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SCHULRECHT ____________________________ Einführung Grundlagen des Schulrechts Einführung: Grundlagen des Schulrechts Inhalt 1 Gewaltenteilung in Deutschland................................................................................................. 2 2 Die Deutsche Rechtsordnun...

SCHULRECHT ____________________________ Einführung Grundlagen des Schulrechts Einführung: Grundlagen des Schulrechts Inhalt 1 Gewaltenteilung in Deutschland................................................................................................. 2 2 Die Deutsche Rechtsordnung.................................................................................................... 2 3 Schulrecht ist Verwaltungsrecht................................................................................................. 3 4 Hierarchie der Rechtsnormen.................................................................................................... 5 5 Rechtsstellung der Schule.......................................................................................................... 6 6 Schule und Grundgesetz............................................................................................................ 7 7 Schule und Landesverfassung................................................................................................. 11 8 Das Sächsische Schulgesetz................................................................................................... 12 10 Grundsätze des Verwaltungshandelns.................................................................................... 15 11 Die Kultusministerkonferenz.................................................................................................... 18 12 Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule................................................................... 18 13 Gliederung der Schulaufsicht................................................................................................... 20 Seite 1 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts 1 Gewaltenteilung in Deutschland Gewaltenteilung ist die Verteilung der Staatsgewalt auf mehrere Staatsorgane zum Zweck der Machtbegrenzung, zur Sicherung von Gleichheit und Freiheit und zur gegenseitigen Kontrolle. Es werden dabei die drei folgenden Gewalten unterschieden: Staatliche Gewalt Legislative Exekutive Judikative (Gesetzgebende (Ausführende (Rechtsprechende Gewalt) Gewalt) Gewalt) z. B. das Schulgesetz z. B. ein Schüler wird im z. B. Eltern klagen gegen wird vom Landtag Gymnasium aufgenommen einen Schulausschluss vor beschlossen dem Verwaltungsgericht Die Arbeit der Lehrkräfte zählt folglich zur ausführenden Gewalt. 2 Die Deutsche Rechtsordnung Die Rechtsordnung ist die Gesamtheit aller Normen in einem Rechtsstaat. Man unterscheidet zwei Rechtsbereiche: Das Öffentliche Recht zeichnet sich im Allgemeinen durch ein Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürgerin oder Bürger aus (z. B. Schulpflicht), während das privatrechtliche Handeln im Verhältnis zwischen Staat und Bürgerin oder Bürger von einer Gleichrangigkeit geprägt ist (z. B. Kauf von Ausstattungs- und Gebrauchsgegenständen)1. Die Abgrenzung von öffentlichem Recht und Privatrecht kann im Einzelfall schwierig2 sein, ist aber notwendig, um z. B. zu entscheiden, ob die Verwaltungsgerichte, § 40 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), oder die ordentlichen Gerichte, § 13 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), zuständig sind. Alle Rechtsnormen können einem dieser beiden Bereiche zugeordnet werden. 1 so die sog. Subordinationstheorie 2 Der Staat kann auch öffentlich-rechtliche Verträge mit Bürgerinnen und Bürgern schließen. Diese sind – trotz Gleichrangigkeit – dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Seite 2 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts Rechtsordnung Öffentliches Recht Privatrecht Verfassungsrecht (insbesondere Vertrags-, Familien- und Sorgerecht Grundgesetz [GG]) (Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) Verwaltungsrecht Kaufmännisches Recht (z. B. Sächsisches Schulgesetz (z. B. Handelsgesetzbuch [HGB]) [SächsSchulG]) Arbeitsrecht Strafrecht (z. B. Kündigungsschutzgesetz (z. B. Strafgesetzbuch [StGB]) [KSchG] ) Steuerrecht (z. B. Einkommensteuergesetz [EStG]) Sozialrecht (z. B. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung [SGB VII]) Gerichtliches Verfahrensrecht (z. B. Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]) Im Privatrecht gilt in der Regel der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Das Öffentliche Recht ist dagegen zwingend. Insbesondere bei staatlichen Eingriffen müssen alle Eingriffsmöglichkeiten gesetzlich oder aufgrund eines Gesetzes geregelt sein. 3 Schulrecht ist Verwaltungsrecht Das Verwaltungsrecht wird in allgemeines Verwaltungsrecht und besonderes Verwaltungsrecht eingeteilt. Zu letzterem gehört das Schulrecht. Allgemeines Verwaltungsrechtsrecht ist die Gesamtheit an Rechtsnormen, die für alle Verwaltungsrechtszweige, also auch für die Gebiete des besonderen Verwaltungsrechts gelten, soweit keine Spezialvorschriften vorgehen. So regelt z. B. das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) (i. V. m. § 1 SächsVwVfZG), wie ein Verwaltungsverfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen abzulaufen hat. Seite 3 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts Beispiele: Grundlagen des Verwaltungsaktes (§ 35 VwVfG) Anhörung Beteiligter (§ 28 VwVfG) Besorgnis der Befangenheit (§ 21 VwVfG) Das Schulrecht ist Teil des besonderen Verwaltungsrechts, mithin öffentliches Recht. Deshalb ist bei schulischen Angelegenheiten der Verwaltungsrechtsweg (vgl. § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO) eröffnet. Die Schule darf als Behörde im Sinne des § 1 Absatz 4 VwVfG Verwaltungsakte (§ 35 VwVfG) erlassen. Als Schulrecht bezeichnet man die Gesamtheit der Rechtsnormen, die sich auf die Schule und das Schulwesen beziehen3. Dazu gehören alle gesetzlichen und untergesetzlichen Rechtsnormen, die sich insbesondere auf die Organisation und die Tätigkeit der öffentlichen Schulen sowie der Schulen in freier Trägerschaft beziehen. Beispiele: Sächsisches Schulgesetz Schul- und Prüfungsordnung Schulbesuchsordnung Elternmitwirkungsverordnung Schulkonferenzverordnung Schulgesundheitspflegeverordnung Im Kontext Schule können aber auch andere Rechtsgebiete des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts eine Rolle spielen: z. B. Eine Schülerin stiehlt einen DVD-Player aus der Schule. (→ Strafrecht) Eine Lehrerin klagt gegen ihre Versetzung. (→ Dienst- bzw. Arbeitsrecht) Ein Lehrer kopiert ein komplettes Arbeitsheft für die Schülerinnen und Schüler. (→ Urheberrecht) Eine Lehrerin publiziert Prüfungsergebnisse ihrer Schülerinnen und Schüler. (→ Datenschutzrecht) 3 Avenarius, Hermann; Hanschmann, Felix (2019): Ein Handbuch für Praxis, Rechtsprechung und Wissenschaft, Köln: Carl Link, Seite 7 Seite 4 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts 4 Hierarchie der Rechtsnormen Eine Rechtsnorm ist „eine rechtliche Sollensanforderung, die grundsätzlich an jeden gerichtet ist. Sie besteht im Prinzip aus Tatbestand und Rechtsfolge (z. B. »Wer... verletzt, ist... verpflichtet«). Die einzelne, in Satzform gebrachte Rechtsnorm, bezeichnet man als Rechtssatz.“4 Als Rechtsnormen im vorbeschriebenen Sinne gelten im deutschen Recht: Verfassungsnormen, insbesondere die Artikel des Grundgesetzes sowie der Landesverfassungen (z. B. SächsVerf) einfachgesetzliche Normen ( z. B. das BBiG als Bundesgesetz oder das SächsSchulG als Landesgesetz) Rechtsverordnungen5 (z. B. Schulbesuchsordnung [SBO] oder die Schulordnung für Grundschulen [SOGS]) Neben den Rechtsnormen gibt es noch: Verwaltungsvorschriften6 (VwV) (z. B. des SMK) Erlasse/Verfügungen (z. B. der Schulaufsichtsbehörden) Dienstanweisungen (z. B. des Schulleiters/der Schulleiterin) Konferenzbeschlüsse (z. B. der Gesamtlehrerkonferenz) Die Normenpyramide Angewendet auf das Schulrecht kann mit der abgebildeten Pyramide die Hierarchie der einzelnen Rechtsnormen veranschaulicht werden: Hierarchie meint, dass eine niedere Norm durch die höhere „verdrängt“ wird. Dies bedeutet, dass in Fällen, in denen zwei Normen aus unterschiedlichen Stufen denselben Sachverhalt regeln, die Regelung der höheren Norm angewendet werden muss. Die unteren Ebenen dürfen präzisieren, indem sie die Umsetzung regeln; sie dürfen aber der übergeordneten Rechtsnorm nicht widersprechen oder diese gar aushöhlen. 4 Duden Recht A-Z, Fachlexikon für Studium, Ausbildung und Beruf, 2015 5 Eine Verordnung ist staatliches Recht, welches von der Exekutive kraft gesetzlicher Ermächtigung erlassen wird. Die Verordnung unterscheidet sich also nicht durch ihren Inhalt oder ihre Bindungswirkung, sondern durch den Normgeber von den formellen Gesetzen. Die Verordnung steht im Schnittpunkt zwischen Gesetzgebung und Exekutive. Sie ist Gesetzesvollziehung und Gesetzgebung zugleich. So ist z. B. nach § 62 SächsSchulG die oberste Schulaufsichtsbehörde (Kultusministerium) ermächtigt, Schulordnungen über Einzelheiten des Schulverhältnisses und Prüfungsordnungen zu erlassen. 6 Verwaltungsvorschriften sind Rechtssätze, aber keine Rechtsnormen, einer Behörde an nachgeordnete Behörden oder eines Vorgesetzten an die ihm unterstellten Verwaltungsbediensteten (sog. Verwaltungsinnenrecht). Beispiele: VwV-Schulfahrten, VwV über die Erteilung bzw. Vergütung von Mehrarbeitsunterricht. Verwaltungsvorschriften verfolgen auch das Ziel, eine einheitliche Verwaltungspraxis verschiedener Behörden (Schulen, Standorte des LaSuB) zu erreichen. Seite 5 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts Pyramide der schulrechtlichen Normenhierarchie (ohne EU-Recht)7 Sofern die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt, werden Bundesgesetze verabschiedet, d. h. deren Wirksamkeit bezieht sich nicht nur auf den Geltungsbereich eines Bundeslandes (wie z. B. beim Sächsischen Schulgesetz), sondern auf die gesamte Bundesrepublik (z. B. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung). 5 Rechtsstellung der Schule Schule ist eine organisierte, auf eine Mindestdauer angelegte Einrichtung, in der unabhängig vom Wechsel der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler durch planmäßiges Lernen in mehreren Fächern bestimmte Bildungs- und Erziehungsziele verfolgt werden8. 7Das EU-Recht steht in der Pyramide an oberster Stelle. 