Mensch und Gesellschaft I - Emotion - DPU SoSe 2024 - PDF
Document Details
Uploaded by VisionaryRhyme
Danube Private University
2024
Anna Choi
Tags
Summary
These lecture notes cover the topic of emotion for a course called "Mensch und Gesellschaft I" at Danube Private University (DPU) in Austria in the Summer Semester 2024. The document includes an overview of the topic, definitions, and relevant background, with a focus on human emotions.
Full Transcript
Mensch und Gesellschaft I EMOTION Studiengruppe MED6/7 Humanmedizin SoSe 2024 Prof. Anna Choi Datum: 05.04.2024 Hinweise Rechtliche Hinweise Die Vorlesungsfolien, das Skript und Arbeitsblätter enthalten urheberrechtlich geschütztes Material § Die Materialien sind daher ausschließlich für den interne...
Mensch und Gesellschaft I EMOTION Studiengruppe MED6/7 Humanmedizin SoSe 2024 Prof. Anna Choi Datum: 05.04.2024 Hinweise Rechtliche Hinweise Die Vorlesungsfolien, das Skript und Arbeitsblätter enthalten urheberrechtlich geschütztes Material § Die Materialien sind daher ausschließlich für den internen Gebrauch (Lehrzwecke an der DPU) gedacht § Es ist ausdrücklich untersagt, das Material in elektronischer oder gedruckter Form außerhalb der DPU und außerhalb der eigenen Studiengruppe weiterzuverbreiten Video-, Foto- und Tonaufnahmen sind bei Lehrveranstaltungen ohne ausdrückliche Zustimmung der Dozentin oder des Dozenten nicht erlaubt (Urheber- und Persönlichkeitsrechte) Prüfungsrelevanz Alle Inhalte der Vorlesung sowie die der angegeben Kapitel aus den Hauptwerken (Faller und Lang, 2019 und Kessler, 2021) sind prüfungsrelevant Aufgrund von Lesbarkeit sowie ökonomischer Nutzung der Folienfläche wird das generische Maskulinum verwendet Nur zum internen Gebrauch Kursübersicht – Teil 2 Vorlesung „Mensch und Gesellschaft 1“ Nur zum internen Gebrauch! 04.04. VL15: Intensiv- und Notfallmedizin VL16: Transplantationsmedizin und Onkologie VL17: Tod, Sterben und Trauer VL18: Selbsthilfegruppen, Peers, Patientenvertreter VL19: Psychobiologische Grundlagen VL20: Das Lernen VL21: Die Kognition 05.04. VL22: Die Emotion VL23: Die Motivation VL24: Die Persönlichkeit und Verhaltensstile VL25: Medizinische Statistik VL26: Testtheorie und Risikoarten VL27: Qualitative Methoden VL28: Arten und Durchführung von Evidenzsynthesen 3 Überblick 1. Definition 2. Komponenten 3. Primäre und sekundäre Emotionen 4. Neurobiologische Grundlagen 5. Emotionstheorien 6. Spezifische Emotion: Angst und Angststörungen 7. Spezifische Emotion: Aggression 8. Spezifische Emotion: Trauer 9. Depression Nur zum internen Gebrauch Lernziele Sie können nach Studium aller prüfungsrelevanter Materialien… … Emotionen definieren. … die wichtigsten Emotionskomponenten benennen und beschreiben und wichtige Begriffe erklären. … den Unterschied zwischen primären und sekundären Emotionen beschreiben. … Beispiele für primäre und sekundäre Emotionen benennen. … Instrumente zur der Basisemotionen-Analyse erläutern. … neurobiologische Grundlagen von Emotionen beschreiben und die Emotionssystem benennen. … die vorgestellten Emotionstheorien erläutern. … die spezifischen Emotionen Angst, Aggression und Trauer erklären und mit diesen Emotionen zusammenhängende Störungen beschreiben. Definition Emotion = meist kurzandauernde Reaktionsmuster, als Antwort auf interne oder externe auslösende Ereignisse, welche neuronal gesteuert sind und zielgerichtetes Verhalten begünstigen. Sie bestehen aus subjektiven Reaktionen, den sogenannten Gefühlen und physiologischen Reaktionen (z.B. neuroendokrin, vegetativ oder somato-motorisch). Gefühle und physiologische Aspekte von Emotionen bilden gemeinsam das emotionale Verhalten. Grundlagen: Emotionen verleihen einer Situation, einer Handlung