Birkmeyer - Erinnerung als didaktische Kategorie PDF

Summary

Die Arbeit analysiert die Erinnerung an den Holocaust als didaktische Kategorie und diskutiert die Bedeutung von Literatur im Geschichtsunterricht. Die Autorin argumentiert für eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und diskutiert die Herausforderungen von Erinnerungskultur und Literaturunterricht.

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Birkmeyer - Erinnerung als didaktische Kategorie Der erinnerungsethische Rahmen: Literaturdidaktische Perspektive: Erinnerung als ethisch orientierte Suchbewegung an Texten Herrscht Wissensverlust der Jugendlichen über NS damals und NeoNS heute -> sollte Deutsch Unterricht vollständig zu...

Birkmeyer - Erinnerung als didaktische Kategorie Der erinnerungsethische Rahmen: Literaturdidaktische Perspektive: Erinnerung als ethisch orientierte Suchbewegung an Texten Herrscht Wissensverlust der Jugendlichen über NS damals und NeoNS heute -> sollte Deutsch Unterricht vollständig zum Stellvertreter von politischer und historischer Bildung werden? Man sollte Bedeutung von ästhetischer Erziehung, literarischer Bildung und textvermittelter Sinnorientierung für Erinnerungsbereitschaft der Menschen nicht unterschätzen -> Fähigkeit am kollektiven Gedächtnis teilzunehmen hängt mit literarischer Bildung zusammen Erinnerungskonzepte und Gedächtnismethapern haben hohen Stellenwert -> um vergangene Kontexte auszubuchstabieren wendet man sich an die vielen literarischen Texte. Bsp: zertrümmerte Traditionen rekonstruktriv herzustellen -> mnemokulturelles Projekt (v.a. Juden) -> dort tritt Widerspruch auf, der Diskurse paradigmatisch durchzuzieht: Gegensatz zwischen Hypothese des Sinnlosen und Wunsch nach Sinndeutung -> Entstehung: Sinnsuchende Sinnleere als negative Ontologie => Erinnern heißt nicht verstehen, aber verstehen wollen setzt erinnern voraus Doppelte Krisensymptomatik: Krise der Erinnerungskultur und Krise des Literaturunterrichts -> Krise der Erinnerungskultur: resultiert aus der Überforderung von: Du sollst dich erinnern!, welche ein Gesellschaft nicht ohne Gegenreaktion erfüllen kann -> Krise des Literaturunterrichts: Ist eine Legitimationskrise und eine kulturelle Adaptionskrise -> scheint im Unterricht immer weniger zu gelingen kommunikative und mediale Anschlüsse an gesellschaftliche Diskurse zu gewährleisten Überforderung der Schüler (besonders Holocaust) -> Symptome von Abwehr von moralischen Zumutungen und politischen Stellungnahmen Frage: Wie kann Literaturzugriff begründet sein? Keine Abwehrreaktion hervorrufen aber noch Qualität von KJL haben? Auseinandersetzung mit NS bis heute Problem -> Verzerrung, Verdrängung Schoah = kulturelle universelle Metapher für Kriegsverbrechen Sinn des Erinnerns und daran angemessene Formen/Implikationen des zeitgemäßen Erinnerns stehen im Vordergrund Wissenschaftliche Rekonstruktion, Reflexion und Erinnerung an Verstorbene wichtig -> besseres Verständnis für politische Kultur Ethische Konsequenzen müssen gezogen werden, dass man sich nicht einfach nur so erinnert Ausschwitz-Überlebender Primo Levi sagt: Es ist passiert, es kann wieder passieren -> Erinnern auch in der Gegenwart weiterhin wichtig für Zukunft Neue Generation wächst heran -> Zeugen & Täter sterben -> Tat rückt in Vergangenheit -> Erinnerung an Holocaust soll eine fest & zeitstabile Form gegeben werden (Denkmäler, Bücher, Filme,..) Erinnerung als kulturelle Konstruktion von Wissen und Verhaltensorientierung mit Funktion für politische und soziale Sinnstiftung -> Mensch erinnert sich um Sinnhaftigkeit zu erzeugen Erinnerung