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Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Die politikwissenschaftliche Diskussion zur Frage der institutionellen Legitimität der NATO Ein Blick in die Theorien der Internationalen Beziehungen © 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 001/15 Wissenschaftliche Dienste...
Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Die politikwissenschaftliche Diskussion zur Frage der institutionellen Legitimität der NATO Ein Blick in die Theorien der Internationalen Beziehungen © 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 001/15 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 2 WD 2 - 3000 - 001/15 Die politikwissenschaftliche Diskussion zur Frage der institutionellen Legitimität der NATO Ein Blick in die Theorien der Internationalen Beziehungen Verfasser/in: , Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 001/15 Abschluss der Arbeit: 16. Februar 2015 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 3 WD 2 - 3000 - 001/15 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Theorien der internationalen Beziehungen 6 2.1. Realismus und Neorealismus 6 2.2. Klassischer Liberalismus, Neoliberalismus und Institutionalismus 8 2.2.1. Interdependenz-Theorien 8 2.2.2. Hard Power und Soft Power 9 2.2.3. Regime-Theorien 9 2.3. Globalismus 10 2.3.1. Weltsystemtheorie 10 2.3.2. Globalisierungstheorien 11 2.4. Postmodernismus 11 2.5. Konstruktivismus 12 3. Zum Begriff der Legitimität 12 3.1. Legitimationsbegriffe 12 3.1.1. Zum rechtswissenschaftlichen Legitimations- begriff 13 3.1.2. Zum empirisch-deskriptiven Legitimationsbe- griff – Max Weber und der Legitimationsglaube 13 3.1.3. Zum normativ-ethischen Legitimationsbegriff der politischen Philosophie 13 3.2. Legitimitätstheorie nach Beetham 14 3.3. Legitimitätskonzept nach Easton 15 3.4. Zur Bestimmung der Legitimität internationaler Institutionen 16 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 4 WD 2 - 3000 - 001/15 4. Die institutionelle Legitimität der NATO 17 4.1. Die Legitimitätsfrage vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung der Allianz 17 4.2. Die institutionelle Legitimität der NATO aus Sicht verschiedener Theorieansätze 20 4.2.1. Neorealismus und optimistischer Realismus 21 4.2.2. Klassischer Liberalismus und neoliberaler Institutionalismus 22 4.2.3. Konstruktivismus 23 4.2.3.1. Liberalistischer Wertegemeinschafts- konstruktivismus 24 4.2.3.2. Wertedifferenzen-Realismus 24 4.2.3.3. Post-Paradigmatistische Werte- gemeinschaftskonzeptionen 24 4.2.4. Postmodernismus 25 5. Zusammenfassung 26 Anlagen 29 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 5 WD 2 - 3000 - 001/15 1. Einleitung Nach dem Ende des Kalten Krieges waren zahlreiche, der neorealistischen Schule zuzuordnende Politikwissenschaftler davon überzeugt, dass die NATO mit dem Zusammenbruch des War- schauer Paktes und dem Wegfall der sowjetischen Bedrohung vor der Auflösung stünde. So schrieb im Sommer 1990 beispielsweise John Mearsheimer, dass „it is the Soviet threat that pro- vides the glue that holds NATO together. Take away that offensive threat and the United States is likely to abandon the Continent, whereupon the defensive alliance it has headed for forty years may disintegrate.“ 1 In ähnlicher Art erklärte einige Monate später ein weiterer amerikanischer Politikwissenschaftler, Kenneth Waltz, dem Auswärtigen Ausschuss des US-Senats, dass die „NATO is a disappearing thing. It is a question of how long it is going to remain as a significant institution even though its name may linger on.“ 2 Andere Theorien und Denkschulen der Internationalen Beziehungen (IB) entwickelten zur Über- lebensfähigkeit sowie zur institutionellen Legitimität der NATO in einem sich verändernden sicherheitspolitischen Umfeld vom Neorealismus abweichende Standpunkte. So argumentierte beispielsweise der den Liberalismus vertretende deutsche Politikwissenschaftler Thomas Risse (vormals: Risse-Kappen), dass die NATO von Beginn an etwas mehr als nur eine militärische Allianz gewesen sei: „While the perceived Soviet threat certainly strengthened the sense of com- munity among the Western democracies, it did not create the collective identity in the first place. […] The multilateral nature of the organization based on democratic principles and decision rules reflected the common values and the collective identity.“ 3 Vor dem Hintergrund dieser bis heute anhaltenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Legitimitätsfrage der NATO gibt die vorliegende Dokumentation zunächst Hinweise auf solche Literatur, die die Grundsätze und Stränge sowohl rationalistischer als auch norm- bzw. werteorientierter IB-Theorien verständlich erläutert, und vermittelt anhand dieser Quellen einen Überblick über deren Vertreter und Kernaussagen. In einem zweiten Schritt diskutiert diese Arbeit den Begriff der Legitimität. Nach einer Vorstel- lung solcher Literatur, die sich mit den verschiedenen Legitimitätsbegriffen (rechtswissenschaft- lich, soziologisch, normativ) auseinandersetzt, werden hier David Beethams Legitimitätstheorie mit den seiner Auffassung nach entscheidenden Legitimitätskriterien sowie David Eastons Legitimitätskonzept dargestellt, das über seinen systemtheoretischen Input-Output-Ansatz die Bedeutung der Akzeptanz durch die Bevölkerung für die Legitimität eines politischen Systems unterstreicht. Dieser Abschnitt schließt mit der Vorstellung eines gemeinsam von dem Philoso- phen Allen Buchanan und dem Politikwissenschaftler Robert O. Keohane entwickelten Ansatzes zur Beantwortung der Frage, wie sich die Legitimität von Institutionen überhaupt bestimmen lässt. Das dritte und letzte Kapitel dieser Arbeit befasst sich mit der eigentlichen Frage der institutio- nellen Legitimität der NATO. Hierbei werden zunächst solche wissenschaftlichen Arbeiten prä- sentiert, die sich mit der Frage der heutigen Legitimität der nordatlantischen Allianz vor dem 1 Smith, Martin A. (2010): NATO in the First Decade after the Cold War. Signatur: P 5135040, S. 174. 2 Ebenda. 3 Ebenda, S. 175. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 6 WD 2 - 3000 - 001/15 Hintergrund ihrer historischen Entwicklung auseinandersetzen. Abschließend entrollt die vorlie- gende Dokumentation in diesem Abschnitt unter Hinweis auf entsprechende Literatur die Auffas- sungen verschiedener IB-Theorieansätze zur institutionellen Legitimität des Bündnisses. Hierbei reflektiert die vorliegende Dokumentation nicht alle der zu Beginn dieser Arbeit erläuterten Schulen, sondern ausschließlich solche, die explizit Aussagen zur institutionellen Legitimität der NATO getroffen haben. Hierunter fallen auch Weiterentwicklungen oder Variationen der klassi- schen Theorien der Internationalen Beziehungen. 2. Theorien der internationalen Beziehungen Jürgen Hartmann und Christiane Lemke geben in ihren Arbeiten „Internationale Beziehungen“ 4 (Anlage 1) bzw. „Internationale Beziehungen – Grundkonzepte, Theorien und Problemfelder“ 5 (Anlage 2) jeweils einen Überblick über die Entwicklung der Theorien der internationalen Be- ziehungen (IB) und ihrer Inhalte. Darin legen die Autoren dar, dass die IB nicht auf einer großen, einheitlichen Theorie beruhen, sondern sich in eine Vielzahl von Denkrichtungen unterteilen lassen. In Deutschland beschränken sich die Diskussionen über die Beziehungen zwischen Staaten oder größeren politischen Gemeinschaften im Wesentlichen auf die Grundrichtungen des Neo- realismus und des liberalen Institutionalismus. Im Folgenden werden die Vertreter der Haupt- strömungen und ihre Auffassungen zu den Strukturen in der Weltpolitik, internationalen Kooperationsformen und der Stellung der Akteure vorgestellt sowie ihre Sichtweisen zu den Kausalzusammenhängen der Internationalen Beziehungen beschrieben. 2.1. Realismus und Neorealismus Christiane Lemke führt als geistesgeschichtliche Wurzel einer systematischen Reflexion über die Entstehung moderner Nationalstaaten und die Beziehungen zwischen ihnen die staats- theoretischen Abhandlungen des englischen Philosophen Thomas Hobbes und dessen Schrift „Leviathan“ an. 6 Darin entwickelt Hobbes den Gedanken eines Gesellschaftsvertrages, der darauf beruht, dass sich die Bürger eines Landes der staatlichen Gewalthoheit beugen und im Gegenzug vom Nationalstaat Schutz vor äußeren Feinden geschützt wird. Für die Bundesrepublik hat Her- fried Münkler in seinen machttheoretisch-realistischen Arbeiten über „asymmetrische Kriegs- führung“ und „neue Kriege“ auf Ideen von Hobbes zurückgegriffen. 7 4 Hartmann, Jürgen (2009): Internationale Beziehungen. 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Signatur: POL 7.1 15, S. 21-72: Theorien der IB im historischen und fachlichen Kontext (Kapitel 2). Abrufbar unter: http://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-531-91529-6.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). 5 Lemke, Christiane (2011): Internationale Beziehungen – Grundkonzepte, Theorien und Problemfelder. 3., überar- beitete und ergänzte Auflage. Signatur: POL 7.1 20, S. 13-47: Theorierichtungen in der Analyse der Internationalen Beziehungen (Kapitel 1.5) und Zusammenfassender Überblick über die Theorien (Kapitel 1.6). 6 Hobbes, Thomas (1953): Leviathan. Signatur: M 32318. 7 Münkler, Herfried (2002): Die neuen Kriege. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Signatur: P 325203. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 7 WD 2 - 3000 - 001/15 Die realistische Denkschule analysiert die Welt als in einem Zustand der Anarchie befindlich ohne eine zentrale Erzwingungsgewalt in Gestalt einer Weltregierung. In dieser Welt besteht das nationalstaatliche Interesse primär darin, die eigene Sicherheit zu gewährleisten. Politik wird dem amerikanischen Wissenschaftler Hans J. Morgenthau zufolge als Macht- und Überlebens- kampf verstanden, wofür die Nationalstaaten militärische Mittel einzusetzen hätten. 