8 Avenarius, Hermann; Hanschmann, Felix (2019): Ein Handbuch für Praxis, Rechtsprechung und Wissenschaft, Köln: Carl Link, Seite 5 Seite 6 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts „Anstalt“ im verwaltungsorganisatorischen Sinne ist ein Bestand von sächlichen und personellen Mitteln in der Hand eines Trägers der öffentlicher Verwaltung, die dauerhaft einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen.9 „Nichtrechtsfähig“ heißt, dass die Schule selbst keine juristische Person des öffentlichen Rechts und damit auch nicht Träger von Rechten und Pflichten ist bzw. im eigenen Namen Verträge abschließen darf. Die Schule wird im Rechtsverkehr durch den Freistaat Sachsen oder den Schulträger vertreten. Gemäß § 42 Absatz 1 Satz 1 SächsSchulG, der den Schulleiter als Vertreter der Schule nach außen benennt, handelt dieser als Vertreter des Freistaates Sachsen bzw. in Einzelfällen als Vertreter des Schulträgers, vgl. § 42 Absatz 3 SächsSchulG. Schulträger kann die Gemeinde, der Landkreis bzw. der Freistaat Sachsen sein; § 22 SächSchulG. Gemäß § 32 Absatz 2 SächsSchulG ist die Schule berechtigt, Maßnahmen zur Erfüllung ihres gesetzlichen Erziehungs- und Bildungsauftrages und zur Aufrechterhaltung eines ordentlichen Schulbetriebes zu treffen. Die Schule kann hierzu insbesondere eine Hausordnung erlassen. 6 Schule und Grundgesetz Schulrecht ist Sache der Länder. Dies ergibt sich aus Artikel 30, 70 Absatz 1 GG. Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule wird aus Artikel 7 Absatz 1 GG hergeleitet. Der staatliche Erziehungsauftrag ist dem elterlichen Erziehungsauftrag gemäß Artikel 6 Absatz 2 GG gleichgeordnet. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu entschieden, dass die Schulen stets das elterliche Erziehungsrecht zu beachten haben (BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 1977 – 1 BvL 1/75 –, BVerfGE 47, 46-85). Die im Grundgesetz verankerten Verfassungsprinzipien (Rechtsstaatsprinzip, Demokratieprinzip, Sozialstaatsprinzip und die in den Artikel 1 bis 19 gewährleisteten Grundrechte) bestimmen über den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule und sind daher bei den verwaltungsmäßigen Entscheidungen der Schule maßgeblich. 9 Bertram, Hartmut; Horn, Jan Philipp; Link, Birgit; Schulte, Claus; Wolfrum, Natalie (2018): Sächsisches Schulgesetz, Kommentar, § 32, Nr. 1 Seite 7 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts Jene Artikel, die einen Bezug zu Schule aufweisen, sind im Folgenden – jeweils mit Beispielen illustriert – aufgeführt: GG-Art. Inhalt Schulischer Bezug / Beispiele Die Rückgabe einer Klassenarbeit kommentiert eine Lehrkraft mit den Worten „Wie erwartet eine 6. Das war ja klar, dass du 1 Abs. 1 Menschenwürde dafür zu dumm bist.“ Inwieweit liegt hier eine Grundrechtsverletzung vor? Im Unterricht quatschen zwei Schüler ununterbrochen miteinander. Da sie auf mehrere Ermahnungen der Lehrkraft nicht reagieren, wirft diese ihren Schlüsselbund zu den 2 Abs. 2 Unversehrtheit der störenden Schülern. Person Warum ist dieses Verhalten rechtlich unangemessen? Eine Lehrkraft gibt 2 Schülern aus ihrer Klasse die Möglichkeit zur Notenverbesserung durch einen Kurzvortrag. Kann nur den beiden Schülern die Möglichkeit eingeräumt 3 Abs. 1 Gleichheit vor dem werden? Gesetz 3 Abs. 3 Diskriminierungs- Die Klasse im Dachgeschoss bekommt an einem heißen verbot Schultag hitzefrei. Die Parallelklasse, die in den kühlen Kellerräumen unterrichtet wird, nicht. Ist hier der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt worden? Aufgrund der Erkrankung einer Ethik-Lehrkraft wird die Klasse aufgeteilt. Fünf Schüler nehmen am Glaubens- und Religionsunterricht teil. 4 Abs. 1 Bekenntnisfreiheit Ist diese Schülerlenkung erlaubt? Die Redakteure der Schülerzeitung äußern sich kritisch zur Absage des geplanten Schulfestes. Der Schulleiter möchte 5 Abs. 1 Meinungsfreiheit daraufhin den Druck des Beitrags verbieten. Hat der Schulleiter diese Möglichkeit? Seite 8 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts Nach einer kleinen Prügelei auf dem Schulhof wird diese mit der gesamten Klasse besprochen. Am Nachmittag beschwert Erziehungsrecht der 6 Abs. 2 sich eine Mutter, dass sie darüber nicht informiert wurde. Eltern Hat die Mutter das Recht auf diese Information? Trotz Ermahnung des Schulleiters unterrichtet eine Lehrkraft Das Schulwesen steht im Fach Mathematik nicht nach dem aktuellen Lehrplan. 7 Abs. 1 unter der Aufsicht des Staates Warum ist die Verwendung des veralteten Lehrplans nicht rechtskonform? Eine junge Lehrkraft möchte gern den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst absolvieren. Die Schulleiterin rät ihr davon ab, da es sich finanziell nicht auswirkt. 12 Freie Wahl von Beruf Abs. 1 und Ausbildungsstätte Darf die Schulleiterin beispielsweise wegen eines hohen Lehrerbedarfs an der Schule den Zugang zum Berufsabschluss ablehnen? Während des Unterrichts klingelt das Handy eines Schülers. In der Hausordnung ist festgelegt, dass die Lehrkräfte das Handy 14 wegnehmen und bis zum Ende der Woche in der Schule Eigentum Abs. 1 verwahren. Ist die Festlegung in der Hausordnung rechtmäßig? Eine Schülerin wird aufgrund der Note „mangelhaft“ im Fach Deutsch nicht versetzt. 19 Effektiver Abs. 4 Rechtsschutz Gibt es Rechtsmittel, die die Nichtversetzung abwenden können? Seite 9 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts Die Schule darf die Grundrechte von Schülerinnen und Schülern nur aufgrund und nach Maßgabe eines Gesetzes (z. B. SächsSchulG)10 unter Beachtung des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips einschränken. Dazu ist immer eine Abwägung der betroffenen Grundrechte von Schülerinnen und Schülern und dem Erziehungs- und Bildungsauftrag des Staates nach Artikel 7 GG vorzunehmen. Beispiele: Schülerinnen und Schülern darf es verboten werden, während des Unterrichts ein Basecap zu tragen, wenn sie es in der Pause wieder aufsetzen dürfen (freie Entfaltung der Persönlichkeit [Artikel 2 GG]) muslimischen Schülerinnen darf das Tragen einer Vollverschleierung aus Gründen der allgemeinen Ordnung und Sicherheit an Schulen untersagt werden (Religionsausübung [Artikel 4 GG]) Schülerinnen und Schülern darf in der Schule die freie Meinungsäußerung z. B. über verfassungsfeindliche Themen oder wenn die Meinungsäußerung schlicht den Unterricht stört, untersagt werden (Meinungsfreiheit [Artikel 5 GG]) Exkurs: Das Recht auf Bildung als Grundrecht Rechte und Pflichten korrespondieren miteinander. Aus der Schulpflicht erwächst somit im Gegenzug ein Rechtsanspruch auf Bildung. Dieser ist vom Staat im Rahmen der vorhandenen Kapazität gegenüber den Bürgern auch zu erfüllen. Durch staatlich angeordnete Schulschließungen und einer damit verbundenen Aufhebung der Schulbesuchspflicht („Präsenzunterricht“) hatte das Bundesverfassungsgericht 11 Ende des Jahres 2021 über die Zulässigkeit dieser Maßnahme zu entscheiden. Die Kernaussagen lauten wie folgt: 1. Aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 GG folgt ein Recht der Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat, ihre Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit auch in der Gemeinschaft durch schulische Bildung zu unterstützen und zu fördern (Recht auf schulische Bildung). 2. Zu diesem gehören: Mindeststandard an Bildungsangeboten, allerdings kein originärer Anspruch auf eine bestimmte Gestaltung staatlicher Schulen. a. Gleicher Zugang zu staatlichen Bildungsangeboten im Rahmen des vorhandenen Schulsystems. 10 Insb. Verwaltungsvorschriften reichen nicht aus, wenn das Handeln der Schule die Grundrechte von Schülerinnen und Schülern/Eltern tangiert. 11 BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 971/21 –, BVerfGE 159, 355-448 Seite 10 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts b. Abwehrrecht gegen Maßnahmen, welche das aktuell eröffnete und auch wahrgenommene Bildungsangebot einer Schule einschränken, ohne das in Ausgestaltung des Artikel 7 Absatz 1 GG geschaffene Schulsystem als solches zu verändern. 3. Entfällt der schulische Präsenzunterricht aus überwiegenden Gründen der Infektionsbekämpfung für einen längeren Zeitraum, so ist der Staat nach Artikel 7 Absatz 1 GG verpflichtet, den für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen unverzichtbaren Mindeststandard schulischer Bildung so weit wie möglich zu wahren. Er hat dafür zu sorgen, dass bei einem Verbot von Präsenzunterricht nach Möglichkeit Distanzunterricht stattfindet. Lernende haben also sowohl das Recht auf eine diskriminierungsfreie Teilhabe an den öffentlichen Schulen als auch auf die Bereitstellung von Lernangeboten, wenn eine Präsenzbeschulung nicht möglich ist. 7 Schule und Landesverfassung Neben dem Grundgesetz stellt die Sächsische Verfassung für die Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat Sachsen eine unmittelbare Rechtsquelle dar. Wesentliche Artikel mit schulischem Bezug seien im Folgenden mit gekürztem inhaltlichen Überblick aufgeführt: Art. Inhalt (gekürzt) 7 Recht eines jeden Menschen auf Bildung 11 Öffentliche Schulen zum Zweck der kulturellen Teilnahme des gesamten Volkes 29 Abs. 1 Freie Wahl der Ausbildungsstätte 29 Abs. 2 Recht auf gleichen Zugang zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen 101 Abs. 1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule 101 Abs. 2 Natürliches Recht der Eltern, Erziehung und Bildung ihrer Kinder zu bestimmen 102 Abs. 1 Recht auf Schulbildung/Allgemeine Schulpflicht 102 Abs. 2 Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft sorgen für die Bildung 102 Abs. 3 Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft 102 Abs. 4 Unterricht und Lernmittel sind an öffentlichen Schulen frei (unentgeltlich) 103 Abs. 1 Das Schulwesen steht unter der Aufsicht des Freistaates 104 Abs. 1 Mitwirkung von Schülern und Eltern in der Schule 105 Ethik und Religion sind ordentliche Lehrfächer 106 Duale Berufsausbildung/Förderung des Berufsschulwesens Seite 11 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts 8 Das Sächsische Schulgesetz Das Schulgesetz des Freistaates Sachsen (SächsSchulG) ist ein Landesgesetz und wurde vom Sächsischen Landtag beschlossen. Es stellt damit eine der wichtigsten Rechtsgrundlagen für Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen und Aufsichtsbehörden im Freistaat Sachsen dar. Das SächsSchulG ist rechtliche Grundlage für nachrangige Rechtsvorschriften wie Verordnungen (z. B. Schulordnungen) oder Verwaltungsvorschriften (z. B. VwV Schulfahrten). Das SächsSchulG trat am 1. August 1991 in Kraft und wurde seither mehrmals novelliert12. Der Aufbau des Gesetzes sowie wichtige Paragrafen werden nachfolgend dargestellt. Die Auswahl richtet sich vor allem an den Inhalten der Schulrechtsausbildung aus. Teil ausgewählte Paragrafen 1 Allgemeine Vorschriften §1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule §§ 4-15 Schularten und Schulversuche in Sachsen § 4c Rahmenbedingungen für eine inklusive Beschulung §§ 16, 16a Betreuungs- und Ganztagesangebote § 17 Bildungsberatung §§ 18-20 Religions- und Ethikunterricht 2 Schulträgerschaft §§ 22-23 Schulträger / Aufgaben des Schulträgers 3 Schulpflicht §§ 27-29 Beginn, Dauer und Ruhen der Schulpflicht 4 Schulverhältnis § 32 