unterscheidet sich vom Gedenken und vom fundierten Wissen über Geschichte, dass um die Bedeutung (Sinnhaftigkeit) und Moralität (Ethik) des Holocausts gewusst wird Kulturindustriellen Vermittlungen kommt eine wachsende Rolle zu -> was geschah droht verallgemeinert und universell hinter dem Wort Holocaust zu verschwinden => es gilt Skepsis gegenüber der kollektiven Erinnerung auf staatlicher Ebene zu wahren, da diese immer heteronom, Interessengemeinschaft und ideologisch kodifiziert ist Deutschland will sich als normalisierte Nation präsentieren -> Gedenkpraxis muss instrumentalisiert werden, die Auschwitz zur Staatsideologie verdammt Erinnerung auf Holocaust, muss anders als Gedenken, emanzipativ sein Erinnerung lässt sich in Zukunft nicht mehr ganz durch die Unterscheidung zwischen kollektiven und kulturellen Gedächtnis charakterisieren -> medienkritisches Gedächtnis wird relevanter -> vllt anstatt einem kulturellen eher ein sekundär medienkritisches Gedächtnis, dass 3 Dimensionen zu unterscheiden und reflektieren hätte: 1 die Medialität der Angebote 2 die Regeln der vorherrschenden Diskurse 3 die Kompetenz zur Decodierung der unterschiedlichsten kulturellen Holocaustnarrative -> Gerade weil mediale Verflachung Erinnerungskurse zu simplifizieren droht (Entortung, Dekontexttualisierung, Enthistorisierung) Erinnerungsarbeit nicht mehr als nationalstaatlicher Container Begriff -> Genozide müssen sich in Erinnerungsraum Europa in grenzübergreifenden Perspektivwechsel ohne nationale Beschränkungen als polyzentrisches Erinnerungsprojekt in universellen Horizont der Menschenrechte kommuniziert werden In der Zukunft sind mit 2 Tendenzen zu rechnen: 1 Zunehmende Abstraktion des Holocausts als singuläres Ereignis, dass nur als Zeichen, Metapher, Zitat sich zeigt + Faktische Enthistorisierung und Wissensverlust 2 Homogene Erinnerung wird sich im massenkulturellen Feld (Film) verkleinern und individuell in Kontext gebracht werden => Erinnerungskultur muss sich dynamisieren -> Wissen vermitteln, politische Praktiken/kulturelle Umgangsformen aufbauen um an Opfer zu erinnern Ethische Perspektive in Schule: Hilflose Moral kritisieren Ethik von Gut und Böse verdrängt Vernunftsmoral (Kant, Kohlberg) und dämonisiert NS -> Gut-Böse / Täter Opfer (manichäische Ethik begünstigt Klischees -> das wäre Abgang der individuellen Autonomie und falsche Zuwendung zu kollektiven Identifikation -> festigt sich, dass wird auch in Lager, Alter, Generation, ethische Gemeinschaft einordnen Maurice Halbwachs: Individuelle Erinnerungen entstehen nur durch soziale Rahmung (Sprache, Kultur, gesellschaftliche Kommunikation). -> in manichäischer Ethik nicht möglich => Zukunft: Frage: Wie kann ethische Universalisierung begründet sein? -> Keine massenmediale Universalisierung von Gut und Böse (identifikatorische Ethikparadima = keine Zulassung von Ambivalenzen), sondern Universalisierung ethischer Prinzipien auf Grundlage individueller Vernunftsautonomie (Zulassung von Ambivalenzen) Prinzip der ethischen Selbstbestimmung gilt für gesamte Menschheit -> dafür muss der Einzelne durch Perspektiventausch und Reflexion über die Menschheit als Ganzes nachdenken -> Vorraussetzung für Erinnerungsarbeit die sich als ethische Handlung versteht Universalismus der Vernunftsmoral macht den Einzelnen unabhängig von den anderen und ermöglicht neue Perspektiven => Erinnerung an Holocaust stützt sich auf die reflexive Fähigkeit der gesellschaftlichen Verallgemeinerung die Adorno als Kombination der Kraft zur Reflexion zu Selbstbestimmung und zum NIcht Mitmachen bündelt Erinnerung im literaturdidaktischen