Qualitative Sozialforschung: Grundlegendes PDF
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This document provides a foundational overview of qualitative social research. It details the characteristics and goals of such research. It explains the distinct positions of qualitative methods and the types of questions the approach seeks to answer.
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Qualitative Sozialforschung: Grundlegendes Sonntag, 13. Oktober 2024 17:09 Paradigma=Muster oder Modell, das als Beispiel oder Vorbild in einem bestimmten Bereich dient Lernziel: Sie kennen die Merkmale und Ziele qualitativer Sozialforschung. Sie wissen, worauf es bei der Planung und Du...
Qualitative Sozialforschung: Grundlegendes Sonntag, 13. Oktober 2024 17:09 Paradigma=Muster oder Modell, das als Beispiel oder Vorbild in einem bestimmten Bereich dient Lernziel: Sie kennen die Merkmale und Ziele qualitativer Sozialforschung. Sie wissen, worauf es bei der Planung und Durchführung qualitativer Forschungsprojekte besonders ankommt. 1.Was ist qualitative Sozialforschung? Qualitative Methoden werden als eigenständiger Forschungsansatz verstanden, sie unterscheiden sich mit ihren eigenen Methoden und Zielsetzungen von quantitativen Methoden. Zwei Positionen: I) Ein Ansatz integriert qualitative Methoden in die quantitativen Prozesse, ohne sie als eigenständige Disziplin zu verstehen. -Das Forschungsprogramm der qualitativen Forschung wird weitestgehend auf qualitative Verfahren übertragen -Präferenz: Leitfadeninterviews, Fokusgruppen und qualitative Inhaltsanalysen, welche stark von Forschern strukturiert und standardisiert werden II) Der zweite, vertretene Ansatz begreift qualitative Forschung als eigenes Gebiet, das spezifische Fragestellungen und Methoden nutzt, um Erkenntnisse zu generieren, die mit quantitativen Ansätzen schwer zugänglich wären. -eigene. spezifische Forschungslogik 2.Warum ein eigenständiges Programm? -Spezialisierungen auf besondere wissenschaftliche Fragestellungen ->andere Fragestellungen als die quanti. Methoden -schließe von Forschungslücken, in denen quantitative Methoden an Grenzen stoßen ->Herausforderungen: Abgrenzung von Zuständigkeiten und der Umgang mit konkurrierenden Ressourcen. 3.Erkenntnistheoretische Grundlagen Grundannahmen: -Menschen sind in ihrem Verhalten nicht instinktiv ->angewiesen auf eine Orientierung durch Sinn ->Unterschiedliche Auffassungen darüber, wie sinnvolles Handeln entsteht/woher die Orientierung kommt -Sinn entsteht situativ und ist durch soziale Interaktionen geprägt ->Interpretationen sind nie endgültig, sondern ständig offen für Überarbeitungen (ständiger reflexiver Prozess) ->können nicht vorhergesagt werden Verstehungsprozess: Ein flexibler, reflexiver Prozess, der auf kontinuierlicher Sinnüberprüfung basiert Interpretatives Paradigma: Das interpretative Paradigma sieht das Handeln als Ausdruck der Weltdeutung Pragmatismus (John Dewey): Welt als Problemfeld->Handeln als Problemlösungsprozess, Die Welt wird als ständiges Problem gesehen, das durch intelligentes Handeln gelöst wird. Symbolischer Interaktionismus (G.H. Mead): Soziale Symbole prägen Identität und Rollenverständnis, Identität und Handlung basieren auf sozialen Symbolen. Wissenssoziologischer Konstruktivismus (A. Schütz, P. Berger): Wissen wird sozial konstruiert, Wissen ist eine soziale Konstruktion und von großer Komplexität geprägt. Ethnomethodologie (H. Garfinkel, E. Goffman): Fokus auf die methodische Konstruktion von sozialen Phänomenen, Fokus auf alltägliche Methoden, durch die soziale Wirklichkeit ständig „hergestellt“ wird. Ziele und Leistungsmerkmale: Ziele: -tieferes Verständnis von sozialen Phänomenen am konkreten