Q2 - Ärztliches Ethos, Ethik, Medizinische Ethik PDF
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This document provides an overview of different ethical theories and principles relevant to medical practice, including concepts like beneficence, non-maleficence, and patient autonomy. It also touches on the historical development and application of ethical concepts in healthcare.
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Q2 1. Ärztliches Ethos, Ethik, Medizinische Ethik - Hippokratischer Eid o Ungefähr im 4. Jahrhundert n.Chr. - Ärztliche Berufsordnung o Zeitgemäße Formulierung § Gewissenhafte Berufsausübung § Erhaltung des Lebens (Euthanasieverbot/Abtreibungs...
Q2 1. Ärztliches Ethos, Ethik, Medizinische Ethik - Hippokratischer Eid o Ungefähr im 4. Jahrhundert n.Chr. - Ärztliche Berufsordnung o Zeitgemäße Formulierung § Gewissenhafte Berufsausübung § Erhaltung des Lebens (Euthanasieverbot/Abtreibungsverbot) § Wohl des Patienten/Gebot des Nicht-Schadens § Kollegialität - Moral o Gesamtheit der Überzeugungen, Urteile und Normen über Gut und Böse, die eine Person/Gruppe hat oder haben soll o Moralisch gut/richtig o Gegenteil: unmoralisch, außermoralisch etc. o Kulturell unterschiedlich, z.B. in Hinblick auf Ehe - Ethik o Theorie der Moral/Moralphilosophie o Einteilbar in philosophische Ethik und deskriptive Ethik (Geschichte, Theorie, Sozialwissenschaften) o Philosophische Ethik: § Metaethik (Klärung moralischer Begriffe) § Normative Ethik (was ist richtig/falsch?) Deontologie, Utilitarismus, Tugendethik, Prinzipienethik o Normative Ethik: § Fundamentalethik (Moralbegründung) § Angewandte Ethik à z.B. Medizinethik, Bioethik, deskriptive Ethik - Principles of Biomedical Ethics!!! Nach Beauchamp und Childress (1994) “Georgetown-Mantra” o Autonomie o Benefizienz o Non-Malefizienz o Gerechtigkeit o Grundidee: kein oberstes Moralprinzip, sondern Prinzipien „Mittlerer Ebene“ o Mittlere Prinzipien mit verschiedenen Moraltheorien kompatibel o Sollen an moralische Alltagsüberzeugungen anknüpfen - Drei Hauptmodelle ethischen Argumentierens o Deontologische Ethik (deon: Pflicht) § Entspricht Handlung moralischen Pflichten? § „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jedergleich zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst“ (Kant) § Ziel: Würde des Menschen schützen o Konsequentialistische Ethik § Bewertung einer Handlung nach der moralischen Qualität ihrer Konsequenzen § Beispiel des klassischen Utilitarismus § „Du sollst so handeln, dass das größte Glück der größten Zahl erreicht wird“ (Bentham) § Ziel: möglichst hoher Gesamtnutzen über alle Betroffenen hinweg o Tugendethik § Bewertung des Charakters der Handelnden und der Angemessenheit ihrer Haltungen und Einstellungen § Erkenntnistugenden: Weisheit und Urteilskraft § Charaktertugenden: Gerechtigkeit, Freundschaft, Tapferkeit § Charaktertugenden als natürliche Anlage, die aber praktisch eingeübt werden müssen, um eine stabile Disposition zu bilden § Ziel: als moralisch gut bewertete Einstellungen bzw. Haltungen der Akteure fördern (Aristoteles) § Deklaration von Genf - Autonomie in der Medizinethik o Als Recht, dessen Wahrnehmung auch stellvertretend erfolgen kann o Als Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, die respektiert werden muss - Informierte Zustimmung liegt vor, wenn Entscheidung des Patienten o Intentional, mit Verständnis und frei von kontrollierendem Einfluss anderer - Aufklärung ist Voraussetzung für Ausübung der Patientenautonomie - Autonomie als negative und positive Verpflichtung - Autonomie o Zwei Komponenten: § Negative Verpflichtung: kein Übergehen oder Verhindern einer selbstbestimmten Entscheidung § Positive Verpflichtung: Patienten dazu befähigen, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen o Zentraler Wert: Respekt vor Selbstbestimmung des Patienten o Behandlungspflicht des Arztes findet dort ihre Grenze, wo sie zur Zwangsbehandlung wird o Jede medizinische Behandlung ohne Einwilligung der betroffenen Person ist eine Grundrechtsverletzung - Non-Malefizienz o Unmittelbare und konkrete Unterlassungspflicht, die sich aus Anerkennung des Gegenübers als Person und seiner Rechte ergibt § Enger Konnex zu Autonomie o Schaden: § Objektiv: Beeinträchtigung körperlicher Funktionen, Verletzung, Missachtung von Interessen § Subjektiv: Schmerz, Nichterfüllung von Präferenzen, Sittlicher Schaden - Benefizienz o Im Unterschied zu Non-Malefizienz als positive Verpflichtung o Handlungen, die darauf abzielen anderen Gutes zu tun § Nicht alle Handlungen sind moralisch verpflichtend oder rechtlich vorgeschrieben § Aber bestimmte Hilfspflichten o Konkretisierung des Prinzips stark abhängig von der Individualität des Patienten, rückgebunden an seine Wertvorstellungen o Benefizienz trifft v.a. in Zusammenhang mit nicht-einwilligungsfähigen Patienten in den Vordergrund - Grundpositionen zur Gerechtigkeit: o Egalitarismus o Vorrangposition (Suffizentarismus) o Libertarianismus o Grundintuition: Es ist ungerecht, wenn Menschen