Biopsychologie und Wahrnehmung Theorien

Lernziele der letzten Sitzung

• Methoden der biologischen Psychologie und deren Bedeutung erläutern
• Funktion des Nervensystems und der Gehirnstrukturen beschreiben
• Funktionsweise des endokrinen Systems skizzieren
• Neuroplastizität erklären

Einführung in die Wahrnehmungspsychologie I

• Grundlegende Prozesse der Wahrnehmung skizzieren
• Erkenntnisse der Psychophysik beschreiben
• Signal Detection Theory erklären

Übersicht

• Einführung in die Wahrnehmungspsychologie
• Psychophysik
• Signal Detection Theory

Termine

• Die angegebenen Termine verweisen auf den Ablauf eines psychologischen Seminars.

Reiz, Wahrnehmung und Verarbeitung

• Distaler Reiz: physikalisches Objekt in der Umwelt
• Proximaler Reiz: Reizabbild an den Sinnesorganen
• Transduktion: Umwandlung der Reizenergie in neuronale Impulse
• Sensorische Prozesse (Empfindung): Erzeugung neuronaler Impulse durch Sinnesrezeptoren (Transduktion)

Perzeptuelle Organisation

• Perzept: subjektiv erfahrene, bewusste Resultat des Wahrnehmungsprozesses

• Formung einer Repräsentation (Perzept) aus eintreffender Information und vorhandenem Wissen

• Identifikation und Wiedererkennung: Aufladen des Perzepts mit Bedeutung

Reize, Wahrnehmung und Verarbeitung

• Bottom-Up-Verarbeitung: Verarbeitung erfolgt aufgrund der Informationen des Reizes selbst
• Top-Down-Verarbeitung: Bekannte bzw. aktivierte Konzepte, Ideen und Erwartungen beeinflussen die Verarbeitung von Perzepten

Das Qualia-Problem

• Welche Reize mit welchen Sinnesorganen wahrgenommen werden, kann untersucht werden
• Wie diese Reize wahrgenommen werden (subjektive Erfahrung), ist (noch) nicht wissenschaftlich untersuchbar

Beschreibende und erklärende Perspektive

• Beschreibende Perspektive: Untersuchung der Beziehung zwischen objektivem physikalischem Reiz und Perzept (Bottom-Up-Verarbeitung)
• Erklärende Perspektive: Untersuchung des Einflusses kognitiver Prozesse auf die Wahrnehmung (Top-Down-Verarbeitung)

Psychophysik

• Beschreibende Perspektive auf Wahrnehmung
• Untersuchungsgegenstand: Gesetzhafte Zusammenhänge zwischen distalem Reiz und Perzept
• Theoretische und praktische Ziele: Messen der Absolut- und Unterschiedsschwellen (Sensitivität), Beziehung zwischen Reiz und Empfindungsstärke (Skalierung)

Absolutschwelle und Unterschiedsschwelle

• Absolutschwelle: Minimum physikalischer Energie, das gerade noch Wahrnehmung erzeugt
• Unterschiedsschwelle: Minimaler Unterschied zwischen einem Standardreiz und einem Vergleichsreiz, der gerade noch wahrnehmbar ist
• Schwellen sind nicht konstant: sensorische Adaptation an Reizinput

Messung von Wahrnehmungsschwellen

• Konstanzmethode: Darbietung einer Menge schwellennaher Reize in zufälliger Reihenfolge, Angabe, ab wann Reiz wahrgenommen

• Grenz- und Herstellungsmethode: Schwellennahe, auf- und absteigende Reizfolgen, bis Reiz wahrgenommen wird

Absolutschwellen der Wahrnehmung

• Übersicht mit Beispiele zu verschiedenen Modalitäten (Licht, Schall, Geschmack, Geruch, Berührung)

Eigenschaften von Unterschiedsschwellen

• Unterschiedsschwellen lassen sich mit den gleichen Methoden wie Absolutschwellen untersuchen
• Unterschiedsschwellen sind abhängig von der Intensität des Vergleichsreizes
• Webersches Gesetz: AS=k/S

