Projektmanagement BPMG01-01 Kursbuch PDF

Summary

Dieses Lernbuch bietet eine Einführung in das Projektmanagement. Es deckt verschiedene Themen ab, von der Definition von Projekten bis hin zur Projektabwicklung und -abschluss. Im Buch sind die Lerninhalte mit didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt.

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PROJEKTMANAGEMENT BPMG01-01 PROJEKTMANAGEMENT IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected] www.iu.de BPMG01-01 Versionsnr.: 001-2...

PROJEKTMANAGEMENT BPMG01-01 PROJEKTMANAGEMENT IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected] www.iu.de BPMG01-01 Versionsnr.: 001-2024-0416 N.N. Adobe Stock. © 2024 IU Internationale Hochschule GmbH Dieses Lernskript ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Lernskript darf in jeglicher Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung der IU Internationale Hochschule GmbH (im Folgenden „IU“) nicht reproduziert und/oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Die Autor:innen/Herausgeber:innen haben sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, die Urheber:innen und Quellen der verwendeten Abbildungen zu bestimmen. Sollte es dennoch zu irrtümlichen Angaben gekommen sein, bitten wir um eine dementsprechende Nachricht. 2 INHALTSVERZEICHNIS PROJEKTMANAGEMENT Einleitung Wegweiser durch das Studienskript................................................. 6 Basisliteratur..................................................................... 7 Weiterführende Literatur.......................................................... 8 Übergeordnete Lernziele......................................................... 10 Lektion 1 Einführung in das Projektmanagement 11 1.1 1.2 1.3 1.4 12 17 26 33 Definition von Projekten und Abgrenzung zu anderen Managementformen........ Die verschiedenen Arten von Projekten und deren jeweilige Einsatzgebiete........ Einbindung eines Projektes in die Unternehmensorganisation................... Das primäre Ziel des Projektmanagements (magisches Dreieck).................. Lektion 2 Die Vorphase des Projektes 37 2.1 Analyse der Situation, Zielfindung, Aufwands- und Rentabilitätsabschätzung...... 38 2.2 Beauftragung eines Projektes und Ressourcenzuordnung........................ 46 2.3 Grobplanung des Projektes................................................... 47 Lektion 3 Projektstart 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 51 Projektmanager, Projektorganisation und Teamzusammensetzung............... 52 Projektstart und Kick-off-Meeting.............................................. 57 Kommunikationsmatrix und Dokumentationsrichtlinien......................... 61 Risikoanalyse und Meilensteindefinition....................................... 64 Stakeholderanalyse, Kommunikationsplan und Projektmarketing................ 66 Lektion 4 Der Projekt- und Ressourcenplan 73 4.1 Feinplanung (Projektstrukturplan und Arbeitspakete)........................... 74 4.2 Ablauf- und Terminplanung (Netzplantechnik, Gantt-Chart)...................... 77 4.3 Planung von Personaleinsatz und Budgetverteilung............................. 82 3 Lektion 5 Projektsteuerung und -controlling 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 87 Aufgaben in der Durchführungsphase (Leistung, Zeit, Kosten).................... 88 Der Projektsteuerungszyklus.................................................. 92 Nachverfolgung von Terminen, Kosten und Leistung............................ 94 Abweichungs- und Ursachenanalyse sowie Steuerungsmaßnahmen............. 101 Die Ertragswertanalyse...................................................... 105 Projektdokumentation...................................................... 106 Projektberichte und Managementreporting................................... 107 Lektion 6 Projektabschluss 115 6.1 Übergabe der Projektergebnisse extern und intern............................. 116 6.2 Projektabschlussbericht und Lessons Learned................................. 121 6.3 Entlastung, Teamauflösung und Abschlussfeier................................ 124 Verzeichnisse Literaturverzeichnis............................................................. 128 Abbildungsverzeichnis.......................................................... 132 4 EINLEITUNG HERZLICH WILLKOMMEN WEGWEISER DURCH DAS STUDIENSKRIPT Dieses Studienskript bildet die Grundlage Ihres Kurses. Ergänzend zum Studienskript stehen Ihnen weitere Medien aus unserer Online-Bibliothek sowie Videos zur Verfügung, mit deren Hilfe Sie sich Ihren individuellen Lern-Mix zusammenstellen können. Auf diese Weise können Sie sich den Stoff in Ihrem eigenen Tempo aneignen und dabei auf lerntypspezifische Anforderungen Rücksicht nehmen. Die Inhalte sind nach didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt, wobei jede Lektion aus mehreren Lernzyklen besteht. Jeder Lernzyklus enthält jeweils nur einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt. So können Sie neuen Lernstoff schnell und effektiv zu Ihrem bereits vorhandenen Wissen hinzufügen. In der IU Learn App befinden sich am Ende eines jeden Lernzyklus die Interactive Quizzes. Mithilfe dieser Fragen können Sie eigenständig und ohne jeden Druck überprüfen, ob Sie die neuen Inhalte schon verinnerlicht haben. Sobald Sie eine Lektion komplett bearbeitet haben, können Sie Ihr Wissen auf der Lernplattform unter Beweis stellen. Über automatisch auswertbare Fragen erhalten Sie ein direktes Feedback zu Ihren Lernfortschritten. Die Wissenskontrolle gilt als bestanden, wenn Sie mindestens 80 % der Fragen richtig beantwortet haben. Sollte das einmal nicht auf Anhieb klappen, können Sie die Tests beliebig oft wiederholen. Wenn Sie die Wissenskontrolle für sämtliche Lektionen gemeistert haben, führen Sie bitte die abschließende Evaluierung des Kurses durch. Die IU Internationale Hochschule ist bestrebt, in ihren Skripten eine gendersensible und inklusive Sprache zu verwenden. Wir möchten jedoch hervorheben, dass auch in den Skripten, in denen das generische Maskulinum verwendet wird, immer Frauen und Männer, Inter- und Trans-Personen gemeint sind sowie auch jene, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen oder können. 6 BASISLITERATUR Bea, F. X./Scheurer, S./Hesselmann, S. (2020): Projektmanagement. 3. Auflage, UVK, München. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=cat0 5114a&AN=ihb.49102&site=eds-live&scope=site Jenny, B. (2020): Projektmanagement. Das Wissen für eine erfolgreiche Karriere. 7. Auflage, vdf, Zürich. Gareis, R. (2006): Happy Projects! Projekt- und Programmmanagement. ProjektportfolioManagement. Management der projektorientierten Organisation. 3. Auflage, Manz, Wien. Peipe, S. (2020): Crashkurs Projektmanagement: Grundlagen für alle Projektphasen. 8. Auflage, Haufe, Freiburg. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direc t=true&db=edsebk&AN=2437619&site=eds-live&scope=site Timinger, H. (2017): Modernes Projektmanagement: Mit traditionellem, agilem und hybridem Vorgehen zum Erfolg. Wiley-VCH, Weinheim. http://search.ebscohost.com.pxz.iub h.de:8080/login.aspx?direct=true&db=nlebk&AN=1577379&site=eds-live&scope=site 7 WEITERFÜHRENDE LITERATUR LEKTION 1 Kuster, J. et al. (2011): Handbuch Projektmanagement. 3. Auflage, Springer, Berlin/Heidelberg, S. 3–11. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true& db=cat05114a&AN=ihb.23701&site=eds-live&scope=site Möller, H./Pfeifer, M. (2007): Das Scheitern von Projekten – Chancen, Herausforderungen und Stolpersteine. In: Organisationsentwicklung: Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Change Management, Heft 1, S. 12–17. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=edsbas&AN=edsbas.47069498&site=eds-live &scope=site LEKTION 2 Timinger, H. (2017): Modernes Projektmanagement: Mit traditionellem, agilem und hybridem Vorgehen zum Erfolg. Wiley-VCH, Weinheim, S. 51–77. http://search.ebscohost.co m.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=nlebk&AN=1577379&site=eds-live&sc ope=site Peterjohann, H. (2012): Projektziele ermitteln, beschreiben und einordnen. In: Projekt Magazin, Heft 16, S. 1–12. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct= true&db=edswis&AN=edswis.PROJ1073438&site=eds-live&scope=site LEKTION 3 Kanitz, A. von (2015): Mitarbeitertypen und wie Sie mit ihnen zusammenarbeiten. Haufe, Freiburg, S. 38–59. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=t rue&db=edshbz&AN=edshbz.DE.605.HBZ01.020686475&site=eds-live&scope=site Mayer, K. (2015): Stakeholder im Projekt – trotz hoher Bedeutung oft nur intuitiv gesteuert. In: Projekt Magazin, Heft 17, S. 1–19. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/lo gin.aspx?direct=true&db=edswis&AN=edswis.PROJ1102912&site=eds-live&scope=site LEKTION 4 Timinger, H. (2017): Modernes Projektmanagement: Mit traditionellem, agilem und hybridem Vorgehen zum Erfolg. Wiley-VCH, Weinheim, S. 77–101. http://search.ebscohost.co m.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=nlebk&AN=1577379&site=eds-live&sc ope=site 8 Kostka, G./Fiedler, J. (2015): Studie: Großprojekte in Deutschland – Zwischen Ambition und Realität. Hertie School of Governance, Berlin. (Im Internet verfügbar). LEKTION 5 Timinger, H. (2017): Modernes Projektmanagement: Mit traditionellem, agilem und hybridem Vorgehen zum Erfolg. Wiley-VCH, Weinheim, S. 101–112. http://search.ebscohost.c om.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=nlebk&AN=1577379&site=eds-live&s cope=site Kärner, M. (2004): Projektcontrolling: Der Informations- und Datenfluss. In: Projekt Magazin, Heft 10, S. 1–6. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true &db=edswis&AN=edswis.PROJ6713&site=eds-live&scope=site LEKTION 6 Timinger, H. (2017): Modernes Projektmanagement: Mit traditionellem, agilem und hybridem Vorgehen zum Erfolg. Wiley-VCH, Weinheim, S. 112–120. http://search.ebscohost.c om.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=nlebk&AN=1577379&site=eds-live&s cope=site Stöger, R. (2017): Projektübergabe und Projektabschluss. In: ZFO – Zeitschrift Führung und Organisation, Heft 6, S. 395–397. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login. aspx?direct=true&db=edswis&AN=edswis.ZFO121701010&site=eds-live&scope=site 9 ÜBERGEORDNETE LERNZIELE Der Kurs Projektmanagement vermittelt Ihnen die Grundlagen des klassischen Projektmanagements. Sie befassen sich mit der Definition des Begriffes Projektmanagement und lernen die Abgrenzung dieser Arbeitsform zum Produkt- und Prozessmanagement kennen. Darüber hinaus bauen Sie ein Grundverständnis dazu auf, wie klassische Methoden zum agilen Projektmanagement abzugrenzen sind, und verstehen die typischen Einsatzgebiete der Ansätze. Projektmanagement umfasst die Planung des Projektes und die Umsetzung des erstellten Projektplanes zur Erreichung der Projektziele. Sie lernen unterschiedliche Organisationsmöglichkeiten und Planungsinstrumente kennen und befassen sich damit, wie Projektteams zusammengesetzt und geführt werden. Die während der Projektabwicklung entscheidenden Elemente der Terminverfolgung, des Projektcontrollings, der Projektsteuerung sowie des Projektreportings werden vorgestellt und mithilfe von Beispielen und anwendungsbezogenen Vorlagen für die Praxisanwendung vertieft. Ein erfolgreich durchgeführtes Projekt zeichnet sich nicht nur durch eine gute Planung und Durchführung aus, sondern auch durch einen guten und erfolgreichen Projektabschluss. Mit den damit verbundenen Aspekten befasst sich die abschließende Lektion dieses Skriptes. Nach Abschluss dieses Kurses können Sie die erlernten Methoden direkt für die Ausgestaltung und Steuerung von kleineren und mittelgroßen Projekten anwenden. 10 LEKTION 1 EINFÜHRUNG IN DAS PROJEKTMANAGEMENT LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie in der Lage sein, … – – – – Projektmanagement von anderen Managementformen abzugrenzen. die typischen Einsatzgebiete für Projektmanagement zu benennen. Organisationsformen für Projektmanagement voneinander zu unterscheiden. die generischen Projektziele in Form des magischen Dreiecks zu erläutern. 