Einführung in die Wahrnehmungspsychologie - Sitzung 09 - WS2024 PDF
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2024
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Dr. Maren Mayer
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Summary
Diese Aufzeichnungen aus der 9. Sitzung zur Einführung in die Psychologie I befassen sich mit der Wahrnehmungspsychologie, Psychophysik und der Signaldetektionstheorie. Es werden die Grundlagen und Konzepte dieser Themenfelder erläutert und Beispiele sowie Theorien dazu gegeben. Die Sitzung befasst sich sowohl mit der beschreibenden Perspektive, wie auch der erklärenden Perspektive (Top-Down- und Bottom-Up-Verfahren).
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In der letzten Sitzung ha en Sie gelernt…... Methoden der biologischen Psychologie und deren Erkenntniswert zu erläutern.... Funktion von Nervensystem und Gehirnstrukturen zu beschreiben.... die Arbeit des endokrinen Systems zu skizzieren.... Neuroplastizität zu erklären. Einführung in die Psycho...
In der letzten Sitzung ha en Sie gelernt…... Methoden der biologischen Psychologie und deren Erkenntniswert zu erläutern.... Funktion von Nervensystem und Gehirnstrukturen zu beschreiben.... die Arbeit des endokrinen Systems zu skizzieren.... Neuroplastizität zu erklären. Einführung in die Psychologie I Grundlegende Prozesse der Wahrnehmung Dr. Maren Mayer Leibniz-Institut für Wissensmedien [email protected] Na h dieser Sitzung können Sie…... den Prozess der Wahrnehmung und Verarbeitung skizzieren.... die Erkenntnisse der Psychophysik beschreiben.... die Signal Detection Theory erklären. Übersicht Einführung in die Wahrnehmungspsychologie Psychophysik Signal Detection Theory Termine Termin Datum Zeit Thema Themengebiet 1 22.10.2024 14:00-16:00 Uhr Organisatorisches / Psychologie als Wissenschaft Einführung 2 29.10.2024 14:00-16:00 Uhr Geschichte der Psychologie 3 05.11.2024 14:00-16:00 Uhr Der psychologische Forschungsprozess 4 12.11.2024 14:00-16:00 Uhr Validität empirischer Forschungsmethoden Psychologische Forschungsmethoden 5 19.11.2024 14:00-16:00 Uhr Psychologische Methodenlehre 6 26.11.2024 14:00-16:00 Uhr Vererbung, Verhalten und Sexualverhalten 7 03.12.2024 14:00-16:00 Uhr Das Nervensystem Biologische Psychologie 8 10.12.2024 14:00-16:00 Uhr Biologie und Verhalten 9 17.12.2024 14:00-16:00 Uhr Grundlegende Prozesse der Wahrnehmung 10 07.01.2025 14:00-16:00 Uhr Visuelle Wahrnehmung Wahrnehmung 11 14.01.2025 14:00-16:00 Uhr Wahrnehmungsorganisation 12 21.01.2024 14:00-16:00 Uhr Auditive und weitere Wahrnehmungssysteme 13 28.01.2024 14:00-16:00 Uhr Fragestunde, Lehrevaluation, Feedback Klausur Ersttermin Klausur Zweittermin Einführung in die Wahrnehmungspsychologie Reiz, Wahrnehmung und Verarbeitung Distaler (entfernter) Reiz: physikalisches Objekt in Umwelt Proximaler (naher) Reiz: Reizabbild an Sinnesorganen Transduktion: Umwandlung der Reizenergie in neuronale Impulse durch Sinneszellen Sensorische Prozesse (Empfindung): Erzeugung neuronaler Impulse durch Stimulation von Sinnesrezeptoren (Transduktion) Reiz, Wahrnehmung und Verarbeitung Perzeptuelle Organisation: Formung einer Repräsentation (Perzept) aus eintreffender Information und vorhandenem Wissen Perzept: subjektiv erfahrene, bewusste Resultat des Wahrnehmungsprozesses Identifikation und Wiedererkennen: Aufladen des Perzepts mit Bedeutung Reiz, Wahrnehmung und Verarbeitung Top-Down-Verarbeitung: bekannte bzw. aktivierte Konzepte, Ideen, Erwartungen beeinflussen Verarbeitung von Perzepten