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ressourcenförderung psychologie gesundheitspsychologie

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This document provides an overview of resource promotion, focusing on its definition, types, and relevance within the context of stress management and health. It details methods and techniques used to enhance resources and the importance of health-related resources.

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B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 1 10 Ressourcenförderung Lernziele Nach der Lektüre dieses Kapitels  können Sie die Begriffe Ressource und Ressourcenförderung definieren und einordnen,  kennen Sie die Bedeutung von Ressourcen in aktu...

B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 1 10 Ressourcenförderung Lernziele Nach der Lektüre dieses Kapitels  können Sie die Begriffe Ressource und Ressourcenförderung definieren und einordnen,  kennen Sie die Bedeutung von Ressourcen in aktuellen Theorien der Stressbewältigung,  sind Ihnen die wesentlichen Kategorien von Ressourcen vertraut,  haben Sie Kenntnis über die gesundheitsbezogene Relevanz von Ressourcen,  kennen Sie Methoden und Programme zur Förderung kognitiver, motorisch-sensorischer, sozialer und emotionaler Ressourcen sowie zur Förderung von Selbstregulationsfähigkeiten. In der Tradition der pathogenetischen Sichtweise wurde lange Zeit betont, welche Faktoren Krankheiten begünstigen beziehungsweise sich negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken. Im Mittelpunkt stand demnach die Identifizierung biologischer und verhaltensbezogener Risikofaktoren mit dem Ziel der Krankheitsprävention (siehe Kurs 2, Kapitel 2 „Krankheitsprävention“). Seit dem Paradigmenwechsel Ende der 1970er Jahre hin zu einer salutogenetischen und ganzheitlichen Sichtweise gibt es eine zunehmende Fokussierung auf Merkmale, die gegenüber Krankheiten einen Schutzfaktor darstellen und die sich gesundheitsfördernd oder zumindest gesundheitserhaltend auswirken. Diese protektiven Faktoren werden auch Ressourcen genannt (siehe Kurs 1, Kapitel 1 „Einführung in die Gesundheitspsychologie“ und Kurs 2, Kapitel 1 „Gesundheitsförderung“). Die Stärkung von Ressourcen ist nach dieser Sichtweise eine zentrale Maßnahme zur Unterstützung des Ziels, Anforderungen des Lebens konstruktiv und erfolgreich bewältigen zu können und einen gesundheitsförderlichen Lebensstil zu erlangen (Jerusalem, 2009; Wellensiek & Kleinschmidt, 2013). In diesem Kapitel steht die Förderung gesundheitsrelevanter Ressourcen im Vordergrund. Viele der im Folgenden angesprochenen Ressourcen werden in verschiedenen Kapiteln von Kurs 1 thematisiert und ihre Zusammenhänge zu physischer und psychischer Gesundheit beschrieben. In den Kursen 2 und 3 werden eine Reihe von Präventions- und Gesundheitsförderungsprogrammen, Patientenschulungen und andere Interventionen vorgestellt, die unter anderem die Förderung von Ressourcen zum Ziel haben. Das vorliegende Kapitel behandelt zusammenfassend und integrierend spezifische Methoden, Techniken und Programme, die genutzt werden können, um gesundheitsrelevante Ressourcen zu fördern. Die Überschneidungen zu anderen Kapiteln der drei Kurse sind vielfältig und durchaus so beabsichtigt. 10.1 Merkmale, Klassifikation und Relevanz von Ressourcen Die Ressourcenperspektive hebt das positive Potential hervor, das Menschen zur Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse zur Verfügung steht. Sehr unterschiedliche Bedingungen oder Merkmale können dabei als Ressourcen wirken: so etwa Aspekte des innerpsychischen Geschehens wie motivationale Bereitschaften, Wünsche, Überzeugungen oder Werthaltungen, des Weiteren auch Fertigkeiten und Fähigkeiten, externe Aspekte wie finanzielle Möglichkeiten oder Bildung, aber auch externe physische Gegebenheiten wie das Aussehen oder die körperliche Statur (Grawe & Grawe-Gerber, 1999). Jerusalem (1990) unterscheidet außerdem zwischen subjektiven (vom Handelnden selbst wahrgenommene) und objektiven (vom Beobachtenden wahrgenommene) Ressourcen, die jeweils extern (z. B. materielle Ressourcen, beruflicher und sozialer Status), B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 2 intrapersonell (z. B. emotionale und kognitive Kompetenzen oder Selbstwirksamkeit) sowie interpersonell (z. B. soziale Unterstützung) verortet sein können (siehe auch Abbildung 10.1). Abbildung 10.1 Klassifikation von Ressourcen. Aus Willutzki und Teisman, 2013, S. 4 10.1.1 Ressourcenförderung und Ressourcenaktivierung Ob spezifische Bedingungen oder Merkmale einer Person beziehungsweise ihrer Umwelt als Ressourcen wirksam werden, hängt somit nach Jerusalem (1990) auch von der subjektiven individuellen Wahrnehmung und Bewertung ab (Willutzki & Teismann, 2013). Letztlich kann alles als Ressource aufgefasst werden, was in einer bestimmten Situation als hilfreich oder dienlich wahrgenommen wird, um zu einem bestimmten Zielzustand zu gelangen (Nestmann, 1996). Die Stärkung bereits vorhandener oder die Etablierung neuer Unterstützungsquellen wird im Folgenden als Ressourcenförderung bezeichnet (Jerusalem, 2009). In therapeutischen und Beratungskontexten findet vielfach auch der Begriff „Ressourcenaktivierung“ (Grawe, 1995; siehe auch Kasten 10.1) Verwendung, der mit dem der Ressourcenförderung verwandt ist. Das Prinzip der Ressourcenaktivierung basiert auf der Wahrnehmung, Reaktivierung und der Nutzung prinzipiell zwar vorhandener, jedoch aktuell brachliegenden Ressourcen. Die Ressourcenaktivierung gilt neben der therapeutischen Beziehung, Problemaktualisierung, motivationalen Klärung und Problembewältigung als einer von fünf zentralen und schulenübergreifenden Wirkfaktoren von Psychotherapie (Grawe, 1995). Das Konzept der Ressourcenaktivierung findet aber ebenso in anderen Beratungskontexten (z. B. Supervision, systemische Beratung) sowie in der Pädagogik oder der Organisationsentwicklung Anwendung (Grawe & Grawe-Gerber, 1999). Ressourcenaktivierung und Ressourcenförderung benötigen zunächst die Diagnostik von Ressourcen. Sollten eigene Ressourcen nicht mehr als solche wahrgenommen werden, können diese mittels ressourcenorientierter Gesprächsführung durch Verbalisation wieder erlebbar gemacht werden (Flückinger & Wüsten, 2014). Hierzu können auch bestimmte Fragetechniken wie die nach Ausnahmen von einem aktuell vorliegenden Situationsgefüge (z. B. „Gab es in der letzten Woche Momente, in denen das Problem als weniger belastend wahrgenommen wurde?“) oder auch Imaginationsübungen (z. B. Phantasiereisen) verwendet werden. Die Wunderfrage (siehe Video 10.1) kann in diesem Zusammenhang als Fragetechnik und gleichzeitig als Intervention verstanden werden. Video 10.1. Probleme mit der Wunderfrage lösen. Verfügbar unter https://youtu.be/_LFIbDEgY4Q B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 3 Ressourcenaktivierung bedeutet neben der Nutzbarmachung prinzipiell vorhandener Ressourcen auch das Heranführen an Ressourcen, die in der Vergangenheit als solche erlebt und genutzt wurden, zum Zeitpunkt der Beratung jedoch nicht als Ressource eingeschätzt oder erlebt werden (Flückinger & Wüsten, 2014). Zudem kann die Förderung von trainierbaren (i. S. v. steigerbaren) Ressourcen zur Ressourcenaktivierung gehören; an dieser Stelle überschneiden sich jedoch die Grenzen von Ressourcenförderung und -aktivierung. Kasten 10.1. Ressourcenaktivierung. 