Geographie der Dienstleistungsökonomie - Der sektorale Strukturwandel PDF
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LMU München
Johannes Glückler
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This document presents an overview of the economic geography of the service sector, including the sectoral structural change. The document contains a summary and analysis of important economic data. This is a theoretical overview.
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Geographie der Dienstleistungsökonomie Der sektorale Strukturwandel Johannes Glückler LMU Munich Economic Geography Group Economic Geographies 1 [email protected] of the Future © EGGroup Die Sektoren...
Geographie der Dienstleistungsökonomie Der sektorale Strukturwandel Johannes Glückler LMU Munich Economic Geography Group Economic Geographies 1 [email protected] of the Future © EGGroup Die Sektoren der Wirtschaft Die Unterscheidung eines primären, sekundären und tertiären Sektors geht auf Fisher und Clark zurück. – Primärer Sektor: Landwirtschaft und Fischerei – Sekundärer Sektor: Industrie und Baugewerbe – Tertiärer Sektor: Dienstleistungen Später wurde der Sektor der Dienstleistungen in einen tertiären und quartären Sektor unterschieden (Gottmann 1961). – Tertiäre Dienste: arbeitsintensive Dienste (z.B. Handel, Verkehr) – Quartäre Dienste. Humankapitalintensive Dienste (z.B. Forschung, Beratung) Schließlich wurde gar eine dreifache Segmentierung vorgeschlagen – Quintäre Dienste: Dienstleistungen auf Basis individueller, spezifischer Entscheidungen (z.B. Tourismus, Freizeit, Wellness, Gesundheit) Clark C (1940) The Conditions of Economic Progress. London: MacMillan & Co. Fisher AGB (1935) The clash of progress and security. London: MacMillan & Co. Gottmann J (1961) Megalopolis. The Urbanized Northeastern Seaboard of the US. New York: Twentieth Century Fund, S. 576. 2 Abler R, Adams JS, Gould P (1971) Spatial Organization: the Geographer’s View of the World. Englewood Cliffs, N.J.: Prentice-Hall. © EGGroup Beschäftigungsanteil im Dienstleistungssektor Länder mit über 70% Beschäftigungsanteil Länder mit über 65% Beschäftigungsanteil 3 Wölfl A (2005) The service economy in OECD countries: Statistical Analysis of Science, Technology and Industry. STI Working Paper 2005/3. Brussels: OECD, Directorate for Science, Technology and Industry. © EGGroup Geschwindigkeit des Strukturwandels Dargestellt ist der modifizierte Lilien-Indikator der Beschäftigungsanteile der Dienstleistungssparten in der Gesamtbeschäftigung. 4 Wölfl A (2005) The service economy in OECD countries: Statistical Analysis of Science, Technology and Industry. STI Working Paper 2005/3. Brussels: OECD, Directorate for Science, Technology and Industry. © EGGroup Dienstleistungen in Deutschland, 1970-2006 RWI (2008) Potenziale des Dienstleistungssektors für Wachstum von Bruttowertschöpfung und Beschäftigung. Endbericht zum Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. 5 Essen: Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung. © EGGroup Die Drei-Sektoren-Hypothese Im I und II. Sektor führen Produktivitätssteigerungen zur Freisetzung von Arbeitskräften (S. 64ff.). Eine Marktsättigung tritt am schnellsten bei Gütern des I. und II. Sektors ein, während die Nachfrage nach Diensten unbegrenzt ist (S. 86f.). Wohlstand führt dazu, dass Bedürfnisse nach Kultur, Bildung und Individualisierung wichtiger und durch Dienste befriedigt werden (S. 274f.). Technologischer Fortschritt führt zu „Vergeistigung von Arbeit“, so dass auch in der Produktion mehr Organisation und Planung notwendig werden und die Nachfrage nach produktionsnahen Dienstleistungen steigen werden. Fehlprognosen: Rückgang des I. Sektors stärker, des II. schwächer als erwartet. Ferner ist der Bildungsanspruch nicht immer hoch an Dienstleistungen, die Einkommen haben sich nicht angenähert, sondern oft weiter entfernt. Bade FJ (1995) Dienstleistungen. In Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ed.) Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover: ARL, 173-85. 6 Fourastié J (1954) Die große Hoffnung des 20. Jahrhunderts. Kön-Deutz. © EGGroup Geographie der Dienstleistungsökonomie Engelsches Gesetz Johannes Glückler LMU Munich Economic Geography Group Economic Geographies 7 [email protected] of the Future © EGGroup Drei Erklärungen des Strukturwandels Nachfrageseite – Sektorspezifische Einkommenselastizität der Nachfrage führt zu absoluter und relativer Zunahme der Nachfrage nach Dienstleistungen. Angebotsseite – Sektorspezifische Produktivitätsunterschiede und technologischer Fortschritt führen zur Freisetzung von Arbeitskräften im Industriesektor, so dass der relative Anteil des Dienstleistungssektors an der Gesamtbeschäftigung steigt. – Baumol‘s Hypothese der Kostenkrankheit erklärt den preisbedingten Anstieg der Dienstleistungen an der Gesamtwirtschaft. Wachstum als statistischer Effekt – Das Wachstum der Dienstleistungen entspricht lediglich einer zunehmenden Desintegration des Industrieunternehmens. Dienstleistungsfunktionen werden durch Auslagerung nicht mehr dem verarbeitenden Gewerbe, sondern dem tertiären Sektor zugerechnet. 8 © EGGroup Nachfrageanstieg | Das Engel‘sche Gesetz Das Engel‘sche Gesetz ist eines der am besten belegten empirischen Gesetze der Volkswirtschaftslehre. Es beschreibt die empirische Gesetzmäßigkeit, dass der Prozentanteil seines Einkommens, den ein Privathaushalt für die Ernährung ausgibt, mit steigendem Einkommen sinkt. Dies ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass die Einkommenselastizität der Nachfrage nach Nahrungsmitteln kleiner als 1 und bei Luxusgütern größer als 1 ist. Ernst Engel, 1821-1896 Der Engel-Koeffizient ist der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel an den gesamten Konsumausgaben eines Haushalts. Ein niedriger Engelkoeffizient gilt gemäß dem Engel‘schen Gesetz als Indikator für hohen materiellen Wohlstand. 9 Engel E (1857) Die Productions- und Consumtionsverhältnisse des Königreichs Sachsen. Zeitschrift des statistischen Bureaus des Königlich Sächsischen Ministerium des Inneren. © EGGroup Nachfrageanstieg | Preiselastizität A Preiselastizität = relative Mengenänderung p / relative Preisänderung Bei der Interpretation der Preiselastizität p1 wird nur der absolute Betrag N herangezogen: p2 Ist der Betrag der Preiselastizität größer als 1, spricht man von einer „elastischen Nachfrage“: Eine 1-prozentige Preisänderung bewirkt eine mehr als 1- x1 elastisch x2 x prozentige Mengenänderung. Beispiel anhand von einer Preissenkung: Ein Unternehmen verändert seinen Preis p von derzeit 60 € auf 50 €. Dies hat zur Folge, dass die Absatzmenge x von derzeit 3000 Stück auf 4000 Stück steigt. Prozentuale Veränderung durch die Absatzsteigerung (4000-3000)/3000 = 33,33 % Prozentuale Veränderung durch die Preissenkung (50-60)/60 = -16,67 % Berechnung der Preiselastizität 33,33/-16,67 (* -1)= 1,99 Die Nachfrage ist somit elastisch. 