auf Grund von Dingen, für die sie nichts können, schlechter dastehen als andere o Daher: Gerechtigkeit besteht in der Schaffung gleicher Lebensaussichten - Fallkonstruktion à Analyse à Ethische Bewertung durch die o.g. Prinzipienbewertung à Anwendung - Bezugspunkte der Medizinethik: o Rekonstruktion § Aktualprobleme der Ethik sind in einen historisch gewachsenen Kontext eingebettet o Analyse § Anspruch an die medizinische Praxis: in Diagnostik, Therapie oder Prävention den sozialen Wert Gesundheit zu vertreten und die Situation von Patienten zu verbessern o Kritik § Medizin steht im öffentlichen Interesse à Medizinethik hat gesellschaftliche Funktionen o Anwendung § Ärztliches Entscheiden/Handeln erfolgt situativ. Ethische Normen und Werte beziehen sich sowohl auf den Handlungsrahmen als auch auf das konkrete Entscheiden/Handeln 2. Gesundheit und Krankheit - legt Kompetenz- und Handlungsbereich der Medizin fest - hat individuelle und gesellschaftliche Konsequenzen o entlastende Funktion von Diagnosen psychologisch/finanziell, Verbesserung der Versorgung o aber auch potenzielle Stigmatisierung, Verstetigung „sozialer Pathologien“, Ressourcenverschwendung - Gesundheit & Krankheit kann unterschiedlich definiert werden o Objektiv-naturwissenschaftlich o Subjektiv o Sozial - Gesundheit & Krankheit lässt sich nicht auf eine Naturtatsache, auf das subjektive Empfinden oder soziale Konstruktion reduzieren - Gesundheit & Krankheit sind gleichermaßen gesellschaftliche und medizinische Konzepte - Soziale Werthaltungen werden in Medizin integriert - Medizinisches Wissen fließt in gesellschaftliche Wahrnehmung & subjektivem Empfinden ein 2.1. Präimplantationsdiagnostik (PID) - Seit 50er mit Anwendung der Amniozentese - Deutschland seit 2013 in engen Grenzen erlaubt - Ziele: biologisch gesunder Nachwuchs bei genetisch bedingten Erbkrankheiten, Erhöhung der Erfolgsrate bei künstlichen Befruchtungen, Selektion nach Geschlecht, „Retterkind“ - PID erlaubt, wenn pluripotente Zellen entnommen werden, bei Eltern hohes Risiko einer Erbkrankheit vorliegt, bei Schäden vom Embryo es zum Tod kommen kann - Nur an bestimmten Zentren, Ethikkommission entscheidet bei jedem Fall, ob Voraussetzung erfüllt - 2 Hauptdiskussionsfelder: o Moralischer Status des Embryos § Ist das Verwerfen von Embryonen ethisch zulässig? § 2 Grundpositionen Der Embryo hat mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle den vollen moralischen Status und damit Schutzwürdigkeit wie jeder Mensch o Begründung: SKIP o Spezieszugehörigkeit: Alle Identitäten der Spezies Mensch haben Menschenwürde -> Embryonen auch Mensch -> auch würdig o Kontinuität: Entwicklung zum Menschen findet ohne Brüche statt, also muss man schon bei Verschmelzung mit Würde anfangen o Identität: Erwachsener genauso würdig wie sein vergangenes Ich als Embryo o Potentialität: Embryo hat Potential zu erwachsenem Menschen mit Würde heranzuwachsen und deswegen der würdig Der volle moralische Status eines erwachsenen Menschen kommt dem Embryo erst mit Erreichen einer bestimmten Entwicklungsstufe zu, davor abgestufter moralischer Status & Schutzwürdigkeit o Sozialethisches Argument § Erst mit Erreichen einer bestimmten Entwicklungsstufe kommt dem Embryo volle Schutzwürdigkeit zu § Eingeschränkt moralischer Status davor § Mögliche Entwicklungsstufen für abgestufte Schutzwürdigkeit: Einnistung (entwicklungsfähig) Entwicklung des Primitivstreifens (Individuation) Schmerzempfindlichkeit (nach Entwicklung des Neuronalsystems) Geburt (soziale Anerkennung) Zeit nach der Geburt (ausgebildete Hirnstrukturen, Differenz von Tieren) § Argumente gegen PID: Unzulässige Selektion menschlichen Lebens (vgl. Eugenik) Diskriminierung von Menschen mit Behinderung Argumente der schiefen Ebene („slippery slope“) o „Mit der Zulassung von Handlungsweise X betreten wir eine schiefe Ebene, die uns dahinführt, Handlungsweisen zulassen zu müssen, die unmoralisch sind“ o Richtet sich nicht direkt gegen die PID, sondern die befürchtete Folgehandlungen - Pro-Argumente PID o Elterlicher Wunsch nach gesundem Kind oft nach langer Leidensgeschichte o Entlastung von Familien o Reproduktive Selbstbestimmung des Paares/der Frau o Vermeidung von Leid bei Fehl- und Todgeburten o Zulässigkeit des Schwangerschaftsabbruchs (ethisch-rechtlicher Wertungswiderspruch) - Contra-Argumente PID o Lebensrecht und besonderer Schutz aller in-vitro gezeugten Embryonen o Unzulässige Selektion von Embryonen o Dammbruch-Befürchtung: Auswahl nach anderen als medizinischen Kriterien o Gesellschaftliche Diskriminierung von Behinderten o Gefahr von Fehldiagnosen o Ausschluss jeglicher genetischen Erkrankung ist nicht gewährleistet o Zentrales eingrenzendes Kriterium ist nicht definierbar 3. Forschungsethik - Nürnberger Kodex von 1947 o Erstes Mal, dass international beschlossen wurde, dass Forschung ethisch/moralisch korrekt sein muss o Medizinische Experimente/Forschung an Menschen ethisch nur zulässig innerhalb klar festgelegter Grenzen: § Freiwillige Zustimmung unverzichtbar § Fruchtbare Ergebnisse § Tierversuch vor Menschenversuch § Vermeidung unnötiger körperlicher und geistiger Leiden § Keine terminalen Versuche § Schutz der Versuchsperson § Nur wissenschaftlich geschulte Personen dürfen Versuche vornehmen § Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden § Unterbrechung des Versuchs bei nicht ausreichendem Schutz der Versuchsperson - Tuskegee-Syphilis-Experiment 1932-1972 o Syphilitische afro-amerikanische Landarbeiter blieben 40 Jahre lang unbehandelt und unaufgeklärt o Man hat den Teilnehmern nie erzählt, dass sie an Syphilis leiden, sondern mit kostenloser medizinischer Versorgung gelockt o Man hätte Syphilis mit Penicillin behandeln können aber wurde nicht o Erst später wurde klar, dass es klare ethische Richtlinien braucht für medizinische Forschung - Ethischer Grundkonflikt in der Forschung o Erkenntnisfortschritte in der Medizin beruhen v.a. auf Forschung und Studien o Zielsetzung (& Legitimation) hier anders als bei reinen Heilbehandlungen, nämlich möglichst verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse o Daher orientiert sich die Therapie nicht zwangsläufig am größten Nutzen für den Patienten o Umstand erfordert aus ethischer Sicht bestimmte Rahmenbedingungen - Ethische Bewertung der Forschung o Unausweichlich ist Abwägung zwischen individuellen Interessen der Probanden und Schutz ihrer Rechte § Forscherische und kollektive Interesse an größtmöglichen wissenschaftlichen Nutzen o Grundlegende Differenzierungen § Therapeutisch (Heilversuche) vs. wissenschaftlich (Humanexperiment) § Eigennützige vs. fremdnützige Forschung o Risiko-Nutzen-Abwägung - Grundsätzliche Prinzipien medizinischer Ethik kommen in Forschung zum Tragen: o Wohltun o Nicht-Schaden o Autonomie o Gerechtigkeit - Anwendung der Prinzipien in der Forschung: o Heilversuch: größtmögliches Wohltun im Rahmen einer nicht-standardisierten Therapie o Experimentelle nicht auf direkte Therapie zielende Grundlagenforschung: größtmögliche Wahrung Autonomie und Nicht-Schaden - Individuelles Interesse des Patienten sinkt von: o Med. Behandlung > Heilversuch > Klinische Studie > Humanexperiment - Wissenschaftlicher Wert steigt genau andersherum: o Humanexperiment > Klinische Studien > Heilversuch > Med. Behandlung - Ethische Normen in der medizinischen Forschung: o Risiko-Nutzen-Analyse o Achtung der Autonomie der Studienteilnehmer § Umfassende Aufklärung und Freiwilligkeit § Jederzeit möglicher Abbruch o Besonderer Schutz vulnerabler Probanden o Verpflichtung auf Regeln guter wissenschaftlicher Praxis - Deklaration von Helsinki (1964, zuletzt 2013) o Erste kollektive Initiative von Medizinern, verbindliche Regeln aufzustellen o Abweichung von Nürnberger Kodex -> freiwillige Zustimmung unverzichtbar § 1. Unter besonderen Bedingungen: Forschung an vulnerablen, nicht- einwilligungsfähigen Personengruppen zulässig „Therapeutische Waisen“ sollen verhindert werden, z.B. Parkinson/Demenz wäre sonst nicht gut erforscht werden können § 2. In den folgenden Versionen, viel diskutiert: Placebo-Studien Forschungsinteresse vs. Patienteninteresse „Nutzen, Risiken, Belastungen und Wirksamkeit einer neuen Maßnahme müssen mit denjenigen der nachweislich besten Maßnahme verglichen werden“ Placebo nur o wenn keine nachgewiesene Maßnahme existiert o Wenn es zwingend wissenschaftlich notwendig ist o Oder wenn Patienten sonst kein Risiko eines Schadens dadurch haben - Ethische Bewertung der Forschung o Forschung an nicht-einwilligungsfähigen Probanden – Bedingungen: § Gesetzlicher Vertreter § Mutmaßlicher Wille § Zumindest Gruppennutzen (Forschung hat erwartbaren Nutzen für bestimmte Patientengruppe) § Angepasste Kotzen-Nutzen-Abwägung § Forschung kann nicht an einwilligungsfähigen Probanden durchgeführt werden, ist also nicht anders möglich § Angepasste Risiko-Nutzen-Analyse muss durchgeführt werden - Ethikkommission o Prüft medizinische Forschungsvorhaben § Bindend bei klinischen Versuchen § De facto verpflichtend bei anderen Forschungsvorhaben o Wirken nach außen vertrauensbildend, nach innen qualitätssichernd o 3 Prüfungsschwerpunkte: § Risiko-Nutzen-Verhältnis (Zumutbarkeit) § Standards der Versuchsplanung § Aufklärung der Probanden (Vollständigkeit und Verständlichkeit im Aufklärungsbogen) o Mögliche Probleme: § Keine Verhinderung Entwicklung von Produkten ohne medizinischen Mehrwert auf Grund kommerzieller Interessen § Kein Zwang der Publikation negativer Ergebnisse § Keine Prüfung der tatsächlich stattfindenden Aufklärung § Personelle Zusammensetzung (meist Wissenschaftler) 4. Schweigepflicht Einführung - Schweigepflicht enthalten im hippokratischen Eid und in der Genfer Deklaration des Weltärztebundes (1948) - Ärztliche Schweigepflicht begründet das Vertrauen zwischen Arzt und Patient und ist die Basis der ärztlichen Berufsausübung - §9, Abs. 1 aus der Berufsordnung für Ärzte - Entbindung von der Schweigepflicht: o Durch den Patienten o Nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten o Nach dem Tod des Patienten, wenn