Feld: Frage: Kann Kategorie Erinnerung als Paradigma in Literatur didaktischer Theoriebildung sinnvoll angewendet werden Wenn Lektürekonzept genutzt werden soll in Schule, nicht nur auf identifikatiorischer und empathischer Basis sondern auch auf heuristischer Suchbewegung nach Sinn, die zum Denken befähigt dann sind andere Prios im Unterricht wichtig Geht darum: Denkhorizonte zu erschließen die sonst vernachlässigt wurden Ausgehend der Annahme: Erinnerung durch Literatur an den Holocaust wird als Ethik des fragenden Suchens beschrieben -> Ziel: Erlangen von Diskursfähigkeit (aktive Teilnahme an Diskursen), die nicht allein auf Betroffenheitsaffekte angewiesen ist. Anstelle: -> methodische Schritte in Pädagogik nicht nur aus Perspektive der Aufklärung/Verantwortungsethik, sondern ästhetische Literatur selbst mit ethischen Grund-, Sinn- und Handlungsfragen zu synthetisieren => Erinnerung zielt nicht allein auf Vergangenheit (Traditionsbildung), sondern auf Herstellung von kommunikativer Öffentlichkeit ab Erinnerung als Kriterium für literatudidaktische Konzepte unter zweifacher Primässe: 1) Erinnern als fiktive biographische Dimension, beruhend auf Kenntnis und Aneignung kultureller, medialer und ästhetischer Angebote deren ethische Kontexte erschlossen werden müssen 2) Neben ethischer Seite muss auch ästhetische Seite repräsentiert werden -> Selbstreflexion über Ethik und Sichtweisen Selbstreflexion erst wenn: mediale Repräsentationen von Geschichte in Selbstbeobachtungen Blick geriet James Young: Wenn aus dem Wie der Darstellung das Was des Dargestellten sichtbar wird, nicht umgekehrt -> Jugendliche wollen mediale Unmittelbarkeit (Bsp: Filme: Der Untergang & Napola) -> Mediale Repräsentation über NS beeinflusst eigenes Geschichtsbild -> unterschiedliche kulturelle Narrative über NS stellen nur Variationen über die Frage nach angemessener Darstellung dar Erinnerung als eine Art Gedächtniskonstrukttionsmaschine & als ein unabschließbarer Prozess des Sammelns, Vergessens, Deutens und Konstruierens der ständig offen für Neues bleibt => Literatur sollte im Prozess das symbolische Erprobungsfeld für eigene Erwartungen & Umgang mit Erinnerung sein, die erst durch Literatur aufgebaut werden müssen ethische Dimension besteht darin die Beschäftigung mit Texten als Anschluss an zerbrochene Traditionen zu konzipieren -> damit tritt Erinnerung auf fragile Lernhaltung eines unaufhörlichen Prozesses des Vergessens -> Literatur hat Aufgabe dem entgegenzuwirken => Didaktik des Erinnerns hätte diese Zusammenhänge relevant und transparent zu machen & in einem entstehenden Prozess des Lernens zu überführen Erinnerung an das Verbrechenskontinuum der Moderne: Unterscheidung von Didaktik als Reflexionsform von Didaktik als Handlungswissen und Planungskompetenz um Relevanz von Erinnerung in Literaturunterricht zu prüfen Didaktik als Reflexionsform: liefert Bwgründungen schulischen Lernens und Wissens und markiert Erschließungshorizonte die für Handlungswissen genutzt werden können Wandert sich gegen methodische Unmittelbarkeit (direkte Methoden, ohne tiefe Reflexion) Gilt zu prüfen: Kann Erinnerung eine Kategorie sein, die kulturell wissenschaftliche Standards + Handlungsleitende Perspektiven für den Unterricht erschließt mit dem Ziel der Moderne ein stabiles kulturelles/kollektives Gedächtnis zu verleihen? -> Es sind mit 2 Tendenzen zu rechnen 1) Zunehmende Abstraktion des Holocausts als singuläres Geschichtsereginis, dass als Zeichen/Metapher dominanter wird + faktische Enthistorisierung und Wissensverlust der voranschreitet 2) vermeintliche homogene