10.1.2 Ressourcen und Stressbewältigung Im Rahmen der Formulierung des Prinzips der Salutogenese (siehe Kurs 1, Kapitel 1 „Einführung in die Gesundheitspsychologie“ und Kurs 2, Kapitel 1 „Gesundheitsförderung“) beschrieb Antonovsky (1987, 1997) das Kohärenzgefühl als umfassende personale Ressource, die maßgeblich für den Erhalt der Gesundheit ist. Das Kohärenzgefühl ist nach dieser Sichtweise eine globale Orientierung, die ausdrückt, … in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass 1. die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind; 2. einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen; 3. diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen. (Antonovsky, 1997, S. 26) Die Ausprägungen dieser drei Aspekte, die auch als 1. Comprehensibility (Verstehbarkeit), 2. Manageability (Handhabbarkeit/Bewältigbarkeit) und 3. Meaningfulness (Sinnhaftigkeit) bezeichnet werden, stellen in ihrer Summe die Stärke des Kohärenzgefühls dar, die wiederum in engem Zusammenhang mit der Position eines Menschen auf dem Kontinuum von Gesundheit und Krankheit steht. Das Kohärenzgefühl wird demnach immer dann wirksam, wenn sich Personen in Situationen befinden, die durch besondere Anforderungen (i. S. v. Stressoren) gekennzeichnet sind. In diesem Zusammenhang wird in der Stressforschung auch von Bewältigungsressourcen gesprochen (Faltermaier, 2018), um zu beschreiben, worauf Menschen bei ihren Versuchen des Umgangs mit Anforderungen oder Belastungen zurückgreifen (z. B. soziale Unterstützung, Selbstwirksamkeit). In den beiden in Kurs 1, Kapitel 3 „Stress und Stressbewältigung“ vorgestellten relationalen Stresskonzeptionen nehmen Ressourcen entsprechend eine wichtige Rolle bei der Entstehung und dem erfolgreichen Umgang mit Anforderungen ein. Das transaktionale Stressmodell nach Lazarus (1966; Lazarus & Folkman, 1987) geht explizit darauf ein, dass das Vorhandensein von Ressourcen sowohl alltägliche als auch besondere Belastungen im eigenen Beanspruchungserleben reduzieren kann (siehe Kurs 1, Kapitel 3 „Stress und Stressbewältigung“). Ob eine Anforderung als Belastung erlebt wird und somit eine potenziell gesundheitsschädliche chronische Stressreaktion auslöst, hängt nach diesem Modell eng mit den kognitiven Bewertungen einer Person zusammen (Lazarus & Folkman, 1987). Diese Bewertungen werden durch objektive Merkmale der Situation, aber vor allem auch durch die Ressourcen einer Person beeinflusst. Optimismus als interne Ressource beispielsweise hat einen positiven Einfluss auf die primäre und sekundäre Bewertung, während soziale Unterstützung als externe Ressource sich vor allem positiv auf die sekundäre Bewertung, also die Einschätzung der eigenen B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 4 Bewältigungskompetenzen und des Vorhandenseins nötiger Bewältigungsressourcen in einer Situation, auswirkt. Ressourcen beziehungsweise deren Wahrnehmung bilden das Fundament des Modells der Ressourcenerhaltung (Hobfoll, 1988, 1989; siehe Kurs 1, Kapitel 3 „Stress und Stressbewältigung“). Das Modell geht davon aus, dass Menschen nach physischen, sozialen und psychologischen Ressourcen streben und den Verlust von Ressourcen verhindern wollen. Hobfoll (1988, 1989) klassifiziert Objektressourcen (z. B. Haus), persönliche Ressourcen/Charakteristika (z. B. Selbstwirksamkeit, soziale Kompetenz), Bedingungsressourcen (z. B. Arbeitsplatzsicherheit) und Energieressourcen (z. B. Wissen, Zeit, Geld). Eine potenziell gesundheitsschädliche chronische Stressreaktion entsteht dann, wenn der Verlust von Ressourcen droht, tatsächlich eintritt oder der Zugewinn von Ressourcen nach einer Ressourceninvestition ausbleibt. Sowohl das transaktionale Stressmodell als auch das Modell der Ressourcenerhaltung implizieren, dass die Förderung von Ressourcen eine Reduktion der Stressbelastung und eine Steigerung des Wohlbefindens bewirkt. Gesundheitspsychologische Maßnahmen der Ressourcenförderung setzten vor allem an persönlichen interpersonellen und intrapersonellen Ressourcen an. Jerusalem (2009) nennt als interne Ressourcen zur Unterstützung der Bewältigung unterschiedlicher Lebensanforderungen fünf wesentliche Kategorien oder Klassen von Ressourcen: kognitive Ressourcen, motorisch-sensorische Ressourcen, soziale Ressourcen, emotionale Ressourcen und die Fähigkeit zur Selbstregulation (siehe Abbildung 10.2). Jede dieser Klassen ist im Kontext des Umgangs mit Stress und Anforderungen gleichermaßen bedeutsam. Abbildung 10.2 Bewältigungsressourcen. Nach Jerusalem, 2009 10.2 Diagnostik von Ressourcen Die Erfassung der Ressourcen eines Menschen kann sowohl durch eine Fremdbeurteilung als auch im Selbstbericht erfolgen. Beide Methoden haben je spezifische Vorzüge. So ermöglicht die Erfassung im Selbstbericht den Zugang zu Ressourcen, die nicht direkt beobachtbar sind, wie zum Beispiel die Fähigkeit zu beruhigenden Selbstinstruktionen. Allerdings sind Ressourcen, die von anderen wahrgenommen werden können, einer Person nicht immer im gleichen Maße bewusst und zugänglich. Dies kann beispielsweise in einer neuartigen und/oder schwierigen Situation (etwa nach Diagnose einer Krankheit) der Fall sein. Durch die oben angesprochene ressourcenorientierte Gesprächsführung können sie wieder salient gemacht werden. Die Diagnostik von Ressourcen kann des Weiteren mittels offener oder geschlossener Verfahren erfolgen. Die beiden Formate unterscheiden sich dahingehend, ob die Ressourcen durch die befragte Person frei genannt werden oder ob vorgegebene Ressourcen hinsichtlich ihrer Relevanz für eine Person bewertet werden. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 5 Ressourcendiagnostik durch ein offenes Verfahren In dem offenen Ressourceninterview von Schiepek und Cremer (2003) werden Personen dazu ermutigt, sich eine aktuelle Lebensherausforderung vorzustellen und darüber nachzudenken, welche Ressourcen sie bei sich wahrnehmen, um dieser Herausforderung zu begegnen. Es wird zunächst erläutert, was unter Ressourcen zu verstehen ist. Im Anschluss daran werden in der Regel von den Befragten 10 bis 20 Ressourcen genannt und tabellarisch aufgeführt (siehe Abbildung 10.3). Diese Ressourcen werden in einem weiteren Schritt nach den vier Gesichtspunkten A (Ausprägung), P (Potential, maximale bisherige Ausprägung oder latente, aber ungenutzte Verfügbarkeit), Z (Ziel, wohin soll sich diese Ressource entwickeln) und R (Relevanz) bewertet (Schiepek & Matschi, 2013). Abbildung 10.3 illustriert das Resultat des Vorgehens bei dem offenen Ressourceninterview anhand eines praktischen Beispiels. Die Befragte aus einem Fallbeispiel in Schiepek und Matschi (2013) beschäftigte sich mit Ressourcen, die ihr helfen, nach einem Klinikaufenthalt eine neue Arbeitsstelle zu finden. In diesem Zusammenhang nannte die Befragte beispielsweise ihre Lernbereitschaft als Ressource, beurteilte die Ausprägung, das Potential und das Ziel gleichermaßen mit dem Wert 8 und die Relevanz ihrer Lernbereitschaft im Zusammenhang mit der Fragestellung mit dem Wert 10. Manchmal liegt der Zielzustand einer Ressource auch