Patientenrechte (Österreich) 2021 PDF

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This document details patient rights in Austria, focusing on situations in hospitals and doctor's offices. It describes the relevant legal bases for patient rights and offers practical examples. Keywords: patient rights, medical, healthcare.

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PA-Skriptum Ausgabe 2021/ 1. Patientenreche/ Mai 2020/ Februar 2021/ Mag. Reinthaller-Michna/ Gesamtseiten 8 1. PATIENTENRECHTE Überblick über Inhalte dieses Skriptums: Grundformel Typische Situationen der Anwendung von Patientenrechten Rechtsgrun...

PA-Skriptum Ausgabe 2021/ 1. Patientenreche/ Mai 2020/ Februar 2021/ Mag. Reinthaller-Michna/ Gesamtseiten 8 1. PATIENTENRECHTE Überblick über Inhalte dieses Skriptums: Grundformel Typische Situationen der Anwendung von Patientenrechten Rechtsgrundlagen der Patientenrechte Einzelne Patientenrechte vorgestellt Patientenvertretung und Patientenanwaltschaft GRUNDFORMEL Patientenrechte sind Grund- und Freiheitsrechte, die im Rang einfacher Gesetze umgesetzt werden, damit sich PatientInnen im Gesundheitswesen gegenüber Krankenanstalten und gegenüber niedergelassenen Gesundheitsberufen darauf berufen können. TYPISCHE SITUATIONEN DER ANWENDUNG VON PATIENTENRECHTEN Im Krankenhaus (= Krankenanstalt): 1 In der Tageszeitung Kurier stand am 9.6.2016 unter der Überschrift „70-jähriger starb im Gangbett“ vom Autor Josef Gebhard: (in Auszügen daraus) Der Patient mit mehreren chronischen Grunderkrankungen war nach einem Sturz durch eine Glaswand mit Schnittwunden eingeliefert worden. Nach der Versorgung der starken Blutungen und Abklärung möglicher weiterer Verletzungen wurde er in der Nacht vor der geplanten Entlassung in einem Gangbett untergebracht. "Da auf der Unfallchirurgie kein freies Notfall-Bett mit Monitor-Screening zur Verfügung stand, wurde der Patient zwecks ständiger Überwachung neben dem Stützpunkt-Zimmer am Gang situiert", sagt ein Sprecher. Welche Patientenrechte sind hier nicht eingehalten worden? Recht auf Privatsphäre Recht auf würdevolle Behandlung Welche anderen Patientenrechte sind während einer Behandlung im Krankenhaus ebenso wirksam? Recht auf Vertraulichkeit Recht auf fachgerechte und möglichst schmerzarme Behandlung und Pflege Recht auf Einsicht in die Krankengeschichte Recht auf ausreichend Besuchs- und Kontaktmöglichkeiten mit der Außenwelt Recht auf Kontakt mit einer Vertrauensperson auch außerhalb der Besuchszeit im Fall nachhaltiger Verschlechterung Recht auf religiöse Betreuung und psychische Unterstützung Recht auf Einbringung von Anregungen und Beschwerden Recht auf Sterbebegleitung (und natürlich auch alle unten genannten Patientenrechte) PA-Skriptum Ausgabe 2021/ 1. Patientenreche/ Mai 2020/ Februar 2021/ Mag. Reinthaller-Michna/ Gesamtseiten 8 In Ordinationen niedergelassener Gesundheitsberufe: Sie kommen als Patient/ als Patientin in die Praxis Ihrer Hausärztin wegen einer offenen Wunde an der Fußsohle und wegen eines juckenden Ausschlags an den Armen. Die Ordination ist voller wartender Patienten und Patientinnen. Sie melden sich in der Aufnahme an. Sie werden nach Ihren Beschwerden gefragt. Sie werden aufgefordert, sich im Nebenraum zu entkleiden für die Untersuchung. …. Welche Patientenrechte sind schon bei der Anmeldung einzuhalten? Recht auf rücksichtsvolle Behandlung Recht auf Vertraulichkeit Welche Patientenrechte können im weiteren Verlauf dieses Arztbesuches noch wichtig werden? Recht auf