Methoden der Auslegung “Narrative Analyse” PDF

Summary

Dieses Dokument ist eine Einführung in die narratologischen Methoden der Textauslegung. Es untersucht, was eine Erzählung ausmacht, mit besonderem Schwerpunkt auf der Unterscheidung zwischen Story (Was wird erzählt?) und Diskurs (Wie wird erzählt?). Der Text beinhaltet Beispiele und Analysen zur Figurenkonstellation sowie zur Rolle des Erzählers, mit einem Fokus auf die Analyse von biblischen Texten, was die Untersuchung der Erzähltechnik im Kontext von narrativen Strukturen vertieft.

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PD Dr. Christine Jacobi Grundkurs: Narratologie (die Wissenschaft vom Erzählen) Einführung in das Studium der geht davon aus, dass dieselbe Story auf vielfältige...

PD Dr. Christine Jacobi Grundkurs: Narratologie (die Wissenschaft vom Erzählen) Einführung in das Studium der geht davon aus, dass dieselbe Story auf vielfältige Weisen in Erzählungen umgesetzt werden kann. Der Inhalt des Erzählten (histoire) und seine Präsentation (discours) stehen dabei in ständiger Bibelwissenschaften II Wechselwirkung. 4. Sitzung: Einführung in narratologische Methoden der Textauslegung Goethe-Universität Frankfurt Fachbereich Evangelische Theologie Professur für Neues Testament und Geschichte der Alten Kirche Wintersemester 2024/25 6. November 2024 Einführung in narratologische Methoden der Textauslegung Was macht überhaupt eine Erzählung aus? Erzählungen aktualisieren Vergangenes und inszenieren es in der Gegenwart mit sprachlichen Mitteln. In der Erzählung werden Konflikte symbolisiert und in Sprache umgesetzt. Beim Erzählen werden die Zuhörer integriert, indem sie zum einen die Perspektive des Erzählers übernehmen, und sich zum anderen mit den Hauptfiguren identifizieren. 6. November 2024 Titel der Veranstaltung 2 Einführung in narratologische Methoden der Textauslegung Was macht überhaupt eine Erzählung aus? „The King died and then the Queen died of grief.“ Je mehr wir über Motive der Figuren hinter ihren Handlungen erfahren, desto mehr fühlen wir mit ihnen. Empathiereflex 6. November 2024 Einführung in narratologische Methoden der Textauslegung Erzählung: Mitfühlen mit Handlungsträgern und Figuren 6. November 2024 Was macht überhaupt eine Erzählung aus? „Die Empathie, welche wir für Romanfiguren empfinden, ist also zu einem nicht geringen Teil Folge der magischen Fähigkeit der Erzählung, uns Einblick in Andere zu gewähren, als ob wir diese wie uns selbst kennten.“ Monika Fludernik, Erzähltheorie , Darmstadt 2013. Eigene biografische Erinnerungen können mit Gelesenem und dem Schicksal von Figuren verschmelzen. Bringen wir unser eigenes Leben in die Gestalt einer Erzählung? → Potenzial für den Religionsunterricht! 6. November 2024 Unterscheidung zwischen 1. Story 2. Diskurs = Was wird erzählt? = Wie wird erzählt? 6. November 2024 1. Was wird erzählt? Die Story Was wird erzählt? → nicht die historischen Ereignisse hinter dem Text interessieren, sondern 1. die einzelnen Ereignisse, in die sich eine Erzählung aufteilen lässt (= Handlungsgerüst) 2. die beteiligten Figuren 6. November 2024 1. Was wird erzählt? Die Story Beispiel: Handlungsaufbau im Film „Ein Ereignis, eine Information und/oder eine Entscheidung soll eine Motivation für den Protagonisten schaffen, ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Dieses Ziel muss den Protagonisten in einen Konflikt stürzen, d.h. im Gegensatz zu einer anderen Kraft stehen und somit nicht ohne weiteres zu erreichen sein. Der Protagonist muss sich genötigt sehen, sich dem Konflikt samt seinen Unannehmlichkeiten und Hindernissen auszusetzen, anstatt ihm auszuweichen. Die Erreichung des Ziels soll eine Notwendigkeit für die Figur haben, d.h., es steht etwas auf dem Spiel, so dass etwas Wesentliches verloren ist, wenn die Hauptfigur ihr Ziel nicht erreicht.