Holocaust Erinnerung wird sich im massenkulturellen Feld (Film, Literatur) zerstückeln und als zufälliges/individuelles Zeugnis ins Private eindringen => Erinnerungskultur muss dynamisiert werden um Wissen zu vermitteln => Muss politische Praktiken und kulturelle Umgangsformen ausgebildet werden die an Opfer/Täter erinnern + deutlich machen, dass es keine Opfer/Täter mehr geben darf Lektüren über NS dürfen nicht durch generationsspezifische Erfahrungen pädagogisiert werden Schüler haben Interesse an NS, aber finden schulische Vermittlung nicht gut -> können es nicht mehr hören Kenntnisse der Schüler über NS sind unzureichend autohypnotische Szenarien (Lernen ohne Kontext) und rituelle Arrangements (Lernen ohne geistige Inspiration) nehmen überhand => Phänomen ist mit generationenspezifischen Ausprägung der Erinnerungskultur verkoppelt -> Dominanz der 1 + 2 Generation verpflichtet die 3 & 4 Generation auf Erinnerungsmuster die nicht ihre eigenen sind -> NS bleibt äußerer Belehrungsgegenstand -> erfolgreicher Widerstand gegen Verdrängen wird zentral, anstatt sinnerschließenden Horizont entsichern Probleme zu zentralisieren Ruth Klüger: Sollte in Literatur nicht nur über Wissen gehen, sondern wie man es psychologisch einordnen kann -> dann geht es darum wer wir selbst sind und nicht nur um generationsspezifische Erfahrungsmuster Erinnerung als Symbiose aus Wissen, Orientierung und Wertehaltung: LIteraturdidaktische Betrachtung von NS als Ambivalenz zwischen aufklärerisch-pädagogischen Zielen und literarisch ästhetischen Befunden ist unsinnig und eindimensional und für Schüler unfruchtbar -> der Informative und wertende Modus im Umgang mit Texten genügt nicht alleine dem Prinzip der Wahrheitssuche Didaktik von literarisch gestützter Erinnerung hat eher Referenz in Symbiose aus Wissen, Einsicht, Orientierung + Wertehaltung -> Erinnerung müsste ein ethisches Korrektiv sein gegen Vergessen, Überforderung und Gleichgültigkeit Frage: Wie ist NS zu beurteilen und wie ist Mensch zu sehen (Auslöschung, Leiden, Widerstand, erdulden, mitmachen, Faszination, verdrängen) -> Erinnerung berührt Gesellschaft, Politik, Soziopsychologie und Anthropologie des Bösen -> Nur empathischer Zugang ist nicht ausreichend für Menschenrechts und Demokratieerziehung -> Zentral: Walter Benjamins Erinnerungsverständnis: Erinnerung als Erfahrung des Wissens und eine zerbrochene und verlorene Vergangenheit die auf zukünftige Erlösung und Korrektur erhofft Benjamins Äußerungen haben festen Platz bei kulturwissenschaftlichen Modellen und Theorien, aber seine zeitgenössischen Theorien haben nicht so viel Bedeutung -> liegt bei ihm keine konsistente Erinnerungstheorie vor Sein Erinnerungsverständnis ist an eine Theorie der Erfahrung gebunden -> entwickelte sich in 1920er Jahre in extreme Ansichten -> enthält spekulative Elemente, zB die schwache messianische Erwartung innerhalb eines reformulierten historischen Materialismus -> lässt sich schwer in empirisch fundierte Gedächtnistheorien integrieren Sieht Erinnerung nicht als Raummetapher (Archiv) sondern als verdichtete Zeiterfahrung (Kairos) -> liegt innerhalb einer messianischen Kritik der Moderne; spekulative, theologische und ästhetische Konnotationen die schwer kompatibel mit wissenschaftlichen Referenzen und Systematisierungsstrategien sind Anamnese als Erfahrungsmodus zielt bei Benjamin auf Verlusterfahrungen innerhalb der Moderne & wird deshalb als zu korrigierendes Projekt gesehen => Benjamins Arbeiten als ästhetisch stimuliertes Gegen-Gedächtnis der vergesslichen Moderne lesen, das im empathischen Sinne rettende Erinnerung