Grundlegende Aspekte einer Fachdidaktik PDF
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Universität Stuttgart
Bernd Zinn
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This document provides a lecture on fundamental aspects of subject didactics, relevant to engineering and computer science teacher training. It discusses general didactics as well as specific subject didatics. The lecture material covers various facets of general and subject-specific didactics, including definitions, models, functions, and tasks.
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Grundlegende Aspekte einer Fachdidaktik Vorlesungsteil in den Modulen Fachdidaktik Bau-, Elektro-, Maschinenbautechnik und Informatik (Berufliches Lehramt) Prof. Dr. phil., Dipl.-Ing. Bernd Zinn 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Ber...
Grundlegende Aspekte einer Fachdidaktik Vorlesungsteil in den Modulen Fachdidaktik Bau-, Elektro-, Maschinenbautechnik und Informatik (Berufliches Lehramt) Prof. Dr. phil., Dipl.-Ing. Bernd Zinn 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 1 Inhalt Begriffsbestimmung Allgemeine Didaktik Allgemeindidaktische Modelle im Überblick Bedeutung und Funktion der Didaktiken Überblick zu spezifischen Didaktiken Aufgaben der Fachdidaktik bzw. Berufsfelddidaktik Wissenstest zum Abschnitt 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 2 Begriffsbestimmung „Allgemeine Didaktik“ Die Allgemeine Didaktik ist ein Teilbereich der Erziehungswissenschaft, deren Studium stellt einen wesentlichen Bereich des erziehungswissenschaftlichen Lehramtsstudiums dar. Arbeitsdefinitionen: „Didaktik ist die Lehre vom Lehren und Lernen.“ „Didaktik umfasst die Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens.“ 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 3 Begriffsbestimmung „Allgemeine Didaktik“ Die Allgemeine Didaktik ist ein Teilbereich der Erziehungswissenschaft, deren Studium stellt einen wesentlichen Bereich des erziehungswissenschaftlichen Lehramtsstudiums dar. Literatur liegt eine begriffliche Pluralität, die sich an verschiedenen Gegenstandsfeldern orientiert: Anwendung psychologischer Lehr- und Lerntheorien (vgl. z. B. Roth 1962) Theorie der Steuerung von Lernprozessen (vgl. z. B. Cube 1970) Theorie der Bildungsinhalte (vgl. z. B. Klafki 1974) Theorie oder Wissenschaft vom Unterricht und Wissenschaft vom Lehren und Lernen (vgl. z. B. Glöckel 1990) Während die Didaktik i. e. S. lediglich die Auswahl und Begründung der Bildungsinhalte fokussiert, umfasst die Didaktik i. w. S. neben den Bildungsinhalten auch die Vermittlungsebene mit ihren Methoden und Medien. 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 4 Allgemeindidaktische Modelle und Theorien im Überblick Die verschiedenen allgemeindidaktischen Modelle unterscheiden sich vor allem durch ihre wissenschaftstheoretischen Grundpositionen, ihrem Geltungsanspruch und ihren strukturgebenden Elementen und Schwerpunktsetzungen. Die lerntheoretische Didaktik von Heimann, Otto und Schulz (1972) fokussiert vor allem strukturgebende Momente zur Analyse und Planung von Unterricht (Berliner Modell). Bei der kybernetischen Didaktik (Cube 1970) werden methodische Ansätze der Kybernetik auf den Lehr- und Lernprozess übertragen und es folgt eine systemtheoretische und funktionale Betrachtung des Lehr- und Lerngeschehens. Die kritisch-konstruktive Didaktik (Weiterentwicklung der bildungstheoretischen Didaktik) von Klafki (1985) hat ihre Schwerpunkte auf der Auswahl der Bildungsinhalte und einer kritisch-konstruktiven Haltung zur Bildung (Kategoriale Bildung). Für die konstruktivistische Didaktik (Reich 2002) ist das Verständnis prägend, dass das Lernen als Prozess der Selbstorganisation des Wissens, welches sich auf der Grundlage der Wirklichkeits- und Sinnkonstruktion jedes einzelnen Lernenden erfolgt und damit individuell und wenig unvorhersebar ist vollzieht. 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 5 Bedeutung und Funktionen von Didaktik Ordnungs- und Überblicksfunktion: Funktionsperspektive liefert die Allgemeine Didaktik Lehrpersonen einen strukturierten Überblick zu zentralen Elementen und Wirkungsmechanismen von Unterricht. Planungs- und Steuerungsfunktion: Allgemeine Didaktik möchte eine strukturierte Vorbereitung und Durchführung von Unterricht sowie ein planvolles und theoretisch begründetes Handeln im Unterricht unterstützen. Reflexionsfunktion: Allgemeine Didaktik soll die Lehrpersonen unterstützen, das eigene Unterrichtshandeln oder des eines anderen reflexiv zu betrachten. Forschungsfunktion: Bei der Betrachtung der Allgemeinen Didaktik als Wissenschaft geht es nicht nur um eine zweckfreie Erforschung von Unterricht an sich, sondern auch darum, dass die Forschung der Allgemeinen Didaktik daran gekoppelt ist, das Unterrichtsgeschehen zu optimieren. (vgl. z. B. Kron 2004; Heymann 2009) → Allgemeindidaktische Modelle und Theorien sind abstrakt! 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 6 Spezifische Didaktiken Stufendidaktiken (z. B. der Primarstufe, der Sekundarstufe, der gymnasialen Oberstufe, etc.) Schulartendidaktiken (z. B. Didaktik für die Grundschule, die Förderschule, etc.) Bereichsdidaktiken (z. B. Didaktik der Naturwissenschaft und Technik, etc.) Fachdidaktiken (z. B. Physikdidaktik, Mathematikdidaktik, etc.) Ursprung im Beginn des 20. Jhd. an den Studienseminaren im Kontext der methodischen Lehre der Schulfächer (sog. Abbilddidaktiken) Heute: Eigene wissenschaftliche Disziplinen mit eigenen Forschungsfeldern, -personal und –strukturen. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 7 Aufgaben der Fachdidaktik bzw. Berufsfelddidaktik „Fachdidaktik ist die Wissenschaft vom fachspezifischen Lehren und Lernen innerhalb und außerhalb der Schule. Im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten befasst sie sich mit der Auswahl, Legitimation und der didaktischen Rekonstruktion von Lerngegenständen, der Festlegung und Begründung von Zielen des Unterrichts, der methodischen Strukturierung von Lernprozessen sowie der angemessenen Berücksichtigung der psychischen und sozialen Ausgangsbedingungen von Lehrenden und Lernenden. Außerdem befasst sie sich mit der Entwicklung und Evaluation von Lehr-Lernmaterialien“ (KVFF 1998, 13-14) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 8 Aufgaben der Fachdidaktik bzw. Berufsfelddidaktik In den Fachdidaktiken geht es u. a.: um die Auswahl und Legitimation von Bildungsstandards, der Planung, Durchführung und Analyse von Lehr- und Lernarrangements, der Modellierung und Prüfung von Kompetenzen und Bildungsstandards, um den Bedeutungsgehalt des für das Schulfach relevanten Domänenwissen, deren Vermittlung einschließlich der Überzeugungen und Ansichten zum domänenspezifischen Wissen, den spezifischen Wissenserwerb der Lehrpersonen und Lernenden und um fachdidaktisch fundierter empirischer Unterrichtsforschung. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 9 Literatur Barker, H. D. & Harsch, G. (2001). Chemiedidaktik Heute Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin Heidelberg Springer Verlag. Cube von, F. (1970). Kybernetische Grundlagen des Lernens und Lehrens. Stuttgart: Klett. Dolch, J. (1965). Grundbegriffe der pädagogischen Fachsprache (6. Aufl.). München: Ehrenwirth. Glöckel, H. (1990). Vom Unterricht: Lehrbuch der allgemeinen Didaktik. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt Verlag. Graf, E. (2018). Biologiedidaktik: für Studium und Unterrichtspraxis. Donauwörth: Auer. Heimann, P., Otto, G. & Schulz, W. (1970). Unterricht. Analyse und Planung. Hannover: Schroedel. Heimann, P. (1976). Didaktik als Unterrichtswissenschaft. / hrsg. u. eingel. von K. Reich und H. Thomas. (1. Aufl.) Stuttgart: Klett Verlag Heymann, H. W. (2009). Allgemeine Didaktik und Lehr-Lernforschung aus der Perspektive der Lehrerbildung. In: Arnold, K. H., Blömke, S., Messner, R. & Schlömerkemper, J. (Hrsg.): Allgemeine Didaktik und Lehr-Lernforschung. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt. S. 63-72. Hüttner, A. (2009). Technik unterrichten - Methoden und Unterrichtsverfahren im Technikunterricht, 3. überarbeitete Auflage, Haan-Gruiten: Europa-Lehrmittel. Kahlert, J. (2009). Der Sachunterricht und seine Didaktik. (3. Aufl.). Stuttgart: Klinkhardt UTB. Kelly, G. A. (1986). Die Psychologie der persönlichen Konstrukte. Paderborn: Junfermann. Kircher, E., Girwidz, R. & Häußler, P. (Hrsg.) (2000): Physikdidaktik. Heidelberg, Dordrecht, London, New York: Springer. Klafki, W. (1958): Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung. Die Deutsche Schule 50, S. 450-471. Klafki, W. (1962): Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung. In: Roth, H.& Blumenthal, A. (Hrsg.): Didaktische Analyse. Auswahl. Grundlegende Aufsätze aus der Zeitschrift: Die Deutsche Schule. S. 5-34. Hannover, u.a. Klafki, W. (1963). Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim und Basel: Beltz Klafki, W. (1983): Veränderte Schulforschung die Schulwirklichkeit? Zeitschrift für Pädagogik 30(2), S. 281-296. Klafki, W. (1991). Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-konstruktive Didaktik. Beltz: Weinheim, Basel. Kron, F. 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(1963): Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens. Hannover: Schroedel. Taber, K. (2009): Progressing Science Education: Constructing the Scientific Research Programme into the Contingent Nature of Learning Science. Dordrecht Heidelberg London New York: Springer. Uzzo, S. M., Graves, S. B., Shay, E., Harford, M. & Thompson, R. (Eds.) (2018). Pedagogical Content Knowledge in STEM. Research to Practice, Springer International Publishing. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 10 Verhältnis von Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Erziehungswissenschaft Prof. Dr. phil., Dipl.-Ing. Bernd Zinn 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 11 Inhalt Ausgangssituation Theoretischer Hintergrund Professionswissen von Lehrkräften Forschungsstand Zusammenhang zwischen Fachwissen und fachdidaktischem Wissen Perspektive der Studierenden Relation von Theorie und Praxis Ansatzpunkte für eine bereichsübergreifende Lehrpersonenbildung 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 12 Theoretischer Hintergrund – Professionelle Handlungskompetenz Motivationale Aspekte professioneller Überzeugungen, Orientierungen Kompetenz Werthaltungen, Selbstregulation Ziele Professions- wissen Kompetenz- Pädago- bereiche Fachdidak- gisch- Fach- Beratungs- Organisa- tisches psycholo- wissen wissen tionswissen Wissen gisches Wissen Kompetenz- Wissen über facetten Wissen über disziplin- Wissen über technische spezifische Lernprozesse Mechanik Aufgaben Wissen um Wissen zu Wissen zu Leistungs- Bauphysik Präkonzepten bewertung Vgl. Shulman, 1987; Baumert & Kunter, 2011, S. 23; Zinn, 2017 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 13 Ausgangssituation (Angehende) Lehrkräfte stehen der universitären Lehramtsausbildung kritisch gegenüber Besonders das Verhältnis von fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen und schulpraktischen Ausbildungsanteilen erfährt Kritik Vernetzung und Kohärenz in der Lehrerbildung werden aktuell fächerübergreifend in der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ diskutiert Relation von „Theorie“ und „Praxis“ - Lehramtsstudium im Spannungsfeld zwischen Disziplin und Profession Vgl. z. B. Mehlmann & Bikner-Ahsbahs, 2018; Netzwerktagung der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ am 19./20.11.2019 in Bonn; Gröschner & Haschner, 2019 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 14 Wissenschaftliche Fragestellungen: (1) Wie hängen Fachwissen und fachdidaktisches Wissen zusammen? (2) Welche Perspektiven haben Studierende? (3) Wie ist die Relation von Theorie und Praxis? (4) Welche Ansätze liegen für eine kohärente Lehrerbildung vor? 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 15 Forschungsstand – Zusammenhang zwischen Fachwissen und fachdidaktischen Wissen Es bestehen Korrelationen zwischen Fachwissen (CK) und fachdidaktischem Wissen (PCK) − Physik r =.53 − Mathematik r =.81 Mittlere Korrelationen − Betriebswirtschaft r =.35 -.45 zwischen CK und PCK − Rechnungswesen r =.50 − Technik-NwT r =.55 COACTIV-Studie, Baumert et al., 2010; Krauss et al., 2008; KeiLA-Studie, Sorge et al. 2017; NwT-Studie (n = 211), Zinn & Latzel, 2018 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 16 Forschungsstand – Zusammenhang zwischen Fachwissen und fachdidaktischen Wissen Professionswissen von Lehrkräften ist entscheidend für die kognitiven Lernfortschritte und die motivationale Entwicklung von Schülerinnen und Schülern Lehrerfortbildungen haben positive Effekte auf die Leistungen von Schülerinnen und Schülern (d = 0.54 - 0.66) Klassen, in denen die Lehrkraft über ein hohes Maß an fachdidaktischem Wissen verfügt, erzielen einen höheren Lernzuwachs Fachwissen ist eine elementare Voraussetzung für die Entwicklung von fachdidaktischem Wissen Befunde der COACTIV-Studie deuten daraufhin, dass hohes Fachwissen vor niedrigem fachdidaktischen Wissen „schützt“ Fachwissen und fachdidaktisches Wissen werden vor allem durch strukturierte Lerngelegenheiten in der Ausbildung und nicht durch Unterrichtspraxis entwickelt Baumert et al., 2010; Lange, Kleickmann, Tröbst & Möller, 2012; Timperley et al., 2007; Yoon et al., 2009; Hattie et al., 2009, Lipowski 2011; Baumert & Kunter, 2006, S. 492; Borowski, Kirschner, Liedtke & Fischer, 2011; Kunter, Klusmann & Baumert, 2009, S. 159 u. 160; Kleickmann et al., 2013 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 17 Forschungsstand – Perspektive der Studierenden Studierende betrachten den Umfang und die Abstimmung von fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Elementen im Studium kritisch und wenig existent Fachwissenschaftliche Studienanteile werden als zu umfangreich, anspruchsvoll und losgelöst von den restlichen Ausbildungsbereichen sowie der Unterrichts-praxis beschrieben − Mögliche Konsequenz: Studierende setzen sich weniger motiviert mit den fachwissenschaftlichen Inhalten auseinander und bauen nur ein eingeschränkt Fachwissen auf Fachdidaktische, schulpraktische sowie pädagogisch-psychologische Studienanteile werden hingegen als zu niedrig eingestuft Prediger, 2013, S. 153; Speck, Schubarth & Seidel, 2007, S. 11 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 18 Forschungsstand - Relation von Theorie und Praxis 1.Theorieprimat: Theorie und Praxis sind additiv Konsekutiver Aufbau der Ausbildungsanteile; theoretische Ausbildung als zentraler Referenzrahmen (z. B. fachbezogener/polyvalenter BA) 2.Theorie-Praxis-Dialog: Theorie und Praxis sind komplementär Unabhängiger, parallel stattfindender Aufbau der Ausbildungsanteile (z. B. Vor- und Nachbereitung von Praktika) 3.Theorie-Praxis-Bindung: Theorie und Praxis sind integrativ Verwebung von theoretischen und praktischen Anteilen (z. B. thematisch angelegte Module, Approximation of Practice) 4.Praxisprimat: Ausrichtung auf Praxis Ausbildung primär im Kontext schulischer Arbeit; Hinzufügen von theoretischen Anteilen (z. B. berufsbegleitende Ausbildungsmodelle oder Programm „Teach for America“) Gröschner, v. Aufschnaiter, Drechsel & Sauer (2019): Workshop Verknüpfung von Theorie und Praxis in der hochschulischen Lehre, Netzwerktagung der Qualitätsoffensive Lehrerbildung am 19./20.11.2019 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 19 Ansatzpunkte - Verzahnungsansätze Disziplinübergreifende Betrachtungen (FW + FD + BW) Tenorth stellt anknüpfend an F.A.W. Diesterweg fest: „Die Phasenübergreifend Profession lernt nur aus der professionellen Praxis, die Tendenziell mehr Praxisanteil Forschung lernt nur aus Forschungsprozessen; beide lernen Einbezug innovativer Technologien und adaptiven Methoden jedenfalls nicht „unmittelbar“ vom anderen und nicht (z. B. Unterrichtsvideos) dadurch, dass sie ihren jeweiligen Funktionsprimat → Befunde belegen, dass Studierende dabei besser die suspendieren. Wechselseitige Lernprozesse sind dann Verbindung der FW, FD und BW sowie der möglich, wenn die Profession hier und die Disziplin dort in Unterrichtspraxis wahrnehmen ihrer eigenen Logik eine Anschlussmöglichkeit an die je andere Logik finden können.“ Beutelsbacher et al., 2011, S. 178f.; Mehlmann & Bikner-Ahsbahs, 2018; Glowinski et al. (Hrsg.)(2018) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 20 1.5 Wissenstest zum 1. Abschnitt 1. Beschreiben Sie mit eigenen Worten den Begriff Fachdidaktik. 2. Nennen Sie fünf Aufgaben der Fachdidaktik. 3. Skizzieren Sie das COACTIV-Modell mit seinen 4 Aspekten professioneller Kompetenz und seinen 5 Kompetenzbereichen? 4. Was sind die zentralen Elemente der Angebots-, Nutzungs- und Ergebnisebene? 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 21 Literatur Baumert, J., & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9(4), 469–520. Baumert, J., Kunter, M., Blum, W., Brunner, M., Voss, T., Jordan, A., et al. (2010). Teachers’mathematical knowledge, cognitive activation in the classroom, and student progress. American Educational Research Journal, 47, 133–180. Beutelspacher, A., Danckwerts, R., Nickel, G., Spies, S., & Wickel, G. (2011). Mathematik Neu Denken. Impulse für die Gymnasiallehrerbildung an Universitä-ten. Wiesbaden: Vieweg+Teubner Verlag. Böhnke, M. (2019). "[…] Lehrer sein dagegen sehr." Inkohärenzen und Kohärenzformate in Transformationsprozessen. Notizen zur kohärenztheoretischen Verortung von Praxisphasen in der Lehrerbildung - In: M. Degeling, N. Franken, S. Freund, S. Greiten, D. Neuhaus, J. Schellenbach-Zell (Hrsg.): Herausforderung Kohärenz: Praxisphasen in der universitären Lehrerbildung. Bildungswissenschaftliche und fachdidaktische Perspektiven. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, S. 121-132. Borowski, A., Kirschner, S., Liedtke, S., & Fischer, H. E. (2011). Vergleich des Fach-wissens von Studierenden, Referendaren und Lehrenden in der Physik. Physik und Didaktik in Schule und Hochschule, 1(10), 1–9. Glowinski, I., Borowski, A., Gillen, J. & Schanze, S. & von Meien, J. (Hrsg.)(2018). Kohärenz in der Lehrerbildung Vernetzung von Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaften. Potsdam: Universitätsverlag. Gröschner, A., Müller, K., Bauer, J., Seidel, T., Prenzel, M., Kauper, T., & Möller, J. (2015). Praxisphasen in der Lehrerausbildung – Eine Strukturanalyse am Beispiel des gymnasialen Lehramtsstudiums in Deutschland. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 18(4), 639-665. Gröschner, v. Aufschnaiter, Drechsel & Sauer (2019). Workshop Verknüpfung von Theorie und Praxis in der hochschulischen Lehre, Netzwerktagung der Qualitätsoffensive Lehrerbildung am 19.11.2019 in Bonn Hattie, H. (2009): Visible learning. A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement. London. Kleickmann, T., Richter, D., Kunter, M., Elsner, J., Besser, M., Krauss, S., & Baumert, J. (2013). Teachers‘ Content Knowledge and Pedagogical Content Knowledge: The Role of Structural Differences in Teacher Education. Journal of Teacher Education, 64(1), 90–106. Kunter, M., Klusmann, U., Baumert, J. (2009). Professionelle Kompetenz von Mathematiklehrkräften: Das COACTIV-Modell. In O. Zlatkin-Troitschanskaia, K. Beck, D. Sembill, R. Nickolaus, & R. Mulder (Hrsg.), Lehrprofessionalität. Bedingungen, Genese, Wirkungen und ihre Messung (S.153–165). Weinheim: Beltz. Lange, K., Kleickmann, T., Tröbst, S., & Möller, K. (2012). Fachdidaktisches Wissen von Lehrkräften und multiple Ziele im naturwissenschaftlichen Sachunterricht. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 15, 55–75. Lewalter, D., Schiffhauer, S., Richter-Gebert, J., Bannert, M., Engl, A.T., Maahs, M., Reißner, M., Ungar, P. & v. Wachter, J. K. (2018). Toolbox Lehrerbildung – Berufsfeldbezogene Vernetzung von Fach, Fachdidaktik und Bildungswissenschaft. In: I. Glowinski, A. Borowski, J. Gillen, J., S. Schanze, S. & J. von Meien (Hrsg.). Kohärenz in der Lehrerbildung Vernetzung von Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaften. Potsdam: Universitätsverlag. Lipowsky, F. (2011). Theoretische Perspektiven und empirische Befunde zur Wirksamkeit von Lehrerfort- und -weiterbildung. In: Terhart, E., Bennewitz, H. & Rothland, M. (Hrsg.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf. 398-417. Münster. Mehlmann, N., & Bikner-Ahsbahs, A. (2018). Teilprojekt 4: Spotlights Lehre – Fachwissenschaft und Fachdidaktik vernetzen. In Universität Bremen (Hrsg.), Resonanz. Magazin für Studium und Lehre an der Universität Bremen. Sonderheft 2018: Schnittstellen gestalten. Das Zukunftskonzept für die Lehrerbildung an der Universität Bremen. Professionalisierung zum Reflective Practitioner (S. 64–66). Bremen: Universität. Neuweg, G. H. (2011). Distanz und Einlassung. Skeptische Anmerkungen zum Ideal einer "Theorie-Praxis-Integration" in der Lehrerbildung - In: Erziehungswissenschaft 22 (43), S. 33-45. Shulman, L. S. (1987). Knowledge and teaching: Foundations of the new reform. Harvard Educational Review 57, 1-21. Sorge, S., Kröger, J., Petersen, S., & Neumann, K. (2017). Structure and development of pre-service physics teachers’ professional knowledge. International Journal of Science. Education. Advanced online publication doi:10.1080/09500693.2017.1346326. Tenorth, H. E. (1990). Profession und Disziplin - Bemerkungen über die krisenhafte Beziehung zwischen pädagogischer Arbeit und Erziehungswissenschaft. In: H. Drerup & E. Terhart (Hrsg.): Erkenntnis und Gestaltung. Vom Nutzen erziehungswissenschaftlicher Forschung in praktischen Verwendungskontexten. Weinheim S. 81-97. Terhart, E. (2001). Lehrerberuf und Lehrerbildung: Forschungsbefunde, Problemanalysen, Reformkonzepte. Weinheim: Beltz. Timperley, H., Wilson, A., Barrar, H. & Fung, I. (2007): Teacher professional learning and development: Best evidence synthesis iteration (BES). Wellington. Voss, T. & Kunter, M. (2011). Pädagogisch-psychologisches Wissen von Lehrkräften. In M. Kunter, J. Baumert, W. Blum, U. Klusmann, S. Krauss, & M. Neubrand (Hrsg.), Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV (193-214). Münster/New York: Waxmann. Weiglhofer, H. (2004). 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Tagung der Technischen Bildung Baden-Württemberg an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd (April 2018) 22 Bildungsstandards, Kompetenzen, Lernziele und Aufgaben Prof. Dr. phil., Dipl.-Ing. Bernd Zinn 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 1 Inhalt Bildungsstandards und Kompetenzen: Begriffsbestimmung, Zweck und Chancen Bildungspläne, Rahmenlehrpläne und Ausbildungsordnungen Lernziele Aufgaben, ihre Bedeutung und Aufgabenanalyse Wissenstest zum Abschnitt 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 2 Begriffsbestimmung Bildungsstandards „Die Kultusministerkonferenz sieht es als zentrale Aufgabe an, die Qualität schulischer Bildung, die Vergleichbarkeit schulischer Abschlüsse sowie die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu sichern. Bildungsstandards sind hierbei von besonderer Bedeutung. Sie sind Bestandteile eines umfassenden Systems der Qualitätssicherung [PISA, TIMSS, IGLU], das auch Schulentwicklung, interne und externe Evaluation umfasst.“ KMK, 2005, S. 7 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.)(2005): Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz, München, Neuwied: Luchterhand. Online: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Bildungsstandards-Konzeption-Entwicklung.pdf (26.10.2020, S. 7) 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 3 Begriffsbestimmung Bildungsstandards greifen die Grundprinzipien des jeweiligen Unterrichtsfaches auf, beschreiben die fachbezogenen Kompetenzen einschließlich zugrundeliegender Wissensbestände, die Schülerinnen und Schüler bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ihres Bildungsganges erreicht haben sollen, zielen auf systematisches und vernetztes Lernen und folgen so dem Prinzip des kumulativen Kompetenzerwerbs, beschreiben erwartete Leistungen im Rahmen von Anforderungsbereichen, beziehen sich auf den Kernbereich des jeweiligen Faches und gebenden Schulen Gestaltungsräume für ihre pädagogische Arbeit, weisen ein mittleres Anforderungsniveau (Regelstandards) aus, werden durch Aufgabenbeispiele veranschaulicht. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.)(2005): Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz, München, Neuwied: Luchterhand. Online: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Bildungsstandards-Konzeption-Entwicklung.pdf (26.10.2020, S. 8) 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 4 Begriffsbestimmung Kompetenzen Kompetenzen sind „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwort- ungsvoll nutzen zu können“ (Weinert, 2001, S. 27) 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 5 Begriffsbestimmung Kompetenzen Kompetenz = Wissen + Können + Handeln Kompetenz = Handelnder Umgang mit Wissen Kompetenz schließt die Performanz mit ein Kompetenzen lernt man im Handeln (Lernen durch Handeln) und man zeigt sie im Handeln (Lernen für Handeln). 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 6 Bildungspläne berufliche Schulen Quelle: http://ls-bw.de/,Lde/Startseite/Bildungsplaene/Berufliche+Schulen 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 7 Was gilt für die Duale Berufsausbildung? Rahmenlehrpläne werden von der KMK Ausbildungsordnungen werden von der KMK (länderübergreifend) für jeden Ausbildungs- (länderübergreifend) beschlossen und regeln beruf beschlossen und regeln den berufs- die Ausbildung am Lernort Betrieb bezogenen Unterricht. Bundesländer können den individuellen Rahmenlehrplan unmittelbar und unver- ändert übernehmen oder in einen eigenen (länderspezifischen) Bildungsplan umsetzen. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 8 Was gilt für die Duale Berufsausbildung? Bundesländer können den individuellen Rahmenlehrplan unmittelbar und unver- ändert übernehmen oder in einen eigenen (länderspezifischen) Bildungsplan umsetzen. Quelle: http://ls-bw.de/site/pbs-bw- new/get/documents/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/Dienststellen/ls- bw/Bildungspl%C3%A4ne/Berufliche%20Schulen/bs/bs_berufsbez/BS_Industriemechaniker_18 _4007%20-%20sf0108.pdf 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 9 Was gilt für die Duale Berufsausbildung? Definition: Lernfelder sind durch Zielformulierung, Inhalte und Zeitrichtwerte beschriebene thematische Einheiten, die an beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufen orientiert sind. Quelle: KMK 2000, S.14 Quelle: http://ls-bw.de/site/pbs-bw- new/get/documents/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/Dienststellen/ls- bw/Bildungspl%C3%A4ne/Berufliche%20Schulen/bs/bs_berufsbez/BS_Industriemechaniker_18 _4007%20-%20sf0108.pdf 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 10 „Was macht ein Industriemechaniker?“ Fertigen eines Bauelements Warten technischer Systeme Herstellen von Baugruppen Quelle: Eigene Darstellung Was gilt für die Duale Berufsausbildung? Quelle: http://ls-bw.de/site/pbs-bw- new/get/documents/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/Dienststellen/ls- bw/Bildungspl%C3%A4ne/Berufliche%20Schulen/bs/bs_berufsbez/BS_Industriemechaniker_18 _4007%20-%20sf0108.pdf 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 12 Was gilt für die Duale Berufsausbildung? Quelle: http://ls-bw.de/site/pbs-bw- new/get/documents/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/Dienststellen/ls- bw/Bildungspl%C3%A4ne/Berufliche%20Schulen/bs/bs_berufsbez/BS_Industriemechaniker_18 _4007%20-%20sf0108.pdf 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 13 Reflexionsstufen zur didaktischen Analyse Handlungsfelder: Aufgaben mit beruflichen, lebens- und gesellschafts- bedeutsamen Handlungssituationen, zu deren Bewältigung befähigt werden soll; Handlungsfelder sind mehrdimensional. Lernfelder: didaktisch begründete, schulisch aufbereitete Handlungsfelder; sie fassen komplexe Aufgabenstellungen zusammen, sie sind handlungsorientiert zu bearbeiten (Lernsituationen) Lernsituationen: durch eine didaktische Reflexion der beruflichen, lebens- und gesellschaftsbedeutsamen Handlungssituationen konkretisieren sie die Lernziele Lernfelder (Bildungsgangkonferenzen) Quelle: KMK 2000 Bildungspläne im allgemeinbildenden Fach NwT Quelle: http://www.bildungsplaene-bw.de/bildungsplan,Lde/BP2016BW_ALLG_GYM 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 15 Bildungspläne im Fach NwT Quelle: http://www.bildungsplaene-bw.de/bildungsplan,Lde/BP2016BW_ALLG_GYM (Seite 7) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 16 