“ Katharina Bildhauer, Thomas Schäffer, Drehbuch reloaded. Erzählen im Kino des 21.Jahrhunderts, Köln 2018, 24 6. November 2024 1. Was wird erzählt? Die Story 1. Analyse des Handlungsgerüsts die chronologische Abfolge der Ereignisse wird aufgelistet, am besten anhand der vorkommenden Verben 6. November 2024 1. Was wird erzählt? Die Story Durchführen einer Knotenpunktanalyse: → Methode, um Alternativen für Ereignisse, Handlungen und ihre Folgen zu erheben Spannung entsteht dadurch, dass der Leser/die Leserin z.B. durch den Empathiereflex Wünsche für die Hauptfigur entwickeln kann, sich aber die tatsächliche Handlungsebene anders entwickelt 6. November 2024 1. Was wird erzählt? Die Story Beispiel: Lk 10,38-42 38 Als sie aber weiterzogen, kam er in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Martha, die nahm ihn auf. 39 Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu. 40 Martha aber machte sich viel zu schaffen, ihnen zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester allein dienen lässt? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll! 41 Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe. 42 Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden. 6. November 2024 1. Was wird erzählt? Die Story Knotenpunktanalyse 6. November 2024 Titel der Veranstaltung 12 1. Was wird erzählt? Die Story 2. Analyse der Figurenkonstellation kontrastierende komplementäre Rollen Rollen (im Beispiel: Maria (im Beispiel: Jesus im Verhältnis und Martha) zu Maria und Martha) 6. November 2024 1. Was wird erzählt? Die Story 2. Analyse der Figurenkonstellation Handlungssouverän dramatische dramatische (im Beispiel: Jesus) Hauptfigur Nebenfigur (im Beispiel: (im Beispiel: Martha) Maria) 6. November 2024 1. Was wird erzählt? Die Story 2. Analyse der Figurenkonstellation: „Dramatisches Dreieck“ Handlungssouverän (im Beispiel: Jesus) dramatische dramatische Hauptfigur Nebenfigur (im Beispiel: (im Beispiel: Martha) Maria) 6. November 2024 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs 1. Der Erzähler (allgemein) wenn er nicht Teil der Geschichte ist (heterodiegetisch), tritt er in der Literatur oft nur als Stimme im Hintergrund auf (anders bei mündlichen Erzählungen, da ist der Erzähler als Person sehr präsent) Unterscheidung zw. latentem u. manifestem Erzähler 6. November 2024 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs 1. Der Erzähler (allgemein) Der manifeste Erzähler tritt explizit auf und kommentiert das Geschehen, erklärt die Motivation von Figuren etc. Dabei kann er die Sympathie der Lesenden mit einzelnen Figuren lenken. Er kann ein Normensystem für die erzählte Welt entwickeln. Der Erzähler vermittelt außerdem zw. der erzählten Welt und den Lesern. 6. November 2024 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs 1. Der Erzähler (allgemein) Besonderheit: Der Erzähler und der Autor können in ihren Ansichten auseinandergehen → Unterscheidung zw. telling und showing (Erzähltheorie von Franz Karl Stanzel (österr. Literaturwissenschaflter): telling ist das kommentierende, rezeptionslenkende Erzählen durch den Erzähler, showing dagegen das direkte, unkommentierte, ungelenkte „Zeigen“ wie im Drama (szenische Darstellung). 