Privatsphäre Welches Verhalten und welche Maßnahmen schützen in Ordinationen die Privatsphäre des Patienten/ der Patientin? …………………………………………………………. ………………………………………………………………………………………… Recht auf umfassende Information über die Behandlungsmöglichkeiten und Risken Welches Verhalten erfüllt den Anspruch (= das Recht) auf umfassende Information? ……………………………………………………………………………………….... ………………………………………………………………………………………… Recht auf Selbstbestimmung Welches Verhalten erfüllt den Anspruch auf Selbstbestimmung im Rahmen einer 2 Behandlung? ……………………………..................................................................... RECHTSGRUNDLAGEN DER PATIENTENRECHTE: 1. Rechtsgrundlage für Patientenrechte „Art 15a (B-VG) Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte“ (auch genannt: „Patientencharta“). Ergänzung: ▪ Rechtsquelle … steht für den Ort, wo die Regelung eines bestimmten Themas schriftlich, verbindlich festgehalten ist; auch oft als „Rechtsgrundlage“ bezeichnet; zB die Rechtsquelle für das Thema Erbrecht ist das ABGB (= Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch); zB die Rechtsquelle für das Thema Pflegeheim ist in Wien das Wr. Pflegeheimgesetz; zB die Rechtsquelle für das Thema der Berufspflichten der Pflegeassistenz ist das GuKG ▪ B-VG … steht für „Die Bundesverfassung Österreichs“; ▪ Art … steht für den Begriff „Artikel“; … wird auch ausgesprochen in der Vollform „Artikel“ In der Bundesverfassung Österreichs werden die einzelnen Themenabsätze in sog. Artikel unterteilt (nicht in Paragraphen/§§ wie in einfachen Gesetzen üblich) ▪ Art 15a B-VG … regelt, dass Bund und Länder untereinander Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches schließen können. ▪ der Bund … steht für den Gesamtstaat Österreich; ▪ die Länder … stehen für die 9 Bundesländer Österreichs; ▪ Gesetzgebung … steht für die „Staatsgewalt“, Gesetze beschließen zu dürfen ▪ Aufgrund der Bundesverfassung Österreichs darf der Bund eigene Gesetze beschließen, die für den Gesamtstaat (= für das gesamte Bundesgebiet) gelten sollen. Das Gesetzgebungsorgan für den Bund ist der sog. Nationalrat. PA-Skriptum Ausgabe 2021/ 1. Patientenreche/ Mai 2020/ Februar 2021/ Mag. Reinthaller-Michna/ Gesamtseiten 8 ▪ Aufgrund der Bundesverfassung Österreichs dürfen die Länder auch eigene Gesetze beschließen, die aber dann nur für das Bundesland gelten sollen, wo es beschlossen worden ist. Die Gesetzgebungsorgane für die einzelnen Bundesländer sind die sog. Landtage. ▪ Vollziehung … steht für die „Staatsgewalt“, Gesetze durchzusetzen im Verwaltungsweg Die Vertragspartner der Patientencharta sind der Bund einerseits und die (Bundes-)Länder andererseits. Diese Patientencharta hat folgenden Inhalt: die Verpflichtung der Vertragspartner, die Patientenrechte in Gesetzgebung und Vollziehung sicherzustellen. Sowohl Nationalrat als auch Landtage müssen daher seit dem Bestehen der Patientencharta in ihrer jeweiligen Gesetzgebungsarbeit die Patientenrechte mitberücksichtigen. Die Zusammenfassung folgender Grundsätze: 1. Die Persönlichkeitsrechte der Patienten und Patientinnen sind besonders zu schützen. (Art 2) 2. Die Menschenwürde der Patienten und Patientinnen ist unter allen Umständen zu achten und zu wahren. (Art 2) 3. Patienten und Patientinnen dürfen auf Grund des Verdachtes oder des Vorliegens einer Krankheit nicht diskriminiert werden. (Art 3) Die Zusammenstellung der wichtigsten Patientenrechte: 1. Recht auf Behandlung und Pflege 2. Recht auf Achtung der Würde und Integrität 3. Recht auf Selbstbestimmung