Rechtsstellung der Schule § 35 Bildungsstandards, Lehrpläne, Stundentafeln, individuelle Förderung § 38 Lernmittelfreiheit und Schulgeld, Unterstützungsangebote, E-Learning § 39 Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen 5 Lehrkräfte und Schulleitung § 40 Lehrer §§ 41-42 Schulleiter/stellvertretender Schulleiter, Aufgaben des Schulleiters 12 Die aktuelle Fassung und Normenhistorie kann abgerufen werden unter: https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/4192- Saechsisches-Schulgesetz Seite 12 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts 6 Schulverfassung §§ 43-44 Schulkonferenz, Lehrerkonferenzen §§ 45-50 Mitwirkung der Eltern § 50a Kinder- und Jugendschutz, Informationsbefugnis der Schule §§ 51-57 Mitwirkung der Schüler 7 Schulaufsicht §§ 58-59 Inhalt der Schulaufsicht, Schulaufsichtsbehörden § 61 Ordnungswidrigkeiten 8 Landesbildungsrat 9 Schlussbestimmungen § 63c Einschränkung von Grundrechten 9 Verwaltungshandeln der Schule Das Schulverhältnis ist ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen Schülerinnen und Schülern (vertreten durch die Eltern/Personensorgeberechtigten) und dem Freistaat Sachsen. Das Rechtsverhältnis ist öffentlich-rechtlicher Art, in dem die Schule als Behörde im Sinne des § 1 Absatz 4 VwVfG Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Dazu kann sie insbesondere einen Verwaltungsakt (auch „hoheitliches Handeln“ genannt) gemäß § 35 VwVfG erlassen oder durch einen Realakt (auch "schlicht-hoheitliches Handeln" genannt) tätig werden. Der Verwaltungsakt (VA) gemäß § 35 VwVfG weist sechs Merkmale auf, die alle kumulativ vorliegen müssen, damit das Handeln der Schule als VA gilt. 1. Zunächst muss es sich um eine „Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme“ handeln. Dies ist jedes zweckgerichtete Verwaltungshandeln, welches im Rahmen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses erlassen wird; z. B. Schulaufnahme, Ordnungsmaßnahme, Nichtversetzung. 2. Die Handlung muss „eine Behörde“ gemäß § 1 Absatz 4 VwVfG vorgenommen haben. Schulen in öffentlicher Trägerschaft sind Behörden, da sie Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnehmen (Erziehungs- und Bildungsauftrag). Schulen in freier Trägerschaft sind nur dann Behörde, wenn sie zuvor vom Freistaat Sachsen anerkannt wurden und auch nur für die Bereiche, die unmittelbar mit der Ablegung der Abschlussprüfung und der nachfolgenden Zeugniserstellung zusammenhängen. 3. Die Maßnahme muss der „Regelung“ eines Einzelfalls dienen, d. h. sie muss auf die Herbeiführung einer unmittelbaren Rechtsfolge gerichtet sein. Diese Maßnahmen sind beispielsweise Verbote (= Unterlassen), Gebote (= Handeln), Rechtsgewährungen (= Genehmigung) und Versagungen (= Ablehnung). Die Regelung ist abzugrenzen von Realakten, also schlicht hoheitlichem Handeln (z. B. Warnungen, Auskünfte, Pressemitteilungen usw.). Seite 13 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts 4. Die Regelung muss „einen Einzelfall“ betreffen. Dies dient der Abgrenzung gegenüber Rechtsnormen. Verwaltungsakt Rechtsnorm konkret: Regelung eines einzelnen abstrakt: Regelung einer unbestimmten Sachverhaltes Vielzahl von Fällen individuell: Regelung richtet sich an generell: Regelung richtet sich an eine Einzelperson oder an eine unbestimmte Anzahl von Adressaten bestimmte Anzahl von Adressaten Beispiele: Ein Schüler wird für 3 Wochen vom § 39 Absatz 2 Nummer 4 SächsSchulG Unterricht und anderen schulischen regelt die generelle Möglichkeit, Schüler Veranstaltungen vom Schulleiter vom Unterricht auszuschließen. ausgeschlossen. 5. Die Maßnahme muss „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ getroffen werden. Die Rechtsgrundlage für das Verwaltungshandeln muss eine Vorschrift des öffentlichen Rechts sein. Schulrecht ist Verwaltungsrecht und damit öffentliches Recht. 6. Die getroffene Maßnahme muss der Adressatin oder dem Adressaten gegenüber eine Außenwirkung entfalten. Sie muss den behördeninternen Bereich verlassen. Hierbei ist im Rahmen eines Schulverhältnisses als sog. Sonderrechtsverhältnis13 zu unterscheiden, ob lediglich das Betriebsverhältnis oder das Grundverhältnis betroffen ist. Maßgeblich hierfür ist der Grad der Schwere eines Eingriffs in die Individualsphäre der Schülerin oder des Schülers. Die Veränderung der Sitzordnung in einer Klasse bzw. die Zusammenlegung von zwei Klassen zu einer stellen für die Schülerin oder den Schüler hinzunehmende Beeinträchtigungen dar, während die Nichtversetzung in die nächst höhere Klassenstufe bereits einem schwerwiegenderen Eingriff gleichkommt. Beispiele: Verwaltungsakt Realakt Aufnahme in die Schule oder deren Erteilen von Auskünften Ablehnung Klassenbildung Zuerkennung eines Prüfungszeugnisses Unterbringung der Klassen in bestimmten Zurückstellung vom Schulbesuch Räumen Bescheid über die Feststellung eines Pausenordnung sonderpädagogischen Förderbedarfs alle Ordnungsmaßnahmen gemäß § 39 SächsSchulG (z. B. Schulausschluss) 13Auch Sonderstatusverhältnis oder besonderes Gewaltverhältnis genannt: Gemeint ist, dass die Bindung an den Staat bei bestimmten Personengruppen (neben Schülern und Schülerinnen kraft Schulpflicht gehören hierzu insbesondere auch Beamtinnen und Beamte wegen des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses, Soldatinnen und Soldaten kraft Wehrdienstverhältnis) enger ist, als bei einem „Normalbürger“. Seite 14 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts Die Unterscheidung zwischen Verwaltungsakt und Realakt ist entscheidend für den Rechtsschutz der Schülerinnen und Schüler gegen diese Maßnahmen der Schule (Art. 19 Abs. 4 GG). Gegen einen Verwaltungsakt ist der Widerspruch gemäß §§ 68 ff. VwGO (Frist: 1 Monat – Voraussetzung: ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, ansonsten 1 Jahr; Form: schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 VwVfG oder zur Niederschrift bei der Schule als Ausgangsbehörde oder bei der Widerspruchsbehörde) möglich. Hilft die Schule dem Widerspruch nicht ab (d. h. die Schule bleibt bei ihrer Entscheidung), muss sie den Widerspruch an die Schulaufsichtsbehörde (Landesamt für Schule und Bildung) als Widerspruchsbehörde weiterleiten. Realakte können Schülerinnen und Schüler bzw. deren gesetzliche Vertreterin oder deren gesetzlicher Vertreter mittels formloser Rechtsbehelfe wie z. B. der Gegenvorstellung zu einem Sachverhalt (Antrag bei Schulleitung) oder durch Beschwerden überprüfen lassen. Bei formlosen Rechtsbehelfen gibt es keine Frist, keine Form und auch keinen Begründungszwang. Die Schülerinnen und Schüler können nur eine Kontrolle der Maßnahme anregen, nicht jedoch erzwingen. 10 Grundsätze des Verwaltungshandelns Die Schule muss sich bei ihrem Tun, Handeln oder Unterlassen an die Grundsätze staatlichen Handelns halten. Dazu gehören insbesondere: 1. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Artikel 20 Absatz 3 GG) Ausgehend vom Rechtsstaatsprinzip, das unter anderem in Artikel 20 Absatz 3 GG zum Ausdruck gelangt ist, ist die Verwaltung und damit auch die Schule 14 an Recht und Gesetz gebunden. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung wird unterteilt in den „Vorbehalt des Gesetzes“ und „Vorrang des Gesetzes“. Der Grundsatz des „Vorranges des Gesetzes“ bedeutet, dass die Verwaltung nicht gegen Gesetze (auch Rechtsverordnungen und Satzungen) verstoßen darf (kurz: Kein Handeln gegen Gesetz). Der Grundsatz des „Vorbehalts des Gesetzes“ bedeutet, dass staatliches Handeln einer gesetzlichen Grundlage bedarf (kurz: Kein Handeln ohne Gesetz). Dieser Grundsatz gilt ohne Einschränkung, wenn die Verwaltung in die Grundrechte oder einfachgesetzlich verankerte Rechte eingreift. So bedürfen alle schulischen Maßnahmen, die in die grundrechtlich geschützte Individualsphäre des Schülers eingreifen, einer gesetzlichen Grundlage. 14 vgl. Abschnitt 3 Seite 15 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts 2. Pflichtgemäßes Ermessens (§ 40 VwVfG) Die Gesetze werden in der Regel durch die Verwaltung unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben ausgeführt. Bei sogenannten „gebundenen Entscheidungen“ hat die Verwaltung keinen Handlungs- bzw. sog. Ermessensspielraum. Gesetzesformulierungen, die auf „gebundene Entscheidungen“ hinweisen, sind z. B.: „hat“, „muss“, „ist“ und „sind“. Kann die Verwaltung dagegen zwischen verschiedenen Verhaltensweisen wählen, hat sie also einen Handlungsspielraum, spricht man von Ermessensverwaltung. Wird der Verwaltung Ermessen eingeräumt, muss sie ihr Ermessen auch ausüben15. Ermessensvorschriften können einen Handlungsspielraum eröffnen, „ob“16 (Sollten überhaupt Maßnahmen ergriffen werden?) oder auch „wie“17 (Welche Maßnahmen sollten eingeleitet werden?) gehandelt wird. Gesetzesformulierungen wie „kann“ oder „darf“ kennzeichnen Ermessensentscheidungen. Weitere Handlungsspielräume eröffnen Gesetzesformulierungen wie „soll“ oder „in der Regel“. Bei der Formulierung „soll“ ist die Rechtsfolge vorgeschrieben, d. h. nur im besonderen Einzelfall darf von der Regel abgewichen werden. Die Ausnahme darf aber nicht zur Regel werden. Ein Beispiel dafür wäre § 50a SächsSchulG, wonach das Jugendamt bei Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung unterrichtet werden soll. Das Unterlassen dieser Information muss nachvollziehbar begründbar sein. 3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Jede belastende staatliche Maßnahme muss verhältnismäßig sein. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für formelle Gesetze, sondern auch für das Verwaltungshandeln. Er folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und verbietet, dass staatliches Handeln den nachteilig Betroffenen unverhältnismäßig belastet. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgt in 4 Stufen18. In der ersten Stufe wird der legitime Zweck der Maßnahme geprüft, d. h. der Zweck, den die Verwaltung mit einer Maßnahme verfolgt, darf nicht im Widerspruch zu gesetzlichen Vorgaben stehen. Die gewählte Maßnahme der Verwaltung muss zur Zweckerreichung geeignet (2. Stufe = Geeignetheit) und erforderlich (3. Stufe = Erforderlichkeit) sein sowie die Maßnahme und der zu erreichende Zweck müssen zueinander in einem angemessenen Verhältnis stehen (4. Stufe = Angemessenheit). Bei Ermessensentscheidungen19, z. B. Ordnungsmaßnahmen nach § 39 SächsSchulG20, muss die Schule die Maßnahme auswählen, die geeignet, erforderlich und angemessen ist, um den von der Schule verfolgten und legitimen Zweck (z. B. Vermeidung künftiger Störung des Schulbetriebes) zu erreichen. Bei der Prüfung der Geeignetheit geht es um die Frage, ob die 15 Das Ermessen kann durch die Verwaltungsgerichte nur auf Ermessensfehler überprüft werden, vgl. § 114 VwGO. Ein Ermessensfehler ist der Ermessensnichtgebrauch, d. h. dass die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen nicht erkennt. 