Skript - Bindemittel PDF
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Ruhr-Universität Bochum
2018
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This document is a script on building materials, specifically focusing on binders, cements, and related topics. It covers various aspects of construction materials, including their properties, production, and applications. The script is intended for advanced study, likely at a university level.
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BINDEMITTEL Skriptum zu den Vorlesungen Baustofftechnik I & II (Bauingenieurwesen) / Baustoffe (Umwelttechnik & Ressourcenmanagement) Bochum, August 2018 Nachdruck und Vervielfältigung jeglicher Art –...
BINDEMITTEL Skriptum zu den Vorlesungen Baustofftechnik I & II (Bauingenieurwesen) / Baustoffe (Umwelttechnik & Ressourcenmanagement) Bochum, August 2018 Nachdruck und Vervielfältigung jeglicher Art – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Erlaubnis des Lehrstuhls gestattet. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 1 Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG.............................................................................................................. 2 1.1 Begriffe in der Bindemittelchemie und -technologie............................................ 2 1.2 Allgemeines.............................................................................................................. 4 2 SULFATBINDEMITTEL UND MAGNESIABINDER................................................... 6 2.1 Baugipse.................................................................................................................... 6 2.2 Magnesiabinder......................................................................................................... 7 3 KALKE....................................................................................................................... 8 3.1 Luftkalke................................................................................................................... 8 3.2 Hydraulisch erhärtende Kalke................................................................................. 10 3.3 Aspekte aus der Praxis............................................................................................ 11 4 ZEMENTE UND ZUMAHLSTOFFE……………………………………….……….......... 13 4.1 Rohstoffe für Zemente............................................................................................. 13 4.2 Herstellung von Zement........................................................................................... 14 4.3 Portlandzementklinker............................................................................................. 15 4.4 Zumahlstoffe............................................................................................................. 17 4.4.1 Puzzolane................................................................................................................... 17 4.4.2 Latent-hydraulische Stoffe.......................................................................................... 20 4.5 Hydratation................................................................................................................ 22 4.6 Erhärtungsphasen.................................................................................................... 25 4.7 Einflüsse auf die Festigkeitsentwicklung............................................................... 26 4.7.1 Chemische und mineralogische Zusammensetzung................................................... 26 4.7.2 Einfluss der Mahlfeinheit............................................................................................. 28 4.7.3 Einflüsse von Zumahlstoffen....................................................................................... 29 4.8 Sonstige Bestandteile von Zementen..................................................................... 33 4.9 Übersicht der genormten Zemente.......................................................................... 34 4.10 Sonderzemente nach Normen.................................................................................. 36 4.11 Marktübersicht.......................................................................................................... 37 R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 2 1 EINLEITUNG 1.1 Begriffe in der Bindemittelchemie und -technologie alkalisch pH-Wert einer Lösung (z.B. Porenwasser) ist größer als 7 (neutrales Wasser); d.h. Überschuss von OH--Ionen gegenüber H3O+-Ionen amorph Moleküle eines Feststoffes sind zufällig angeordnet wie in einer Flüssigkeit CSH-Phasen Calciumsilikathydrate; diese Phasen sind verantwortlich für die Festigkeitsentwicklung des Zementsteines Gefüge Lage bestimmter Bestandteile des Zementsteins (bzw. Mörtels oder Betons) im Raum und relativ zueinander Glas amorpher Feststoff Hydratation chemische Reaktion unter Aufnahme von Wassermolekülen Hydratationswärme Temperaturanstieg durch das Freiwerden von Energie infolge der exothermen Reaktionen während der Hydratation Hydrate Verbindungen mit Wassermolekülen z.B. Kalkhydrat = Portlandit Ca(OH)2 Hydraulefaktoren Oxide, die sich beim Brennen mit CaO verbinden und dabei die hydraulischen Klinkerphasen bilden: SiO2, Al2O3 und Fe2O3 Hydraulizität Fähigkeit zur hydraulischen Reaktion, d.h. zur chemischen Reaktion mit Wasser inert Stoff beteiligt sich nicht (oder nur geringfügig) an den in Betracht kommenden chemischen Reaktionen Karbonate Verbindungen mit CO32--Ionen (z.B. Calciumkarbonat = Calcit CaCO3) Karbonatisierung Chemische Reaktion mit Bildung von Karbonaten, z.B. Kalkhydrat reagiert mit dem Kohlendioxid aus der Luft zu Calciumkarbonat: Ca(OH)2 + CO2 CaCO3 + H2O Klinker Produkt des Brennprozesses bei der Zementherstellung R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 3 kristallin Moleküle eines Feststoffes sind in einer eindeutig definierten Kristallstruktur angeordnet latent-hydraulisch nur geringe Hydraulizität, die keine technisch verwertbaren Festigkeiten liefern. Solche werden erst durch Anregung mit einem CaO-Träger erreicht. Mineral Material mit definierter chemischer Zusammensetzung und (Kristall-)Struktur Oxide Verbindungen mit Sauerstoff (z. B. Calciumoxid = Branntkalk CaO, Quarz SiO2, Hämatit Fe2O3, usw.) puzzolanische Reaktion Reaktion von amorpher Kieselsäure mit Calciumhydroxid und Wasser zu CSH-Phasen Puzzolanität Fähigkeit zur puzzolanischen Reaktion Sintern beginnendes Schmelzen Sulfate Verbindungen mit SO42-- Ionen (z. B. Calciumsulfat = Anhydrit CaSO4) Zementgel Zusammenfassender Begriff für die untrennbar miteinander verbundenen mineralischen Bestandteile des Zementsteines inklusive des adsorptiv in den Gelporen gebundenen Gelwassers Zementleim Wasser-Zement-Gemisch vor dem Erhärten Zementstein Wasser-Zement-Gemisch im erhärteten Zustand R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 4 1.2 Allgemeines Bindemittel sind Stoffe, die gröbere oder feinere Körper fest miteinander verkitten. Mörtel und Beton sind Strukturbegriffe, die an den Korndurchmesser gebunden sind. Bindemittel und Gesteins- körnungen mit Korndurchmesser 4 mm werden als Mörtel, mit Korndurchmesser > 4 mm als Beton bezeichnet. Als "Kleber" kommen organische und anorganische Bindemittel in Betracht. Beton mit Zement als Bindemittel wird im Allgemeinen Sprachgebrauch als Beton (nicht Zementbeton) bezeichnet. Bild 1-1: Mörtel und Beton – Grundlagen Bindemittel werden nur selten als reine Bindemittelleime ohne Gesteinskörnungen verwendet, da diese im Allgemeinen zu teuer sind und zum Teil ungünstige Eigenschaften aufweisen. Man unterscheidet zwei Hauptgruppen: a) Luftbindemittel, die nur an der Luft erhärten und im erhärteten Zustand wasserlöslich sind. b) Hydraulische Bindemittel, die an der Luft und unter Wasser erhärten und im erhärteten Zustand wasserbeständig sind. Für tragende Bauteile kommen nur Kalke, PM-Binder (Putz- und Mauerbinder für Mörtel), Mischbinder und Zemente in Betracht. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 5 Luftbindemittel - Luftkalke - Sulfatbindemittel erhärten nur an Luft Gips, Anhydrit wasserlöslich - Magnesiabinder - Lehm Hydraulische Bindemittel nach Lufterhärtung - Wasserkalk unter Wasser - hydraulischer beständig Kalk - hoch hydrau- lischer Kalk Mischbinder P+M-Binder Erhärtung ohne Luft auch unter Wasser Zemente Bild 1-2: Bindemittel – Übersicht 2 SULFATBINDEMITTEL UND MAGNESIABINDER 2.1 Baugipse Baugipse entstehen durch das Brennen von Gipsstein (CaSO 4 * 2H2O, Dihydrat). Neben dem in der Natur vorkommenden Gipsstein wird heute vermehrt auch REA-Gips (ebenfalls überwiegend als Dihydrat CaSO4 * 2H2O vorliegend) als Ausgangsstoff für die Produktion von Baugips eingesetzt. REA-Gips fällt in den Rauchgasentschwefelungsanlagen von Kohlekraftwerken als Nebenprodukt an. Zur Erzielung bestimmter Eigenschaften des Baugipses können bei der Produktion werkseitig Zusätze zugegeben werden. Beim Brennen wird das gebundene Kristallwasser ganz oder teilweise ausge- trieben. Mit steigender Brenntemperatur entstehen aus CaSO 4 * 2H2O zunächst (ß-)Halbhydrat CaSO4 * ½ H2O, danach verschiedene Modifikationen von Anhydrit CaSO4. Beim Anmachen der Baugipse mit Wasser wird das ausgetriebene Wasser wieder aufgenommen, so dass das Erhärtungsprodukt wieder kristallisiertes Dihydrat CaSO 4 * 2H2O wird. Dabei entscheidet die mineralogische Zusammensetzung des Halbhydrats bzw. Anhydrits über die Reaktionsgeschwindig- keit. Das Halbhydrat reagiert prinzipiell schneller als Anhydrit. Je höher die Brenntemperatur war, umso träger verläuft die Reaktion. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 6 Baugips wird im Wesentlichen zur Herstellung von Gipskarton- und Gipsfaserplatten, Gipsvollwand- elementen, Gipsputzen und Anhydrit-Fließestrich eingesetzt. Die Anwendung ist im Allgemeinen auf trockene Räume beschränkt, in Feuchträumen mit permanent hoher Feuchtigkeit ist Gips nicht beständig. => Brennen im Drehrohrofen 130 – 180° C (Austreiben von Kristallwasser) bzw. Anhydrit CaSO4 Bild 2-1: Gipskreislauf Bild 2-2: Sulfat- und Magnesiabinder – Grundlagen R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 7 2.2 Magnesiabinder Der Grundstoff für Magnesiabinder (nicht hydratisiertes Bindemittel) ist die sogenannte kaustisch (= ätzend) gebrannte Magnesia (MgO), die z.B. aus Magnesit gewonnen wird. Kaustische Magnesia besitzt die Fähigkeit mit Salzlösungen zweiwertiger Metalle wie z. B. Magnesiumchloridlösung MgCl 2 eine bildsame Masse zu ergeben, die steinartig erhärtet. Zusammen mit einem Füller kann dieser Magnesiamörtel z.B. als Estrich eingesetzt werden. Magnesiabinder haben heute keine baupraktische Bedeutung mehr. 3 KALKE 3.1 Luftkalke Luftkalke sind Luftbindemittel. Sie werden aus möglichst reinem Kalkstein (CaCO3) unterhalb der Sintergrenze bei rd. 800 bis 1.000 °C gebrannt: CaCO3 CaO + CO2 (56 M.-% CaO + 44 M.-% CO2) Der gebrannte Kalk (CaO) ist durch die CO 2-Abgabe des Kalksteins sehr porig und nimmt daher beim Löschen zügig Wasser auf, mit dem er unter starker Wärmeentwicklung (exotherme Reaktion), die fast dreimal so groß ist wie die bei der Hydratation von Zement freiwerdende Wärme, reagiert: CaO + H2O Ca(OH)2 + 1.150 J/g Das durch die Hydratation des gebrannten Kalkes entstehende Calciumhydroxid Ca(OH)2 trägt den Mineralnamen Portlandit. Das Hydrat hat 70 % mehr Volumen als das Oxid, wodurch eine Sprengwirkung auftritt (Kalktreiben), die den Kalk in kurzer Zeit zu feinstem Pulver oder Teig zerkleinert, dessen Teilchen ca. 2 µm groß sind. Dabei hängt es von der Wasserzugabe ab, ob Kalkpulver oder Kalkteig entsteht. Wenn der Kalk nicht vollkommen gelöscht wird, kann das CaO bei Feuchtigkeitsaufnahme im Bauteil (z.B. Putz) noch nachlöschen und zum Treiben mit entsprechendem Schadenspotential führen. Die Erhärtung von Luftkalk erfolgt durch Aufnahme von Kohlendioxid aus der Luft (Karbonatisierung). Die Karbonatisierung findet wegen der geringen CO 2-Konzentration der Luft (0,03 Vol.