1. EINFÜHRUNG IN DAS PROJEKTMANAGEMENT Aus der Praxis In der Produktion der CanDo GmbH läuft derzeit nicht alles so glatt, wie man es sich wünschen würde. Die zugesagten Lieferzeiten können nicht mehr eingehalten werden, und auch der Anteil an fehlerhaft produzierten Teilen steigt. Im Geschäftsleitungsteam wird die Situation analysiert; zwei Handlungsfelder werden erkannt. Erstens ist es notwendig, dass die Schichtleitenden tägliche Statusrunden mit ihren Schichtmitarbeitenden durchführen, und zweitens muss eine der alten Großanlagen ausrangiert und durch eine modernere Anlage ersetzt werden. Nun ergeben sich für die Geschäftsleitung grundlegende Fragen: Für welchen der beiden Fälle muss ein Projekt gestartet werden? Zu welcher Arbeitsform gehört der andere der zwei Fälle? 1.1 Definition von Projekten und Abgrenzung zu anderen Managementformen Großprojekte Beispiele im Verlaufe der Zeit: das Kolosseum im alten Rom, die Realisierung des Suezkanals, die Apollo-Missionen der USA, die länderübergreifende Einführung des Euros; die Einführung der elektronischen Gesundheitsakte. 12 Die Arbeitsform Projektmanagement ist eine sehr alte Form menschlicher Zusammenarbeit. Zu allen Zeiten der Geschichte gab es große und komplexe Vorhaben zu bewältigen, die nur durch Arbeitsplanung und Arbeitskoordination zu bewerkstelligen waren. Zu nennen wären hier Bauten aus frühgeschichtlichen Zeiten, wie die bekannten Pyramiden von Gizeh, oder auch weniger bekannte Anlagen, wie die jungsteinzeitliche Megalithanlage von Barnenez. Zum Bau solcher Anlagen waren jeweils viele Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten notwendig. Zwar ist nicht bekannt, wie die Menschen damals die Ausführung der Bauten genau bewerkstelligt haben, jedoch kann als gesichert angenommen werden, dass die Realisierung vorab geplant wurde und die voneinander abhängigen Einzelschritte anschließend koordiniert erfolgten. Aus etwas neuerer Zeit sind als Großprojekte der Bau der mittelalterlichen großen Kirchengebäude, Türme und Gebäudeanlagen bekannt. Während des 20. Jahrhunderts wurde – zunächst getrieben durch militärische Aktionen sowie durch das Atomprogramm, später vorangebracht durch die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen im internationalen Wettbewerb – das Projektmanagement professionalisiert und systematisch in verschiedenen wohldefinierten Methoden ausgestaltet. Großprojekte der jüngsten Zeit umfassen z. B. den Bau von Flughäfen, die Realisierung der Raumfahrt, gesellschaftliche Vorhaben z. B. auf europäischer Ebene oder auch Vorhaben im Sozialbereich. Neben solchen Großprojekten gab und gibt es natürlich immer auch kleinere Vorhaben, die die Charakteristika von Projekten erfüllen. Was sind diese Charakteristika, die das Vorhandensein eines Projektes definieren? In allen oben betrachteten Fällen handelt es sich um spezielle und anspruchsvolle Vorhaben, die über eine begrenzte Zeit hinweg und mithilfe vieler – oder zumindest mehrerer – Beteiligter realisiert wurden. Und damit sind bereits die wesentlichsten Charakteristika von Projekten umrissen. Definition des Begriffes Projekt Im Verlauf der letzten nahezu 100 Jahre bemühten sich verschiedene Organisationen um die Standardisierung von Projektabläufen und die Normierung der dabei Anwendung findenden Begriffe. Die heute üblicherweise verwendeten Definitionen des Begriffes Projekt gehen auf die in verschiedenen Ländern etablierten Projektmanagementorganisationen zurück. Die wichtigsten Definitionen sind nachfolgend gelistet. Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN) Die DIN hat in der DIN 69901 als Definition festgelegt: „Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist. Beispiel: Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen, projektspezifische Organisation“ (DIN e. V. 2016f). Project Management Institute (PMI) Das US-amerikanische Institut PMI dagegen definiert: „Ein Projekt ist ein zeitlich begrenztes Vorhaben mit dem Ziel, ein einmaliges Produkt, eine einmalige Dienstleistung oder ein einmaliges Ergebnis zu schaffen“ (PMI 2017, S. 4). International Project Management Association (IPMA) Der von Europa ausgehende weltumspannende Projektmanagementverband IPMA definiert: „Ein Projekt ist ein einmaliges, zeitlich befristetes, interdisziplinäres, organisiertes Vorhaben, um festgelegte Arbeitsergebnisse im Rahmen vorab definierter Anforderungen und Rahmenbedingungen zu erzielen“ (IPMA & GPM 2017, S. 29). Office of Government Commerce (OGC) Und schließlich definiert das britische OGC im Rahmen von PRINCE2® als ein Projekt: „Eine für einen befristeten Zeitraum geschaffene Organisation, die den Auftrag hat, mindestens ein Produkt entsprechend einem vereinbarten Business Case zu liefern“ (AXELOS 2017, S. 8). Trotz der verschiedenen Definitionen ist es möglich, die wichtigsten Kriterien zu erkennen, die bei Vorliegen einer konkreten Arbeitsaufgabe aufzeigen, ob ein „Projekt“ zur Zielerreichung eine angemessene Arbeitsform darstellt. Nachfolgend sind die von den einzelnen Institutionen (DIN e. V. 2016f; PMI 2017, S. 4; IPMA & GPM 2017, S. 29; AXELOS 2017, S. 8) verwendeten Projektkriterien in einer Übersicht zusammengestellt. Zur Etablierung eines gemeinsamen Grundverständnisses wird in diesem Kurs die Definition der DIN zugrunde gelegt. 13 Tabelle 1: Projektdefinitionen der einzelnen Institutionen Projektkriterien DIN PMI IPMA Einmaligkeit x x x Zielvorgaben, Arbeitsziele x x x x zeitlich begrenzt x x x x begrenzte Ressourcen x definierte Rahmenbedingungen Organisation OGC x x interdisziplinär Wirtschaftlichkeit x x x x Quelle: Margit Sarstedt 2021. Bedeutung des Wortes Projektmanagement Projektmanagement setzt sich zusammen aus den Wörtern Projekt (befristetes Vorhaben) und Management (einer zielgerichteten Handlungsweise). Das Wort Projektmanagement setzt sich aus dem Begriff Projekt (lateinisch proicere für „werfen, hinauswerfen“) und dem Begriff Management (lateinisch manus für „Hand“, lateinisch agere für „bewegen, führen“) zusammen. Ein in die Zukunft geplantes Vorhaben (ein „hinausgeworfener Plan“) wird umgesetzt („an der Hand geführt“). Eine heute verwendete Definition liefert wiederum die DIN 69901. Danach handelt es sich um die „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und den Abschluss von Projekten“ (DIN e. V. 2016f). Projektmanagement ist also eine Managementaufgabe, in der es nicht darum geht, ein Ziel zu definieren, sondern vielmehr darum, ein vordefiniertes Ziel zu erreichen. Durch Planung des Projektes wird festgelegt, wie das Ziel erreicht werden soll. Durch Steuerung des Projektes wird der Plan umgesetzt, sodass das Ziel tatsächlich erreicht wird. Der mit dem Management eines Projektes betraute Mitarbeitende wird für die Zeitdauer des Projektes Projektmanager genannt. Auch die synonyme Verwendung des Begriffes Projektleiter ist gängig. Abgrenzung des Projektmanagements von anderen Managementformen Projektmanagement unterscheidet sich von anderen Arbeits- und Managementformen. Jedoch interagiert Projektmanagement auch mit diesen anderen, typischerweise gleichzeitig vorhandenen Steuerungsformen in einer Organisation. Im Nachfolgenden sollen die Unterschiede und Schnittstellen zu einigen der wichtigsten Arbeitsnormen in einer Organisation erläutert werden. 14 Strategisches Management Im strategischen Management wird die übergeordnete Strategie in einem Unternehmen festgelegt. Dies geschieht häufig mit der Ausformulierung der Mission (Was ist der Zweck des Unternehmens?) sowie der Vision (In welche Richtung möchte sich das Unternehmen entwickeln?) des Unternehmens. Der Blick wird dabei weit – üblicherweise fünf bis zehn Jahre – in die Zukunft gerichtet. Aus der Analyse der Ist-Situation und der Definition des Sollzustandes ergeben sich einzelne Themen, die für die Erreichung der inhaltlichen und wirtschaftlichen Ziele der Geschäftseinheit oder des gesamten Unternehmens umgesetzt werden müssen. Die Rolle des strategischen Managements wird meist von der Firmenleitung ausgeübt, bei sehr großen Unternehmen kann es hierfür auch dedizierte Managementteams geben. Die Entscheidungen im strategischen Management bilden häufig den Ausgangspunkt für die Definition neuer Projekte. Programm- und Portfoliomanagement Eng verwandt mit dem Projektmanagement sind die Begriffe Programmmanagement und Portfoliomanagement. In beiden Fällen wird eine Anzahl von Projekten gesamtheitlich geplant und überwacht. Die Projekte, die einem gemeinsamen Programmmanagement unterstehen, dienen alle einem übergeordneten Ziel oder zeichnen sich durch verbindende Charakteristika (z. B. technische Neuerungen) aus. Währenddessen gibt es im Portfoliomanagement typischerweise mehrere verschiedene Einzelthemen, die in Projekten und ggf. auch Programmen realisiert werden sollen, jedoch aufgrund des gemeinsamen Ressourcenpools übergeordnet koordiniert und priorisiert werden müssen. Ein Projektmanager leitet ein einzelnes Projekt und interagiert dabei mit dem für die jeweilige Gesamtheit verantwortlichen Programm- oder Portfoliomanager. Portfoliomanagement Alle Projekte in einer Organisation werden nach Wichtigkeit und Ressourcenbedarf gegeneinander abgewogen und priorisiert. Produktmanagement Im Produktmanagement wird das Produkt gemanagt. Dies umfasst Analyse und Abgleich der technischen und kommerziellen Produkteigenschaften mit den jeweiligen Marktbedürfnissen. Produktmanager arbeiten daher eng mit dem Vertrieb einerseits sowie mit den internen Entwicklungsabteilungen andererseits zusammen. Für die Anpassung der Produkte an die Bedürfnisse des Marktes initiieren sie einzelne Projekte, die dann von einem Projektmanager umgesetzt werden. Somit sind Produktmanager selbst typischerweise nicht Projektmanager, agieren jedoch häufig als Portfoliomanager oder Programmmanager. Operatives Management Jedes Unternehmen und auch jede Organisation verfolgt in seinem Kern einen bestimmten Zweck (z. B. die Herstellung bestimmter Verbrauchsgüter oder das Angebot von Dienstleistungen). Hierfür werden betriebliche Abläufe benötigt, die definiert und über längere Zeit konstant gehalten werden. Auf diese Weise entsteht ein Betrieb, also ein Ort, an dem Abläufe betrieben werden. Beispiele wären der Betrieb eines Vergnügungsparkes, ein Krankenhaus betreiben, einen Produktionsbetrieb unterhalten und vieles mehr. Das operative Management kümmert sich um diese betrieblichen Abläufe, d. h., es betreibt 15 Operatives Management Das Management der betrieblichen Funktionen wie Einkauf, Produktion und operativer Vertrieb gehört zum operativen Teil eines Unternehmens und wird häufig unter dem Begriff „Operations“ zusammengefasst. das Kerngeschäft des Unternehmens und setzt die Kernaufgabe der Organisation um. Der Planungshorizont im operativen Management beträgt maximal ein Jahr und dient der zielgerichteten Koordination der Ressourcen. Prozessmanagement Die im operativen Management benötigten betrieblichen Abläufe müssen zunächst in Form von Geschäftsprozessen definiert und im Unternehmen etabliert werden. Im weiteren Verlauf werden diese Geschäftsprozesse immer wieder hinterfragt, optimiert oder auch neu definiert. Das Management dieser Geschäftsprozesse selbst nennt man Prozessmanagement. Dabei geht es sowohl um technische Fragestellungen (wie z. B. die Einführung einer neuen Betriebssoftware) als auch um organisatorische Aspekte (wie die Aufgabendefinition einzelner Abteilungen und das Zusammenwirken der Fachabteilungen zu einem funktionierenden Ganzen). Management im Projektgeschäft Im Projektgeschäft stellt die Durchführung von Projekten im Kundenauftrag das Tagesgeschäft dar. Beispiele hierfür sind das Baugewerbe, der Sonderanlagenbau oder auch die Realisierung kundenspezifischer Software. Der Ablauf von Projekteinwerbung, Projektplanung, Projektumsetzung, Projektabschluss und Übergabe an den Kunden stimmt dabei mit dem operativen Prozess im Unternehmen überein. Veränderungsmanagement Durch Veränderungsmanagement, auch Changemanagement genannt, wird ein Wandel herbeigeführt. In einem Unternehmen oder einer Organisation muss sich etwas organisatorisch verändern, wenn die vorher analysierten Geschäftsprozesse als veränderungsbedürftig eingeschätzt werden. Die Neugestaltung der Geschäftsprozesse wird in einem Veränderungsprojekt durchgeführt, das die operativen Abläufe von dem vorherigen Zustand A in den neuen Zustand B überführt. Man kann sagen, dass Projekte immer einen Wandel bewirken, und umgekehrt sollte ein unternehmerisch geplanter Wandel in Projektform umgesetzt werden. Abbildung 1: Zusammenhang von Projekt und Wandel Quelle: Margit Sarstedt 2021. 