gewährleisten soll Schnittstelle zwischen Gedächtnisräumen subjektiven Erinnerns und kollektiv-historischen Eingedenkens als Ort der Mnemotechniken der Moderne sollte man dabei nachvollziehen -> dadurch soll man Begriff gewinnen auf welche Probleme gestoßen werden können wenn man Benjamins Grundgedanken nachvollzieht -> nämlich: Gegenwart und Vergangenheit sind dem Erinnern gar nicht als Objektives verfügbar, außer: in erst herzustellender Konstellation eines dialektisch konstruierten Bildraumes innerhalb eines Momentes stillgelegter Zeit -> dann Sprung ins Vergangen Frage: lässt sich Erinnerung als Eigensinn denken? -> in Negt und Kluges Texten ist damit ein Unterscheidungsvermögen gemeint -> setzt voraus: Erinnerung als Unterscheidungsvermögen von konsistenten Formen des Wissens, Erkenntnis und Historiographie abzugrenzen, obwohl Berührungspunkte mit dem Wissen vorliegen Im kulturellen Feld: Erinnerung als reflexives Vermögen zu denken -> Bewegung in fragmentarischen Details, kultureller Artefakte und im biographischen/persönlichen Raum => Erinnerung keine Erkenntnisweise, sondern Wissensform -> Form des Erschließungswissen im Modus des konstruktiven Wünschens Wenn Erinnerung sich nicht nur auf historische Bestände bezieht, sondern auch auf die Sachen die hätten geschehen können/sollen, dann meint Erinnerung ein Modus des Optativs -> unerfüllte/ aufgeschobene Wünsche in der Geschichte -> Erinnerung als ethischer Optativ bezieht sich auf Wirkungsweise uneingelöster Wünsche/Hoffnungen/ Versprechen -> wartende Wirklichkeit Gegenüberstellung von materialen Erinnerung, persönlicher Erinnerung und der objektiv-öffentlichen Erinnerung => Erinnerung ist Dialog zwischen Erfahrungsmodus und Materialerschließung (Texte, Kunst,..), der Fantasie freisetzt um Zusammenschluss von Vergangenen und Denkendem zu reflektieren -> bedeutet gleichzeitig Zukunft ist nur dann zu denken wenn es eine systematische Unterscheidung zur Vergangenheit gibt Fantasie qualifiziert Erinnerung und strebt nach Zusammenhang -> Poetik ist im menschlichen Kopf vororganisiert (Vernetzung, Assoziation) Oskar Negt: „Die authentische Produktionsweise der Erfahrung ist Fantasie“ -> Nähe zu Benjamin: Umstand des Innehaltens und Innewerden kann Zukunft aufsprengen Kant: Unterscheidet für Gedächtnis nur zwischen Erinnerungs und Divinationsvermögen (Vorhersehungsvermögen) Kritik pocht auf Unterscheidung zwischen historischer und poetischer Erinnerung (als imaginative Produktionsstätte) -> Erklärung übersieht, dass es der ideologisch-pädagogische Furor innerhalb der instrumentalisierten deutschen Nationalgeschichte, der den Mangel an optativer Imaginationsfähigkeit hervorruft => Resultat: fatale Denktradition die keine Kulturfertigkeit ausbildet -> kein aufspüren, denken & erinnern Als gesellschaftliche Praxis zielt Erinnerung auf Produktion von Öffentlichkeit gegenüber einer Realität die ohne Distanz des Erinnerns gar nicht zu denken ist -> Nutzen von Erinnerung: Erinnerung als reflexives Unterscheidungsvermögen Öffentlichkeiten in Form von Erinnerungsgemeinschaften & Gleichsinn um Fokus der Aufmerksamkeit zu produzieren Narrative des Erinnerns ist dann theoretischen Abstraktionen zugänglich die Vereinfachungen generieren und Verständigung ermöglichen Literarische Texte sind selbst ethisch dimensioniert: ethische Dimensionen liegen den Texten selbst zugrunde Wenn Texte Reaktionen und Angebote auf die NS Zeit sind und eine fortschreitende ethische Reflexion im Gang halten sollen, müssen Texte den Rezeptionsvorgang bestimmen Reflexion ist Voraussetzung verstehend an Diskursen