Grundlagen Allgemeine Psychopathologie BM2021 PDF
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LMU München
Margit Allmeroth
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This document covers various topics in psychopathology, including definitions, classifications of symptoms, different kinds of syndromes and diagnoses of mental conditions. It's well-structured for studying.
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GRUNDLAGEN Allgemeine Psychopathologie Terminologie/ Allgemeines Psychopathologie von griech. pathos = Leiden/Krankheit + logos = Wort > Die Lehre von den Leiden der Seele Beschäftigt sich...
GRUNDLAGEN Allgemeine Psychopathologie Terminologie/ Allgemeines Psychopathologie von griech. pathos = Leiden/Krankheit + logos = Wort > Die Lehre von den Leiden der Seele Beschäftigt sich mit psychischen Auffälligkeiten des Menschen: Beschreibung, Auflistung, Zuordnung und Einteilung veränderter psychischer Funktionen und Eigenschaften (Denken, Fühlen, Erleben, Verhalten). Psychopathologischer Befund = Ergebnis der Interaktion von Therapeut und Patient durch Befragung (Anamnese, Fallaufnahme, Gespräch) Beobachtung (des Verhalten) psychologische Tests ggfs. körperliche Untersuchung (Arzt) Beobachtbares Beobachtbares Beobachtbares Symptom 1 Symptom 2 Symptom 3 ! ! ! Zusammenfassung zu einem psychopathologischen Syndrom ! Berücksichtigung von Krankheitsverlauf, Eigenanamnese, Fremdanamnese, Zusatzuntersuchungen ! Differentialdiagnose > Diagnose Diagnose von griech.: dia = durch + gnosi = Erkenntnis, Urteil Symptome von griech.: sýmptoma = Begebenheit, Eigenschaft Symptome als diagnostische Bausteine > Krankheitszeichen Ein Symptom allein reicht nicht zur Diagnosestellung, auch wenn bestimmte Krankheiten durch sogenannte “Leitsymptome” gekennzeichnet werden. Syndrom = griech.: zusammenlaufen = Symptomenkombinationen, Symptomenkomplexe. Das heißt, eine Gruppe von Symptomen tritt gemeinsam auf ohne bereits ein Krankheitsbild zu beschreiben. Elementarfunktionen (Symptome) Psychiatrische Störungsdimensionen nach AMDP (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie) und andere: 1. Bewusstseinsstörungen 2. Orientierungsstörungen 3. Auffassungs-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen 4. Gedächtnisstörungen 5. Denkstörungen formal und inhaltlich 6. Wahrnehmungsstörungen 7. Ich-Störungen 8. Störungen der Affektivität 9. Antriebsstörungen, Psychomotorische Störungen 10. Andere Störungen wie Intelligenzminderung, Suizidalität, Essverhalten, Zirkadiane Besonderheiten u.a. 1. Bewusstseinsstörungen 1.1 Quantitative Bewusstseinsstörungen: = Abnahme der Wachheit/Vigilität, umgangssprachlich Vigilanz / von lat. “vigil” = wachsam Benommenheit wach, aber verlangsamt Lethargie, “Dösigkeit” Reaktions- und Denkverlangsamung Patient reagiert verzögert auf leichte Reize wie z.B. Ansprechen Somnolenz von lat. “somnus” = Schlaf schläfriger Zustand Patient durch Reize wie z.B. Berührung leicht weckbar Abwehrreaktionen bei Schmerzreizen Orientierung vorhanden Sopor = lat. tiefer Schlaf Patient nur durch starke Reize wie z.B. Kneifen weckbar evtl. matte, ungezielte Abwehrbewegungen