16 1.2 Die verschiedenen Arten von Projekten und deren jeweilige Einsatzgebiete In allen Bereichen des Lebens werden Projekte durchgeführt. Generell kann man sagen, es gibt eine nahezu endlose Anzahl von Projektanlässen und Projektarten. Jedes Projekt ist einzigartig, wodurch auch der Projektablauf jeweils sehr individuell ausfällt. Neben den Projekten kann aber auch das Umfeld, in dem das Projekt stattfindet, unterschiedlich ausgeprägt sein. Beide Aspekte sollen nun beleuchtet werden. Verschiedene Arten von Projekten Nachfolgende Tabelle soll anhand der gegebenen Beispiele ein Gefühl für die Vielfalt möglicher Projekte in einer Vielzahl verschiedener wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bereiche geben. Die Projekte haben alle ihre eigenen Charakteristika und eine jeweils andere Dynamik in der Durchführung. Tabelle 2: Vielfalt möglicher Projekte anhand von Beispielen Bauprojekt Bau eines Hauses, einer Schule, einer Brücke Bau eines neuen Flughafens Anlagenbauprojekt Bau und Einrichtung einer Produktionsmaschine Errichtung einer neuen Erzförderanlage Entwicklungsprojekt Entwicklung eines neuen Produktes Einführung neuer Prozessanlagen in der Produktion Digitalisierungsprojekt Einführung digitaler Geschäftsprozesse automatisierte übergreifende Lieferketten Organisationsprojekt Restrukturierung des Unternehmens Reorganisation einzelner Abteilungen Sozialprojekt Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Bau einer Wasserversorgung in Dürregebieten Kollaborationsprojekt Entwicklungszusammenarbeit von Unternehmen nationale und multinationale Forschungsallianzen Gesellschaftsprojekt eine länderübergreifende Schulreform Wandel zur nachhaltigen Denkweise Quelle: Margit Sarstedt 2021. An einigen der Beispiele zeigt sich, dass die Projektarten auch voneinander abhängen und sogar ineinander übergehen können. So ist ein Digitalisierungsprojekt üblicherweise auch gleichzeitig ein Organisationsprojekt, da sich die Arbeitsabläufe ändern. Ein Sozialprojekt 17 wiederum kann Teil eines größer angelegten Gesellschaftsprojektes sein, so wie beispielsweise die Neuausstattung einer Behindertenwerkstatt (Sozialprojekt) im Rahmen des Gesellschaftsprojektes der flächendeckenden Digitalisierung (Gesellschaftsprojekt). Jedes Projekt hat einen Auslöser. Dies kann ein Ereignis sein, das das Projekt notwendig macht, oder es existiert ein externer oder interner Funktionsträger, der an der Umsetzung des Projektes ein Interesse hat und dieses entsprechend einfordert oder beauftragt. Dies kann im Rahmen einer Kunden-Lieferanten-Beziehung erfolgen (externes Projekt), es kann jedoch auch organisationsintern durch einen Interessensträger erfolgen (internes Projekt). Projektziel Dies stellt eine Definition der Anforderungen an das Projektergebnis dar. Diese Anforderungen sind qualitativ (inhaltlich) sowie quantitativ (größen- oder mengenmäßig) anzugeben. Unterscheiden lassen sich Projekte zudem grundlegend in interne und externe Projekte. Dabei versteht man unter einem internen Projekt ein Vorhaben, das in der eigenen Organisation benötigt wird und interne Projektziele verfolgt (z. B. die Umgestaltung der Produktionsabläufe). Hingegen hat ein externes Projekt einen externen Auftraggeber, also üblicherweise einen Kunden. Dieser definiert die Projektziele und nutzt nach Abschluss des Projektes das Projektergebnis. Man spricht dann auch von einem Kundenprojekt. Schließlich können Projekte auch nach der Art der Aufgabenstellung (klare bis weniger klare Aufgabenstellung) sowie der sozialen Komplexität (wenig Schnittstellen bis stark interdisziplinär) unterschieden werden. Daraus ergibt sich eine Vier-Felder-Darstellung mit den Projektarten: Potenzialprojekt (geringe soziale Komplexität, viele Lösungsmöglichkeiten), Standardprojekt (geringe soziale Komplexität, klare Aufgabenstellung), Pionierprojekt (viele Schnittstellen, viele Lösungsmöglichkeiten) und Akzeptanzprojekt (viele Schnittstellen, klare Aufgabenstellung) (Kuster et al. 2011, S. 6). Abbildung 2: Verschiedene Projektarten nach Kuster mit Beispielen Quelle: Margit Sarstedt in Anlehnung an Kuster et al. 2011, S. 6. 18 Klassische Projektmanagementmethoden Wie an den Beispielen oben zu erkennen ist, wird der Begriff Projekt nicht immer in dem vorher dargestellten strengen Sinn verwendet. So fallen einige Vorhaben, die gemeinhin mit der Bezeichnung Projekt versehen werden, eher in die Kategorie einer ständig laufenden Aktivität (beispielsweise die dauerhafte Unterstützung sozial benachteiligter Gruppen oder die ständigen Bemühungen zur Kostensenkung in einem Unternehmen). Die im Weiteren betrachteten Methoden beziehen sich jedoch auf die Durchführung von tatsächlichen Projekten, die sich durch einen definierten Anfang und ein definiertes Ende auszeichnen. Allen klassischen Projektmanagementmethoden ist gemeinsam, dass sich der Gesamtablauf der Arbeiten rund um ein Projekt grundlegend in Phasen gliedern lässt. Zum Ende einer Phase und vor dem Beginn der nachfolgenden Phase werden sogenannte Meilensteine definiert, zu denen ein bedeutender Abschnitt in der Abfolge der zu erledigenden Arbeiten erreicht ist. In der Abbildung ist ein archetypischer Ablauf eines Projektes, aufgeteilt in vier Phasen und fünf Meilensteine, dargestellt. Zu Beginn des Ablaufs steht die Entscheidung, für ein beabsichtigtes Vorhaben ein Projekt zu starten. Die Phasen Vorbereitung, Planung, Durchführung und Abschluss werden mit den jeweiligen Meilensteinen Projektstart, Planung abgeschlossen, Durchführung abgeschlossen und Projekt abgeschlossen beendet. Abbildung 3: Projektphasen und Meilensteine Meilenstein Ursprünglich auch Markstein genannt, verstand man früher darunter ein Vermessungszeichen am Wegesrand. Im Projektmanagement kennzeichnen Meilensteine definierte Zwischenziele, die den Projektverlauf in überprüfbare Phasen einteilen und Projektplanung und Fortschrittskontrolle erleichtern. Quelle: Margit Sarstedt in Anlehnung an Timinger 2017, S. 33. Wir beschreiben alle Phasen näher und untersetzen diese mit Details. Weiterhin werden konkrete Instrumente eingeführt, die in den einzelnen Phasen vom Projektmanager und dem Team verwendet werden können, um der von dem Vorhaben definierten Aufgabenstellung gerecht werden zu können. Die Darstellung erfolgt im Wesentlichen generisch, wobei vereinzelte Aspekte sich auch als Elemente in den Projektmanagementstandards der verschiedenen Institute finden. Diese haben sich im Laufe der Jahre im internationalen Umfeld herausgebildet und können für größere Projekte oder Projekte bestimmten Typs sinnvoll eingesetzt werden. Eine Konzentration auf eine dieser Methoden findet hier jedoch nicht statt. Die wichtigsten dieser Methoden werden nachfolgend als Überblick über die Zertifizierungsmöglichkeiten aufgeführt. 19 Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN) In der DIN wird Projektmanagement über mehrere Normen verteilt adressiert und definiert. Die DIN 69900 befasst sich dabei mit dem Themenkomplex der Netzplantechnik (DIN e. V. 2016a). Die Normenreihe 69901 (1–5) legt Definitionen für Grundlagen, Prozesse, Prozessmodelle, Methoden, Daten und Datenmodelle fest (DIN e. V. 2016b–f) und die Normenreihe DIN 69909 (DIN e. V. 2016g–j) konzentriert sich auf Multiprojektmanagement sowie Projektmanagementsysteme. Hinzu kommen die Leitlinien Projektmanagement in der DIN ISO 21500 (DIN e. V. 2016k). Verschiedene deutsche Organisationen bieten Weiterbildungskurse im Projektmanagement basierend auf der DIN an, eine gesonderte Zertifizierung gibt es nicht. Project Management Institute (PMI) Das PMI ist Herausgeber des „PMBOK-Guide (A Guide to the Project Management Body of Knowledge)“, wonach ein Projekt durch das Zusammenspiel vieler methodenbasierter Prozesse durchgeführt wird (Input und Output werden durch Werkzeuge und Verfahren verbunden) (PMI 2017). Eine Zertifizierung wird von dem PMI angeboten und umfasst die beiden Stufen „PMI Certified Associate in Project Management (CAPM)®“ für Projektteammitglieder und „Project Management Professional (PMP)®“ für erfahrene Projektmanager. International Project Management Association (IPMA®) Der IPMA®-Standard setzt nicht auf eine prozessorientierte Methodik, sondern auf die Kompetenz der Individuen, und beschreibt ein umfassendes Kompetenzportfolio für Projekt-, Programm- und Portfoliomanager. Die derzeit gültige Version ist die ICB 4.0, die insgesamt 29 Kompetenzelemente enthält. Sie sind aufgeteilt auf die drei Kompetenzbereiche „Kontext-Kompetenz“ (Perspective), „persönliche und soziale Kompetenzen“ (People) sowie „technische Kompetenzen“ (Practice) (IPMA & GPM 2017). Die auf vier Stufen (Level) aufgeteilte Zertifizierung (IPMA® Level D als niedrigste bis IPMA® Level A als höchste Stufe) ist im deutschen Raum bei der GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.) möglich. AXELOS Ltd. Die ursprünglich vom britischen Office of Government Commerce (OGC) entwickelte und heute im Eigentum der AXELOS befindliche Methode PRINCE2 (PRojects IN Controlled Environments Version 2) ist wiederum eine prozessorientierte Projektmanagementmethode, die skalierbar für verschieden große Projekte eingesetzt werden kann. Sie versteht sich als Rahmen für Projekte, der dem Projektmanagementteam Handlungsempfehlungen für die einzelnen Projektphasen gibt (AXELOS 2017). 20 AXELOS bietet die Zertifizierungslevel „PRINCE2® Foundation“ und „PRINCE2® Practitioner“ an. Zusätzlich können Zertifizierungen in „PRINCE2® Agile“ und weiteren Ergänzungen abgelegt werden. Agiler Ansatz im Projektmanagement Bisher war die Grundannahme, dass die Ziele eines jeden Projektes im Vorfeld klar definiert sind. Dies ist jedoch in Realität – z. B. aufgrund eines mangelnden Kenntnisstandes zu Beginn des Vorhabens – nicht immer der Fall. Das im Rahmen der klassischen Projektmanagementmethoden angestrebte wohlgeplante Vorgehen ist in solcherart Fällen schwierig bis gar nicht zu realisieren. Sollte das Vorhaben komplett unklar sein, so ist ein Start der Arbeiten nicht möglich; es müssen zunächst die Rahmenbedingungen geändert werden. Existiert jedoch eine annähernd überschaubare Umgebung und liegt eine ungefähre Zielrichtung für das Vorhaben vor, so kann das Projekt zwar nicht durchgeplant, jedoch begonnen werden. Der Weg entsteht dann beim Gehen. In einer solchen Situation liegen Anwendungsgebiet und Stärke der agilen Ansätze im Projektmanagement. Agile Vorgehensweisen zur sukzessiven Lösung von Problemen gab es in gewisser Weise schon immer in der Geschichte der Menschheit, jedoch wurden erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts durch die Entstehung des Agilen Manifests (Beck et al. 2001) konkrete Leitsätze zu den agilen Grundgedanken niedergeschrieben und damit die Bezeichnung „agil“ als eigenständige Methodenfamilie geprägt. Die darin – ursprünglich rein für den Softwarebereich – definierten Werte sollen durch ihre vergleichende Darstellung dazu beitragen, den Fokus der Aufmerksamkeit auf die Erfüllung der Kundenwünsche zu lenken. So werden Prozesse und Werkzeuge als wichtig erachtet, die handelnden Individuen und deren Interaktionen jedoch als noch wichtiger. Weiterhin ist dem Kunden durch funktionierende Software mehr geholfen als durch umfassende Dokumentation. Generell wird die Zusammenarbeit mit dem Kunden betont und in ihrer Bedeutung über die Vertragsverhandlungen gestellt, was letztere jedoch in ihrer eigenen Bedeutung keineswegs negiert. Der wesentlichste Unterschied zur klassischen Denkweise wird in dem vierten Wertepaar deutlich, das das Reagieren auf Veränderung höher einschätzt als das Befolgen eines Plans (Beck et al. 2001). Die heute bekannteste der agilen Methoden, Scrum, wurde in ihren Grundzügen in den 1990er-Jahren von Ken Schwaber und Jeff Sutherland speziell für den Softwarebereich definiert und basiert auf den aus Japan stammenden Erkenntnissen zur schlanken Wissenserzeugung und Bottom-up-Intelligenz (Schwaber/Sutherland 2014, S. xvii). Ken Schwaber ist auch Gründer der Organisation Scrum.org, die das Scrum Framework pflegt und weiterentwickelt. Heute kann man dort sowie bei verschiedenen anderen Anbietern für spezialisierte Ausrichtungen und Level Zertifizierungen in dieser Methodik ablegen. Scrum Dieses englische Wort bedeutet Gedränge. Bekannt ist der Begriff ursprünglich aus dem Rugbysport, wo nach kleineren Regelverstößen das Spiel mit einem Scrum neu gestartet wird. Nachfolgend wird der agile Ansatz zunächst grob umrissen. Anschließend wird mit dem Cynefin Framework eine Entscheidungshilfe gegeben, in welcher Art von Umfeld agile Projektmethoden und in welchem Umfeld andere Management- und Projektmanagementmethoden ihre jeweiligen Stärken haben. 