8 Die Interes- sen des Nationalstaates und sein angestrebter Status in der Staatenwelt drückten sich in einem Streben nach Machtzuwachs aus. Großer Einfluss auf die realistische Denkrichtung wird dem britischen Historiker Edward Hallett Carr zugeschrieben. Er schlussfolgerte, dass das Recht des Stärkeren solche Staaten bevorzuge, die aufgrund ihrer territorialen Ausdehnung, Einwohnerzahl und Ressourcen das internationale Geschehen bestimmen könnten und denen sich kleinere Staaten beugen müssten. Vertreter dieser Theorie gingen nicht von der Möglichkeit eines dauerhaften interessen- oder wertegeleiteten Zu- sammenschlusses mehrerer Staaten in Form einer Verteidigungsallianz gegenüber Dritten aus. Jeder Nationalstaat stehe zunächst für sich und suche im Rahmen seiner Möglichkeiten nach ei- nem Machtzuwachs. Die Internationalen Beziehungen stellen sich dabei als ein Nullsummen- spiel dar, bei dem der Machtzuwachs eines Staates mit dem Machtverlust eines anderen einher- gehe. Der Neorealismus knüpft an die zentrale Rolle der Nationalstaaten an und vertritt ebenso die Theorie, dass internationale Beziehungen primär durch Anarchie, Konflikte und Konkurrenz ge- kennzeichnet seien. Er unterscheidet sich vom klassischen Realismus darin, wirtschaftlichen In- teressen in außenpolitischer Hinsicht den gleichen Stellenwert einzuräumen wie militärischen Sicherheitsinteressen; die wirtschaftlichen Interessen stellten ein Ziel für sich dar und dienten nicht ausschließlich der Machtposition eines Staates. Der Machtzuwachs der Nationalstaaten wird bei Kenneth Waltz, einem prominenten Vertreter dieser Denkrichtung, allerdings als relativ gegenüber dem Machtverlust eines anderen Nationalstaates beschrieben. Dabei betont er den Rahmen, der für die Handlungsoptionen durch das internationale System gesetzt wird.9 Die Machtverteilung im Staatensystem habe Auswirkungen auf die Umgebung oder die externe Um- welt. Der an der Harvard University lehrende Politikwissenschaftler Stanley Hoffmann warf in Zusam- menhang mit der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen die Frage nach ethischen Grund- sätzen als Basis der Entscheidungsfindung für außenpolitisches Handeln auf, die von der realisti- schen auf maximalen Machtzuwachs setzenden Denkschule ausgeklammert worden waren. 10 Auch die wachsende globale wirtschaftliche Verflechtung und die Bereitschaft von Staaten natio- nale Souveränität an supranationale Organisationen abzugeben wird von der neorealistischen Denkschule aufgegriffen. Übergeordnete politische Grundsätze im Interesse einer Weltgemein- schaft sind nach dieser Lesart relevant für die Ziele der nationalen Sicherheits- und Außenpolitik und seien mit nationalen Interessen in Einklang zu bringen. 8 Morgenthau, Hans Joachim (1961): Politics among nations, the struggle for power and peace. Signatur: M 505891. 9 Waltz, Kenneth N. (1979): Theory of International Politics. Signatur: M 525458. 10 Hoffmann, Stanley (1988): The Political Ethics of International Relations. Seventh Morgenthau Memorial Lecture on Ethics and Foreign Policy, https://www.carnegiecouncil.org/publications/archive/morgen- thau/228.html/_res/id=sa_File1/228_hoffmann.pdf (letzter Zugriff: 28.01.2015). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 8 WD 2 - 3000 - 001/15 2.2. Klassischer Liberalismus, Neoliberalismus und Institutionalismus Der klassische Liberalismus verfolgt die Idee einer friedlichen und auf Konfliktprävention setzen- den Zusammenarbeit souveräner Staaten. Ein Beispiel einer solchen Zusammenarbeit stellte der Völkerbund dar, der im Wesentlichen auf eine Initiative des ehemaligen US-Präsidenten Woodrow Wilson zurückging. Der klassische Liberalismus neueren Datums beschäftigt sich mit den Akteursinteressen, nicht aber mit der internationalen Machtverteilung oder dem Einfluss von internationalen Institutionen selbst. Er stellt die Schnittmenge der Akteursinteressen mit den In- stitutionen dar. Aus der Theorie des klassischen Liberalismus hat sich die in der angelsächsischen Literatur un- ter dem Namen Neoliberalismus bekannt gewordene Theorie entwickelt, die einen Gegenentwurf zur neorealistischen Denkrichtung darstellt. Der Neoliberalismus beschäftigt sich mit der zwi- schenstaatlichen Zusammenarbeit in Institutionen. In Deutschland wird deshalb auch vom (neo- liberalen) Institutionalismus gesprochen, da internationale Regime oder Organisationen als dau- erhafte Struktur erkennbar beschrieben werden. 11 Dem neoliberalen Institutionalismus lassen sich die im Folgenden dargestellten Interdependenz- und Regimetheorien als auch die Theorie der Hard Power und Soft Power zuordnen. 2.2.1. Interdependenz-Theorien Die wachsende Bedeutung wirtschaftlicher Interessen und nichtstaatlicher Akteure, wie Trans- nationale Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen, machen für die Mitbegründer der neoliberalen Theorie, Robert O. Keohane und Joseph Nye, deutlich, dass für die internationalen Beziehungen nicht mehr nur das sicherheitspolitische Handeln der Nationalstaaten maßgeblich ist, sondern mit dem weitverzweigten Netz grenzüberschreitender Akteure sich die Zahl der Ak- teure in den internationalen Beziehungen ebenso verändert hat wie deren Prioritäten. 12 Die Nationalstaaten streben nun nicht in erster Linie nach einer Verfestigung von Macht zum Zweck der Selbsterhaltung, sondern nach einer effektiven, am Nutzen der Beteiligten ausgerich- teten Machtausübung innerhalb eines multipolaren, pluralistischen Weltsystems. Beate Kohler- Koch hat die Interdependenz-Theorie in Deutschland aufgegriffen, um auf die gestiegene Bedeu- tung vernetzter Gesellschaften sowie auf eine Einschränkung des außenpolitischen Handlungs- spielraums hinzuweisen. Vernachlässigt werden in dieser Betrachtungsweise die historisch und strukturell gewachsenen Machtverhältnisse. 13 11 Vgl. dazu Menzel, Ulrich (2001): Zwischen Idealismus und Realismus. Die Lehre von den Internationalen Beziehungen. 12 Keohane, Robert O.; Nye, Joseph (1977): Power and Interdependence. World Politics in Transition. 13 Kohler-Koch, Beate (1989): Interdependenz. In: Rittberger, Volker (Hrsg.): Theorien internationaler Beziehungen. Bestandsaufnahme und Forschungsperspektiven. PVS-Sonderheft 21/1990, S. 110-129. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 9 WD 2 - 3000 - 001/15 2.2.2. Hard Power und Soft Power Welche Auswirkungen das weitverzweigte Netz grenzüberschreitender Akteure in den internatio- nalen Beziehungen und ihrer Lebensweisen und Werte haben kann, hat Joseph Nye mit seiner Theorie der Soft und Hard Power erklärt. Hard Power kann nach der Definition von Nye gleicher- maßen die Ausübung von Zwang durch militärische Macht wie auch die politische Nutzung wirt- schaftlicher Vorteile sein. Nye bezieht sich auf die Interdependenztheorie, indem er ebenfalls den Ausdruck der strukturellen Macht verwendet, der eine Fortschreibung historischer Macht- verhältnisse bezeichnet. In diesem Sinne brächten auch Gepflogenheiten, Verträge und internati- onale Institutionen die harte Macht des Stärkeren oder Mächtigeren zum Ausdruck, so Nye. Das Phänomen der Soft Power beschreibt Nye als kulturelle Definitions- und Anziehungsmacht. So veranlassten die Lebensweisen, Leistungen und Werte einer Gesellschaft – ohne die Aus- übung von Druck oder Macht – andere Gesellschaften zur Nachahmung. Die weiche Macht ent- springt der Alltagskultur und macht sich an Sprache, Unterhaltungs- und Verbrauchergewohn- heiten fest. Nye zufolge sind Sprache und Religion bedeutende Quellen der Soft Power. 14 Sie gehe also eher von einer Gesellschaft als einer Regierung aus und sei deshalb nur glaubwür- dig, wenn sie nicht durch Regierungshandeln konterkariert würde. So habe China mit der Expo 2009 eine Weltausstellung geboten, die Interesse an dem Land bzw. an dessen Leistungen weck- ten, es strahlte weiche Macht aus. Diese Leistung und die damit verbundene Attraktivität Chinas im Ausland sei anschließend durch Menschenrechtsverletzungen des Regimes konterkariert wor- den, die die Soft Power minderten.15 Da sich der Einsatz von Soft Power nicht planen lasse, han- dele es sich gewissermaßen um eine „Hintergrundressource“.16 2.2.3. Regime-Theorien Nicht die kulturellen Implikationen der zunehmenden internationalen Verflechtungen, sondern die handels- und wirtschaftspolitischen Aspekte stehen im Zentrum des Erkenntnisinteresses der internationalen Regimeforschung. Da nach dem Verständnis der neoliberalen Institutionalisten die Agenda der Außenbeziehungen nicht ausschließlich von Sicherheitsfragen dominiert wird, sondern insbesondere von weltwirtschaftlichen Fragen und ihrer Wechselwirkung mit der Be- schäftigungspolitik und dem Wohlstand innerhalb der Nationalstaaten, sucht der Staat neue Wege, um seine Handlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Dies führt zu einer auf Regeln und Ab- sprachen beruhenden Einigung mit anderen Staaten, die das grenzüberschreitende Handeln von Unternehmen regulieren. Diese Selbstverpflichtungen und Regelwerke der Staaten werden als internationale Regime beschrieben: 17„Regime sind institutionalisierte, regelhafte Kooperationsbe- ziehungen in einem bestimmten Politikbereich.“ 18 Von Regimen wird überall dort gesprochen, 14 Nye, Joseph S. (2003): Soft power: the means to success in world politics. Signatur: M 576106. 15 Nye, Joseph S. (2013): What China and Russia don’t get about soft Power. Peking and Moskau are trying their hands at attraction and failing – miserably. In: Foreign Policy, 29. April 2013. 16 Hartmann, a.a.O., S. 64. 17 Efinger, Manfred; Rittberger, Volker; Wolf, Klaus Dieter; Zürn, Michael (1990): Internationale Regime und inter- nationale Politik. In: Rittberger, Volker (Hrsg.): Theorien der internationalen Beziehungen, Bestandsaufnahme und Forschungsperspektiven, PVS-Sonderheft 21/1990, S. 263-285. 18 Lemke, a.a.O., S. 22. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 10 WD 2 - 3000 - 001/15 wo sich internationale Vereinbarungen und Regeln über einen längeren Zeitraum hinweg und zu einem bestimmten Zweck etabliert haben, so wie dies etwa mit dem „Klimaschutzregime oder Sicherheitsregimen“ der Fall ist. Eine erste Definition des Regimebegriffs lieferte Stephen Krasner. 19 Einen Weltstaatsersatz wol- len und können Regime nicht darstellen, da sie nur dann funktionieren, wenn die impliziten und expliziten Prinzipien, Normen, Regeln und Entscheidungsverfahren auf nationalstaatlicher Ebene umgesetzt werden. Aber die Beschreibung von internationalen Regimen und Institutionen ist nach Auffassung von Michael Zürn notwendig, um ein vollständiges Bild von Weltpolitik jen- seits von nationalstaatlicher Verfolgung des Eigeninteresses zu verstehen. 20 Robert Keohane und Joseph Nye haben sie als „Inseln der Ordnung in einem Meer von Anarchie“ bezeichnet. 21 2.3. Globalismus 2.3.1. Weltsystemtheorie Die Weltsystemtheorie geht von der Dominanz des Weltmarktes aus, der die Position aller Länder im Staatengefüge bestimmt und die Länder drei Hierachie-Ebenen zuordnet: der Peripherie, der Semi-Peripherie und dem Zentrum. Das Weltsystem wird nach Immanuel Wallerstein, dem wichtigsten Vordenker dieser Theorie, als die prägende Institution der Moderne verstanden, das den internationalen Beziehungen seinen Stempel aufdrückt. 