keine Orientierung mehr vorhanden Koma schwerster Grad der Bewusstseinsstörung Patient auch durch stärkste Reize nicht weckbar Reflexe nicht auslösbar evtl. labile Vitalzeichen Vorkommen der Symptome bei Delir, Vergiftungen, Entzugsdelir, komplizierter Rausch, hormonelle Entgleisung, Tumore, Schwellungen im Gehirn, Enzephalopathie, Schlaganfall, SHT Sonderformen: Wachkoma = Coma vigile oder apallisches Syndrom Patient erscheint wach, obwohl er stumm und reglos ist Hypervigilität = “Überwachheit" subjektives Gefühl gesteigerter Leistungsfähigkeit und Gefühlsintensität. Tendenz zu entrückt-rauschhaftem Empfinden Vorkommen der Symptome bei Hypnose, Meditation, Schock, epileptische (migränöse) Aura, PTBS DD: Bewusstseinserweiterung Diagnostik vor allem durch Verhaltensbeobachtung. Bei Sopor und Koma bedarf es einer sofortigen medizinischen Abklärung > Notfall!!!! 1.2 Qualitative Bewusstseinsstörungen: betrifft das Erleben, Denken und Erinnern von Bewusstseinsinhalten Bewusstseinstrübung Wahrnehmen ohne zu verstehen Abnahme der Klarheit (Luzidität) Verwirrung Desorientierung evtl. rasche Ablenkbarkeit oder Rückzug Leitsymptom bei Delir. Vorkommen auch bei Dämmerzuständen, Epilepsie, Pathologischem Rausch > leicht zu erkennen Bewusstseinseinengung Minderung des Spektrums > "Tunnelblick" Fokussierung auf einige wenige Dinge Fähigkeit zur Durchführung komplexer Handlungen bleibt meist erhalten (z.B. Reisen) Vorkommen bei Dissoziativen Störungen, epileptischne Dämmerzuständen, akuten Belastungsreaktionen, Hypnose, Schizophrenie > schwierig zu erkennen Bewusstseinserweiterung (-verschiebung) Subjektive Erweiterung des Bewusstseins mit Steigerung der Wachheit, intensiver Wahrnehmung Halluzinationen intensives Erleben Vorkommen nach halluzinogenen Drogen (LSD), Manie, Schizophrenie, Trance, Meditation Diagnostik durch Befragen und Verhaltensbeobachtung: - Wie wach und klar ist der Klient? - Wie seine Ansprechbarkeit, Reaktionsvermögen, sprachliche Verständigung? 2. Orientierungsstörungen Desorientierung beschreibt das mangelnde Bescheidwissen und Sichzurechtfinden in der jeweiligen Situation und zwar Z eitlich Ö rtlich S ituativ P zur Person Vorkommen bei organisch bedingten psychischen Störungen (v.a. Drogenrausch, Demenz, hirnorganische Schädigung), bei ungewöhnlich hoher psychischer Belastung (z.B. Katastrophe, im Panikzustand), im Wahn, Delir (Orientierungsstörung v.a. zur eigenen Person und situativ) Diagnostik durch Befragen und Verhaltensbeobachtung. Die Fragen möglichst natürlich ins Gesamtgespräch einfließen lassen, um dem Klienten nicht das Gefühl der Bloßstellung zu geben. - Zeitlich: Welcher Tag / Datum ist heute? - Örtlich: In welcher Stadt sind wir? Wo wohnen Sie? - Zur Person: Name, Alter, Geburtsdatum, lebensgeschichtliche Situation? - Zur Situation: Wo befinden wir uns gerade? 