Unterschiedsschwellen der Wahrnehmung

• Übersicht zu den Unterschiedsschwellen für verschiedene Sinnesmodalitäten (Sehen, Hören, Muskeln, Geruch, Geschmack) mit Zahlenbeispielen

Kombination von Fechners und Webers Arbeit: Das Weber-Fechner-Gesetz

• Entwicklung einer Formel für die Empfindungsstärke (wahrgenommene Reizintensität)
• Ausgangspunkt / Nullpunkt der Skala: Absolutschwelle
• Erhöhung der Empfindungsstärke um 1 für Erhöhung der objektiven Reizintensität um eine Unterschiedsschwelle
• Weber-Fechner-Gesetz: E = c log(S) + C

Stevens' Potenzgesetz

• Direkte Schätzung der Empfindungsstärke durch Befragung der Versuchspersonen
• Zusammenhang zwischen Reizintensität und Empfindungsstärke folgt teilweise einer Potenzfunktion: E = a × Sb (Exponent b variiert je nach Wahrnehmungsdimension)
• Beispiele: Helligkeit, Stärke eines Stromstoßes

Signal Detection Theory

• Generell einsetzbare Messmethode zur Erfassung der Diskriminationsfähigkeit und Antworttendenz eines Beobachters

• Ursprung in der Nachrichtentechnik: Empfänger muss zwischen Signal und Rauschen unterscheiden

• Antwort anhand internen sensorischen Kriteriums

• Trials lösen Empfindungen auf Kriterium aus

• Meist Entscheidung unter Unsicherheit

• Entscheidung anhand eines Kriteriums

Signal Detection Theory (Messungen)

• Schwellennaher konstanter Reiz in X% der Durchgänge dargeboten
• Häufig berechnete Standardgrößen (Sensitivität, Spezifität)

Signal Detection Theory (Beispiele)

• Beispiel mit 100 Durchgängen, in 50 wurde ein Reiz dargeboten
• Berechnungen von Sensitivität und Spezifität

Signal Detection Theory (Messgrößen)

• d' - Maß für Sensitivität (Abstand der Kurvenmittelwerte)
• c - Maß der Antworttendenz (Lage des Antwortkriteriums)

Trennung von Antwortkriterium und Sensitivität

• Bei gleichbleibender Ausgangslage (Verteilungen für Noise und Signal) ändert allein die Lage des Kriteriums die Hit- und False-Alarm-Rate (Sensitivität bzw. Spezifität)
• Wahrnehmungsschwelle (d') ändert sich dabei nicht

Anwendungsfälle der Signal Detection Theory

• Empirische Wissenschaften (Fehler 1. und 2. Art)
• Gepäck- und Einlasskontrollen
• Flugsicherung
• Bewertung der Güte (medizinischer) Testverfahren

Anwendungsfälle der Signal Detection Theory (Tests)

• Sensitivität und Spezifität sind wichtige Kennzahlen für medizinische Tests wie HIV-Tests, Schwangerschaftstests oder Covid-Tests
• Liegen für solche Tests oftmals über 90%
• Wieso werden dann oft doch mehrere Tests durchgeführt?

Anwendungsfälle der Signal Detection Theory (niedrige Basisraten)

• Das Problem der niedrigen Basisrate: Wenn nur ein kleiner Prozentsatz der getesteten positiv ist, bekommen viele getestete dennoch ein positives Testergebnis trotz hoher Spezifität

Übungsfragen

• Welche Prozesse sind an der Wahrnehmung beteiligt?
• Was ist eine Absolutschwelle? Worin liegt der Unterschied zur Unterschiedsschwelle?
• Welchen Vorteil bietet die Signalentdeckungstheorie gegenüber der Bestimmung von Wahrnehmungsschwellen rein auf Basis erkannter Signale?

Literatur

• Angaben zu den verwendeten Lehrbüchern