-%) und des sich um die einzelnen Körner bildenden Karbonathäutchens nur langsam statt. Sie läuft umso schneller ab, je poriger der Mörtel ist und je mehr CO 2 zur Verfügung steht. Luftkalkputze dürfen daher nicht gegen Luft abgesperrt werden (z.B. durch dichte Oberputze, Tapeten, Spachtelmassen u.ä.). Unter günstigen Umständen (dauernde Berührung mit Luft) ist eine vollständige Karbonatisierung in einigen Monaten möglich; bei Mauermörtel kann dies wegen der geringen Fugendicke und relativ großen Fugentiefe viele Jahre dauern. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 8 Vollständige Löschung erforderlich! Sonst Kalktreiben Bild 3-1: Kalkkreislauf Bild 3-2: Luftkalk – Handelsformen 3.2 Hydraulisch erhärtende Kalke Diese Kalke sind hydraulische Bindemittel, die nach einer bestimmten Zeit der Luftlagerung auch unter Wasser erhärten. Die Erhärtung beruht auf zwei Vorgängen: a) Der Anteil an Calciumhydroxid reagiert mit Luftkohlensäure zu CaCO 3. b) Calciumsilikate, -aluminate und -ferrite bilden mit dem Anmachwasser Hydrate, die eine weitere Verfestigung hervorrufen. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 9 Durch diese mit den Hydraulefaktoren SiO2, Al2O3 und Fe2O3, die in Ton, Mergel und Puzzolanen vorhanden sind, gebildeten Calciumverbindungen erhärten die Kalke schneller und erreichen höhere Festigkeiten als Luftkalke. Die Luftlagerung vor einer Wasserlagerung ist notwendig, damit der Erhärtungsanteil der Karbonatisierung genutzt und wirksam wird. Ebenso ist die Hydratation in einem Calcitgerüst wirkungsvoller als in einer wässrigen Dispersion. Bild 3-3: Herstellung von Kalk und Zement 3.3 Aspekte aus der Praxis Als Baukalke dürfen ausschließlich Bindemittel bezeichnet werden, welche der DIN EN 459 entsprechen. Baukalk wird vorwiegend als Kalkhydrat oder als Feinkalk geliefert. Kalkteig und Stück- Kalk besitzen nur noch untergeordnete Bedeutung. Luftkalke wie z.B. Weißkalke (CL) oder Dolomitkalke (DL) zeichnen sich durch eine sehr große Feinheit, niedrige Schüttdichte, hohe Ergiebigkeit, große Wirtschaftlichkeit und gute Verarbeitbarkeit (Geschmeidigkeit und Wasserrückhaltevermögen) aus. Sie sind im erhärteten Zustand nicht wasserbeständig. Sie werden als Mauermörtel für niedrige Beanspruchung und Putzmörtel ohne längere Feuchtigkeitseinwirkung eingesetzt. Auch bei der Herstellung von Kalksandsteinen und Porenbeton werden Luftkalke verwendet. Natürliche hydraulische Kalke (NHL) sind Kalke, die durch Brennen von mehr oder weniger tonhaltigen oder kieselsäurehaltigen Kalksteinen zu Pulver gelöscht, mit oder ohne Mahlung, entstehen. Alle natürlichen hydraulischen Kalke erstarren und erhärten unter Wasser. Atmosphärisches Kohlendioxid trägt ebenfalls zum Erhärtungsprozess bei. Werden dem natürlichen hydraulischen Kalk puzzolanische oder hydraulische Stoffe zugegeben (bis zu 20 % Massenanteil), werden sie zusätzlich mit „NHL-Z“ gekennzeichnet. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 10 Hydraulischer Kalk (HL) besteht vorwiegend aus Calciumhydroxid, Calciumsilikaten und Calcium- aluminaten, die durch Mischen von geeigneten Stoffen hergestellt werden und dem Kalk ein begrenztes hydraulisches Erhärtungsvermögen verleihen. Es überwiegen jedoch die charakteristi- schen Kalkeigenschaften. Hydraulischer Kalk dient als Mauer- und Putzmörtel, bei dem höhere, aber begrenzte Festigkeit sowie Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeitseinwirkung gefordert werden. Kalke sind mit anderen Bindemitteln und untereinander mischbar, jedoch nicht mit Tonerdezement und Sulfathüttenzement. Hydraulisch erhärtende Kalke dürfen nicht mit Gips vermischt werden, da es hier zum Gipstreiben kommt. Tabelle 3-1: Arten von Weißkalka – DIN EN 459-1:2015-07 Tabelle 3-2: Chemische Anforderungen an Weißkalk – DIN EN 459-1:2015-07 Tabelle 3-3: Arten von Dolomitkalka – DIN EN 459-1:2015-07 R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 11 Tabelle 3-4: Chemische Anforderungen an Dolomitkalk – DIN EN 459-1:2015-07 Tabelle 3-5: Anforderungen an Normfestigkeit von natürlichem hydraulischem Kalk – DIN EN 459-1:2015-07 R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 12 4 ZEMENTE UND ZUMAHLSTOFFE Zemente sind feingemahlene hydraulische Bindemittel, die sowohl an Luft als auch (ohne vorherige Luftlagerung) unter Wasser erhärten können. Anschließend sind sie auch unter Wasser beständig. Sie bestehen im Wesentlichen aus Verbindungen von CaO mit den sogenannten Hydraulefaktoren SiO 2, Al2O3 und Fe2O3. 4.1 Rohstoffe für Zemente Die chemische Zusammensetzung des Rohstoffgemisches, im Wesentlichen aus Kalkstein und Ton, bedingt, welche Mineralphasen sich während des Brennens bilden. Da Art und Anteil der Mineralphasen einen entscheidenden Einfluss auf die Eigenschaften des Zementes haben, ist eine exakte Abstimmung des Rohstoffgemisches von besonderer Bedeutung. Sämtliches CaO muss durch die Hydraulefaktoren in Calciumsilikaten, -aluminaten und -ferriten gebunden werden. Verbleibendes freies CaO könnte im verfestigten Zementstein (bzw. Mörtel oder Beton) Kalktreiben auslösen (vgl. Kapitel 3). Portlandzement Bild 4-1: Zement – Rohstoffe Die Zementindustrie siedelt sich aus wirtschaftlichen Gründen (Transportkosten) in der Regel in unmittelbarer Nähe von Rohstofflagerstätten an. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 13 Bild 4-2: Zement – Rohstoffvorkommen 4.2 Herstellung von Zement Die Rohstoffe werden zunächst homogenisiert, dann gemahlen und anschließend im (Schacht- oder) Drehrohrofen bei rd. 1400 bis 1500 °C gebrannt. Von der optimalen Einstellung des Brennprozesses hängt ab, inwieweit die Reaktionen der Rohmehlbestandteile ablaufen und dabei die gewünschten Klinkerminerale entstehen. Aus wirtschaftlichen Gründen wird die Brenntemperatur so niedrig wie möglich gehalten (die Zementherstellung ist ohnehin aufgrund der hohen Brenntemperaturen einer der energieaufwendigsten Industriezweige). Der entstehende Klinker wird in Kugelmühlen unter Zugabe von Calciumsulfat (Gips, Anhydrit) als Erstarrungsregler gemahlen und schließlich in Silos homogenisiert und gelagert. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 14 Bild 4-3: Zement – Herstellung 4.3 Portlandzementklinker Portlandzement unterscheidet sich von hydraulisch erhärtenden Kalken vor allem durch den niedrigeren Kalkgehalt, die künstliche Zusammensetzung und die dadurch gleichmäßigeren Eigen- schaften. Die Rohstoffe werden bis zum Sintern gebrannt, und es bilden sich dabei neue Mineral- phasen. Die entstehenden Klinkermineralien besitzen hydraulische Eigenschaften: Sie reagieren mit Wasser unter Bildung von Hydraten und Calciumhydroxid. Kalkstein + Ton CaCO3 + SiO2 + Al2O3 + Fe2O3 Rohstoffe Brennen 1400 - 1500 °C => Klinker Neubildung von Mineralien C2S, C3S,C3A, C4AF Zementpulver Bild 4-4: Neubildung von Mineralien bei der Zementherstellung R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 15 Tricalciumaluminat C3 A (> 850 °C) 3 CaO Al2O3 Dicalciumsilikat C2S (> 1000 °C) 2CaO SiO2 Calciumaluminatferrit C4AF (> 1100 °C) 4 CaO Al2O3 Fe2O3 Tricalciumsilikat C3S (> 1300 °C) 3 CaO SiO2 Bild 4-5: Portlandzementklinker – beim Brennen entstehende Klinkermineralien Mineralien C2S, C3S, C3A, C4AF Zementpulver Anmachen mit Wasser => Zementleim Erhärtung => Zementstein silikat Calcium aluminat hydrate alum. ferrit CSH, CAH, CAFH Zementstein Bild 4-6: Erhärtung des Zementleims Wenn feingemahlener reiner Portlandzementklinker mit Wasser gemischt wird, reagiert das Tricalciumaluminat unverzüglich mit Wasser und bewirkt dabei ein unerwünschtes zu frühes Erstarren des Zementleims ("Löffelbinder"). Aus diesem Grund wird vor oder während dem Mahlen des Zementklinkers Gips oder Anhydrit als Abbinderegler zugesetzt. Wenn Wasser zugegeben wird, reagieren diese Sulfatträger mit dem Tricalciumaluminat unter Bildung von Ettringit (= Trisulfat). Mit dieser Reaktion wird das Erstarren des Zementleims verhindert. Später wandelt sich Ettringit ohne schädliche Nebenwirkungen in Monosulfat um. C3A + H2O Sofortige Reaktion = sofortiges Erstarren (Löffelbinder) um das zu vermeiden Gipszugabe → 3CaO·Al2O3+3CaSO4·2H2O+26H2O → 3CaO·Al2O3·3CaSO42·32H2O = “Gipstreiben“ verhindert Erstarren Trisulfat wird in Monosulfat umge- wandelt → unschädlich Genaue Dosierung erforderlich! Ansonsten schädliches Treiben ca. 3-5% CaSO4·2H2O Bild 4-7: Gips als Abbinderegler R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 16 4.4 Zumahlstoffe 4.4.1 Puzzolane Puzzolane sind Stoffe, die reaktionsfähige Kieselsäure (SiO 2) enthalten und CaO-arm (< 10 M.-%) sind. Die Puzzolanität (= Fähigkeit zur puzzolanischen Reaktion) hängt vom mineralogischen Zustand eines Materials ab. Gut kristallisiertes SiO2 (Quarz) ist weitestgehend inert, während amorphes SiO 2 reaktionsfähig ist. Die Reaktionsfähigkeit wächst aus physikalischen Gründen mit sinkender Korngröße (= steigender spezifischer Oberfläche). Bild 4-8: Reaktive Stoffe – Übersicht Die puzzolanische Reaktion liefert als Reaktionsprodukte festigkeitsbildende CSH-Phasen (wie die hydraulische Reaktion). Puzzolane können allerdings nur dann mit Wasser reagieren, wenn das hierfür erforderliche CaO bzw. Ca(OH)2 von außen zugeführt wird. Als CaO-Spender kommen sowohl Kalke als auch Zemente in Betracht. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 17 Bild 4-9: Puzzolane Demzufolge besitzen Puzzolane kein eigenes Erhärtungsvermögen, liefern aber in Kombination mit CaO-Spendern durchaus einen festigkeitssteigernden Beitrag, da zusätzliche CSH-Phasen gebildet werden. Mischungen von Puzzolanen mit Kalk nennt man Puzzolankalke, solche mit Zement Puzzolanzemente. Bild 4-10: Puzzolankalk und Puzzolanzement Puzzolane können auf natürlichem oder künstlichem Wege entstehen. Ein gängiger Weg zum Erhalt eines Stoffes mit einem hohen Gehalt reaktionsfähiger Kieselsäure ist das plötzliche Abkühlen von SiO2-reichen Schmelzen von hohen Temperaturen (hoher Glasgehalt). In der Natur findet man deshalb Puzzolane vorwiegend unter den vulkanischen Gesteinen (Tuffe, Laven). Bei Verwendung von Tuffen treten weniger Ausblühungen auf, da CaO bzw. Ca(OH)2 gebunden wird. Puzzolane können außerdem durch sedimentäre Ablagerung von Kieselalgen gebildet werden (Kieselgur, R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 18 Molererde). Künstliche Puzzolane entstehen als Nebenprodukte z. B. in Steinkohlekraftwerken (Steinkohlenflugasche aus den Filtern zur Abluftreinigung). Bild 4-11: Steinkohlekraftwerk Ein weiteres künstliches Puzzolan ist der Silikastaub, der als industrielles Nebenprodukt bei der Herstellung von Silizium und Ferrosilizium anfällt und einen sehr hohen Anteil an amorphem Siliziumdioxid enthält. Durch das extreme Erhitzen eines Gemisches aus Quarz, Kohle, Holzspäne und Eisen entsteht gasförmiges Siliziumoxid, das beim Abkühlen zu Siliziumdioxid in Form von sehr feinen Kügelchen kondensiert. Die mittlere Korngröße der Silikapartikel beträgt etwa 0,1 