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Universität zu Köln
2024
Dr. Janka Goldan
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This document, in PDF format, is a lecture on special education and introduction to school inclusion, presented by Dr. Janka Goldan from the University of Cologne, for the Winter Semester 2024/2025. It's a 2nd session handout covering topics such as legal background, definitions, case studies, and questions from a session on 15th October 2024.
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SONDERPÄDAGOGISCHE GRUNDLAGEN 2. SITZUNG – 15.10.2024 (Ring-)Vorlesung zu den Modulen BM5a und BM5b DHR Sonderpädagogische Grundlagen Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WS 2024/2025 Einführung in die schulische Inklusion Behinderung und Bildungsungleichheiten Ei...
SONDERPÄDAGOGISCHE GRUNDLAGEN 2. SITZUNG – 15.10.2024 (Ring-)Vorlesung zu den Modulen BM5a und BM5b DHR Sonderpädagogische Grundlagen Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WS 2024/2025 Einführung in die schulische Inklusion Behinderung und Bildungsungleichheiten Ein Interview von Benjamin Edelstein mit den Inklusionsforscherinnen Birgit Lütje-Klose und Janka Goldan Link zum Interview (nicht klausurrelevant aber interessant) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 2 Inklusion – Was ist das eigentlich? Aus dem Lateinischen: „Einschluss, enthalten sein“ Im Kontext der Pädagogik: Zugehörigkeit von Menschen mit Behinderungen bzw. anderen Heterogenitäts-Dimensionen zum allgemeinen Bildungssystem Feuser (2010) unterscheidet politischen, soziologischen und erziehungswissenschaftlichen Zugang zum Inklusionsbegriff Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 3 Inklusion aus politisch-rechtlicher Perspektive Ratifizierung im 9. Schulrechts- Verabschiedung Erklärung von Erklärung von deutschen änderungsgesetz der UN BRK Jomtien (1990) Salamanca (1994) Bundestag tritt in Kraft (NRW) (2006) (2009) (2014) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 4 Artikel 24 – Bildung (1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen […]. (2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass a) Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden; b) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben; Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 5 NRW – 9. Schräg § 20 – Orte der sonderpädagogischen Förderung (1) Orte der sonderpädagogischen Förderung sind 1. die allgemeine Schulen (allgemein bildende Schulen und Berufskollegs), 2. die Förderschulen, 3. die Schulen für Kranke (§ 21 Abs. 2). (2) Sonderpädagogische Förderung findet in der Regel in der allgemeinen Schule statt. Die Eltern können abweichend hiervon die Förderschule wählen. […] (4) In besonderen Ausnahmefällen kann die Schulaufsichtsbehörde abweichend von der Wahl der Eltern die allgemeine Schule anstelle der Förderschule oder die Förderschule anstelle der allgemeinen Schule als Förderort bestimmen. Dies setzt voraus, dass die personellen und sächlichen Voraussetzungen am gewählten Förderort nicht erfüllt sind und auch nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllt werden können. Die Schulaufsichtsbehörde legt die Gründe dar und gibt den Eltern die Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Gleichzeitig informiert sie über weitere Beratungsangebote. (5) Die Schulaufsichtsbehörde richtet Gemeinsames Lernen mit Zustimmung des Schulträgers an einer allgemeinen Schule ein, es sei denn, die Schule ist dafür personell und sächlich nicht ausgestattet und kann auch nicht mit vertretbarem Aufwand dafür ausgestattet werden. […]“ (Quelle: Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW – SchulG) vom 15. Februar 2005 zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Dezember 2016) Aufgabe: Lesen Sie sich den Auszug aus dem Gesetz in Ruhe durch und überlegen Sie, inwiefern das Gesetz mit Blick auf das Recht auf Gemeinsames Lernen Probleme aufwerfen könnte. Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 6 Padlet Wo ergeben sich im Schulgesetz NRW Diskrepanzen zu Art. 24? Wo sehen Sie Widersprüche/ Probleme? Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 7 Vier A‘s inklusiver Bildung Availability (Verfügbarkeit) Steht ein integratives, hochwertiges und unentgeltliches Bildungsangebot zur Verfügung? Accessibility (Zugänglichkeit) Ist dieses Bildungsangebot erreichbar und zugänglich (rechtliche Rahmenbedingungen/ Wohnortnähe/usw.)? Acceptability (Akzeptanz) Akzeptanz und Wertschätzung aller Akteure als Bedingung für erfolgreiche Bildung (Einstellungen/ inklusive Kultur/ Werte und Haltung) Adaptability (Veränderbarkeit) Die Rahmenbedingungen sind den Bedürfnissen Einzelner anzupassen (Paradigmenwechsel) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 8 In der heutigen Sitzung lernen Sie… die rechtlichen Grundlagen schulischer Inklusion wie aus politischer/ bildungsstatistischer Perspektive evaluiert wird, inwieweit schulische Inklusion umgesetzt wird/ ein inklusives Bildungssystem existiert was unter einem „sonderpädagogischen Förderbedarf“ zu verstehen ist, wie er festgestellt wird und welche Förderschwerpunkte es gibt verschiedene Definitionen schulischer Inklusion kennen Aspekte der Professionalisierung von Lehrkräften für den inklusiven Unterricht wie sich die Konzepte Integration/ Inklusion unterscheiden Gelingensbedingungen schulischer Inklusion: was gute inklusive Schulen auszeichnet Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 9 Inklusionsrelevante Kennzahlen Wie kann man den Stand/ die Entwicklung schulischer Inklusion messen? Goldan, 2020; Klemm (2014, 2015, 2018) 10 Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 Quelle: Autorengruppe Bildungsberichter- stattung (2020, 2016, 2014); Dietze (2011); Hollenbach-Biele (2014); Hollenbach- Biele & Klemm (2020); Klemm (2010, 2013, 2014, 2015, 2018); Klemm & Preuss- Lausitz (2017) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 11 Quelle: Kultusministerkonferenz der Bundesrepublik Deutschland, 2022, S. XVI, eigene Darstellung. Anmerkung: Abweichung von 100 % ergeben sich durch Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 Rundungsfehler. 12 Hollenbach-Biele & Klemm (2020) 13 Inklusions- und Exklusionsquoten in den Bundesländern Quelle: Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2022, eigene Darstellung. Anmerkung: Abweichungen von 100 % ergeben sich durch Rundungsfehler. Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 14 Entwicklung des Anteils der Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allen Schüler:innen, nach Schuljahr (2008/09 bis 2020/21) Quelle: Lütje-Klose & Goldan (2023) Quelle: Lütje-Klose & Goldan (2023) Deutschland NRW 15 Entwicklung des Anteils der Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allen Schüler:innen, nach Schuljahr (2008/09 bis 2020/21) Quelle: Lütje-Klose & Goldan (2023) Quelle: Lütje-Klose & Goldan (2023) NRW 16 Reflexion Im Zuge der Einführung der schulischen Inklusion sind in fast allen Bundesländern die Förderquoten gestiegen, d.h. es gibt anteilig mehr Schüler*innen mit einem amtlich festgestellten Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung (BSU). Was könnten Gründe dafür sein, dass der Anteil der Schüler*innen mit BSU ansteigt bzw. angestiegen ist? Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 17 Warum wird SPU weiterhin formal festgestellt? Zusätzliche Ressourcen für den (inklusiven) Unterricht Ermöglichung zieldifferenten Lernens Möglichkeit der Überweisung an eine Förderschule (Dexel & Kottmann, 2022; Goldan & Grosche, 2021) Inklusion fordert De-Kategorisierung Weitreichende Folgen für die (Bildungs-)Biografie der Betroffenen Negative Auswirkungen der Etikettierung/ sog. „Labeling-Effekte“ (Algraigray & Boyle, 2017) Risiken der Stigmatisierung und damit einhergehend Beeinträchtigung… des Wohlbefindens, der sozialen Integration, der Lernentwicklung (Goldan, Nusser & Gebel, 2022; Nusser, Goldan & Gebel, i. V) des Selbstwerts (stereotype-threat), (Wilbert, 2010) der Erwartung/ Urteilsfähigkeit der Lehrkraft (Nusser, Goldan & Gebel, i. V.) 18 SONDERPÄDAGOGISCHER UNTERSTÜTZUNGSBEDARF Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 19 Kategorisierung und Klassifizierung Kategorisierung und damit verbundene Begrifflichkeiten gestalten sich in Abhängigkeit des Kontexts sehr unterschiedlich Bezugsgruppen der Sonderpädagogik und Inklusiven Pädagogik erfahren Klassifizierungen in unterschiedlichen institutionellen Bereichen (Rechts-, Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen) Mit Blick auf die Problemlagen bei der Klassifizierung ist eine sprachliche (Weiter-) Entwicklung mit Blick auf die Adressat:innen der Heilpädagogik zu beobachten Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 20 Kategorisierung und Klassifizierung 1960er Jahre 1970er Jahre 1980er Jahre 1999 Jahre 2006 heute Einführung der 9 Umbenennung der Umbenennung der sonderpädagogischen sonderpädagogischen Bachs (1999) sonderpädagogischen Kategorien in Systemati- Hansen & Kategorien Kategorien Bedarf an Förderbedarfe sierung der Stein (2006) (Lernbehinderte/ sonderpädagogischer Geistigbehinderte usw.) (sonderpädagogischer Beeinträchti- Beeinträchti- Unterstützung im Förderbedarf im Bereich/ gungen gungen in der Förderschwerpunkt… Schwerpunkt …) emotionalen (NRW) und sozialen Abkehr vom Entwicklung/ Behinderungsbegriff wird Behinderungsbegriff/ in der zentral für die Disziplin Dekategorisierungs- geistigen tendenzen Entwicklung (special educational needs) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 21 Sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf „Sonderpädagogischer Förderbedarf liegt vor, wenn [Schüler:innen] auch mit den Mitteln der allgemeinen Schulen nicht mehr hinreichend gefördert werden können.“ (Heimlich, 2020, S. 17) i. d. R. differenziert nach 8 Förderschwerpunkten (Heimlich, 2020) Lernen Emotional-soziale Entwicklung Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) Sprache Geistige Entwicklung Sehen Hören Körperlich-motorische Entwicklung Kranke schulorganisatorischer Begriff der Behinderung (Goldan & Zurbriggen, im Druck) und keine wissenschaftlich abgesicherte/ definierte Kategorie (Goldan & Grosche, 2021; Goldan, Nusser & Gebel, 2022; Grünke & Grosche, 2014; Kottmann et al., 2018; Neumann & Lütje-Klose, 2020) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 22 Wie wird sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt? Ablauf des Verfahrens INKLUSION AUS THEORETISCH- PÄDAGOGISCHER PERSPEKTIVE Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 24 Definitionen von Inklusion (Grosche, 2015) Keine allgemeingültige, einheitliche Definition von Inklusion Unterschiedliche Zugänge und Schwerpunktsetzungen (z. B. bezogen auf Rechte; einstellungsbezogen; Schulentwicklung; Adressat:innengruppe) Problem: wenn Inklusion nicht genau definiert ist (wissenschaftlich kaum operationalisiert ist), lässt sich empirisch auch nicht erfassen, ob Inklusion erfolgreich ist und praktisch kaum ein klarer Rahmen zur Umsetzung vorgeben Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 