Bottom-Up-Verarbeitung: Verarbeitung erfolgt aufgrund der Informationen des Reizes selbst Das Qualia-Problem Welche Reize mit welchen Sinnesorganen wahrgenommen werden, kann erforscht werden Wie diese Reize wahrgenommen werden (subjektive Erfahrung), ist (noch) nicht wissenschaftlich zu untersuchen Sinneserleben von Individuen ist aktuell nicht miteinander vergleichbar und daher nicht systematisch wissenschaftlicher Erkenntnis zugänglich Beschreibende und erklärende Perspektive Beschreibende Perspektive: Untersuchung der Beziehung zwischen objektivem physikalischem Reiz und Perzept (Bottom-Up- Verarbeitung) Erklärende Perspektive: Untersuchung des Einflusses kognitiver Prozesse auf die Wahrnehmung (Top-Down-Verarbeitung) Psychophysik Psychophysik Beschreibende Perspektive auf Wahrnehmung Gustav Fechner Untersuchungsgegenstand: gesetzhafte Zusammenhänge zwischen distalem Reiz und Perzept Theoretische und praktische Ziele: Messen der Absolut- und Unterschiedsschwellen (Sensitivität), Beziehung zwischen Reiz und Empfindungsstärke (Skalierung) Absolutschwelle und Unterschiedsschwelle Absolutschwelle: Minimum physikalischer Energie, das gerade noch Wahrnehmung erzeugt Unterschiedsschwelle: minimaler Unterschied zwischen einem Standardreiz und einem Vergleichsreiz der gerade noch wahrnehmbar ist Schwellen sind nicht konstant: sensorische Adaptation an Reizinput Messung von Wahrnehmungsschwellen Psychometrische Funktion Konstanzmethode: Darbietung einer Menge schwellennaher Reize in zufälliger Reihenfolge Angabe, ab wann Reiz wahrgenommen Messung von Wahrnehmungsschwellen Grenz- und Herstellungsmethode: schwellennahe, auf- und absteigende Reizfolgen präsentiert (Grenzmethode) bzw. selbst durch Versuchsperson hergestellt (Herstellungsmethode), bis Reiz wahrgenommen wird Verharrungseffekt: höhere Schwelle bei aufsteigender als bei absteigender Messreihe Absolutschwellen der Wahrnehmung Eigenschaften von Unterschiedsschwellen Unterschiedsschwellen lassen sich mit den gleichen Methoden wie Absolutschwellen untersuchen Unterschiedsschwellen sind allerdings nicht konstant, sondern abhängig von Intensität des Vergleichsreizes Δ𝑆 Webersches Gesetz: = 𝑆 Größe des Ausgangsreizes: 𝑆 Differenz zum Ausgangsreiz: Δ𝑆 Webersche Konstante: Ernst Weber Unterschiedsschwellen der Wahrnehmung Kombination von Fechners und Webers Arbeit: Das Weber-Fechner-Gesetz Entwicklung einer Formel für die Empfindungsstärke (wahrgenommene Reizintensität) Ausgangspunkt / Nullpunkt der Skala: Absolutschwelle Erhöhung der Empfindungsstärke um 1 für die Erhöhung der objektiven Reizintensität um eine Unterschiedsschwelle Weber-Fechner-Gesetz: 𝐸 = log 𝑆𝑒 + 𝐶 𝐸: Empfindungsstärke : Unterschiedsschwelle der Reizdimension 𝑆𝐸 : Reizintensität 𝐶: Absolutschwelle der Reizdimension Kombination von Fechners und Webers Arbeit: Das Weber-Fechner-Gesetz I SE Steven‘s Potenzgesetz Direkte Schätzung der Empfindungsstärke durch Befragung der Versuchspersonen oder cross modality matching Zusammenhang zwischen Reizintensität und Empfindungsstärke folgt teilweise aber nicht immer einer negativ beschleunigten Funktion wie bei dem Weber-Fechner-Gesetz Zusammenhänge folgen Potenzfunktion : 𝐸 = × 𝑆 𝑏 Exponent variiert je nach Wahrnehmungsdimension Z.B. 0,33 für Helligkeit, aber 3,5 für Stärke eines Stromstoßes Steven‘s Potenzgesetz Signal Detection Theory Signal Detection Theory Generell einsetzbare Messmethode zur Erfassung sowohl der Diskriminationsfähigkeit als auch der Antworttendenz eines Beobachters oder diagnostischen Instruments