bis 0,2 m (spez. Oberfläche beträgt ca. 20 m²/g) und ist damit ungefähr 100mal feiner als Zement oder Steinkohlenflugasche. Durch die hohe Feinheit ist Silikastaub erheblich reaktiver als Flugasche. Die rheologische Wirkung dieses Zusatzstoffes liegt wie auch bei der Steinkohlenflugasche in der Verbesserung der Kornabstufung des Partikelgemisches aus Zement und Gesteinskörnung (Füller- wirkung), so dass ein hohlraumärmeres Konglomerat entsteht. Für eine gleichbleibende Konsistenz des Frischbetons ist bei Gebrauch von Silikastaub allerdings die Zugabe von Betonverflüssiger und Fließmittel unbedingt erforderlich (Steigerung des Wasseranspruchs um rd. 1 l je zugegebenes kg Silikastaub). Mit Hilfe von Silikastaub können die Gesamtporosität und damit die Transportvorgänge im Zementstein insbesondere im Bereich der Kontaktzone von Gesteinskörnung und Matrix verringert und die Festigkeit erhöht werden. Silikastaub wird pulverförmig meist jedoch in Form einer Suspension („Slurry") verwendet. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 19 4.4.2 Latent-hydraulische Stoffe Latent-hydraulische Stoffe besitzen im Gegensatz zu den Puzzolanen die Fähigkeit selbständig mit Wasser zu reagieren. Dies geschieht jedoch in einem weitaus geringeren Maßstab, als bei einem hydraulischen Bindemittel, und deshalb werden keine technisch nutzbaren Festigkeiten erreicht. Die Hydraulizität eines latent-hydraulischen Stoffes wird bestimmt durch seine physikalisch- mineralogischen Eigenschaften. Die wichtigsten Kennwerte sind, wie bei den Puzzolanen auch, Glasgehalt und Mahlfeinheit. Wesentlichen Einfluss auf die Hydraulizität hat der CaO-Gehalt. Latent- hydraulische Stoffe besitzen einen mittleren CaO-Gehalt, wenn man sie mit Puzzolanen und Zementen vergleicht. Darauf basiert die eigene Reaktionsfähigkeit nach dem Anmachen mit Wasser. Zusätzliches, von außen zugeführtes CaO beschleunigt diese Reaktion. Der "Anreger" CaO bzw. Ca(OH)2 kann wiederum durch Mischung des latent-hydraulischen Materials mit Portlandzement ( Hüttenzement) oder Kalk ( hydraulische Kalke) zugeführt werden. Bild 4-12: Hüttensandherstellung R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 20 Bild 4-13: Latent-hydraulische Stoffe Das meistverwendete latent-hydraulische Material ist Hüttensand. Er wird durch Granulieren (Mahlfeinheit!) von Hochofenschlacken, wie sie bei der Stahlherstellung als Nebenprodukte anfallen, hergestellt. Si Silicastäube Fe Si FeCrSi Steinkohlen- CaSi flugasche Bild 4-14: Dreistoffsystem R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 21 4.5 Hydratation Infolge der chemischen Reaktion zwischen Zementkorn und Wasser erstarrt und erhärtet der Zement. Dieser als Hydratation bezeichnete Vorgang beginnt sofort nach dem Anmachen mit Wasser. Dabei entsteht Zementgel, welches aus feinsten, submikroskopischen, kolloidalen Reaktionsprodukten besteht. Der anfangs plastische Zementleim geht mit fortschreitender Zeit in den erhärteten Zementstein über. Zunächst wird Calciumhydroxid Ca(OH) 2 in Form hexagonaler Kristalle gebildet, die praktisch keine Verfestigung verursachen. Nach ein bis mehreren Stunden kristallisieren infolge der schnellen Hydratation von Tricalciumsilikat (C3S) und der langsameren Reaktion des Dicalciumsilikats (C2S) Calciumsilikathydrate (CSH) in Form von Nadeln oder Leisten. Die sehr feinen Kristalle verwachsen miteinander und bilden ein Netzwerk. Hierauf beruht die Festigkeitsentwicklung des Zementes. Das bei der Reaktion der Calciumsilikate entstehende Calciumhydroxid Ca(OH) 2 ist für die Festigkeit belanglos, sorgt aber für eine hohe Alkalität des Porenwassers im Zementstein. Dieses alkalische Milieu schützt den Betonstahl vor Korrosion (pH-Wert etwa bei 12,6). Nimmt das Ca(OH)2 im Zementstein aus der Luft CO2 auf, so bildet sich Calciumkarbonat CaCO3. Das führt zu einem Absinken der Alkalität im Zementstein, wodurch die Korrosionsschutzwirkung verloren gehen kann. Ausreichend dichter Zementstein verhindert den Zutritt von CO2 aus der Luft und erhält so den Korrosionsschutz. Bild 4-15: Erhärtung und Festigkeit R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 22 Bild 4-16: Hydratationsprodukte Der Zement bindet, bezogen auf das Zementgewicht, etwa 25 M.-% Wasser chemisch (d. h. es wird in das Kristallgitter der Minerale fest eingebaut). Außer diesem chemisch gebundenen Wasser bindet der Zement noch etwa 10 bis 15 M.-% Wasser durch Adsorption. Dieses physikalisch gebundene Wasser reagiert nicht mit unhydratisierten Zementteilchen, sondern bleibt physikalisch an die Oberfläche der feinen Kristalle gebunden (spezifische Oberfläche etwa 1000mal so groß wie die des Zementes!). Dieses Wasser in den sogenannten Gelporen wird "Gelwasser" genannt. Unter dem Begriff Zementgel werden die feinen Kristalle und das Gelwasser zusammengefasst. Sie bilden eine Einheit, weil ein Austreiben des Gelwassers (kann nur durch Temperatureinwirkung erfolgen) eine irreversible Zerstörung des Zementsteingefüges bedeutet. Die Summe aus chemisch gebundenem Wasser und Gelwasser, die dem Zement zur vollständigen Hydratation zur Verfügung stehen muss, beträgt also etwa 35 bis 40 M.-% (entspricht einem Wasserzement-Wert von 0,35 bis 0,40). Die Hydratation ist, wie alle chemischen Reaktionen, von der Temperatur abhängig. So verläuft die Hydratation i. Allg. in der Wärme schneller und in der Kälte langsamer. Tiefe Temperaturen können die Reaktion völlig unterbrechen. Wasserentzug (Austrocknung) unterbricht die Hydratation ebenfalls. Die Hydratation des Zementes verläuft exotherm, d. h. beim Erstarren und Erhärten wird entsprechend dem Reaktionsfortschritt Wärme, die sogenannte "Hydratationswärme", frei. Bezogen auf die Gefügeentwicklung während des Verfestigungsprozesses unterscheidet man drei Hydratationsstufen. Nach dem Mischen mit Wasser tritt mit der Bildung von CSH-Phasen eine erste merkliche Verfestigung auf, die Erstarrungsbeginn genannt wird. Mit dem Erstarrungsbeginn endet die erste Hydratationsstufe. Während der weiteren Reaktion bilden sich die Calciumsilikathydrate zunächst langfaserig (2. Hydratationsstufe) und dann kurzfaserig (3. Hydratationsstufe) aus. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 23 Am Erstarrungsende sind bereits 15 % der Klinkerminerale hydratisiert. Das Erstarren geht in das Erhärten über, wenn die faserförmigen Kristalle (langfaserige CSH-Phasen) die wassergefüllten Zwischenräume der Zementkörner überbrücken und sich somit ein stabiles Grundgefüge ausbildet. Später wachsen die kurzfaserigen CSH-Phasen in die noch vorhandenen Poren hinein und verdichten so das Grundgefüge. Bild 4-17: Bildung der Hydratphasen R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 24 4.6 Erhärtungsphasen Die fortschreitende Verfestigung des Zementes nach dem Anmachen mit Wasser geht über ein anfängliches Ansteifen und das Erstarren bis zum Erhärten. Aus betontechnologischen Gründen ist es sehr wichtig, den Verlauf der Verfestigung definiert erfassen zu können. Ein Zement muss ausreichend lange verarbeitbar sein, muss sich aber auch ausreichend schnell verfestigen (Entschalen, Belastbarkeit). Mit Erstarren wird der Übergang des Zementleimes vom plastischen in den festen Zustand bezeichnet. Die Erstarrungsszeiten (Beginn und Ende) werden nach EN 196-3:2016 mit dem Eindringversuch (Vicat-Nadel) bestimmt. Bild 4-18: Zement – Erhärtungsphasen Bild 4-19: Bestimmung der Erstarrungszeiten nach DIN EN 196-3:2016 R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 25 4.7 Einflüsse auf die Festigkeitsentwicklung Bild 4-20: Einflüsse auf die Festigkeitsentwicklung 4.7.1 Chemische und mineralogische Zusammensetzung Durch die chemische Zusammensetzung des Zementes (die bis auf Zumahlstoffe der des Rohmehles entspricht) ist näherungsweise auch die mineralogische Zusammensetzung definiert (wenn der Brennprozess optimal eingestellt ist und alle Phasen bis zum Gleichgewichtszustand reagieren). Die mineralogische Zusammensetzung wiederum bestimmt die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Zementes. Dazu gehören zum Beispiel die Geschwindigkeit der Reaktion mit Wasser und die Wärme, die dabei freigesetzt wird. Die verschiedenen Klinkerminerale reagieren unterschiedlich schnell mit Wasser und bilden darüber hinaus unterschiedliche Hydratationsprodukte. Daraus folgen gravierende Unterschiede in der zeitlichen Entwicklung der Druckfestigkeit. Hinzu kommt, dass durch die Hydratation verschiedener Minerale unterschiedliche Reaktionsprodukte und damit auch unterschiedliche Gefüge entstehen. Die Folgen sind gut zu erkennen, wenn die Festigkeitsentwicklung durch Hydratation der reinen Klinkerminerale verglichen wird. Ausschließlich die Calciumsilikate liefern hohe Druckfestigkeiten. Der entscheidende Unterschied zwischen C3S und C2S liegt in der Geschwindigkeit der Hydratation und Gefügeentwicklung (Bild 4-21). R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 26 Bild 4-21: Druckfestigkeitsentwicklung der Klinkermineralien Bild 4-22: Zusammensetzung und Anteil der Klinkermineralien verschiedener Portlandzemente 4.7.2 Einfluss der Mahlfeinheit Je feiner ein Zement gemahlen ist, umso größer ist seine Oberfläche und umso schneller ist seine Reaktion mit dem Anmachwasser, was sich wiederum in der Festigkeitsentwicklung ausdrückt. Die Mahlfeinheit kann sich nachteilig auswirken. Ist sie zu klein, so ist keine völlige Hydratation möglich. Das an den Außenflächen des Zementkorns gebildete Gel verhindert nämlich den Zutritt des Wassers zu dem noch nicht hydratisierten Kern des Zementkorns. Deshalb kann bei gröberen R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 27 Zementkörnern durch den Mangel an Wasser im Korninneren die Hydratation zum Erliegen kommen. Dagegen können sehr feine Zementkörner nahezu vollständig durchhydratisieren. Wenn allerdings die Mahlfeinheit zu groß ist, so hat der Zement einen größeren Bedarf an Anmachwasser, was die Festigkeit vermindert. Außerdem ist unter diesen Umständen mit schnellerem und stärkerem Schwinden zu rechnen. Folgende Anforderungen müssen erfüllt werden: Die spezifische Oberfläche nach Blaine muss mindestens 2200 cm²/g betragen (in Sonderfällen 2000 cm²/g). Erklärung: spezifische Oberfläche ist die auf die Masse bezogene Oberfläche einer verdichteten Zementprobe, ermittelt nach dem Luftdurchlässigkeitsverfahren nach Blaine. Der Rückstand auf dem Prüfsiebgewebe 0,2 (Maschenweite 0,2 mm) darf höchstens 3 M.-% betragen. Bild 4-23: Klinkerkorngruppen – Festigkeitsentwicklung 4.7.3 Einflüsse von Zumahlstoffen Latent-hydraulische und puzzolanische Stoffe werden häufig als Zumahlstoffe verwendet. Hierfür gibt es verschiedene Gründe wirtschaftlicher, technologischer und ökologischer Natur: Energie-Einsparung (Zementproduktion erfordert hohe Brenntemperatur) weniger Schadgasemission (da weniger Zement produziert werden muss) Rohstoff-Einsparung (viele Zumahlstoffe sind industrielle Nebenprodukte) Deponie-Einsparung (Verwertung industrieller Nebenprodukte) R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 28 mit Zumahlstoffen können bestimmte Zementeigenschaften für bestimmte Anwendungsfälle gezielt verbessert werden. Portlandhüttenzement (CEM II/A-S, CEM II/B-S) und Hochofenzement (CEM III) werden zusammen- fassend auch als Hüttenzemente bezeichnet. Sie sind ein Gemisch aus Portlandzementklinker und granulierter Hochofenschlacke, miteinander vermahlen unter Zusatz von wenigen Prozenten Gips oder Anhydrit zur Regelung der Erstarrungszeiten. Portlandhüttenzement enthält 6 bis 35 M.