25 Wie definieren Sie schulische Inklusion? Siehe Chat auf ILIAS – 2. Sitzung https://www.ilias.uni-koeln.de/ilias/goto_uk_chtr_6027212.html Institut / Lehrstuhl / Dezernat 14.10.2024 Definitionen schulischer Inklusion Sozial-emotionale Dimension Pädagogische Dimension „Kinder und Jugendliche in inklusiven Schulen „Inklusion meint, dass jedes Kind, insbesondere sollen sich nicht nur sporadisch begegnen, auch sozial benachteiligte Schüler*innen, sondern in intensive, selbst gewählte und besondere Fähigkeiten hat. Aufgabe der Schule ist dauerhafte soziale Kontakte eintreten können es, diese besonderen Fähigkeiten und die daraus (soziale Ebene) und so neben der institutionellen resultierenden pädagogischen Bedarfe Ebene Inklusion auch persönlich erleben können angemessen zu berücksichtigen, damit sich alle (emotionale Ebene).“ Kinder möglichst optimal zu autonomen, (Heimlich 2012, S. 15) selbstsicheren und mündigen Personen entwickeln können, die ihre Fähigkeiten und Kompetenzen zu ihrem Wohle und dem Wohle der Gemeinschaft entsprechend einbringen.“ (Feyerer 2012, o. S.) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 27 Was und wen meint Inklusion? Bildung, Erziehung und Entwicklung „Inklusive Pädagogik bezeichnet Theorien zur Bildung, Erziehung und Entwicklung, die Etikettierungen und Ablehnung von Etikettierung und Klassifizierungen ablehnen, ihren Klassifikationen Ausgang von den Rechten vulnerabler und marginalisierter Menschen nehmen, Vulnerable und marginalisierte Menschen für deren Partizipation in allen Lebensbereichen plädieren und auf strukturelle Veränderungen der Partizipation als Ziel regulären Institutionen zielen, um der Verschiedenheit der Voraussetzungen und Bedürfnisse aller Nutzer/innen Strukturelle Veränderungen der allgemeinen gerecht zu werden.“ (Biewer 2017, S. Schulen 204) Verschiedene Voraussetzungen und Bedürfnisse berücksichtigen Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 28 Verständnis von Inklusion (vgl. Grosche 2015; Hinz 2013; Biewer 2017; Lindmeier & Lütje-Klose 2015) „Enges, behindertenbezogenes „Weites, auf alle Diversitätsmerkmale Verständnis“ bezogenes Verständnis“ Fokus liegt auf der gemeinsamen Beschulung von Fundamentale Umgestaltung des Schulsystems und Kindern mit und ohne sonderpädagogischen der Schulen im Sinne inklusiver Kulturen, Praktiken Förderbedarf und Strukturen steht im Vordergrund Inklusion als verbesserte Integration Heterogenität wird als begrüßenswerter Normalfall betrachtet Diskussion beschränkt sich daher auf den Transfer sonderpädagogischer Expertise und Profession in die Verschiedenste Differenzlinien werden betrachtet allgemeine Schule (Geschlecht, ethnische und soziale Herkunft, Behinderung etc.) Frage der De-Segregation (Auflösung von Förderschulen) steht im Vordergrund (vgl. hierzu Hinz Kategoriale Zuschreibungen („Zwei-Gruppen- 2013) Theorie“) werden abgelehnt Erfolg wird an inklusionsrelevanten Kennzahlen Inklusion als Aufgabe aller Lehrkräfte bzw. bemessen pädagogisch Tätigen Deskriptiv, sonderpädagogisch (Primat Normativ, radikal der Förderung) (Primat der Anerkennung) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 29 Definitorische Versuche (vgl. Piezunka et al., 2017) 1. Anführung von Negativ-Definitionen (z.B. Wocken 2014) 2. Abgrenzung zum Integrationsbegriff (z.B. Hinz 2002, Sander 2004) 3. Nennung konkreter Handlungsweise (z.B. Wocken 2013; Kornmann 2015; Krämer et al. 2016) 4. Abgrenzung verschiedener Definitionen (vgl. z.B. Grosche 2015) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 30 Ein drittes Inklusionsverständnis? (vgl. Biewer 2017; Lindmeier & Lütje-Klose 2015) Auf alle Lernenden, besonders aber auf vulnerable Gruppen bezogenes Inklusionsverständnis Aufmerksamkeitsfokus auf die Situation marginalisierter Gruppen in Gesellschaft Bestimmung bestimmter Gruppen als besonders vulnerabel und in höherem Maße von Exklusionsprozessen betroffen Ziel ist die Schaffung eines inklusiven Erziehungs- und Bildungssystem mit den Grundwerten, einer Maximierung der Partizipationschancen und einer Minimierung sozialer Ausgrenzungsrisiken besonders mit Blick auf marginalisierte Gruppen „Education for all, and especially for some!“ Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 31 Inklusive Pädagogik = Pädagogik der Vielfalt Paradigmenwechsel zwischen Integration und Inklusion Differenzen sind kennzeichnend für Lerngruppen Heterogenität als Wert an sich; Unterschiede werden wahrgenommen akzeptiert und wertgeschätzt Differenzen führen nicht zu einer Hierarchisierung der Schüler*innen (Prengel, 2006) Alle Schüler*innen Alle Schüler*innen, aber mit Fokus auf „[…] the aim of inclusive education is to Schüler*innen mit vulnerable eliminate social exclusion resulting from Förderbedarf/ Gruppen attitudes and responses to diversity in race, Behinderungen „Education for all, and especially for social class, ethnicity, religion, gender and some“ (Kiuppis, 2014) ability.“ (UNESCO, 2008) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 32 Beispiele für ein unterschiedliches Inklusionsverständnis Engeres Inklusionsverständnis Weiteres Inklusionsverständnis KMK-Empfehlungen von 2011 „Inklusive Bildung von UNESCO Leitlinien zur Inklusion für die Bildungspolitik Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in Schulen“ von 2014 „Das Ziel dieser Empfehlungen ist, die gemeinsame „Inklusion im Bildungsbereich bedeutet, dass allen Bildung und Erziehung für Kinder und Jugendliche zu Menschen die gleichen Möglichkeiten offen stehen, an verwirklichen und die erreichten Standards qualitativ hochwertiger Bildung teilzuhaben und ihre sonderpädagogischer Bildungs-, Beratungs- und Potenziale zu entwickeln, unabhängig von besonderen Unterstützungsangebote im Interesse der Kinder und Lernbedürfnissen, Geschlecht, sozialen und Jugendlichen abzusichern und weiterzuentwickeln. ökonomischen Voraussetzungen.“ Hieraus sind Impulse für die Entwicklung inklusiver (UNESCO Deutschland 2014, S. 9) Bildungsangebote abzuleiten.“ (KMK 2011, S. 3) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 33 Definitionen von Inklusion Göransson & Niholm (2014) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 34 PROFESSIONALISIERUNG FÜR INKLUSION Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 35 Professionalisierung für Inklusion Professionalisierung von Lehrkräften und päd. Personal als wichtige und zentrale Grundlage für eine erfolgreiche inklusive Schulentwicklung Gefordert in Art. 24 der UN BRK („»Schulung von Fachkräften sowie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf allen Ebenen des Bildungswesens«) Inklusion bedeutet nicht, „eine ansonsten unveränderte Praxis mit ›sonderpädagogischen‹ Maßnahmen zu begleiten“ (Seitz, 2011, S. 1) Dazu gehört u. a.: Multiprofessionelle Kooperation; Reflektion/ Aushandlung von Rollen und Zuständigkeiten; förderdiagnostische Kompetenzen; didaktische Fähigkeiten; fundiertes Wissen über verschiedene Dimensionen von Diversität; Einstellungen und Werthaltungen; Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 36 37 Core Values for Inclusive Teacher Education (European Agency for Special Needs and Inclusive Education (2012, 2022) Valuing Learner Diversity meint eine ressourcenorientierte und positive Sichtweise auf die Verschiedenheit der Lernenden. Supporting All Learners beinhaltet eine hohe Erwartung der Lehrkräfte an das