Bildungspläne im Fach NwT Im Bereich „Erkenntnisgewinnung und Forschen“ liegt der Schwerpunkt darauf, die Schülerinnen und Schüler propädeutisch an forschendes Arbeiten heranzuführen. Ihr Vorgehen soll über das Durchführen oder auch Konzipieren einzelner Experimente hinausgehen. Sie werden kompetent darin, Forschungsfragen zu formulieren, dazu Forschungsgänge zu entwickeln, diese anzupassen und kritisch zu hinterfragen. Die Schülerinnen und Schüler lernen im Bereich „Entwicklung und Konstruktion“ diejenigen techniktypischen Denk- und Handlungsweisen kennen, die mit der Entwicklung, Konstruktion und Fertigung technischer Produkte verbunden sind. Insbesondere geht es bei der Klärung eines technischen Problems um systematisches Vorgehen bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten. Entwicklung und Konstruktion führen zu einer meist modellhaften Realisierung von Funktionseinheiten und schließlich zu einer kritischen Prüfung, Bewertung und Optimierung der Lösung. Kennzeichnend ist hier die enge Verknüpfung von theoretischer Durchdringung mit praktischer Realisierung. Quelle: http://www.bildungsplaene-bw.de/bildungsplan,Lde/BP2016BW_ALLG_GYM (Seite 5) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 17 Bildungspläne im Fach NwT Die besonderen Herausforderungen von „Kommunikation und Organisation“ liegen einerseits im Umgang mit den im NwT- Unterricht aufeinandertreffenden verschiedenen Fachsprachen, andererseits bedingen zunehmend offenere unterrichtliche Fragestellungen projektartiges Planen und Vorgehen. Im Bereich „Bedeutung und Bewertung“ gewinnen die Schülerinnen und Schüler einen Einblick in bedeutsame Zusammen- hänge zwischen Natur, Gesellschaft, Naturwissenschaft und Technik. Sie können an einigen Beispielen Folgen abschätzen, Nutzen und Risiken bewerten und sich eine begründete Meinung bilden. Quelle: http://www.bildungsplaene- bw.de/bildungsplan,Lde/BP2016BW_ALLG_GYM (Seite 5) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 18 Bildungspläne im Fach NwT Quelle: http://www.bildungsplaene- bw.de/bildungsplan,Lde/BP2016BW_ALLG_GYM 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 19 Bildungspläne im Fach NwT Ausschnitt zu „Denk- und Arbeitsweisen in Naturwissenschaft und Technik: Systeme und Prozesse“ Lernziele Quelle: http://www.bildungsplaene-bw.de/bildungsplan,Lde/BP2016BW_ALLG_GYM 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 20 Lernziele sind normative Setzungen (Ordnungsvorgaben), sind Beschreibungen von beabsichtigten Verhaltensweisen auf Grund des Lernens, beschreiben Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Einstellungen, die Schüler sich im Verlauf des Unterrichts aneignen, (neue) Verhaltensweisen sollen beobachtbar und überprüfbar sein 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 21 Lernziele Bei der Analyse von Lernzielen sollten die folgenden drei Aspekte berücksichtigt werden: Lernzielebenen (Lernzielarten): beschreiben den Konkretisierungsgrad von Lernzielen Lernzielbereiche (Verhaltensdimensionen) Lernzielstufen (Lernzieltaxonomie): beschreiben das Anspruchsniveau von Lernzielen 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 22 Lernzielarten – Konkretisierung von Lernzielen Leitziele Zunehmende Konkretisierung Leitzielebene Übergeordnete Lernziele Richtlernziele Grobzielebene Grobzielebene Feinlernziele Feinzielebene Operationalisierte Feinlernziele 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 23 Leitzielebenen Leitziele: Übergeordnete Lernziele: Beschreiben allgemein und inhalts- Kompetenzbegriffe der KMK unabhängig die obersten Bildungsziele Berufliche Handlungskompetenz, Fachkompetenz, nach Grundgesetz und Verfassung Humankompetenz, Methodenkompetenz, Bsp. berufliche Tüchtigkeit, Mündigkeit und Lernkompetenz, … Handlungsfähigkeit Richtlernziele: Schlüsselqualifikationen Beschreiben den Bildungs- und Abstraktes und theoretisches Denken; planerisches Handeln, Kreativität, Fähigkeit zur Teamarbeit Erziehungsauftrag der Schule Bsp.: Vorwort der LP-Richtlinien „… eine Berufsfähigkeit zu vermitteln, die Fachkompetenz mit allgemeinen Fähigkeiten humaner und sozialer Art verbindet“ 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 24 Leitzielebenen Grobzielebene Beschreiben die Ziele weitläufig Bsp. Die Schülerinnen und Schüler wählen geeignete Prüfmittel aus, wenden diese an und erstellen die entsprechenden Prüfprotokolle. Feinzielebene: Beschreiben die operationalisierten Lernziele Bsp. Die Schülerinnen und Schüler kennen verschiedene Arten von technischen Zeichnungen und Projektionsmethoden. Sie können einfache Bauteile zeichnen und verwenden dabei die richtigen Linienarten und - stärken. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 25 Lernzielbereiche Kognitive Lernziele Affektive Lernziele Psychomotorische Lernziele Definition beziehen sich auf Denken, beziehen sich auf die Veränderung beziehen sich auf die Wissen, Problemlösen, auf von Interessen, auf die Bereitschaft manipulativen und Kenntnisse und intellektuelle etwas zu tun oder zu denken und auf motorischen Fähigkeiten. Fähigkeiten die Entwicklung dauerhafter Werthaltungen. Beispiel … die Umformverfahren … sich der Verantwortung bewusst … ein Gewinde fachgerecht nennen und erklären können. werden. herstellen. Schlüsselwörter benennen, einordnen, sich beteiligen, sich bewusst werden, umsetzen, durchführen, berechnen, gliedern, erläutern, abwägen, … selbst anwenden, … beurteilen, … 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 26 Lernzielstufen (-taxonomie) →Ordnungsschema für die Formulierung von Lehrveranstaltungszielen Begriff „Lernzieltaxonomie“ wurde von Benjamin Bloom (amerikanischer Psychologe der University of Chicago geprägt) der Deutsche Bildungsrat formuliertet eine vierstufige Lernzieltaxonomie Anderson und Krathwohl (2001) baute auf der Bloom‘sche Taxonomie auf und verknüpft innerhalb einer Matrix mit verschiedenen Wissensdimensionen 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 27 Lernzielstufen (-taxonomie) Lernzielstufen nach dem Dt. Bildungsrat (1972) 4. Problemlösen Fähigkeit, auch in unbestimmten Situationen Probleme zu Anspruchsniveau (Beurteilen) analysieren und Lösungen zu finden. 3. Transfer (Anwenden) Fähigkeit, das Gelernte auf ähnliche Probleme oder Situationen zu übertragen (Anwendung in unterschiedlichen Kontexten). 2. Reorganisation Fähigkeit der eigenen Verarbeitung funktionaler Kenntnisse (Verstehen) und Anordnung von Lerninhalten. 1. Reproduktion Fähigkeit, grundlegende Kenntnisse korrekt wiedergeben und (Wissen) in gleichartigen Situationen abzurufen. Vgl. Dt. Bildungsrat (1972) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 28 Lernzielstufen (-taxonomie) Kognitiver Lernbereich Affektiver Lernbereich Psychomotorischer Lernbereich (Grad der Komplexität) (Grad der Internalisation) (Grad der Koordination) 6. Bewertung 5. Bestimmtsein durch Werte 5. Naturalisierung (Bsp. Verankerung eines Wertesystems, Anschauung) (Handlungsabfolge wird zur Routine) 5. Synthese 4. Ausbildung einer Wertordnung 4. Handlungsgliederung (harmonisches Zusammenwirken (Bsp. Konzept zu einem Wert) verschiedener Handlungen) 4. Analyse 3. Werten 3. Präzision (Bsp. Akzeptanz eines Wertes) (exakter Handlungsvollzug) 3. Anwendung 2. Reagieren 2. Manipulation (Bsp. Einwilligung in Verhaltenserwartung) (Handlungsausführung aufgrund einer Instruktion) 2. Verstehen 1. Bewusstheit 1. Imitation (Bsp. Bereitschaft zum Zuhören) (innere Nachahmung mit offener Handlung) 1. Wissen Vgl. Bloom et al. (1973) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 29 Lernzielstufen (-taxonomie) Wissens- Kognitive Prozessdimensionen dimensionen Erinnern Verstehen Anwenden Analysieren Evaluieren Kreieren Fakten- Wissen Konzeptuelles Wissen Prozedurales Wissen Metakognitives Wissen Beispiel für ein Lernziel: Schüler kann das Beispiel für ein Lernziel: Schüler kann Konzept anhand eines Beispiels aus dem Lichtzeichen für die Darstellung der Uhrzeit Vgl. Anderson & Krathwohl (2001) Bereich xy mit seinem Prinzipien, Kategorien entwerfen und beispielhafte Modelle anwenden. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 30 Wissensbereiche Faktenwissen: SuS verfügen über grundlegende disziplinäre Wissenselemente Konzeptuelles Wissen: SuS beweisen, dass sie das Erlernte in größeren Strukturen verstanden haben, z. B. das Gelernte kann in neuen Aufgabenstellungen angewandt werden Prozedurales Wissen: SuS sind in der Lage, Abläufe und Prozesse zu gestalten sowie Beziehungen und Strukturen zu analysieren, können vorhandenes mit neuem Wissen verknüpfen und so Hypothesen entwickeln Metakognitives Wissen: SuS wenden Strategien zum Umgang mit vorhandenem Wissen an. Sie kombinieren Prozessstufen zum Erreichen eines Lernziels, weil sie ihre kognitiven Prozesse aktiv und zielführend beeinflussen, z. B. zur Überwachung ihres eigenen Lernprozesses 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 31 Lernzielformulierung Lernziele sollen so formuliert sein, dass sie ergebnisorientiert, in Handlungen konkretisiert und bei den Schüler*innen beobachtbar sind. Zur Operationalisierung von Lernzielen werden sog. Operatoren (handlungsleitende Verben) verwendet Operatoren werden i.d.R. nach drei Anforderungsbereichen differenziert: AFB I: Reproduktion AFB II: Reorganisation AFB III: Transfer/Bewertung 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 32 Lernzielformulierung Bsp.: Die Schüler*innen können den statischen Sachverhalt zeichnerisch darstellen und sachgerechte Aussagen zur Statik des Systems ableiten. Vgl. z. B. KMK (2006): Einheitliche Prüfungsordnungen in der Abiturprüfung Technik (EPA Technik), Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.1989 i.d.F. vom 16.11.2006. Online: https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1989/1989_12_01-EPA-Technik.pdf (26.10.20) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 33 Aufgaben Aufgaben spielen für die Planung, Gestaltung und Evaluation von Unterricht und damit für den gesamten Lehr- und Lernprozess eine herausragende Rolle. Lehrkräfte stellen für den Unterricht regelmäßig Aufgaben zusammen, begleiten ihre Schülerinnen und Schüler bei der Aufgabenbearbeitung und kontrollieren die Aufgabenlösungen. U.a. werden: ausgewählte Unterrichtsziele von der Lehrperson über Aufgaben verfolgt, Lerninhalte über Aufgaben strukturiert und segmentiert und die Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler über Aufgaben operationalisiert. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 34 Aufgabendefinition Definition: Eine Aufgabe ist eine an den/die Schüler*in gerichtete Aufforderung, die ihn/sie veranlassen soll, ein bestimmtes Ziel mit Hilfe einer bestimmten Tätigkeit durch selbständige Arbeit zu erreichen. Grundlegend können zwei Aufgabenarten differenziert werden: Lernaufgaben (zur Förderung des Lernprozesses) Test- und Leistungsaufgaben (zur Ermittlung von Lernergebnissen) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 35 Aufgabenformate Aufgaben können differenziert werden in: Geschlossene Aufgaben (z. B. Richtig-Falsch-Aufgaben, Mehrfachwahlaufgaben,) Halboffene Aufgaben (z. B. Lückentexte) Offene Aufgaben (z. B. Aufsätze, Zeichnungen, Skizzen) Offene Aufgaben Halboffene Aufgaben Geschlossene Aufgaben Der Lehrperson sind die Antworten nicht vollständig Der Lehrperson sind die Antworten bekannt. Der Lehrperson und den Schüler*innen sind bekannt. die Antworten bekannt. Plane … → Entwicklungsaufgabe Nenne … → Kurzantwort Ordne zu … → Zuordnung Diskutiere … → Gestaltungsaufgabe Setze ein … → Ergänzung Kreuze an … → Mehrfachauswahl Ermittle … → Differente Lösungswege möglich Beschreibe … → Textantwort Entscheide … → Falsch-Richtig 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 36 Aufgabenformate Geschlossene Aufgaben Offene Aufgaben Vorteile Geringe Bearbeitungszeit Prozessorientierung Leichte Aufgabenentwicklung Eignung für die Erfassung kreativer Leistungen Geringe Korrekturzeit Fördern die Integration von Wissen Eignung für Reproduktion Bezieht die Methodenkompetenz ein (z. B. Große Objektivität Rechnen, Schreiben, Zeichnen) Nachteile Ratewahrscheinlichkeit Hohe Korrekturzeit Produkt- und nicht prozessorientiert Erwartungshorizont muss Beteiligten klar sein 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 37 Lernaufgaben Eine Lernaufgabe ist eine Lernumgebung zur Kompetenzentwicklung und steuert den individuellen Lernprozess durch eine Folge von gestuften Aufgabenstellungen mit entsprechenden Lernmaterialien so, dass die Lerner möglichst eigentätig die Problemstellung entdecken, Vorstellungen entwickeln und Informationen auswerten. Dabei erstellen und diskutieren sie ein Lernprodukt, definieren und reflektieren den Lernzugewinn und üben sich abschließend im handelnden Umgang mit Wissen. Lernprozess der Schüler*innen wird von der Lehrperson beeinflusst über: Materielle Steuerung durch Aufgabenstellungen, Lernmaterialien und Methoden Personale Steuerung durch Gesprächsführung, Diagnose, Reflexion des Prozesses Vgl. Leisen (20xx) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 38 Lernaufgaben - Konstruktion Lernaufgaben … haben eine Problemstellung und kontextuelle Einbettung, knüpfen an Vorwissen an und sind kontinuierlich geöffnet, lassen Raum für verschiedene Lösungs- und Bearbeitungsmöglichkeiten und sind kompetenzorientiert. (1) Das Lernthema (z. B. Mikroprozessor o.ä.) festlegen (2) Kompetenzschwerpunkt festlegen (z. B. Bewertungskompetenz) (3) Lernschritte festlegen und abstufen von einfachen (AFB I) zu schwierigeren Aufgaben (AFBIII) (4) Bearbeitungsaufträge formulieren (Operatoren) (5) klären, ob die Lernschritte von den Lernenden selbstständig bearbeitbar sind (Schwierigkeiten erkennen) (6) Informationen zur Auswertung zusammenstellen und mögliche Lernprodukte festlegen (Plakat, etc.) (7) Materialien und u.U. Bearbeitungshilfen bereitstellen 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 39 Aufgabentaxonomie Das von Kleinknecht et al. (2013) entwickelte System eignet sich zur systematischen Aufgabenanalyse und Beschreibung der Aufgabenkultur. Es umfasst die sieben Kategorien: (1) Art des Wissens: Faktenwissen, Prozedurales Wissen, Konzeptuelles Wissen, Metakognitives Wissen (2) Kognitiver Prozess: Reproduktionsaufgaben, Aufgaben mit nahem und weiten Transfer, kreatives Problemlösen (3) Wissenseinheiten: Anzahl; n=1 bis n=x (z. B. Rechenoperation, Umwandlung von Maßeinheiten) (4) Offenheit: definierte und konvergente, definierte und divergente und ungenau definierte und divergente Aufgaben; Einfluss durch sprachliche Gestaltung und Anzahl der Lösungen (5) Lebensweltbezug: Verzahnung mit der Lebens- und Erfahrungswelt der Schüler*innen (6) Sprachlogische Komplexität: einfacher, mittlere oder hohe sprachlogischer Komplexität (7) Repräsentationsformen: umfasst die mentale Repräsentation sowie Art und Form des Wissens (Text, Grafik) vgl. Kleinknecht et al. 2013, S. 27ff. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 40 Lernaufgaben Die Chancen von Lernaufgaben liegen darin, dass... Schüler*innen durch Lernaufgaben autonom (Autonomiebedürfnis) Neues lernen können, Individuelle Vorgehensweise bei der Bearbeitung möglich sind, Eine Variation des Lerntempos möglich ist und der Lehrperson die Funktion des individuellen Betreuers zukommt und individuelle Lernstandsdiagnosen erleichtert werden. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 41 Wissenstest zum 2. Abschnitt 1. Warum werden Bildungsstandards formuliert? 2. Erklären Sie mit eigenen Worten, was nach Weinert unter „Kompetenzen“ verstanden wird. 3. Nennen Sie die 5 Taxonomiestufen nach Bloom (kognitiver Lernbereich) und beschreiben Sie jeweils für jede Stufe ein operationalisiertes Lernziel aus ihrer Fachrichtung für eine Unterrichtseinheit. 4. Nennen Sie jeweils 2 Vor- und Nachteile von offenen und geschlossenen Aufgaben. 5. Beschreiben Sie Lernaufgaben. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 42 Literatur Anderson, L. W. & Krathwohl, D. R. (Hrsg.) (2001): A Taxonomy for Learning, Teaching and Assessing: A Revision of Bloom’s Taxonomy of Educational Objectives. New York: Longman. Bloom, B. S., Engelhart, M. D., Furst, E. J., Hill, W. H. & Kratwohl, D. R. (1956): Taxonomy of educational objectives, Handbook 1: Cognitive domain. New York: McKay. Bromme, R., Seeger, F. & Steinbring, H. (1990): Aufgaben als Anforderungen an Lehrer und Schüler. Köln: Aulis Verlag Deubner & Co. Häußler, P. & Lind G. (1998): Weiterentwicklung der Aufgabenkultur im mathematisch naturwissenschaftlichen Unterricht. Erläuterungen zu Modul 1 des BLK-Programms „Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts“. Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel. Kleinknecht, M. (2010): Aufgabenkultur. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. Kleinknecht, M., Bohl, T., Meier, U. & Metz, K. (Hrsg.)(2013): Lern- und Leistungsaufgaben im Unterricht. Fächerübergreifende Kriterien zur Auswahl und Analyse. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. KMK [Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland] (Hrsg.)(2005): Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz, München, Neuwied: Luchterhand. Online: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Bildungsstandards-Konzeption-Entwicklung.pdf (26.10.2020) KMK [Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland] (KMK)(2006): Einheitliche Prüfungsordnungen in der Abiturprüfung Technik (EPA Technik), Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.1989 i.d.F. vom 16.11.2006. Online: https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1989/1989_12_01-EPA- Technik.pdf (26.10.20) Weinert, F. E. (Hrsg)(2001): Leistungsmessungen in Schulen, Weinheim und Basel: Beltz. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 43 Leistungsbeurteilung und Differenzierung Prof. Dr. phil., Dipl.-Ing. Bernd Zinn 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 1 Inhalt Leistungsbewertung, Kategorien von Leistungen der Schüler*innen Heterogenität Ziele und Formen der Differenzierung Wissenstest zum Abschnitt 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 2 Begriffsbestimmung Leistungsbewertung Durch die Feststellung des Kenntnisstandes, der Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Schüler*innen wird durch die Lehrperson eine Leistungsbeurteilung vorgenommen. Wenn diese Beurteilung einem Notensystem zugeordnet wird, spricht man von Leistungsbewertung. Mit der Bewertung der Leistung eines Schülers bzw. einer Schülerin sind aus gesellschaftspolitischer Perspektive zwei Funktionen verbunden: Selektions- und Allokationsfunktion. Über die Vergabe von Noten und Meint die Verteilung und Zuordnung zu Zeugnissen – als Dokumentation der unterschiedlichen Berufslaufbahnen. Leistung der Schüler*innen – können Ausbildungs- und Studienberechtigungen sowie Arbeitsplätze vergeben werden. 