teilzunehmen. Diskursraum verlangt doppelte Bewegung von vom Leser: Verständnis der Bedrohung der Menschheit durch mögliche Zivilisationslälte + eigene ethische Orientierung begründend zu kommunizieren Erinnerung als ethische Haltung bedeutet nicht allein den Holocaust als Testfall für die Menschenrechte zu instrumentalisieren -> bei eigenen ethischen Reflexionen muss der Holocaust als babarisch sinnfällig werden => Erinnerung ist im didaktischen Kontext, das an Texten diskursiv herzustellende Terrain, auf dem ethische Fragen an Texten erst abgelesen werden können Adorno (50/60er): Unterricht sollte soziologisch werden -> Gegensatz: Heute: Unterricht sollte eher ethisch werden, um zu zeigen, dass es nach NS keine unbeschädigte Ethik mehr geben kann Wird philosophiert was nicht hätte passieren dürfen, was aber passier ist, warum man traurig sein darf, aber keine Schuld trägt. Literaturdidakitsch heißt Erinnerung nicht nur ethischen Diskurs über, sondern anhand der Literatur zu führen Studie „Archive der Zukunft (Juliane Köster): Macht Aufmerksam auf neue Frageperspektive im Unterricht -> Verweis auf Leerstellen in Texten mit indirekten Darstellungen über Holocaust, die wegen narrativ Nachfrageangebote liefern und Vorstellungsbildung befördern -> Verzicht auf didaktische Unmittelbarkeit Außeinandersetzung von Erinnern und Vergessen in posttotalitären Gesellschaften gehört Geschehens zu dokumentieren und repräsentieren, als auch vergessen -> NS droht hinter kulturellen Ausdruck und Produkt zu verschwinden Voraussetzung um ethischen Diskurs über und anhand Literatur zu beginnen: Antagonismus an Texten wahrzunehmen und textnah mitzureflektieren zu fragen zB: Woran lässt sich innerhalb des Textes ablesen, dass ein literarischer Text nicht die Realität repräsentiert, sondern ein narratives Modell über diese generiert? Welche ethischen Fragen entstehen im Anschluss an die Beobachtung, dass Jugendliteratur eher das Sinnlose der Schoah sinndeutetnd und versöhnlich modellieren will? Ethik des Suchens könnte Grundlage des ästhetisch gestützten Erinnerns begründen Ethik des Suchens: Dimension moralisierender Inhalte in Texten + ästhetische Wirkungen, die Effekte literarischer Darstellungen, die ethische Reflexionen auslösen können, moralisch-diskursive Anschlüsse an Text erlauben und Erinnerungssequenzen ermöglichen Düwell: ästhetische Erfahrung verfügt über eine „reflexive Dimension, sofern sie uns mit möglichen Sichtweisen der Welt mit Erlebnisweisen und Empfindungsqualitäten konfrontiert -> angedeutete Perspektive narrativer Ethik sieht in Erzählungen Räume repräsentiert, in denen moralische Theoretisierungen überhaupt erst sinnvoll ansetzen können -> Zsf: 4 Aspekte: Im didaktischen Raum zielt Erinnerung auf einen ethischen Modus des rhetorischen Gedächtnisses der Literatur: Norbert Hipster (1992) hat auf Germanistentag auf Defizite des Deutschunterrichtes hingewiesen, der sich als Krypto- Geschichtsvermittlung versteht Unterricht wird zum Problem, wenn: Literatur als Materialliferant für historisches Wissen eingesetzt wird, ohne besorgt zu sein, wie die „Entwicklung eines historischen dimensionierten literarisch-ästhetischen Bewusstseins“ erreicht werden kann -> zentrale Problematik: wie muss der Rezeptionsvorgang am Gegenstand literarischer Texte über das 3 Reich angelehnt werden, damit Prinzipien historisch literarischen Schreibens sichtbar und verstehbar werden -> Perspektive zielt nicht auf gängige Interpretationsübungen oder literaturhistorischer Systematik ab -> zielt auf Nachweis zeitbedingter Diskurse in der Literatur selbst ab Hopser entwickelt