3. Aufmerksamkeits-, Auffassungs-, Konzentrationsstörungen Verminderte Fähigkeit, das Erlebte begreifen und wiedergeben zu können. Voraussetzung für Aufmerksamkeit und Konzentration sind Wachheit und Bewusstseinsklarheit! Auffassungsstörung Der Patient kann das Gesagte nicht begreifen und sinnvoll miteinander verbinden. = Störung kognitiver Verarbeitung erhaltener Informationen. Diagnostik wird automatisch im Gespräch ermittelt. Bei Zweifel kann man den Klienten eine vorgelesene Fabel nacherzählen oder eine vorgelegten Bildergeschichte verbal formulieren lassen. Deuten eines bekannten Sprichwortes wie “Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm” Aufmerksamkeitsstörung Aufnahme von Wahrnehmung, Vorstellung oder Gedanken sind beeinträchtigt. Diagnostik durch Einstiegsfragen wie: - Fällt es Ihnen schwer, dem Gespräch zu folgen? - Fällt es Ihnen in bestimmten Situationen schwer, bei der Sache zu bleiben? - Können Sie sich nicht so gut wie früher konzentrieren? Bitte geben Sie ein Beispiel! Konzentrationsstörung Intensität und Dauer der Aufmerksamkeit sind gestört. Diagnostik - Durch Beobachtung inwieweit der Patient inhaltlich dem Gespräch folgt - Aufgaben wie fortlaufendes Abziehen einer Zahl (100–7 = 93–7 = 86) 4. Gedächtnisstörungen (mnestische Störungen) von griech.: mnesis = Gedächtnis, Erinnerung beschreibt die Fähigkeit der Erinnerung an Geschehenes Merkfähigkeit: " Ultrakurzgedächtnis (10–30 Sek.) " Kurzzeitgedächtnis (bis zu 10 Minuten) " Alt- oder Langzeitgedächtnis: > 10 Minuten Amnesie = totale oder teilweise Erinnerungslücke, zeitlich und/oder inhaltlich " kongrade Amnesie = Zeitraum des Geschehens selbst wird nicht erinnert " anterograde Amnesie = Zeitspanne nach dem Geschehen wird nicht erinnert " retrograde Amnesie = Zeitspanne vor dem Ereignis wird nicht erinnert " transitorische globale Amnesie (TGA) " akute, reversible Amnesie mit antero- und retrograder Erinnerungslücke mit unklarer Ätiologie Paramnesie Erinnerungsverfälschung, Trugerinnerung " Déjà vu = schon mal gesehen " Déjà vécu = schon mal erlebt " Jamais vu = Vertrautes dennoch nie erlebt " Hypermnesie = verstärkte überdeutliche Erinnerung Zeitgitterstörung (Ekmnesie) " Unvermögen, die zeitliche Abfolge zutreffend zu erinnern Vorkommen bei Hypnose, Korsakow-Syndrom, Demenz Konfabulation " Auffüllen von Erinnerungslücken mit Erfundenem " Wird vom Patienten aber als real empfunden! Vorkommen: Amnestisches Syndrom (Korsakow- Syndrom) Diagnostik - Durch Beobachtung inwieweit der Patient sich im Gespräch wiederholt - Gibt er seine biografischen Daten in zeitlich korrekter Reihenfolge wieder? - Mögliche Fragen: Wie schätzen Sie Ihr Gedächtnis ein? Vermissen Sie vermehrt Dinge? Haben Sie Schwierigkeiten, sich etwas zu merken? - Abfragen biografischer Daten - Kurztests: - Kurzzeitgedächtnis (< 10 Min) Beispiel: 3 einfache Begriffe (Auto/Blume/Kerze) merken lassen und nach ein paar Minuten wiederholen lasse - Langzeitgedächtnis (> 10 Min) Beispiel: Namen von 3 Gegenständen sofort und nach 10-minütigem Gespräch wiedergeben lassen 5. Denkstörungen formale und inhaltliche Denkstörungen sind an der Sprache zu erkennen. 