21 Grundgedanken der agilen Methode Scrum Stapel Hierunter ist eine aufgeschichtete Menge von Dingen, Daten oder Ideen zu verstehen. Ein Stapel an Aufgaben kann systematisch durchsucht oder in vorgegebener Reihenfolge abgearbeitet werden. Scrum beschreibt eine Arbeitsorganisation in Stapeln. Der wichtigste Stapel im Scrum ist der Product Backlog (wörtlich Produkt Rückstand). Hier werden alle Anforderungen an das Projektprodukt gesammelt. Im Unterschied zum klassischen Projektmanagement ist es dabei nicht notwendig, alle Anforderungen von vornherein zu kennen, die Inhalte des Product Backlogs können sich im Verlauf der Umsetzung des Vorhabens ändern. Die Umsetzung der Arbeiten erfolgt im sogenannten Entwicklungsteam. Dieses Team sucht im Sprint Planning gemeinsam mit dem gegenüber dem Kunden für das Produkt verantwortlichen Product Owner die jeweils als nächstes umzusetzenden Aufgaben aus. Die Auswahl erfolgt nach Priorität einerseits sowie nach Klarheit andererseits. Eine sachlich unklare Aufgabe wird nicht begonnen, sie wird durch den Product Owner zunächst geklärt. Die ausgewählten Aufgaben bilden den nächsten Stapel, den Sprint Backlog. Das Entwicklungsteam arbeitet nun während des Sprints an den ausgewählten Aufgaben und stimmt sich untereinander in täglich stattfindenden Teammeetings, den Daily Scrums, ab. Die fertigen Teilergebnisse werden in einer Rückschau, dem Sprint Review, auf funktionelle Passung hin beurteilt und erhöhen bei Akzeptanz den dritten und letzten Stapel, das sogenannte Inkrement, um die Anzahl der fertiggestellten Teile. Methodisch steht dem Team ein Scrum Master zur Seite, der – während der Arbeiten selbst sowie in der regelmäßig stattfindenden Methoden-Rückschau (der sogenannten Retrospektive) – dem Team methodische Hilfestellung bietet (Simschek/Kaiser 2018, S. 53–57). Abbildung 4: Ablaufschema im Scrum-Prozess Quelle: Margit Sarstedt in Anlehnung an Simschek/Kaiser 2018, S. 55. Die agile Vorgehensweise wurde im Kontext der Erstellung neuer Softwarelösungen entwickelt. Die Frage, ob sie sich auch für andere Anwendungsbereiche eignet, kann wie folgt beantwortet werden: Weder ist die agile Vorgehensweise auf die Entwicklung von Software beschränkt, noch ist sie generell für alle Vorhaben und Aufgabenstellungen geeignet. Vielmehr hat sie ihre ganz besonderen Stärken in sehr spezifischen Situationen und Umgebungsbedingungen. Für andere Umgebungsbedingungen eignen sich andere Manage- 22 ment- und Projektmanagementmethoden. Das nachfolgend dargestellte Cynefin Framework verdeutlicht dies und kann somit auch als Grundlage für die Wahl der geeigneten Methode dienen. Charakterisierung des Umfelds nach dem Cynefin Framework Das Cynefin Framework liefert ein Modell zur Beschreibung des Umfeldes, in dem die anstehende Arbeit stattzufinden hat. Das walisische Wort Cynefin bedeutet „Lebensraum“ – in das professionelle Umfeld übertragen also der Kontext oder die Rahmenbedingungen, in denen man sich bewegt. In dem Modell des Cynefin Frameworks werden fünf sogenannte Domänen unterschieden und Anhaltspunkte für jeweils geeignete Herangehensweisen gegeben (Snowden/Boone 2007, S. 70ff.). Tabelle 3: Die fünf Domänen des Cynefin Frameworks Domäne Beschreibung Herangehensweise einfach Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung ist für alle offensichtlich. S – Sense (erkenne) C – Categorise (beurteile) R – Respond (reagiere) kompliziert Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung erfordert eine Expertenanalyse. S – Sense (erkenne) A – Analyze (analysiere) R – Respond (reagiere) komplex Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung kann nur im Nachhinein verstanden werden. P – Probe (probiere) S – Sense (erkenne) R – Respond (reagiere) chaotisch Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung ist zwar vorhanden, jedoch nicht nachvollziehbar. A – Act (handle) S – Sense (erkenne) R – Respond (reagiere) unklar Es besteht keine Klarheit darüber, welche der Domänen für die Situation zutrifft. Sondierung zum Erkennen der Domäne. Quelle: Margit Sarstedt 2021 in Anlehnung an Snowden/Boone 2007, S. 70ff. Das Cynefin Framework kann in einer Vielzahl von Anwendungen eine nützliche Entscheidungshilfe sein, um in einer gegebenen Situation richtig vorzugehen. Wie in vielen solcher Betrachtungen gilt dabei auch hierfür: Nichts ist absolut und die Grenzlinien können etwas schwimmend sein. In der Einteilung geht es um ein Grundverständnis, das im konkreten Fall mit Augenmaß nutzbringend eingesetzt werden kann. Speziell in dem hier interessierenden Kontext kann die Einteilung genutzt werden, um die am besten passende Managementmethode für die vorliegende Aufgabe oder das anstehende Vorhaben auszuwählen. So kann insbesondere das Gebiet für den sinnvollen Einsatz klassischer Projektmanagementmethoden vom Gebiet für den sinnvollen Einsatz agiler Projektmanagementmethoden abgegrenzt werden. Im klassischen Projektmanagement sind die Projektziele im Wesentlichen klar (sie müssen nur korrekt erkannt werden), die notwendigen Schritte zur Zielerreichung werden identifiziert (sie werden analysiert), und der Weg wird geplant. Anschließend können die definier- 23 ten Arbeitsschritte geordnet umgesetzt werden (als Reaktion auf den vorher erstellten Plan). Dies entspricht der Herangehensweise SAR. Und in der Tat ist die Domäne kompliziert (im Sinne von „das Ziel ist klar, der Weg nicht“) der Hauptanwendungsbereich des klassischen Projektmanagements. Beispiele dafür sind Bauprojekte, Anlagenprojekte, bestimmte Arten von Entwicklungsprojekten, einige Typen von Sozialprojekten und Ähnliches. Das Wort „agil“ Agil stammt von dem lateinischen Wort agilis ab, das mit schnell und gewandt, tätig, regsam und beweglich übersetzt werden kann. 24 Agile Methoden des Projektmanagements zeichnen sich dadurch aus, dass die Projektziele zu Beginn noch nicht im Detail klar sein müssen. Es besteht zwar eine gewisse Vorstellung des gewünschten Endzustands, jedoch sind viele Fragen noch offen. Es gibt also verschiedene Ziele und noch mehr Wege, diese zu erreichen. Die agilen Methoden (angelehnt an das Wort „agil“) beinhalten ein geordnetes Vorantasten und Formen des Weges, während man ihn schon geht. Der Teil der Anforderungen, der zu Beginn der Arbeiten bekannt und klar ist, wird umgesetzt, während gleichzeitig eine Klärung für die noch unklaren Anforderungen herbeigeführt wird. Dies entspricht der Herangehensweise PSR (Rubin 2014, S. 39ff.). Der Hauptanwendungsbereich der agilen Methoden liegt in der Domäne des Komplexen (im Sinne von „viele Ziele, viele Wege“). Beispiele für derartige Projekte sind neben der Erstellung von Softwarelösungen auch Veränderungsprojekte (Changemanagement) und viele Projekte im sozialen Bereich. Abbildung 5: Das Cynefin Framework Quelle: Margit Sarstedt 2021 in Anlehnung an Rubin 2014, S. 39ff. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der durch einfache Rahmenbedingungen charakterisierte Fall üblicherweise im Umfeld von Produktionen und Ähnlichem vorliegt, also einem Bereich, der nicht mit Projektmanagement, sondern operativem Management abgedeckt wird (SCR). Liegen chaotische Rahmenbedingungen vor, so ist die Managementmethode ebenfalls nicht das Projektmanagement, sondern eine eher direktive Art des Managements, bis zumindest eine Grundordnung geschaffen ist (ASR). Im weiteren Verlauf dieses Skriptes wird der Schwerpunkt auf dem klassischen Projektmanagement liegen. 25 1.3 Einbindung eines Projektes in die Unternehmensorganisation In der Betriebswirtschaftslehre versteht man unter einer Unternehmensorganisation ein System mit dauerhaft angelegten Regeln, die als Instrument der Geschäftsleitung angesehen werden können (Weuster 2008, S. 1). Dabei wird in Aufbauorganisation (vertikale Hierarchie durch Definition von Abteilungen und Stellen) einerseits sowie Ablauforganisation (horizontale Abläufe, Geschäftsprozesse) andererseits unterschieden (Weuster 2008, S. 6). Entsprechendes gilt für eine Projektorganisation. Im Gegensatz zur dauerhaft angelegten Unternehmensorganisation handelt es sich bei der Projektorganisation um eine zeitlich begrenzte Organisationsform. An die Stelle von Abteilungen und Stellen treten dabei Rollen, die jeweils eine mit Befugnissen und Verantwortung ausgestattete Position in einem Projekt beschreiben (Timinger 2017, S. 70). Konkret müssen die Rollen von Projektmanager, Teilprojektmanager, Projektcontroller sowie Projektmitarbeiter definiert und allen Teammitgliedern bekannt sein. Gleiches gilt für die Arbeitsabläufe und Kommunikationswege innerhalb des Teams. Damit sind Projektaufbau- und Projektablauforganisation innerhalb des Teams vereinbart (projektinterne Organisation). Hinzu kommt die Positionierung des Projektteams in Relation zu der restlichen Organisation. Auch hier gilt es, die Verknüpfung des Projektes mit anderen organisatorischen Einheiten im Unternehmen eindeutig festzulegen (projektexterne Organisation). Nachfolgend wird näher darauf eingegangen, wie die Projektorganisation in die Unternehmenskultur eingebunden ist. Die beste Art der Einbindung des Projektes in die Organisation ist stark abhängig von der Organisationgröße und der Größe des Projektes selbst. So werden beispielsweise die Projekte „Aufräumen eines kleinen Werkstattbetriebes“, „Austausch eines Messgerätes im Labor“ und „Einführung eines vereinheitlichten ERP-Systems in der internationalen Konzernstruktur“ jeweils organisatorisch völlig anders eingebunden sein. Sekundärorganisation Diese Organisationsform überlagert die Primärorganisation. Im Gegensatz zum hierarchischen Aufbau der Primärorganisation ist sie hierarchieübergreifend und ergänzt diese. Projektmanagementorganisationen sind somit Sekundärorganisationen. 26 Die Art der Projekteinbindung in die Organisation bestimmt die Interaktion zwischen dem Projektteam als Ganzem und dem Rest der Organisation. Sie wirft organisatorische, personelle und zwischenmenschliche Herausforderungen auf. Die Gründe dafür liegen vor allem darin, dass eine Projektstruktur eine Sekundärorganisation darstellt und definitionsgemäß nur für eine gewisse Zeit existiert. Zudem werden die Projektteammitglieder für diese Zeit aus unterschiedlichen Teilen der Gesamtorganisation zusammengezogen und in einem Team zusammengeführt. Die hierdurch aufgeworfenen Fragestellungen umfassen Eingriffe in die fachlichen Hoheitsgebiete von Funktionsträgern in der Organisation, die Einsatzplanung und Regelungen zur Weisungsbefugnis, die Mitarbeiterbeurteilung und Mitarbeiterentwicklung, die nach Projektende notwendige Wiedereingliederung der Projektteammitglieder in die Linienorganisation und vieles mehr. Es existieren verschiedene Lösungsansätze der organisatorischen Realisierung einer Projektorganisation. Nachfolgende Zusammenstellung (angelehnt an Jenny 2019, S. 176ff.) zeigt einige Grundformen auf und stellt die jeweiligen Vor- und Nachteile dar. Linien-Projektorganisation Diese Form der Projektorganisation, oft auch „reine Projektorganisation“ genannt, zeichnet sich dadurch aus, dass das Projektteam ein eigenständiges Team bildet, welches von der restlichen Organisation unabhängig agiert. Damit ist die Projektorganisation in die Linienorganisation eingegliedert. Idealerweise sind Projektmanager und Projektteammitglieder für die Zeitdauer des Projektes vollständig in diese temporäre Organisationseinheit versetzt und haben in dieser Zeit keine Verpflichtungen in ihrer eigentlichen Abteilung. Der Projektmanager hat fachliche und disziplinarische Weisungsbefugnis gegenüber seinen Mitarbeitern. In seiner eigenen Berichtslinie berichtet er gleichberechtigt mit anderen Abteilungsleitern an die übergeordnete Stelle. Nachfolgende Abbildung zeigt dies am Beispiel von den drei dauerhaft installierten Abteilungen A, B und C sowie der temporären Abteilung des Projektes. Die Mitarbeiter des Projektteams stammen aus verschiedenen Abteilungen und fehlen dort während der Laufzeit des Projektes. Linienorganisation Hierunter versteht man die Beschreibung der Hierarchielinie(n) in einem Unternehmen. In einer Einlinienorganisation hat jeder Mitarbeiter genau einen