10 © EGGroup Nachfrageanstieg | Erklärung Sektorspezifische Unterschiede der Einkommenselastizität – Fisher und Clark argumentieren, dass die Einkommenselastizität der Nachfrage für Waren < 1 und für Dienstleistungen > 1 sei. – Mit steigendem Pro-Kopf-Einkommen würde somit der Anteil der Waren absinken und der der Dienstleistungen ansteigen. – Empirie (Fuchs 1968): Waren = 0,97 und Dienste = 1,12 Je höher das BIP per capita, desto höher die Nachfrage nach Dienstleistungen und desto höher der Beschäftigungsanteil der Bevölkerung im Dienstleistungssektor. Der Anteil der Dienstleistungen am realen Output stieg seit den 1970er Jahren stetig an. Weitere Gründe für absoluten Nachfrageanstieg für Dienstleistungen: – demographischer Wandel (soziale Dienstleistungen) – Wachstum des Außenhandelsanteils von Dienstleistungen. Clark C (1940) The Conditions of Economic Progress. London: MacMillan & Co. Fisher AGB (1935) The Clash of Progress and Security. London: MacMillan & Co. 11 Fuchs VR (1968) The Service Economy. New York, London: Columbia University Press. © EGGroup Nachfrageanstieg | Empirische Entwicklung Der Anteil der Dienstleistungen an der Endnachfrage und am Konsum (bereinigte Preise) ist in den meisten westlichen Ländern angestiegen. Dies spricht für die These des Nachfrage- anstiegs. 12 Schettkat, R., Yocarini, L. (2006) The shift to services employment: A review of the literature. Structural Change and Economic Dynamics, 17: 127-47. © EGGroup Nachfrageanstieg | Entwicklung in Deutschland RWI (2008) Potenziale des Dienstleistungssektors für Wachstum von Bruttowertschöpfung und Beschäftigung. Endbericht zum Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Essen: 13 Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung. © EGGroup Geographie der Dienstleistungsökonomie Theorie der Kostenkrankheit Johannes Glückler LMU Munich Economic Geography Group Economic Geographies 14 [email protected] of the Future © EGGroup Angebotsanstieg | Ausgangssituation Victor Fuchs mentions that such an astonishing regularity is seldom in social sciences but that this regularity is, of course, no explanation. Für die Länder Frankreich, Großbritannien, Niederlande, USA, Deutschland in den Jahren 1960, 1970, 1980, 1990, 2000 BIP = Bruttowertschöpfung + Einfuhrabgaben, hier PPP = Purchasing power Parities, preisbereinigt Schettkat R, Yocarini L (2006) The shift to services employment: A review of the literature. Structural Change and Economic Dynamics, 17: 127-47. 15 Schettkat R (2010) Dienstleistungen zwischen Kostenkrankheit und Marketization. Expertisen und Dokumentationen zur Wirtschafts- und Sozialpolitik. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung. © EGGroup Angebotsanstieg | Die These der Kostenkrankheit Es gibt zwei Sektoren Industrie und Dienstleistungen. Arbeit ist der einzige Produktionsfaktor. Das Angebot an Arbeit sei konstant und die Arbeitslöhne steigen proportional zum Pro-Kopf- Inlandsprodukt an. Annahmen Folglich würden die Kosten (Löhne) im stagnierenden Sektor (Dienstleistungen) ansteigen, während sie im wachsenden Sektor wegen steigender Arbeitsproduktivität konstant gehalten werden können. Baumol WJ (1967) Macroeconomics of unbalanced growth: The anatomy of urban crisis. American Economic Review, 57: 415-26. 16 Heilbrun J (2003) Baumol’s cost disease. In R. Towse (ed.) A handbook of cultural economics: Edward Elgar, 91-101. © EGGroup Arbeitsproduktivität Produktivität: – das Verhältnis zwischen dem, was produziert wird (Output), und den Produktionsfaktoren Absolute Arbeitsproduktivität: – Pro-Kopf-Arbeitsproduktivität, d.h. Produktionsmenge je Arbeiter/ Erwerbstätigen (Bestandsgröße) – Arbeitsproduktivität je Stunde (Stromgröße) Relative Arbeitsproduktivität: – Die absoluten Zahlen der Arbeitsproduktivität sind ohne Vergleich schwer interpretierbar. – Die absolute Pi wird auf ein Basisjahr bezogen, um die Entwicklung der Produktivität zu ermitteln 17 © EGGroup Angebotsanstieg | Sektorale