16 sog. Entschließungsermessen 17 sog. Auswahlermessen 18 Einige Darstellungen gehen von einer 3-Stufen-Prüfung aus. In diesem Fall erfolgt die Prüfung des legitimen Zwecks in einer Vorprüfung, welcher die Prüfung der Geeignetheit (1. Stufe), der Erforderlichkeit (2. Stufe) und der Angemessenheit (3. Stufe) folgt. 19 Auch gebundene Entscheidungen müssen verhältnismäßig sein. Da die Verwaltung bei gebundenen Entscheidungen keinen Handlungsspielraum hat, wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bereits auf Gesetzesebene geprüft. 20 vgl. Skript Schwerpunkt „Ordnungs- und Erziehungsmaßnahmen“ Seite 16 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts ausgewählte Maßnahme (z. B. Schulausschluss gemäß § 39 Absatz 1 Nummer 5 SächsSchulG) dem angestrebten Zweck dienlich ist. Eine Maßnahme ist nur dann ungeeignet, wenn sie den Zweck in keiner Weise fördert. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit von belastenden Entscheidungen muss die Verwaltung die mildeste (die betroffene Schülerin bzw. den Schüler weniger belastende, aber gleich wirksame) Maßnahme wählen und ihre Entscheidung muss nachvollziehbar und begründbar sein. Die sich gegenüberstehenden Belange (Artikel 7 Absatz 2 GG Erziehungs- und Bildungsauftrag des Staates, Artikel 2 Absatz 1 GG der Schülerin oder des Schülers) müssen bei der Prüfung der Angemessenheit sorgfältig abgewogen werden. So kann der Ausschluss eines Schülers aus der Schule daran scheitern, dass er zum Erreichen der nächstgelegenen Schule, der von ihm besuchten Schulart einen unzumutbaren langen Schulweg zurückzulegen hat. 4. Grundsatz der Gleichbehandlung Wesentlich Gleiches ist gleich und wesentlich Ungleiches ist ungleich zu behandeln (Artikel 3 GG). Gibt es also nachvollziehbare sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung, liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vor. Bsp.: Zwei Schüler beantragen eine Beurlaubung zur Teilnahme an einem Fußballwettbewerb. Da ein Schüler bereits versetzungsgefährdet ist, wird diesem die Beurlaubung versagt, während der andere Schüler eine Genehmigung erhält. Es liegt kein Verstoß gegen Artikel 3 GG vor, da in der Versetzungsgefährdung ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der beiden Anträge auf Beurlaubung liegt. 5. Grundsatz des Vertrauensschutzes Eine Regelung der Verwaltung, die im Widerspruch zu einer ihrer früheren Entscheidungen steht, ist nur rechtmäßig, wenn das Vertrauen der oder des Begünstigten in den Bestand der früheren Entscheidung dabei hinreichend berücksichtigt wurde. Dies ist nicht der Fall, wenn das Vertrauen der oder des Begünstigten in den Bestand der bisherigen Rechtsposition unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Abänderung schutzwürdig erscheint. Stellt eine Schule Grundsätze zur Aufnahme von Schülerinnen und Schülern auf und legt außenwirksam das Kriterium der Schulnähe für einen Radius von 400 Metern fest, so kann sie im laufenden Aufnahmeverfahren dieses Kriterium nicht zulasten der Bewerberinnen und Bewerber, die im Entfernungsradius wohnen und ihre Kinder an der Schule angemeldet haben, ändern. 6. Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Die Verwaltung ist dazu angehalten, die ihr zur Aufgabenerfüllung zugewiesenen Mittel sparsam (gemäß Minimal- bzw. Maximalprinzip) einzusetzen. Seite 17 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts 11 Die Kultusministerkonferenz Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder innerhalb der Bundesrepublik Deutschland (Kultusministerkonferenz, KMK) wurde im Jahr 1948 gegründet. Dienstsitz ist Berlin. Eine Hauptaufgabe der KMK besteht darin, durch Konsens und Kooperation der Bundesländer für die Lernenden, Studierenden, Lehrenden und wissenschaftlich Tätigen das erreichbare Höchstmaß an Mobilität zu sichern, zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland beizutragen und die gemeinsamen Interessen der Länder im Bereich Kultur zu vertreten und zu fördern. Die Beschlüsse der KMK sind keine eigenständigen Rechtsakte, sondern müssen von den einzelnen Ländern durch Rechtsnormen umgesetzt werden. Daraus leiten sich folgende Teilaufgaben ab: Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit von Zeugnissen und Abschlüssen als Voraussetzung für die gegenseitige Anerkennung zu vereinbaren Sicherung von Qualitätsstandards in Schule, Berufsbildung und Hochschule Förderung der Kooperation von Einrichtungen der Bildung, Wissenschaft und Kultur Die Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz zu einzelnen Fächern definieren die fachlichen Anforderungen an Schnittstellen der Schullaufbahn; Empfehlungen zu verschiedenen Unterrichtsinhalten geben inhaltliche Orientierungen, die in entsprechende Vorgaben der Länder umgesetzt werden. Die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz zur Lehrerbildung sichern die Qualität der Ausbildung und die Mobilität der Lehrkräfte. 12 Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule Grundlage für den Erziehungs- und Bildungsauftrag sind das Grundgesetz (Artikel 7 Absatz 1 GG) sowie die Sächsische Verfassung (Artikel 101 SächsVerf). Die gesetzliche Festlegung des Erziehungs- und Bildungsauftrages erfolgt in § 1 SächsSchulG, der durch die Werteordnung des Grundgesetzes geprägt ist und auf die in Artikel 101 SächsVerf ausgeformten Bildungsziele Bezug nimmt21. Im Einzelnen: Absatz Inhalt Beispiel für die schulische Umsetzung 1 GG und sächsische Verbot des Tragens Landesverfassung als verfassungsfeindlicher Symbole auf der Grundlage von Unterricht Kleidung wird in der Hausordnung und Erziehung verankert Partnerschaftliche Abschluss von Bildungsvereinbarungen Zusammenarbeit von Eltern zwischen Eltern und Schule und Schule 21vgl. hierzu Bertram, Hartmut; Horn, Jan Philipp; Link, Birgit; Schulte, Claus; Wolfrum, Natalie (2018): Sächsisches Schulgesetz, Kommentar, § 1, Nr. 1 Seite 18 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts 2 Recht auf den Fähigkeiten Angebot von Förderunterricht, entsprechende Bildung Einrichtung von Sportklassen 3 Auftrag zur Wertebildung Schulen erstellen Filmbeiträge als Zeichen der Solidarität im Rahmen des Ukrainekonflikts 4 Einrichtung von Angeboten Der Schulsozialarbeiter an einer der Schulsozialarbeit weiterführenden Schule unterstützt die Lehrkräfte in Klasse 5 durch Angebote zur Teamentwicklung. 5 Besondere Lernziele: Eigenverantwortlichkeit Vermittlung von Lernstrategien Leistungs- und Kooperative Lernmethoden und Lernbereitschaft Präsentation der Lernergebnisse Eigene Meinung entwickeln Demokratiebildung als und die anderer achten Querschnittsaufgabe Vorurteilsfreiheit Selbstverpflichtung „Schule ohne Gesundheitsbewusstsein Rassismus“ Kommunikative Kompetenz Zertifikat „Bewegte Schule“ und Konfliktfähigkeit Wettbewerbe: „Jugend debattiert“/ Medienkompetenz „Jugend präsentiert“ Ursachen totalitärer Medienbildung als Querschnittsaufgabe Regime und deren Verankerung im Lehrplan Geschichte, Gefahren Ethik, GK/R, GRW 6 Auseinandersetzung mit Sächsischer Schulpreis 2022 wird an aktuellen Problemfragen eine Leipziger Grundschule für das und Zukunftsorientierung Projekt „Frei Day“ verliehen 7 Inklusion als Ziel der Lehrkräfte aus dem Bereich Schulentwicklung Sonderpädagogik arbeiten an allgemeinbildenden Schulen 8 Integrationsauftrag Einrichtung von DaZ-Klassen an allen Schulformen 9 Differenzierungsauftrag Lernende mit Teilleistungsschwächen erhalten einen Nachteilsausgleich 10 Kooperation mit Lernende einer weiterführenden Schule außerschulischen Partnern bieten in einem Seniorentreffpunkt Computerkurse an Seite 19 von 20 Einführung: Grundlagen des Schulrechts Verantwortung für den Erziehungs- und Bildungsauftrag „Der Lehrer trägt die unmittelbare pädagogische Verantwortung für die Erziehung und Bildung der Schüler im Rahmen der [...] in diesem Gesetz niedergelegten Erziehungs- und Bildungsziele“ (§ 40 Absatz 2 SächSchulG). Pädagogische Verantwortung darf dabei nicht als „pädagogische Freiheit“ missverstanden werden, sondern vielmehr als pflichtgemäßes Ermessen, genau zu prüfen und abzuwägen, mit welchen Maßnahmen und Methoden dieser Verantwortung am besten und geeignetsten entsprochen werden kann. 13 Gliederung der Schulaufsicht Die staatliche Schulaufsicht umfasst alle staatlichen Aufgaben zur inhaltlichen, organisatorischen und planerischen Gestaltung des Schulwesens, der Beratung und Förderung sowie Beaufsichtigung der Schulen. Den Schwerpunkt der Schulaufsicht bildet die Beratung und Unterstützung der Schulen bei der eigenverantwortlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben (vgl. § 58 SächsSchulG). Die oberste Schulaufsichtsbehörde ist das Sächsische Staatsministerium für Kultus und übt die Aufsicht über die Schulaufsichtsbehörde aus. Schulaufsichtsbehörde im Sinne des Sächsischen Schulgesetzes ist das Landesamt für Schule und Bildung (vgl. § 59 SächsSchulG). Die staatliche Schulaufsicht über die landwirtschaftlichen Fachschulen obliegt dem Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft. Sie wird im Einvernehmen mit der obersten Schulaufsichtsbehörde ausgeübt. Sächsisches Staatsministerium für Kultus Landesamt für Schule und Bildung Chemnitz Standort Standort Standort Standort Standort Standort Bautzen Dresden Leipzig Chemnitz Zwickau Radebeul Seite 20 von 20 SCHULRECHT ____________________________ Schwerpunkt A Schullaufbahn A Schullaufbahn Inhalt 1 Die Schulpflicht....................................................................................................................4 2 Die Schulbesuchspflicht......................................................................................................6 2.1 Teilnahme am Unterricht (§ 1 SBO)................................................................................6 2.2 Verhinderung vom Schulbesuch (§ 2 SBO)....................................................................7 2.3 Befreiung vom Schulbesuch (§ 3 SBO)...........................................................................7 2.4 Beurlaubung vom Schulbesuch (§§ 4, 5 SBO)................................................................8 3 Aufbau des sächsischen Schulsystems................................................................................9 3.1 Durchlässigkeit des Schulsystems............................................................................... 10 3.2 Übergänge von den Allgemeinbildenden in die Berufsbildenden Schulen.................... 12 4 Schulen in freier Trägerschaft........................................................................................... 13 5 Inklusion schulrechtlich betrachtet.................................................................................. 14 5.1 Begriffsbestimmung Inklusion....................................................................................... 14 5.2 Formen des sonderpädagogischen Förderbedarfs nach § 4c SächsSchulG................ 