unter der momentanen Ausprägung (z. B. bei Schwester), dies ist der Fall, wenn diese Ressourcennutzung abgebaut werden soll, um eine andere aufzubauen (beispielsweise zu Gunsten von Abgrenzung). Das Ressourceninterview kann im Rahmen eines Beratungs-/Therapieprozesses als wiederkehrendes Element genutzt werden, um so zu prüfen, ob sich eine relevante Ressource schon in Richtung des Zielzustandes entwickelt hat. Tabelle 10.1 Auswertung eines Ressourceninterviews Meine persönlichen Ressourcen Ressource 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 R Familie Z AP 9 Schwester Z AP 8 Zuhören Z A P 9 Bereitschaft zu verstehen Z AP 10 Kommunikationsfähigkeit Z P A 10 schnelle Auffassungsgabe Z AP 5 Materielle Sicherheit AP Z 9 Konsequenz, Pläne trotz AP Z 7 Schwierigkeiten zu verfolgen revolutionärer Geist AZ P 6 Lernbereitschaft APZ 10 sich abgrenzen können P A Z 8 Anmerkung. A: Ausprägung; P: Potenzial; Z: Ziel; R: Relevanz. Nach Schiepek und Matschi, 2013, S. 3. Nachdem die vorhandenen Ressourcen durch das Gespräch und die differenzierte Bewertung die oder dem Befragten kognitiv-emotional zugänglich gemacht wurden, werden die wechselseitigen Bezüge zwischen den Ressourcen und der beanspruchenden Situation thematisiert und schließlich Möglichkeiten zur Erreichung der Zielzustände der einzelnen Ressourcen entwickelt. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 6 Ressourcendiagnostik durch geschlossene, strukturierte Verfahren Die Erfassung von Ressourcen kann ebenfalls in einem geschlossenen Format mit vorgegebenen Inhalten erfolgen. Dazu können zum einen Verfahren genutzt werden, die die Ausprägung einzelner Ressourcen (z. B. allgemeine Selbstwirksamkeitserwartungen oder Optimismus) erheben. Außerdem gibt es Möglichkeiten zur Erfassung allgemeiner Lebensressourcen mit dem Ziele der Diagnostik von Ressourcenbereichen, die fehlen oder ungenutzt bleiben, obwohl sie als wichtig erachtet werden. Ein Beispiel für ein solches Erhebungsverfahren ist die Ressourcen-Checkliste (Dick, 2003, 2011). Diese Ressourcen- Checkliste kann zur Selbstbeurteilung oder im Rahmen einer gesundheitspsychologischen Beratung genutzt werden. Die Vorgaben umfassen umweltbezogene externe, soziale und personale Ressourcen (Dick, 2003). Es soll bei der Bearbeitung der Checkliste sowohl die Stärke jeder einzelnen Ressource als auch ihre individuelle Wichtigkeit numerisch beschrieben werden. Zu beachten ist dabei, dass die Anwendung dieser geschlossenen Verfahren zwar strukturiert erfolgt, da alle Personen dieselben Vorgaben erhalten, dass diese aber nicht hinsichtlich teststatistischer Gütekriterien geprüft und auch nicht standardisiert sind. 10.3 Maßnahmen zur Förderung von Ressourcen Es gibt sehr viele unterschiedliche Kräfte oder Merkmale von Personen, sozialen Gruppen oder Umwelten, die als Ressourcen positiv auf die Gesundheit wirken können (Faltermaier, 2017). Dementsprechend existieren ebenso vielfältige Möglichkeiten ihrer Förderung (für ein Beispiel siehe Kurs 2, Kapitel 11 „Manual zur Ressourcenförderung: Mindfulness-Based Stress Reduction [MBSR] Curriculum“). 10.3.1 Gestaltungsmerkmale von Maßnahmen zur Förderung von Ressourcen Maßnahmen der Ressourcenförderung können unter Berücksichtigung verschiedener Gestaltungsmerkmale konzipiert werden und sich daher in ihren Inhalten beziehungsweise Ansatzpunkten und in der Form stark voneinander unterscheiden. Nach Jerusalem (2009) können einerseits individuelle Ressourcen (z. B. emotionale oder soziale Kompetenzen) und andererseits systemische Ressourcen (z. B. Familienzusammenhalt) Gegenstand von gesundheitspsychologischen Interventionen sein, die darüber hinaus entweder schwerpunktmäßig gesundheitsspezifische Ressourcen (z. B. Kompetenztraining zum Umgang von gesundheitlichen Risiken bei Alkoholabhängigkeit) oder übergreifende, gesundheitsunspezifische Ressourcen (z. B. zur Lebensbewältigung) zum Inhalt haben (Jerusalem, 2009). Des Weiteren unterscheidet Jerusalem (2009) zwischen Fördermaßnahmen, die sich auf einen umgrenzten Bereich beziehen (z. B. Fähigkeiten zur Selbstregulation) oder an der Gestaltung von förderlichen Verhältnissen (z. B. Sportangebote, soziale Unterstützung) ansetzen. Ressourcen können mit Hilfe von face-to-face-Interventionen, durch eHealth oder mHealth- Angebote (siehe Kurs 2, Kapitel 8 „eHealth“) oder auch durch autodidaktische Maßnahmen (z. B. mit Hilfe von Ratgebern; siehe beispielsweise Kurs 3, Kapitel 5 „Gesundheitliche Beeinträchtigung und Partnerschaft“) gefördert werden. Bei face-to-face-Angeboten sind mehrere verschiedene Settings möglich; sowohl im Einzelsetting (z. B. Coaching) als auch im Gruppensetting können spezifische Ressourcen wie etwa Problemlösefertigkeiten trainiert werden. Das Gruppensetting eignet sich darüber hinaus besonders, um auf interpersonale Aspekte (z. B. Sozialkompetenz) einzugehen und durch die Methode Rollenspiel in sozialen Interaktionen einzuüben. Im Gruppensetting wird zwischen offenen und geschlossenen Gruppen unterschieden. Während eine offene Gruppe jederzeit durch neue Teilnehmende erweitert werden kann, durchläuft eine B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 7 geschlossene Gruppe eine Maßnahme in der gleichen Gruppenkonstellation. Bei geschlossenen Gruppen bauen die Inhalte in der Regel aufeinander auf; der Wissensstand der Teilnehmenden ist homogener als bei Teilnehmenden in offenen Gruppen. Neben diesen Gestaltungsmerkmalen, die sich eher auf die Rahmenbedingungen von Methoden zur Förderung von Ressourcen beziehen, gibt es noch weitere Möglichkeiten der Gestaltung: Eine Maßnahme kann zielgruppenspezifisch sein, sich folglich an Personen richten, bei denen eine ungenutzte Ressource aktiviert oder eine vorhandene, aber gering ausgeprägte Ressource gestärkt werden soll. Hierzu zählen beispielsweise auch krankheitsspezifische Patientenschulungen (siehe Kurs 2, Kapitel 9 „Patientenschulungen“), die auf die Bedarfe von Patient:innen mit einer bestimmten Erkrankung ausgerichtet sind. Andererseits kann es sich um ein universelles Training handeln (wie ein Lebenskompetenztraining; siehe Kurs 3, Kapitel 1 „Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen/Setting Schule“), welches auch in einer sehr heterogenen Gruppe durchgeführt werden kann. Mit Blick auf die Anzahl und den Umfang der verwendeten Techniken können Interventionen unterschiedlich komplex sein und ausschließlich auf einer Methode (z. B. ein Entscheidungstraining) basieren oder verschiedene Einzelmethoden integrieren (z. B. ein Programm zur Stärkung der sozialen Kompetenz, bei dem kognitive Verfahren wie Problemlösen und übende Methoden wie Rollenspiele verwendet werden). 