Produktivitätsunterschiede RWI (2008) Potenziale des Dienstleistungssektors für Wachstum von Bruttowertschöpfung und Beschäftigung. Endbericht zum Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Essen: 18 Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung. © EGGroup Angebotsanstieg | Relativer Preisanstieg von Diensten RWI (2008) Potenziale des Dienstleistungssektors für Wachstum von Bruttowertschöpfung und Beschäftigung. Endbericht zum Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Essen: 19 Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung. © EGGroup Angebotsanstieg | Prüfung der Kostenkrankheitsthese Baumols These entspricht folgenden Hypothesen: A: Je geringer die Produktivitätssteigerung, desto höher die Preissteigerung. B: Je geringer die Produktivitätssteigerung, desto höher der Beschäftigungszuwachs. Wenn die Nachfrage preisunelastisch ist, dürfen Bruttoproduktionswert und Preisänderungen nicht korrelieren. Diese These wird widerlegt, da die Angebotsmenge auf Preise reagiert. 20 Schettkat R (2010) Dienstleistungen zwischen Kostenkrankheit und Marketization. Expertisen und Dokumentationen zur Wirtschafts- und Sozialpolitik. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung. © EGGroup Angebotsanstieg | Wertschöpfungs- und Beschäftigungswachstum Das höhere Wachstum der Bruttowertschöpfung Bruttowert- schöpfung im verarbeitenden Gewerbe und das stärkere Wachstum der Beschäftigung in Dienstleistungen Beschäftigung unterstützen die These der Kostenkrankheit von Baumol. Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten in Prozent 21 Wölfl A (2005) The service economy in OECD countries: Statistical Analysis of Science, Technology and Industry. STI Working Paper 2005/3. Brussels: OECD, Directorate for Science, Technology and Industry. © EGGroup Angebotsanstieg | Folgen der Kostenkrankheitsthese Zwei Szenarien für die Ressourcenallokation zwischen den Sektoren: 1. Dienstleistungen verschwinden. Wenn die Nachfrage nach Dienst- leistungen preiselastisch wäre, d.h. wenn die Nachfrage mit zunehmen- dem Preisanstieg überproportional nachließe, ginge der Output des stagnierenden Sektors zurück, um schließlich zu verschwinden. 2. Wirtschaft verlangsamt Wachstum. Wenn das relative Güterangebot beider Sektoren aber konstant bleiben soll (d.h. kein Nachfrageanstieg oder - verlust), müsste die Preiselastizität der Nachfrage für Dienste Null sein (d.h. Dienste würden unabhängig von Preisänderungen nachgefragt). Immer mehr Beschäftigte aus der Industrie müssten in den stagnierenden Sektor transferiert werden (Beschäftigungsanstieg), so dass langfristig die Produktivitätswachstumsrate sinken würde (immer weniger Beschäftigte in der Industrie). Appelbaum und Schettkat (1999) zeigen, dass der Dienstleistungsanteil an der Beschäftigung nur konstant bleiben kann, wenn die Preiselastizität der Nachfrage gleich Null ist. Baumol WJ (1967) Macroeconomics of unbalanced growth: The anatomy of urban crisis. American Economic Review, 57: 415-26. 22 Appelbaum E, Schettkat R (1999) Are prices unimportant? The changing structure of the industrialized economies. Journal of Post Keynesian Economics 21 (3): 387-398. © EGGroup Angebotsanstieg | Hohe Produktivität bei Diensten Jährlich durchschnittliche Wachstumsraten von Produktivität und Beschäftigung, 1990-2002 23 Wölfl A (2005) The service economy in OECD countries: Statistical Analysis of Science, Technology and Industry. STI Working Paper 2005/3. Brussels: OECD, Directorate for Science, Technology and Industry. © EGGroup Angebotsanstieg | Kritik Die Vorhersage von Baumol funktioniert nur, wenn die Preiselastizität