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 3 Kategorien von Schülerleistungen Mündliche Schülerleistungen (z. B. Referat, Fachsprache) Schriftliche Leistungen (z. B. Protokoll, Hausarbeit, Klausur) Praktische Leistungen (z. B. Projektbearbeitung, Arbeit mit Experimenten) 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 4 Grundsätzliche Aspekte zur Leistungsbeurteilung Erwartungshorizont muss vorab beschrieben sein, d. h. erst die Antwort, dann die Frage Klare Aufgabenstellung - Operatoren und eindeutige Aufforderungen - verwenden Erreichbare Bearbeitungspunkte auf der Klausur transparent darstellen Einfache, mittlere und schwere Aufgaben (alle Anforderungsbereiche AFB I-III abdecken) stellen Leistungsbeurteilung rechtzeitig ankündigen kompetenzorientierte Aufgaben stellen, d. h. für die im Unterricht intendierten Kompetenzfacetten geeignete Aufgaben in die Klausur einbinden und Aufgabentypen, die den Schüler*innen aus Lernaufgaben des Unterrichts bekannt sind verwenden 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 5 Bezugsnormorientierung bei der Leistungsbeurteilung Soziale Individuelle Kriteriale Bezugsnormorientierung Bezugsnormorientierung Bezugsnormorientierung Vergleich erfolgt querschnittlich Vergleich einer Person im Vergleich mit einem vorher (z. B. in der Klasse, in der Stufe) Längsschnitt (intraindividuell) festgelegten Kriterium Es wird sichtbar, ob jemand in Es wird sichtbar, wieviel ein/e Es wird sichtbar, wie weit einer Personengruppe mehr Schüler*in dazu gelernt hat (+) der/die Schüler*in von einem oder weniger kann als die definierten Standard entfernt Anderen (+) sind (+) Wieviel jemand individuell ge- lernt hat wird nicht sichtbar (-) Keine Aussage über die differentielle Leistungsveränderung (-) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 6 Heterogenität im Unterricht Vorliegende Definitionen zu Heterogenität orientieren sich im Allgemeinen an einem sozial-konstruktivistischen Verständnis, demnach entstehen Differenzen nicht aufgrund von persönlichen Dispositionen, sondern in sozialen Interaktionen, oder an einem kognitionspsychologischen Verständnis, bei dem Heterogenität durch individuelle Dispositionen entsteht, die sich in Lernermerkmalen verdichten Quelle: vgl. z. B. Stöger & Ziegler 2013 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 7 Heterogenität im Unterricht Quelle: Helmke (2009, S. 73) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 8 Heterogenität im Unterricht Begriffsklärung von „Heterogenität“ 1. Explizite Definition: Demnach ist Heterogenität ein „relativer“ Begriff, hängt vom Maßstab ab und ist nur zusammen mit Homogenität zu betrachten. Wird erst durch einen Vergleich deutlich. Quelle: vgl. z. B. Wenning 2009 2. Implizite Definition: „die Berufsschule […] (muss) ein differenziertes und flexibles Bildungsangebot gewährleisten, um unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen [….] gerecht zu werden“ […] „im Rahmen ihrer Möglichkeiten Behinderte und Benachteiligte umfassend stützen und fördern“ Quelle: KMK 2007, S. 10 3. Listendefinition: Bei diesem Definitionstyp werden sowohl soziale als auch kulturelle Unterschiede sowie divergente leistungsbezogene Ausgangsbedingungen der Schülerinnen und Schüler herangezogen. Quelle: vgl. z. B. Gröhlich, Scharenberg & Bos 2009 Welche Merkmale der Lernenden sind von Bedeutung für den Bildungserfolg? 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 9 Heterogenität im Unterricht → Frage nach den Determinanten schulischer Leistungen gehört zu den ältesten und zugleich schwierigsten Problemen der Pädagogischen Psychologie (1) Definition und Erhebung des Kriteriums „Schulleistung“ fachliches vs. überfachliches Wissen; Wissensarten Handlungskompetenz statisch (Zeitpunkt) vs. dynamisch (Leistungszuwachs) testbasiert vs. Eigen-/Fremdeinschätzung (2) Multiple Determiniertheit der „Schulleistung“ Individuum + (Familie + Peers + Medien+ Schule/Betrieb) Einflüsse stehen in einem komplexen Gefüge Quelle: z.B. Wang, Haertel & Walberg 1993; Helmke & Weinert 1997; Helmke & Schrader 1998 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 10 Heterogenität im Unterricht Konative (volitionale) Determinanten Kognitive Determinanten Lernstile Intelligenz Metakognitive Kompetenzen Vorwissen Lernstrategien Basiskompetenzen u.a. u.a. Konstitutionelle Determinanten Motivationale u. affektive Determinanten Alter, Geschlecht Interesse Entwicklungsstand Lernmotivation Gesundheit Fähigkeitsselbstkonzept u.a. Einstellung zum Lernen u.a. Weitere Determinanten Bildungshintergrund u.a. Determinanten weisen zum Teil erhebliche konzeptuelle Überlappungen auf und interagieren in komplexer Weise miteinander, beispielsweise über Koppelung und Kompensation. Quelle: z. B. Wang, Haertel & Walberg 1993; Helmke & Weinert 1997; Helmke & Schrader 1998 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 11 Heterogenität im Unterricht Empirisches Beispiel zur MW=90.5; SD=16.7 Heterogenität Stichprobe: Jugendliche (n = 893) zu Beginn des 1. Ausbildungsjahrs (Elektro- und Metalltechnik ) Vielfalt der Auszubildenden zeigt sich u.a. in: − differente schulische Vorbildung − 27 verschiedene Nationalitäten − breites Altersspektrum (SD=3.95 J.; Min=15 J. - Max=51 J.) − deutliche Leistungsunterschiede − Geschlecht − (…) Quelle: Zinn, Wyrwal & Ariali, 2018 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 12 Heterogenität im Unterricht Heterogenität gibt es schon immer, es bedeutet „Ungleichartigkeit“ und bezeichnet allgemein Unterschiede (in der Schülerschaft) Heterogenität ist nur zu bestimmen, wenn Homogenität, d.h. „Gleichartigkeit“, auf einer abstrakten Ebene vorhanden ist (= Vergleichsgrundlage/ Maßstab) Schulischer Kontext: Vergleichsgrundlage = Kinder/Jugendliche werden als Schüler/- innen betrachtet (und miteinander verglichen/ in Relation gesetzt) es gibt es keine absolute schulische Gleichartigkeit, sondern Homogenität wird als Streuung um eine Norm verstanden Vergleiche finden immer in sozialen und kulturellen Rahmungen statt, sind nicht statisch und im (berufs-)schulischen Kontext oftmals mit Konsequenzen verbunden Quelle: vgl. z. B. Gomola 2009 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 13 Heterogenität im Unterricht Lerngruppen sind heterogen! Fachkompetenzen (z. B. Vorwissen, individuelle Schwächen, …), Personale Kompetenzen (z. B. Arbeitshaltung und Lernverhalten, Emotionalität und Umgang mit Erfolg/Misserfolg, …), Kulturellem und sozialem Hintergrund (z. B. Bildungshintergrund, Elterntypen, Scheidungskinder, …), Unterrichtsstörungen, Verlangsamung des Unterrichtstempos, Frustration und Leistungsverweigerung, … → Differenzierung im Unterricht 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 14 Differenzierung im Unterricht Zielsetzung von Differenzieren im Unterricht Individualisierung des Lernens - Ermöglichung von individuellen Lernwegen Adaptive Lernangebote - Schüler*innen multiple Lernzugänge ermöglichen Förderung der Lernmotivation – Ermöglichen, dass die einzelnen Schüler*innen erreichbare Lernziel haben Stärken stärken und Schwächen schwächen 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 15 Formen der Differenzierung Innere Differenzierung (Binnendifferenzierung) Äußere Differenzierung Fokussiert die gruppenspezifische und Umfasst die Passung der Schüler*in auf individuelle Passung die Schulform, Klassen- Ausbildungsstufe etc. Binnendifferenzierung ist im Unterricht über multiple Wege möglich: Lernziele, Lerninhalte, Methoden oder Medien. 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 16 Formen der Differenzierung Innere Differenzierung (Binnendifferenzierung) Fokussiert die gruppenspezifische und individuelle Passung Binnendifferenzierung kann sich beispielsweise konkretisieren in: verschiedenen Komplexitätsgraden der Lerninhalte, der Menge und dem Umfang der Aufgaben, der Aufgabenstellung, unterschiedlichen Lernzielstufen, differenten methodischen Zugängen, verschiedenen Zeitvorgaben für die Aufgabenbearbeitung, der Bereitstellung von Lösungs- und Bearbeitungshilfen, dem Ausmaß der Steuerung durch die Lehrpersonen bzw. dem Ausmaß der Selbsttätigkeit der Lernenden. 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 17 Formen der Differenzierung Transferaufgabe zur Binnendifferenzierung: Alle Studierenden mit blonden Haaren formulieren eine kurze Aufgabe mit zwei unterschiedlichen Lernzielstufen (zwei Formulierungen). Alle Studierenden mit nicht blonden Haaren stellen zwei methodische Zugänge zu einer kurzen Aufgabe dar (zwei Methoden). Schreiben Sie Ihr Ergebnis jetzt in das Forum. 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 18 Wissenstest zum Abschnitt 1. Erklären Sie die beiden Begriffe (a) Selektionsfunktion und (b) Allokationsfunktion. 2. Beschreiben Sie die Soziale Bezugsnormorientierung mit ihren Vor- und Nachteilen. 3. Beschreiben Sie die Individuelle Bezugsnormorientierung mit ihren Vor- und Nachteilen. 4. Beschreiben Sie die Kriteriale Bezugsnormorientierung mit ihren Vor- und Nachteilen. 5. Nennen Sie im Bezugsfeld der Heterogenität die 4 zentralen Determinanten-Bereiche mit jeweils zwei Variablen. 6. Beschreiben Sie 5 konkrete Maßnahmen, um im Unterricht zu differenzieren. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 19 Literatur Dickhäuser, O., Janke, S., Praetorius, A.-K. & Dresel, M. (2017): Effects of teachers’ reference norm orientations on students’ implicit theories and academic self-concepts. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 31, 205–219. Gröhlich, Carola; Scharenberg, Katja; Bos, Wilfried (2009): Wirkt sich Leistungsheterogenität in Schulklassen auf den individuellen Lernerfolg in der Sekundarstufe aus? Journal for educational research online 1 , S. 86-105. Helmke, A. & Weinert, F. E. (1997). Bedingungsfaktoren schulischer Leistungen. In F. E. Weinert (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie, Band 3 (Psychologie der Schule und des Unterrichts) (S. 71-176). Göttingen: Hogrefe. Helmke, A. & Schrader, F.