VL-06 KDS-01-07 PDF - Kurzdarmsyndrom (KDS)
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This document provides definitions, classification, and pathophysiology of short bowel syndrome (KDS) in medical context. It also discusses causes, treatments, and related conditions.
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Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) 1)Kurzdarmsyndrom Definitionen 1. Kurzdarmsyndrom (KDS) entsteht durch Resektion (Herausschneiden) größere Dünndarmteile mit nachfolgend ungenügend Resorption von Makro- und Mikronährstoffen. 2. D...
Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) 1)Kurzdarmsyndrom Definitionen 1. Kurzdarmsyndrom (KDS) entsteht durch Resektion (Herausschneiden) größere Dünndarmteile mit nachfolgend ungenügend Resorption von Makro- und Mikronährstoffen. 2. Definition S3-Leitlinie: Der Begriff Kurzdarmsyndrom (KDS) bezeichnet ein Darmversagen nach ausgedehnter Resektion mit der Unfähigkeit wegen einer eingeschränkten resorptiven Kapazität des Darms (Obstruktion, Dysmotilität, kongenitale Erkrankung, krankheitsassoziierte verminderte Absorption), die Protein-, Energie-, Flüssigkeits- und Mikronährstoffbilanz mit einer konventionellen Diät aufrechtzuerhalten. o KDS beschreibt ein Darmversagen, das nach einer ausgedehnten Resektion des Dünndarms auftritt. o Nach Resektion ist die resorptive Kapazität des Darms eingeschränkt o Die Einschränkung führt dazu, dass der Körper nicht in der Lage ist, mit einer konventionellen Diät die richtige Bilanz von Protein, Energie, Flüssigkeit und Mikronährstoffen aufrechtzuerhalten. o Ursachen für Resektion/ KDS: 1. Obstruktion (Verschluss) 2. Dysmotilität (Störung der Darmbewegungen) 3. Kongenitale Erkrankungen (angeborene Störungen) 4. Krankheitsassoziierte verminderte Absorption 3. aktuellen Definition der „European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN)“ unterscheidet zwischen Darminsuffizienz (intestinal insufficiency) und Darmversagen (intestinal faliure): Darminsuffizienz o kann durch eine entsprechende Diät kompensiert werden. Darmversagen o Unzureichende Leistung des Darmbereichs führt zu Versagen o Notwendigkeit einer parenterale Substitution Ernährung. 4. Der Begriff KDS bezieht sich spezifisch auf die Resektion als Ursache der Darminsuffizienz bzw. Darmversagens. → wir beziehen uns auf diese Definition 1 Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) 1.2) Kurzdarmsyndrom - Klassifikation Klausurfrage Duodenum (Zwölffingerdarm): erste Abschnitt des Dünndarms Jejunum: ein Abschnitt des Dünndarms und liegt zwischen dem Duodenum (Zwölffingerdarm) und Ileum Ileum: letzter Abschnitt des gesamten Dünndarms Kolon: Dickdarm 1. Anatomische Einteilung des KDS in 3 Typen Typ I – Jejunostoma (Dünndarmstoma) die Jejunostomie, bei der das Jejunum oder Teile des Jejunums erhalten bleiben und über ein Stoma (Öffnung) ausgeleitet werden, das Ileum und das Kolon aber entfernt sind Typ II – Ileo- oder Jejunocolostomie (keine IC-Klappe, Ileocoecalklappe) die jejunokolische Anastomose, bei der das Ileum entfernt ist, das Kolon oder Teile des Kolons aber erhalten bleiben Typ III - Jejunoileostomie (IC-Klappe erhalten) die jejunoileale Anastomose, bei der Teile des Jejunums entfernt sind, mehr als 10 cm des terminalen Ileums und das Kolon aber erhalten bleiben.zu beachten ist eine von diesen Standardklassifikation abweichende Anatomie auch bestehen. →man findet in anderen Lehrbüchern unterschiedliche Ausführungen Begriffserklärungen Stoma: o eine durch einen Arzt geschaffene Hohlorganmündung zur Körperoberfläche. o eine künstliche angelegte Körperöffnung. (Natürlicher Stoma: Mund, Nase, etc.) Jejunostomie o chirurgische Schaffung einer künstlichen Mündung des Jejunums auf der Bauchdecke (Jejunostoma). Anastomose o eine (natürliche*) Verbindung zwischen zwei oder mehr anatomische Strukturen (Blut-, Lymphgefäße, Nerven, bsp. Arteriovenöse Anastomosen). ▪ * ist hier nicht natürlich, aber es ist gemeint, dass Verbindung natürlich sein kann o Im weiteren Sinne zählen auch künstlich (beispielsweise operativ) angelegte Verbindungen von Hohlorganen oder Blut- und Lymphgefäßen zu den Anastomosen. 