oder einem Objekt Bedeutsamkeit. Diese Bedeutung kann sowohl positiv als auch negativ sein. Emotionen als physiologische Anpassungsreaktion - da Emotionen den Organismus darauf vorbereiten, in einem bestimmten Kontext möglichst schnell und effektiv zu reagieren => verhaltensvorbereitende Funktion (lat. „movere“ = sich bewegen) Nur zum internen Gebrauch Schmidt et al., 2005 (S. 256), Kessler, 2021 (Kapitel 4.5.1), Faller/Lang, 2019 (Kapitel 4.5) 6 Komponenten Emotion als hypothetisches Konstrukt mit verschiedenen Komponenten: Komponenten sind zum Teil beobachtbar, zum Teil aber nur der subjektiven Wahrnehmung des emotionserlebenden Individuums zugänglich. Emotionskomponenten am Beispiel der Angst: u physiologische Komponente: neuronale, viszerale, hormonelle und muskuläre Veränderungen (z. B. höhere Muskelspannung, Tachykardie bei Angst). u affektive oder Gefühlskomponente: subjektives Erleben eines Gefühlszustands (z. B. Gefühl des Bedrohtseins). u kognitive Komponente: Gedanken zur Situation, die Interpretation und die Erwartungen (z. B. Gedanke, dass man sich in einer ausweglosen Situation befindet). u Verhaltenskomponente: mimischer und gestischer Ausdruck (z. B. typischer Gesichtsausdruck mit aufgerissenen Augen, zusammengepressten Lippen), aber auch sonstiges Verhalten (z. B. Zu- versus Abwendung) § Ausdruckskomponente (Gestik, Mimik) § Motivationale Komponente (Zu- versus Abwendung) Wichtig: Die verschiedenen Komponenten zeigen keinen linearen Zusammenhang miteinander, das heißt eine stark ausgeprägte Gefühlsempfindung muss nicht unbedingt mit einer ausgeprägten physiologischen Erregung einhergehen. Nur zum internen Gebrauch Schmidt et al., 2005 (S. 256), Kessler, 2021 (Kapitel 4.4), Faller/Lang, 2019 (Kapitel 4.4) 7 Komponenten Abgrenzung wichtiger Begriffe: Gefühl: die subjektive Komponente der Emotion. Gefühle sind von mittlerer Dauer (einige Sekunden bis Minuten) und Intensität. Affekt: besonders kurze, heftige Gefühlsaufwallung (z. B. Handlung aus dem Affekt). Stimmungen: sind länger anhaltend und weniger intensiv (ähnlich gute/schlechte Laune) und bereiten tlw. auf Emotionen vor (z.B. Stimmung „Gereiztheit“ führt zur Emotion „Wut“). Nur zum internen Gebrauch Schmidt et al., 2005 (S. 256), Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.2) 8 Primäre und sekundäre Emotionen Unterteilung der Emotionen in: u Primäre oder Basisemotionen = deutlich voneinander abgrenzbare, angeborene Gefühlszustände; Basis aller weiteren Emotionen u Sekundäre Emotionen = Resultat von sozialen/kulturellen Lernprozessen und/oder Misch-Emotionen Nur zum internen Gebrauch Schmidt et al., 2005 (S. 256), Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.3) 9 Primäre und Sekundäre Emotionen Die 6 Basisemotionen: u Freude u Furcht/Angst u Trauer u Überraschung u Ärger/Wut u Ekel Grundlagen: intraindividuell (innerhalb eines Individuums) relativ stabiles physiologisches Reaktionsmuster Interindividuell (zwischen Individuen) existieren größere Unterschiede (z.B. Emotion Angst => bei manchen Individuen Kälteschauer/Zittern, andere haben Schweißausbrüche) genetische Basis – Basisemotionen sind angeboren und müssen nicht erlernt werden (Hinweise hierfür z.B. aus Studien an Blinden, Kulturvergleiche) Mimik spielt für die Klassifikation der primären Emotionen eine zentrale Rolle Nur zum internen Gebrauch Schmidt et al., 2005 (S. 256), Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.3) 10 Primäre und Sekundäre Emotionen Basisemotionen und Mimik: Mimik = alle Veränderungen auf der Gesichtsoberfläche, die durch Kontraktionen der Gesichtsmuskulatur hervorgerufen werden. Instrument zur Mimik-Analyse: FACS („Facial Action Coding System“), von Paul Ekman und Wallace Friesen