Lernen aller Schüler:innen und die entsprechende Unterstützung durch effektive Lehrmethoden und umfassende Fördermaßnahmen im akademischen ebenso wie im sozialen, emotionalen und praktischen Bereich. Working With Others hebt die Bedeutung von Kooperation zwischen Lehrkräften, mit anderen pädagogischen Fachkräften innerhalb und außerhalb der Schule sowie mit den Eltern hervor. Unter Personal Professional Development wird verstanden, dass Lehrkräfte im Sinne lebenslangen Lernens ihre Kompetenzen permanent weiterentwickeln und sich als reflektierende Praktiker:innen verstehen. (Lütje-Klose et al., 2024) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 38 Institut / Lehrstuhl / Dezernat 14.10.2024 39 Institut / Lehrstuhl / Dezernat 14.10.2024 40 INKLUSION VS. INTEGRATION Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 41 Inklusion Vs. Integration Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 42 Integration vs. Inklusion Inklusionsbegriff hat sich in Deutschland infolge einer Kritik am Begriff der Integration durchgesetzt, wobei er theoretisch darüber kaum hinausgeht Kritik an der praktischen Umsetzung von Integrationsversuchen in den 70ern und 80ern Kritik insbes. an Praxis der äußeren Differenzierung bei ansonsten fortbestehenden Strukturen (Pädagogik des Gleichschritts) (z.B. Reiser, 2003) Begriff der Inklusion sollte schulpädagogisch und nicht sonderpädagogisch begründet werden (unter Berücksichtigung weiterer Differenzlinien: Migration, Geschlecht, Herkunft,…) Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 43 Integration vs. Inklusion Quelle: Lütje-Klose et al., 2018, S. Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 44 18) Von der Integration bis zur Inklusion – Spannungsfelder Dilemmata schulischer Inklusion (Norwich, 2013) Identification-dilemma: Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma Risiken des Labelling vs. Anrecht auf besondere Leistungen und Unterstützung (Katzenbach, 2015) Location-dilemma Besuch einer inklusiven Schule geht mit dem Risiko einher, dort nicht immer die besten Bedingungen vorzufinden Curriculum dilemma Schwierigkeit der adaptiven Gestaltung des Unterrichts bei großer Heterogenität Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 45 Gelingensbedingungen guter inklusiver Schulen (Bertelsmann Stiftung, 2016) Untersuchung der Preisträgerschulen des Jakob-Muth-Preises für gute inklusive Schulen Fragestellung: was haben diese Schulen gemeinsam? 1. In der inklusiven Schule stehen die Schüler*innen mit ihrem Bildungserfolg im Mittelpunkt. 2. Der Inklusive Unterricht fokussiert auf individuelles und kooperatives Lernen. 3. Verbindliche Absprachen schaffen verlässliche Strukturen für das gemeinsame Lernen. 4. Die inklusive Schulpraxis steht immer wieder auf dem Prüfstand. 5. In der inklusiven Schule arbeiten Kollegium und Schulleitung eng zusammen. 6. Die inklusive Schule arbeitet mit Eltern und externen Partnern zusammen. 7. Haltung, Kompetenz und geeignete Rahmenbedingungen bilden das Fundament inklusiver Schule. Link - Video Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 46 BiLieF-Studie (Wild et al. 2015, 207; Lütje-Klose et al. 2016) fest installierte Klassen-, Jahrgangs- und Stufenteams, kollegiale Fallbesprechungen, gemeinsame Unterrichtsplanung Akzeptanz von Heterogenität als Normalität und Bereicherung Wertschätzung gegenüber allen Kindern Hohe Leistungsanforderungen an alle Schüler_innen Gemeinsame Verantwortungsübernahme für alle Kinder Als unterstützend wahrgenommene Schulleitung Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 47 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! Vorlesung BM5a/b Vertr.-Prof. Dr. Janka Goldan WiSe 24/25 48