-W. (1998). Determinanten der Schulleistung. In D. H. Rost (Hrsg.).Handwörterbuch Pädagogische Psychologie (S. 60-67). Weinheim: Psychologie Verlags Union. Helmke, A. (2017): Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts (7. Auflage). Seelze: Klett-Kallmeyer. Krug, S. & Rheinberg F. (1999): Motivationsförderung im Schulalltag. Göttingen: Hogrefe. Rheinberg, F. (1980): Leistungsbewertung und Lernmotivation. Göttingen: Hogrefe. Stöger, H., & Ziegler, A. (2013). Heterogenität und Inklusion im Unterricht. Schulpädagogik heute, 4, 1-31. Wang, M. C., Haertel, G. D. & Walberg, H. J. (1993): Toward a knowledge base for school learning. In: Review of Educational Research, 63/3, 249 –294. Zinn, B., Wyrwal, M. & Ariali, S. (2018): Die Vielfalt bei Auszubildenden im gewerblich-technischen Bereich – am Beispiel der beiden Berufsfelder Elektro- und Metalltechnik, In: B. Zinn (Hrsg.): Inklusion und Umgang mit Heterogenität in der berufs- und wirtschaftspädagogischen Forschung. Stuttgart: Steiner Verlag, S. 75-94. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 20 Interessen und Motivation im natur- und technikwissenschaftlichen Unterricht Prof. Dr. phil., Dipl.-Ing. Bernd Zinn 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 1 Inhalt Interessenkonstrukt Motivation Erklärungsansätze zur Motivation Wissenstest zum Abschnitt 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 2 Interesse Primarstufe Sekundarstufe I Sekundarstufe II Interesse an technischen und Interesse an technischen und naturwissenschaftlichen Fragen naturwissenschaftlichen Fragen ist gering. ist gering. 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 3 Interessenkonstrukt Die erste Interessentheorie entwickelte J.F. Herbart (1776-1841): „Das Lernen soll dazu dienen, die vielseitigen Interessen zu fördern.“ Alltagssprachlich: Hobbys, Vorlieben, Neigungen, Aufmerksamkeit, … Begriffsbestimmung des Interesses nach der Pädagogischen Interessentheorie: Das Interesse ist ein Konstrukt, das eine bedeutungsmäßig herausgehobene Beziehung zwischen einer Person und einem Gegenstand (Person-Gegenstands-Beziehung) kenn- zeichnet und diese Auseinandersetzung um der Sache selbst willen stattfindet. Quelle: Krapp & Prenzel 1993; Prenzel et al. 1996 16.10.2024 © 2020, BPT by Prof. Dr. Bernd Zinn 4 Forschungslinien zum Interesse Es existieren zwei verschiedene Forschungslinien, welche sich mit den Bedingungen und Wirkungen von Interessen beschäftigen: 1. Aus einer strukturorientierten, differenziellen Perspektive wird Interesse als persönlichkeitsspezifisches Merkmal des Lernens untersucht , z. B. als relativ stabile Präferenz für einen bestimmten Lerngegenstand, (nach Krapp 2001). 2. Aus einer eher prozessorientierten Perspektive wird Interesse dagegen im Sinne eines einmaligen situationsspezifischen, motivationalen Zustand, der aus den besonderen Anreizbedingungen einer Lernsituation oder eines Lerngegenstandes resultiert, untersucht. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 5 Forschungslinien zum Interesse Interesse als persönlichkeitsspezifisches Interesse als situationsspezifischer, Merkmal des Lerners motivationaler Zustand Persönlichkeitseigenschaft ergibt sich aus der Lernsituation zeitüberdauernd oder wesentlicher Teil des Selbstkonzepts dem Lerngegenstand und bewirkt beim Einfluss auf das Lernen Individuum einen Zustand der Bsp. Interesse für Fach Physik intensiveren Zuwendung Individuelles Interesse oder Situationelles Interesse oder Persönliches Interesse Interessantheit 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 6 Forschungslinien zum Interesse Nach der Pädagogischen Interessentheorie kann sich aus einem situationalen Interesse ein individuelles Interesse entwickeln. Merkmale der Person Individuelles Interesse Psychischer Zustand der Person Aktualisiertes Interesse Situationales Interesse Merkmal der Lernumgebung Interessantheit Quelle: Krapp & Prenzel 1993; Prenzel et al. 1996 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 7 Motivation Der Begriff „Motivation“ ist aus dem lateinischen „movere“ abgeleitet und bedeutet „bewegen“ Motivation drückt sich mittelbar im Verhalten der Person bzw. im Ergebnis der (motivierten) Handlung aus Alltagssprachlich: ein Ziel oder eine Handlung unbeirrt und mit hoher Leistungsbereitschaft verfolgen Begriffsbestimmung der Motivation: Unter Motivation kann die Summe aller gedanklichen und emotionalen Prozesse subsummiert werden, die dazu beitragen, dass eine Person ihr Verhalten auf ein antizipiertes Handlungsergebnis ausrichtet. Motivation kann als Gedankenkonstruktion aufgefasst werden, mit der die Richtung, die Intensität und die Dauer des Verhaltens sowie die Wechselbeziehungen der damit verbundenen Prozesse erklärt werden kann. Quelle: vgl. z. B. Heckhausen & Heckhausen (2020, S. 1ff); Schiefele & Köller (2006) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 8 Motivation Universelle Charakteristiken, nach denen menschliches Handeln bestimmt ist durch: 1. dem Streben nach Wirksamkeit und 2. der Organisation von Zielengagement und Zieldistanzierung. Beide Charakteristiken menschlichen Handelns sind universell innerhalb unserer Spezies Wirksamkeitsstreben und damit das Streben nach direkter oder primärer Kontrolle der physischen und sozialen Umwelt gehört zur motivationalen Grundausstattung der menschlichen Spezies (White, 1959). Zielengagement und Zieldistanzierung – demnach ist menschliches Handeln organisiertes Verhalten und Erleben. Dabei werden in koordinierter Weise Wahrnehmungen, Gedanken, Emotionen, Fertigkeiten, Aktivitäten eingesetzt, um entweder Ziele zu erreichen oder sich von nicht lohnenden oder unerreichbaren Zielen zurückzuziehen. Quelle: vgl. z. B. Heckhausen & Heckhausen (2020, S. 2); Standardwerk der Motivationsforschung 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 9 Motivation Überblicksmodell zu Determinanten und Verlauf motivierten Handelns Quelle: Heckhausen & Heckhausen (2020, S. 3) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 10 Motivation Als Lern- und Aufgabenmotivation wird der Wunsch bzw. die Absicht, bestimmte Inhalte oder Fertigkeiten zu lernen bzw. bestimmte Aufgaben auszuführen bezeichnet. Die Differenzierung zwischen Wunsch zu lernen (= unbestimmter und handlungsferner) und Absicht (= konkret) entspricht der Unterscheidung zwischen Selektions- und Realisationsmotivation (nach Kuhl, 1983) Häufige wird in der Pädagogischen Psychologie differenziert zwischen: Extrinsische Motivation Intrinsische Motivation Wunsch bzw. Absicht eine Handlung durchzu- Handlung wird um ihrer selbst willen durchge- führen, um negative Folgen (z.B. Bestrafung) zu führt, sie erscheint von innen her belohnend vermeiden oder positive Folgen (z.B. gute Note) Motivation erfolgt durch (1.) mit der Handlung zu bewirken verbundene Aktivität oder (2.) die Eigenschaft des Wichtig: Folgen liegen handlungsfern und stehen Gegenstands der Handlung in keiner unmittelbaren Beziehung Quelle: Schiefele & Köller (2006) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 11 Motivation Extrinsische Motivation Wunsch bzw. Absicht eine Handlung durchzuführen, um negative Folgen (z. B. Bestrafung) zu vermeiden oder positive Folgen (z. B. gute Note) zu bewirken Wichtig: Folgen liegen handlungsfern und stehen in keiner unmittelbaren Beziehung Schüler*in kann zum Lernen motiviert sein, weil er/sie … eine positive Bewertung durch die Lehrperson möchte (= Soziale Motivation) gute Noten möchte, so dass er/sie besser ist als die Mitschüler*innen ist (= Wettbewerbsmotivation) eine positive Bewertung möchte, um die Berufsaussichten zu verbessern (= Berufsmotivation) höhere Kompetenzen erwerben möchte (= Kompetenzmotivation) höher Leistungen generell für bedeutungsvoll hält (= Leistungsmotivation) Quelle: Schiefele & Köller (2006) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 12 Motivation Intrinsische Motivation Handlung wird um ihrer selbst willen durchge- führt, sie erscheint von innen her belohnend Motivation erfolgt durch (1.) mit der Handlung verbundene Aktivität oder (2.) die Eigenschaft des Gegenstands der Handlung z. B. Schüler*in experimentiert gerne z. B. Schüler*in hat Interesse an Bautechnik z. B. Schüler*in joggt gerne z. B. Lerngegenstand bewirkt Interesse bei Schüler*in Quelle: Schiefele & Köller (2006) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 13 Motivation Differenzierung zwischen intrinsische und extrinsische Motivation kann im Einzelfall schwierig sein (z. B. Workout (Handlung hat keinerlei Attraktivität für die Person) aber ermöglicht ihr eine intrinsisch motivierte Gegenstandsauseinnandersetzung (z. B. besseres Aussehen) oder ermöglicht eine intrinsisch motivierte Handlung (z. B. Rennradfahren) Lernhandlungen können aus verschiedenen Gründen durchgeführt werden und daher sowohl intrinsisch als auch extrinsisch motiviert sein Schulbesuch ist vermutlich zum Teil immer extrinsisch motiviert – Relation der beiden Formen der Lernmotivation ist unterrichtspraktisch bedeutsam Quelle: Schiefele & Köller (2006) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 14 Lernmotivation Stufen der Lernmotivation 1 Amotiviert Der Schüler steht den Lerninhalten gleichgültig gegenüber, lässt sich nicht darauf ein, ist geistig abwesend. Bezeichnet einen Zustand ”ohne” Lernmotivation. 2 Externale Der Schüler lernt nur, weil eine Bekräftigung (z.B. Note) in Aussicht gestellt ist oder Sanktionen drohen (z.B. Druck Lernmotivation durch die Eltern). Das Lernen erfolgt hier also nur durch äußeren Druck, es ist fremdbestimmt. 