der Nachfrage Null ist, oder wenn die negativen Nachfrageeffekte der Preiselastizität genau kompensiert werden durch positive Nachfrageeffekte steigenden Einkommens. Empirische Untersuchungen zeigen aber, dass die Einkommenselastizität der Nachfrage nach Dienstleistungen stets größer als eins ist, die Preiselastizität der Nachfrage aber nur sehr gering ist (d.h. der Nachfrageanstieg infolge höherer Einkommen überkompensiert die Konsumzurückhaltung aufgrund der Teuerung der Dienste). Dadurch wird ein absoluter Nachfrageanstieg nach Dienstleistungen begründet. Baumol’s Theorie trifft nur zu, wenn alle Dienstleistungen für den Konsum erbracht werden. Stattdessen aber geht ein großer Teil der Dienstleistungen als intermediärer Input (Vorleistungen) in die Erstellung von Waren ein. Nicht alle Dienstleistungen leiden unter der Kostenkrankheit. Technologieorientierte Dienstleistungen (Logistik, Telekommunikation) erfahren mit die größten Produktivitätszuwächse in der Gesamtwirtschaft. 24 Appelbaum E, Schettkat R (1999) Are prices unimportant? The changing structure of the industrialized economies. Journal of Post Keynesian Economics, 21: 387-98. © EGGroup Geographie der Dienstleistungsökonomie Externalisierungsthese Johannes Glückler LMU Munich Economic Geography Group Economic Geographies 25 [email protected] of the Future © EGGroup Externalisierung | Wachstum als statistischer Effekt? Erklärung des Anstiegs der Dienstleistungsbeschäftigung (bei konstanter Nachfrage) allein aus der Auslagerung von Dienstleistungsfunktionen der Industrie in spezialisierte, juristisch selbständige Unternehmen, die dem Dienstleistungssektor zugerechnet werden. Drei Ansatzpunkte zur Messung des Verhältnisses von Industrie und Arbeit – Reklassifikation der Wirtschaftszweige – Klassifikation nach Berufsgruppen – Analyse der Input-Output-Tabellen der VGR 26 © EGGroup Externalisierung | Ansatz 1: Sektorale Reklassifikation Reklassifikation der Dienstleistungen nach intermediären und finalen Produkten Klassifikation von 4 Typen: distributive, producer, social und personal services Wachsende DL-Beschäftigung geht zurück auf fehlende Produktivitäts- gewinne (40-60%), Nachfrageanstieg für Konsum (20-30%) und intermediäre Leistungen (10-20%). Schettkat R, Yocarini L (2006) The shift to services employment: A review of the literature. Structural Change and Economic Dynamics, 17: 127-47. 27 Elfring T (1989) New evidence on the expansion of service employment in advanced economies. Review of Income and Wealth 35 (4): 409-440. © EGGroup Externalisierung | Ansatz 2: Berufsgruppenstatistik Ein anderer Ansatz der Reklassifikation besteht darin, nicht aus den Industriezweigen neue Klassen zu bilden, sondern quer zu den Branchen die Statistik der Berufsgruppen auf Dienstleistungs- und Produktionsberufe aufzuteilen. Ein Vergleich zwischen den USA und Deutschland zeigt beispielsweise, dass sich die deutsche Beschäftigungslücke im Dienstleistungssektor durch dieses Verfahren verringert. Während in den USA 75% der Beschäftigten im Dienstleistungssektor und 78% in Dienstleistungsberufen arbeiten, sind in Deutschland 61% im Dienstleistungssektor, aber 68% in Dienstleistungsberufen beschäftigt. 28 Freeman R, Schettkat R (1999) Differentials in service industry employment growth. Germany and the US in the comparable German American Structural Database. Brussels: European Commission. © EGGroup Externalisierung | Ansatz 3: Input-Output-Analyse Die IO-Tabelle gibt für jede Produktgruppe an, welcher Anteil ihres Outputs als intermediärer Input zur Erstellung eines anderen Produkts einfließt. Während der Anteil der Industrieprodukte an Dienstleistungen mehr oder minder konstant blieb, ist der Anteil der Dienstleistungen an der Warenherstellung in allen vier Industriestaaten stark angestiegen. 