6. November 2024 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs 2. Die Evangelien und ihr „Kameraauge“ die Erzähler der Evangelien erzählen meist so, dass Jesus im Zentrum steht ABER: Der Erzähler ist nicht Jesus. Der Erzähler weiß mehr als Jesus, er hat eine „Draufsicht“ (vgl. den Beginn des MkEv im mythischen Raum mit den Zitaten aus Mal 3,1 und Jes 40,3). Er lenkt gewissermaßen die Kamera (= Fokalisation). Obwohl Jesus seinen Auftrag kennt und auch oft Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der anderen Figuren hat, scheint er doch weniger zu wissen als der Erzähler (und damit auch weniger als der/die Lesende) 6. November 2024 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs 2. Die Evangelien und ihr „Kameraauge“ meist erscheint Jesus als „Fokalisator“ (= Wahrnehmungszentrum oder Linse, durch die das Geschehen dem Leser vermittelt wird, aber nur dezent, denn die Erzählperspektive ist durch Jesus nicht eingeschränkt → allwissender Erzähler) manchmal durchbrechen bestimmte Figuren Jesu „Plan“ → Legitimation auch für uns, eine andere Perspektive als diejenige Jesu einzunehmen? Jesus ist nicht immer Handlungssouverän und Identifikationsfigur! 6. November 2024 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Beispiel: Mk 5 25 Und da war eine Frau, die hatte den Blutfluss seit zwölf Jahren 26 und hatte viel erlitten von vielen Ärzten und all ihr Gut dafür aufgewandt; und es hatte ihr nichts geholfen, sondern es war nur schlimmer geworden. 27 Da sie von Jesus gehört hatte, kam sie in der Menge von hinten heran und berührte sein Gewand. 28 Denn sie sagte sich: Wenn ich nur seine Kleider berühre, so werde ich gesund. 29 Und sogleich versiegte die Quelle ihres Blutes, und sie spürte es am Leibe, dass sie von ihrer Plage geheilt war. 30 Und Jesus spürte sogleich an sich selbst, dass eine Kraft von ihm ausgegangen war, wandte sich um in der Menge und sprach: Wer hat meine Kleider berührt? 6. November 2024 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Mk 5 31 Und seine Jünger sprachen zu ihm: Du siehst, dass dich die Menge umdrängt, und sprichst: Wer hat mich berührt? 32 Und er sah sich um nach der, die das getan hatte. 33 Die Frau aber fürchtete sich und zitterte, denn sie wusste, was an ihr geschehen war; sie kam und fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. 34 Er aber sprach zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht; geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage! 6. November 2024 Übung: Führen Sie eine Erzählanalyse an Mt 15,21-28 durch: Bestimmen Sie den Erzähler, Wahrnehmungszentrum, Fokus, Figurenkonstellation, Charakterisierung, Leserlenkung, Empathiereflex, Werte,… Welche Figur ist Souverän der Erzählung? Wo treten Widerstände auf und von wem gehen sie aus? Welcher Konflikt entsteht? Auf welcher Ebene konstituiert sich „Sinn“ in der Erzählung? Wie würden Sie die Szene filmisch oder bildlich umsetzen? Formulieren Sie zum Schluss eine kurze Idee für die Behandlung des Textes im Religionsunterricht! 6. November 2024 PD Dr. Christine Jacobi Grundkurs: Einführung in das Studium der Bibelwissenschaften II 5. Sitzung: Einführung in narratologische Methoden der Textauslegung 2 Goethe-Universität Frankfurt Fachbereich Evangelische Theologie Professur für Neues Testament und Geschichte der Alten Kirche Wintersemester 2024/25 13. November 2024 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Beispiel: Mk 5 25 Und da war eine Frau, die hatte den Blutfluss seit zwölf Jahren 26 und hatte viel erlitten von vielen Ärzten und all ihr Gut dafür aufgewandt; und es hatte ihr nichts geholfen, sondern es war nur schlimmer geworden. 27 Da sie von Jesus gehört hatte, kam sie in der Menge von hinten heran und berührte sein Gewand. 28 Denn sie sagte sich: Wenn ich nur seine Kleider berühre, so werde ich gesund. 