Frageset, dass die Differenzierungerfahrungen zwischen Text und Leser im Lesevorgang thematisiert -> markiert Problemfeld in Literaturdidaktik: Kinder erfassen nicht genug die Konstruiertheit historischen Schreibens & können nicht die Literatur über Geschichte auf die Motive und situativen Kontexte ihrer Entstehung zurückzuführen -> sie lesen Stoff als unmittelbare Vergangeheitsressource -> stellt sich die Frage: Wie können junge Leser fiktionale Texte über NS als ethische Narrative verstehen? Wenn zeitgenössische Lektüre Teil von Traditionsbildung sein soll, so muss verwiesen werden, dass Erinnerungsformen selbst einem ständigen historischen Wandel unterzogen sind => Erinnerung kann im schulischen Kontext keine moralische Erfüllung vorgestanzter Erwartungen sein -> macht nur Sinn, wenn individuellen ethischen Einstellungen zu kollektiven Erinnerungsstrom zusammenfinden -> so wäre Literaturunterricht kein pädagogisch kalkuliertes & didaktisch präjudiziertes Unterfangen, indem Schüler auf moralische Stichworte und Vorgaben zu reagieren haben, sondern bietet offenen Denk und Erfahrungsraum Wenn Literatur im didaktischen Kontext Medium des kollektiven Gedächtnisses ist, so muss man nach den erzähltheoretischen Anschlussstellen suchen, die Gedächtnisrhetorik des Textes mit Erinnerungskontinuum verknüpft Sollen Texte als erinnerungshistorische Narrative auf mögliche Stellung in einem didaktischen Erinnerungssraum beschreiben und unterschieden werden, dann ist nach der Modi der Rhetorik des kollektiven Gedächtnisses zu fragen Astrid Erll schlägt Typologie vor, die Birkmeyer um einen Aspekt erweitert Erll schließt an Aleida Assmann an und geht von keinen besonderen textuellen Merkmalen aus, die Narrative als geeignet für das Medium des kollektiven Gedächtnisses aufweisen könnten -> Erwartungen und Lesestrategien der Rezipienten sind maßgeblich in der Terminologie der kognitiven Narratologie die „frames“ -> Unterscheidung der 5 Modi in der Rhetorik des kollektiven Gedächtnisses 1. Im Erfahrugshaftigen Modus erscheint Erzählte als Gegenstand des alltagsweltlichen kommunikativen Gedäachtnisses 2. Im monumentalen Modus erscheint das Dargestellte als verbindlicher Gegenstand eines übergreifenden kulturellen Gedaächtnisses 3. Im historischen Modus erscheint das dargestellte als Teil einer abgeschlossenen Vergangenheit und als Gegenstand der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung 4. Im antagonistischen Modus werden Erinnerungskonkurrenzen literarisch ausgehandelt 5. Ein reflexiver Modus liegt vor, wenn das literarische Werk eine erinnerungskulturelle Selbstbeobachtung ermöglicht Erll glaubt nicht an intrinsische Garantien der Textmuster, aber sie versucht Wirkungspotentiale zu klassifizieren -> bleibt ungeklärt ob die Klassifikation auf der Leserseite oder der Textstruktur (Konfigurationen, paratextuelle Gestaltung, Figurendarstellung,..) angesiedelt sind. Ethische Modus ist von fragender Aufmerksamkeitshaltung des Lesers bestimmt, die ethischen Kontexte des Textes zu einem selbstreflexiven Diskurs über ethische Begründungen ausweiten zu können Brikmeyer will ethischen Modus andeuten -> Fragehaltung die Leser in ethischer Perpsektivierung einnimmt und an markanten Textkonstituenten die ethische Horizonte aufschließen könnte Leitziele davon: Eindruck, Authentizität des Ausdrucks, Zusammenhang -> wenn Leiideen erfolgreich umgesetzt werden ist weder fragwürdiges Holocaust Curriculum notwendig noch eine rein quantitative Ausweitung des Textcorpus Holocaustliteratur in der Schule erforderlich.

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