der Pat. vorher eine Erklärung abgegeben hat oder der Arzt nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten o Bei Abwägung zum Schutz eines höherwertigen Rechtsgutes § Berufsordnung für Ärzte (§9, Absatz 2) § Rechtfertigender Notstand nach §34 StGB - Gesetzliche Offenbarungspflichten o Infektionsschutzgesetz o Personenstandsgesetz über Geburt und Tod o Bestattungsgesetze der Länder bei einem nicht natürlichen Tod o Landeskrebsregistergesetz o Strafgesetz o Sachverständige in Straf- und Zivilverfahren - Ethische Aspekte der Schweigepflicht o Gewährleistet die Autonomie des Patienten, der selbst entscheidet, wer was über ihn weiß o Schützt die Privatheit des Patienten (z.B. bei stigmatisierenden Krankheiten) à Schutzpflicht o Basis der Vertrauensbeziehung zwischen Arzt und Patient o Vertrauen als Voraussetzung für gelingende Kommunikation à Voraussetzung Arzt-Patienten-Beziehung à Schweigepflicht ist kein neues ethisches Prinzip, sondern Mittel, diese Ziele zu erreichen Fallbeispiel aus der Allgemeinmedizin: HIV - ist es ethisch vertretbar, dass der Arzt die Notlüge deckt? - Autonomie o Selbstbestimmung des Patienten, hier Informationen weiterzugeben - Non-Malifizienz o Schaden bei Sagen der Wahrheit, schützen der Privatheit und unnötigen Schaden mit Notlüge bewahren - Benefizienz o Zum Wohle der Frau handeln damit sie sich selbst schützen kann - 3 Wertsätze stehen miteinander im Konflikt - Leitsätze zum Beschluss des OLG Frankfurt/Main (1999) o Sind beide Lebenspartner Patienten des gleichen Arztes, dann besteht im Rahmen einer Güterabwägung nach §34 StGB eine Offenbarungspflicht o Stehen beide bei unterschiedlichen Ärzten in Behandlung, dann besteht nach §34 StGB eine Offenbarungsbefugnis, allerdings keine Offenbarungspflicht - Ethische Aspekte der Schweigepflicht o Schutz der Privatheit und des Vertrauensverhältnisses gerät dort an Grenzen, wo eine Gefährdung Dritter unmittelbar und direkt vorliegt o Beurteilungskriterien: § Höhe des zu erwartenden Schadens § Wahrscheinlichkeit des Schadens § Verhinderbarkeit des Schadens § Muss man miteinander abwägen, erst dann kann man Schweigepflichsbruch vertreten 5. Entscheidungen am Lebensende - Patientenverfügung – ethisch o Ist unstrittig o Selbstbestimmungsrecht des Patienten muss beachtet werden § Als Abwehrrecht, nicht gegen den eigenen Willen behandelt zu werden (Körperverletzung) § Nicht zu verwechseln mit Anspruchsrecht auf Behandlung § Wirkt auch fort in Phasen der Nichteinwilligungsfähigkeit o Ist umstritten § Kann der vorausverfügte Wille mit dem aktuellen ethisch gleichgesetzt werden? Welchen Grad an Verbindlichkeit sollen PV haben? Soll die Reichweite der PV beschränkt werden? - Patientenverfügung – rechtlich o Seit 2009 Patientenverfügungsgesetz § Rechtlicher Vertreter prüfen zusammen mit den Ärzten, ob Verfügung der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entspricht § Wenn ja: Vertreter hat dem Willen des Patienten Geltung zu verschaffen § Wenn nein: Entscheidung des Vertreters auf Grundlage des mutmaßlichen Patientenwillens o Mutmaßlicher Patientenwille auf Basis konkreter Anhaltspunkte zu evaluieren § z.B. mündliche oder schriftliche Äußerungen § Ethische oder religiöse Vorstellungen, oder sonstige o Genehmigung vom Betreuungsgericht nur erforderlich, wenn kein Konsens zwischen Betreuer und Arzt hinsichtlich Patientenwille besteht o Neuerung des Gesetzes 2009 § Strikte Bindungswirkung an Patientenverfügung nur an Voraussetzungen gebunden Situationsbezogenheit, inhaltliche Anforderungen, Einwilligungsfähigkeit, Volljährigkeit, Willensmängelfreiheit, Schriftform o Inhaltliche Voraussetzungen: § Zeitliche Distanz Eingriffsnah geäußerter Wille fällt unter Behandlungseinwilligung/-verweigerung und verdrängen Patientenverfügung § Hinreichend konkret und eindeutig Zu allgemein gehaltene oder unklare Vorausverfügungen haben keine Bindungswirkung, sondern werden nur als Indiz für mutmaßlichen Willen behandelt § Basisbetreuung können in PV nicht ausgeschlossen werden § Sonst aber alle ärztlichen Maßnahmen o Situationsbezogenheit: § PV muss auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen § Das antizipierte Erkrankungsbild muss eingetreten sein § Entspricht PV noch dem derzeitigen Willen des Patienten? o Keine Voraussetzung für die Bindungswirkung der PV: § Art und Stadium der Erkrankung des Patienten Durch PV kann auf jede ärztliche Maßnahme verzichtet werden, auch die eine Genesung erwarten lassen § Vorherige Beratung durch Arzt/Fachpersonal § Keine notarielle Beglaubigung o.