22 Staaten, ethnische Gruppen oder Klassen werden durch die Entfaltung des kapitalistischen Weltsystems erklärt. Politische Hand- lungsoptionen und Gestaltungsmöglichkeiten sind dem Diktat des Weltmarktes untergeordnet. Allerdings vermag die Weltsystemtheorie nicht die unterschiedlichen Entwicklungspfade einzel- ner Länder zu erklären, da nach Wallerstein die Strukturen der Staaten nicht durchlässig und wandelbar sind. Bedeutsam ist Wallersteins Weltsystemtheorie als Erklärungsansatz für den Nord-Süd-Konflikt, wenngleich er für die empirische Forschung als wenig tragfähig bewertet wurde. 23 Die Dependenztheorie hat den Gedanken der Einteilung des Staatensystems in Zentrum, Semi- Peripherie und Peripherie aufgegriffen, um die Abhängigkeit der Länder des Südens zu beschrei- ben. Das infolge von Imperialismus und Kolonialisierung entstandene Staatensystem habe zu einer dauerhaften Arbeitsteilung zwischen den industrialisierten Ländern des Nordens und den überwiegend auf landwirtschaftliche Exportprodukte festgelegten Ländern der südlichen Peri- pherie geführt. Während die Länder des Südens Rohstoffe und billige Arbeitskraft zur Verfügung stellten, lieferten die Länder des sogenannten Zentrums der Theorie zufolge die veredelten Pro- dukte und schöpften hohe Gewinne ab. Dies habe die Industriestaaten gegenüber den Peripherie- Nationen dauerhaft in eine starke Stellung gebracht. 19 Krasner, Stephen (1983): International Regimes. 20 Zürn, Michael (1997): Regimeanalyse. In: Albrecht, Ulrich; Vogeler, Helmut (Hrsg.): Lexikon der Internationalen Politik, S. 434-436. 21 Vgl. Keohane und Nye, Power and Interdependence, a.a.O. 22 Wallerstein, Immanuel (1986): Das moderne Weltsystem. Kapitalistische Landwirtschaft und die Entstehung der europäischen Weltwirtschaft im 16. Jahrhundert. 23 Lemke, a.a.O., S. 29. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 11 WD 2 - 3000 - 001/15 Der Friedens- und Konfliktforscher Johan Galtung hat dieses Phänomen als „strukturelle Gewalt“ bezeichnet. Die strukturelle Gewalt sei, so Galtung, Ausdruck ungleicher Machtverhältnisse und nationaler aber auch persönlicher Entwicklungsmöglichkeiten. 24 Da die zugrunde liegenden Ab- hängigkeiten im globalen Zusammenhang wirkten, fehle den Menschen selbst das Bewusstsein über ihre Situation. Kritik an Galtungs Theorie der strukturellen Gewalt bezieht sich auf politi- schen Wandel wie Verhandlungen, Normbildung oder Normeinhaltung, dem die Theorie nicht ausreichend Rechnung trägt. 2.3.2. Globalisierungstheorien Auch für die Globalisierungstheoretiker verbindet sich die „Autorität des Marktes“ mit einer ab- nehmenden Steuerungsfähigkeit und Kontrollmöglichkeiten der Nationalstaaten. Die Entwick- lung einer Entgrenzung der Gesellschaften hin zu einer sich globalisierenden Gesellschaft wird als ein Prozess der zunehmenden Integration von Regionen und Nationen in den Weltmarkt be- schrieben. Anders als die Weltsystemtheorie erklären die wichtigsten Vertreter der Globalisie- rungstheorien, Elmar Altvater und Birgit Mahnkopf, den Prozess auf mehreren Ebenen, nämlich einerseits zwischen Nationalstaaten und andererseits auf globaler Ebene, wo das internationale System durch hegemoniale Mächte und internationale Normen, Regeln, Institutionen und Ver- träge reguliert wird. 25 Sie fordern, den Prozess der Globalisierung durch aktives politisches Han- deln einzuhegen, um so durch internationale politische Steuerung dem Prozess, etwa der Über- nutzung von gemeinschaftlich genutzten Gütern wie Luft, Wasser und Böden, mit der Entwick- lung von Umweltschutz-Regimen entgegenzusteuern. 2.4. Postmodernismus Den Vertretern postmoderner Theorieansätze geht es weniger um die Entwicklung einer großen, kohärenten Theorie als vielmehr darum, die Vieldeutigkeit von Konzepten und deren inneren Widersprüchen herauszuarbeiten. Ihr Anspruch besteht darin, Begrifflichkeiten zu dekonstruie- ren und Kontexte von Macht zu hinterfragen, um eine neue Sicht auf die internationale Politik zu bieten. Der Postmodernismus geht der Entstehung von Texten und Begriffen sowie der damit zusammenhängenden Bedeutung nach. Prominente Vertreter dieser Theorie sind die Politik- wissenschaftler James Der Derian und Michael J. Shapiro sowie Richard K. Ashley und Rob B.J. Walker, die sich auf den deutschen Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas beziehen, der – den philosophischen Ansätzen Friedrich Nietzsches als Wegbereiter der Postmoderne fol- gend – der Moderne kritisch gegenüberstand. 26 Postmoderne Theorien stufen Begriffe selbst als das sich durch Machtverhältnisse durchgesetzte Wissen ein; sie beschreiben die Internationalen Beziehungen von der Peripherie der Welt her. Postmoderne Forschung setzt sich mit Gewalt in den IB, mit der Konstruktion von Grenzen und Entgrenzung und der Schaffung von Identitäten auseinander. 24 Galtung, Johann (1982): Strukturelle Gewalt. Beiträge zur Friedens- und Konfliktforschung. 25 Altvater, Elmar; Mahnkopf, Birgit (1996): Grenzen der Globalisierung. Ökonomie, Ökologie und Politik in der Weltgesellschaft. 26 Ashley, Richard K.; Walker, Rob B. J. (1990): Speaking the Language of Exile: Dissidence in International Studies. In: International Studies Quarterly, 34 (3), S. 259-417. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 12 WD 2 - 3000 - 001/15 2.5. Konstruktivismus Der Konstruktivismus etabliert ein Umdenken in den internationalen Beziehungen. Die zwi- schenstaatlichen Beziehungen gelten als sozial konstruiert und ihre Identität beruht auf inner- halb der Gesellschaft verwurzelten Selbst- und Fremdbildern. Die Welt wird als soziales Kon- strukt analysiert. Dabei spielen Sozialisation, Ideen und Kultur eine wichtige Rolle als Grundlage wie auch Ursache der internationalen Politik. Dieser Theorieansatz verweist auf die Vielzahl der Welt- und Gesellschaftsbilder, auf Traditionen und Religionen, um die Verschiedenheit des poli- tischen Systems oder der politischen Praxis auf den unterschiedlichen Kontinenten zu erklären. Nach Auffassung eines Vordenkers des Konstruktivismus, Alexander Wendt, sind nicht die Nationalstaaten der wichtigste Gegenstand der Untersuchung des Konstruktivismus, sondern die politischen Eliten und eine Vielzahl von Akteuren. 27 3. Zum Begriff der Legitimität 3.1. Legitimationsbegriffe Politik- und Rechtswissenschaft sowie Soziologie und Philosophie unterscheiden, wie sowohl Silja Vöneky in ihrem Buch „Recht, Moral und Ethik: Grundlagen und Grenzen demokratischer Legitimität für Ethikgremien“ 28 (Anlage 3) als auch Karin Glaser in ihrem Werk „Über legitime Herrschaft – Grundlagen der Legitimitätstheorie“ 29 (Anlage 4) ausführen, im Wesentlichen drei Legitimationsbegriffe. Nach ihrer Auffassung lässt sich neben einer rechtswissenschaftlichen Legitimation politischer Macht die Legitimität eines Herrschaftsverhältnisses darüber hinaus sowohl durch einen empi- risch-deskriptiven Ansatz, dessen Verfechter beispielsweise der Soziologe Max Weber ist, als auch durch einen von der politischen Philosophie vertretenen normativ-ethischen Ansatz be- gründen: Während der empirisch-deskriptive Legitimationsbegriff (nur) eine auf Erklärung abzielende Le- gitimationskonzeption umfasst, setzt der normativ-ethische Legitimationsbegriff eine Legitima- tionskonzeption voraus, die auf Rechtfertigung zielt. Eine Ordnung oder Herrschaft sei, so Silja Vöneky, im normativen Sinne legitimiert, wenn sie bestimmten Gerechtigkeits- und Rationalitäts- anforderungen genüge, während eine Ordnung oder Herrschaft im empirisch-deskriptiven Sinn legitimiert sei, wenn eine entsprechende normative, subjektive Überzeugung von der Anerken- nung dieser Herrschaft oder Ordnung bei denjenigen verbreitet beobachtbar sei, auf die sich die Herrschaft oder Ordnung beziehe. 30 27 Wendt, Alexander (1994): Collective Identity Formation and the International State. In: American Political Science Review, 88. Jg., S. 384-396. 28 Vöneky, Silja (2010): Recht, Moral und Ethik: Grundlagen und Grenzen demokratischer Legitimität für Ethik- gremien. Signatur: M 591730, S. 130-162: Demokratische Legitimation (Kapitel 4.I. bis 4.III.). 29 Glaser, Karin (2013): Über legitime Herrschaft – Grundlagen der Legitimitätstheorie. S. 15-36: Legitimitätsbegriffe und theoretische Ansätze (Kapitel 2). Abrufbar unter: http://www.springer.com/cda/content/document/cda_down- loaddocument/9783658004606-c1.pdf?SGWID=0-0-45-1353516-p174694141 (letzter Zugriff: 21.01.2015). 30 Vöneky, a.a.O., S. 132 und 145ff. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 13 WD 2 - 3000 - 001/15 3.1.1. Zum rechtswissenschaftlichen Legitimationsbegriff Wie Karin Glaser darlegt, orientiert sich die rechtswissenschaftliche Legitimitätsdebatte vorran- gig an der Frage nach der Legalität von Herrschaft. Diese sei sowohl durch ein legales Erringen politischer Macht (etwa durch demokratische Wahlen) als auch durch ihre Ausübung auf der Basis gültiger Gesetze gekennzeichnet. Die Frage nach den Werten und Normen, an denen sich der Gesetzgeber zu orientieren habe, damit von legitimer Herrschaft gesprochen werden könne, erschöpfe sich bei der Suche nach solchen Normen im geltenden Recht, etwa in der Verfassung oder in völkerrechtlichen Verträgen. 31 3.1.2. Zum empirisch-deskriptiven Legitimationsbegriff – Max Weber und der Legitimationsglaube Dem empirisch-deskriptiven Legitimitätsbegriff liegt nach Darstellung von Karin Glaser ein sozio- logisches Erkenntnisinteresse zugrunde, das die Frage aufwirft, „ob eine konkrete politische Ord- nung als legitim angesehen wird und welche Motive dafür ausschlaggebend sind.“ 32 Legitimität beziehe sich, so Glaser, hier auf die Akzeptanz der politischen Ordnung durch die Bevölkerung. Die theoretische Begriffsbestimmung dieses Legitimitätsbegriffs beruhe wesentlich auf den Über- legungen Max Webers. 33 Karin Glaser führt weiter aus 34, dass Weber in seinem Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ das „Prestige der Vorbildlichkeit oder Verbindlichkeit“ einer politischen Ordnung mit deren Legiti- mität gleichsetze. Legitim sei eine politische Ordnung, wenn deren Geltung von der Bevölkerung akzeptiert werde, das heißt, wenn sie das tatsächliche Verhalten der Individuen bestimme. Weber zufolge existiere Legitimität folglich nur vermittelt – als Legitimitätsglaube. Da der Legiti- mitätsglaube eine gewisse Garantie für die Stabilität der politischen Ordnung darstelle, seien die jeweiligen machthabenden Personen bestrebt, den Glauben an ihre Legitimität zu wecken bzw. zu erhalten. 