Ursprung in Nachrichtentechnik: Empfänger muss zwischen Signal und Rauschen unterscheiden Signal Detection Theory Antwort anhand internen sensorischen Kriteriums gegeben Trials lösen Empfindungen auf Kriterium aus, die in E tscheidu g „ja“ / „ ei “ umgewandelt werden muss Meist Entscheidung unter Unsicherheit Entscheidung anhand eines Kriteriums Signal Detection Theory Schwellennaher konstanter Reiz in X% der Durchgänge dargeboten (in 100-X% keine Darbietung) Häufig berechnete Standardgrößen: Sensitivität: P hit Reiz dargeboten = ℎ / ℎ + Spezifität: P correct rejection | kein Reiz dargeboten = / + Tatsächliche Darbietung Reiz dargeboten Kein Reiz dargeboten Richtig positiv Falsch positiv Reiz erkannt Antwort der (hit) (false alarm) Teilnehmer Falsch negativ Richtig negativ Reiz nicht erkannt (miss) (correct rejection) Signal Detection Theory Beispiel mit 100 Durchgängen, in 50 wurde ein Reiz dargeboten Tatsächliche Darbietung Reiz dargeboten Kein Reiz dargeboten Reiz erkannt Hits: 40 False alarms: 20 Antwort der Teilnehmer Reiz nicht erkannt Misses: 10 Correct rejection: 30 Sensitivität: P hit Reiz dargeboten = ℎ / ℎ + 40 / (40 + 10) = 0.8 → 80% Spezifität: P correct rejection | kein Reiz dargeboten = / + 30 / (30+20) = 0.6 → 60% Signal Detection Theory ′: Maß für Sensitivität -> Abstand der Kurvenmittelwerte : Maß der Antworttendenz -> Lage des Antwortkriteriums Trennung von Antwortkriterium und Sensitivität Bei gleichbleibender Ausgangslage (Verteilungen für Noise und Signal) ändert allein Lage des Kriteriums ( ) Hit- und False- Alarm-Rate (Sensitivität bzw. Spezifität) Wahrnehmungsschwelle ( ′) ändert sich dabei aber nicht Anwendungsfälle der Signal Detection Theory I er, e der „ ahre Zusta d der Wert“ durch ei Test erfahre untersucht werden soll Empirische Wissenschaften: Fehler 1. und 2. Art Gepäck- und Einlasskontrollen Flugsicherung Bewertung der Güte (medizinischer) Testverfahren Anwendungsfälle der Signal Detection Theory Sensitivität und Spezifität sind wichtige Kenngrößen für medizinische Tests wie HIV-Tests, Schwangerschaftstests oder Covid-Tests Liegen für solche Tests oftmals (weit) über 90% Wieso werden dann oft doch mehrere Tests durchgeführt? Anwendungsfälle der Signal Detection Theory Das Problem der niedrigen Basisrate: Wenn nur 2% der Getesteten positiv sind (Signal vorhanden), bekommen bei 90% Spezifität trotzdem mehr als 10% aller Getesteten ein positives Testergebnis Tatsächliche Erkrankung Erkrankung vorhanden Erkrankung nicht vorhanden Positiver Test Hits: 18 False alarms: 98 Testresultat Negativer Test Misses: 2 Correct rejection: 882 Gesamt: 20 Gesamt: 980 Basisrate: 20/1000 = 0.02 → 2% Spezifität: 98/(98 + 882) = 0.9 → 90%; Sensitivität: 18/(18 + 2) = 0.9 → 90% Echt positive Tests an allen positiven Tests (positiver Vorhersagewert): 18 / (18 + 98) = 0.155 → 15.5% Übungsfragen Welche Prozesse sind an der Wahrnehmung beteiligt? Was ist eine Absolutschwelle? Worin liegt der Unterschied zur Unterschiedsschwelle? Welchen Vorteil bietet die Signalentdeckungstheorie gegenüber der Bestimmung von Wahrnehmungsschwellen rein auf Basis erkannter Signale? Literatur zur Vorlesung Hauptliteratur Gerrig, R. J. Psychologie (21. Auflage, mit e-Learning Mylab | Psychologie), Pearson Education Deutschland GmbH, 2018. Kapitel 4 Weiterführende Literatur Wendt, M. (2014). Wahrnehmungspsychologie. Hogrefe, Göttingen Strobach, T., & Wendt, M. (2019). Allgemeine Psychologie. Ein Überblick für Psychologiestudierende und -studieninteressierte. Springer, Berlin