ä. notwendig § Kein „Haltbarkeitsdatum“ bzw. Aktualisierungspflicht o Siehe Foliendiagramme - Sterbehilfe o Sterbebegleitung § Palliativmedizinische und -pflegerische Maßnahmen am Lebensende o Passive Sterbehilfe: § Reduktion, Einstellen oder Nichtergreifen von lebenserhaltenden Maßnahmen bei Schwerkranken oder Sterbenden § Das Sterben wird zugelassen § Z.B.: Verzicht auf Reanimation, antibiotische Behandlung Reduktion von Maßnahmen, die bei Maximaltherapie vorgenommen werden Abbruch künstlicher Beatmung, Sondenernährung o Aktive Sterbehilfe: § Medizinische Maßnahmen bei Schwerkranken oder Sterbenden, die den Tod vorzeitig herbeiführen sollen § Ziel ist die Lebensbeendigung § Z.B.: Überdosis Schmerz- und Beruhigungsmittel Kaliuminjektion o Unterschied aktive – passive Sterbehilfe: § Nicht Art der Handlung entscheidend Auch aktives Tun kann unter passive Sterbehilfe fallen (Therapieabbruch, z.B. Abschalten der Beatmung) § Relevante Unterscheidungskriterien: Intention (Herbeiführen vs. Geschehen lassen, töten vs. sterben lassen) Kausalität (hinreichende vs. notwendige Bedingung?) Grundhaltung zum Sterben (Machen vs. akzeptieren) o Indirekte Sterbehilfe: § Maßnahmen bei Schwerkranken oder Sterbenden, die Leid mindern sollen und bei denen als unbeabsichtigte Nebenfolge der Eintritt des Todes beschleunigt wird Hochdosierte Schmerzmittel Intention: Linderung von Schmerzen Kausalität ambivalent (möglich: Sterben an Medikation) o Beihilfe zur Selbsttötung/Assistierter Suizid: § Einem Sterbewilligen wird dabei geholfen, den Suizid zu vollziehen § Sterbewilliger bis zuletzt Herr des Geschehens o Rechtslage § In Deutschland ist Sterbehilfe weitgehend nicht Gegenstand expliziter gesetzlicher Regelungen § Prüfung im Einzelfall, ob Tatbestände des StGB erfüllt Mord Totschlag Tötung auf Verlangen § Suizid ist kein Straftatbestand, daher auch Beihilfe straflos Möglich: unterlassene Hilfeleistung, besonders bei Personen mit Garantenstellung (Arzt, Angehörige) BÄK: „keine ärztliche Aufgabe“ Berufsrechtlichte Einschränkung. MBO 2011: keine Hilfe zur Selbsttötung, etc. … § Passive und indirekte Sterbehilfe sind juristisch zulässig, wenn der erklärte bzw. mutmaßliche Wille des Patienten vorliegt § Aktive Sterbehilfe bzw. Tötung auf Verlangen ist verboten und strafbar, unabhängig vom Willen/Gesundheitszustand des Patienten - Ethische Diskussion o Grundlegender Konflikt: Fremdtötungsverbot bzw. Lebensschutz vs. Selbstbestimmungsrecht - Argumente für die aktive Sterbehilfe: o Autonomie des Patienten o Verhinderung von unerträglichem Leid o Menschenwürdiges Sterben o Kein ethisch relevanter Unterschied zwischen absichtlichem Sterbenlassen und Töten - Argumente gegen die aktive Sterbehilfe: o Töten als in sich schlechte Handlung (absolutes Tötungsverbot) o Rolle des Arztes o Implizites Unwerturteil über Leben o Argumente der „schiefen Ebene“ o Unzureichende Sterbebegleitung/Palliativmedizin - Update: Neuerungen im Betreuungsrecht (seit 01/23) o In Deutschland seit 2009 „Patientenverfügungsgesetz“ s.o. o Streichung des Begriffs „Wohl“ stattdessen „Wunschbefolgung“ o Stärkung des Erforderlichkeitsgrundsatzes § Nur so viel Betreuung wie nötig, so viel Unterstützung zur eigenen Entscheidung wie möglich o Ehegatten(not-)vertretungsrecht § Wenn ärztlich bestätigt, dass Pat. wegen Bewusstlosigkeit oder Krankheit rechtliche Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann und kein anderer Betreuer eingesetzt/benannt § Dann automatisch Einwilligung/Untersagen medizinischer Behandlungen und Einwilligung in freiheitsbeschränkende Maßnahmen § Ausnahmen: Bereits anderer gesetzlicher Betreuer benannt/eingesetzt Ehepartner leben getrennt Bekannt, dass Patient die Verfügung durch Ehepartner ablehnt Zustand des Patienten hält länger als 6 Monate an Psychiatrie Besonderheiten 5.1. Pflichtlektüre: „Eine Art zu leben“ - Gründe, aus denen man das Leben beenden möchte: o Gefühl, dass er nicht mehr neugierig darauf ist, was die Zukunft bringt o Keine neuen Erfahrungen im Leben mehr o „Es reicht, es ist genug“ o „Nicht überhaupt zu leben, ist ein Gut, sondern gut zu leben“ – Seneca - Selbstmord: o Als Fluchtreflex, dunklen, unbeherrschbaren Impuls § Hätte nichts mit Würde zu tun o Andere Fälle, wo die Würde auf dem Spiel steht § Selbstmord, um einen Verlust der Würde zu verhindern § Als Schutz der Würde § Würde kann uns mehr Wert sein als das Leben o Aus Verzweiflung über Misserfolg und zerplatzte Lebensträume - Einer Person begegnen, der das Ende plant: o Unterstützen, einen selbstständigen Willen zu finden o Letzte, abschließender Wille soll sein ganz eigener Wille sein § Nicht eingeredet, nicht manipuliert, nicht nachgeredet o Willen prüfen, ob fremde Einflüsse im Spiel sind - Mittel, um seinen letzten Willen zu verwirklichen: o Tötung auf Verlangen durch Ärzte o Diskussion: es geht nicht darum, dafür oder dagegen zu sein, sondern zu verstehen, wie es uns in dieser Situation mit unseren Gedanken und Empfindungen gehen kann - Gespräch mit Arzt, der dagegen ist: o Als Arzt ist es meine Aufgabe, Leben zu retten und zu bewahren, nicht zu vernichten o Niemand darf einem menschlichen Leben ein Ende setzten, das wäre gegen die Würde o Würde sei ein Geschenk Gottes - Argumente des Patienten: o Tötung/Mord/Vernichten sind negativ behaftete Begriffe, verleihen Aura der Grausamkeit o Es geht um die Erlösung von Leid, Beendigung einer Qual à neutrales Wort o Möchte nicht durch eine Vorstellung von Würde tyrannisiert werden, die nicht der eigenen entspricht