und Information 4. Recht auf Dokumentation 5. Besondere Bestimmungen für Kinder 3 6. Recht auf Vertretung durch unabhängige Patientenvertretungen und Beschwerderecht Leider kann der einzelne Patient aus der Patientencharta kein unmittelbar anwendbares Recht für sich in Anspruch nehmen, weil er, der Patient selbst, nicht Vertragspartner dieser Vereinbarung ist. So hat die Patientencharta für Patienten vor allem symbolischen Charakter. Aber in der Folge haben der Bund (= Gesamtstaat Österreich) und die Bundesländer je nach Zuständigkeit Berufsgesetze oder auch nur berufsrelevante Gesetze beschlossen, die auch Patientenrechte berücksichtigen. Auf diese können sich Patienten direkt berufen, sobald Patienten in ein Vertragsverhältnis mit diesen Berufen oder Gesundheitseinrichtungen treten. 2. Rechtsgrundlagen für Patientenrechte Berufsgesetze der Gesundheitsberufe sind Gesetze, die die Ausübung des bestimmten Berufs gesetzlich beschreiben durch die Aufzählung von Tätigkeiten und Pflichten. Beispiele für Berufsgesetze sind: Ärztegesetz Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (= GuKG) Hebammengesetz Psychologengesetz Psychotherapiegesetz PA-Skriptum Ausgabe 2021/ 1. Patientenreche/ Mai 2020/ Februar 2021/ Mag. Reinthaller-Michna/ Gesamtseiten 8 3. Rechtsgrundlagen für Patientenrechte Gesundheitsberufsrelevante Gesetze sind Gesetze, die bei der Ausübung des Berufs unter besonderen Umständen zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Beispiele für berufsrelevante Gesetze sind: Heimaufenthaltsgesetz (= HeimAufG), Unterbringungsgesetz (= UbG) Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (= KAKuG) Krankenanstaltengesetze der Länder (KAG NÖ, usw) Wr. PflegeheimG EINZELNE PATIENTENRECHTE: 1. Das Recht auf Behandlung und Pflege hat folgenden Inhalt: Die Leistungen des Gesundheitswesens müssen allen Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen – unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Vermögen, Religionsbekenntnis oder Art und Ursache der Erkrankung (Artikel 4). Sicherzustellen sind auch die notärztliche Versorgung sowie die Versorgung mit Medikamenten und Medizinprodukten (Artikel 6). Diagnostik, Behandlung und Pflege müssen nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft 4 bzw. nach anerkannten Methoden erfolgen. Dies umfasst auch eine bestmögliche Schmerztherapie (Artikel 7). Leistungen des Gesundheitswesens werden einer Qualitätskontrolle unterzogen, und es werden Qualitätssicherungsmaßnahmen entsprechend dem Stand der Wissenschaft gesetzt (Artikel 8). 2. Das Recht auf Achtung der Würde und Integrität hat folgenden Inhalt: ! Die Intim- und Privatsphäre der Patientinnen und Patienten müssen gewahrt werden. Dazu zählt man auch das Recht auf Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre wie zB Sichtschutz gegen Fremde bei der Untersuchung oder beim Umkleiden; Bett an einem Ort mit Rückzugsmöglichkeit vor zimmerfremden Personen; Rücksicht der Besucher usw. Die Abläufe in Kranken- und Kuranstalten sind, so weitmöglich, dem allgemein üblichen Lebensrhythmus anzupassen (Artikel 10). In grundlegenden Tages- und Nachabläufen hat der Patient das Recht auf Einhaltung des allgemein üblichen Lebensrhythmuses. Auf Wunsch ist die religiöse Betreuung stationär aufgenommener Patientinnen und Patienten zu ermöglichen (Artikel 12). Daraus ergibt sich das Recht auf religiöse Begleitung. Gesundheitsbezogene Daten sowie sonstige Umstände, die aus Anlass der Erbringung von Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens bekannt werden und an denen Patienten und Patientinnen ein Geheimhaltungsinteresse haben, unterliegen dem Datenschutzgesetz (Art 13). PA-Skriptum Ausgabe 2021/ 1. Patientenreche/ Mai 2020/ Februar 2021/ Mag. Reinthaller-Michna/ Gesamtseiten 8 Daraus ergibt sich das Recht auf Verschwiegenheit und auf Datenschutz. (Zum Thema „Verschwiegenheit“ mehr später im Skriptum „Pflegeassistenzberufe im GuKG“) Bei einer stationären Behandlung muss es möglich sein, Besuche zu empfangen. Aber es ist auch der Wunsch der Patientin/des Patienten zu respektieren, keinen Besuch oder bestimmte Personen nicht zu empfangen. Patientinnen/Patienten können Vertrauenspersonen nennen, die insbesondere im Fall einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes auch außerhalb der Besuchszeiten Kontakt haben können (Artikel 15). Daraus ergibt sich das Recht auf Kontakt zur Außenwelt und zu Vertrauenspersonen. In stationären Einrichtungen ist ein Sterben in Würde zu ermöglichen (Artikel 15) In stationären Einrichtungen ist eine bestmögliche Schmerztherapie zu ermöglichen (Artikel 15). 3. Das Recht auf Selbstbestimmung und Information hat folgenden Inhalt: ! Das Recht auf Selbstbestimmung inkludiert das Recht auf Aufklärung/Information. Die Überlegung dahinter liegt darin, dass niemand ohne Kenntnisse oder Wissen über die Sachlage und die Folgen sinnvoll über eine Sache bestimmen kann. Daher muss vor jeder Behandlung und vor jeder Zustimmung zu einer Behandlung der Patient informiert werden über seinen Gesundheitszustand 5 die vorgesehene Behandlung die erforderliche Mitwirkung bei der Behandlung die möglichen Alternativen die therapieunterstützende Lebensführung die möglichen Komplikationen und Risiken die ihn voraussichtlich treffenden Kosten. Wenn dieses Recht auf Aufklärung/Information missachtet wird, dann verliert die Zustimmung zu einer Behandlung ihren Wert, haftet der Arzt/die Ärztin für jede negative Folge aus der Behandlung. Das Recht auf Selbstbestimmung inkludiert auch das Recht auf Zustimmung. Patienten dürfen nur behandelt werden, wenn sie dazu ihre Zustimmung gegeben haben. 1. Das ABGB § 252 Abs 1 hält ausdrücklich fest, dass in eine medizinische Behandlung eine volljährige Person, soweit sie entscheidungsfähig ist, nur selbst einwilligen kann. 2. Eine medizinische Behandlung ist eine von einem Arzt oder auf seine Anordnung hin vorgenommene diagnostische, therapeutische, rehabilitative, krankheitsvorbeugende oder geburtshilfliche Maßnahme an der volljährigen Person. Sinngemäß gilt dies auch für diagnostische, therapeutische, rehabilitative, krankheitsvorbeugende, pflegerische oder geburtshilfliche Maßnahmen von Angehörigen anderer gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe. 3. Der Begriff „Behandlung“ gilt nicht als Generalbegriff sondern als spezifischer und konkreter Maßnahmenbegriff. PA-Skriptum Ausgabe 2021/ 1. Patientenreche/ Mai 2020/ Februar 2021/ Mag. Reinthaller-Michna/ Gesamtseiten 8 4. Dieses Recht auf Selbstbestimmung und das inkludierte Recht auf Zustimmung wird auch strafrechtlich unterstützt. Im StGB heißt es, dass derjenige, der einen anderen ohne dessen Einwilligung, wenn auch nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft behandelt, sich strafbar macht. Das Delikt dazu heißt „Verbot der eigenmächtigen Heilbehandlung“ gemäß § 110 StGB. 5. Ist ein volljähriger Patient psychisch oder intellektuell nicht in der Lage, seine Zustimmung zur medizinischen Behandlung zu geben, ist nach dem 2. Erwachsenenschutzgesetz (§§ 239 bis 276 ABGB) vorzugehen. Es ist daher wie folgt vorzugehen: a) Hält der Arzt eine volljährige Person für nicht entscheidungsfähig, so hat er sich nachweislich um die Beiziehung von Angehörigen, von anderen nahestehenden Personen, von Vertrauenspersonen und von Fachleuten, die im Umgang mit Menschen in solchen schwierigen Lebenslagen besonders geübt sind, zu bemühen. Diese beigezogenen Personen sollen die volljährige Person dabei unterstützen, ihre Entscheidungsfähigkeit zu erlangen. (§ 252 Abs 2) b) Kann aber durch die Unterstützung die Entscheidungsfähigkeit der volljährigen Person nicht hergestellt werden, bedarf die medizinische Behandlung der Zustimmung ihres Vorsorgebevollmächtigten oder Erwachsenenvertreters, dessen Wirkungsbereich diese Angelegenheit umfasst. (§ 253 Abs 1) 6. Ist ein Patient noch nicht volljährig, dann ist das Kindschaftsrecht heranzuziehen, um die Frage zu beantworten, ob das Kind allein bestimmt (insbesondere § 173 ABGB). a) Im Zweifel gilt bei mündigen Minderjährigen (ab 14 aufwärts) die Vermutung der 6 Entscheidungsfähigkeit. Einwilligungen in medizinische Behandlungen kann das entscheidungsfähige Kind nur selbst erteilen. b) Mangelt es an der Entscheidungsfähigkeit, ist die Zustimmung der Person erforderlich, die mit der gesetzlichen Vertretung bei Pflege und Erziehung betraut ist. c) Ist eine Behandlung geplant, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, so darf die Behandlung bei einem entscheidungsfähigen Minderjährigen nur vorgenommen werden, wenn zusätzlich die obsorgeberechtigte Person zustimmt. 7. Grundsätzlich dürfen Patienten ohne Einwilligung/Zustimmung nur bei Gefahr in Verzug (in lebensbedrohlicher Situation) behandelt werden (Artikel 17). Das gilt auch für Minderjährige (§ 173 Abs 3 ABGB) Das Recht auf Selbstbestimmung inkludiert auch das Recht des Patienten, vorab zu bestimmen, was geschehen soll, wenn er handlungsunfähig wird (Artikel 18). Zu diesem Zweck gibt es das Recht auf Erstellung einer Patientenverfügung oder einer Vorsorgevollmacht. Das Recht auf Selbstbestimmung inkludiert auch das Recht, in die über den Patienten geführte medizinische Dokumentation, in die Beilagen wie z.B. Röntgenbilder, Einsicht zu nehmen. PA-Skriptum Ausgabe 2021/ 1. Patientenreche/ Mai 2020/ Februar 2021/ Mag. Reinthaller-Michna/ Gesamtseiten 8 4. Das Recht auf Dokumentation hat folgenden Inhalt: Diagnostische, therapeutische und pflegerische Maßnahmen müssen dokumentiert werden. In der Dokumentation muss auch die Willensäußerung der Patientinnen und Patientenfestgehaltenwerden. Dies kann auch Widersprüche gegen Organentnahmen umfassen (Artikel 21). Patientinnen und Patienten haben das Recht, Abschriften aus der Dokumentation zu erhalten, und zwar ohne eine Begründung dafür geben zu müssen – für das Erstellen von Kopien darf ein angemessener Kostenersatz (Selbstkosten) verlangt werden (Artikel 22). 5. Außerdem gibt es besondere Patientenrechte für Kinder: Die Aufklärung von Minderjährigen muss dem Entwicklungsstand entsprechen (Artikel 23). Bei stationären Aufenthalten von Kindern bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr muss eine Begleitperson mit aufgenommen werden können. Wenn dies aus räumlichen Gründen nicht möglich ist, haben Bezugspersonen ein umfassendes Besuchsrecht (Artikel 25). PATIENTENVERTRETUNG (a) Zur Vertretung von Patienteninteressen sind gemäß Patientencharta unabhängige 7 Patientenvertretungen einzurichten. Diese Vertretungen sind weisungsfrei und zur Verschwiegenheit