Vorgesetzten. Abbildung 6: Linien-Projektorganisation (reine Projektorganisation) Quelle: Margit Sarstedt 2021. Die Linien-Projektorganisation eignet sich für komplexe Vorhaben mit Beteiligung jeweils weniger Experten aus mehreren Fachabteilungen. Die Beteiligten können sich voll auf das Projekt konzentrieren und mit diesem identifizieren. Die Entscheidungswege im Team sind kurz, und durch die klare Weisungsbefugnis des Projektmanagers können sie schnell und effizient umgesetzt werden. Die Budgets können entsprechend den Richtlinien des Unternehmens dem Projektmanager zugeordnet werden. Auf der negativen Seite birgt diese Organisationform die Gefahr der zu großen Spezialisierung und damit Isolierung durch die enge Aufgabenkonzentration. Die Auslastung der einzelnen Projektteammitarbeiter kann schwanken, da Aufgaben nicht verschoben werden 27 können, die mit anderen Vorhaben parallel laufen. Auch sind die aufwendige und manchmal auch schwierige Ausgliederung der Mitarbeiter aus ihren Abteilungen sowie deren nicht immer leichte Rückintegration zu bedenken. Stab-Linien-Projektorganisation Diese Projektorganisation ist unter verschiedenen Namen bekannt. So ist auch der Begriff der Stabs-Projektorganisation gängig. Ebenso verwendet wird der aussagekräftige Name des Einflussprojektmanagements oder der Einflussorganisation. Stabsfunktion Hierunter versteht man die an Leitungsfunktionen angegliederten unterstützenden Funktionen, die selbst jedoch ohne Leitungsverantwortung sind. Stabsaufgaben bestehen typischerweise in planerischen und vorbereitenden Tätigkeiten für die Leitungsfunktion zur Entscheidungsfindung. Der Projektmanager ist im Sinne einer Stabsfunktion direkt der Unternehmensleitung unterstellt. Er koordiniert den Projektverlauf, hat jedoch gegenüber den Projektmitarbeitern keine Weisungsbefugnis. Diese bleibt bei den Linienvorgesetzten. Die Position des Projektmanagers ist hierbei also einerseits schwach, da er den Mitarbeitern gegenüber nicht die Rolle eines Vorgesetzten hat. Andererseits ist seine Position stark, da er durch seine organisatorische Nähe zur Unternehmensleitung eine informelle Autorität besitzt. Er wirkt über seinen Einfluss auf die Abteilungsleiter und – je nach Absprachen zwischen allen Beteiligten – ggf. auch auf die einzelnen Mitarbeiter. Er bleibt jedoch darauf angewiesen, dass er die Rückendeckung der Leitungsfunktion hat, an die er berichtet. Seine Verantwortlichkeit für die Umsetzung des Projektes ist damit ebenfalls nicht immer klar definiert. Auf jeden Fall verantwortet er die korrekte Informationsweitergabe, die Analyse der Projektzusammenhänge und die Einschätzung der Handlungsoptionen. Das wichtigste Argument für die Verwendung dieser Form der Projektorganisation ist aus Sicht des Unternehmens der volle Erhalt der Aufbau- und Ablauforganisation und die damit verbundene nur geringe negative Auswirkung auf das laufende operative Tagesgeschäft. 28 Abbildung 7: Stab-Linien-Projektorganisation Quelle: Margit Sarstedt 2021. Geeignet ist die Stabs-Projektorganisation für Unternehmen, in denen nur wenige Projekte durchgeführt werden, die nicht dringend, wenig komplex oder wenig kostenintensiv und mit geringen Risiken verbunden sind. Vorteilhaft daran ist, dass sie flexibel ist, personell leicht und schnell realisiert werden kann, und dass gegen Projektende keine oder nur geringe Reintegrationsprobleme auftreten. Durch die abteilungsübergreifende Perspektive ist das Projekt nicht isoliert, sondern tief in den Arbeitsabläufen in der Organisation verwurzelt. Dadurch kommt es auch zu Synergieeffekten in fachlichen Fragen und einer größeren Flexibilität beim Mitarbeitereinsatz. Auf der negativen Seite stehen die mit der Definition einer Stabsfunktion verbundenen Fragestellungen der Verantwortlichkeiten zwischen dem Projektmanager und den Abteilungsleitern, die sich in Ressourcen-, Interessens- und Machtkonflikten manifestieren. Der Projektmanager ist in seiner Durchsetzungskraft maßgeblich von der Rückendeckung durch das übergeordnete Management abhängig. Hierdurch entstehen längere Entscheidungs- und Umsetzungswege und lange Reaktionszeiten im Falle unvorhergesehener Ereignisse. Da alle Mitarbeiter grundsätzlich in ihren Abteilungen verbleiben, ist die Identifikation mit dem Projekt oft eher gering. 29 Matrix-Projektorganisation Zweilinienorganisation In einer Mehrlinienorganisation haben die Mitarbeiter mehrere Vorgesetzte für verschiedene Aspekte ihrer Arbeit. Die Matrixorganisation ist eine Zweilinienorganisation. Bei der Matrix-Projektorganisation wird der Projektmanager für die Dauer des Projektes von seinen normalen Aufgaben freigestellt, um die Leitung des Projektes zu übernehmen. Die Projektteammitglieder werden ihm fachlich-koordinativ zugeordnet, disziplinarisch bleiben sie jedoch ihrem Linienvorgesetzten unterstellt. Auch können sie weiterhin an Aufgaben in ihrer Abteilung arbeiten; der Prozentsatz der Zuordnung zum Projekt muss zwischen Projektmanager und Abteilungsleiter vereinbart werden. Sofern in einer Organisation mehrere Projekte parallel laufen, gibt es mehrere Projektmanager, die alle auf die gleichen Ressourcen zugreifen. Es entsteht das Bild zweier mit Entscheidungsbefugnissen ausgestatteten Achsen (die Projektmanager und die Abteilungsleiter), was die typische Konstellation einer Zweilinienorganisation darstellt. Die Bezeichnung Matrix ist also im Sinne eines Verantwortlichkeitsfeldes mit überkreuzten Verantwortlichkeiten (Projektmanager einerseits, Linienvorgesetzter andererseits) zu verstehen. Dabei ist es Sache der Verantwortlichkeitsträger, die jeweiligen Entscheidungsbefugnisse über fachliche und personelle Fragen festzulegen und abzugrenzen. Es ergeben sich unterschiedliche Ausprägungen der Stärke der Matrix, sie reicht von: „Projektmanager entscheidet nur über das was und wann“, bis hin zu „Projektmanager entscheidet auch über das wie, wo und womit“. Da in jedem Fall die disziplinarische Führung der Mitarbeiter bei den Linienvorgesetzten verbleibt, ergibt sich ein enormer Abstimmungsbedarf in personellen Fragen. Die beteiligten Führungskräfte müssen also ein hohes Maß an Kompetenz und Kooperationsbereitschaft mitbringen, um den Ressourceneinsatz gemeinschaftlich zu planen und zu steuern. Abbildung 8: Matrix-Projektorganisation Quelle: Margit Sarstedt 2021. 30 Dies ist nur dann erfolgreich möglich, wenn dem Projektmanager organisatorisch der Rücken gestärkt wird, um mit den Abteilungsleitern „auf Augenhöhe“ sprechen zu können. Die Rolle des Projektmanagers kann vielfältig gestärkt werden: Indem er in die jährlichen Mitarbeitergespräche seiner an Projekten arbeitenden Mitarbeiter einbezogen wird oder an den Abteilungsleiterrunden der Unternehmensleitung teilnimmt. Ebenso, wenn man eine spezielle Abteilung Projektmanagement mit eigenem Vorgesetzten bildet, der auf gleicher hierarchischer Stufe mit den Abteilungsleitern steht. Abbildung 9: Matrix-Projektorganisation mit Projektmanagementabteilung Quelle: Margit Sarstedt 2021. Die Matrix-Projektorganisation eignet sich für größere und länger laufende Projekte, insbesondere dort, wo die einzelnen Projektphasen eine unterschiedliche personelle Zusammensetzung erfordern. Der Projektmanager ist eindeutig und durchgängig verantwortlich für das Projektergebnis, während der Mitarbeitereinsatz sehr flexibel gestaltet werden kann und Mitarbeiter aufgabenbezogen ausgelastet werden können. Die fachlich übergreifende Arbeit und Denkweise wird gefördert, Aus- und Wiedereingliederungsprobleme treten (mit Ausnahme bei den Projektmanagern selbst) nicht auf. Nachteile liegen naturgemäß in der Zweilinienorganisation selbst. Der Abstimmungsprozess zwischen Projektmanagern und Abteilungsleitern ist selten perfekt; diese doppelte Berichtslinie kann für einzelne Mitarbeiter belastend sein. Auch operative Notwendigkeiten können für die reibungslose Abwicklung von Projekten in der Linienorganisation hinderlich sein. Es existiert häufig ein hohes Konfliktpotenzial aufgrund des hohen Abstimmungsbedarfs unter sich widersprechenden Anforderungen. Die Frage der Befugnisse des 31 Projektmanagers wurde weiter oben schon adressiert und sollte seitens des Managements von Anfang an geklärt werden, damit der Projektmanager seiner hohen Verantwortung gerecht werden kann. Projektgesellschaft Eine völlig andere Form der Projektorganisation stellt die Projektgesellschaft dar. Mit der Linien-Projektorganisation (reine Projektorganisation) wurde bereits eine organisatorisch eigenständige Projektorganisationsform aufgezeigt. Die Projektgesellschaft ist zudem rechtlich selbstständig. Es handelt sich also um ein externes Unternehmen, das mit der Durchführung eines Projektes beauftragt wird. Die Gesellschaft wird entweder neu für die Durchführung eines bestimmten Projektes geschaffen, oder sie existiert schon und soll das Projekt durchführen. Die Projektmitarbeiter sind bei der Projektgesellschaft angestellt und arbeiten als Team daran, das Vorhaben zu realisieren. Abbildung 10: Projektgesellschaft Quelle: Margit Sarstedt 2021. Diese Organisationsform eignet sich vor allem für Großprojekte von langer Dauer und großem Finanzvolumen. Beispiele für speziell gegründete Projektgesellschaften findet man bei großen Ausstellungen oder der Ausrichtung der Olympischen Spiele. Längerfristig existierende Projektgesellschaften kennzeichnen häufig das Baugewerbe. Während des Projektes kann sich das Projektteam vollständig auf die Projektanforderungen konzentrieren. Die Befugnisse sind zwangsläufig im Vertrag zwischen beiden Unternehmen geregelt. Als nachteilig ist zu bewerten, dass das Projekt durch diese vertragliche Fixierung unflexibel gegenüber Anforderungsänderungen wird. Zudem besteht die Möglichkeit, dass die Projektgesellschaft – oder die Mitarbeiter derselben – eventuell wenig Interesse an einem zügigen Ende des Projektes haben könnten, da der Auftrag oder die Gesellschaft selbst damit zum Ende kommt. 32 Projektorientiertes Unternehmen (Projektgeschäft) Zur Abrundung seien hier die Begriffe projektorientiertes Unternehmen und Projektgeschäft erläutert. Wurde in der bisherigen Betrachtung ein Projekt als Ausnahme von dem üblichen operativen Tagesgeschäft angesehen, legt ein projektorientiertes Unternehmen den Schwerpunkt auf die Durchführung von Projekten, die Linienorganisation tritt in den Hintergrund. Einige Branchen sind grundlegend projektorientiert, Projekte stellen die Grundlage ihres Geschäftsmodelles dar. So ist z. B. die Baubranche oder der Sonderanlagenbau geprägt von reinem Projektgeschäft. Die Arbeiten richten sich nach dem jeweiligen Kundenauftrag. In anderen Branchen, z. B. in der Hightech-Elektronik, sind die Produktlebenszyklen sehr verkürzt, wodurch verstärkt in Projekten gearbeitet wird. Die Mitarbeiter werden je nach den Marktbedürfnissen zusammengesetzt und betreuen einzelne Produktgenerationen. 1.4 Das primäre Ziel des Projektmanagements (magisches Dreieck) Jedes Vorhaben wird aus einem bestimmten Grund verfolgt. Aus diesem Grund leitet sich das Ziel ab, das es zu erreichen gilt. Das Projekt ist das Mittel, mithilfe dessen dieses Ziel erreicht werden soll. Für jedes Projekt gibt es also ein eigenes spezifisches Projektziel. Die klare Festlegung der Projektziele ist unabdingbare Voraussetzung für den Projekterfolg, denn nur auf Basis und anhand klarer Ziele kann eine gute Planung erfolgen sowie der spätere Erfolg oder Misserfolg des Projektes gemessen werden. Eine anerkannte Regel, um Ziele klar zu formulieren, liefert die SMART-Formel. Sie beschreibt, wie die inhaltlichen Projektziele ausformuliert werden sollten. Dabei steht S für spezifisch (konkret, präzise und eindeutig), M für messbar (quantitativ und qualitativ), A für attraktiv (positiv, motivierend), R für realistisch (erreichbar) und T für terminiert (zeitlich abgesteckt) (Timinger 2017, S. 58f.). Konkurrierende Ziele des Projektmanagements – das „magische Dreieck“ Hat man sich für klare Projektziele entschieden, so zeigt sich, dass einige der Ziele unterstützend aufeinander einwirken können (bspw. ist bei einem Hausbau das Ziel „Lage des Grundstücks mit guter Verkehrsanbindung“ förderlich für das Ziel „Fertigstellung des Hauses schnellstmöglich“). Andere Ziele stehen in Konkurrenz zueinander und behindern sich bei der Zielerreichung gegenseitig (bspw. steht das Ziel „Fertigstellung des Hauses schnellstmöglich“ mit dem Ziel „Haus muss unterkellert sein“ in Konkurrenz). Im Projektmanagement gibt es nun eine grundlegende Zielkonkurrenz (Zielkonflikte) zwischen den Projektzielen von Ergebnis, Kosten und Zeit. Die Zeitdauer für das Projekt und die anfallenden Kosten sollten minimiert werden, während das Ergebnis (Leistung, Qualität) des Projektergebnisses maximal sein soll (bzw. die Mängel sind minimal zu halten). 