29 Und sogleich versiegte die Quelle ihres Blutes, und sie spürte es am Leibe, dass sie von ihrer Plage geheilt war. 30 Und Jesus spürte sogleich an sich selbst, dass eine Kraft von ihm ausgegangen war, wandte sich um in der Menge und sprach: Wer hat meine Kleider berührt? 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Mk 5 31 Und seine Jünger sprachen zu ihm: Du siehst, dass dich die Menge umdrängt, und sprichst: Wer hat mich berührt? 32 Und er sah sich um nach der, die das getan hatte. 33 Die Frau aber fürchtete sich und zitterte, denn sie wusste, was an ihr geschehen war; sie kam und fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. 34 Er aber sprach zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht; geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage! Übung: Führen Sie eine Erzählanalyse an Mk 5 durch: Bestimmen Sie den Erzähler, Wahrnehmungszentrum, Fokus, Figurenkonstellation, Charakterisierung, Leserlenkung, Empathiereflex, Werte,… Welche Figur ist Souverän der Erzählung? Wo treten Widerstände auf und von wem gehen sie aus? Welcher Konflikt entsteht? Auf welcher Ebene konstituiert sich „Sinn“ in der Erzählung? Wie würden Sie die Szene filmisch oder bildlich umsetzen? Formulieren Sie zum Schluss eine kurze Idee für die Behandlung des Textes im Religionsunterricht! 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Das Autorprofil Realer vs. Impliziter Autor vs. Erzähler (Bild vom Autor, das sich der/die Leserin macht, vermittelnde Instanz zw. realem Autor und Erzähler) Präsenz (vgl. Lk 1,1-4; Joh 21,24-25; Petrusevangelium) Stellung zum Geschehen (Distanz, Fokalisierung) Sprachliche und kulturelle Kompetenzen (Bsp.: Lukas als hellenistisch gebildeter (Heiden)christ im Gegenüber zu Markus) Hilfsmittel: Einleitungen in die Schriften des NT 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Distanz: wie unmittelbar oder mittelbar wird erzählt? (vgl. Drama vs. Erzählung mit vielen Summarien, Reflexionen und Kommentaren des Erzählers) Fokalisierung: aus welcher Perspektive wird erzählt? point of view Die Fokalisierung kann wechseln, der Erzähler dabei aber derselbe bleiben (Bsp: dasselbe Ereignis kann aus der Sicht unterschiedlicher Charaktere erzählt werden) auktorialer Erzähler: personaler Erzähler: neutraler Erzähler: externe Nullfokalisierung, der interne Fokalisierung: der Erzähler Erzähler weiß alles Fokalisierung; der weiß weniger als seine Figuren Erzähler weiß nicht (kein Einblick in Denken und alles Fühlen) 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Lk 3,21f. Und während er betete, öffnete sich der Himmel, 22 und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden. Mk 1,10f. 10 Und als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel sich öffnete und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. 11 Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden. 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Wie verhält sich der Erzähler zur erzählten Welt? Ist er Teil derselben und in die Handlung involviert, an Handlungsträger gebunden (homodiegetisch) oder steht er außerhalb (heterodiegetisch)? Sonderfall des homodiegetischen Erzählens: autodiegetisch: hier ist die erzählende Person nicht nur Teil der Erzählung, sondern deren Hauptperson Welche Normen und Wertungen sind mit der Wahl einer Erzählperspektive verbunden? Beispiel für homodiegetisches Erzählen: Das Petrusevangelium 21. Und da zogen die Juden die Nägel aus den Händen des Herrn und legten ihn auf die Erde. Und die ganze Erde erbebte und große Furcht entstand. 