10.3.2 Förderung kognitiver Ressourcen Kognitive Ressourcen übernehmen eine moderierende Funktion zwischen einer Belastung beziehungsweise einem Stressor einerseits und der Stressreaktion andererseits. Entsprechend können Stressreaktionen durch Veränderung der kognitiven Prozesse verändert werden (Kaluza, 2015). Ferner besteht die Möglichkeit, die stressauslösende Situation zu analysieren, um so Lösungsmöglichkeiten und benötigte Kompetenzen für das Problem abzuleiten und zu erarbeiten. Dies soll gewährleisten, dass bei einem erneuten Auftreten einer ähnlichen Situation die erforderlichen Kompetenzen vorhanden sind. Exemplarisch für Maßnahmen zur Förderung kognitiver Ressourcen sind Problemlösetrainings und Techniken zur Förderung der Entscheidungskompetenz. Problemlösetraining Das Problemlösetraining (Kaluza, 2015) beschäftigt sich mit der analytischen Bearbeitung von Problemen und der kreativen Entwicklung von Lösungsansätzen und ihrer systematischen Erprobung. Es gliedert sich in sechs Schritte (siehe Tabelle 10.2). In Schritt 1 wird dem Stress auf die Spur gekommen, indem eine Situation, die als stressbehaftet erlebt wurde, herausgegriffen und analysiert wird. Als Beispiel hierfür könnte die Situation „Es ist eine Woche vor der Klausur und ich habe das Gefühl, in der Klausur zu versagen“ dienen. Hierbei wäre wichtig, die Situation einzugrenzen („Ich gerate in Stress, wenn …“) und die eigene Stressreaktion („Wenn ich im Stress bin, dann …“ z. B. Unwohlsein, schlechter Schlaf, Unkonzentriertheit) sowie die eigenen Gedanken („Ich setze mich selbst unter Stress, indem …“ z. B. „Sei perfekt“; „Alles unter einer 1,3 ist als Versagen einzuordnen!“) zu konkretisieren. In Schritt 2 werden verschiedene – auch kreative und zunächst unmögliche – Lösungsstrategien entwickelt (z. B. an eigenen Ansprüchen arbeiten oder Studienfach wechseln). Aus diesen Möglichkeiten wird unter Berücksichtigung der eigenen Situation in Schritt 3 der eigene Weg gewählt, um mit der Situation umzugehen (z. B. unter Berücksichtigung der eigenen Ansprüche realistischen Lernplan erstellen). In Schritt 4 wird das Ziel in Teilziele unterteilt und das konkrete Vorgehen geplant, welches in Schritt 5 B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 8 durchgeführt wird. Nach Durchführung des Problemlösens (z. B. nach dem Schreiben der Klausur) wird in Schritt 6 Bilanz gezogen. Tabelle 10.2 Die sechs Schritte des Problemlösens Die Teilnehmenden werden zu einer systematischen Selbstbeobachtung von Schritt 1: Belastungssituationen und -reaktionen angeleitet. Sie lernen, anhand eines „Dem Stress auf die vereinfachten verhaltensanalytischen Schemas ihre zunächst Spur kommen“ umgangssprachlich und allgemein formulierten Stresserfahrungen als Verhalten-in-Situationen zu konkretisieren. Schritt 2: Hier erfolgt, unter Beteiligung der gesamten Kursgruppe, eine kreative „Ideen zur Bewältigung bewertungsfreie Suche nach Möglichkeiten der Bewältigung der belastenden sammeln“ Situationen. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Konsequenzen trifft die/der Schritt 3: betreffende Teilnehmende eine Positivauswahl unter den vorgeschlagenen „Den eigenen Weg Bewältigungsmöglichkeiten und entscheidet sich für einen der (ggf. auch finden“ eine Kombination mehrerer) Vorschläge. Hier geht es darum, das konkrete Verhalten bei der Realisierung des Schritt 4: ausgewählten Vorschlags möglichst genau zu planen. Rollenspiele und „Konkrete Schritte Vorstellungsübungen können eingesetzt werden, um den Teilnehmenden planen“ möglichst gut auf die Durchführung der Schritte im Alltag vorzubereiten. Schritt 5: Dieser zentrale Schritt des Problemlöseprozesses, auf den letztlich alle „Im Alltag handeln“ vorhergehenden Schritte hinführen, findet außerhalb der Kursstunden statt. In diesem letzten Schritt der Problemlösesequenz geht es darum, die Schritt 6: „Bilanz Ergebnisse der Durchführung (Schritt 5) zu bewerten und nach Gründen für ziehen“ den Erfolg bzw. Misserfolg zu suchen. Anmerkung. Aus Kaluza, 2015, S. 140f. Das Erarbeiten dieser Problemlösekompetenz kann der betreffenden Person als Muster für das Vorgehen bei zukünftigen Problemen dienen. Das Wissen um die eigene Kompetenz zur Erarbeitung von Lösungen für neue oder schwierige Situationen kann auch in einer Erhöhung der eigenen Selbstwirksamkeitserwartungen resultieren und so zusätzlich zu der Bewältigung konkreter Problemsituationen eine wichtige personale Ressource stärken. Techniken zur Förderung der Entscheidungskompetenz Den meisten Handlungen liegen Entscheidungen zugrunde, die sowohl implizit/nicht bewusst als auch bewusst ablaufen können. Entscheidungsprozesse sind von unterschiedlicher Komplexität und Tragweite: die Wahl der Kleidung oder die Festlegung eines Termins für den Reifenwechsel erfordert üblicherweise wenig kognitiven und emotionalen Aufwand. Schwierigere Entscheidungen sind jedoch oft durch Situationen geprägt, in denen Personen mit vielen und widersprüchlichen Gefühlen und Gedanken konfrontiert sind. Bezogen auf das Gesundheitsverhalten können beispielsweise Entscheidungen für beziehungsweise gegen Impfungen oder Entscheidungen zur Durchführung von zusätzlichen Vorsorgeuntersuchungen mit solchen ambivalenten Gefühlen einhergehen. Das Verharren in einer Entscheidungssituation und auch das Grübeln darüber können sich als zusätzliche Belastung mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Betroffenen auswirken (Aldao et al., 2010). Vor diesem Hintergrund ist die Kompetenz, Entscheidungen zu treffen, ebenfalls als persönliche Ressource aufzufassen. Eine zufriedenstellende und tragfähige Entscheidung setzt voraus, dass neben der Berücksichtigung aktueller Bedürfnisse und Gefühle vor allem auch mögliche Konsequenzen des Handelns bedacht und antizipiert werden (Boon et al., 2013). Vor der eigentlichen Entscheidung in einer gegebenen Situation erfordert bereits die zutreffende Einordnung der Relevanz der Situation und ihrer Folgen eine gewisse Kompetenz. Manche Entscheidungen verlangen, dass sie gut durchdacht und B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 9 analysiert werden, während bei anderen Entscheidungen intuitiv und den aktuellen Bedürfnissen folgend entschieden werden kann (Lehrer, 2009). Abbildung 10.3 Entscheidungsmatrix zur möglichen Verhaltensänderung „Fahrradhelm tragen“ Entsprechend geht es in Trainings zur Stärkung der Entscheidungskompetenz zunächst darum, eine konkrete Situation im Vorfeld zu erfassen und hinsichtlich ihrer Relevanz zu bewerten. Nach diesem Schritt werden verschiedene Entscheidungsoptionen erarbeitet und auf ihre Umsetzbarkeit hin geprüft. Zumeist werden hierbei Visualisierungen der Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Optionen verwendet (Boon et al., 2013), zum Beispiel durch Mindmapping, Entscheidungsbäume oder das Erstellen einer Entscheidungsmatrix. In Abbildung 10.3 ist exemplarisch eine Entscheidungsmatrix dargestellt, die Kosten und Nutzen des „Tragens eines Fahrradhelmes“ salient macht. Unabhängig von der gewählten Visualisierung sollen für jede potenzielle Entscheidung wertfrei alle Argumente aufgelistet werden, die mit jeder Option verbunden sind. Die entscheidende Person wird dabei angeleitet, sowohl kurzfristig als auch langfristig wirkende Konsequenzen einzubeziehen und auch widersprüchliche Aspekte aufzunehmen, um so potenzielle Konflikte im Zusammenhang mit den einzelnen Entscheidungen identifizieren zu können. Konflikte entstehen typischerweise dann, wenn die von der eigenen Person favorisierte Lösung nicht vom sozialen Umfeld mitgetragen würde. Daher müssen bei der Sammlung der Vor- und Nachteile für jede Entscheidungsoption die Konsequenzen sowohl für die eigene Person als auch für das soziale Umfeld einbezogen werden. Nach Abschluss der Auflistung der Argumente werden die einzelnen Entscheidungskriterien hinsichtlich ihrer Relevanz bewertet (Boon et al., 2013). Dies kann durch die Vergabe von Punkten (z. B. auf einer Skala von 0 bis 10) für jedes einzelne Kriterium erfolgen; positive Konsequenzen erhalten dabei positive Skalenwerte und negative Konsequenzen negative Skalenwerte. Die Aufsummierung der Werte führt dann in den meisten Fällen zu einer Entscheidung, die auf differenzierten Argumenten basiert und in ihrem Zustandekommen transparent ist. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 10 10.3.3 Förderung motorisch-sensorischer Ressourcen Motorisch-sensorische Ressourcen beziehen sich vor allem auf die Entspannungs- und Genussfähigkeit. Diese Ressourcen befähigen Menschen unabhängig von Konflikt- und Anspannungssituationen dazu, sich selbst gezielt Momente der Entspannung und des Genusses zu ermöglichen und dadurch ein ausgewogeneres Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung herzustellen. Entspannungstraining Systematische Entspannungstrainings dienen der Erregungsreduktion, dem funktionellen Abbau von Beschwerden und führen zu positiven emotionalen Effekten wie Gelassenheit und Ruhe. So sind direkte Wirkungen von Entspannungsübungen auf körperlicher Ebene wie abnehmender Sauerstoffverbrauch, gesenkter Blutdruck, verbesserte Hautdurchblutung und Senkung des Spiegels von Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol im Blut nachweisbar (Wagner- Link, 2010). Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass bei langfristigem und regelmäßigem Einsatz von Entspannungstechniken die Angstbereitschaft abnimmt, die Belastbarkeit steigt und eine positive Veränderung der Selbsteinschätzung erfolgt (Wagner-Link, 2010). Nachfolgend soll die Progressive Muskelrelaxation (PMR; Jacobson, 1996) exemplarisch als eine Entspannungstechnik dargestellt werden. Die PMR wurde in den 1930er Jahren von Edmund Jacobson entwickelt. Das Vorgehen bei dieser Form des Entspannungstrainings basiert auf der Erkenntnis, dass muskuläre An-/ Entspannung willentlich erzeugt werden können und muskuläre Entspannung nicht mit emotionaler Anspannung oder negativen Gefühlszuständen vereinbar ist. Das Training setzt daher an der Herstellung einer verstärkten muskulären Anspannung und der anschließenden Überführung dieser Anspannung in eine tiefe Entspannung der Muskulatur. Die vorherige Anspannung der Muskulatur lässt den Kontrast zu der anschließenden Entspannung deutlicher werden (siehe Differenz 1 vs. Differenz 2 in Abbildung 10.4). Abbildung 10.4 Vorgehen bei der PMR. Aus Hoffmann, 2012, S.11 Im Verlauf des Trainings werden daher die Fähigkeit zur bewussten Wahrnehmung und Unterscheidung von Anspannungs- und Entspannungszuständen geschult. In der Durchführung der PMR werden 16 Muskelgruppen unterschieden, die nacheinander in den Aufmerksamkeitsfokus gerückt werden (Bernstein & Borkovec, 2007). Diese Muskelpartien werden zunächst für 5-7 Sekunden angespannt. Danach soll die Entspannung bewusst für 20-30 B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 11 Sekunden gespürt werden. Vorgesehen ist es, dass diese Entspannungsübung täglich für 20-25 Minuten durchgeführt wird. Nach einem Übungszeitraum von ungefähr drei Wochen können die 16 Muskelgruppen weiter zusammengefasst werden und somit die Übungsdauer reduziert werden. Eine ausführliche Anleitung zur progressiven Muskelentspannung in verschiedenen Versionen stellt unter anderem die Techniker Krankenkasse zur Verfügung (https://www.tk.de/techniker/gesund-leben/life-balance/aktiv-entspannen/progressive- muskelentspannung-zum-download-2021142?ref=tkde). Genusstraining Die Fähigkeit zu genießen oder kleine genussvolle Augenblicke zu gestalten und wahrzunehmen, stellt eine weitere motorisch-sensorische Ressource dar. Als Genuss wird eine positive Sinneserfahrung bezeichnet, bei der mindestens ein Sinnesorgan beteiligt ist und die mit körperlichem und geistigem Wohlbefinden verbunden ist (Handler, 2008). Gerade bei Menschen, die von Krankheiten oder Funktionseinschränkungen betroffen sind, kann Genusstraining und in Folge dessen häufigerer und bewusster Genuss im Alltag die Lebenszufriedenheit deutlich erhöhen. Aber auch vielen Menschen ohne solche erhöhten körperlichen Belastungen fällt es schwer, Zeit und Raum für Genuss zu nutzen. Gezielte Genusstrainings sollen deshalb die generelle Steigerung der Genussfähigkeit ermöglichen. Bei psychologisch orientierten Genusstrainings steht die Sensibilisierung für Sinnesreize im Mittelpunkt. Die von Kaluza (2015) entwickelten Methoden des Genusstrainings beinhalten Imaginationsübungen, verhaltensorientierte Genussregeln (siehe auch Kasten 10.2) sowie das achtsame Wahrnehmen. In den Imaginationsübungen werden bei geschlossenen Augen Sinneseindrücke hervorgerufen und exploriert. Imaginationsübungen lassen Teilnehmende gedanklich einen schönen Ort der Sicherheit bereisen (z. B. Strand oder Berge) und dabei Farben, Gerüche, Geräusche und Gefühle auf der Haut spüren. Bei der Methode des achtsamen Wahrnehmens, werden unterschiedliche Sinneskanäle fokussiert; Beispiele hierfür sind Farbsehen, Lauschspaziergänge, Riechübungen, achtsames Essen oder unterschiedliche Tastübungen (siehe hierzu Video 10.2 und Kurs 2, Kapitel 11 „Manual zur Ressourcenförderung: Mindfulness-Based Stress Reduction [MBSR] Curriculum“). Video 10.2. Genießen Sie wirklich den Apfel? Eine Apfel Meditation – Achtsam essen, achtsam leben. Verfügbar unter https://youtu.be/7LKoJisLLuo Nach Abschluss eines Genusstrainings sollten die Teilnehmenden die wesentlichen Regeln zur Gestaltung von Genuss verinnerlicht haben und in ihrem Alltag umsetzen können (siehe Kasten 10.2). 1. Genuss braucht Zeit: Will man wirklich genießen, sollte man der Entwicklung der Gefühle Zeit geben. Genuss unter Zeitdruck ist nicht möglich. 2. Genuss muss erlaubt sein: In der deutschen Sprache typische Redewendungen wie, „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, stehen diesem Gebot entgegen. Hier ist es entscheidend, sich diese exklusiven Momente zuzugestehen. 3. Genuss geht nicht nebenbei: Da Genuss über Sinneswahrnehmungen kanalisiert wird, muss sich die Aufmerksamkeit des Genießenden auch genau auf diese Kanäle richten. 4. Genuss ist individuell: Was genossen werden kann ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Deshalb ist es wichtig, zunächst für sich herauszufinden, welche Dinge oder Tätigkeiten persönlich Genuss bereiten. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 12 5. Weniger ist mehr: Bei Genuss geht es nicht um Quantität, sondern um Intensität. Sättigung schließt Genuss aus. 6. Ohne Erfahrung kein Genuss: Der Aufbau eines Erfahrungsbereiches in dem jeweiligen Gebiet ist erforderlich, um Genuss erleben, einschätzen und erkennen zu können. Dazu gilt es, die einzelnen Sinnesorgane und die gezielte Wahrnehmung zu schulen. 7. Genuss ist alltäglich: Die kleinen zufälligen Momente im Alltag wahrzunehmen und lernen wertzuschätzen, ist der Schlüssel zu dem siebten Gebot. 8. Planen schafft Vorfreude: Auch wenn einige Genussmomente zufällig auftreten und das Wahrnehmen ebendieser entscheidend ist, so ist es genauso wichtig, sich Zeiten für Genuss zu reservieren und sich bereits an den antizipatorischen Gedanken daran zu erfreuen. Kasten 10.2. Acht Genussregeln, die in Verhaltenstrainings eingesetzt werden. Aus Handler, 2008. 