5.1 Formale Denkstörungen betreffen das "WIE" des Gedankenablaufs, nämlich die Geschwindigkeit, den Zusammenhang und die Logik Denkgeschwindigkeit " verlangsamt / beschleunigt: von Außen wahrnehmbar " gehemmt: innerer Widerstand gegen Denken, meist subjektive Empfindung Vorkommen bei Depression, Schizophrenie Denkzusammenhang " Gedankenabriss = plötzlich wird ein flüssiges Gespräch mitten im Satz ohne erkennbaren Grund unterbrochen. Dies wird vom Patienten selbst bemerkt. " Gedankensperren = Abreißen eines Gedankens in Mitten eines Satzes oder Wortes und die darauffolgende Entstehung von Denkpausen. Der Betroffene merkt davon meist selbst nichts, es wird aber von Außenstehenden festgestellt. Vorkommen bei Schizophrenie " Eingeengt: Verhaftetsein an einem einzigen Thema. Vorkommen bei Depression " Grübeln: ständiges Denken, meist über unangenehme Themen bei Depression " Gedankenandrang: ständig wiederkehrende Gedanken führen zu Druckgefühl und Ausgeliefertsein. Vorkommen bei Manie, Zwang " Ideenflucht: häufiger Wechsel des Denkziels, Ablenkbarkeit durch ständig neue Einfälle und Assoziationen. Vorkommen bei Manie, Drogenrausch " Umständlich: Weitschweifigkeit; Unfähigkeit, Nebensächliches vom Wesentlichen zu trennen. Vorkommen bei Schizophrenie, Manie " Verbigeration: oftmaliges Wiederholen von sinnlosen Wörtern oder Wortteilen, Art von Sprachstereotypie. Vorkommen bei Schizophrenie Logik " Vorbeireden: bei verstandener Frage unbeabsichtigt nicht antwortend " Perseveration: an Gedanken, Wörtern, unpassenden Situationen haften bleiben. Vorkommen bei Demenz, epileptischer Wesensveränderung " Zerfahrenheit/Inkohärenz: "Wortsalat", unzusammenhängende, unlogische Wörter und/oder Sätze. Vorkommen bei Schizophrenie " Neologismen: Wortneubildungen. Vorkommen bei Schizophrenie " Konkretismus: Metaphern und Redewendungen werden nicht in ihrer übertragenen Bedeutung verstanden, sondern wörtlich genommen. Diagnostik durch Beobachtung des Erzählten und der Sprechweise Formal: Ist das Tempo (zu) schnell oder langsam? Gibt es plötzliche Themenwechsel? Unzusammenhängende Erzählweise? Haften an einem Thema? Nichtantworten auf Fragen, Vorbeireden? Wortneubildungen, „Wortsalat“? Einstiegsfragen: Haben Sie das Gefühl, dass sich an Ihrem Denken etwas verändert hat? Haben Sie den Eindruck, dass Ihr Denken langsamer, mühsamer oder schleppender geworden ist? Müssen Sie über bestimmte Dinge vermehrt grübeln? Kreisen Ihre Gedanken im Kopf? Drängen sich Ihnen zu viele Gedanken auf? Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen ein Gedanke öfter einfach abhandengekommen oder abgerissen ist? 5.2 Inhaltliche Denkstörungen betreffen das "WAS", das Ergebnis des Denkens. Ist das Ergebnis möglich oder abnorm verändert? Wird es als gewiss angesehen und unkorrigierbar daran festgehalten? Befürchtung: Misstrauen, Hypochondrische Befürchtungen Angst: ist grundsätzlich normal und lebensnotwendig, aber wenn sie heftigst, unbegründet und übertrieben ist, wird sie pathologisch. Bei nahezu allen psychischen Störungen in unterschiedlichem Schweregrad möglich. " Angst: Gefühlszustand von (unbegründeter) Bedrohung und Gefahr mit vegetativer Symptomatik (Zittern, Herzklopfen, Schwitzen) " Phobie: Objekt- oder situationsbezogene Angst mit Vermeidungsverhalten " Panik: Ohne Anlass plötzlich auftretende (Todes-)Angst mit ausgeprägter körperlicher Symptomatik (DD: Herzinfarkt!) Zwang Aufdrängen von nicht unterdrückbaren Denkinhalten oder Handlungsimpulsen, die