-% Hüttensand, Hochofenzement 36 bis 80 M.-%. Der Rest zu 100 M.-% ist Portlandzementklinker. Der Hüttensand wird durch das bei der Hydratation der Calciumsilikate freiwerdende Calciumhydroxid angeregt. Die Erhärtung der Hüttenzemente erfolgt mit wachsendem Hüttensandgehalt zunehmend träger als die von Portlandzement wegen der vergleichsweise langsameren Reaktion des Hütten- sandes. Daher enthalten Hüttenzemente nach 28 Tagen in der Regel weniger gebundenes Wasser als Portlandzement, haben allerdings meist einen höheren Anteil gebundenes Wasser im Endzustand. Ihre Endfestigkeit ist in der Regel höher als bei einem Portlandzement unter vergleichbaren Bedingungen. Um die langsamere Anfangserhärtung zu beschleunigen werden insbesondere Hoch- ofenzemente im Allgemeinen feiner gemahlen. Da mit zunehmendem Hüttensandgehalt eine langsamere Erhärtung einhergeht, ist besondere Sorgfalt bezüglich der Nachbehandlung geboten. Ein frühzeitiges Austrocknen bedeutet das Ende der Nacherhärtungsphase und sollte verhindert werden. Die so genannte Nachbehandlungsempfindlich- keit wächst mit dem Hüttensandgehalt. Die Hydratationsprodukte sind denen des Portlandzementes ähnlich, weisen allerdings eine feinere Porenstruktur auf. Bei der Hydratation entwickeln insbesondere hüttensandreiche Hüttenzemente eine geringere Hydratationswärme als Portlandzemente. Sie sind deshalb besonders geeignet bei massigen Bauteilen (dicke Fundamente, Talsperrenbau), bei denen die Gefahr besteht, dass durch zu hohe Temperaturdifferenzen zwischen dem Inneren und dem Äußeren des Bauteils Temperatur- spannungen entstehen, die zu Rissen führen können. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 29 fc, rel Bild 4-24: Festigkeitsentwicklung von Hüttenzementen fc,3d (N/mm²) Bild 4-25: Einfluss von Kalkstandard und Glasgehalt auf die Druckfestigkeit R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 30 Bild 4-26: Einfluss von Hüttensand auf die Erhärtungscharakteristik Auch Puzzolanzemente werden durch gemeinsames, werkmäßiges Vermahlen von Portlandzement und Puzzolan hergestellt. So enthalten Portlandpuzzolanzemente (CEM II/A-P, CEM II/B-P) für CEM II/A-P 6 bis 20 M.-% und für CEM II/B-P 21 bis 35 M.-% natürliches Puzzolan, beispielsweise Trass (Tuff z. B. aus der Eifel), neben dem entsprechenden Anteil an Portlandzementklinker unter Zusatz von Sulfatträger als Abbinderegler. Ein weiteres Beispiel ist Portlandflugaschezement (CEM II/A-V), der unter Zumahlen von 6 bis 20 M.-% kieselsäurereicher Flugasche (reaktionsfähige Kieselsäure ≥ 25 M.-%) erzeugt wird. Die reaktionsfähige Kieselsäure der Puzzolane bildet mit dem leicht löslichen Calciumhydroxid aus der Portlandzementhydratation beständige CSH-Phasen. Dies führt, wie bei den Hüttenzementen bereits erläutert, zu einer ausgeprägten Nacherhärtung. Die Erhärtung der Puzzolanzemente ist je nach Reaktionsfähigkeit des Puzzolans meist noch langsamer als bei Hochofenzement. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 31 Bild 4-27: Festigkeitsbeitrag von Flugasche Wie zuvor für Hüttensand beschrieben, hängt die Reaktivität von Puzzolanen direkt mit ihrer Korn- größe und ihrem Glasgehalt zusammen. Prinzipiell weist die Beeinflussung der Festigkeitsentwicklung durch das Zumahlen von Puzzolanen in die gleiche Richtung wie bei den Hüttenzementen (lang- samere Erhärtung, längere Nacherhärtungsphase und damit höhere Nachbehandlungsempfindlichkeit, niedrigere Hydratationswärmeentwicklung, Verfeinerung der Porenstruktur). Die Effekte sind allerdings noch intensiver, da Puzzolane reaktionsträger sind als latent-hydraulische Stoffe. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Puzzolane aufgrund ihres geringen CaO-Gehaltes keine eigene Hydraulizität besitzen. Bild 4-28: Hydraulizität von Bindemittelbestandteilen in Abhängigkeit vom Kalkstandard (hier CaO / SiO2) R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 32 Bild 4-29: Eigenschaften von Hütten- und Puzzolanzementen 4.8 Sonstige Bestandteile von Zementen NA-Zemente bei alkali- empfindlichen Gesteinskörnungen (Opalsandstein, poröser Flint) Bild 4-30: Sonstige Bestandteile von Zement R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 33 4.9 Übersicht der genormten Zemente Die in Europa genormten Zemente sind in der Europäischen Zementnorm DIN EN 197-1:2014 festgelegt. Die insgesamt 27 Produkte der Familie der Normalzemente lassen sich in 5 Hauptarten unterteilen (Tabelle 4-1). Diese unterscheiden sich in Art und Menge von Zumahlstoffen. Zusätzlich zu den Normalzementen beschreibt die DIN EN 197-1:2014 noch Normalzemente mit besonderen Eigenschaften. Diese werden in Abschnitt 4.10 näher beschrieben. Die Norm legt weiter die mechanischen, physikalischen und chemischen Anforderungen sowie Anforderungen an die Dauerhaftigkeit der Zemente fest. So werden beispielsweise als mechanische Anforderung die Normfestigkeit (Druckfestigkeit nach 28 Tagen) und die Anfangsfestigkeit nach 2 bzw. 7 Tagen festgelegt. Es werden drei Klassen von Normfestigkeit unterschieden: Klasse 32,5; Klasse 42,5 und Klasse 52,5 (Tabelle 4-2). Weiter werden für jede Normfestigkeitsklasse drei Klassen der Anfangsfestigkeit definiert. Hierbei steht N für eine übliche Anfangsfestigkeit, eine hohe Anfangsfestigkeit wird mit R gekennzeichnet und eine niedrige Anfangsfestigkeit mit dem Buchstaben L. Die Klasse L gilt nur für Hochofenzemente (CEM III-Zemente). Tabelle 4-1: Zementarten nach DIN EN 197-1:2014 Bezeichnung der Neben- Normalzementarten Hauptbestandteile bestan d-teile Hauptarten Hüttensand Gebrannter Silicastaub Flugasche Puzzolan Kalkstein Schiefer Klinker - K S D P Q V W T L LL CEM Portlandzemen CEM I 95- - - - - - - - - - 0-5 I t 100 Portlandhütten