2 Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) 2) Kurzdarmsyndrom - Ätiologie 1. häufigste Ursachen des KDS beim Erwachsenen Mesenterialinfarkt (ischämie = Gefäßverschluss vs. Hämorrhagie = geplatztes Gefäß, Infarkt = plötzliches Absterben eines Gewebes/Organteils) Multiple Resektion bei Morbus Crohn Trauma Strahlenteritis Intestinale Pseudoobstruktion 2. häufigste Ursachen des KDS bei den Kindern sind Angeborene Anomalien des GIT nekrotisierende Enterokolitis mit nachfolgender Resektion (weitere Details liegen außerhalb der Grenze einer Vorlesung) 3. Einige spezifische Erkrankungen mit einer ausgeprägten Malassimilation überschneiden sich in Diagnostik und Therapie mit der KDS, Darminsuffizienz u. a. auch Darmversagen. Hierzu gehören Zöliakie Exokrine Pankreasinsuffizienz Gallensäurenverlustsyndrom 2.1) Beispiel: Akut mesenteric Ischämie 3 Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) 3)Pathophysiologie Kurzdarmsyndrom KDS-Patienten haben regulär Durchfall (Diarrhöe) 1. Osmotische Diarrhö: Mit dem zu kurzen Darm ist eine zu schnelle Passage von Makronährstoffen verbunden (immer der Fall bei KDS) Diese sind osmotisch wirksam, binden Wasser und bewirken damit eine osmotische Diarrhö. 2. Sekretorische Diarrhö (nur wenn operiert wurde) Häufig sind beim KDS das Ileum und das rechtseitige Kolon reseziert (chirurgisch entfernt) Normalerweise ist es die Aufgabe dieser Abschnitte des Darms, Wasser und NaCl aus dem Darminhalt zu absorbieren. Dies ist auf Grund der Resektion beeinträchtigt Wasser/NaCl→ verbleibt im Darm →Diarrhö nicht auf Grund einer vermehrten Sekretion, sondern auf Grund einer verminderten Resorption von Wasser und NaCl 3. Chologene Diarrhö (durch die Galle ausgelöste Diarrhö) Die Gallensäure wird normalerweise im terminalen Ileum resorbiert und gelangt dort in den enterohepatischen Kreislauf. Sind mehr als 60 cm Ileum reseziert, kommt es zum Übertritt von Gallensäure ins Kolon, wo diese eine sekretorische Diarrhö der chologene Art erzeugt (verminderte Resorption durch die Galle ausgelöst) 4. Reaktive Hypergastrinämie: Die Resektion des terminalen Ileums, auch andere Darmanteile, führt zu einer reaktiven Hypergastrinämie (Erhöhung des Gastrinspiegels im Blut) o Gastrin ist normalerweise für die Regulation der Magensäureproduktion zuständig Erhöhter Gastrinspiegels → erhöhte Magensäureproduktion und -sekretion →niedriger pH-Wert im Magen Einerseits bedeutet das vermehrten Flüssigkeitseinstrom, weil der Körper gegen zu sauren pH-Wert wirken möchte. andererseits bedeutet das eine potenziale Inhibition der Pankreasenzym. 5. Bakterielle Fehlbesiedlung: Die oft mehrfachen abdominellen Eingriffe können zu Stenosen und nachfolgender Stase führen. o Stenose: Verengung oder Einengung eines Hohlorgans oder eines Gefäßes im Körper o Stase: Stillstand bzw. Stau einer normalerweise bewegten Körperflüssigkeit Diese Faktoren erhöhen das Risiko für eine bakterielle Fehlbesiedlung des (physiologischerweise keimarmen) Dünndarms, die an Malabsorption teilhaben und die Diarrhö verstärken →Dünndarm wird Keimarm 6. Fortbestehende Grundkrankheit: Die zum KDS führende Indexkrankheit besteht gelegentlich fort und kann an der ungenügenden Resorptionsleistung mitwirken. Gilt insbesondere für den Morbus Crohn und die Strahlenenteritis (Entzündung des Darmbereichs aufgrund von Strahlentherapie) 4 Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) Wenn es zu KDS kommt, gibt es zunächst eine Grunderkrankung. Theraphie ist eine Sektion und führt damit zum KDS. Sektion wurde durchgeführt, um Grundkrankheit zu verbessern, aber Krankheit kann nach Sektion zT noch da sein 4.1) Kurzdarmsyndrom - Diagnostik – Anamnese ärztliche Therapiehoheit, Ernährungsdiagnose und –Therapie wird auf Ernährungstherapeutin übertragen. Arzt hat Diagnose, aber folgende Fragen sind wichtig für unsere Ernährungsdiagnose: 1. Gewicht und Gewichtsverlauf 2. Anatomische Situation klären – OP-/Pathologie-Berichte 3. Medikamentenanamnese 4. Was wurde schon versucht? 5. Was hat geholfen? Dosis? 6. Was hat zu einer Verschlechterung geführt? 