22. Da leuchtete die Sonne (wieder), und es fand sich, daß es die neunte Stunde war. 23. Die Juden aber freuten sich und gaben seinen Leib dem Joseph, damit er ihn beerdige, da er ja all das Gute geschaut hatte, das er (= Jesus) getan hatte. 24. Er nahm aber den Herrn, wusch ihn, hüllte ihn in eine Leinwand und brachte ihn in sein eigenes Grab, genannt Josephs Garten. 25. Da erkannten die Juden und die Ältesten und die Priester, welch großes Übel sie sich selbst zugefügt hatten, und begannen zu klagen und zu sagen: "Wehe über unsere Sünden, das Gericht und das Ende Jerusalems ist nahe herbeigekommen." 26. Ich aber trauerte mit meinen Genossen, und verwundeten Sinnes verbargen wir uns, denn wir wurden von ihnen gesucht als Übeltäter und solche, die den Tempel anzünden wollten. 27. Wegen all dieser Dinge fasteten wir und saßen trauernd und weinend da, Nacht und Tag bis zum Sabbat. 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Das Leserprofil Realer Leser vs. intendierter / impliziter Leser (Bild des Autors vom Leser, Rollenangebot für den Leser) Sprachliche Kompetenz? Kulturelle Kompetenz? (vgl. „heidnische“ Korinther) Zeitliche und räumliche Einordnung? 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Figurenanalyse Wie sind vorkommende Figuren charakterisiert? (direkt durch den Erzähler, indirekt durch Handlungen, Worte und Gedanken) In welchen Relationen stehen sie zueinander (Figurenkonstellation)? → ein Beispiel sind die in Aktantenmodellen dargestellten Beziehungen Das Aktantenmodell ist ein Modell der strukturellen Semantik. Es wird verwendet, um die Handlung zu analysieren, die in einer realen oder fiktiven Erzählung stattfindet. Es wurde 1966 von dem Semiotiker Algirdas Julien Greimas entwickelt. 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Beispiel: Die Heilung des blinden Bartimäus Mk 10,46-52 46 Sie kamen nach Jericho. Als er mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jericho wieder verließ, saß am Weg ein blinder Bettler, Bartimäus, der Sohn des Timäus. 47 Sobald er hörte, dass es Jesus von Nazaret war, rief er laut: Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir! 48 Viele befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! 49 Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her! Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich. 50 Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu. 51 Und Jesus fragte ihn: Was willst du, dass ich dir tue? Der Blinde antwortete: Rabbuni, ich möchte sehen können. 52 Da sagte Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dich gerettet. Im gleichen Augenblick konnte er sehen und er folgte Jesus auf seinem Weg nach. 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Figurenanalyse Bsp. Heilung des blinden Bartimäus Mk 10,46-52: Aktantenmodelle: Sender Objekt Empfänger Jesus Augenlicht Blinder Helfer Held Widersacher Jesus Bartimäus Menge 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Beispiel: Jakobs Kampf am Jabbok, Gen 32 23 In derselben Nacht stand Jakob auf, nahm seine beiden Frauen, seine beiden Mägde sowie seine elf Kinder und durchschritt die Furt des Jabbok. 24 Er nahm sie und ließ sie den Fluss überqueren. Dann schaffte er alles hinüber, was ihm sonst noch gehörte. 25 Als er allein zurückgeblieben war, rang mit ihm ein Mann, bis die Morgenröte aufstieg. 26 Als der Mann sah, dass er ihn nicht besiegen konnte, berührte er sein Hüftgelenk. Jakobs Hüftgelenk renkte sich aus, als er mit ihm rang. 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Beispiel: Jakobs Kampf am Jabbok, Gen 32 27 Der Mann sagte: Lass mich los; denn die Morgenröte ist aufgestiegen. Jakob entgegnete: Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest. 28 Der Mann fragte ihn: Wie ist dein Name? Jakob, antwortete er. 29 Der Mann sagte: Nicht mehr Jakob wird man dich nennen, sondern Israel - Gottesstreiter -; denn mit Gott und Menschen hast du gestritten und gesiegt. 