verpflichtet. (b) Der Patient kann Beschwerden an folgende Stellen richten: An das KA-Personal, an die KA-Leitung, an die LReg als zuständiges Aufsichtsorgan, an die Volksanwaltschaft, an die Schlichtungsstellen der Ärztekammer, an den Ombudsmann im Rahmen der Patientenanwaltschaft, die für jedes Bundesland eingerichtet ist; (c) Patienten haben das Recht, dass ihre Beschwerden durch die Patientenvertretungen geprüft werden, und sie müssen darüber informiert werden, welche Ergebnisse die Überprüfung gebracht hat. Für Patienten fallen dabei keine Kosten an (Artikel 29). PA-Skriptum Ausgabe 2021/ 1. Patientenreche/ Mai 2020/ Februar 2021/ Mag. Reinthaller-Michna/ Gesamtseiten 8 PATIENTENANWALTSCHAFTEN: ! Die Patientenanwaltschaften sind unabhängige und weisungsfreie Einrichtungen zur Sicherung der Rechte und Interessen von Patienten sowie – in einigen Bundesländern – von pflegebedürftigen Menschen. Die Zuständigkeiten der Patientenanwaltschaften erstrecken sich in erster Linie auf Krankenanstalten (Spitäler), in einigen Bundesländern auch auf die niedergelassenen Ärztinnen/Ärzte, Pflegeheime und alle anderen Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialwesen. ! Die jeweilige Patientenanwaltschaft eines Bundeslandes ist für die Gesundheits- einrichtungen in ihrem eigenen Bundesland zuständig. Es kommt also nicht darauf an, wo der Patient seinen Wohnsitz hat, sondern in welchem Bundesland die Gesundheitseinrichtung liegt, gegen die er eine Beschwerde einbringt. ! Die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft kann man im Internet auf www.wien.gv.at finden. Aktuell ist Frau Dr.in Sigrid Pilz die Wr. Patientenanwältin, die zusammen mit einem Team die Agenden der Wr. Pflege-, PatientInnenanwaltschaft bearbeitet. Sie wurde bereits ein zweites Mal (am 1.7.2017) für die Dauer von fünf Jahren mit der Leitung der WPPA betraut. In ihrer Funktion prüft sie individuelle Schadensfälle und thematisiert kollektive PatientInnen-Interessen öffentlich. seit 1. Juli 2022 Dr. Gerhard Jelinek für 5 Jahre bestellt ! Hauptaufgaben der Patientenanwaltschaften: 1. Unterstützung und Beratung in Anliegen von Patienten in Pflege- und 8 Betreuungsfragen, Kostenfragen, in Fragen des Wiener Gesundheits- und Spitalswesens; 2. Kostenlose außergerichtliche Vertretung, wenn medizinische oder pflegerische Behandlungsfehler vermutet werden; 3. Prüfung von Mängeln und Missständen nach Beschwerden; 4. Konfliktvermittlung; ! Die Patientenanwältinnen/-anwälte sind nicht berechtigt, auch vor Gericht zu Patienten zu vertreten. Sie bleiben nur in der außergerichtlichen Vertretung. Diese Tätigkeit in der außergerichtlichen Aufarbeitung von medizinischen Behandlungsfehlern kann für die betroffenen Gesundheitseinrichtungen folgende Vorteile bringen: Eine rasche, unbürokratische und gemeinsame Aufarbeitung des Konfliktes, Kein Kostenrisiko für die Konfliktparteien, die Wahrung des „Gesichtes“ aller Beteiligten, daher kein „Einzementieren“ von Positionen, Lösungsvorschläge ohne die Belastungen oder Aufregungen eines Gerichtsprozesses und damit eine Filterfunktion und Eine hohe emotionale Akzeptanz, da keine Verurteilung erfolgt und die Lösungen gemeinsam und einvernehmlich erarbeitet werden. Empfehlenswert ist das Mitwirken des Gesundheitspersonals einschließlich der Ärztinnen und Ärzte, da es im Interesse aller Beteiligten liegt, einen Gerichtsprozess zu vermeiden. Sämtliche Dienstleistungen der Patientenanwaltschaften sind kostenlos.

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