3.1.3. Zum normativ-ethischen Legitimationsbegriff der politischen Philosophie Der normativ-ethische Legitimationsbegriff der politischen Philosophie sieht die Legitimität von Herrschaft oder Ordnung dann gewährt, wenn Kriterien guten Regierens erfüllt sind. Hierzu sei laut Glaser die Entstehung und die Beschaffenheit von Herrschaft unter folgenden Aspekten zu untersuchen: „Ist Herrschaft notwendig? Unter welchen Bedingungen sind Menschen bereit, sich 31 Glaser, a.a.O., S. 22f. 32 Glaser, a.a.O., S. 23. 33 Weber, Max (1922): Wirtschaft und Gesellschaft. Jubiläumsausgabe zum 50. Jahrestag des Erscheinens der Erst- ausgabe. Vollständiger Nachdruck der Erstausgabe. Vgl. Beetham, David (1991): The Legitimation of Power (Issues in Political Theory), S. 15.ff. 34 Glaser, a.a.O., S. 23. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 14 WD 2 - 3000 - 001/15 Herrschaft zu unterstellen? Kann Herrschaft unter gewissen Umständen als gerecht und gerecht- fertigt angesehen werden und wie gestaltet sich das Verhältnis von Herrschenden und Beherrsch- ten?“ 35 Als Vertreter der politischen Philosophie führt Karin Glaser den Politikwissenschaftler David Beetham an, der die politische Philosophie als das Projekt beschreibt, „das die für die Rechtferti- gung von Machtverhältnissen grundlegenden Prinzipien wie Gerechtigkeit, Recht und sozialer Nutzen erläutert und außerdem – zumindest in der Moderne – spezifiziert, welche Bedingungen zu erfüllen sind, damit von einer Zustimmung derjenigen, die der Herrschaft unterworfen sind, ausgegangen werden kann, sodass sie moralisch dazu verpflichtet sind, ihr zu gehorchen oder die Herrschaft zu stützen. Für den moralischen oder politischen Philosophen ist Herrschaft rechtmä- ßig, wenn die Regeln, denen sie unterworfen ist, auf der Grundlage von rational verteidigbaren normativen Prinzipien rechtfertigbar sind.“36 3.2. Legitimitätstheorie nach Beetham David Beethams Verständnis von Legitimität fußt aber nicht ausschließlich auf dem in Ziff. 3.1.3 erläuterten normativ-ethischen Standpunkt, sondern er versucht, wie Karin Glaser feststellt 37, mit seiner Legitimitätstheorie eine Symbiose der drei Legitimitätsbegriffe herzustellen: Beethams Legitimitätstheorie 38 „fußt auf drei Kriterien, an denen der Legitimitätsgehalt von Herrschaftsver- hältnissen gemessen wird, und liefert damit den Maßstab zur normativen Bewertung von Herr- schaft. Diese drei Kriterien sind: Legalität, die Übereinstimmung von Herrschaft mit normativen Prinzipien sowie die Akzeptanz der politischen Ordnung und der konkreten politischen Entscheidungen durch die Betroffenen. Die erste Legitimitätsbedingung, die Legalität, ist formaler Natur. Sie bezieht sich auf die Über- einstimmung des Verfahrens der Einsetzung politischer Entscheidungsträger und der Ausübung politischer Macht mit dem geltenden Recht. Als zweites, inhaltliches Kriterium, gilt die Überein- stimmung von Herrschaft mit normativen Prinzipien. Sie soll garantieren, dass politische Herr- schaft auf einem Konsens über ethisch-normative Prinzipien zwischen Entscheidungsträger und den von den Entscheidungen Betroffenen beruht. Schließlich gilt die Akzeptanz der politischen 35 Ebenda, S. 25f. 36 Originaltext: „…„the project of elicudating the most general principles – of justice, of right, of social utility – neces- sary to the justification of power relations; and also in the modern period at least, of specifying what conditions have to be met if those subject to power can be said to have consented to it, and so be morally obliged to obey or support it. For the moral and political philosopher, power is legitimate where the rules governing it are justifiable according to rationally defensible normative principles. […]“ Vgl. Beetham, David (1991): The Legitimation of Power (Issues in Political Theory), S. 5. 37 Glaser, a.a.O., S. 15. 38 Vgl. Beetham, a.a.O., S. 15.ff. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 15 WD 2 - 3000 - 001/15 Ordnung und konkreter politischer Handlungen durch die Betroffenen als ein ausschlaggebendes Kriterium für Legitimität. In ihr spiegelt sich die normative Dimension von Politik wider und sie soll garantieren, dass politische Entscheidungen im Sinne der Bevölkerung gefasst werden.“ 39 3.3. Legitimitätskonzept nach Easton Die Frage nach der Akzeptanz einer politischen Ordnung durch die Bevölkerung greifen Daniela Braun und Hermann Schmitt in ihrer Arbeit „Politische Legitimität“ 40 (Anlage 5) unter Hinweis auf das weltweit anerkannte Legitimitätskonzept von David Easton auf. Die nachhaltige Bedeu- tung dieses als Grundlage zahlreicher empirischer Arbeiten dienenden Konzepts ergebe sich laut der Autoren aus seiner einfachen Operationalisierbarkeit sowie der Möglichkeit, die Ebene der individuellen Einstellung mit der des politischen Systems zu verknüpfen. Easton geht mit seinem systemtheoretischen Ansatz davon aus, dass ein System seine Stabilität durch die Unterstützung der Bevölkerung erhalte. Gemäß Eastons Ansatz seien für die Beständig- keit eines politischen Systems inputs und outputs notwendig: „Die Gesellschaft liefert den input in Form von Forderungen (demands) und Unterstützung (support). Den output des politischen Systems stellen die für die Gesellschaft verbindlichen Entscheidungen (decisions) dar, die in ei- nem Rückkopplungsprozess wiederum Forderungen beeinflussen sowie positive oder negative Unterstützung hervorrufen. Easton geht davon aus, dass die Persistenz, also Überlebensfähigkeit des politischen Systems eher gewährleistet ist, wenn die Erwartungen der Gesellschaft mit den Leistungen des Systems einigermaßen in Einklang stehen.“ 41 Graphik 1: Das politische System nach Easton 42 Easton unterscheidet, so Braun und Schmitt, bei der politischen Unterstützung zwischen einer stabileren und einer volatileren Variante, die er als diffus bzw. spezifisch bezeichnet. Die spezifi- sche Unterstützung sei, so Easton, abhängig von konkreten Leistungen, die durch das politische System erbracht werden müssen: Werden die Forderungen nach konkreten Leistungen erfüllt, 39 Glaser, a.a.O., S. 22. 40 Braun, Daniela; Schmitt, Hermann (2009): Politische Legitimität. In: Kaina, Viktoria; Römmele, Andrea (Hrsg.): Politische Soziologie. S. 53-81. Abrufbar unter: http://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-531-91422- 0.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). 41 Ebenda, S. 59ff. 42 Quelle: Easton David (1965): A Systems Analysis of Political Life. S. 32. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 16 WD 2 - 3000 - 001/15 wird spezifische Unterstützung bereitgestellt, im gegenteiligen Falle nicht. Die diffuse Unterstüt- zung hingegen sei weitgehend unabhängig von konkreter Systemperformanz, werde über allge- meinere Eigenschaften des politischen Systems generiert und sei damit langfristiger und stabiler in ihrer Ausprägung. Diffuse Unterstützung beziehe sich auf alle drei Objekte des politischen Systems (der politischen Gemeinschaft (political community), dem Regime (political regime), und den politischen Herrschaftsträgern (political authorities)), während spezifische Unterstüt- zung nur hinsichtlich der Herrschaftsträger oder Autoritäten auftrete. Braun und Schmitt stellen heraus, dass Easton die Rolle der politischen Sozialisation für den Er- werb von Orientierungen betone, die der diffusen Unterstützung zugrunde liegen. Darüber hinaus könne aber laut Easton ein über die Zeit angehäuftes Reservoir an spezifischer Unterstützung auch „diffundieren“, d.h. sich in diffuse Unterstützung für das politische Regime und die politi- sche Gemeinschaft übertragen. Auf dieser Grundlage könne ein eigentlich erfolgreiches politi- sches Regime auch Krisen überstehen, ohne dass das Legitimitätseinverständnis gleich vollends wegbricht. In Hinblick auf Legitimität sei insbesondere die diffuse Systemunterstützung von Be- deutung. 43 3.4. Zur Bestimmung der Legitimität internationaler Institutionen Der Philosoph Allen Buchanan und der Politikwissenschaftler Robert O. Keohane haben mit ihrem gemeinsamen Papier „The Legitimacy of Global Governance Institutions“ 44 (Anlage 6) im Jahr 2006 einen Vorschlag für einen „komplexen Standard“ zur Bestimmung der Legitimität internationaler Institutionen vorgelegt. Der „komplexe Standard“ dient als Basis für die Unter- stützung internationaler Institutionen. Er benennt verschiedene Kriterien, deren Erfüllung eine Voraussetzung für die Legitimität von internationalen Institutionen darstellen, etwa die Ein- haltung eines Mindestmaßes an moralischer Akzeptanz, die nicht gleichzusetzen sei mit einem umfassenden Eintreten für Gerechtigkeit, aber doch extreme Ungerechtigkeit im Sinne eines Ver- stoßes der grundlegendsten Menschenrechte ablehnt. Für den „komplexen Standard“ ist die dauerhafte Unterstützung durch demokratische Staaten eine notwendige Voraussetzung für Legitimität von internationalen Institutionen ebenso wie der dynamische Charakter internatio- naler Institutionen, der ein Anpassen der Mittel und Ziele internationaler Institutionen an Ent- wicklungen im globalen System voraussetzt. Auch das Ablegen von Rechenschaft gegenüber Akteuren, die die Institution dazu anhalten, im Sinne eines standardisierten Überprüfungs- verfahrens Rechenschaft abzulegen und die Fähigkeit von Akteuren unangemessene Rechen- schaftslegung zu sanktionieren, sind Bestandteil des „komplexen Standards“ zur Bestimmung der Legitimität einer internationalen Institution. 43 Braun; Schmitt. a.a.O., S. 59ff. 44 Buchanan, Allen; Keohane, Robert O. (2006): The Legitimacy of Global Governance Institutions. Memo prepared for Conference on the Normative and Empirical Evaluation of Global Governance. Abrufbar unter: https://www.princeton.edu/~pcglobal/conferences/normative/papers/Session1_Buchanan_Keohane.