen ihren Leidensdruck verringern und ihre biopsychosozial Funktionsfähigkeit und ihr Wohlbefi nden verbessern möchte. - Die Bewältigung von psychosozialen Aufgaben kann Therapieziel formuliert sein (Annäherungsziel) - In psychosoziale Krisen können bestehende psychische Störungen verstärkt als Schwierigkeit wahrgenommen werden (z.B., soziale Phobie nach Studium) - Psychosoziale Faktoren haben starken Alterskontext (Beruf, Finanzen, Betreuungssituation, Familie als primäres soziales Auff angnetz) - Transitionen als Stressfaktor (Start/Ende des Studiums, Pensionierung, Familiengründung) - Allgemeine Psychologie des “normalen” Menschen ist ZENTRAL: Entwicklungspsychologie, Arbeits- & Organisationspsychologie, Kognitionspsychologie, Motivationspsychologie, Sozialpsychologie Implikationen für die Psychotherapie Spezifi sche Implikationen - Altersbezogene Manuale und Gruppenkonzepte - Altersbezogene Störungskonzepte (z.B. Demenz) - Identitätsentwicklung: Psychotherapie als gesellschaftliche Hilfestellung für Minoritäten und benachteiligte Personen mit Leidensdruck (z.B. LGBTQ) - Geschlechtsspezifi sche Themen & Tabus (z.B. Menopause, Genitalverstümmelung) - Sexualität über die Lebensspanne - Betreuung & Entlastung von Angehörige von chronischen Krankheiten & Störungen Implikationen für die Psychotherapie Medikamentöse Kosten für Behandlung psychischer Störungen: - Fehlversorgung: Hohe Kostenausgaben im hohen Alter entsprechen nicht der Epidemiologie - Nebenwirkungen: Polypharmazie mit Psychopharmaka – 42% der Alten Gesamte Gesundheitskosten Schweiz, 2017 Stucki, 2023 Implikationen für die Psychotherapie Spezifi sche Implikationen: Therapeutische Haltung Gesprächspsychotherapie! - Wir können nicht alles wissen & vorallem: Wir müssen es überhaupt auch nicht! - Verbalisationsprozess als gemeinsame Bedeutungsexploration! - GEMEINSAME Exploration als therapeutischer Prozess Mögliche Haltung: - In Ruhe neugierig sein, Interesse die Dinge verstehen zu können, - Viel validieren und gleichzeitig Tabus ansprechen und etwas “frech / neugierig” nachfragen - Balance zwischen Validierung des Ist-Zustands und Veränderung Implikationen für die Psychotherapie Spezifi sche Implikationen: Hohes Alter - Vereinfachte und langsamere Sprache verwenden - Lebenserfahrung als mentales Schwelgen - Lebensende, Tod, mit sich ins Reinen kommen - Krankheit, Sterben & Abschied - Erinnerungen, Imagery & Sinnlichkeit Aufgabe in Weihnachtsferien Frühere Erinnerungen an die Weihnachtszeit - Wen könnte ich während der Weihnachtsferien etwas “ausquatschen”, an positive (und vielleicht auch schwierige) Weihnachtserinnerungen - Frage nach konkreten Erinnerungen, Werten, Erfahrungen - Versuchen alle Sinne zu erfragen Heute: Prüfungsrelevant - Entwicklungsvorstellungen & Psychotherapie - Lebenszyklus-Perspektive & Psychotherapie - Altersspezifi sche Themen kennen Text: Entwicklung über die Lebensspanne - Oerter, 2021 Prof. Dr. Christoph Flückiger Kontexte verstehen Systemisch Denken & therapeutisch Handeln