33 Ergebnis Unter Ergebnis versteht man im Projektmanagement das fertige Projektprodukt als Resultat der Arbeiten im Projekt. Der Begriff Leistung wird dabei häufig synonym verwendet. Diese Ziele können nicht alle gleichzeitig optimiert werden, es entsteht ein Spannungsfeld. Diese Zielkonkurrenz wurde aufgrund ihrer Allgemeingültigkeit als das „magische Dreieck des Projektmanagements“ bekannt (Timinger 2017, S. 384). Abbildung 11: Das „magische Dreieck“ des Projektmanagements Quelle: Margit Sarstedt 2021. Wird eine beliebige dieser Zielgrößen minimiert, führt dies zu Einbußen bei den jeweils anderen Zielgrößen. Die Zielgrößen sind nicht unabhängig voneinander. Wird der Leistungsumfang und/oder die Qualität erhöht, erhöhen sich die Kosten und/ oder die Projektdauer. Hat das Kostenziel Priorität, geht dies zulasten des Leistungs- und Qualitätsziels und/ oder des Zeitziels. Hat das Terminziel Priorität, steigen tendenziell die Kosten und/oder an Leistungsziel und Qualität müssen Abstriche gemacht werden. Die Aufgabe des Projektmanagers ist es, in diesem Spannungsfeld sein Projekt möglichst geschickt zu navigieren, Entscheidungen zu Prioritäten herbeizuführen und trotz dieses intrinsischen Spannungsfeldes die Nerven zu behalten. Projektmanagement ist insofern eine hohe Kunst. Gründe für das Scheitern von Projekten Scheitern eines Projektes Das Leistungsziel gilt als nicht erreicht, wenn die Endabnahme des Projektergebnisses nicht erfolgreich ist. 34 Vom Scheitern eines Projektes kann man grundsätzlich dann sprechen, wenn die vordefinierten Projektziele nicht erreicht wurden. Es gibt viele Gründe, warum Projekte scheitern können. Eine Studie von 2007 ermittelte bei 90 befragten Unternehmen als häufigste Ursache des Scheiterns „unklare Anforderungen und Projektziele“. Danach folgen auf Platz zwei und drei die Punkte „fehlende Ressourcen bei Projektstart“, „unzureichende Projektplanung“ (Möller/Pfeifer 2007, S. 13). Alle der genannten drei Punkte gehören zur Vor- und Startphase des Projektes. Dies zeigt die Bedeutung einer guten Projektvorbereitung. Insbesondere eine klare Zieldefinition ist bei der Durchführung eines klassischen Projektes bedeutsam. Die Planungsschwierigkeit, in sehr komplexen Vorhaben die Ziele genügend exakt zu definieren, hat zur Herausbildung des agilen Vorgehens in Projekten geführt (vergleiche auch das Cynefin Framework). In weniger komplexen Vorhaben, in denen der klassische Projektansatz greift, sollte in der Vorphase genügend Zeit und Mühe darauf verwendet werden, die Projektziele exakt zu formulieren und deren gemeinsames Verständnis herauszuarbeiten. Projektziele Um zu beurteilen, ob das Ziel erreicht ist, werden häufig Spannen definiert (z. B. Leistung der Anlage mindestens 90 % vom Sollwert, Zieldatum plus 4 Wochen, Kosten maximal 10 % über Budget). ZUSAMMENFASSUNG Projekte werden in der Menschheit schon seit Tausenden von Jahren durchgeführt. Die in unserer heutigen Zeit verwendeten Projektmanagementmethoden wurden im 20. Jahrhundert entwickelt und werden von weltweit existierenden Projektmanagementinstituten gepflegt und vermittelt. Projektmanagement ist nur eine von vielen Arbeitsformen in einer Organisation, die jedoch mit den anderen, gleichzeitig existierenden Arbeitsformen (Portfolio- und Programmmanagement, Produktmanagement, strategisches Management, operatives Management, Prozessmanagement, Changemanagement) interagiert. Es gibt viele verschiedene Projektmanagementmethoden, die alle ihre Stärken und Schwächen haben und deren Einsatz sich in jeweils unterschiedlichen Situationen anbietet. Dabei stellen die agilen Methoden eine Sonderform dar, deren Einsatzgebiet sich aus Cynefin Framework im Bereich des komplexen Projektumfeldes ablesen lässt. Neben der ausgewählten Projektmanagementmethodik spielt auch die gewählte Form der Projektorganisation (Linien-Projektorganisation, Stab-LinienProjektorganisation, Matrix-Projektorganisation, Projektgesellschaft) eine entscheidende Rolle für die Durchführung und den Erfolg eines Projektes. Dieser Erfolg kann daran gemessen werden, wie gut die vorab definierten Ziele erreicht und die dafür zu Beginn bereitgestellten Ressourcen eingehalten wurden. Das magische Dreieck des Projektmanagements verdeutlicht den intrinsischen Zielkonflikt in Projekten, der sich aus der Forderung nach kurzer Zeitdauer, niedrigen Kosten und hohem Ergebnisumfang mit guter Qualität ergibt. Scheitern Projekte – werden also eines oder mehrere Ziele nicht erreicht –, ist dies häufig auf mangelnde Zieldefinition und fehlende Rückendeckung für den Projektmanager zurückzuführen. 35 LEKTION 2 DIE VORPHASE DES PROJEKTES LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie in der Lage sein, … – – – – Zielfindungsprozesse durchzuführen und Zielanalysen anzuwenden. Aufwände zur Projektrealisierung abzuschätzen. den Prozess der Beauftragung und Ressourcenzuordnung zu beschreiben. eine Grobplanung der Phasen eines Projektes zu erstellen. 2. DIE VORPHASE DES PROJEKTES Aus der Praxis In der Produktion der CanDo GmbH können die zugesagten Lieferzeiten nicht mehr eingehalten werden und auch der Anteil an fehlerhaft produzierten Teilen steigt. Nachdem die Geschäftsleitung der CanDo GmbH die Lage analysiert und den Austausch der Großanlage P2 in der Produktion ins Auge gefasst hat, stellen sich konkrete Fragen: Woran ist zu denken? Welche Aufwände verursacht der Austausch der Produktionsanlage? Lohnt sich das Vorhaben im wirtschaftlichen Sinne? Und wenn ja, wer soll das alles organisieren? Schnell wird klar, dass man über ein größeres Projekt spricht, für das ein dedizierter Projektmanager die Steuerung übernehmen soll. Andrea Reichenbach wird für diese Rolle identifiziert und in die Vorüberlegungen zur Grobplanung der insgesamt notwendigen Ressourcen sowie der Hauptphasen des Projektes mit einbezogen. 2.1 Analyse der Situation, Zielfindung, Aufwands- und Rentabilitätsabschätzung In den beiden Phasen Projektvorbereitung und Projektstart entscheidet sich zu einem großen Teil der spätere Erfolg eines Projektes. Während der Projektvorbereitung ist zudem verbindlich zu entscheiden, ob das Projekt durchgeführt oder nach den hier stattfindenden Analysen doch nicht gestartet werden soll. Dies sind Managemententscheidungen, die auf konkreten Daten und Analysen aufbauen. Situationsanalyse Um spätere Überraschungen im Projekt zu vermeiden und mögliche Risiken einschätzen zu können, gilt es zunächst, in einer Situationsanalyse das angedachte Projekt in seinem vollen Kontext zu begreifen. Hierzu gehören im Wesentlichen nachfolgend gelistete Punkte: Interessensgruppen Dazu zählen alle Organisationen und Individuen, die an der Durchführung 38 Klärung des genauen Bedarfs des internen Interessenträgers bzw. externen Auftraggebers; Erarbeitung eines Verständnisses von Historie und Umfeld, ausgrund dessen das Anliegen entstanden ist; Betrachtung der Umfeldbedingungen (Markt- und Mitarbeitersituation, regionale und administrative Abhängigkeiten, verschiedene Interessensgruppen); Prüfung, ob die Kriterien für ein Projekt vorliegen: ◦ eindeutiges und definiertes Ziel, ◦ zeitliche Befristung, ◦ Einmaligkeit, ◦ Neuartigkeit, ◦ Komplexität, ◦ begrenzte Ressourcen, ◦ Risiko des Scheiterns, ◦ funktionsübergreifende Bearbeitung; Klärung der Frage, ob es Alternativen zu dem Vorhaben gibt; Durchführung einer inhaltlichen Machbarkeits- und Risikoanalyse. des Projektes ein Interesse haben oder davon betroffen sind. Man spricht hierbei auch von Stakeholdern. Basierend auf dem sich daraus ergebenden Verständnis der Ausgangslage werden im Folgenden die Ziele, die Aufwände und die Rentabilität intensiv beleuchtet. Zielfindung und Zielanalyse In jedem Vorhaben gibt es ein Ziel (z. B. der Bau einer Brücke), das sich aus einem übergeordneten Ziel ableitet (die leichtere Überquerung des Flusses), welches nach Erreichung des Projektergebnisses (der Brücke) einen gewünschten Zweck erfüllt (kürzere Verbindung zwischen zwei Orten) und einen Nutzen ergibt (Einsparungen durch die kürzere Verbindung). Hieraus entstehen verschiedene Zielkategorien und eine Zielhierarchie; gemeinsam stellen sie die Projektziele eindeutig klar. Diese Zielklärung ist Grundlage, um Projektabläufe gut zu planen, für ein ergebnisorientiertes Arbeiten, für das Projektcontrolling in der Umsetzungsphase und um später den Zielerreichungsgrad zu ermitteln. Darüber hinaus werden durch den Prozess der Zielklärung auch die anfangs eventuell unterschiedlichen Erwartungshaltungen aller Beteiligten nivelliert – wird das Projekt dann durchgeführt, beugt dieser einem Abdriften vom Weg vor. Die Ziele eines Projektes können grundlegend in Haupt-, Neben- und Nichtziele unterschieden werden. Die Hauptziele leiten sich aus dem ursprünglichen Grund für das Projekt ab (bspw. Bau einer Brücke zur leichteren Überquerung eines Flusses). Nebenziele sind Unternehmensziele, die mit der Projektdurchführung selbst gleichzeitig erreicht werden sollen (bspw. Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Erhöhung des Know-hows im Projektmanagement). Die Nichtziele sind von besonderer Bedeutung, da sie den angestrebten Umfang des Projektes abgrenzen gegenüber anderen, nicht zum Projektumfang gehörenden Zielen (bspw. Anlegen neuer Grünanlagen am Flussufer) (Gareis 2006, S. 236ff.). Zielklärung „Der Ziellose erleidet sein Schicksal – der Zielbewusste gestaltet es“, Immanuel Kant, 1724– 1804 (Bayer/Beck 2009, S. 22). Abdriften vom Weg „Kaum verloren wir das Ziel aus den Augen, verdoppelten wir unsere Anstrengungen“, Mark Twain, 1835–1910 (Osterhammel 2016, S. 32). Die Hauptziele enthalten Aussagen zu allen drei Dimensionen des magischen Dreiecks (Leistung, Zeit, Kosten). Die Leistungsziele müssen detailliert und eindeutig formuliert sein. Sie werden mit Lastenheft und Pflichtenheft zwischen den Verhandlungspartnern erarbeitet und dokumentiert. Der Zeitaufwand hierfür kann enorm sein, da in diesem Schritt die ursprüngliche Projektidee („Bau einer Brücke“) mit allen funktionellen und technischen Details (Höhe der Brücke, Anzahl der Fahrspuren, Materialien, Design …) untersetzt wird. Auch sind in diesem Schritt die Qualitätsziele (Materialeigenschaften, angestrebte Lebensdauer, geforderte Toleranzen …) festzulegen. Wirklich bedeutsam ist es, die Leistungsziele exakt zu formulieren, denn am Ende des Projektverlaufs nimmt der in- oder 39 Lastenheft und Pflichtenheft Im Lastenheft beschreibt der Auftraggeber seine Erwartungen an das Projektergebnis. Der Auftragnehmer überführt das Lastenheft in das Pflichtenheft, in dem technische Details sowie der Weg zur Realisierung festgelegt werden. externe Auftraggeber das im Projekt erarbeitete Ergebnis, das sogenannte Projektprodukt, anhand des Lastenheftes und der darin spezifizierten Prüfmethoden und Prüfkriterien ab. Mit der Definition der Ziele und Zwischenziele rückt auch die zeitliche Dimension in den Fokus. Die zeitlichen Ziele beinhalten Aussagen über den Start- und Endtermin des Projektes sowie die zeitliche Lage der vereinbarten Zwischenziele. Der Punkt Kosten enthält alle Aufwände, die in die Umsetzung des Projektes einfließen. Im Gegensatz zu den Projektzielen sind die Aufwände in dieser Vorphase des Projektes meist nicht exakt zu ermitteln und müssen oft geschätzt werden. Hinzu kommen können themenspezifische Nebenziele aus den Bereichen der Unternehmensstrategie und Öffentlichkeitsarbeit, der Umwelt- und Nachhaltigkeitsanforderungen sowie gesellschaftliche und soziale Gesichtspunkte. Alle diese Ziele müssen nun in kleinere Einheiten heruntergebrochen werden, um weitere Details zu erfassen. Dies kann schnell unübersichtlich werden. Zudem greifen die verschiedenen Ziele ineinander und beeinflussen sich gegenseitig. Zielhierarchie Zielhierarchie Die definierten Projektziele und Unterziele werden auf ihre inhaltliche Zusammengehörigkeit hin untersucht und in Form einer logisch nachvollziehbaren Über- und Unterordnung dargestellt. 