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 17 WD 2 - 3000 - 001/15 4. Die institutionelle Legitimität der NATO 4.1. Die Legitimitätsfrage vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung der Allianz Dieser Abschnitt präsentiert eine Auswahl an wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die sich mit der historischen Entwicklung der NATO auseinandersetzen und die Implikationen ihrer An- passung an die jeweiligen sicherheitspolitischen und militärischen Rahmenbedingungen für die Legitimität des Bündnisses als Organisation sowohl im Sinne der empirisch-deskriptiven als auch der normativ-ethischen Begriffsdefinition untersuchen. Zunächst sei dabei die Arbeit „Die Strategie der NATO während des Kalten Krieges“ (Anlage 7) von Beatrice Heuser genannt, 45 die die Strategieentwicklung der NATO zwischen den Jahren 1950 und 1990 nachzeichnet. Trotz mehrfacher Anpassungen der Strategien – von der „Vorne- verteidigung“ (forward strategy) über die „massive Vergeltung“ (massive retaliation) bis hin zur „abgestuften Reaktion“ (flexible response) – blieb die Kernaufgabe der NATO weitgehend unver- ändert. Sie bestand darin, so Heuser, mit einer glaubwürdigen Abschreckung jeden Gegner von einem Angriff abzuhalten und eine starke und geeinte militärische Antwort der westlichen Bündnis- partner auf einen möglichen Angriff durch die Sowjetunion und seine Verbündeten des War- schauer Paktes zu geben. 46 Und obwohl der Fokus des Bündnisses fortwährend darauf lag, das Kräftegleichgewicht zwischen den Machtblöcken aufrechtzuerhalten, zeigten diesem Ziel folgende Rüstungsbeschlüsse wie beispielsweise die Wiederbewaffnung in Deutschland, die atomare Auf- rüstung der Bundeswehr und insbesondere der NATO-Doppelbeschluss sowie die hierauf jeweils folgenden Reaktionen der Bevölkerung, wie schnell ohne einen breiten gesellschaftlichen Konsens getroffene politische Entscheidungen die Legitimität der Allianz in Frage stellen konnten. 47 Der weltpolitische Umbruch in den Jahren 1989/1990 stellte für die NATO eine weitaus größere Herausforderung dar. Denn es ging nun darum, trotz des Wegfalls der Bedrohung, die über vier Jahrzehnte die Begründung für die Existenz des Bündnisses geliefert hatte, sich als Institution an die neuen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass es, um auch künftig eine wesentliche Voraussetzung für Legitimität erfüllen zu können, weiterhin eine dauerhafte Unterstützung sowohl durch die Mitgliedstaaten und ihrer Bevölkerung als auch durch das Gros der internationalen Staatengemeinschaft erfährt. 45 Heuser, Beatrice (2005): Die Strategie der NATO während des Kalten Krieges. In: Bremm, Klaus-Jürgen; Mack, Hans-Hubertus et al. (Hrsg.): Entschieden für Frieden, 50 Jahre Bundeswehr 1955 bis 2005, S. 51.-62. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes. 46 Ebenda, S. 51. 47 Vgl. Gerster, Daniel (2012): Friedensdialoge im Kalten Krieg: eine Geschichte der Katholiken in der Bundes- republik 1957–1983. Signatur: P 5139998, S. 56 und 291. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 18 WD 2 - 3000 - 001/15 Die Schwierigkeiten, die die NATO zunächst bei ihrer Anpassung an die neuen sicherheitspoliti- schen Rahmenbedingungen hatte, thematisieren Johannes Varwick und Benjamin Schreer in ih- rem Fachbeitrag „60 Jahre NATO – Ein Bündnis im Wandel“ 48 (Anlage 8). Sie stellen fest, dass „die politische Führung der Bündnisstaaten […] sich erst in einem längeren Lernprozess […] einig“ 49 über die strategische Neuausrichtung der Allianz und ihren Funktionswandel von einem ausschließlich auf Verteidigung ausgerichteten Bündnis hin zu einem System kollektiver Sicher- heit sowie zu einem Instrument internationaler Krisenbewältigung werden konnte. So habe bis zum 60. Jahrestag der NATO im April 2009 kein Konsens über die Rolle, die Kernaufgaben, den Mitgliedschafts- und den Aktionsradius der Allianz in einer sich verändernden sicherheits- politischen Ordnung bestanden. 50 Erst im Jahr 2010 konnten sich die Mitglieder der Allianz auf „Active Engagement, Modern Defence“, das neue strategische Konzept der NATO, einigen. Damit hat sich das Bündnis trotz innerer Krisen letztendlich doch noch als anpassungsfähig an die ver- änderten Strukturen des internationalen Systems erwiesen, was als eine Voraussetzung für die Legitimität internationaler Organisationen gilt. Allerdings versuchten einige Spitzenfunktionäre der NATO schon unmittelbar nach dem Zusam- menbruch der Sowjetunion, das Bündnis nicht funktions- und aufgabenlos erscheinen zu lassen. So habe der damalige NATO-Generalsekretär, Manfred Wörner, bereits im November 1990 unter- strichen, wie Martin A. Smith in Kapitel 5 „Beyond Territorial Defence“ seines Buches „NATO in the First Decade after the Cold War“ 51 (Anlage 9) darlegt, dass der Washingtoner Vertrag vom 4. April 1949 über die Gründung der NATO die Aufgaben der Allianz nicht ausschließlich auf die Bündnisverteidigung beschränkt habe: „The Washington Treaty commits us to work for a more peaceful international order and does not limit the scope of our security planning or coordination nor does it exclude all joint action….“ 52 Solche Aussagen zu einer erweiterten Rolle der NATO und die auf diese neue Rolle aufbauenden Folgeentscheidungen der NATO zur Teilnahme an Out-of-Area-Einsätzen dürften dazu beigetra- gen haben, dass aus Sicht vieler Staaten und einer breiten Öffentlichkeit die Legitimität der NATO als Institution gewahrt blieb. Die 1992 von dem damaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen, Boutros Boutros-Ghali, an regionale oder subregionale Organisationen gerichtete Aufforderung, „[to] assume more of the burden for conflict management and resolution in their areas“ 53, hat dann, so Smith, die von vie- len Funktionsträgern der NATO angestrebte Erweiterung ihrer sicherheitspolitischen Rolle um 48 Varwick, Johannes; Benjamin Schreer (2009): 60 Jahre NATO – Ein Bündnis im Wandel. In: Österreichische Militärische Zeitschrift, 47 (2009), 4, S. 403-422. Abrufbar unter: http://www.bundesheer.at/pdf_pool/omz/o- emz2009_04.pdf (letzter Zugriff: 29.01.2015). 49 Ebenda, S. 4. 50 Ebenda, S. 6f. 51 Smith, Martin A. (2010): NATO in the First Decade after the Cold War. Signatur: P 5135040, S. 129-165: Beyond Territorial Defence (Kapitel 5). 52 Ebenda, S. 131. 53 Ebenda, S. 133. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 19 WD 2 - 3000 - 001/15 Krisenmanagement und Konfliktprävention sogar legitimiert und dürfte der Aufrechterhaltung der institutionellen Legitimität der nordatlantischen Allianz weiteren Vorschub geleistet haben. Dies gilt ebenso für das starke Interesse zahlreicher ost- und südosteuropäischer Staaten an einer NATO-Mitgliedschaft, das Smith im Kapitel 4 seiner Arbeit „Eastern Engagement and Enlarge- ment“ 54 thematisiert. Ähnlich wie Martin A. Smith setzt sich auch Alexander Siedschlag in seiner Forschungsarbeit, deren Ergebnisse er 1998 unter dem Titel „Der institutionelle Anpassungsprozess der NATO und die Zukunft post-strategischer Sicherheitspolitik in Europa“ 55 (Anlage 10) veröffentlichte, mit der Frage der Legitimität der NATO nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes ausein- ander. Trotz eines relativen „Relevanzverlustes“ der NATO durch den Verlust ihres „Gegners“ nach dem Ende der Bipolarität erkennt auch Siedschlag mit dem Hineinwachsen des Bündnisses in verschiedene „neue“ Sicherheitsrollen über ihre Bestandswahrung hinaus spezifische „neue Legitimationspotenziale“ und eine institutionelle Attraktivität der Allianz. Dies habe sich u.a. in den Beitrittswünschen zahlreicher mittel-, ost- und südosteuropäischer Staaten geäußert, aber auch in dem französischen Wunsch nach Rückkehr in die integrierte Militärstruktur der NATO, die 2009 realisiert wurde. 56 Eine weniger historische, sondern vielmehr eine politikwissenschaftliche Perspektive auf die Legitimitätsfrage nehmen Arita Holmberg und Charlotte Wagner in ihren Arbeiten ein. Sowohl Arita Holmberg in ihrem Papier „The changing role of NATO: exploring the implications for security governance and legitimacy“ 57 (Anlage 11) als auch Charlotte Wagnsson in ihrem Artikel „ NATO’s pursuit of legitimacy in the 21st century: Normative dilemmas in view of global chal- lenges“ 58 (Anlage 12) analysieren die im Zusammenhang mit der Entwicklung eines neuen strate- gischen Konzepts im Bündnis geführten Diskussionen über eine veränderte Rolle der NATO und welche Implikationen diese neue Rolle für die Legitimität der Allianz haben könnte. In Anlehnung an das „Input-Outout-Modell“ von David Easton (vgl. Kapitel 3.3.) vertritt Holm- berg die Auffassung, dass die Art und Weise, wie eine Zielgruppe die an den Zielen gemessenen Erfolge einer Organisation (output) und/oder ihre Entscheidungsprozesse und Funktionsweisen (input) wahrnimmt, entscheidend für ihre Legitimität seien. So gelte für die NATO, dass ihre öf- fentliche Unterstützung und ihre Legitimität maßgeblich von der Sichtweise der internationalen Staatengemeinschaft auf die neue sicherheitspolitische Rolle des Bündnisses abhängig seien. 59 54 Ebenda, S. 98-128 „Eastern Engagement and Enlargement“ (Kapitel 4). 55 Siedschlag, Alexander (1998): Der institutionelle Anpassungsprozess der NATO und die Zukunft post-strategischer Sicherheitspolitik in Europa. In: Pfahl, Stefanie et al. (1998): Institutionelle Herausforderungen im Neuen Europa. S. 157-189. 56 Ebenda, S. 158 ff. 57 Holmberg, Arita (2011): The changing role of NATO: exploring the implications for security governance and legitimacy. In: European Security, 20. Jg., Nr. 4, Dezember 2011, S. 529-546. Abrufbar unter: http://www.tandfon- line.com/doi/pdf/10.1080/09662839.2011.625929 (letzter Zugriff: 22.01.2015). 58 Wagnsson, Charlotte (2010): NATO’s pursuit of legitimacy in the 21st century: Normative dilemmas in view of global challenges. Abrufbar unter: http://www.eisa-net.org/be-bruga/eisa/files/events/stockholm/NATOs%20pur- suit%20of%20legitimacy%20in%20the%2021st%20century.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). 59 Holmberg, a.a.O., S. 536. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 20 WD 2 - 3000 - 001/15 Dabei habe die Tatsache, dass im Rahmen der Erweiterung der sicherheitspolitischen Rolle neue Aufgaben diskutiert und 2010 mit dem neuen Strategischen Konzept in das Portfolio des Bündnis- ses aufgenommen worden seien sowie hierzu inner- und außerhalb der NATO verschiedene Stand- punkte bestünden, für das Bündnis die Notwendigkeit noch erhöht, seine Legitimität nachzu- weisen: 60 „As a defence organisation, NATO ultimately receives legitimacy through assessments of its abil- ity to uphold article 5 and defend its member states. […]. If NATO is conceived of as a security organisation its legitimacy is generated based on assessments of how well it manages threats to security more broadly, both internally and externally. In this function, NATO produces security not only for the benefit of its member state constituencies but also for instance civilian popula- tions in other places.“ 61 Demgegenüber analysiert Wagnsson, ob bzw. in welchem Maße der Prozess, der zur Festlegung einer neuen Bündnisrolle und zum neuen Strategischen Konzept der NATO geführt habe, interes- sen- oder wertegeleitet gewesen sei. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass gemeinsame Werte und Normen diese Rollenfindung nur in sehr geringem Maße bestimmt hätten. Daher sei ein stärkerer Fokus der NATO auf einen werteorientierten Output wie beispielsweise auf ein uneingeschränk- tes globales Engagement für Menschenrechte oder gegen Völkermord nicht zu erwarten. Statt auf diesem Wege ihre Legitimität zu stärken, bleibe das Handeln der Allianz, so ist Wagnsson über- zeugt, grundsätzlich von den Interessen und der wirtschaftlichen Situation ihrer Mitgliedstaaten geleitet. Die Art und Weise, wie dies von Dritten („others“) wahrgenommen werde, sei für die Le- gitimität des Bündnisses maßgeblich. 62 4.2. Die institutionelle Legitimität der NATO aus Sicht verschiedener Theorieansätze Stellvertretend für die zahlreichen wissenschaftlichen Ausarbeitungen, die die institutionelle Legitimität der NATO aus Sicht verschiedener Theorieansätze bewerten, stehen im deutsch- sprachigen Raum die Dissertation „Die NATO nach 1989 – Das Rätsel ihres Fortbestandes“ von Ulrich Franke (Anlage 13) 63, die Ausarbeitung „Internationale Beziehungen“ von Frank Schim- melfennig (Anlage 14) 64 sowie der Artikel „Im Gleitflug. Hat die NATO noch eine Zukunft?“ von Michael Staack (Anlage 15) 65. 60 Holmberg, a.a.O., S. 537. 61 Holmberg, a.a.O., S. 537f. 62 Wagnsson, a.a.O., S. 11ff. 63 Franke, Ulrich (2010): Die NATO nach 1989 – Das Rätsel ihres Fortbestandes, S. 19-50 Darstellung des Forschungs- stands (Kapitel 2). Abrufbar unter: http://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-531-92544-8.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). 64 Schimmelfennig, Frank (2013): Internationale Politik. Signatur: M 596520, S. 227-247: Sicherheitskooperation im Bündnis: die NATO (Kapitel 10). 65 Staack, Michael (2007): Im Gleitflug. Hat die NATO noch eine Zukunft? Abrufbar unter: https://www.google.de/ url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=3&cad=rja&uact=8&ved=0CCwQFjAC&url=http%3A%2F%2 Flink.springer.com%2Fcontent%2Fpdf%2F10.1007%2F978-3-531-90092-6_11.pdf&ei=_rPAVIHKDOOcy- gOj5ILYAw&usg=AFQjCNGpqrepXoO0RplgQNGC5_sv99oq9Q (letzter Zugriff: 22.01.2015). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 21 WD 2 - 3000 - 001/15 Alle drei Arbeiten analysieren bei der Untersuchung der institutionellen Legitimität der NATO nicht nur die klassischen Theorien der Internationalen Beziehungen (vgl. Kapitel 2), sondern be- trachten auch Weiterentwicklungen oder Variationen dieser Theorieansätze. Im Folgenden wird aus Sicht der Theorien der Internationalen Beziehungen erörtert, ob und inwieweit die vom kol- lektiven Verteidigungsbündnis zur globalen Sicherheitsagentur gewandelte Nordatlantische Alli- anz in einer Welt unterschiedlichster Akteure, Ziele und Wertevorstellungen weiterhin über Re- levanz verfügt und Legitimität genießt. 4.2.1. Neorealismus und optimistischer Realismus Bündnisse wie die NATO sind aus der Sicht der realistischen Theorie in erster Linie Instrumente der Gleichgewichtspolitik. Ausgehend von einer hegemonialen Machtstruktur können Bündnisse auch hegemoniale Sicherheitsorganisationen sein, die es der stärksten Macht ermöglichen, ihre Ordnungsfunktion effektiver wahrzunehmen.66 An einer Kooperation mit anderen Staaten seien die Staaten im Regelfall nicht interessiert, weil dies ihre Autonomie beschneide. Komme es doch zu Kooperationsformen, um eine militärische Bedrohung abzuwehren, dann müsse diese rück- holbar sein, um fortgesetzten Autonomieverzicht zu vermeiden. Für Vertreter des Neorealismus, die internationale Politik aus der Machtverteilung im internatio- nalen System erklären, impliziert das Ende des Ost-West-Konfliktes das Ende des bipolaren und den Beginn eines multipolaren Zeitalters ohne dominante Militärbündnisse. Mit dem Zusam- menbruch der UdSSR sei dem nordatlantischen Bündnis das Bedrohungspotential abhanden ge- kommen, was letztlich mittel- bis langfristig zur Auflösung der NATO führen werde, prognosti- zierte Kenneth Waltz. Er erklärte das bisherige Überleben und die Erweiterung der Verteidigungs- allianz unter anderem damit, dass sie den USA als Instrument zur Einflussnahme und Dominanz der Außen- und Militärpolitik der Staaten Westeuropas diene. Ein weiterer Vertreter der neorealistischen Schule, John Mearsheimer, hatte in einem 1990 ver- öffentlichten, vielbeachteten Artikel prognostiziert, dass sich Westeuropa in einem multipolaren System von den USA abwenden und in Konkurrenz zu den USA treten werde. 67 Diese Konkur- renzsituation werde sich in einer unabhängigen Außenpolitik, dem Aufbau einer eigenen nuklea- ren Kompetenz und dem Rückfall in altbekannte Muster europäischer Machtpolitik mit zuneh- mender Kriegswahrscheinlichkeit manifestieren, so Mearsheimer. In einem 2009 veröffentlichten Artikel begründete er im Rückgriff auf seinen 1990 veröffentlichten Artikel die fortwährende Existenz der NATO mit der friedensstiftenden Wirkung der militärischen Präsenz der USA auf dem Kontinent, die über lange Strecken das Eskalationspotenzial zwischen Russland und Europa eingedämmt habe. 68 66 Schimmelfennig, a.a.O., S. 234. 67 Mearsheimer, John J. (1990): Back to the future: Instability in Europe after the Cold War. In: International Security, 15, S. 5-56. 68 Mearsheimer, John J. (2009): Warum herrscht Frieden in Europa? In: Leviathan 37 (4), S. 519-531. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 22 WD 2 - 3000 - 001/15 Die realistische Denkrichtung argumentiert nicht durchgehend zugunsten eines unausweich- lichen Zerfalls des atlantischen Bündnisses. Einzelne Politikwissenschaftler wie beispielsweise Charles Glaser sehen stattdessen durchaus Aussichten für dessen Erhalt. Die Vertreter dieses optimistischen Realismus sehen etwa in einer wirksamen Ausdehnung der zu Zeiten der Block- konfrontation für Westeuropa geltenden Sicherheitsgarantien auf mittel- und osteuropäische Staaten gegen ein wiedererstarkendes Russland ein Zeichen für die weitere Relevanz des Bünd- nisses. 69 Diese leite sich nach Auffassung von Vertretern dieser Strömung des Realismus auch aus dem Mandat der NATO ab, im Sinne einer internationalen Sicherheitsagentur „humanitäre Interventionen“ durchzusetzen und neuartigen Bedrohungsformen (z.B. Terrorismus) entgegen- zutreten. Sten Rynning schreibt dem Bündnis eine „neue Daseinsberechtigung“ zu, die sich aus der Aufgabe ableite, die Zone demokratischen Friedens zu erweitern und zu verteidigen. 70 Weitere Anhänger des optimistischen Realismus wiederum sehen das Fortbestehen der Allianz in Abhängigkeit von einer neu austarierten Lastenteilung, die zu einer Ausbalancierung der transatlantischen Beziehungen führen müsse.71 Hierbei wird ein Aufrechterhalten der Sicher- heitsgarantien der hegemonialen Schutzmacht USA von der Aufstockung europäischer Verteidi- gungshaushalte abhängig gemacht. Die grundlegende Dominanz der US-Interessen innerhalb des Bündnisses werde als eine feste Konstante fortgeschrieben, wie es die neorealistische Schule mit ihrem interessengeleiteten Ansatz bereits etablierte. 4.2.2. Klassischer Liberalismus und neoliberaler Institutionalismus Im Zentrum der Betrachtung des klassischen Liberalismus steht nicht die NATO als zwischen- staatliche Institution, sondern stehen ihre Mitgliedstaaten und deren Verhältnis untereinander, insbesondere die Beziehungen zwischen den USA und den europäischen Mitgliedstaaten. Als entscheidend für den Erfolg und den Zusammenhalt des Bündnisses als Institution nennt diese Theorie die gemeinsamen Interessen aller Akteure; internationale Machtverteilung oder der Ein- fluss der Institution seien weniger von Bedeutung. Vor dem Hintergrund divergierender Auffassungen der NATO-Mitgliedstaaten über Instrumente, Schwerpunkte und die Kostenverteilung, die sich aus den „spezifischen Interessen der jeweiligen nationalen Einflussgruppen ergeben“ 72 und nach liberalistischer Lesart das Bündnis schwächen, ist die NATO aus klassisch liberalistischer Sicht heute weniger eine sicherheitspolitische, son- dern vielmehr eine auf Militärpolitik reduzierte Allianz. Insbesondere unilaterale Bestrebungen der USA nach Präventivschlägen zur Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten sowie der fehlende Konsens hinsichtlich der Bedrohungslage gefährden aus Sicht etwa von Peter Rudolf das liberale Fundament und die politischen Beziehungen der NATO-Partner unter- einander. 73 69 Glaser, Charles (1993): Why NATO is still the best. In: International Security, 18 (1), S. 5-50. Signatur: R 50596/18. 70 Rynning, Sten (2005): NATO renewed – the power and purpose of transatlantic cooperation. Signatur: M 580404. 71 Calleo, David P. (1989): Die Zukunft der westlichen Allianz: die NATO nach dem Zeitalter der amerikanischen He- gemonie. Signatur: M 444662. 72 Wolf, Reinhard (2000): Was hält siegreiche Verbündete zusammen? Machtpolitische, institutionelle und innenpoli- tische Faktoren im Vergleich. In: Zeitschrift für Internationale Beziehungen, 7 (1), S. 33-78. 73 Rudolf, Peter (2003): Der 11. September, die Neuorientierung amerikanischer Politik und der Krieg gegen den Irak. In: Zeitschrift für Politik, 50 (3), S. 257-280. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 23 WD 2 - 3000 - 001/15 Dem gegenüber erhält das Bündnis aus Sicht des neoliberalen Institutionalismus seine Legiti- mität daraus, dass eine Kooperation im Vergleich zu einer ausschließlich nationalen Sicherheits- politik einen höheren Nutzen für seine Mitglieder hat. Die Effizienz lasse sich durch interdepen- dente Bearbeitung sicherheitspolitischer Herausforderungen steigern, weshalb in internationale militärische Entscheidungs- und Planungsstrukturen und in Interoperabilität investiert würde. Aus Sicht des Institutionalismus ist nicht das Ausmaß der Bedrohung, sondern die Höhe des Ei- gennutzens entscheidend für Art und Umfang der Beteiligung eines Mitgliedstaates an einer mili- tärischen Operation. Der Politikwissenschaftler Michael Zürn, ein prominenter Vertreter der neoliberalen Denkschule, unterzog die Aussagen des Neorealisten Mearsheimer einer genauen Untersuchung und wandte in seiner Replik darauf ein, dass der von Mearsheimer etablierte Kausalmechanismus bei der Frage nach dem anhaltenden Frieden 20 Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes andere relevante Kausalmechanismen ausblende.74 Nach Auffassung von Zürn hätten auch der europä- ische Integrationsprozess und veränderte innenpolitische Konstellationen in Russland die Situa- tion auf dem Kontinent stabilisiert. Dazu zählte Zürn die starke wirtschaftliche Dynamik in Tei- len Russlands am Anfang dieses Jahrhunderts sowie das Entstehen pluralistischer Elemente im politischen System des Landes zu diesem Zeitpunkt. 