7. Klärung Ätiologie: M. Crohn/ Thromose (Thrombophilie Diagnostik?) 8. Details der aktuellen Ernährung – Standard compoundete Ernährung (Nahrung wird speziell für Person hergestellt), Volumen extra?, Zusätze, Laufgeschwindigkeit? 9. Katheter-Blockierung? Kathetherseptitiden? 10. Wer ist verantwortlich für die Zusammensetzung – Hausarzt/ Spezialist/ Pflege? Telefonnummer? 11. Wer ist verantwortlich für die Organisation – Pflege? Telefonnummer? 12. Wer ist verantwortlich für die Zubereitung- Apotheke? Telefonnummer? 13. Wer führt durch – Patient selbst/ geschulte Person (Angehörige)/ Pflegedienst? 4.2) Kurzdarmsyndrom - Diagnostik – Labordiagnostik 5 Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) 4.2) Kurzdarmsyndrom - Diagnostik – Technische Verfahren 4)Diagnostik 1. Feststellung der Dünndarmlänge die Länge des Dünndarms sollte intraoperativ ausgemessen werden (in der OP wird es idR ausgemessen) 2. Labor und Technische Diagnose sehr häufig: Störung des Wasser- und Elektrolythaushalts. Hydrationsstatus wird klinisch erfasst, Elektrolyten können nur mit Laborwerte gesichert werden Gewichtsverlauf anhand anthropometrischer Untersuchung (BIA eine Möglichkeit) Laborwerte der Makronährstoffen vergleichen für das gesamte Bild Mikronährstoff anhand Laborwerte durchgeführt in unklaren Fällen werden auch die Laborstuhlbestimmung durchgeführt (Stuhlgewicht, Stuhlfettausscheidung); 24Std-Urin-Bestimmung (Volume, Natriumausscheidung, Säuren-Basen-Status); Osteoporosediagnostik erfolgt mittels CT-Osteodensitometrie oder DEXA-Scan (Dual-Energy X-ray Absorptiometry) 6 Vorlesung 6: Kurzdarmsyndrom (KDS) 5) Kurzdarmsyndrom - Komplikationen/ Folge/ Verlauf/ Prognose 1. Oxalatnephrolithiasis (Bildung Oxalat basierten Nierensteinen) KDS-Patienten haben ein besonderes Risiko eine Oxalatnephrolitiasis zu entwickeln Fettmalabsorption → verminderten Verfügbarkeit von Calcium (Ca), weil Ca nicht an resorbierten Fettsäuren bindet → Ca bindet mit Oxalat, welches dann resorbiert werden kann → erhöhte Oxalatspiegeln und vermehrte Oxalatausscheidung über die Niere, welche zu Oxalatnephrolithiasis führen kann 2. Adaptation (Was ist Adaption?) die biologische Antwort des Körpers auf die Resektion. Prinzipiell kann das Ileum weitgehend Funktionen des Jejunums übernehmen und umgekehrt. Adaptation ist ein langsamer Prozess, kann 5 Jahre dauern. Hierzu kommt es zu Vertiefung der Krypten und Verlängerung der Villi zur Erhöhung der Resorbtionsfläche. Darüber hinaus folgt eine Verbesserung der Resorbtionsleistung, die die Erhöhung der Fläche hinausgeht. Der Prozess ist nichtwirklich verstanden. 3. Luminale Trigger (hier wird beschrieben, wie verschiedene Substanzen, die im Darmtrakt vorhanden sind, bestimmte positive Effekte auf die Funktion des Darms haben können) Dünndarm i. Am Dünndarm wird den kurzkettigen Fettsäuren (SCFA), den Aminosäuren Arginin und Glutamin sowie den Polyaminen ein positiver Effekt auf die Expression spezifischer Transporter wie SGLT 1, GLUT2 sowie auf die Differenzierung und Proliferation von Enterozyten zugeschrieben. 1. kurzkettigen Fettsäuren = short chain fatty acids, SCFA, i. d. R. Acetat und Butyrat 2. SGLT 1: ein insulinabhängiger Natrium(Sodium)/Glucose-Linked- Transporter) 3. GLUT2: GLUcose Tansporter 4. Enterozyten: Zellen der Darmschleimhaut, Funktion Verdauung sowie Immunabwehr Dickdarm i. Am Dickdarm verbessern die SCFA vor allem die Elektrolyt- und Wasserresorption und dienen dort auch als Energielieferant für Dickdarmenterozyten. ii. Eine ausreichende Zufuhr von SCFA (auch lösliche Ballaststoffe) kann die Adapationsleistung auch verbessern. 4. Humorale Faktoren (Substanzen, die im Körper in flüssiger Form, wie im Blut oder in anderen Körperflüssigkeiten, zirkulieren) Klinische Studien zeigten, dass die humoralen Faktoren von EGF (Epidermal Growth Factor), Wachstumshormon (Growth Hormone) und Glucagon-like Peptids-2 (Teduglutid, deren stabiles Analog) Adaptation fördern. Wasser- und Elektrolytresorption verbesserte in geringerem Maße auch die Resorption von Protein und Energie. Teduglutid ist als langfristige Therapieeinzustufen. 7