40 Eine geeignete Ordnungsstruktur stellt die sogenannte Zielhierarchie dar. Die Ziele werden in verschiedenen Detaillierungsgraden dargestellt und verästeln sich nach unten hin immer weiter. Hierdurch können alle Teilzeile erfasst und übersichtlich dargestellt werden, was eine Prüfung auf Vollständigkeit erlaubt und Zusammenhänge erkennbar macht (Timinger 2017, S. 60). Nachfolgende Abbildung verdeutlicht dies wiederum anhand des Beispiels der oben diskutierten Brücke. Abbildung 12: Zielhierarchie am Beispiel des Baus einer Brücke Quelle: Margit Sarstedt in Anlehnung an Timinger 2017, S. 60. In dieser Darstellung teilen sich die Projektziele auf in die zwei Zielgruppen der Ergebnisziele (die angestrebten Ergebnisse des Projektes) und die Prozessziele (die Erwartungshaltung gegenüber Projektmanager und Projektteam, wie und mit welchen Prozessmitteln das Projekt gesteuert werden soll). Zielklassen, Zielunterklassen, Ziele und Unterziele dienen dazu, die Ziele zu immer kleinerer Granularität herunterzubrechen. Bei jedem Ziel ist zu überlegen, wie sich die Zielerreichung messen lässt, hierzu dienen die Bewertungskriterien. Die Zielerreichung schließlich wird an der vorgegebenen Maßzahl, dem Maß der Zielerreichung, gemessen (angelehnt an Timinger 2017, S. 60). Zielmatrix Ein weiteres hilfreiches Mittel zur systematischen Analyse der Ziele stellt die Zielmatrix dar. Damit können die einzelnen Ziele auf gegenseitige Verträglichkeit geprüft werden. 41 Abbildung 13: Generisches Beispiel für eine Zielmatrix Quelle: Margit Sarstedt in Anlehnung an Peterjohann 2012, S. 11. Die Ziele werden horizontal und vertikal aufgetragen. In den Kreuzungspunkten der Matrix wird untersucht, ob sich eine gegenseitige Beeinflussung der Ziele erkennen lässt. Dabei kann die Diagonale der Matrix ausgeschlossen werden, da ein Ziel nicht mit sich selbst verglichen wird (X). Ziele, die sich gegenseitig nicht beeinflussen, können als neutral betrachtet werden (N). Die sich gegenseitig beeinflussenden Ziele stehen entweder im Konflikt oder unterstützend zueinander (K bzw. U). Als Ergebnis sollten Ziele, die im Konflikt zueinander stehen, frühzeitig im Projekt beachtet werden. Dadurch lassen sich daraus potenziell ergebende Probleme vermeiden oder einschränken (Peterjohann 2012, S. 11). Aufwandsabschätzung Die Entscheidung für oder gegen die Durchführung eines Projektes beruht unter anderem auf einer Abschätzung der notwendigen Aufwände (Personalkosten, Materialkosten, Maschinenkosten, Infrastrukturkosten …). Eine Aufwandsabschätzung erfolgt in zwei Schritten: Prognosen Zur Vorhersage von zukünftigen Aufwänden können qualitative Methoden (Einschätzung von Experten basierend auf persönlichen Erfahrungswerten) und quantitative Methoden (mathematische Schätzverfahren basierend auf früheren Daten) eingesetzt werden. Eventualitäten Für den planerischen Sicherheitsaufschlag wird 42 1. Die erwarteten Arten von Aufwänden werden aufgelistet. 2. Die Aufwände werden durch aussagekräftige Prognosen quantifiziert. Arten von Aufwänden Die Aufwände bzw. Ressourcen sind in jedem Projekt anders. So erfordert das oben angeführte Beispiel des Baus einer Brücke völlig andere Arten von Ressourcen als z. B. die Erstellung einer neuen Softwareapplikation. Nachfolgende Tabelle soll – wiederum am Beispiel der Brücke – einen Eindruck einer möglichen Aufstellung der benötigten Ressourcen und der relevanten fraglichen Größen geben. Hierbei gehen der Materialbedarf, der Personalbedarf, der dauerhafte oder zeitweise Bedarf an Maschinen und Messmitteln und Transportmöglichkeiten, der Personalbedarf in allen seinen Facetten, zusätzliche Kosten durch externe Dienstleister sowie behördliche Kosten ein. Dazu ist immer auch ein Sicherheitsaufschlag für unvorhergesehene Ereignisse, auch als Eventualitäten bezeichnet, mit vorzusehen. Tabelle 4: Beispielhafte Aufwände für den Bau einer Brücke Art Beispiele relevante Größen Material Stahl, Beton, Träger, Gitter, Verschraubungen, Farbe Mengenabschätzungen, Materialpreise und Transportkosten Maschinen und Messmittel Transporter, Kräne, Entfernungsmesser Anzahl, Zeitdauer, Kosten der Maschinenstunden besondere Transportmittel Schwerlasttransporter Anzahl, Zeitdauer, Mietkosten und Zeit/Kosten für Genehmigungsanträge Infrastruktur Baucontainer, IT-Ausstattung und Telekommunikation Menge und Zeitdauer des Bedarfs, laufende Kosten Leitung Projektmanager, Projektcontroller typische Gehaltsstufen Projektteam Planungsteam, Teilprojektleiter Anzahl, typische Gehaltsstufen weiteres Personal Bauingenieure, Bauarbeiter Anzahl, mittlere Personalkosten pro Gruppe externe Dienstleister Anwälte, Architekten, Gerüstbauer Mengen- und Marktpreiseabschätzung Genehmigungen Baugenehmigung, Sperrungen behördliche Kostenstruktur Sicherheitsaufschlag zum Ausgleich von Schätzungenauigkeiten und Unvorhergesehenem Pauschalen basierend auf Erfahrungswerten häufig auch die englische Bezeichnung Contingencies verwendet. Quelle: Margit Sarstedt 2021. Abschätzung des Personalbedarfs Für die Abschätzung des Personalbedarfs reicht es nicht, die Gesamtmenge der Arbeit in Arbeitsstunden umzurechnen und damit die Zahl benötigter Mitarbeiter. Vielmehr sind die Arten der Tätigkeiten aufzusplitten und die dafür benötigte Qualifikation. Zusammen mit den jeweiligen Stundensätzen ergibt sich eine Kostenabschätzung für den Personalbedarf. Diesen den einzelnen Projektphasen zuzuordnen, ist für eine reine Aufwandsabschätzung zu diesem Zeitpunkt noch nicht nötig, kann jedoch als Grundlage für eine Entscheidung über die Durchführung des Projektes im Vergleich zu anderen laufenden Projekten sinnvoll sein. Schätzverfahren für Materialaufwände Die Schätzung der Materialkosten, der benötigten Mengen und der notwendigen Arbeitsstunden erzeugt selbst erhebliche Aufwände, die – abhängig von den Projektzielen und den gegebenen Randbedingungen – unterschiedlich umfangreich und im Ergebnis unterschiedlich sicher sind. So ist die Aufwandsabschätzung für ein Innovationsprojekt mit vielen Unbekannten anders ausgeprägt als die Aufwandsabschätzung für ein Vorhaben ähnlichen Inhalts und ähnlicher Struktur von früher durchgeführten Projekten. Die 43 anzuwendenden Schätzverfahren müssen daher passend für die jeweilige Situation ausgewählt werden. Obwohl es dabei das Ziel ist, möglichst genau zu schätzen, ist es grundlegend nicht möglich, eine absolute Exaktheit zu erreichen (Jenny 2019, S. 885). Im Wesentlichen unterscheidet man: Analogievergleich In dem hier betrachteten Zusammenhang bedeutet dies eine Schätzung basierend auf Daten eines früheren, ähnlichen Vorhabens. Extrapolation Hierunter ist die Fortführung eines in der Vergangenheit beobachteten Trends zu verstehen. Analytische Schätzverfahren: Hier erfolgt eine detaillierte Einzelbetrachtung und Quantifizierung jedes einzelnen Aufwands (bspw. das Abzählen der für dieses spezielle Vorhaben benötigten Brückenpfeiler). Diese Verfahren werden angewandt, wenn die Sachlage klar bekannt ist und der Aufwand zur Ermittlung der exakten Daten im Verhältnis zu den geschätzten Aufwänden selbst klein ist. Pauschale Abschätzungen: Sie beruhen auf persönlichen oder datenbasierten Erfahrungswerten (bspw. die Erfahrung, wie viele Verschraubungen pro Brückenpfeiler üblicherweise benötigt werden). Erfahrungsbasierte Schätzverfahren, Analogievergleiche und Extrapolationen werden angewandt, wenn die Details des Vorhabens von Unsicherheiten geprägt sind und es unverhältnismäßig aufwendig wäre, die exakten Daten zu ermitteln. Eine Methode, die gerade bei Innovationsprojekten eine besondere Rolle spielt, ist die Delphi-Methode. Hierbei werden mehrere Experten gebeten, einen Schätzwert abzugeben. Es erfolgt eine Mittelwertbildung über die genannten Schätzwerte. Bei einer großen Spannweite der Schätzungen werden die Randwerte besonders betrachtet und bezüglich der eingeflossenen Grundannahmen diskutiert. Nach der fachlichen Diskussion schätzen die beteiligten Experten erneut, dies stellt dann erfahrungsgemäß aufgrund des erfolgten Klärungsprozesses eine recht gute Schätzung dar (Timinger 2017, S. 429). Nutzen des Projektes Kosten-Nutzen-Analyse Sie dient dem Vergleich der vorhergesehenen Kosten (den Aufwänden) zu den erwarteten Ergebnissen (dem Nutzen) und hat das Ziel, die Entscheidung für oder gegen die Investition zu ermöglichen. Die Durchführung eines Projektes stellt eine Investition in die Zukunft dar. Mit dem Projektergebnis erhofft man sich einen späteren Nutzen, der quantifizierbar sein sollte und zudem meist – jedoch nicht notwendigerweise – in einem monetären Zusammenhang steht. Den abgeschätzten erwarteten Aufwänden steht für die Abwägungen des Für und Wider einer Entscheidung über den Projektstart also grundlegend der erwartete Projektnutzen gegenüber (Kosten-Nutzen-Analyse). Der Nutzen eines Projektes besteht aus Anteilen eines direkten Nutzens und eines indirekten Nutzens. Der direkte Nutzen ergibt sich direkt aus dem Projektergebnis und fällt im Wesentlichen mit den Hauptzielen des Projektes zusammen. Er kann weiterhin differenziert werden in die gut quantifizierbaren direkten Einsparungen, die vermiedenen Kosten, die schwer quantifizierbaren Nutzenanteile sowie in eine Erhöhung der Einnahmen. Der indirekte Nutzen ergibt sich aus den nützlichen Auswirkungen des Projektergebnisses auf andere, von den Hauptzielen des Projektes unabhängigen Themen und kann im Bereich technischer Neuerungen oder im Bereich der Marktvorteile liegen. Hierdurch ergibt sich nachfolgend skizzierte Aufteilung mit Beispielen für die verschiedenen Nutzenkategorien (angelehnt an Jenny 2019, S. 391f.). 44 Abbildung 14: Nutzenkategorien eines Projektes mit Beispielen Quelle: Margit Sarstedt in Anlehnung an Jenny 2019, S. 391f. Zudem soll der nicht monetäre Nutzens im Sinne der Erfüllung persönlicher Interessen und Vorlieben erfasst werden. Ein Beispiel hierfür könnte die Entscheidung für den Bau eines Hauses in der Nähe des eigenen Geburtsortes, trotz der damit verbundenen höheren Kosten, sein. Auf Basis einer solchen Kosten-Nutzen-Betrachtung kann nun einerseits eine ROI-Berechnung (Berechnung des Return-on-Investments oder der Kapitalrentabilität) erfolgen, aufgrund derer die Entscheidung für oder gegen das Projekt getroffen wird. Andererseits können auch teilweise oder vollständig in den strategischen Bereich fallende Überlegungen mit in den Entscheidungsprozess einfließen und die Richtung der anstehenden Managemententscheidung prägen. Return-on-Investment Hierunter versteht man in der Betriebswirtschaft die Maßzahl der Rendite in Relation zum eingesetzten Kapital. Der ROI macht also eine Aussage darüber, ob ein Vorhaben sich wirtschaftlich lohnt. 45 2.2 Beauftragung eines Projektes und Ressourcenzuordnung Hat sich das Management für die Durchführung des Projektes entschieden, sollte dies in geeignetem Personenkreis verkündet werden, sodass die betroffenen Bereichs- und Abteilungsleiter den notwendigen Ressourcenvorhalt frühzeitig einplanen können. Das Projekt muss ordnungsgemäß beauftragt und später überwacht werden. Dafür wird nun managementseitig ein Gremium zusammengesetzt, das dem zu startenden Projekt übergeordnet wird. Dieses Gremium – meist Lenkungskreis, Lenkungsausschuss oder Steering Committee genannt – hat die managementseitige strategische Verantwortung für das Projekt und fungiert als interner Auftraggeber dem Projektmanager und dem Projektteam gegenüber. Die Rolle des Lenkungsausschusses und des internen Auftraggebers kann bei kleineren Projekten auch von einem einzelnen Manager ausgeübt werden (Jenny 2019, S. 188). Um einer möglichen Verwechslung der verwendeten Begrifflichkeiten entgegenzuwirken, wird noch einmal zusammengefasst: Ein externer Auftraggeber – meist ein Kunde – erteilt seinen Auftrag an das Unternehmen. Dieses nimmt den Auftrag entgegen, wobei im Außenverhältnis der Geschäftsführer oder Vorstand als Vertragspartner des externen Auftraggebers auftritt. Einen externen Auftraggeber kann es nur im Falle einer externen Beauftragung des Unternehmens geben. Ein interner Auftraggeber – meist aus den Reihen des Managements – wird managementseitig eingesetzt, um einerseits dem Projektmanager als Vorgesetzter und damit als Eskalationspfad für Entscheidungen außerhalb der Befugnisse des Projektmanagers zu dienen, andererseits um das Team des Topmanagements in dieser Rolle zu entlasten und die notwendigen Entscheidungen zu bündeln. Einen internen Auftraggeber gibt es sowohl im Falle eines externen als auch im Falle eines internen Projektes. Die konkreten Aufgaben des internen Auftraggebers beinhalten im Wesentlichen nachfolgend gelistete Punkte (angelehnt an Jenny 2019, S. 188f.): 46 Leitung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (s. o.); Formulierung des Projektauftrages; Grobplanung der Phasen und Meilensteine; Auswahl, Benennung und Empowerment des Projektmanagers; Definition von Kompetenzen und Beschränkungen des Projektmanagers; Zuteilung der personellen Ressourcen und Übertragung der Budgetverantwortung; Vorgesetztenrolle gegenüber dem Projektmanager und/oder Leitung des Lenkungsausschusses; Genehmigung der Projektorganisation; Managementsupport während der Projektlaufzeit; Kontrollpflicht und Abnahme der Projektberichte; Eskalationspfad, Risikoentscheidungen, strategische Steuerung. Nicht jede Situation kann vom Projektmanager allein entschieden werden. Manche Fälle übersteigen die dem Projektmanager übertragene Entscheidungsbefugnis, dann wird dieser die Sachlage seinem internen Auftraggeber zur Entscheidung vorlegen. Man spricht hierbei von einer Eskalation, womit ein Anheben des Themas auf eine höhere Hierarchiestufe gemeint ist. Der interne Auftraggeber stellt eine Stufe im sogenannten Eskalationspfad dar, d. h., in dem Pfad, der im Falle einer Entscheidungsfindung sukzessive zu gehen ist. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei das Empowerment des Projektmanagers durch den internen Auftraggeber. Hierunter wird üblicherweise die Übertragung begrenzter, z. B. themenbezogener Befugnisse verstanden. Hier wäre dies also die Übertragung einer Entscheidungsmacht an den Projektmanager, der somit gewisse Entscheidungen im Projekt auf seiner Ebene fällen kann. Dabei ist es aufgrund der abteilungsübergreifenden Natur eines Projektes entscheidend, dass dieses Empowerment in der gesamten Organisation bekannt gemacht und durchgesetzt wird. Dies muss der interne Auftraggeber leisten und dem Projektmanager volle Rückendeckung geben. Eskalation Ein Wort mit zwei Bedeutungen: 1. Konfliktmanagement: Steigerung der Heftigkeit der Auseinandersetzung. 2. Organisationslehre: Verlagerung einer Entscheidung auf eine höhere Hierarchieebene. Empowerment Die deutsche Übersetzung dieses Begriffes ist Ermächtigung. Jemanden zu „empowern“ bedeutet also, ihm die Macht für bestimmte Aktionen zu übertragen. Der interne Auftraggeber ist verantwortlich, sogenannte Risikoentscheidungen zu treffen oder alternativ eine Entscheidungsvorlage für das weiter höhere Management vorzubereiten. Eine Risikoentscheidung ist dabei eine zur Fortsetzung des Projektes notwendige Entscheidung zwischen zwei oder mehr Alternativen, wovon jede einzelne Möglichkeit erhebliche, jedoch unterschiedliche Unsicherheiten und Risiken in sich birgt. 2.3 Grobplanung des Projektes Interner Auftraggeber und designierter Projektmanager erarbeiten eine Grobplanung für den Projektablauf. Diese beinhaltet im Wesentlichen folgende Aspekte: organisatorische Festlegungen: ◦ Auswahl der anzuwendenden Projektmanagementmethode; ◦ Entscheidung über die Art der Projektorganisation; ◦ Ausgestaltung der internen Struktur des Projektteams; ◦ erste Überlegungen zur Auswahl der Teammitglieder; konkrete Festlegungen der Projektphasen und Meilensteine; erste Überlegungen zur Abschätzung von Projektrisiken. Organisatorische Festlegungen Auswahl der anzuwendenden Projektmanagementmethode Für die Auswahl der Projektmanagementmethode steht grundsätzlich die gesamte Palette der klassischen und agilen Methoden zur Verfügung. Im weiteren Verlauf dieses Kurses wird keine spezielle Methode angenommen, die Details orientieren sich jedoch an den Definitionen der DIN (DIN e. V. 2016a–k) sowie dem Standardwerk für Projektmanagementmethoden PMBOK (PMI 2017). 47 Entscheidung über die Art der Projektorganisation In die Wahl der Projektorganisation, also die Art von Führung und Eingliederung des Projektteams in die Gesamtorganisation, fließen verschiedene Überlegungen ein. Zum einen ist die Art des Projektes (Standardprojekt, Potenzialprojekt, Pionierprojekt, Akzeptanzprojekt) zu berücksichtigen. Hat z. B. in einem Akzeptanzprojekt die strategische Anbindung an den Vorstand eine herausragende Bedeutung, ist eine Stab-Linien-Organisation in Betracht zu ziehen. Geht es dagegen in einem Pionierprojekt darum, konkrete Neuerungen innerhalb der Organisation umzusetzen (bspw. die Einführung eines neuen ERPSystems oder die Erneuerung einer Produktionsanlage), so ist eine MatrixProjektorganisation oder, bei lang andauernden Projekten, eine LinienProjektorganisation zu wählen. Zum anderen sind bei der Wahl der Projektorganisation die existierende Unternehmensorganisation und ggf. die Verteilung der Standorte zu berücksichtigen. So ist ein Projekt, das sich über mehrere Standorte erstreckt, anders in die Unternehmensorganisation einzubinden als ein auf einen Standort konzentriertes Projekt. Im ersteren Fall bietet sich wiederum die Form eines Stab-Linien-Projektes an, während im zweiten Fall eine Matrix-Projektorganisation sinnvoll sein könnte. Ausgestaltung der internen Struktur des Projektteams Teilprojekt Ein Projekt kann aus mehreren Teilprojekten bestehen. Die Teilprojekte können ihre eigene Vor- und Planungsphase durchlaufen, müssen jedoch inhaltlich und zeitlich mit dem Gesamtprojekt abgestimmt sein. Interdisziplinär Wenn eine Fragestellung oder Aufgabe nur fachübergreifend erarbeitet werden kann, spricht man von einer interdisziplinären Zusammenarbeit. Das Gegenteil, also Aufgaben, die innerhalb nur einer Disziplin liegen, werden intradisziplinär erledigt. Für die interne Struktur des Projektteams ist in dieser Vorphase des Projektes im Wesentlichen festzulegen, inwieweit das Projekt in Teilprojekte einzuteilen ist. Diese Frage hängt von den fachlichen Inhalten, dem Umfang und der örtlichen Verteilung der Projektarbeiten ab. So werden in dem weiter oben betrachteten Beispiel des Baus einer Brücke vermutlich die Unterprojekte Konstruktion und Bau zwei Teilprojekte bilden, für deren jeweilige Leitung ein Teilprojektleiter zu benennen ist. Erste Überlegungen zur Auswahl der Teammitglieder Ein Projekt charakterisiert sich unter anderem durch komplexe Aufgabenstellungen, die eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit, auch interdisziplinäre oder cross-funktionale Zusammenarbeit genannt, benötigen (Kuster et al. 2011, S. 241). Die Teammitglieder müssen grundlegend nach den Kriterien … … zu besetzende Rolle im Projekt, fachliche Qualifikation, persönliche Passung in das Team, Erfahrung in Projektarbeit sowie zeitliche Verfügbarkeit ausgewählt werden. Je nach Unternehmensgröße schränkt dies die Menge der möglichen Teammitglieder bereits sehr ein. Die Teamzusammensetzung wird im Folgenden tiefergehend beleuchtet. Jedoch ist es bereits in der Vorphase wichtig, sich Orientierung zu ver- 48 schaffen, für welche Themen im Projekt eventuell kein internes Know-how oder keine eigenen Personalressourcen zur Verfügung stehen und somit die Unterstützung durch externe Ressourcen einzuplanen ist. Festlegungen der Projektphasen und Meilensteine Im klassischen Projektmanagement teilt sich der Gesamtablauf eines Projektes in Phasen und Meilensteine ein. Zu den in einem archetypischen Ablauf eines Projektes enthaltenen grundlegenden Phasen von Vorbereitung, Planung, Durchführung und Abschluss ist für die Grobplanung des Projektes nun insbesondere die Durchführungsphase in weitere Teilabschnitte zu untergliedern. Zu jeder dieser Umsetzungsphasen sollte ein Meilenstein festgelegt werden, dessen Erreichung an klar definierten Teilergebnissen geprüft werden kann. Bei der in nachfolgender Abbildung schematisch dargestellten Phasenaufteilung reichen die Meilensteine im Gesamtprojekt insgesamt von eins bis acht. Abbildung 15: Grobplanung der Projektdurchführung Quelle: Margit Sarstedt in Anlehnung an Timinger 2017, S. 33. An dem Beispiel des Brückenbaus könnten die Durchführungsphasen durch Konstruktion, Abnahme der Konstruktion und Baugenehmigung, Durchführung des Baus, Abnahme des Baus und Freigabe der Brücke charakterisiert werden. Grundlegend ist die Anzahl der Umsetzungsphasen und der zugehörigen Meilensteine beliebig wählbar, wobei eine Balance zwischen sinnvoll gewählten größeren Arbeitsabschnitten einerseits sowie nicht zu lang andauernden Phasen andererseits angestrebt werden sollte. Hauptkriterium bei der Wahl der Umsetzungsphasen ist jedoch die inhaltliche Zusammengehörigkeit der in einer Phase fertigzustellenden Arbeitspakete sowie das Erreichen eines abgeschlossenen Teilergebnisses. Überlegungen zur Abschätzung von Projektrisiken Grundlegende Überlegungen zu Projektrisiken sollten bereits in dieser Vorphase des Projektes durchgeführt werden. Es können ungeplante Ereignisse im Projektverlauf auftreten, die den Projekterfolg in Gefahr bringen (Timinger 2017, S. 121). Durch die Methodik eines sogenannten Brainstormings werden mögliche Gefahren identifiziert. Die anschließende Bewertung erfolgt nach den Kriterien der Eintrittswahrscheinlichkeit einerseits sowie der Auswirkungen auf die Projektziele andererseits (Timinger 2017, S. 121). 49 Brainstorming Hierbei handelt sich um eine Kreativitätstechnik, die eingesetzt wird, um erste Gedanken zu einem Thema zu sammeln. Alle Gedanken werden wertungsfrei erfasst, eine Beurteilung erfolgt in einem zweiten Schritt. In dieser Vorphase reicht es, sich über die größten Gefahren für das Projekt bewusst zu werden und diese im Rahmen von Aufwandsabschätzung und Grobplanung zu berücksichtigen. Eine tiefergehende Betrachtung und Planung von Absicherungsmaßnahmen erfolgt dann im Rahmen von Projektstart und Durchführung. ZUSAMMENFASSUNG Die Vorphase eines Projektes ist für den späteren Projekterfolg eine sehr entscheidende Phase. Hier geht es zum einen darum, die Entscheidung für oder gegen die Projektdurchführung herbeizuführen. Zum anderen werden hier die Grundsteine für den genauen Projektauftrag, die Projektstruktur und Rollenverteilung in der Organisation, die Gliederung des Projektes in Phasen und Meilensteine sowie für die Wahl des Projektmanagers gelegt. Die Situationsanalyse hat das Ziel, das Vorhaben in all seinen Aspekten zu erfassen. Diese Aspekte beinhalten intrinsische Fragestellungen, die Ziele selbst betreffend, sowie auch extrinsische Fragen; dazu zählen, das weitere Umfeld zu beleuchten und alles zeitlich einzuordnen. Hierbei werden auch die Ziele und Unterziele des Projektes immer klarer. Im Weiteren müssen die Aufwände, die für die Umsetzung des Vorhabens notwendig sind, abgeschätzt und mit dem Nutzen des Projektes in Abgleich gebracht werden. Mit all diesen Erkenntnissen erfolgt eine Managemententscheidung für oder gegen die Durchführung des Projektes. Das Management tritt dem Projektmanager gegenüber in die Rolle des internen Auftraggebers. Eine der wichtigsten Aufgaben dieses internen Auftraggebers ist das Empowerment des Projektmanagers und seine Rolle in der Organisation zu stärken. Im Zusammenspiel zwischen internem Auftraggeber und designiertem Projektmanager entstehen nun...... eine Grobplanung des Projektablaufs in Phasen und Meilensteinen, die Definition und Planung der Projektorganisation sowie erste Überlegungen für eine mögliche Teamzusammensetzung. Sind diese Basisdefinitionen genehmigt, wird der Projektmanager das Projekt starten. 50 LEKTION 3 PROJEKTSTART LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie in der Lage sein, … – – – – ein Projektteam sinnvoll zusammenzusetzen und zu strukturieren. das Projekt mit einem Kick-off-Meeting zu starten. Risiken zu analysieren und Vorbeugemaßnahmen zu definieren. das Projekt zu propagieren und die Kommunikation in alle Richtungen zu steuern. 3. PROJEKTSTART Aus der Praxis Die Geschäftsleitung der CanDo GmbH hat sich dafür entschieden, die Großanlage P2 in der Produktion auszutauschen. Die Vorüberlegungen hierzu sind abgeschlossen, das Projekt startet. Andrea Reichenbach wird für die Rolle der Projektmanagerin für das Projekt „Erneuerung der Großanlage P2 in der Produktion“ ausgewählt. Unternehmensleitung und Projektmanagerin waren übereingekommen, dass das Projektteam in Form einer Matrixorganisation aufgebaut werden soll. Andrea Reichenbach definiert ein Team mit geeignet erscheinenden Projektteammitgliedern und

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