10.3.4 Förderung sozialer Ressourcen Unter sozialen Ressourcen werden alle Ressourcen zusammengefasst, die es ermöglichen, im Umgang mit anderen erfolgreich zu interagieren (Kanning, 2002). Durch den Aufbau sozialer Kompetenzen gelingt es Menschen, eigene Bedürfnisse adäquat zu formulieren, andere Personen in schwierigen Situationen um Hilfe zu bitten und Auseinandersetzungen zur beidseitigen Zufriedenheit zu lösen. Daher ist es naheliegend, dass ausgeprägte soziale Kompetenzen und Ressourcen in mehrfacher Hinsicht förderlich für die Gesundheit sind. Zwischenmenschliche Stress- und Belastungssituationen können leichter gelöst werden, bei persönlichen Herausforderungen kann durch Einbeziehen anderer auf zusätzliche Ressourcen zugegriffen werden und eigene Grenzen können klarer kommuniziert werden (siehe auch Kurs 1, Kapitel 5 „Soziale Integration und soziale Unterstützung“ sowie Kurs 3, Kapitel 5 „Gesundheitliche Beeinträchtigung und Partnerschaft“). Zwei exemplarische Interventionen zur Steigerung sozialer Ressourcen sind das Assertiveness-Training-Programm und das Konfliktmanagementtraining. Assertiveness-Training-Programm Ein spezifischer Ansatz zum Aufbau und Training sozialer Kompetenzen ist das Assertiveness- Training-Programm (ATP) nach Ullrich und de Muynck (2015). Das Training umfasst vier Hauptbausteine: 1. sich zu erlauben, eigene Ansprüche zu haben (Einstellung zu sich selbst und Selbstwahrnehmung), 2. sich zu trauen, diese auch zu äußern (keine blockierenden Emotionen wie zum Beispiel Schuldgefühle oder kognitive Fehlerwartungen), 3. die Fähigkeit zu erwerben, diese auch erfolgreich durchzusetzen, um vorhandene Ressourcen besser zu nutzen und gleichzeitig nicht in das andere Extrem zu verfallen, diese übermäßig aggressiv zu vertreten, 4. bei anderen Menschen Sympathie für sich zu wecken durch klares und offenes Verhalten, ohne dem Fehler der Überanpassung und des eigenen Bedürfnisverzichts zu unterliegen. Dies wird vorrangig mithilfe von Verhaltensübungen und -proben trainiert, dabei werden Methoden wie Rollenspiel, Modelllernen und Feedback eingesetzt und durch (ggf. videogestützte) Hausaufgaben eingeübt. Da es hier sehr stark um konkrete Interaktionen und die Gestaltung von sozialen Kommunikationsprozessen geht, wird ein ATP meist in einem Gruppensetting angeleitet von zwei Therapierenden durchgeführt, um dort gruppendynamische Prozesse zu nutzen, die oftmals mit Einzelbehandlungen kombiniert werden. Allerdings gibt es auch Möglichkeiten, das Programm im Einzelsetting durchzuführen. Zunächst erfolgt eine Verhaltens- und Zielanalyse, im B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 13 Anschluss werden auf das jeweilige Ziel ausgerichtete, individualisierte Übungen mit aufsteigender Schwierigkeit ausgewählt. Konfliktmanagementtraining Konflikte gehören zum zwischenmenschlichen Miteinander. Überall dort, wo Menschen zusammenkommen, können aufgrund unterschiedlicher Motive und Ziele der Beteiligten Unstimmigkeiten entstehen. Es gibt verschiedene Maßnahmen, um die Konfliktfähigkeit und -kompetenz zu steigern. Nachfolgend wird das Konzept der gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg (2010) näher dargestellt. Das Konzept basiert auf der Grundannahme, dass Empathie eine wesentliche Voraussetzung für gelingende Kommunikation ist. Die Art und Weise, wie Menschen kommunizieren, beeinflusst maßgeblich, in welchem Ausmaß Menschen Empathie für ihr Gegenüber entwickeln und die Bedürfnisse des Anderen wahrnehmen können. Häufig liegt die Ursache von Konflikten darin, dass Beobachtung und Bewertung im sprachlichen Ausdruck nicht klar unterschieden werden. Eine weitere Ursache liegt laut dieses Ansatzes in der Formulierung von Kritik anstelle von Wünschen (Rosenberg, 2010). Um dies aufzubrechen und die eigene Konfliktfähigkeit zu erhöhen, werden vier Schritte trainiert (siehe auch Video 10.3). 1. Beobachtung. Zunächst wird trainiert, die Situation, das Gesagte oder die Handlung zu beobachten und wahrzunehmen. Entscheidend ist dabei, keine Bewertung oder Interpretation vorzunehmen. Da es in dem Konzept der gewaltfreien Kommunikation um die zwischenmenschliche Interaktion geht, wird geübt, diese Beobachtung auch sprachlich auszudrücken (Holler, 2012). 2. Gefühl. Meist ist es so, dass die Beobachtung ein Gefühl in der betroffenen Person auslöst, was dann häufig zu einer direkten Bewertung führt. Auch dies soll genau wahrgenommen und identifiziert werden. Nachfolgend gilt es, auch dieses zu kommunizieren und dem Gegenüber klar mitzuteilen. 3. Bedürfnis. In einem nächsten Schritt erfolgt der Blick auf das dahinterliegende Bedürfnis. Häufig weisen aufkommende Gefühle auf Bedürfnisse hin und geben Aufschluss darüber, ob diese in der vorherigen Situation erfüllt wurden oder nicht. Auch dies soll bewusst analysiert und kommuniziert werden. Bei einem impliziten Ausdruck der Bedürfnisse in Form von Bewertungen und Interpretationen werden die Interaktionspartner:innen in vielen Fällen Kritik wahrnehmen. Werden Bedürfnisse allerdings klar und nachvollziehbar kommuniziert, haben die jeweils Anderen eine Chance, das Bedürfnis zu erkennen und darauf einzugehen (Rosenberg, 2010). 4. Bitten. Durch die Kommunikation der Beobachtungen, Gefühle und Bedürfnisse einer Person wird bereits die Einfühlsamkeit der anderen Person angeregt (Rosenberg, 2010). In einem letzten Schritt erfolgt die explizite Bitte um das, was gewünscht wird. Zusätzlich zu der Herausarbeitung dieser Bitte wird ebenfalls geübt, sie sprachlich so auszudrücken, dass eine verständnisvolle Reaktion hierauf wahrscheinlicher wird (Holler, 2012). Zunächst ist es das Ziel, Bewusstsein für diese Aspekte eines zwischenmenschlichen Konfliktes zu schaffen und für die zugrundeliegenden Kommunikationsprozesse zu sensibilisieren. Anschließend geht es im Rahmen von Konflikt- und Kommunikationstrainings darum, Fähigkeiten zu trainieren. Dies erfolgt meist anhand von Rollenspielen und dem praktischen Ausprobieren von Handlungsalternativen. Da die Handlung zwischen den Interaktionspartnern entscheidend ist, wird dem Perspektivenwechsel („Wie fühlt sich das Gegenüber“/„Wie wirkt es auf mein Gegenüber, wenn ich dies sage?“) eine besondere Rolle beigemessen. Video 10.3. Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg. Verfügbar unter https://youtu.be/BOskpmtavao B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 14 10.3.5 Förderung emotionaler Ressourcen Unter emotionale Ressourcen wird in erster Linie die Fähigkeit zum konstruktiven Umgang mit den eigenen Emotionen gefasst. Wiederholtes Erleben von positiven Emotionen, und hier insbesondere Freude, führt längerfristig zu Lebenszufriedenheit und begleitet die Entwicklung innerer Stärke (Bradburn, 1969). Innere Stärke bezeichnet dabei die Fähigkeit, mit Belastungen so umzugehen, dass zu einem ausgeglichenen Zustand zurückgefunden werden kann. Neben dem Erleben positiver Emotionen ist die Fähigkeit zur Regulation negativer Emotionen eine wichtige emotionale Ressource. Wenn es gelingt, Trauer, Ärger oder Wut als solche zu erkennen, als Indikatoren zu nutzen und mit diesen Gefühlen einen konstruktiven Umgang zu finden, können langfristige negative Auswirkungen auf die Gesundheit minimiert werden. So konnte beispielsweise in einer Studie von Gentry et al. (1982) bereits vor einigen Jahrzehnten festgestellt werden, dass die Art der Ärgerregulation Auswirkungen auf den Blutdruck hat. Nachfolgend soll das Training emotionaler Kompetenzen (TEK; Berking, 2017) exemplarisch für eine Intervention zur Förderung emotionaler Ressourcen vorgestellt werden (siehe auch Video 10.4). Es orientiert sich an sieben Schlüsselelementen: 1. Muskelentspannung. Hier wird Progressive Muskelrelaxation (siehe 10.4.1) erläutert und trainiert. 