3 Introjizierte Der Schüler hat das äußere Bekräftigungssystem in sich selbst hinein verlegt, sozusagen ”verinnerlicht”. Das Lernen Lernmotivation erfolgt ohne unmittelbaren Druck von außen. Der Schüler zwingt sich selbst zum Lernen, etwa weil er sonst ein schlechtes Gewissen hat. Aufgrund des ”von innen” empfundenen Druckes wird noch nicht selbstbestimmt gelernt. 4 Identifizierte Der Schüler lernt ”von sich aus”, weil er mit dem Lernen die Möglichkeit verbindet, selbst Lernmotivation gesetzte Ziele zu erreichen. Manche Inhalte, die zu lernen sind, mögen dem Schüler überhaupt nicht reizvoll erscheinen, werden aber subjektiv wichtig, weil sie dem Erreichen eigener Ziele dienen. Die Person lernt somit selbstbestimmt. → Stufe 5 und 6 5 Intrinsische Der Schüler lernt aufgrund der von ihm wahrgenommenen Anreize in der Sache oder in den inhaltsbezogenen Tätigkeiten. Charakteristisch für diese Form motivierten Lernens sind z.B. das neugierige Fragen oder Erkunden, das unterscheiden sich im Lernmotivation faszinierte Sichbeschäftigen mit Problemen, das Aufgehen in einer Sache. Das Lernen erfolgt in hohem Maße zunehmenden Grad des selbstbestimmt. Inhalts- bzw. 6 Interessiert Ist eine weitergehende Variante des intrinsisch motivierten Lernens. Der Schüler will über die aktuelle Situation Tätigkeitsanreizes. hinaus mehr über den Gegenstandsbereich erfahren. Der Lernende ist von einem Gegenstandsbereich so fasziniert oder ”gepackt”, dass er ihn aus freien Stücken erneut aufsuchen und ihn sich weiter erschließen möchte. 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 15 Lernmotivation Die Varianten motivierten Lernens unterscheiden sich in zweifacher Hinsicht: 1. Lernmotivation lässt sich danach unterteilen, in welchem Ausmaß das Lernen durch Anreize oder Bedeutungen veranlasst wird, die in einer Sache oder in den Lerninhalten wahrgenommen werden. Sachbezogene Anreize bzw. inhaltliche Bedeutungen kennzeichnen das intrinsisch motivierte bzw. das interessierte Lernen, spielen aber keine (oder nur eine geringe) Rolle bei den anderen Motivationsvarianten. 2. Die Varianten unterscheiden sich zudem in ihrem Ausmaß an Selbstbestimmung: Das nur durch äußere Bekräftigungen regulierte Lernen erfolgt fremdbestimmt. Das Ausmaß an Fremdbestimmung verringert sich beim introjizierten Lernen, während das Lernen durch Identifikation bereits weitgehend selbstbestimmt ist. Das nicht durch äußere Bekräftigungen veranlasste intrinsisch motivierte und interessierte Lernen erfolgt vollständig selbstbestimmt. Quelle: Krapp & Prenzel 1993; Prenzel et al. 1996 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 16 Erklärungsansätze zur Motivation Erklärung extrinsischer Motivation (1) Erwartungs-Wert-Paradigma (= Motivation ist abhängig von aktuellen Erwartungs- und Wertkognitionen, vgl. Heckhausen, 1989) (2) Internalisierung (= Handlung ist Teil des Selbstkonzepts und wird von den Grundbedürfnissen angetrieben, vgl. Deci & Ryan 1985, 2000) Erklärung intrinsischer Motivation (1) Theorien optimaler Stimulierung (= optimales Aktivitätspotential notwendig, vgl. Berlyne, 1974) (2) Bedürfnistheorien (= psychologisches Bedürfnis des Menschen Anforderungen zu bewältigen, vgl. White, 1959) (3) Selbstbestimmungstheorie (= Annahme von Grundbedürfnissen, vgl. Deci & Ryan 1985, 2000) (4) Flow-Theorie (= Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein, Selbstvergessenheit, vgl. Csikszentmihalyi & Schiefele 1993) Quelle: Schiefele & Köller (2006) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 17 Zusammenhänge - Ausgewählte empirische Befunde einer Studie Untersuchungsdesign, -ziel und -inhalte: Kognitive und motivationale Eingangsvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler bei Eintritt in die Kursstufe NwT Untersuchungsinhalte (Auszug): − Gender- und fachspezifisches Fähigkeitsselbstkonzept − Motivation im NwT-Unterricht − Fachinteresse NwT − Einschätzung zur Berufsorientierung durch den NwT-Unterricht − Einschätzung zur Interessenbildung durch den NwT-Unterricht Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 18 Zusammenhänge - Ausgewählte empirische Befunde einer Studie Fachinteresse (Krapp et al. 1993; Cronbachs Alpha: i.C. 0.75; n = 4; g.V. 0.78; n = 7; w.V. 0.77; n = 7), Motivation (Prenzel et al. 1996; Cronbachs Alpha: zwischen 0.66 – 0.85; n = 18), Fachspezifisches Selbstkonzept (Köller, Schnabel & Baumert 2000; Cronbachs Alpha = 0.89; n = 10), Schulisches Selbstkonzept - sozial (Stiensmeier-Pelster & Rheinberg 2002; Cronbachs Alpha = 0.90; n = 4), Selbsteinschätzung zur Berufsorientierung durch den NwT-Unterricht (Cronbachs Alpha = 0.86; n = 5) Selbsteinschätzung zur Interessenförderung durch den NwT-Unterricht (Cronbachs Alpha = 0.89; n = 9) Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 19 Ausgewählte empirische Befunde Anlage der Untersuchung: Querschnittsstudie: Schulen aus Baden-Württemberg im Schulversuch NwT-K2; Erfassungszeitraum Herbst SJ 2016/17 Teilnehmende Schulen: n = 43 Schulen (Erfassungsquote = 82.69 %) Klassen: n = 49 Stichprobe: n = 763 (20.18 % weiblich; 79.55 % männlich; 0.26 % fehlend); mittleres Alter: M = 16.38 (SD = 0.6; Min = 15, Max = 19) Testdesign: geschlossene und offene Items in Form von paper-pencil-Tests Auswertung: Klassische Testtheorie (KTT) und probabilistische Testtheorie (IRT) Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 20 Ausgewählte empirische Befunde Fachinteresse Fachinteresse - Median(w) Median(m) U(200,150) p d Dimensionen Gefühlsbezogene Valenz 2.500 2.750 18738 < 0.001 0. 2500 Wertbezogene Valenz 2.500 2.833 18621 < 0.001 0.4000 Intrinsischer Charakter 2.600 3.000 17992 < 0.001 0.4000 Mediane zum Fachinteresse NwT liegen bei Jungs und Mädchen oberhalb des Skalenmittelwerts. Bei den Jungen liegen im Vergleich zu den Mädchen in allen drei Dimensionen signifikant höhere Ausprägungen/Zustimmungswerte zum Fachinteresse vor. Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 21 Ausgewählte empirische Befunde Motivation (Motivationsvarianten) Selbstbestimmung hohe identifiziert intrinsisch interessiert introjeziert extrinsisch keine amotiviert keine hohe Inhalts-/Tätigkeits- anreize Quelle: Prenzel et al. (1996) Die Jungen sind im Vergleich zu den Mädchen signifikant stärker motiviert. Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 22 Ausgewählte empirische Befunde Fachspezifisches und schulisches Selbstkonzept - sozial Jungen äußern ein signifikant höheres fachspezifisches Selbstkonzept im Fach NwT als Mädchen; Median = 3.34; U(190,127) = 18241; p <.001; r = 0.20 Jungen äußern ein signifikant höheres schulisches Selbstkonzept – sozial im Fach NwT als Mädchen; U(200, 146) = 23206; p <.001; r=0.75 Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 23 Ausgewählte empirische Befunde Selbsteinschätzung zur (a) Berufsorientierung und (b) Interessenförderung durch den NwT-Unterricht Signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede zugunsten der Jungen zeigen sich auch in den Selbsteinschätzungen zur: − Berufsorientierung durch den NWT-Unterricht U(200, 146) = 17014, p <.05, r=0.20 − Interessenbildung durch den NWT-Unterricht U(200, 146) = 18540, p <.001, r=0.24 Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 24 Ausgewählte empirische Befunde Geschlechterverhältnisse in der Mittel- und den Jahrgangsstufen Versuchs- Geschlechterverhältnis im Fach NwT Schülerinnen Schüler Gesamt schulen Stufe Jahrgangsstufe 2 19,7% 80,3% n n % n % n Jahrgangsstufe 1 26,6% 73,4% Mittelstufe 36 1824 32,3 3816 67,7 5640 Mittelstufe 32,3% 67,7% Jahrgangsstufe 1 34 193 26,6 532 73,4 725 0 20 40 60 80 100 Jahrgangsstufe 2 32 119 19,7 485 80,3 604 Schülerinnen Schüler Jungen wählen in der Mittelstufe und den Jahrgangsstufen NwT häufiger als Mädchen. Das Geschlechterverhältnis der Schülerinnen und Schüler verändert sich von rund 1:2 zu 1:4 von der Mittelstufe bis zur Jahrgangsstufe 2. Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 25 Ausgewählte empirische Befunde Fachkompetenz NwT Jungen schneiden signifikant besser ab als Mädchen U(190,127) = 8808, p <.001 mit einer starken Effektstärke nach Cohen r =.23 Befragte, die NwT als Wahlfach haben, schneiden signifikant besser ab als diejenigen mit NwT als Wahlpflichtfach U(200,150) = 19880, p <.001); mit einer schwachen Effektstärke nach Cohen von r =.18 Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 26 Zusammenhänge Es bestehen zwischen den Lernermerkmalen einer Person vielfältige Zusammenhänge Fachinteresse Motivation Fachspezifisches Selbstkonzept Schulisches Selbstkonzept - sozial (Stiensmeier-Pelster & Rheinberg 2002; Cronbachs Alpha = 0.90; n = 4), Selbsteinschätzung zur Berufsorientierung durch den NwT-Unterricht (Cronbachs Alpha = 0.86; n = 5) Selbsteinschätzung zur Interessenförderung durch den NwT-Unterricht (Cronbachs Alpha = 0.89; n = 9) Quelle: Zinn & Latzel (2017) 16.10.2024 © 2020, BPT, Prof. Dr. Bernd Zinn 27 Ansatzpunkte im Unterricht → Zwischen dem Interesse und Motivation bestehen zu weiteren Lernermerkmalen (u.a. Selbstkonzept, Fachleistung, Geschlecht) enge Beziehungen, die Ausgangspunkt der Förderung sein können. Positive Einflüsse zur Förderung der Interessen und Motivation haben Autonomieunterstützung (Wahlmöglichkeiten etc.) Kompetenzerleben (individuelle Rückmeldungen etc.) „basic needs“ Soziale Einbindung (Klassenklima etc.) Instruktionsqualität (Strukturierung, Schwierigkeitsgrad, etc.) Interesse der Lehrperson Inhaltliche Relevanz („persönlicher Gebrauch“) 16.10.2024