entwickeltes Kodierungssystem; basiert auf Anatomie und Bewegungsmustern der Gesichtsmuskulatur; Katalog aller wahrnehmbaren Bewegungen der Gesichtsoberfläche, sogenannten Action Units (AU) Emotion AU Beschreibung Überraschung 1 2 5 Heben der inneren Augenbraue Heben der äußeren Augenbraue Heben des oberen Augenlides (weit geöffnete Augen) Ekel 9 15 16 Rümpfen der Nase Herabziehen der Mundwinkel nach unten gezogene Unterlippe Bei Interesse: https://www.paulekman.com/ Nur zum internen Gebrauch Ekman/Friesen 1978, Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.3) 11 Primäre und Sekundäre Emotionen Sekundäre Emotionen: Grundlagen: Schließen die Basisemotionen ein – sind aber zudem geprägt durch soziale und kulturelle Einflüsse (z.B. Situationsangemessenheit von Emotionen – in welchen Situationen wird Wut/Ärger gezeigt) Übernahme von sozialen Rollen (z.B. Jungs weinen nicht) Alle Mischemotionen – die Anteile von verschiedenen Basisemotionen enthalten (z. B. Depression oder Neid). Beispiel Depression: enthält Anteile von Trauer, aber auch von Schuld, Verzweiflung und Angst Weitere Beispiele für Mischemotionen: Scham, Schuldgefühle, Neid, Eifersucht, Stolz Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.3), Faller/Lang, 2019 (Kapitel 4.4) 12 Neurobiologische Grundlagen Neuronale Strukturen mit allgemeiner Beteiligung an Emotionen: Struktur Funktion Sympathikus und Parasympathikus Über das sympathische Nervensystem wird die Abgabe von Adrenalin und Noradrenalin gesteuert. Diese Katecholamine werden bei physischer und psychischer Erregung ausgeschüttet. Hypothalamus und limbisches System (v.a. Amygdala) steuern die die Ausschüttung von Hormonen und Neurotransmittern, und werden eng mit der physiologischen Erregung in Verbindung gebracht Frontallappen Läsionen im Frontallappenbereich führen zu massiven Störungen des Sozialverhaltens Hippocampus Regulation „Verhaltens-Stopp-Systems“; beteiligt an Abgleich von Erwartung und tatsächlicher sensorischer Information => bei Differenz (= „Mismatch“), kommt es zur Verhaltenshemmung und Einleitung von weiterer sensorischer Informationsaufnahme, bis die Diskrepanz behoben ist Nur zum internen Gebrauch Wichtig für Verarbeitung und dem Erleben von Emotionen auf kortikaler Ebene sind der Frontallappen und das limbische System (v. a. Amygdala und Hippocampus). bilaterale (beidseitige) Entfernung der Amygdalae führt zur Reduzierung von Furcht Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.2) 13 Neurobiologische Grundlagen Neuronale Emotionssysteme: = voneinander abgrenzbare Systeme, die sich im Verlauf der Evolution der Säugetiere und des Menschen entwickelt haben, um bestimmte Lebenssituationen besser bewältigen zu können (nach Jaak Panksepp); => Programme werden entweder durch entsprechende Auslöser, oder direkt durch Stimulation der betreffenden Hirnregionen aktiviert Systeme: Wutsystem, Furchtsystem und Trennungsdistress System System Aktivierung Wirkung (neuro)physiologische Korrelate Wutsystem bei Frustrationen und Gefühlsebene: Freiheitseinschränkungen Vermittlung von Ärger, Handlungsebene: aggressives Verhalten neuronalen Netzwerke des Wutsystems zum Großteil subkortikal Homologe Strukturen bei allen Säugetiergehirnen: Ø zentrales Höhlengrau (periaquäduktales Grau, PAG), Hypothalamus und Amygdala. => hierarchische Organisation (Funktionsfähigkeit tieferer Regionen ist Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit höherer Regionen) Beteiligte Hormone: Ø Testosteron wird durch Erfolgserlebnisse oder den Sieg über einen Ø Konkurrenten stimuliert. Nur zum internen Gebrauch Ø Östrogen und Progesteron führen zu einer Verminderung von Aggressivität Rückmeldung der autonomen Begleiterscheinung von Aggression (z.B. Blutdruckanstieg) moduliert wiederum die Empfindlichkeit des Wutsystems Faller/Lang, 2019 (Kapitel 4.4.5) 14 Neurobiologische Grundlagen Neuronale Emotionssysteme: System Aktivierung Wirkung Furchtsystem durch Bedrohung Funktion: Wahrscheinlichkeit von körperlichen Verletzungen und Schmerzen zu Reduzieren; Gefühlsebene: Angst(Furcht) und Verhalten: Flucht bzw. Angststarre Beteiligte Neurotransmitter: Gefühlsebene: Traurigkeit; Verhalten: Bemühung um Aufhebung der Trennung (z.B. Protestweinen bei Kindern, Beschwichtigung bei Ausgrenzung) Trennungsschmerz/Schmerz durch Ausgrenzung tlw durch gleiche neuronalen Netzwerke vermittelt wie physischer Schmerz („Herzschmerz“): TrennungsDistress System unterschiedliche Erfahrungen: Tod, Trennungen, Heimweh, Ostrazismus/Mobbing (neuro-)physiologische Korrelate Ø Glutamat (exzitatorische), Ø eine Reihe von Neuropeptiden, Ø GABA (inhibitorisch) Lokalisation: in der zentralen und lateralen Amygdala, dem Hypothalamus und spezifischen Regionen des zentralen Höhlengrau. Ø anteriorer zingulärer Kortex, Ø anteriore Insel Die Aktivierung des rechten präfrontalen Kortex sowohl die körperliche Schmerzempfindung als auch Trennungsdistress. beteiligte Neurotransmitter (ebenfalls auch an körperlichem Schmerz beteiligt): Ø Opioide Ø Oxytocin (=> Trennungsdistress mildernde Wirkung sozialer Bindung ) Nur zum internen Gebrauch Faller/Lang, 2019 (Kapitel 4.4.5) 15 Emotionstheorien Klassische psychophysiologische Emotionstheorien: u James-Lange-Theorie u Cannon-Bard-Theorie u Zwei-Komponenten-Theorie von Schachter und Singer Wichtig: Klassische Emotions-Theorien haben wichtige Beiträge zur Emotionsforschung geleistet - können für sich allein jedoch jeweils keine Gültigkeit beanspruchen und sind inzwischen komplexeren Emotionstheorien gewichen. Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.6), Faller/Lang, 2019 (Kapitel 4.4.3) 16 Emotionstheorien (Physiologische Komponente) James-Lange-Theorie => um 1900 entwickelt Grundannahme: periphere physiologische Veränderungen (z. B. Herzfrequenz) als Ursache, und nicht als Folge der Emotion Nach diesem Prinzip – entsteht Angst, weil man zittert oder Traurigkeit, weil man weint – Problematische Theorie: § bei verschiedenen Emotionen keine eindeutigen Unterschiede in den physiologischen Reaktionen gefunden § physiologischen Reaktionen zwischen verschiedenen Individuen häufig sehr unterschiedlich § Hormonelle Reaktionen zu langsam, als dass sie eine wichtige Rolle bei der Entstehung eines Gefühls spielen könnten. § => Allein aufgrund physiologischer Messwerte kann man das subjektive Gefühl eines Menschen also nicht vorhersagen. Cannon-Bard-Theorie = um 1915 Grundannahme: emotionales Erleben und physiologische Erregung treten gleichzeitig als Folge einer Situationswahrnehmung auf => parallele Verarbeitung => Der emotionsauslösende Reiz aktiviert das zentrale Nervensystem (u. a. das limbische System) und diese Aktivierung löst sowohl eine Gefühlskomponente als auch die physiologische Erregung aus Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.6), Faller/Lang, 2019 (Kapitel 4.4.3) 17 Emotionstheorien (Kognitive Komponente) Zwei-Komponenten-Theorie von Schachter und Singer = auch „kognitive Emotionstheorie“; in den 1960ern entwickelt Grundannahme: Wahrnehmung einer unspezifischen physiologischen Erregung (durch interne/externe Reize) => notwendig, um Gefühle erleben zu können Bei Wahrnehmung dieser Erregung => suche nach Erklärung (aus dem Situationszusammenhang) => kognitive Bewertung und „Benennung“ der Erregung (Interpretation je nach Kontext) Ablauf ist hoch automatisiert und unbewusst Transaktionales Stressmodell (Coping-Modell) nach Lazarus bezieht sich hauptsächlich auf das Erleben von Stress, kann jedoch auch auf andere Emotionen angewendet werden. Basiert auf Experimenten von Schachter/Singer – daher auch tlw als Lazarus-Schachter Theorie bezeichnet; => Emotion entsteht, wenn sie in zwei Bewertungsschritten zunächst als relevant eingestuft wird und daraufhin die persönlichen Bewältigungsmöglichkeiten eingeschätzt werden. Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.6), Faller/Lang 2019 (Kapitel 4.4.3) 18 Spezifische Emotion: Angst und Angststörungen Begriffsklärung Furcht – Emotion bezieht sich auf etwas konkretes („Realangst“) Angst – Emotion ist ungerichtet Phobische Angst – übertriebene/unangemessene Reaktion in einer bestimmten Situation oder bezogen auf ein bestimmtes Objekt (z. B. Spinne). Symptome Gefühl des Bedrohtseins/Unruhe physiologische Symptome: erhöhter Herzschlag, Zittern, Kälteschauer, Schweißausbrüche, Übelkeit und Harndrang => Verhalten: häufig Flucht oder Vermeidungsreaktionen Wichtig: Je nach Art der Angst und personenspezifischen Merkmalen variieren die Symptome beträchtlich. Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.7) 19 Spezifische Emotion: Angst und Angststörungen Angststörungen = psychische Störungen, die durch Angst als vorherrschendes Symptom charakterisiert sind; neben der Depression die häufigste psychische Störung Entstehung: durch Vorgänge des klassischen und des operanten Konditionierens MERKE Therapie: erfolgreiche und langfristige Behandlung mit verhaltenstherapeutischen Konfrontationsverfahren Störung Eigenschaften Panikstörung „Aus heiterem Himmel“ auftretende Angstanfälle; Symptome: Herzklopfen, Herzrasen, Brustschmerzen, Atemnot, Schwindel, Benommenheit, Schweißausbruch, Zittern, Übelkeit, Taubheitsgefühl, Hitze- oder Kältegefühl; => starke subjektive Beeinträchtigungen und hohe Inanspruchnahme medizinischer Leistungen Generalisierte Angststörung Andauernde Angst ohne konkretes Objekt Agoraphobie Angst vor offenen Plätzen - Flucht schwierig (oder peinlich) Soziale Phobie Angst vor Interaktionssituationen (z. B. Unterhaltung) und/oder Leistungssituationen (z. B. öffentliches Reden) im sozialen Kontext; Kernmerkmal = übertriebene und unangemessene Angst vor einer negativen Bewertung durch andere Spezifische (isolierte) Phobie Angst vor bestimmten Objekten oder Situationen, (z. B. Spinnenangst, Brückenangst, Blutangst); obwohl die auslösende Situation streng begrenzt ist, kann die spezifische Phobie Panikzustände hervorrufen. Zwangsstörung Angst, dass bei Unterlassen der Zwangshandlung etwas Schreckliches geschieht - Zwangshandlungen wenden dieses Schreckliche ab (z.B. Waschzwang - Pandemie) Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.8), Faller/Lang, 2019 (Kapitel 4.4.6) 20 Spezifische Emotion: Aggression Aggression = Verhaltensmuster, sich selbst (Autoaggression) oder andere zu schädigen Begriffsklärung u Autotelischer Aggression = Schädigung selbst als Ziel der aggressiven Handlung; meist spontan u Instrumentelle Aggression = mit der aggressiven Handlung wird ein anderes Ziel verfolgt (z. B. jemand soll eingeschüchtert werden); meist geplant u Autoaggression = Selbstschädigendes Verhalten Frustrations-Aggressions-Hypothese Dollard und Miller (1950) => Frustrierende Erlebnisse führen zu einer gesteigerten Aggressionsbereitschaft Frustration => erlebt ein Individuum immer dann, wenn es von externen Faktoren daran gehindert wird sein angestrebtes Ziel zu erreichen.; Bsp. Für Frustrations-Aggression: Autofahren im Stau Frustrationstoleranz => Fähigkeit, unvermeidliche Einschränkungen bei der Zielerreichung zu verarbeiten, ohne dass das eigene Wohlbefinden beeinträchtigt wird oder ausweichendes Verhalten als Kompensation nötig ist. Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.9) 21 Spezifische Emotion: Trauer Trauer = angeborenes primäres Gefühl, das nach Trennung oder Verlust von Bindungen auftritt Evolutionstheoretischer Hintergrund: Trauer als psychobiologische Reaktion zur Aufrechterhaltung von Gruppenbindungen beim Verlust eines Mitglieds. Symptome Niedergeschlagenheit, Grübeln, Schlaflosigkeit, Nervosität, Appetitlosigkeit, sozialer Rückzug, aber auch Konzentrationsstörungen und Sinnestäuschungen (Halluzinationen) pathologischer Trauer = wenn die Trauersymptomatik auch einige Monate nach dem Verlust nicht zurückgeht, sondern sich in ein dauerhaftes Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit wandelt. Wichtig: Art des Trauern und seine Dauer - zeit- und kulturgebunden.; daher oft schwierig, normale und pathologische Trauerprozesse voneinander abzugrenzen Kann zur Depression oder depressiven Stimmung führen Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.10), Faller/Lang, 2019 (Kapitel 4.4.8) 22 Depression Depression als Emotion = im Gegensatz zur Trauer ist Depression ein Mischgefühl, also eine sekundäre Emotion, die Anteile von Trauer, aber auch von Scham, Ekel, Wut, Ärger, Feindseligkeit oder Angst enthalten kann. Diagnosekriterien der Depression nach DSM-5 Major Depression oder unipolare Depression neben Niedergeschlagenheit oder Interessensverlust mindestens 4 weitere Symptome: u.a. Schuldgefühle, Antriebslosigkeit/Unruhe, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit/gesteigerter Appetit, Konzentrationsschwierigkeiten und Suizidideen für mindestens 2 Wochen bipolare Störung neben depressiven Verstimmungen kommt mindestens eine manische Phase vor; Hauptkennzeichen einer manischen Phase => übersteigerte gehobene oder reizbare Stimmung. Weitere Symptome: u. a. ein übersteigertes Selbstwertgefühl, vermindertes Schlafbedürfnis, starker Rededrang und eine exzessive Beschäftigung mit angenehmen Aktivitäten (z. B. Käufe, sexuelle Aktivitäten). Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.11) 23 Depression Biologische Hintergründe Genetische Komponente Neurochemisches Ungleichgewicht – v.a. im serotonergen System (allgemein Monoamine: Dopamin/Noradrenalin) Umweltfaktoren (z.B. Schwangerschaft/Geburt, Jahreszeiten etc) Risikofaktoren: Geschlechtsunterschiede - Frauen etwa doppelt so häufig von depressiven Störungen betroffen als Männer; evtl. erklärbar durch hormonelle Unterschiede, Persönlichkeitsfaktoren und Umweltfaktoren Partnerstatus: Depressionen häufiger bei geschiedenen, getrennt lebenden oder verwitweten Personen Sozioökonomischer Status: geringer Status erhöht Risiko Schwerwiegende Lebensereignisse = Verlustereignisse – Verlust von Partner oder Arbeit Therapie Kognitive Verhaltenstherapie Medikamentöse Behandlung – Antidepressiva (z.B. Serotonin-Wiederaufnahme- Hemmer, trizyklische Antidepressiva, MAOHemmer Nur zum internen Gebrauch Kessler, 2021 (Kapitel 4.4.11) 24 Quellenangaben Faller, H. und Lang, H. (2019): Medizinische Psychologie und Soziologie. Springer; 5. überarb. Aufl. Kessler, H. (2021): Kurzlehrbuch Medizinische Psychologie und Soziologie. Thieme; 4. überarb. Aufl. Siegrist, J. (2005): Medizinische Soziologie. München: Urban & Fischer, S. 324. Ekman/Friesen (1978): Facial action coding system. Palo Alto: Consulting Psychologist Press. Nur zum internen Gebrauch Univ.-Prof. Dr. Kyung-Eun (Anna) Choi Head of Health Services Research Group [email protected] Research Center Medical Image Analysis & Artificial Intelligence (MIAAI) Viktor Kaplan-Straße 2 2700 Wiener Neustadt, Austria www.miaai.at Danube Private University (DPU) GmbH Fakultät Medizin/Zahnmedizin Steiner Landstraße 124 3500 Krems-Stein, Austria www.DP-Uni.ac.at Nur zum internen Gebrauch Gebrauch! 26