2. Atementspannung. In diesem Baustein geht es darum, mithilfe der Fokussierung auf die eigene Atmung Entspannung herbeizuführen. Dies wird im Rahmen des Trainings durch verschiedene Übungen (wie z. B. einer Übung zur Fokussierung auf die eigene Atmung, bei der zunächst versucht wird, den Atem bewertungsfrei zu beobachten, anschließend bewusst zu verlangsamen und aufkommende Gedanken und Gefühle zu beobachten) mit den Teilnehmenden trainiert. 3. Bewertungsfreie Wahrnehmung. In diesem Modul erfolgt die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Emotionen. Ziel ist es hier, eine wertfreie Beobachtung und Wahrnehmung zu erreichen. Häufig gelingt es Teilnehmenden zunächst nicht, aus der Vielfalt möglicher Emotionen ihre tatsächliche Gefühlslage in einer Situation zu identifizieren; dies ist besonders bei negativ geprägten Emotionen (z. B. Scham, Neid, Schuld, Wut) schwierig. Weiterhin werden die Prozesse thematisiert, die bei einer scheinbar automatischen Bewertung von Emotionen stattfinden oder dazu führen, dass die Wahrnehmung unangemessen erscheinender und/oder nicht mit dem eigenen Selbstbild vereinbarender Emotionen unterdrückt wird. 4. Akzeptieren und Tolerieren. In einem daran anschließenden Schritt wird geübt, die tatsächlich erlebten Emotionen in der vorhandenen Art und Ausprägung anzunehmen: Die Teilnehmenden sollen lernen zu akzeptieren, dass sie fühlen, was sie gerade fühlen. 5. Selbstunterstützung. Eine effektive Selbstunterstützung besteht in einer mitfühlenden und anteilnehmenden Haltung sich selbst gegenüber. Diese geht idealerweise mit selbstunterstützenden Handlungen (z. B. Ermutigung, Trost, Aufheiterung) einher. Die verschiedenen Formen von Selbstunterstützung werden beispielsweise durch Imaginationsübungen erarbeitet und gefestigt. 6. Analysieren. In einem nächsten Baustein werden die Bedingungsgefüge des Entstehens einer Emotion analysiert. Häufig verdecken sekundäre Emotionen die dahinterliegenden ursprünglichen Emotionen (z. B. wird Wut anstatt der primären Trauer erlebt). Erst die Aufdeckung der primären Emotionen ermöglicht jedoch die Nutzung passender Bewältigungsstrategien. 7. Regulieren. In diesem Modul wird erarbeitet, ob in der betrachteten Situation eine alternative Emotion kongruenter wäre (z. B. Trauer statt Wut) und es werden fünf Schritte entwickelt, die das Erleben dieses Gefühls ermöglichen: 1. Ein begründetes Zielgefühl setzen, 2. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 15 Brainstorming, wie dieses Zielgefühl erreicht werden kann, 3. Konkretisierung des Plans, 4. Ideen umsetzen, bis sich etwas ändert, 5. Konstruktiver Umgang mit Misserfolgen und Erfolgen. Video 10.4. Prof. Matthias Berking: Das Training emotionaler Kompetenzen (TEK). Verfügbar unter https://youtu.be/Cx8sx4J6tQw?si=X-dU7FUbK-DtggVu 10.3.6 Förderung der Selbstregulationsfähigkeit Als Selbstregulationsfähigkeit wird die Fähigkeit bezeichnet, die bisher genannten Kompetenzen zu koordinieren und sie gezielt und bewusst einzusetzen (Jerusalem, 2009; siehe auch Kurs 1, Kapitel 8 „Regulation gesundheitsbezogenen Verhaltens“). Nachfolgend sollen zwei Bereiche der Selbstregulationsfähigkeit skizziert werden, die einen bedeutsamen Einfluss darauf haben können, wie Menschen ihr Leben meistern. Es werden dazu Merkmale von Interventionen zur Förderung von Resilienz (d. h. der globalen Fähigkeit zum Umgang mit schwierigen Lebenssituationen) sowie Techniken zur Förderung zielgerichteten Handelns dargestellt. Methoden zur Förderung von Resilienz Das Konzept der Resilienz beschäftigt sich mit dem Phänomen, dass es Personen gelingen kann, an seelischen Krisen und Überforderungen nicht zu zerbrechen, sondern im Gegenteil, daran zu wachsen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken (Wellensiek, 2011). Nach heutigem Forschungsstand ist Resilienz kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal, sondern eine Fähigkeit, die im Laufe des Lebens in der Mensch-Umwelt-Interaktion erlernt wird (Rutter, 2000). So gelingt es resilienten Menschen eher, eigene kognitive, emotionale und behaviorale Reaktionen in eine funktionale Richtung zu lenken. Neben der konstruktiven Selbststeuerung können Personen mit einer hoch ausgeprägten Resilienz unterstützende Faktoren in ihrer Umgebung besser wahrnehmen, wertschätzen und für sich nutzen. Die Stärkung von Resilienz ist ein wesentliches Anliegen der meisten Trainings zur Steigerung der Lebenskompetenz für Kinder und Jugendliche (Knauf et al., 2018). In Bezug auf die Förderung von Resilienz haben sich sieben Einzelkompetenzen als besonders relevant erwiesen, die dementsprechend in Resilienztrainings entsprechend adressiert werden (Heller, 2013; siehe auch Abbildung 10.5). B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 16 Abbildung 10.5 Faktoren der Resilienz. Nach Heller, 2013 Bei dem Training von Akzeptanz steht die Fähigkeit im Vordergrund, eine Situation in ihrer gesamten vorhandenen Beschaffenheit anzunehmen (Heller, 2013). Dies soll durch die Übernahme einer Beobachterperspektive erleichtert werden, von der aus die bewertungsfreie Wahrnehmung und anschließende Akzeptanz der Gesamtsituation leichter erfolgen kann. Es wird weiterhin die Dysfunktionalität der Beschäftigung mit alternativen, aber tatsächlich nicht gegebenen Situationsbedingungen („was wäre, wenn …“) erarbeitet. Bei der Förderung von Optimismus soll eine positive Sicht auf die Zukunft entwickelt und ein inneres Vertrauen auf die Verbesserungsmöglichkeiten aktuell unbefriedigender Situationen aufgebaut werden. Dabei ist Optimismus als generalisierte Erwartung dahingehend aufzufassen, dass sich das eigene Leben zum Positiven entwickeln kann (Hoyer & Herzberg, 2009). Auch ein positiver Attributionsstil, in dem Erfolge internal, global und stabil attribuiert und Misserfolge eher external, variabel und spezifisch erklärt werden, unterstützt die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Optimismus (Seligman, 2005). Zur Förderung eines optimistischen Attributionsstils erfolgt in Resilienztrainings zunächst eine Analyse des bisherigen eigenen Attributionsmusters, um dann alternative Ursachenzuschreibungen und in der Folge optimistischere Zukunftsperspektiven zu ermöglichen. Die Selbstwirksamkeitserwartung bezieht sich auf die positive Wahrnehmung der eigenen Handlungskompetenz auch in schwierigen Situationen (Hohmann & Schwarzer, 2009; siehe auch Kurs 1, Kapitel 9 „Gesundheitsverhaltensmodelle I“). Selbstwirksamkeitserwartung hat einen großen Einfluss auf die Motivation, Handlungen zu initiieren, aber auch auf die Anstrengung und Ausdauer, mit denen Ziele verfolgt