o Es geht um selbstständigen, selbstbestimmten Willen o Wenn der Arzt die Würde respektieren will, dann soll man ihm zum Sterben helfen o Wenn Arzt dem Willen nicht nachgehen würde, obwohl er es könnte, wäre das gegen die Würde des Patienten - Argumente dagegen: o Man kann niemanden zwingen, gegen seine religiösen Überzeugungen zu handeln o Das hat mit seiner Würde im Sinne der Stimmigkeit seiner Person zu tun o Man kann sich nie sicher sein, ob der letzte Wille abschließend frei, klar, selbstbestimmt ist - Lösungsansätze: o All das über einen längeren Zeitraum prüfen, nochmals prüfen etc. o Jeden vernünftigen Zweifel ernst nehmen o Jeder Wille kann sich theoretisch ändern, aber das heißt nicht, dasss wir ihn nicht respektieren können - Gegenargumente: o Tötung auf Verlangen würde Damm brechen, Menschen würden unter Vorwand getötet werden, wenn man es erlaubt - Lösung: o Strenge Maßstäbe, unabhängige Gremien - Unterschied zu Mord: o Mord ist das Töten von jemandem gegen seinen Willen und aus niedrigen Beweggründen o Faschistische Vernichtungsprogramme unterscheiden sich vom Respekt vor einem selbstbestimmten Willen 5.2. Pflichtlektüre: „Kein Recht auf Tötung“ - Tötung auf Verlangen hat 2 zentrale Voraussetzungen: o Wiederholt und freiwillig geäußerter Tötungswunsch des Patienten o Unerträglichkeit seines Leidenszustandes - Rolle des Arztes: o muss die Freiheit des Entschlusses, seine Ernsthaftigkeit, aber auch seine Angemessenheit zur Situation in irgendeiner Weise von außen beurteilen - Forderung nach aktiver Euthanasie beruft sich auf 2 Grundwerte: o Selbstbestimmungsrecht o Gebot der Humanität - Aber: o Euthanasieregelung soll auch schwergeschädigte Neugeborene, Komatöse, demente Ältere oder geistig Schwerstbehinderte einbeziehen o Gefahr dessen wird noch verstärkt durch die derzeit dominierende utilitaristische Bioethik § Knüpft Anerkennung der Personalität an die Kriterien von Rationalität, Selbstbewusstsein, Autonomie und Eigeninteresse o Forderung der Vollendung der Emanzipation des rationalen Individuums § Wird zur Existenzbedrohung für Schwache/Unmündige - Sterbenlassen und Töten: o Recht des einen wird zur Verpflichtung des Anderen o Arzt muss Tötung vollziehen o Berufsstand, der gerade für die Erhaltung des Lebens, der Heilung von Krankheiten und der Linderung von Leiden verpflichtet ist o Missbrauch der Medizin zur Verwirklichung individueller Glücksvorstellungen und zur Leidvermeidung um jeden Preis o Töten: § Dem Organismus eine von außen treffende, ihn unmittelbar tödlich schädigende Einwirkung o Sterbenlassen: § Krankheits- und Zerfallsprozess seinen Lauf lassen, ohne die zentralen Lebensfunktionen zu substituieren - Hilfe zur Sterbehilfe: o Euthanasie: Abkoppelung des ärztlichen Handelns vom Krankheitsprozess und Wendung gegen den Organismus selbst o Entgegen dem Prinzip des „Nil nocere“ o Arzt wird Richter und Vollstrecker eines Urteils und Über den Wert oder Unwert eines Lebens o Er muss es das Leben auch für sich einer gültigen Bewertung als sinnlos, würde- oder wertlos unterziehen 6. Psychiatrie - Patientenautonomie als zentraler Wert des Patienten o Respekt vor Autonomie/Selbstbestimmung des Patienten zuallererst! o Behandlungspflicht des Arztes findet dort ihre Grenze, wo sie zur Zwangsbehandlung wird o Jede medizinische Behandlung ohne Einwilligung der betroffenen Person ist eine Grundrechtsverletzung o ABER: Mögliche Zweifel an der Selbstbestimmungsfähigkeit von psychisch Kranken bzw. an deren Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit - Kriterien für eine autonome Einwilligung des Patienten: o Information des Patienten § Art & Ziel des medizinischen Eingriffs § Potenzieller Nutzen/mögliche Risiken § Etwaige Behandlungsalternativen o Freiwilligkeit § Freiheit von Zwang & Manipulation § „Non-direktive“ Beratung o Kompetenz, sog. „Einwilligungsfähigkeit“ § Gesetzlich nicht eindeutig definiert § Fähigkeit, Wesen, Bedeutung und Tragweite der Behandlung zu beurteilen - Kriterien der Einwilligungsfähigkeit: o Eine Person soll in der Lage sein, § Einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen („Was“) § Bestimmte Infos angemessen zu verarbeiten („Warum“) § Infos ohne krankheitsbedingte Verzerrungen für sich selbst zu bewerten („Warum bei mir“) § Den eigenen Willen auf Grundlage von Verständnis, Verarbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmten („Ob und Wie“) o Einwilligungsfähigkeit kommt auch psychisch kranken zu § Beweislast, dass Einwilligungsfähigkeit nicht vorhanden ist, liegt beim Arzt à Respekt vor Autonomie § Ist aufgabenspezifisch zu bewerten, abhängig von der Komplexität der zu treffenden Entscheidung § Auch unkluge oder irrationale Entscheidungen sind zu akzeptieren und schließen Einwilligungsfähigkeit nicht aus - Kriterien der Einwilligungsunfähigkeit: o Der Patient… § Verhält sich, als könne er Wahlmöglichkeiten nicht nutzen § Versteht die Informationen nicht § Kann die Informationen nicht für angemessene Entscheidungen nutzen § Hat keine Einsicht in die Natur