CEM II/A-S 80-94 6-20 - - - - - - - - 0-5 -zement CEM II/B-S 65-79 21-35 - - - - - - - - 0-5 Portlandsilica- CEM II/A-D 90-94 - 6-10 - - - - - - - 0-5 staubzementt Portland- CEM II/A-P 80-94 - - 6-20 - - - - - - 0-5 puzzolan- CEM II/B-P 65-79 - - 21-35 - - - - - - 0-5 zement CEM II/A-Q 80-94 - - - 6-20 - - - - - 0-5 CEM II/B-Q 65-79 - - - 21-35 - - - - - 0-5 Portland- CEM II/A-V 80-94 - - - - 6-20 - - - - 0-5 flugasche- CEM II/B-V 65-79 - - - - 21-35 - - - - 0-5 zement CEM II/A-W 80-94 - - - - - 6-20 - - - 0-5 CEM II CEM II/B-W 65-79 - - - - - 21-35 - - - 0-5 Portlandschie- CEM II/A-T 80-94 - - - - - - 6-20 - - 0-5 ferzement CEM II/B-T 65-79 - - - - - - 21-35 - - 0-5 Portland- CEM II/A-L 80-94 - - - - - - - 6-20 - 0-5 kalkstein- CEM II/B-L 65-79 - - - - - - - 21-35 - 0-5 zement CEM II/A- 80-94 - - - - - - - - 6-20 0-5 LL CEM II/B- 65-79 - - - - - - - - 21-35 0-5 LL Portlandkom- CEM II/A-M 80-88 CEM II/B-M 65-79 Hochofen- CEM III/A 35-64 36-65 - - - - - - - - 0-5 CEM zement CEM III/B 20-34 66-80 - - - - - - - -- 0-5 III CEM III/C 5-19 81-95 - - - - - - - - 0-5 Puzzolan- CEM IV/A 65-89 - IV CEM IV/B 45-64 - Komposit- CEM V/A 40-64 18-30 - V CEM V/B 20-38 31-49 - Massenanteile in Prozentbezogen auf die Summe der Haupt- und Nebenbestandteile R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 34 Tabelle 4-2: Zementfestigkeitsklassen nach DIN EN 197-1:2014 Nach DIN EN 197-1:2014 gibt es Zemente mit zusätzlichen besonderen Eigenschaften: Zemente mit hohem Sulfatwiderstand (Kurzzeichen SR; früher HS). Sie verhindern bei sulfathaltigen Wässern und Böden die nachträgliche Bildung von Ettringit im erhärteten Zementstein, die zu Treiberscheinungen führt. Tabelle 4-3 zeigt die nach europäischer Norm geltenden Normalzemente mit hohem Sulfatwiderstand. Bei den Portlandzementen wird der Tricalciumaluminat (C3A) -Gehalt des Klinkers begrenzt. Die Hochofenzemente (CEM III/B und CEM III/C) mit einem Hüttensandanteil ≥ 66 M.-% bilden den hohen Sulfatwiderstand durch den großen Anteil an Hüttensand, da dieser kein C3A enthält. Hochofenzemente sind daher C3A-ärmer als herkömmliche CEM I-Zemente. Zemente mit niedriger Hydratationswärme (Kurzzeichen LH; früher NW) sind Zemente, die in den ersten 7 Tagen der Hydratation höchstens 270 J/g Zement entwickeln. In der Regel sind LH-Zemente hüttensandreiche Hochofenzemente (CEM III/B) oder Portlandzemente mit niedrigem C3A-Gehalt. Bei der Herstellung von Massenbeton werden darüber hinaus auch Zemente mit sehr niedriger Hydratationswärmeentwicklung (Kurzzeichen VLH, DIN EN 14216:2015) von höchstens 220 J/g Zement eingesetzt, die nicht zuletzt aufgrund einer nur groben Mahlung sehr langsam erhärten. R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 35 Tabelle 4-3: Zemente mit hohem Sulfatwiderstand nach DIN EN 197-1:2014 Weitere Zemente mit zusätzlichen Eigenschaften werden in der nationalen DIN 1164 beschrieben: Zemente mit niedrigem wirksamen Alkaligehalt (Kurzzeichen NA) werden verwendet, um eine treibende, betonzerstörende Reaktion der Alkalien im Zement mit bestimmten empfindlichen Anteilen der Gesteinskörnungen zu vermeiden. Als solche gelten folgende Zemente: Alkalien sind im Zementklinker in Form der Oxide (oder Hydroxide) der Alkalimetalle, Na2O und K2O, enthalten. Der für die Alkalireaktion wirksame Alkaligehalt wird als Na2O-Äquivalent bezeichnet und aus beiden Oxiden errechnet. Zemente mit niedrigem wirksamen Alkaligehalt werden bei Verarbeitung von Gesteinskörnungen mit z. B. Opalsandstein oder porösem Flint verwendet, wie sie im Ostseeküstenraum und angrenzenden norddeutschen Gebieten vorkommen. Die reaktionsfähige Kieselsäure solcher Gesteinskörnungen reagiert in feuchter Umgebung mit den Zementalkalien (Alkali-Silika- Reaktion, Treiben mit Absprengungen und Rissbildungen). R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 36 Tabelle 4-4: Zusätzliche Anforderungen an Zement mit besonderen Eigenschaften, definiert als Charakteristische Werte Zemente mit schnellem Erstarren (Kurzzeichen SE) sind Zemente zum Einsatz im Spritzbeton, bei denen aufgrund eines reduzierten Sulfatgehaltes oder durch ein Zementzusatzmittel i. d. R. auf Beschleuniger verzichtet werden kann. Zemente mit frühem Erstarren (Kurzzeichen FE). Bei diesen Zementen, die in Betonstein- und Fertigteilwerken eingesetzt werden können, erfolgt der Erstarrungsbeginn frühestens nach 15 Minuten. Ähnliche wie SE-Zemente werden bereits nach wenigen Stunden relativ hohe Festigkeiten erreicht. Zemente mit erhöhtem Anteil organischer Bestandteile (Kurzzeichen HO-Zemente) sind Zemente, die bis zu 1 M.-% organische Bestandteile meist in Form von stark verflüssigenden Zusätzen enthalten R U B BAUSTOFFTECHNIK Bindemittel Seite 37 4.11 Marktübersicht Tabelle 4-5: Marktübersicht Zement (VDZ, 2011) Gesamt: Inlandprodukte 34,6 Mio t/a CEM I 8,3 Mio t/a CEM II/A-T; CEM II/B-T CEM II/A-L; CEM II/B-L 5,6 Mio t/a CEM II/A-LL; CEM II/B-LL CEM II/A-S; CEM II/B-S 3,8 Mio t/a CEM III 5,7 Mio t/a Export, gesamt 7,8 Mio t/a Import, gesamt 1,2 Mio t/a Davon als Sackzement 7% Silozement 93% - Transportbeton 56% - Fertigungsbetriebe 23% - Baustellensilo 14% Flugasche (BVK, 2008) Steinkohlenflugasche 4,0 Mio t/a davon im Betonbau 3,0 Mio t/a Literatur Chemie und Eigenschaften mineralischer Baustoffe und Bindemittel – Skriptum zur Grundvorlesung in Baustoffkunde. Technische Universität München, München, Oktober 2018 Wesche, K.: Baustoffe für Tragende Bauteile 2 – Beton Mauerwerk. Bauverlag GmbH, Wiesbaden und Berlin, 1993 Locher, F.: Zement / Grundlagen der Herstellung und Verwendung. Bau + Technik GmbH, Düsseldorf, 2000 Springenschmid, R.: Betontechnologie für die Praxis. Bauwerk Verlag GmbH, Berlin 2007 Normen DIN EN 196 DIN EN 197 DIN EN 459 DIN 1164