30 Nun fragte Jakob: Nenne mir doch deinen Namen! Er entgegnete: Was fragst du mich nach meinem Namen? Dann segnete er ihn dort. 31 Jakob gab dem Ort den Namen Penuël - Gottes Angesicht - und sagte: Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin doch mit dem Leben davongekommen. 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Die Zeit Umgang mit der Zeit: erzählte Zeit und Erzählzeit (vgl. Lk 2,40ff. „Das Kind aber wuchs und wurde stark... Und als er zwölf Jahre alt war...“ vs. Mt 26-28 Passion Jesu = Donnerstag bis Sonntag) → Be-/Entschleunigungen? (vgl. Summarien zur Beschleunigung, Erzählerkommentare zur Dehnung); iteratives, repetitives Erzählen (Apg 9; 22; 26) Text Geschehen Text Die Erzählzeit umfasst den Zeitraum, den der Erzähler benötigt, um seine Geschichte zu erzählen, bzw. den Geschehen Zeitraum, den der Leser benötigt, um sie zu lesen. Die erzählte Zeit umfasst den Zeitraum, den der Inhalt der Geschichte umgreift. 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Umgang mit Chronologie: Prolepsen, Analepsen Prolepse: vgl. Joh 2,22 u.ö. „Als er auferstanden war von den Toten, dachten seine Jünger daran, dass er dies gesagt hatte, und glaubten...“ → Vorverweis auf Situation nach der Auferstehung; Analepse: Mk 6,14.17-29 die Hinrichtung Joh. d. Täufers wird nachgetragen, obwohl schon zuvor sein Tod vorausgesetzt war Analepse Prolepse Erzählung 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs Beispiel: Lk 4,16-21 16 Und er kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und stand auf, um zu lesen. 17 Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht (Jesaja 61,1-2): 2. Wie wird erzählt? Der Diskurs 18 »Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat und gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und die Zerschlagenen zu entlassen in die Freiheit 19 und zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.« 20 Und als er das Buch zutat, gab er's dem Diener und setzte sich. Und aller Augen in der Synagoge sahen auf ihn. 21 Und er fing an, zu ihnen zu reden: Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren. Narrative Analyse des Diskurses: hilfreiche Leitfragen 1. Wie ist die Erzählung aufgebaut? Beschreiben Sie einzelne Szenen! 2. Gibt es einen Spannungsbogen/Höhepunkt? 3. Beschreiben Sie den Autor, den Erzähler und den Leser des Textes! Welche Wertevorstellungen teilen sie? 4. Was weiß der Erzähler von seinen Figuren? 5. Werden die Figuren charakterisiert? Wenn ja, wie? 6. Gibt es Identifikationsangebote für die Leser? 7. Wie ist das Verhältnis zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit? Beispiel: Mk 3,1-6 Und er ging wieder in die Synagoge. Und dort war einer mit einer verkümmerten Hand. 2 Und sie beobachteten ihn genau, ob er ihn am Sabbat heilen würde, um ihn anklagen zu können. 3 Und er sagt zu dem Menschen mit der verkümmerten Hand: Steh auf, tritt in die Mitte! 4 Und er sagt zu ihnen: Ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses zu tun, Leben zu retten oder zu vernichten? Sie aber schwiegen. 5 Und voller Zorn schaut er sie einen nach dem andern an, betrübt über die Verstocktheit ihres Herzens, und sagt zu dem Menschen: Streck deine Hand aus! Und der streckte sie aus - und seine Hand wurde wiederhergestellt. 6 Da gingen die Pharisäer hinaus und fassten zusammen mit den Herodianern sogleich den Beschluss, ihn umzubringen.

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