seiner Erkrankung § Ist nicht mehr authentisch, nicht mehr in Übereinstimmung mit seinen Werten und Zielen o Einwilligungsfähigkeit ist nicht gleich Geschäftsfähigkeit o Prüfung im Einzelfall - Zwangsbehandlung – ethisch und rechtlich o Jede Behandlung gegen den aktuellen „natürlichen“ Willen des Patienten (egal ob verbal oder nonverbal), unabhängig davon, ob physische Gewalt angewandt wird o Differenzierung zwischen § Zwangsweiser Unterbringung zum Zwecke der Behandlung vs. Zwangsweiser Behandlung selbst § Erforderlichkeit der Behandlung vs. Notwendigkeit Zwang zu ihrer Durchführung o Ethisch: subjektives Erleben von Zwang oft traumatisierend § Ziel der Behandlung kann oft nicht vergegenwärtigt werden § Zwang kann oft nicht als Handlung aus Sorge wahrgenommen werden § Beziehung zum Arzt kritisch - Zwangsbehandlung – ethische Kriterien: o Einwilligungsfähigkeit nicht gegeben o Akute medizinische Notwendigkeit (Gefahr für Leben) o Alternativlosigkeit (gibt keine weniger belastenden Alternativen) o Verhältnismäßigkeit (v.a. Eingriffstiefe und -dauer) o Möglichst weitgehende Partizipation des Patienten (Aufklärung, Nachbereitung etc.) o Potenzielles Wohl überwiegt deutlich möglichen Schaden § Wohl: objektiv vs. subjektiv § Würde der Patient im einwilligungsfähigen Zustand zustimmen? - Rechtliche Grundlagen: o Landesgesetz für psychisch kranke Personen o Betreuungsrecht o Maßregelvollzug o Unterbringung nach §126a StPO o BGB: nur zum Wohl des Betreuten, sonst Gefahr des Suizids § Nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zur Zustimmung einer Zwangsbehandlung o Ähnlich wie ethische Voraussetzung o PsychKG: § Zwangseinweisung nur auf richterlichen Beschluss, nach Antrag einer Behörde § Prüfung: Besteht eine akute erhebliche Eigen-/Fremdgefährdung? Liegt eine psychische Störung vor? Besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen der psychischen Störung und der Gefährdung, d.h. ist die freie Willensbildung aufgrund dieser psychischen Störung eingeschränkt? o Ziel/Legitimation der Zwangsbehandlung ist die Wiederherstellung der Autonomie des Patienten!! § Gefährdung anderer rechtfertigt nicht automatisch eine Zwangsbehandlung - Ultima Ratio einer Zwangsbehandlung, wenn o Patient infolge einer psychischen Störung nicht zur Einsicht in die Notwendigkeit einer Behandlung in der Lage ist oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann o Die Ablehnung der Behandlung Ausdruck der psychischen Störung ist o Die zwangsweise Behandlung das letzte Mittel ist o Der Nutzen der Zwangsbehandlung die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt 6.2. Pflichtlektüre „Declaration of Hawaii“ - Leitlinien einer fachspezifischen Berufsethik als verbindlich für die Psychiater in aller Welt 1. Pflege der seelischen Gesundheit, Förderung der persönlichen Entwicklung mit dem Ziel der Selbstverantwortung a. Arzt soll mit anerkannten Prinzipien nach bestem Wissen und Können handeln 2. Jedem Patienten ist die Therapie mit den für ihn größten Erfolgsaussichten anzubieten a. Mit Grundrecht der Selbstbestimmung 3. Zutrauen, Vertraulichkeit, Verantwortlichkeit als Werte zwischen Arzt und Patient 4. Aufklärungspflicht 5. Ohne erklärten Willen oder Zustimmung darf der Arzt keine Maßnahmen durchführen 6. Wenn es keine Voraussetzung einer Zwangsbehandlung gibt, ist der Patient zu entlassen 7. Wissen nicht zur Misshandlung nutzen 8. Schweigepflicht 9. Einverständnis des Patienten vor Vorstellung im Unterricht 10. Jeder darf die freiwillige Behandlung ohne Angabe von Gründen beenden 7. Transplantationsmedizin - Definition Moral: o Bezeichnet ein aus kultureller und religiöser Erfahrung gebildetes Regel-, Normen- und Wertesystem, das in einer Gesellschaft als Verhaltensmaßstab betrachtet wird o Unterbewusst, lernen wir während der Entwicklung o Erst bewusst, wenn sie verletzt wird o Stark an Gefühle gebunden, intuitiv - Definition Ethik: o Bezeichnet den Teilbereich der Philosophie, der sich mit methodisch geleiteter Reflexion auf moralischen Vorstellungen und deren Begründung beschäftigt, die das menschliche Handeln bestimmen o Philosophisch findet durch Nachdenken statt o Reflexiv, normativer Anspruch - Definition Recht: o Bezeichnet die Gesamtheit gesellschaftlich institutionalisierter genereller Rechtsnormen, also Regeln mit allgemeinem Geltungsanspruch - Mangel an Spenderorganen bewirkt, dass die Methode Organspende nicht für alle geeignete Patienten zur Verfügung steht (Rationierung) - Ethische Verpflichtungen bestehen sowohl gegenüber den Patienten UND den Spendern - Organspende und Transplantation o Überschreiten notorisch die Grenze zwischen Leben und Tod o Spenderorgane sind Voraussetzung für Transplantationen o Berühren über Jahrhunderte gewachsene Werte, Tabus, Überzeugungen und Übereinkünfte o Generieren multiple Emotionen (Hoffnung, Misstrauen, Angst, Wut, …) - Prozesse der Organspende sind immer Entscheidungen am Lebensende o Entscheidungen auf Leben und Tod o Verteilen Lebenschancen o Sind weder ausreichend gerecht noch