als unsinnig erkannt und als quälend empfunden werden, oft gegen inneren Widerstand " Zwangsgedanken / -ideen " Zwangshandlungen: Zählzwang, Kontrollzwang, Ordnungszwang, Putzzwang, Waschzwang " Zwangsimpulse: sich zwanghaft aufdrängende Impulse zu bestimmtem aggressiven Handlungen, die aber nicht ausgeführt werden. Die Patienten leben in ständiger Angst, sich selbst oder andere zu verletzen. überwertige Ideen Von Emotionen beherrschtes unsachliches und oft einseitiges, negatives Denken, jedoch korrigierbar. Es besteht eine intakte Realitätskontrolle, d.h. Klienten können sich zumindest zeitweise auch wieder von den Ideen distanzieren. Vorkommen bei Anorexia nervosa, schwere depressive Episoden Wahn Unkorrigierbare Überzeugung von etwas, das mit der Realität nicht übereinstimmt. Unmöglichkeit des Inhalts - subjektive Gewissheit - Unkorrigierbarkeit Wahnformen " Wahnstimmung: Überzeugung, etwas Unheilvolles liegt in der Luft, ohne Konkretes benennen zu können. Oft zu Beginn von psychotischen Störungen, bevor Wahninhalt sich manifestiert oder Wahnwahrnehmung auftritt. " Wahnidee = Wahngedanke = Wahneinfall. Wahnideen entstehen plötzlich in der Vorstellung " Wahnwahrnehmung: Einer tatsächlichen Sinneswahrnehmung wird eine unrealistische, abnorme Bedeutung zugewiesen (Fehlinterpretation). Wahnwahrnehmung ist zweigliedrig, z.B. nimmt Person richtig wahr, dass die Autos auf der Straße Licht anhaben, ist aber davon überzeugt, damit wolle man ihm etwas Bestimmtes mitteilen. " Wahnsystem, Wahngebäude: Scheinbar logische Verknüpfungen von Wahnideen untereinander oder auch Wahnideen mit Halluzinationen und Ich-Störungen. " Wahndynamik: Antrieb und Affekt, die individuell auf den Wahn wirken Wahnthemen Thema stammt oft aus der eigenen Biographie oder aus dem jetzigen Zustand " Beziehungswahn Person bezieht alle Geschehnisse auf sich, häufig bei Schizophrenie. " Beeinträchtigungswahn Ereignisse werden von Person als gegen sich gerichtet interpretiert; häufig bei älteren Menschen. " Verfolgungswahn als Steigerung des Beeinträchtigungswahns, oft bei Schizophrenie. " Eifersuchtswahn häufiger bei Männern, v.a. bei Alkoholismus " Größenwahn Überbewertung eigenen Könnens und eigener Kompetenzen, v.a. bei Manie. " Nihilistischer Wahn Person ist irrtümlich davon überzeugt, dass sie tot sei, nicht existiere, glaube zu verwesen, v.a. bei schwerer Depression oder Schizophrenie. " Schuld- oder Versündigungswahn Person glaubt, dass sie Schuld an Ereignissen trägt, mit denen sie nichts zu tun hat, v.a. bei schwerer Depression. " Verarmungswahn Person fühlt sich unbegründet arm oder fürchtet, zu verarmen, v.a. bei schwerer Depression. " Hypochondrischer Wahn Glaube schwer erkrankt zu sein, obwohl kein Befund vorliegt, v.a. bei schwerer Depression. " Liebeswahn Überzeugung, dass die geliebte Person ihre Liebe zu ihm/ihr verheimlicht, aber durch geheime Signale dennoch zeigt, häufiger bei Frauen, v.a. wahnhafte Störung. seltener: "Symbiotischer Wahn "Folie à deux", induzierter Wahn. Wahnidee oder -system wird von einem nahestehenden Gesunden übernommen. "Vergiftungswahn, oft bei Schizophrenie "Dermatozoenwahn „Haut-Tiere-Wahn“, v.a. bei Drogenabusus oder älteren Klienten. Diagnostik durch Verhaltensbeobachtung, gezieltes Befragen, Fremdanamnese Wahn: Was wird erzählt? Patient fühlt sich beispielsweise von Außerirdischen verfolgt oder hält sich für einen Propheten („Ich muss die Welt erlösen”). Mögliche Fragen: Haben Sie in letzter Zeit Dinge erlebt, die Ihnen sehr merkwürdig vorkamen? Haben Sie Dinge erlebt, die andere für unmöglich halten? Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen jemand was Böses will? Haben Sie das Gefühl, über besondere Fähigkeiten zu verfügen? Hinweis auf eine wahnhafte Störung kann auch ein besonders misstrauisches und ängstliches Verhalten sein. Verdacht auf Wahn ist oft nur durch Fremdanamnese zu erhärten Ängste und Zwänge: In der Regel sprechen die Patienten offen über ihre Ängste und Zwänge. Ausgeprägte Zwangshandlungen können unter Umständen direkt beobachtet werden. Einstiegsfragen: Gab es in den letzten Tagen Gefühle von Ängstlichkeit? Ängstigen Sie sich im Augenblick mehr als üblich? Geraten Sie in bestimmten Situationen in Angst? Müssen Sie bestimmte Dinge immer wieder denken oder tun, obwohl Sie sich innerlich dagegen zur Wehr setzen? Haben Sie bestimmte Gewohnheiten? Waschen Sie sich häufig die Hände? Haben Sie das Gefühl, bestimmte Dinge immer wieder kontrollieren zu müssen? 6. Wahrnehmungsstörungen Teilinformationen werden über die 5 Sinne zu Gesamteindrücken zusammengesetzt. Störung entsteht durch Fehlinterpretation oder Ausfall eines Sinnesorgans. Der Realitätsbezug ist jedoch vorhanden. DD: Bei Ausfall eines Sinnesorgans = neurologische Störung! Halluzinationen = Wahrnehmungserlebnisse ohne entsprechenden Außenreiz, die trotzdem für wirkliche Sinneseindrücke gehalten werden. " Akustisch: hören, laute eigene Gedanken, auch Akoasmen (Knallen,Zischen) " Optisch: sehen " Olfaktorisch: riechen " Gustatorisch: schmecken " Taktil oder haptisch: fühlen " Zönästhetisch: innere Körperhalluzinationen, Magen aus Stein Pseudohalluzinationen: Person erkennt Trugcharakter Illusionen: Missdeutung von Sinneseindrücken, aber korrigierbar (Mantel auf Stuhl) Pareidolien bezeichnet das Phänomen, in Dingen und Mustern vermeintliche Gesichter und vertraute Wesen oder Gegenstände zu erkennen (Tiere in Wolken) 7. Ich-Störungen Die Grenze zwischen ICH, dem autonomen, bewußten Erleben einer Meinhaftigkeit und der UMWELT wird als verändert oder gestört wahrgenommen. Das eigene Erleben wird als fremd empfunden, die eigenen seelischen Vorgänge werden nicht mehr als zum eigenen Ich zugehörig empfunden, sondern als von außen gemacht oder beeinflusst erlebt. Unangenehmes Entfremdungserleben: Nicht psychotisch (Klient weiß darum) Depersonalisation: veränderte Wahrnehmung sich selbst gegenüber („ich bin nicht ich selbst“), Derealisation Umwelt wird als nicht real erlebt, alles wirkt fremd, “wie in Watte”. Psychotisch (Klient weiß nicht darum > Realitätsverlust) Gedankeneingebung "Jemand" drängt mir seine Gedanken auf. Gedankenentzug "Jemand" stiehlt meine Gedanken. Gedankenausbreitung "Alle" wissen, was in mir vorgeht. Meine Gedanken gehören nicht mehr mir allein. Fremdbeeinflussungserlebnisse Wie