15 5.3 Die Schulordnung Förderschulen im Kontext Inklusion................................................. 17 6 Integration von Schülerinnen und Schülern, deren Herkunftssprache nicht oder nicht ausschließlich Deutsch ist................................................................................................ 19 6.1 Begriffsbestimmung Integration.................................................................................... 19 6.2 Umfang des DaZ-Unterrichts........................................................................................ 20 6.3 Gliederung des Integrationsprozesses......................................................................... 21 7 Grundschule....................................................................................................................... 22 7.1 Rechtliche Grundlagen................................................................................................. 22 7.2 Die Schuleingangsphase.............................................................................................. 22 7.3 Die Bildungsberatung in der Grundschule.................................................................... 25 7.4 Die Bildungsempfehlung.............................................................................................. 27 8 Oberschule......................................................................................................................... 29 8.1 Rechtliche Grundlagen................................................................................................. 29 8.2 Aufbau der Oberschule und der Oberschule+.............................................................. 29 Seite 1 von 55 A Schullaufbahn 8.3 Abschlüsse................................................................................................................... 32 9 Gymnasium........................................................................................................................ 33 9.1 Rechtliche Grundlagen................................................................................................. 33 9.2 Ziele............................................................................................................................. 33 9.3 Aufnahmebedingungen................................................................................................ 34 9.4 Die Sekundarstufe I...................................................................................................... 35 9.4.1 Angebotsvielfalt..................................................................................................... 35 9.4.2 Wechsel zwischen Oberschule/Gemeinschaftsschule und Gymnasium................. 35 9.5 Die Sekundarstufe II..................................................................................................... 36 9.6 Abschlüsse................................................................................................................... 37 9.6.1 Gleichwertigkeit mit Haupt- und mittlerem Schulabschluss.................................... 37 9.6.2 Abitur – allgemeine Hochschulreife........................................................................ 37 10 Gemeinschaftsschulen...................................................................................................... 38 10.1 Rechtliche Grundlagen................................................................................................. 38 10.2 Ziele der Gemeinschaftsschulen.................................................................................. 38 10.3 Aufbau der Gemeinschaftsschulen............................................................................... 39 10.4 Abschlüsse und Abgangszeugnisse............................................................................. 40 11 Förderschule...................................................................................................................... 41 11.1 Rechtliche Grundlagen................................................................................................. 41 11.2 Förderschulen.............................................................................................................. 41 11.3 Förderschultypen......................................................................................................... 41 11.4 Sonderpädagogischer Förderbedarf............................................................................. 42 11.5 Verfahren zur Beratung und Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf...... 43 11.6 Abschlüsse für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf....... 46 12 Berufsbildende Schulen.................................................................................................... 48 12.1 Rechtliche Grundlagen................................................................................................. 48 12.2 Berufsschule................................................................................................................ 48 12.2.1 Zielstellung............................................................................................................... 48 12.2.2 Ausbildungsgänge.................................................................................................... 48 12.3 Berufsfachschule.......................................................................................................... 50 Seite 2 von 55 A Schullaufbahn 12.4 Fachschule................................................................................................................... 50 12.5 Fachoberschule............................................................................................................ 51 12.6 Berufliches Gymnasium............................................................................................... 51 12.7 Bildungsgänge mit Doppelqualifizierung....................................................................... 52 13 Schulen des zweiten Bildungsweges............................................................................... 53 13.1 Einführung.................................................................................................................... 53 13.2 Rechtliche Grundlagen................................................................................................. 53 13.3 Abendoberschule......................................................................................................... 53 13.4 Abendgymnasium........................................................................................................ 54 13.5 Kolleg........................................................................................................................... 54 Seite 3 von 55 A Schullaufbahn 1 Die Schulpflicht In Deutschland besteht eine allgemeine Schulpflicht, d. h. grundsätzlich müssen alle Kinder ab dem vollendeten sechsten Lebensjahr mit Beginn des neuen Schuljahres eine Schule besuchen – unabhängig von ihrer sozialen und nationalen Herkunft und unabhängig von ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung. Die Schulpflicht garantiert das Recht eines jeden Kindes auf Schulbesuch. In der Pflicht sind zum einen der Staat und zum anderen die Eltern/Personensorgeberechtigten des Kindes. Dabei ist der staatliche Erziehungsauftrag (Artikel 7 Absatz 1 GG; Artikel 103 Absatz 1 SächsVerf) hinsichtlich der Gestaltung des Schulunterrichts nach ständiger Rechtsprechung dem elterlichen Erziehungsauftrag (Artikel 6 Absatz 2 GG und Artikel 22 Absatz 3 SächsVerf) gleichgestellt. Eltern/Personensorgeberechtigte und Schule haben eine gemeinsame Erziehungsaufgabe zur Persönlichkeitsbildung des Kindes. Der Staat muss die erforderlichen Einrichtungen bereitstellen und allen Kindern den Besuch einer Schule ermöglichen. Die Eltern/Personensorgeberechtigten müssen ihr Kind rechtzeitig zum Schulbesuch anmelden, für einen regelmäßigen und pünktlichen Schulbesuch sorgen, ihr Kind anhalten, seine schulischen Aufgaben zu erledigen etc. (vgl. § 31 SächsSchulG). Die Schulbesuchsverweigerung ist in Deutschland eine Ordnungswidrigkeit. Näheres regelt in Sachsen die VwV Schulverweigerer. Sanktionen können die Einleitung eines Bußgeldverfahrens mit bis zu 1.250,00 € Bußgeld oder die zwangsweise Zuführung zur Schule durch die Ordnungsbehörden (Polizei, Jugendamt) sein. Schulpflicht besteht in Sachsen für alle Kinder und Jugendlichen, die im Freistaat Sachsen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 26 Absatz 1 SächsSchulG). Als Kinder gelten Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind. Als Jugendliche gelten Personen, die das 14., aber das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Auf Jugendliche, die in einem beruflichen Ausbildungsverhältnis stehen und gleichzeitig der Berufsschulpflicht unterliegen, findet das Jugendarbeitsschutzgesetz Anwendung (§ 2 JArbSchG). Die Schulpflicht erstreckt sich auf den regelmäßigen Besuch des Unterrichts und der übrigen verbindlichen Veranstaltungen der Schule, z. B. Unterrichtsgänge, Schulfahrten, Wandertage etc. einschließlich der Teilnahme an Evaluationsverfahren (§ 26 Absatz 2 SächsSchulG). Grundsätzlich wird die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen Schule oder einer genehmigten Ersatzschule (vgl. Schulen in freier Trägerschaft) erfüllt. Ausnahmen können durch die Schulaufsichtsbehörde zugelassen werden (§ 26 Absatz 3 SächsSchulG). Seite 4 von 55 A Schullaufbahn Beginn und Dauer der Schulpflicht In Sachsen beginnt die Schulpflicht mit der Vollendung des sechsten Lebensjahres bis zum 30. Juni (bzw. 30. September auf Antrag der Eltern/Personensorgeberechtigten und Anmeldung in der Schule) des laufenden Kalenderjahres zum nächsten Schuljahr (§ 27 Absatz 1 SächsSchulG). Kinder, die zum Stichtag 30.06. bereits sechs Jahre alt sind, müssen aufgrund der Schulpflicht eingeschult werden. Ihre Eltern/Personensorgeberechtigten können sie nur in Ausnahmefällen bei Entwicklungsverzögerungen ein Jahr vom Schulbesuch zurückstellen lassen (§ 27 Absatz 3 SächsSchulG). Die erforderlichen Entscheidungen trifft die Schulleiterin/der Schulleiter der aufnehmenden Schule (§ 27 Absatz 4 SächsSchulG). Vor der Einschulung ist eine Schulaufnahmeuntersuchung durch die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes durchzuführen. Dabei ist die Anwesenheit eines Elternteils/Personensorgeberechtigten erforderlich (§ 26a Absatz 4 SächsSchulG). Die Schulpflicht wird in die Vollzeitschulpflicht und in die Berufsschulpflicht unterteilt. Die Vollzeitschulpflicht dauert in Sachsen neun Jahre (§ 28 Absatz 2 SächsSchulG). Diese erfüllen die Schülerinnen und Schüler durch den Besuch der Grundschule oder der Klassenstufen 1 bis 4 der Förderschule und einer weiterführenden allgemeinbildenden Schule (§ 28 Absatz 1 SächsSchulG). Die Berufsschulpflicht schließt sich an die Vollzeitschulpflicht an und dauert in der