29 Schettkat R, Yocarini L (2006) The shift to services employment: A review of the literature. Structural Change and Economic Dynamics, 17: 127-47. © EGGroup Nachfrageanstieg | Entwicklung in Deutschland Zuletzt ist die Nachfrage nach Dienstleistungen durch Unternehmen stärker angestiegen als durch Endverbraucher. Unternehmensdienste gewinnen somit eine steigende Bedeutung. RWI (2008) Potenziale des Dienstleistungssektors für Wachstum von Bruttowertschöpfung und Beschäftigung. Endbericht zum Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Essen: 30 Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung. © EGGroup Externalisierung | Vernetzung v. Industrie & Dienstleistungen Dienste und Industrie liefern zu etwa gleichen Teilen intermediäre Inputs für den eigenen Sektor (24%) und für den anderen Sektor (8-10%). Während Dienstleistungen mit 56% überwiegend konsumiert werden, geht bei der Industrie nur die Hälfte in den Konsum und fast ein Drittel in den Außenhandel. Anteil der Nachfragekomponenten am Gesamtoutput pro Sektor für Industrie und Dienstleistungen, 1997 (ausgewählte OECD-Staaten) 31 Wölfl A (2005) The service economy in OECD countries: Statistical Analysis of Science, Technology and Industry. STI Working Paper 2005/3. Brussels: OECD, Directorate for Science, Technology and Industry. © EGGroup Externalisierung | Kritik Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Externalisierung von Dienstleistungen nicht etwa aus dem Industriesektor, sondern vor allem aus dem Dienstleistungssektor das Wachstum von Unternehmensdienstleistungen erklärt (Greenhalgh and Gregory 2001). Damit wird die Externalisierungsthese als Erklärung für den Anstieg der Dienstleistungsbeschäftigung entscheidend geschwächt. Eine Externalisierung der Nachfrage nach Dienstleistungen führt nicht zur Aufgabe der internen Dienstleistungen. Stattdessen entwickeln sich externe und interne Nutzung von Dienst- leistungen im Unternehmenssektor komplementär (Illeris 1996). Ferner gibt es in den entwickelten Ökonomien kaum noch Endprodukte, die reine Waren oder reine Dienstleistungen sind. Stattdessen gehen sowohl Produktion als auch Dienstleistungen in unterschiedlicher Kombination in moderne Konsumgüter ein. Greenhalgh C, Gregory M (2001) Structural change and the emergence of the new service economy. Oxford Bulletin of Economics & Statistics, 63: 629-46. 32 Illeris S (1996) The Service Economy. A Geographical Approach. Chichester: Wiley. © EGGroup Fazit The shift to services Dienstleistungen leiden aufgrund geringerer is not just a price effect nor is it mainly Produktivitätssteigerungen an „Kostenkrankheit“: the effect of the Wirtschaftszweige mit geringeren Produktivitäts- outsourcing of service activities gewinnen erhöhen ihre Preise stärker als Branchen from manufacturing mit Produktivitätsanstieg. industries. The shift to services is real. (p. Dienstleistungen sind einkommenselastisch, d.h. dass 127) mit steigendem Einkommen die Nachfrage nach Dienstleistungen überproportional zunimmt. Sie bauen daher gleichzeitig mehr Beschäftigung auf. Aufgrund der Heterogenität der Dienstleistungen gibt es manche hoch produktivitätsgewinnende Dienstleistungen (Logistik, Telekommunikation). Das Wachstum der Dienstleistungen beruht auf Nachfrageanstieg, Externalisierung und Angebotsanstieg. 33 Schettkat R, Yocarini L (2006) The shift to services employment: A review of the literature. Structural Change and Economic Dynamics, 17: 127-47. © EGGroup