ferngesteuert, von außen und anderen gemacht, gelenkt und beeinflusst. Leibhalluzinationen wie Magnetstrahlen von außen. Vorkommen häufig bei Schizophrenie, Depersonalisation/Derealisation auch bei Angststörungen, Erschöpfung Diagnostik durch Beobachtung: Halluzinationen werden vom Patienten nur selten spontan berichtet! Wendet der Patient sich lauschend ab? Macht er unvermittelte Handbewegungen wie etwas verscheuchen oder fangen wollen? Legt er den Kopf zur Seite als würde er lauschen? Blickt er immer wieder in eine bestimmte Richtung, ohne dass sich dort etwas Auffälliges befindet? Mögliche Fragen: Gibt es irgendetwas, was Sie ängstigt oder ablenkt? Hören Sie Stimmen oder Geräusche? Haben Sie schon mal Personen oder Gegenstände gesehen, die andere nicht sehen konnten? Haben Sie in letzter Zeit merkwürdige Gerüche bemerkt? Schmeckt Ihr Essen anders als früher? Haben Sie eigenartige Empfindungen in Ihrem Körper? 8. Affektivität Dazu gehören: Stimmung = Gemüt Affekte = Gefühlswallungen, also zeitlich kurze, intensive Gefühlsregung wie z.B. Wut, Ärger, Freude, Angst Gefühle = Emotionen, die länger anhalten wie Liebe oder Trauer Affektarmut: Unbeteiligt, desinteressiert, geringe Ansprechbarkeit von Gefühlen, nicht schwingungsfähig. Affektinkontinenz: Fehlende Beherrschung von Äußerungen und Affekten Affektlabilität: Schnell wechselnde Affekte Affektstarre: Verharren in bestimmten Affekt- oder Stimmungslagen Ambivalenz: Gleichzeitig gegensätzliche, widersprüchliche Gefühle zu einer Person, Situation oder Handlung. Spannungszustand. Anhedonie: Freud- und Lustlosigkeit, Verlust der Genussfähigkeit Ängstliches Erleben: Ständige Besorgnis Dysphorie: Missmutig, "schlechte Laune", grantig Depressivität / Hoffnungslosigkeit: Negativ getönte Stimmungslage bis Suizidalität!!! Immer erfragen!!! Euphorie: Krankhaft übersteigertes Wohlbefinden mit gesteigertem Vitalgefühl, Leitsymptom der Manie! Gereiztheit: Aggressive Stimmungslage Klagsam / jammernd Inadäquater Affekt (Parathymie): Erlebnisinhalt und Gefühlsausdruck stimmen objektiv nicht überein, z.B. Lachen auf Beerdigung Innere Unruhe: Anspannung, Nervosität, Antriebssteigerung Insuffizienzgefühl "Ich bin wertlos" Übertrieben gesteigertes Selbstwertgefühl Gegenteil von Insuffizienzgefühl Läppischer Affekt: Albernheit Störung der Vitalgefühle / Gefühllosigkeit: Trauer kann nicht erlebt oder gespürt werden Diagnostik der Affektivität durch Beobachtung: Berichtet der Patient über sein Gefühlserleben? Wenn ja, passt die Gefühlslage zum Erzählten? Wechselt seine Stimmungslage schnell? Welche Art von Emotionen zeigt der Patient? Mögliche Fragen: Hat sich Ihr Gefühlsleben in letzter Zeit verändert? Leiden Sie unter häufigen Stimmungsschwankungen? Fühlen Sie sich niedergeschlagen und traurig? Sind Sie schnell wütend, aufbrausend und gereizt? Haben sie häufig das Gefühl wertlos zu sein? 9. Antrieb und psychomotorische Störungen Veränderungen des Antriebs zeigen sich im Verhalten einer Person und betreffen deren Energie und Aktivität, wie Lebendigkeit, Schwung, Initiative, Tatkraft und gehen meist mit der Psychomotorik einher. Veränderungen der Psychomotorik erkennt man