Regel drei Schuljahre (§ 28 Absatz 2 SächsSchulG). Sie beginnt mit der Aufnahme und endet mit dem erfolgreichen Abschluss des Berufsausbildungsverhältnisses (§ 28 Absatz 3 SächsSchulG). Berufsschulpflichtig ist, wer vor Beginn der Ausbildung noch nicht 18 Jahre alt ist. Auszubildende, die vor Beginn der Ausbildung über 18 Jahre alt sind, sind lediglich berufsschulberechtigt, d. h. sie müssen die Berufsschule nur besuchen, wenn sie von ihrem Ausbildungsbetrieb in der Berufsschule angemeldet wurden. Unabhängig davon, ob eine Schülerin oder ein Schüler „berufsschulpflichtig“ oder „berufsschulberechtigt“ ist, besteht für sie oder ihn die Pflicht regelmäßig und pünktlich die Schule zu besuchen. Die Berufsschulpflicht kann auf ein Schuljahr verkürzt werden, sofern der oder die Jugendliche einen vollzeitschulischen Bildungsgang an der Berufsschule besucht und bestimmte Voraussetzungen, wie beispielsweise den regelmäßigen Unterrichtsbesuch, erfüllt (§ 28 Absatz 5 SächsSchulG). Seite 5 von 55 A Schullaufbahn Ruhen und Wiederaufleben der Schulpflicht Während des Besuchs einer allgemeinbildenden Schule bzw. einer berufsbildenden Schule in Vollzeitform ruht die Berufsschulpflicht. Das „Ruhen“ wird auf die Dauer der Schulpflicht (12 Jahre) angerechnet. Ruhenstatbestände sind z. B.: Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule, während des Wehr- oder Bundesfreiwilligendienstes sowie vor und nach der Geburt des Kindes einer Schülerin entsprechend dem Mutterschutzgesetz (§ 29 Absatz 3 SächsSchulG). Nach einem erfolgreichen Abschluss eines einjährigen Berufsvorbereitungsjahres bzw. Berufsgrundbildungsjahres gilt die Berufsschulpflicht als erfüllt. Sie lebt aber wieder auf, wenn der Jugendliche ein Berufsausbildungsverhältnis beginnt (§ 28 Absatz 5 SächsSchulG). 2 Die Schulbesuchspflicht Von der Schulpflicht ist die Schulbesuchspflicht zu unterscheiden. Die Schulbesuchspflicht wird in der Schulbesuchsordnung (SBO) geregelt. Letztere gilt zwar vom Wortlaut nur für die Schülerinnen und Schüler an öffentlichen Schulen, jedoch werden die Ersatzschulen über den Genehmigungsbescheid dazu verpflichtet, die Schulbesuchsordnung für ihre Schülerschaft entsprechend zur Anwendung zu bringen. 2.1 Teilnahme am Unterricht (§ 1 SBO) Gemäß § 1 Absatz 1 SBO sind Schülerinnen und Schüler zur pünktlichen und regelmäßigen Teilnahme am Unterricht und an von der Schulleiterin oder von dem Schulleiter für verbindlich erklärten Schulveranstaltungen verpflichtet. Haben sich Schülerinnen oder Schüler zur Teilnahme an freiwilligen Unterrichtsveranstaltungen erklärt, sind sie zur Teilnahme für mindestens ein Schulhalbjahr verpflichtet (vgl. § 1 Absatz 2 SBO). Das unentschuldigte Fernbleiben von einzelnen Unterrichtsstunden oder -tagen stellt regelmäßig auch eine Schulpflichtverletzung dar (vgl. § 26 SächsSchulG). Die VwV Schulverweigerer regelt ausführlich, wie mit Schulpflichtverletzungen – gerade bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern an allgemeinbildenden Schulen – umzugehen ist. Seite 6 von 55 A Schullaufbahn 2.2 Verhinderung vom Schulbesuch (§ 2 SBO) § 2 SBO gibt vor, wie volljährige Schülerinnen und Schüler bzw. die Eltern/Personensorgeberechtigten minderjähriger Schülerinnen und Schüler im Fall einer Verhinderung (z. B. wegen Krankheit) zu handeln haben. Die Schule ist unverzüglich, spätestens aber am zweiten Tag der Verhinderung, über Grund und voraussichtliche Dauer (fern-)mündlich oder schriftlich zu informieren. Im Falle fernmündlicher Verständigung der Schule ist die schriftliche Mitteilung binnen drei Tagen nachzureichen (vgl. § 2 Absatz 1 SBO). Forderungen nach einem Krankenschein ab dem ersten Krankheitstag – wie man sie oft in verschiedenen Hausordnungen findet – werden in der SBO eindeutig nicht bezeichnet. Berufsschülerinnen und Berufsschüler sind verpflichtet, bei einer Erkrankung von mehr als zwei Tagen eine Kopie der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Schule einzureichen (vgl. § 2 Absatz 2 Satz 2 SBO). In allen anderen Schularten kann die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer erst ab einer Krankheitsdauer von mehr als fünf Tagen bzw. bei Teilzeitunterricht von mehr als zwei Unterrichtstagen die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verlangen (vgl. § 2 Absatz 3 Satz 1 SBO). Amtsärztliche Zeugnisse dürfen nur von der Schulleiterin oder dem Schulleiter und nur bei auffällig häufigen oder langen Erkrankungen eingefordert werden. Die Anforderung muss begründet werden (vgl. § 2 Absatz 3 Sätze 2, 3 SBO). Tritt der Verhinderungsgrund während des Schulbesuches ein, kann der unterrichtende Lehrer den Schüler vorzeitig aus dem Unterricht entlassen (vgl. § 2 Absatz 4 SBO). Die Aufsichtspflicht wird davon nicht berührt. 2.3 Befreiung vom Schulbesuch (§ 3 SBO) Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann in besonderen Ausnahmefällen eine Schülerin oder einen Schüler vom Unterricht in einzelnen Fächern oder von einzelnen Schulveranstaltungen befreien. Voraussetzung hierfür ist ein Antrag der Eltern/Personensorgeberechtigten bzw. der volljährigen Schülerin oder des volljährigen Schülers (vgl. § 3 Absatz 1 SBO). Die Befreiung ist in der Regel zeitlich begrenzt auszusprechen und kann an Auflagen gebunden sein. Davon abweichend darf bis zu einer Dauer von vier Wochen die Sportlehrerin oder der Sportlehrer aus gesundheitlichen Gründen vom Sportunterricht befreien (vgl. § 3 Absatz 2 SBO). Seite 7 von 55 A Schullaufbahn 2.4 Beurlaubung vom Schulbesuch (§§ 4, 5 SBO) Für einen begrenzten Zeitraum kann eine Schülerin oder ein Schüler vollständig vom Schulbesuch beurlaubt werden (vgl. § 4 Absatz 1 SBO). § 4 Absatz 2 SBO benennt anerkannte Beurlaubungsgründe. Darüber hinaus kann die Beurlaubung aus einem der in § 4 Absatz 3 SBO – nicht abschließend – genannten Gründen ausgesprochen werden. Die Prüfung hat restriktiv zu erfolgen (vgl. Wortlaut § 4 Absatz 1 SBO: „…in besonderen Ausnahmefällen…“). Die Beurlaubung soll rechtzeitig schriftlich bei der Schule beantragt werden. Antragsberechtigt sind die Eltern/Personensorgeberechtigten bzw. die volljährigen Schülerinnen oder Schüler (vgl. § 4 Absatz 1 SBO). Über Beurlaubungen bis zu zwei Tagen entscheidet die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer; darüber hinaus die Schulleiterin oder der Schulleiter (vgl. § 4 Absatz 5 SBO). Die Beurlaubung kann davon abhängig gemacht werden, dass der versäumte Unterricht ganz oder teilweise nachgeholt wird (vgl. § 4 Absatz 4 SBO). Im Rahmen der dualen Ausbildung an der Berufsschule kommt darüber hinaus eine Beurlaubung aus betrieblichen Gründen in Betracht (vgl. § 5 SBO). Insoweit ist auch die oder der Ausbildende, der Arbeitgeber oder dessen Bevollmächtigte zur Antragstellung berechtigt. Die Beurlaubungsentscheidung stellt immer einen Verwaltungsakt dar. PRAXISTIPP Die Klassenlehrerin/der Klassenlehrer sollte seine Entscheidung auf Grundlage eines Votums der anderen Fachlehrerinnen und Fachlehrer bzw. in Absprache mit der Fachleiterin/dem Fachleiter oder Schulleiterin/Schulleiter treffen, um Probleme bei anstehenden Leistungsüberprüfungen oder mit der ungleichen Auslegung des Ermessensspielraums zu verhindern. Ggf. liegen Konferenzprotokolle/Dienstanweisungen vor. Seite 8 von 55 A Schullaufbahn 3 Aufbau des sächsischen Schulsystems https://www.schule.sachsen.de/download/21_08_23_schulsystem.pdf abgerufen am 15.06.2022 Seite 9 von 55 A Schullaufbahn Die Gliederung des Schulwesens im Freistaat Sachsen wird in § 4 SächsSchulG beschrieben. Es wird zwischen den allgemeinbildenden und den berufsbildenden Schularten unterschieden. Allgemeinbildende Schulen:  die Grundschule,  die Förderschule,  die Oberschule,  die Oberschule+  die Gemeinschaftsschule  das Gymnasium; Berufsbildende Schulen:  die Berufsschule,  die Berufsfachschule,  die Fachschule,  die Fachoberschule,  das Berufliche Gymnasium. Schulen des zweiten Bildungsweges sind die Abendoberschule, das Abendgymnasium und das Kolleg. Innerhalb des Schulwesens wird in Schulstufen unterschieden: 1. die Primarstufe, sie umfasst die Klassenstufen 1 bis 4; 2. die Sekundarstufe I, sie umfasst die Klassenstufen 5 bis 10 der allgemeinbildenden Schulen sowie die Abendoberschule; 3. die Sekundarstufe II; sie umfasst die Jahrgangsstufen 11 und 12 der allgemeinbildenden Schulen sowie die berufsbildenden Schulen, das Abendgymnasium und das Kolleg. Nach § 5 Absatz 2 SOFS gliedert sich die Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in Unterstufe, Mittelstufe, Oberstufe und Werkstufe. Der Besuch einer Stufe umfasst drei Jahre. Innerhalb der einzelnen Stufen werden Klassen gebildet. 3.1 Durchlässigkeit des Schulsystems Eine einmal getroffene Entscheidung für eine Schulform ist im sächsischen Schulsystem keine endgültige Wahl. Im sächsischen Schulgesetz und in den jeweiligen Schulordnungen sind vielfältige Möglichkeiten enthalten, einen Wechsel zwischen den Schulformen zu ermöglichen. Eine Auswahl an relevanten Rechtsgrundlagen für die verschiedenen Übergangsmöglichkeiten ist in der nachfolgenden Grafik dargestellt. Seite 10 von 55 A Schullaufbahn Seite 11 von 55 A Schullaufbahn Schullaufbahn an den Förderschulen 3.2 Übergänge von den Allgemeinbildenden in die Berufsbildenden Schulen Nach der Oberschule Absolventen der 10. Klasse (Realschulabschluss) können sich entweder für den Erwerb einer Fachhochschulreife zur Ausbildung an einer FOS (Fachoberschule) bewerben oder im Rahmen der Berufsschulpflichterfüllung mit einem Ausbildungsbetrieb einen Berufsausbildungsvertrag abschließen. Der Betrieb meldet ihn dann an einer Berufsschule im Rahmen der Dualen Berufsausbildung an. Alternativ können bestimmte Berufe (Gesundheit, Pflege, Sozialwesen) an Staatlichen Berufsfachschulen in Vollzeit und mit Praktikumsanteil erlernt werden. Auch hier ist eine direkte Bewerbung bei der Schule erforderlich. Mit einem „guten“ Realschulabschluss (Näheres regelt § 4 BGySO) ist auch die Anmeldung an einem Beruflichen Gymnasium möglich. Dort kann der Erwerb der allgemeinen Hochschulreife in drei Jahren realisiert werden. Seite 12 von 55 A Schullaufbahn Kommt keiner dieser Möglichkeiten in Betracht, sind die Eltern/Personensorgeberechtigten der noch nicht volljährigen Absolventin oder des noch nicht volljährigen Absolventen verpflichtet, sie/ihn für eine berufsvorbereitende vollzeitschulische Maßnahme (BVJ oder BGJ) mit einer Dauer von einem Jahr anzumelden. Die benannten Schularten und Bildungsgänge sind meist zusammen unter dem Dach eines Beruflichen Schulzentrums (BSZ) zu finden. Nach / während des Gymnasiums Brechen Schülerinnen oder Schüler das Gymnasium ab und sind dabei noch nicht volljährig, lebt auch für sie die Berufsschulpflicht wieder auf. Diese können sie entweder dadurch ableisten, indem sie (oft eine verkürzte) Berufsausbildung beginnen, indem sie sich einen Ausbildungsbetrieb suchen oder indem sie sich für eine vollzeitschulische Ausbildung an der Fachoberschule oder dem Beruflichen Gymnasium bewerben. Auch nach Absolvieren des Abiturs ist es möglich, noch eine Berufsausbildung anzuschließen. Der Ausbildungsbetrieb entscheidet, ob die zumeist schon volljährige Absolventin oder der zumeist schon volljährige Absolvent noch für den schulischen Teil der Berufsausbildung an einer Berufsschule angemeldet wird. Derjenige ist dann berufsschulberechtigt. 