Fall -Entdeckung neuer Zusammenhänge oder Perspektiven -Regeln des Feldes entdecken sowie die Lösungen der Akteure durchdringen (dadurch orientiert man sich nicht an Hypothesen) Leistungsmerkmale: -Offenheit: flexible und offene Ansätze ermöglichen neue Entdeckungen -Reflexivität: fortlaufende Überprüfung der eigenen Interpretation im Forschungsprozess 4.Anforderungen an qualitative Forschungsprojekte Feldforschung = Eigene Daten in natürlichen Umgebungen generieren, um die soziale Realität möglichst unverfälscht zu erfassen Arten von Daten: Natürliche Daten: Beispielsweise Beobachtungen alltäglicher Situationen (Situationen, die so oder so auftreten würden, egal ob ich dabei bin oder nicht) -> trotzdem nie komplett objektiv, da es sich immer um eine Transformation der Wirklichkeit handelt. Interviews: gezielte Interviews und Gespräche, welche extra inszeniert werden, um spezifische Fragen zu vertiefen (findet in der "natürlichen" Umgebung statt, sind aber keine natürlichen Daten) Offenheit für Unbestimmtheit und flexible Problemstellungen: Exploratives Vorgehen: -Problemstellungen sind anfänglich oft unklar definiert und werden im Laufe der Forschung präzisiert -Ziel ist es, durch explorativ Untersuchungen das Problem und die Fragestellung besser zu verstehen und anzupassen Fallauswahl und Theoretisches Sampling: Theoretisches Sampling: -Fallauswahl erfolgt schrittweise und wird laufend an die Fragestellung angepasst -Nicht nur das Feld, sondern auch die speziellen Elemente eines Felds sind auszuwählen -erfordert eine kontinuierliche Wechselwirkung zwischen Theorie und Empirie, um die Forschung zielgerecht voranzutreiben Theoretisches Sampling bezeichnet die Parallelisierung und permanente wechselseitige Anpassung von Fragestellung, Fällen und theoretischen Konzepten. Theoretische Sättigung= Forschende können durch das theoretische Sampling keine neuen Informationen gewinnen. Sampling-Verfahren: -Auswahl verschiedener Fälle (sowohl ähnlich als auch stark abweichend) zur maximalen bzw. Minimalen Bestätigung der Theorie ->Ziel ist es, durch Kontraste und Übereinstimmungen neue Erkenntnisse und Verfeinerungen zu gewinnen =>Kontrastgrad (jedoch nicht absolut) Konstruktion zweiter Ordnung: -Konstruktion erster Ordnung = alltägliches Denken -Konstruktion zweiter Ordnung = wissenschaftliche Interpretation und theoretische Verarbeitung der Perspektiven und Konzepte der Beforschten durch den Forschenden -Ergebnisse der Forschung (Teilnehmer-Verhalten) wird in die Theorie eingearbeitet -> Ziel: Empirische verstärken und den Theoriediskurs offen halten Gütekriterien: Gegenstandsangemessenheit: Wurden Frage, Methode und theoretische Perspektive wechselseitig angepasst? Empirische Sättigung: Wurde das Feld breit und intensiv erschlossen und wurden theoretische- begriffliche Konzepte immer wieder an konkreten Fällen herausgefordert, verfeinert oder revidiert? Theoretische Durchdringung: Wurden die Perspektiven der Teilnehmer theoretisch-begrifflich konzeptualisiert oder sind persönliche "O-Töne" der Forscher geblieben? Textuelle Performanz: Wurde über die empirischen Erfahrungen im Feld wieder zurück ins wissenschaftliche Feld gefunden oder werden v.a. Äußerungen von Teilnehmern paraphrasiert Originalität: Konnten neue Erkenntnisse gewonnen werden oder wurde vorhandenes Wissen verdoppelt oder sogar unterschritten (Dass die Herstellung sozialer Ordnung im Sinne des gemeinsamen (Weiter-)Handelns ein zwischen Menschen grundsätzlich und permanent auftauchendes Problem ist, zu dessen interpretativer Lösung sie nicht nur gezwungen, sondern auch in besonderer Weise befähigt sind, zählt mit zu den wichtigsten Grundvoraussetzungen der qualitativen Sozialforschung)