werden. Im Rahmen von Resilienztrainings soll das grundsätzliche Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Handlungsmöglichkeiten aufgebaut B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 17 werden. Hierzu eignet sich sowohl die bewusste Wertschätzung eigener Erfolge und Teilerfolge als auch die Formulierung realistischer Ziele. Das Setzen von erreichbaren und überprüfbaren Zielen soll die Erkenntnis unterstützen, dass Ziele aus eigener Kraft erreicht werden können. Bandura (1986) nannte bereits in seinen frühen Arbeiten zum Konstrukt Selbstwirksamkeit vier wesentliche Methoden zum Aufbau von Selbstwirksamkeitserwartung (siehe auch Kurs 1, Kapitel 9 „Gesundheitsverhaltensmodelle I“): eigene wohldosierte Erfolgserfahrungen, Modelllernen, verbale Überredung und Erleben körperlicher Zustände bei Erreichen oder Nichterreichen von Zielen. Die wohldosierten Erfolgserfahrungen als wesentliche Quelle von Selbstwirksamkeitserwartungen lassen sich sowohl durch die Auseinandersetzung mit bereits erzielten, aber nicht mehr im Gedächtnis präsenten Erfolgserlebnissen, als auch durch an den eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten orientierten Zielformulierungen erreichen. Der Resilienzfaktor der Eigenverantwortlichkeit legt den Fokus auf die Wahrnehmung der eigenen Person als steuernde und damit verantwortliche Instanz in der aktuellen Situation („ich entscheide“ vs. „es wird über mich entschieden“). Auch hier kommen kognitive Strategien zur Stärkung der Wahrnehmung eigener Handlungsmöglichkeiten zum Einsatz. Bei der Netzwerkorientierung geht es darum, für die Ressourcen aus sozialen Beziehungen zu sensibilisieren, ihre Potenziale zu erkennen und Aspekte des Aufbaus und der Pflege sozialer Netzwerke zu erlernen. Im Rahmen von Resilienztrainings beschäftigt sich der Aspekt der Lösungsorientierung mit der Suche und Realisierung pragmatischer und tatsächlich umsetzbarer Lösungsstrategien, häufig mit Rückgriff auf Elemente der positiven Psychologie (Seligman, 2005). Es soll verinnerlicht werden, dass auch in einer schwierigen Situation meistens Ansatzpunkte für zumindest teilweise Veränderungen in eine erwünschte Richtung gefunden werden können. Zur Erweiterung des Suchraumes für potenzielle Lösungswege wird in Resilienztrainings häufig das Erlernen von Kreativitätstechniken verwendet. Durch Stärkung der Zukunftsorientierung soll erreicht werden, dass Energie und Zeit in erster Linie für die Gestaltung aktueller und zukünftiger Situationen genutzt werden. Dies soll verhindern, dass die Handlungsmöglichkeiten für anstehende Aufgaben durch eine ständige Beschäftigung mit Problemen der Vergangenheit und deren Ursachenanalysen eingeschränkt werden. Als ein weiterer Aspekt der Zukunftsorientierung wird die Untergliederung anstehender schwieriger Situationen in kleinere Teilprobleme oder Teilabschnitte und die ebenfalls Schritt für Schritt anzugehende Meisterung dieser umgrenzten Anforderungen angeleitet (Gruhl, 2014). Techniken zur Förderung des zielgerichteten Handelns Die Nutzung und das bewusste Einsetzen von Zielen sind nicht nur im Rahmen von Resilienztrainings, sondern auch als eigenständige Ressourcen zur Steuerung der eigenen Handlung Gegenstand von Interventionen. Die Wirkung eigener Ziele auf die Motivation und das Verhalten sowie die Verbesserung der Kompetenzen zur Formulierung von Zielen, die Vermehrung verfügbarer Strategien zu ihrer Umsetzung und der Umgang mit erreichten oder unerreichbaren Zielen sind dabei die wesentlichen Ansatzpunkte (siehe auch Kurs 1, Kapitel 8 „Regulation gesundheitsbezogenen Verhaltens“). Häufig scheitert die Erreichung eines angestrebten Ziels daran, dass die Ziele zu anspruchsvoll gesetzt sind und daher auf dem Weg zur Zielerreichung die Motivation nicht aufrechterhalten werden kann (z. B. das Ziel eines sehr hohen Gewichtsverlusts in sehr kurzer Zeit). In anderen Fällen können zu globale Ziele die Zielerreichung bedeutungslos werden lassen (z. B. das Ziel, bis zum Ende des Lebens ein glückliches Leben zu führen). B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 2, Kapitel 10 18 Zur Förderung des zielgerichteten Handelns existieren verschiedene Methoden; exemplarisch dafür ist die SMART-Technik (Tiefenbacher & Neuburger, 2010). Bei dem Akronym SMART stehen die Buchstaben für  S = Spezifisch  M = Messbar  A = Akzeptiert  R = Realistisch  T = Terminiert. Ziel der Technik ist die bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Zielen und ihre Formulierung entsprechend der SMART- Kriterien (Doran, 1981). Spezifisch. Ziele müssen präzise definiert sein. „Ich möchte mich gesund ernähren.“ ist zu unspezifisch formuliert, weil sich aus diesem Ziel keine klaren Handlungspläne für seine Erreichung ableiten lassen (Yemm, 2013). Ein ausreichend spezifisches Ziel sollte also mehr Details enthalten, beispielsweise „Ich möchte mindestens an vier Tagen in der Woche bei drei Mahlzeiten Obst und Gemüse zu mir nehmen“. Messbar. Das Ausmaß der Zielerreichung muss quantifizierbar sein Dieses Kriterium setzt voraus, dass Ziele operationalisierbar und messbar sein müssen. Nur dann besteht, wie bei dem obigen Beispiel, die Möglichkeit zu prüfen, ob das konkrete Ziel erreicht wurde oder nicht (Tiefenbacher & Neuburger, 2010). Akzeptiert. Die Bedeutung des Ziels muss von allen Beteiligten geteilt werden. Dies betrifft zunächst die Person, die das Ziel setzt; es muss sich um ein für diese Person tatsächlich attraktives Ziel handeln und nicht durch die Erwartungen Anderer begründet sein (z. B. „Meine Partnerin wünscht, dass ich mich mehr bewege.“). Auf der anderen Seite sollten jedoch bei der Umsetzung von Zielen relevante soziale Normen sowie die Bedürfnisse und Ziele anderer Menschen berücksichtigt werden. Realistisch. Das Ziel muss umsetzbar sein. Dieses Kriterium betont die Bedeutung einer wirklichkeitsgetreuen Einschätzung eigenen Fähigkeiten und auch Grenzen und die Ausrichtung der Ziele an den tatsächlichen Möglichkeiten. Ein hoch gestecktes sportliches Ziel (z. B. einen Marathon laufen) ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, wenn weder die körperlichen Voraussetzungen noch ausreichend Zeit für das Training vorhanden sind. Terminiert. Zeitraum und -punkt der Zielüberprüfung müssen festgelegt sein. Bei diesem letzten Kriterium steht die zeitliche Verankerung eines Ziels und des Prozesses der Zielerreichung im Mittelpunkt. Eine wirksame Prüfung der Zielfortschritte und der Zielerreichung erfordert das Setzen eines zeitlichen Rahmens, innerhalb dessen ein Ziel in die Umsetzung überführt beziehungsweise erreicht sein soll. Das Ziel, irgendwann in der nächsten Zeit fünf Kilo abzunehmen, ist daher auch bei ausreichender Spezifität, Messbarkeit, Akzeptanz und prinzipieller Realisierbarkeit kein sinnvoll formuliertes Ziel, da keine Möglichkeit der Überprüfung des Fortschritts oder der Erreichung dieses Ziels vorgesehen ist. Literaturverzeichnis Aldao, A., Nolen-Hoeksema, S., & Schweizer, S. (2010). Emotion-regulation strategies across psychopathology: A meta-analytic review. Clinical Psychology Review, 30(2), 217-237. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2009.11.004 Antonovsky, A. (1987). 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