4 Schulen in freier Trägerschaft Neben den Schulen in öffentlicher Trägerschaft gibt es im Freistaat Sachsen auch Schulen in freier Trägerschaft (vgl. Artikel 7 Absatz 4 GG, Artikel 102 Absatz 2 SächsVerf). Gemäß § 3 SächsSchulG wirken Schulen in freier Trägerschaft neben öffentlichen Schulen bei der Erfüllung der allgemeinen öffentlichen Bildungsaufgaben eigenverantwortlich mit und sind somit gleichermaßen Adressaten des Bildungsauftrags der Verfassung des Freistaates Sachsen, ohne dass ein Vorrang der einen oder anderen besteht. Auf Schulen in freier Trägerschaft findet das Sächsische Schulgesetz nur Anwendung, soweit dies ausdrücklich bestimmt ist. Sowohl natürliche als auch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts können Schulen in freier Trägerschaft als Ersatz- oder Ergänzungsschulen nach Maßgabe des Grundgesetzes und der Verfassung des Freistaates Sachsen errichten und betreiben. Schulen in freier Trägerschaft unterstehen der Aufsicht des Staates (vgl. Artikel 7 Absatz 1 GG, Artikel 103 Absatz 1 SächsVerf, § 2 Absatz 2 SächsFrTrSchulG). Die Träger dieser Schulen sind verantwortlich für die Schulgestaltung, insbesondere die Entscheidung über eine besondere pädagogische, religiöse oder weltanschauliche Prägung, die Festlegung der Lehr- und Unterrichtsmethoden sowie der Lehrinhalte und die Organisation des Unterrichts. Diese Entscheidungen können auch abweichend von den Vorschriften für die Schulen in öffentlicher Trägerschaft sein. (vgl. SächsFrTrSchulG) Seite 13 von 55 A Schullaufbahn Man unterscheidet zwischen Ersatzschulen und Ergänzungsschulen als Schulen in freier Trägerschaft. Ersatzschulen sind Schulen, die in ihren Bildungs- und Erziehungszielen sowie ihren wesentlichen Lehrgegenständen im Freistaat Sachsen vorhandenen oder vorgesehenen Schulen in öffentlicher Trägerschaft gleichwertig sind. Abweichungen in der Lehr- und Erziehungsmethode, den Lehrstoffen und der schulischen Organisation sind möglich. (vgl. § 3 SächsFrTrSchulG) Die Schulaufsichtsbehörde verleiht einer Ersatzschule, die die Gewähr dafür bietet, dass sie dauernd die an entsprechende Schulen in öffentlicher Trägerschaft gestellten Anforderungen erfüllt, auf Antrag im Einvernehmen mit der jeweiligen Fachbehörde die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ersatzschule (vgl. § 8 SächsFrTrSchulG). Schulen in freier Trägerschaft, die nicht als Ersatz für Schulen in öffentlicher Trägerschaft dienen, also das Angebot der öffentlichen Schulen zusätzlich ergänzen, sind Ergänzungsschulen. Die Schulaufsichtsbehörde kann einer bewährten Ergänzungsschule, an der ein besonderes pädagogisches oder sonstiges staatliches Interesse besteht, auf Antrag die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule verleihen, wenn sie den Unterricht nach einem von der Schulaufsichtsbehörde genehmigten Lehrplan erteilt (vgl. §§ 9 und 11 SächsFrTrSchulG). 5 Inklusion schulrechtlich betrachtet 5.1 Begriffsbestimmung Inklusion „Im sächsischen Bildungssystem wird unter Inklusion zunächst ein Entwicklungsprozess verstanden. Das Ziel dieses Prozesses ist es, die gleichberechtigte Teilhabe von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf bzw. Behinderung am gemeinsamen Unterricht in allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen zu ermöglichen.“ Quelle: https://www.inklusion.bildung.sachsen.de/schulischeinklusioninsachsen-4017.html; abgerufen am 15.06.2022 Die Initiativen und Entwicklungen im Freistaat Sachsen im Bereich Inklusion gehen nicht zuletzt zurück auf den Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.11.2010 zur Behindertenkonvention1. Darin wurde ausgeführt: „Zentrales Anliegen der Behindertenrechtskonvention in der Bildung ist die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in das allgemeine Bildungssystem und damit auch das gemeinsame zielgleiche oder zieldifferente Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderungen (vgl. Artikel 24 Absatz1 VN-BRK) in der allgemeinen Schule.“ 1 Beschluss „Pädagogische und rechtliche Aspekte der Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention - VN-BRK) in der schulischen Bildung“ vom 18.11.2010; abgerufen am 08.02.2023 unter https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2010/2010_11_18- Behindertenrechtkonvention.pdf Seite 14 von 55 A Schullaufbahn In § 1 SächsSchulG ist das Anliegen der Behindertenrechtskonvention als Ziel der Schulentwicklung verankert. § 1 Absatz 7 Satz 2 SächsSchulG: „Inklusion ist ein Ziel der Schulentwicklung aller Schulen.“ Vorgaben zur Ausgestaltung der inklusiven Beschulung finden sich in § 4c SächsSchulG „Sonderpädagogischer Förderbedarf“. 5.2 Formen des sonderpädagogischen Förderbedarfs nach § 4c SächsSchulG Lernende haben Anspruch auf sonderpädagogische Förderung, wenn bei ihnen Anhaltspunkte für einen der nachstehenden Förderbedarfe (Förderschwerpunkte) vorliegen: Sprache emotionale und soziale Sehen Entwicklung Förderschwerpunkt Lernen Hören körperliche und geistige motorische Entwicklung Entwicklung = lernzielgleiche inklusive Beschulung an Gymnasien, Grund-, Ober – und Gemeinschaftsschulen möglich = lernzieldifferente inklusive Beschulung an Grund-, Ober – und Gemeinschaftsschulen möglich Seite 15 von 55 A Schullaufbahn Der sonderpädagogische Förderbedarf wird durch ein Feststellungsverfahren auf Antrag der Schule oder der Eltern/Personensorgeberechtigten ermittelt. Sofern die Schule das Verfahren einleitet, bedarf es keiner Zustimmung durch die Eltern/Personensorgeberechtigten. Wichtig: Spätestens nach 2 Schuljahren soll das Fortbestehen des sonderpädagogischen Förderbedarfes überprüft werden. Eine inklusive Beschulung an Grund-, Ober- und Gemeinschaftsschulen ist auch dann möglich, wenn ein anderer Abschluss angestrebt wird. Durch die Schulaufsichtsbehörde erfolgt eine Beratung der Eltern/Personensorgeberechtigten zur Wahl der geeigneten Schulform und der geeigneten Schule. Eine inklusive Unterrichtung ist dann möglich, wenn: 1. dies unter Berücksichtigung der organisatorischen, personellen und sächlichen Voraussetzungen dem individuellen Förderbedarf des Schülers entspricht, 2. die Funktionsfähigkeit des Unterrichts nicht erheblich beeinträchtigt wird und 3. keine akute Selbst- oder Fremdgefährdung festgestellt wird. Grundlage für die Entscheidung über eine inklusive Beschulung sind dabei auch die subjektiven Voraussetzungen auf Seiten des Schülers. Die Entscheidung über die Aufnahme eines Schülers trifft dann die Schulleitung. Um die Möglichkeit der inklusiven Beschulung für alle Förderschwerpunkte mit zumutbaren Schulwegen gewährleisten zu können, werden zwischen den Schulen Kooperationsverbünde gebildet. Die Absprachen der Kooperationsverbünde zur Koordination und gegebenenfalls gemeinsamen Nutzung personeller und sächlicher Ressourcen sind bei der Entscheidung über die Aufnahme an der Schule zu berücksichtigen. Ein wesentlicher Baustein der inklusiven Unterrichtung ist die individuelle Förderung der Lernenden. Einen rechtlichen Rahmen bietet dafür § 35a SächsSchulG, der unter anderem die Möglichkeit von Bildungsvereinbarungen zwischen Schülerinnen und Schülern, Eltern/Personensorgeberechtigten und Schule aufzeigt sowie die Berücksichtigung von Teilleistungsschwächen oder die Begabungsförderung ermöglicht. Weitere zur inklusiven Beschulung erforderliche Regelungen (zum Beispiel zu Aufnahme, Bewertung, Zeugniserteilung, Versetzung, Nachteilsausgleich oder Abschlüssen) sind in den Schulordnungen der allgemein- und berufsbildenden Schulen enthalten. Exemplarisch sei hier § 22 Absatz 5 SOOSA genannt, in dem aufgeführt wird, dass der Fachlehrer im Einvernehmen mit dem Schulleiter Maßnahmen zur Gestaltung der Leistungsanforderung (auch: Nachteilsausgleich) festlegt. Seite 16 von 55 A Schullaufbahn 5.3 Die Schulordnung Förderschulen im Kontext Inklusion Hinweise zur Umsetzung der inklusiven Unterrichtung finden sich in der Schulordnung Förderschulen. Beispielsweise Ausführungen zum Feststellungsverfahren, zum Wechsel des Förderschwerpunktes oder zur Förderplanarbeit. a) Das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs Das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist ausführlich in §§ 13 und 15 SOFS dargestellt. Wichtig!!! Ein Verfahren zur Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf sollte bis spätestens im ersten Schulhalbjahr der Klassenstufe 6 eingeleitet werden. Ausnahmen sind in begründeten Fällen jedoch auch später noch möglich. Seite 17 von 55 A Schullaufbahn Ablauf des Feststellungsverfahrens Antrag der Eltern/Personensorgeberechtigten oder der Schulleitung an die Schulaufsichtsbehörde (fakultativ: vorab Beratung durch mobilen sonderpädagogischen Dienst) Schulaufsichtsbehörde beauftragt mobilen sonderpädagogischen Dienst mit der Ermittlung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, diese informiert Eltern/Personensorgeberechtigten über das geplante Vorgehen mobiler sonderpädagogische Dienst richtet Förderausschuss ein (mindestens eine Vertreterin oder ein Vertreter der Schule, ein Elternteil/Personensorgeberechtigter, in der Regel die Schülerin oder der Schüler und eine mit der Diagnostik beauftragte Lehrerin oder ein Lehrer der Förderschule) mobiler sonderpädagogischer Dienst erstellt ein Gutachten inklusive Fördervorschlägen und Empfehlung des Ortes der Beschulung Schulaufsichtsbehörde stellt auf der Grundlage des Gutachtens Förderbedarf fest und erstellt schriftlichen Bescheid (Verwaltungsakt) b) Festlegungen zum Umgang mit Förderplänen In § 17 SOFS sind die Festlegungen zum Umgang mit Förderplänen zu finden. Außerdem kann entnommen werden, wer für die Erstellung und Fortführung von Förderplänen verantwortlich ist. Schulordnung Förderschulen § 17 Förderplanung, Überprüfung auf Fortbestehen sonderpädagogischen Förderbedarfes (1) Die Ziele und Maßnahmen der individuellen sonderpädagogischen Förderung [...] sind fortlaufend in Förderplänen zu dokumentieren. Bestandteil der Förderpläne sind Entwicklungsberichte. [...] (3) Das Fortbestehen des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist regelmäßig durch den Klassenlehrer und unter Beteiligung eines Sonderpädagogen insbesondere auf der Basis des Förderplans und der Entwicklungsberichte zu prüfen. Seite 18 von 55 A Schullaufbahn Praxistipp: Erkunden Sie an Ihrer Ausbildungsschule: a) welche Vorlagen für die Erstellung von Förderplänen existieren, b) wer für die Erstellung verantwortlich ist und wo die Pläne für die Fachlehrkräfte zu finden sind, c) in welchen Intervallen eine Evaluation der Förderziele und -maßnahmen erfolgt. 