sicher o Sind nie absolut, sondern relativ o Sind deshalb durch Regularien (Gesetz und Richtlinien) in den wichtigsten Punkten geregelt - Historischer Überblick: o 1945: Peter Medawar erkennt aktive Immunisierung als Ursache für Organabstoßung o 1954: erste Nierentransplantation durch eineiige Zwillinge (Murray) o 1958: Dausset beschreibt HLA-Antigen-System à Abstoßungsreaktion o 1963: erste Transplantation in Deutschland o 1997: Deutsches Transplantationsgesetz - Probleme: o Nutzung von Organen zu therapeutischen Zwecken und verändertes Körperverständnis § Körper wird zu Objekt o Organtransplantation und der damit einhergehende Wandel des Menschenbildes, Personenbegriffs und Nutzenbegriffs der modernen Medizin o Gerechte Verteilung (Allokation) des knappen Gutes „Spenderorgan“ - Riesiger Spannungsbogen entstanden zwischen dem normativen Druck des Sollens und dem täglichen Druck der Realität o Patienten heilen, zu wenige Organe vs. Nicht-Spenden-Wollen - „The Trolley Problem“ o Utilitaristischer Ansatz: Lösung mit dem bestmöglichen Ergebnis für die meisten Personen o Rettet man 5 Personen oder 1 Person? o Egal wie man sich entscheidet – irgendjemand wird sterben o Richtige Gerechtigkeit gibt es nicht - Dilemma der Organverteilung bei gravierenden Organmangel ist durch KEINE Kriterienauswahl lösbar o Es muss die annähernde Gerechtigkeit unter Unsicherheit gelten! o Dringlichkeit vs. Erfolgsaussicht o Dringlichkeit: Deontologisch § Den Patienten das Organ geben, die es am dringendsten brauchen § Das Beste für den Einzelnen § Bevorzugung der schwer Kranken, aber geringere Erfolgsaussicht § Verringerung der Chance für mittelschwer Kranke o Erfolgsaussicht: Utilitaristisch § Größter Nutzen für möglichst viele § Bevorzugung der Patienten, die die beste Chance haben, gut aus der Transplantation hervorzugehen § Ausschluss der schwerst Kranken - Regelung der Organentnahme: o Seit 1997: Erweiterte Zustimmungslösung § Spender oder Angehörige müssen zustimmen o Deutschland: bis 2012 erweiterte Zustimmungslösung o Seit 2012: Entscheidungslösung (neues Gesetz) § Plus Infomaterial o 2020 beschlossen: weitere Entscheidungsregelung, gültig ab 2022 § Information mit Aufforderungscharakter o Widerspruchslösung wurde abgelehnt (österreichisches Modell) § „Regelung, die Autonomie des Patienten nicht genug würdigt“ - Zustimmungslösung: o Kaum Tendenzen in den Jahren o In weniger als 50% der Organspenden ist der Spenderwille bekannt o Immer vermuteter Wille oder Angehörige entscheiden - Problem der Spende: Todesfeststellung o neue Richtlinie, statt „Hirntod“: § „Endgültiger, nicht-behebbarer Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, Kleinhirns und des Hirnstamms“ oder § „irreversibler Hirnfunktionsausfall“/IHA § Ist naturwissenschaftlich-medizinisch - Ethikrat: Hirntod sicheres Zeichen für den Tod des Menschen? - Dead-Donor-Rule entbehrlich - IHA o Nur auf Intensivstation feststellbar § Plötzlich (nach Unfall etc.) oder progredient während Behandlung o Phänomenologisch § Dissoziiertes Bild Erlöschen der Funktion aller Hirnfunktionen vs. positive Zeichen eines „Lebenden Organismus“ - Lebendorganspende als Lösung? o Forderung nach Ausdehnung und Aufhebung der Subsidiarität o Lebendspende Gefahr weltweit: Verkauf von Organen o In USA werden 50% der gespendeten Organe lebend gespendet o In DE werden nur 30% lebend gespendet, sehr zurückhaltend o Weder Fragen der Vulnerabilität noch die Vermeidung des Organhandels sprechen aus ethischer Sicht zwingend gegen die Ausweitung der Lebendorganspende - Gegenüberstellung: Postmortale Organspende Lebendspende Organspende nach Hirntod Organspende zu Lebzeiten Spende anonym und ungerichtet Spende persönlich und gerichtet Zustimmung durch Verfügung, Persönliche Zustimmung Spenderausweis, Verwandte „Mutmaßlicher Wille“ Geäußerter und überprüfbarer Wille Nach Zustimmung erfolgt Explantation Nach Zustimmung erfolgt mehrfache Prüfung Kosten der Organentnahme zahlt KK des Kosten der Organentnahme und Empfängers unmittelbare Folgekosten zahlt KK des Empfängers - Ethisches Dilemma der Lebendorganspende: o Schädigung des Spenders o Freiwilligkeit des Spenders/zur Motivlage o Rolle des Empfängers (nicht jeder will Organ aus der Familie haben) o Transplanteur als 3. Im Boot à schädigt willentlich einem gesunden Menschen - Gesetzliche Regelungen: o Volljährig, entscheidungsfähig, verwandt, enge Beziehung o Nach Info und Aufklärung o Nach umfassender körperlicher Diagnostik o Nach psychosomatischer Evaluation und Erklärung auch zur Nachuntersuchung o Grundsätzlich: Gutachtliche Stellungnahme des Landesrechts zuständigen Kommission (Kein Veto, aber z.B. „problematisch“ o Lebendorganspende ist bezogen auf die postmortale Spende subsidiär - Schutz des Spenders führt o Lebendorganspende ist keine alltägliche Handlung o Lebendorganspende bedarf eines geregelten Prozesses o Ethisch relevante Kriterien müssen geprüft und angewendet werden o Partielle Einschränkung des geäußerten Willens des potentiellen Spenders ist hinzunehmen