75 Darüber hinaus bestünden ja gemeinsame Interessen der NATO-Mitgliedstaaten fort, die eine Basis für die Neuausrichtung des Sicherheits- bündnisses bildeten. Auch dienten Institutionen wie die NATO nicht nur staatlichen Interessen, sondern könnten auch auf die Entwicklungen in Nationalstaaten inner- und außerhalb des Bünd- nisses einwirken. 4.2.3. Konstruktivismus Vertreter der konstruktivistischen Theorie verstehen Allianzen als Ausdruck gemeinsamer Ideen und positiver kollektiver Identitäten. Sie sind gegen andere internationale Gemeinschaften ge- richtet, wenn diese zu den Ideen unvereinbare Werte und Normen vertreten. Auch Struktur und Aufbau einer internationalen Organisation folgen den Ideen der internationalen Gemeinschaft. Die Legitimität der NATO wird mit ihrem Eintreten für Grundwerte und -normen der westlichen Wertegemeinschaft erklärt. So seien etwa „ethnische Säuberungen“ im ehemaligen Jugoslawien eine massive Verletzung grundlegender Menschenrechte und forderten die transatlantische Iden- tität der NATO heraus. Nach Auffassung der Konstruktivisten habe dies die Handlungs- und Ko- operationsbereitschaft der NATO-Mitgliedstaaten erhöht.76 74 Zürn, Michael (2010): Über die Fallstricke theoretischen Starrsinns. Eine Antwort auf John J. Mearsheimer „Warum herrscht Frieden in Europa?“ In: Leviathan 38, S.39-43. 75 Zürn widersprach Mearsheimer allerdings hinsichtlich dessen These, ein wiedervereinigtes Deutschland werde eine atomare Aufrüstung betreiben, um sich als Großmacht erneut in Stellung zu bringen. Ein Streben nach Nukle- arwaffen habe „nie auch nur annähernd“ stattgefunden, so seine Aussage, sehr wohl aber eine stärkere Einbindung Deutschlands innerhalb Europas. Darüber hinaus hält Zürn Mearsheimer entgegen, dieser habe sich vom neorealis- tischen Glaubenssatz entfernt, wenn er sich auf die moralischen Pflichten der USA gegenüber Europa in einem anarchisch strukturierten internationalen System beziehe, in dem moralische Pflichten den Neo-Realisten zufolge nicht wirksam werden könnten. Eine Abwendung von der neorealistischen Theorie und Bestätigung der Regime- Theorie erkennt Zürn auch in Mearsheimers Argumenten, die Europäer hätten darauf verzichtet, ein Gegengewicht zu den USA zu bilden, da sie von den USA „amerikanisiert“ worden seien. Zürn erkennt darin eine Bestätigung der friedensfördernden Effekte internationaler bzw. supranationaler Institutionen wie der EU. 76 Schimmelfennig, a.a.O., S. 245f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 24 WD 2 - 3000 - 001/15 4.2.3.1. Liberalistischer Wertegemeinschaftskonstruktivismus Die Befürworter des liberalistischen Wertegemeinschaftskonstruktivismus bewerten die NATO nicht nach ihrer Funktion innerhalb des internationalen Systems, sondern als Zusammenschluss von liberalen Demokratien, deren Ziel insbesondere in der Weitergabe ihrer geteilten Werte, wie etwa den demokratischen Überzeugungen, Konsultationsnormen und konsensualen Entschei- dungsfindungsprozessen, liege. Von den Politikwissenschaftlern Thomas Risse, Emanuel Adler und Michael Barnett wird die NATO deshalb auch als eine pluralistische Sicherheitsgemein- schaft charakterisiert, deren gemeinsame Identität die Schaffung kooperativer Formen und Insti- tutionen für spezifische Zwecke ermögliche. 77 Aber nicht nur die Wirkung der Institution auf Mitgliedstaaten bzw. äußere Akteure ist für die Vertreter dieser Denkrichtung bedeutsam, sondern auch die Wechselwirkung im Sinne eines wachsenden Gemeinschaftssinnes und der kollektiven Identität der Partner. Für Risse liegt die Relevanz und Legitimität des Sicherheitsbündnisses im Prozesshaften. So ließen sich infolge ei- ner hohen Konsultationsdichte strittige Fragen vor der Entscheidungsfindung klären. Als Haupt- konfliktursache wird die „Innenpolitik der beteiligten Staaten“ gesehen und ihre Sicht auf außen- politische Handlungsnotwendigkeiten. Bei wachsenden unilateralen Vorgehensweisen der NATO-Mitgliedstaaten komme es zu einer Erosion der Normen, die die Sicherheitsgemeinschaft steuerten, so Risse. 4.2.3.2. Wertedifferenzen-Realismus Nicht eine Wertekonvergenz, sondern eine Wertedifferenz ist nach Auffassung der Theorie des Wertedifferenzen-Realismus zum prägenden Charakteristikum der transatlantischen Beziehungen geworden und führe zum potentiellen Auseinanderbrechen der Allianz. So argumentieren u.a. Sean Kay und Charles Kupchan, die – ähnlich den neorealistischen Vertretern – ein transatlanti- sches Auseinanderdriften aufgrund unterschiedlicher Bedrohungswahrnehmungen, Interessen und Herangehensweisen beschreiben. Die Relevanz der NATO könne nur durch Reform der inter- nen Verfahrensregeln und Entscheidungsfindungsprozesse gewährleistet werden. 78 Im Gegensatz zum liberalistischen Wertegemeinschaftskonstruktivismus argumentiert der Wertedifferenzen- Realismus, dass unterschiedliche Werte, ökonomische Interessen, politische Kulturen und Schwerpunktsetzungen charakteristisch für die NATO geworden seien und die Allianz spalteten. 4.2.3.3. Post-Paradigmatistische Wertegemeinschaftskonzeptionen Nicht nur inhaltlich, sondern insbesondere argumentativ werden das Bild und die Werte einer Verteidigungsgemeinschaft von den Vertretern einer Post-Paradigmatistischen Werte- gemeinschaftskonzeption evoziert. Im Widerspruch zur Theorie der Neorealisten, die sich der Beschreibung eines Ist-Zustands verpflichtet sehen, beschäftigt sich diese Denkrichtung mit 77 Risse-Kappen, Thomas (1995): Cooperation among democracies: The European Influence on U.S. Foreign Policy. Signatur: M 555980. 78 Kupchan, Charles A. (2003): The rise of Europe, America’s changing internationalism and the end of U.S. primacy. In: Political Science Quarterly, 118 (2), S. 205-231. Signatur: R 51112/118.2003. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 25 WD 2 - 3000 - 001/15 einem Soll-Zustand. Nach Veronica M. Kitchen stelle eine Zerstörung der Gemeinschaft der NATO-Staaten die zentrale Bedrohung dar, die bei den Mitgliedstaaten am stärksten gefürchtet werde. Darum gelte es, durch identitätsstiftende Debatten die atlantische Gemeinschaft immer wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen und durch erfolgreiches Argumentieren in der Krise zur Identitätsbildung der Allianz beizutragen. 79 Andere Vertreter dieser Denkrichtung bringen den Fortbestand der NATO mit der Existenz narrativer Ressourcen in Zusammenhang, indem ihre Identität und Geschichte neu wiedergegeben und die gemeinsamen Werte der Mit- gliedstaaten hervorgehoben würden. Der in die Zukunft weisende Gemeinschaftsgedanke einer Sicherheitsallianz, die sich den Werten des Multilateralismus und der liberalen Demokratie ver- pflichtet fühle, gebiete es aus Glaubwürdigkeitsgründen geradezu, die Erweiterung der NATO umzusetzen. 80 4.2.4. Postmodernismus Unter den Theoretikern, die sich mit dem Fortbestehen der NATO auseinandersetzen, gibt es über die bisher genannten weitere Theorieansätze. Exemplarisch sei hier der den Postmodernis- mus vertretende Peter van Ham angeführt. 81 Er vertritt die These, dass die NATO vor dem Nie- dergang stehe, da trotz gemeinsamer Interessen, Werte und Normen die kulturellen Unterschiede zwischen den USA auf der einen Seite und Europa auf der anderen Seite am Fundament der Alli- anz nagten. Unter Bezugnahme auf Samuel Huntingtons Konzept der Zivilisation und Michel Foucaults sozialwissenschaftlichem Begriff der „Gouvernementalität“ führt er die kulturellen Un- terschiede und ihre Relevanz für die Legitimität der NATO aus. Insbesondere die unterschiedli- chen „Gouvernementalitäten“, also Erscheinungsformen von Regierungslenkung des individuel- len und kollektiven Verhaltens seiner Bürger, zersetzten den „Kitt“ des transatlantischen Bünd- nisses. So sei es nach dem Wegfall der Bedrohung durch die Staaten des Warschauer Paktes zu- nehmend schwieriger geworden, sich auf eine gemeinsame Bedrohungswahrnehmung und auf eine gemeinsame Politik zwischen den Bündnispartnern zu verständigen. Van Ham verweist hier beispielhaft auf Differenzen in der Bedrohungswahrnehmung Chinas durch europäische Staaten und die USA. Zudem kritisiert er, dass Einsätze aufgrund humanitärer Erwägungen selektiv ge- wählt würden. Auch die Einstellungen der Partner zum Einsatz militärischer Macht und zu inter- nationalem Recht divergierten. Dort wo unterschiedliche kulturelle Werte und Einstellungen hin- sichtlich Waffenbesitz oder der Todesstrafe zum Tragen kämen, greife das Konzept gemeinsamer Werte und Normen nicht mehr und führe zu einer sinkenden Zustimmungsrate und zu Bedeu- tungsverlust für das transatlantische Bündnis. Darüber hinaus unterminiere auch die Gemein- same Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der Europäischen Union (EU) die praktische Rele- vanz der NATO. Auch wenn sich eine Institution wie die NATO nicht so schnell auflöse, ver- komme sie zu einer „Quatschbude“ analog zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), prophezeit van Ham. 82 79 Kitchen, Veronica M. (2010): The globalisation of NATO: intervention, security and identity. Signatur: M 590304. 80 Schimmelfennig, Frank (1999): NATO Enlargement: A constructivist explanation. In: Chafetz, Glenn; Spirtas, Michael; Fankel, Benjamin (Hrsg.): The origins of national interests. 81 Ham, Peter van (2001): Security and culture, or, why NATO won’t last. In: Security Dialogue, 32 (4), S. 393-406. Signatur: R50383/32.3001. 82 Ebenda, S. 404. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 26 WD 2 - 3000 - 001/15 5. Zusammenfassung Im Rahmen der vorliegenden Dokumentation wurden zunächst Hinweise sowohl zu solcher wis- senschaftlichen Literatur gegeben, die die Theorien der Internationalen Beziehungen allgemein erläutert (Kapitel 2), als auch zu solcher, in der der Begriff der Legitimität im Allgemeinen und der institutionellen Legitimität im Besonderen diskutiert werden (Kapitel 3). Der abschließende Teil dieser Arbeit (Kapitel 4) führte inhaltlich diese beiden Aspekte zusammen, indem er Quel- len präsentiert, die sich mit der institutionellen Legitimität der NATO aus Sicht der IB-Theorien auseinandersetzen. Die folgende Übersicht (Tabelle 1) fasst in vereinfachter Darstellung die Kernaussagen der Haupt- strömungen dieser IB-Theorien zur institutionellen Legitimität der NATO im Sinne sowohl einer empirisch-deskriptiven als auch einer normativ-ethischen Begriffsdefinition (vgl. Kapitel 3) zu- sammen. Dabei werden die Denkschulen in Fürsprecher bzw. Gegner eines Fortbestehens der NATO nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes unterteilt. Anhand der Übersicht lässt sich erken- nen, welche Theorien der NATO als Institution ein hohes und welche ihr ein geringes Maß an Legitimität bescheinigen. Nicht alle der zu Beginn dieser Arbeit erläuterten Denkrichtungen finden in die Übersicht Ein- gang, sondern ausschließlich solche, die explizit Aussagen zur institutionellen Legitimität der NATO getroffen haben. Vor diesem Hintergrund wurde etwa auch auf eine Einordnung des von Nye vertretenen Konzeptes der „Hard Power und Soft Power“ verzichtet, da dieses sich nicht mit kollektiven Sicherheitsbündnissen beschäftigt, sondern mit kulturellen, sprachlichen und religiö- sen Aspekten eines Gesellschaftsmodells oder einer Lebensform, die von anderen Gesellschaften als nachahmenswert empfunden wird. Institutionelle Legitimität der NATO IB-Theorie contra pro Neorealismus Die Neorealistiker prognostizierten nach Die NATO erfährt ihre Legitimität nach Auffas- vs. dem Ende des Ost-West-Konfliktes und sung der optimistischen Realisten sowohl aus optimistischer dem Wegfall der Bedrohung durch den der Verpflichtung der Bündnispartner, aus Realismus Warschauer Pakt – wenn auch zeitlich geopolitischen Interessen die transatlanti- nicht unmittelbar – die Auflösung der sche Zusammenarbeit – wenn auch neuaus- NATO, da sie als Instrument des Kräf- balanciert – fortzuführen, als auch aus ihrer tegleichgewichts nicht mehr benötigt Eignung, mit dem vollen Spektrum der werde. Diese historische Zäsur impliziere post-sowjetischen Herausforderungen um- gleichzeitig den Verlust ihrer institutionel- gehen zu können. len Legitimität. Hierzu tragen nach dieser IB-Theorie neben Das Fortbestehen der NATO wird damit den Fähigkeiten des Bündnisses, den Schutz erklärt, dass die USA als mächtigster gegen ein wiedererstarktes Russland gewäh- Bündnispartner die Allianz als Instrument ren, Sicherheitsgarantien effektiv auf die Staa- der Machtverfestigung bzw. Dominanz ge- ten Mittel- und Osteuropas ausdehnen und genüber den westeuropäischen Staaten humanitäre Interventionen durchführen zu nutzt. Seine Hegemonialstellung spiegele können, auch eine kluge Politik der Absiche- sich in der bündnisinternen Macht wieder. rung gegen Bedrohungen aus dem Osten und gegen Sicherheitswettbewerb im Westen bei. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 27 WD 2 - 3000 - 001/15 Institutionelle Legitimität der NATO (Fortsetzung) IB-Theorie contra pro Klassischer Die NATO repräsentiert dem klassischen Im Vergleich zu autonomer nationalstaatlicher Liberalismus Liberalismus zufolge staatlich-gesell- Sicherheitspolitik ist die NATO im Kosten-Nut- vs. schaftliche Interessen und Strukturen, die zen-Denken ihrer Mitgliedstaaten, die nicht nur neoliberaler sich im Hinblick auf eine gemeinsame in- aus sicherheitspolitischen, sondern auch aus Institutionalismus ternationale Bedrohung zusammenge- wirtschaftlichen Überlegungen heraus han- schlossen haben. Sie ist ein Instrument deln, ein effizienteres Instrument zur sicher- gesellschaftlicher Interessen der einzelnen heitspolitischen Problemlösung. Mitgliedstaaten, das sich gegen andere, gegensätzliche Interessen und Strukturen Aus Sicht des neoliberalen Institutionalismus richtet. verleiht dies einem Sicherheitsbündnis wie der NATO, die als intergouvernementale, ver- Nach Auffassung des klassischen Libera- netzte Institution die Möglichkeit zur Erweite- lismus können divergierende Auffassun- rung nationaler Handlungsspielräume bietet gen der NATO-Mitgliedstaaten über aus- und neue Kooperationsformen in einem senpolitische Instrumente, Schwerpunkte multipolaren Weltsystem zu entwickeln be- und die Kostenverteilung das Bündnis strebt ist, ein hohes Maß an Legitimität. schwächen und zu einer Vertrauens- und Legitimitätskrise führen. Mit der Abkehr von gemeinsamen sicherheitspolitischen Zielen und (unilateralen) Handlungen einer (sicherheits-)politischen Allianz sowie einer Reduzierung der Rolle auf aus- schließlich militärpolitische Aspekte sinkt die Legitimität des Bündnisses. Konstruktivismus Die pluralistische Sicherheitsgemeinschaft fühlt sich zur Weitergabe gemeinsamer demo- kratischer Werte und Ideen sowie zur gewalt- freien Problembewältigung verpflichtet. Sie wird als Friedensgemeinschaft begriffen. Nach Auffassung des Konstruktivismus werden vor diesem Hintergrund Konsultationen im Kon- fliktfall als friedensfördernd verstanden. Aus diesem Verständnis heraus erlangt die NATO ihre Legitimität dadurch, dass sie sich als eine durch transparente und konsensuale Entscheidungsfindung sowie durch multilatera- les Handeln gekennzeichnete pluralistische Sicherheitsgemeinschaft präsentiert. Im Bünd- nis wird ein hohes Maß an Übereinstimmung durch die einstimmige Entscheidungsfin- dung, u.a. im Nordatlantikrat, gewährleistet, die die Voraussetzung für ein berechenbares multinationales Agieren sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich darstellt. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 28 WD 2 - 3000 - 001/15 Institutionelle Legitimität der NATO (Fortsetzung) IB-Theorie contra pro Postmodernismus Die transatlantische Allianz steht und fällt mit dem Konzept geteilter Interessen, Werte und Normen. Da sich die Werte nach postmoderner Lesart zu beiden Sei- ten des Atlantiks zunehmend auseinan- derentwickeln, sichtbar etwa in den Dis- kussionen um die gemeinsame NATO-Po- litik, um humanitäre Einsätze und ihren Stellenwert innerhalb einer gemeinsamen Strategie, aber auch in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU, ver- fängt das Konzept geteilter Werte und Normen zunehmend weniger und schwächt das Fundament der Allianz. Eine Ursache dafür sind die kulturellen Unterschiede in den USA und Europa so- wie die Einstellungen ihrer Bevölkerungen zu Waffenbesitz, Todesstrafe sowie ihre unterschiedlichen Bedrohungswahr- nehmungen. In der Konsequenz sinken die Zustimmungswerte bei der Bevölke- rung für die Allianz und sie verliert ihre Legitimität. Tabelle 1: Kernaussagen der IB-Theorien zur institutionellen Legitimität der NATO Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 29 WD 2 - 3000 - 001/15 Anlagen Hartmann, Jürgen (2009): Internationale Beziehungen. 2., aktualisierte und überarbeitete Auf- lage. Signatur: POL 7.1 15, S. 21-72: Theorien der IB im historischen und fachlichen Kontext (Kapitel 2). Abrufbar unter: http://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-531-91529- 6.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). Anlage 1 Lemke, Christiane (2011): Internationale Beziehungen – Grundkonzepte, Theorien und Problem- felder. 3., überarbeitete und ergänzte Auflage. Signatur: POL 7.1 20, S. 13-47: Theorierichtungen in der Analyse der Internationalen Beziehungen (Kapitel 1.5) und „Zusammenfassender Über- blick über die Theorien“ (Kapitel 1.6). Anlage 2 Vöneky, Silja (2010): Recht, Moral und Ethik: Grundlagen und Grenzen demokratischer Legitimi- tät für Ethikgremien. Signatur: M 591730, S. 130-162: Demokratische Legitimation (Kapitel 4.I. bis 4.III.). Anlage 3 Glaser, Karin (2013): Über legitime Herrschaft – Grundlagen der Legitimitätstheorie. S. 15-36: Le- gitimitätsbegriffe und theoretische Ansätze (Kapitel 2). Abrufbar unter: http://www.sprin- ger.com/cda/content/document/cda_downloaddocument/9783658004606-c1.pdf?SGWID=0-0-45- 1353516-p174694141 (letzter Zugriff: 21.01.2015). Anlage 4 Braun, Daniela; Schmitt, Hermann (2009): Politische Legitimität. In: Kaina, Viktoria; Römmele, Andrea (Hrsg.): Politische Soziologie, S. 53-81. Abrufbar unter: http://link.springer.com/con- tent/pdf/10.1007%2F978-3-531-91422-0.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). Anlage 5 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 30 WD 2 - 3000 - 001/15 Buchanan, Allen; Keohane, Robert O. (2006): The Legitimacy of Global Governance Institutions. Memo prepared for Conference on the Normative and Empirical Evaluation of Global Gover- nance, https://www.princeton.edu/~pcglobal/conferences/normative/papers/Session1_Bu- chanan_Keohane.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). Anlage 6 Heuser, Beatrice (2005): Die Strategie der NATO während des Kalten Krieges. In: Bremm, Klaus- Jürgen; Mack, Hans-Hubertus et al. (Hrsg.): Entschieden für Frieden, 50 Jahre Bundeswehr 1955 bis 2005, S. 51-62. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes. Anlage 7 Varwick, Johannes; Schreer, Benjamin (2009): 60 Jahre NATO – Ein Bündnis im Wandel. In: Österreichische Militärische Zeitschrift, 47 (2009), 4, S. 3-11. Anlage 8 Smith, Martin A. (2010): NATO in the First Decade after the Cold War. Signatur: P 5135040, S. 129-165: Beyond Territorial Defence (Kapitel 5). Anlage 9 Siedschlag, Alexander (1998): Der institutionelle Anpassungsprozess der NATO und die Zukunft post-strategischer Sicherheitspolitik in Europa. In: Pfahl, Stefanie et al. (1998): Institutionelle Herausforderungen im Neuen Europa. S. 157-189. Anlage 10 Holmberg, Arita (2011): The changing role of NATO: exploring the implications for security governance and legitimacy. In: European Security, 20. Jg., Nr. 4, Dezember 2011, S. 529-546. Abrufbar unter: http://www.tandfonline.com/doi/pdf/10.1080/09662839.2011.625929 (letzter Zugriff: 22.01.2015). Anlage 11 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation Seite 31 WD 2 - 3000 - 001/15 Wagnsson, Charlotte (2010): NATO’s pursuit of legitimacy in the 21st century: Normative dilemmas in view of global challenges. Abrufbar unter: http://www.eisa-net.org/be-bruga/eisa/fi- les/events/stockholm/NATOs%20pursuit%20of%20legitimacy%20in%20the%2021st% 20century.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). Anlage 12 Franke, Ulrich (2010): Die NATO nach 1989 – Das Rätsel ihres Fortbestandes, S. 19-50: Darstellung des Forschungsstands (Kapitel 2). Abrufbar unter: http://link.springer.com/con- tent/pdf/10.1007%2F978-3-531-92544-8.pdf (letzter Zugriff: 22.01.2015). Anlage 13 Schimmelfennig, Frank (2013): Internationale Politik., Signatur: M 596520, S. 227-247: Sicher- heitskooperation im Bündnis: die NATO (Kapitel 10). Anlage 14 Staack, Michael (2007): Im Gleitflug. Hat die NATO noch eine Zukunft? Abrufbar unter: https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=3&cad=rja&uact=8&ved=0CC wQFjAC&url=http%3A%2F%2Flink.springer.com%2Fcontent%2Fpdf%2F10.1007%2F978-3- 531-90092-6_11.pdf&ei=_rPAVIHKDOOcygOj5ILYAw&usg=AFQjCNGpqrepXoO0RplgQNGC5_ sv99oq9Q (letzter Zugriff: 22.01.2015). Anlage 15