6 Integration von Schülerinnen und Schülern, deren Herkunftssprache nicht oder nicht ausschließlich Deutsch ist 6.1 Begriffsbestimmung Integration Die sächsische Konzeption zur Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte (enthalten im Lehrplan Deutsch als Zweitsprache) führt aus: „Integration bedeutet Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Leben außerhalb der Schule ebenso wie an regulären Unterrichts- und Bildungsangeboten der Schule. Daraus ergeben sich vielfältige Anforderungen an die zuständigen Behörden und die Lehrer sächsischer Schulen. Gemeinsam tragen sie eine besondere Verantwortung dafür, wie Bildungsprozesse zu einer gelingenden Integration beitragen und sich bei allen Schülern ein pluralistisches Verständnis entwickelt.“ Der Anspruch, allen Schülerinnen und Schülern schnellstmöglich die Teilnahme am Regelunterricht zu ermöglichen, leitet sich dabei aus § 1 Absatz 8 SächsSchulG ab: „Die Schule fördert Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, durch zusätzliche Angebote zum Erwerb der deutschen Sprache. 2Sie sollen gemeinsam mit allen anderen Schülern unterrichtet werden und aktiv am gemeinsamen Schulalltag teilnehmen.“ Seite 19 von 55 A Schullaufbahn 6.2 Umfang des DaZ-Unterrichts In der VwV Stundentafeln Abschnitt X wird die Art der Förderung und deren Umfang näher ausgeführt. Schulart Umfang des DaZ-Unterrichts je gebildeter VK-Klasse Grundschule, Primarstufe der Oberschule+ 15 Wochenstunden und Gemeinschaftsschulen Oberschulen 25 Wochenstunden (bei vertiefter zweiter Etappe 10 Stunden zusätzlich) Kolleg 32 Wochenstunden Dritte Etappe DaZ 0,4 Lehrerwochenstunden je integriert Schülerin oder integrierten Schüler in Regelklasse laut VwV Bedarf und Schuljahresablauf Ebenso finden sich in Abschnitt 3 Absatz 3 VwV Bedarf und Schuljahresablauf Regelungen zur Bildung der Vorbereitungsklassen: a) Vorbereitungsklassen und -gruppen sollen wohnortnah und soweit möglich auf zahlreiche Schulstandorte verteilt eingerichtet werden. b) An allgemeinbildenden Schulen mit Vorbereitungsklassen oder -gruppen werden zur schulischen und sozialen Integration die Schülerinnen und Schüler dieser Klassen oder Gruppen den Regelklassen bei der Klassenbildung zugeordnet. c) Die Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache werden mit der Halbjahresinformation und den Zeugnissen ausgehändigt. Seite 20 von 55 A Schullaufbahn 6.3 Gliederung des Integrationsprozesses Der Integrationsprozess verläuft in Sachsen in drei Etappen, die einen individuellen und schrittweisen Übergang in die Regelklassen ermöglichen sollen: Erste Etappe Zweite Etappe Dritte Etappe (Vorbereitungsklasse) (Teilintegration) (Vollintegration) Vermittlung sprachlicher Ausbildung mündlicher und Arbeit an Grundlagen für die schriftlicher kommunikativer bildungssprachlichen Teilnahme am Handlungsfähigkeit, Ausbau Kompetenzen mit Regelunterricht und am bildungssprachlicher besonderem Gewicht auf sozialen Leben der Fähigkeiten dem Ausbau der unmittelbaren Umwelt fächerspezifischen sprachlichen Fähigkeiten Aufbau von Erweiterung des Gewinnung von Sicherheit alltagssprachlichen grammatischen Repertoires in Alltags- und Fähigkeiten im Deutschen Bildungssprache Erwerb eines Ausbau des Wortschatzes Vermittlung von Elementarwortschatzes zur zur Vorbereitung auf den Bildungssprache = Bildung einfacher Sätze weiteren Lebens- und Querschnittsaufgabe aller Bildungsweg Fächer eventuell Prozess der sinnerfassendes Lesen von Halten von Kurzvorträgen Alphabetisierung oder des sprachentlasteten im Regelunterricht, Zweitschrifterwerbs Sachtexten eigenständiges Erschließen von Sachtexten Führen von Alltagsdialogen, selbstständiges Verfassen routinemäßiges Anwenden Textrezeption und - von Beschreibungen, von produktion von einfachen Berichten, Erklärungen Textrezeptionsstrategien schriftlichen und mündlichen Texten Quelle: https://www.migration.bildung.sachsen.de/schrittweiser-integrationsprozess-4048.html, abgerufen am 20.06.22 Auch in den Schulordnungen der jeweiligen Schularten finden sich weiterführende Bestimmungen zur Integration. Exemplarisch sei hier auf § 7 Absatz 3, 4 SOOSA verwiesen, da hierüber die Möglichkeit der Übernahme der Bildungsberatung durch die Schulaufsichtsbehörde eröffnet wird. Seite 21 von 55 A Schullaufbahn 7 Grundschule 7.1 Rechtliche Grundlagen - Schulgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsSchulG) - Schulordnung Grundschulen (SOGS) - Schulgesundheitspflegeverordnung (SchulGesPflVO) 7.2 Die Schuleingangsphase Die Schuleingangsphase ist ein Prozess und umfasst (§ 5 SOGS): 1. die Anmeldung (des Kindes an der zukünftigen Grundschule), 2. die Schulaufnahmeuntersuchung (durch den Kinder- und Jugendärztlichen Dienst des Schulträgers), 3. die Ermittlung des aktuellen Entwicklungsstandes und 4. den Anfangsunterricht. Anmeldung (§ 3 SOGS) Kinder, die bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres das 6. Lebensjahr vollenden, sind von ihren Eltern/Personensorgeberechtigten im Zeitraum vom 1. August bis 15. September des jeweiligen Jahres bei der Grundschule ihres Schulbezirks anzumelden. Sind mehrere Grundschulen einem Schulbezirk zugeordnet, weist die Schulleitung auf die zugeordneten Schulen hin. Kinder, die das 6. Lebensjahr später vollenden, können angemeldet werden (§ 27 SächsSchulG):  Kinder, die bis zum 30. September des laufenden Kalenderjahres das 6. Lebensjahr vollendet haben und von ihren Eltern/Personensorgeberechtigten angemeldet werden, gelten als schulpflichtig.  Kinder, die nach dem 30. September das 6. Lebensjahr vollenden, können auf Antrag der Eltern/Personensorgeberechtigten in die Schule aufgenommen werden, wenn sie über erforderlichen geistigen und körperlichen Entwicklungsstand für den Schulbesuch verfügen (vorzeitige Aufnahme). Aufnahme und Zurückstellung (§ 4 SOGS) Grundsätzlich sind Kinder in die Klassenstufe 1 aufzunehmen. Die Entscheidung darüber trifft die Schulleitung (Verwaltungsakt). Seite 22 von 55 A Schullaufbahn Schulpflichtige Kinder können nur einmal um ein Jahr vom Schulbesuch zurückgestellt werden. Die Zurückstellung soll nur erfolgen, wenn keine Anhaltspunkte für sonderpädagogischen Förderbedarf vorliegen. Die Schulleitung teilt den Eltern/Personensorgeberechtigen den Grund der Zurückstellung in schriftlicher Form mit und vereinbart mit ihnen und ggf. den pädagogischen Fachkräften der Kindertageseinrichtung geeignete Fördermaßnahmen. Schulaufnahmeuntersuchung Nach der Schulanmeldung findet die Schulaufnahmeuntersuchung durch den Kinder- und Jugendärztlichen Dienst statt (§ 4 SchulGesPflVO, § 26a Absatz 1, 2 SächsSchulG). Im Vordergrund dieser Untersuchung steht dabei, Gesundheits- und Entwicklungsstörungen mit besonderer Bedeutung für einen erfolgreichen Schulbesuch frühzeitig zu erkennen. Eltern/Personensorgeberechtigte und Schülerinnen und Schüler werden hinsichtlich notwendiger medizinischer und therapeutischer, die Schule hinsichtlich schulischer Fördermaßnahmen beraten. Die Anwesenheit der Eltern/Personensorgeberechtigten ist erforderlich. Untersucht werden: 1. der physische Entwicklungsstatus; 2 die für das Erlernen der Kulturtechniken notwendigen Wahrnehmungsleistungen; 3. die Konzentrationsfähigkeit und die Belastbarkeit; 4. die Fein- und Grobmotorik; 5. das Niveau der Sprachentwicklung; 6. der Ernährungszustand; 7. der Haltungs- und Bewegungsapparat und 8. Hinweise auf psychosoziale Auffälligkeiten und auf ansteckende oder chronische Krankheiten. Ermittlung des aktuellen Entwicklungsstandes (§ 5 Absatz 3 und 4 SOGS) Die Ermittlung des aktuellen Entwicklungsstandes wird grundsätzlich in den ersten Schulwochen der Klassenstufe 1 durchgeführt. Die Ergebnisse sind Grundlage für die individuelle Förderung. Die Ermittlung umfasst folgende Entwicklungsbereiche: 1. kognitive Entwicklung; 2. sprachliche Entwicklung; 3. emotionale und soziale Entwicklung; 4. körperliche und motorische Entwicklung Für Kinder mit Entwicklungsbesonderheiten sind die Ergebnisse und die abgeleiteten Maßnahmen in einem pädagogischen Entwicklungsplan zu dokumentieren. Gutachten können mit Zustimmung der Eltern/Personensorgeberechtigten herangezogen werden. Seite 23 von 55 A Schullaufbahn Anfangsunterricht Der Anfangsunterricht umfasst die Klassenstufen 1 und 2 und bildet eine pädagogische Einheit. Der Unterricht in den ersten Schulwochen der Klassenstufe 1 erteilt die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer. Der Zeitraum wird durch die Schulleitung festgelegt. Je nach individuellem Entwicklungsstand kann ein Kind den Anfangsunterricht innerhalb von 3 Schuljahren absolvieren. Schulvorbereitungsjahr Zur Schulvorbereitung, insbesondere im letzten Kindergartenjahr (Schulvorbereitungsjahr), werden vorrangig sprachliche Kompetenzen, Grob- und Feinmotorik, Wahrnehmung und Sinne geschult und gefördert. Hierbei sollen die für den Schulbezirk zuständigen Schulen einbezogen werden (§ 2 Absatz 3 SächsKitaG). Die Schulen kooperieren in der Regel mit den Kindergärten, aus denen die zukünftigen Schülerinnen und Schüler kommen (§ 5 Absatz 4, 5 SächsSchulG). Inhalte solcher Kooperationsverträge können sein: - Gemeinsame Aktivitäten zu unterschiedlichen Anlässen (Feste, Feiern, Ausflüge) - Gemeinsame Elternabende - Gemeinsame Veranstaltungen zu Themen wie Lernen, Schulweg, Verhalten im Straßenverkehr, Vorlesen, Leseförderung - Bilanz am Ende des Schulvorbereitungsjahres und Ausblick auf gemeinsame Aktivitäten PRAXISTIPP 1. Informieren Sie sich in der aktuellen Kooperationsvereinbarung Ihrer Schule über die Inhalte. 2. Beobachten Sie die Ermittlung des aktuellen Lernstandes in der Klassenstufe 1. Skizzieren Sie Aufgabeninhalte, die die Kinder in den einzelnen Entwicklungsbereichen bearbeiten. Seite 24 von 55 A Schullaufbahn 7.3 Die Bildungsberatung in der Grundschule Jede Schule und jede Lehrkraft hat die Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern/Personensorgeberechtigten in Fragen der Schullaufbahn zu beraten und bei der Wahl der Bildungsmöglichkeiten auf Grundlage der individuellen Fähigkeiten und Neigungen zu unterstützen. Die Bildungsberatung beginnt in der Schuleingangsphase und endet in Klassenstufe 4. Schwerpunkte:  Beratung zur Aufnahme in die Schule und zum Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule  Beratung zum Entwicklungsstand des Kindes im Anfangsunterricht  Beratung zur Schullaufbahnwahl beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule  Beratung bei Lern-, Leistungs- und Verhaltensbesonderheiten und bei eventuellem sonderpädagogischen Förderbedarf Beratung zur Schullaufbahnwahl – Wahl des Bildungsweges (§ 34 SächsSchulG) Die Wahl der Schullaufbahn nach Beendigung der Grundschule ist zwar wichtig, kann aber j

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