am Gang, an der Haltung, Stimme, Gestik und Mimik eines Menschen durch Beobachtung. Antriebsstörungen " Antriebsarmut , -mangel oder -schäche Mangel an innerer Energie, schwer zu motivieren. " Antriebssteigerung " Antriebshemmung Subjektiv erlebt, oft objektiv nicht beobachtbar; "alles fällt mir so schwer", motorisch langsam. Psychomotorischen Störungen " katatoner Stupor = motorische Bewegungslosigkeit vs Raptus = abrupt einsetzender Erregungszustand " motorische Unruhe = unruhige Körperhaltung und Mimik " Echopraxie = Person macht alles nach " Echolalie = alles Gehörte wird nachgesprochen " Befehlsautomatismen = automatisches Befolgen ohne eigene Intention des Patienten " Stereotypien = sprachliche und motorische Wiederholungen " Tic = unkontrollierbare Muskelzuckung " Paramimie = Affekt und Mimik stimmen nicht überein " Manierismus = gekünsteltes bizarres Verhalten " Theatralik = Dramatisieren " Flexibilitas cerea = wächserne Biegsamkeit mit zähem Widerstand " Mutismus = Schweigen bei intakter Sprachfähigkeit " Logorrhoe = übermäßiger Redefluss " Negativismus = Reaktion gegenteilig zur Aufforderung Diagnostik der Antrieb und Psychomotorik durch Beobachtung und Erfragen: ∙ Motorik: Echopraxie, Unruhe, Stupor, Antriebsarmut- und Steigerung, Manierismen, Tics? Besonders auf katatone Symptome achten, denn katatoner Stupor (= Muskelspannung/-tonus) ist stark erhöht) = Notfall! ∙ Sprache: Logorrhoe, Mutismus, Echolalie ∙ Automatismen, Stereotypien? Einstiegsfragen: Verspüren Sie einen inneren Widerstand gegen die Verrichtung Ihrer Handlungen? Fühlen Sie sich häufig unruhig oder getrieben? Haben Ihre Aktivitäten in letzter Zeit nachgelassen? Fällt es Ihnen schwerer als früher, sich zu irgendetwas aufzuraffen, auch Tätigkeiten, die Ihnen sonst Spaß gemacht haben? 10. Weitere psychopathologische Aspekte Suizidalität > Wünsche, Gedanken, Phantasien, Versuche, Vorbereitung Selbstschädigungen > Selbstverletzungen wie Schneiden mit Rasierklingen Zirkadiane Störungen > “Innere Uhr / Tag-Nacht-Rhythmus” Schwankungen der Befindlichkeit und des Verhaltens im 24-Stunden-Rhythmus Sozialer Rückzug > Gestörtes Kontaktverhalten Soziale Umtriebigkeit, Aggressivität > distanzlos oder anklammernd Essverhalten Krankheitseinsicht > keine Krankheitseinsicht bei Manie, Anorexie, Borderline PS, Schizophrenie, Wahn Schlafstörungen > Einschlaf-/Durchschlafstörung, abnormes Schlafverhalten (Albträume) Tagesmüdigkeit, Rhythmusumkehr Appetenzstörungen > Appetit, Durst, Sexualverhalten Vegetative Störungen > Pulsschlag, Herzrasen, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Durchfall Medikamente, Drogen, Alkoholkonsum Intelligenzstörungen > Angeboren oder bis zum 2. Lebensjahr entwickelt Literatur: „Lehrbuch Heilpraktiker für Psychotherapie“ Christopher Ofenstein (U&F) "Psychiatrie und Psychotherapie für Heilpraktiker" Jürgen Koeslin (U&F) "Grundlagen der ICD-10-Diagnostik" Klaus Paulitsch (facultas wuv) "Psychiatrie und Psychotherapie" Möller/Laux/Deister (MLP - Duale Reihe/Thieme) "Psychopathologie" Theo R. Payk (Springer) "Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie" Theo R. Payk (Thieme) www.psychomeda.de