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These notes cover sport psychology, including topics such as motivation, processes in school sports, and theoretical concepts. They also discuss teaching and research aspects, potentially related to a university or college course.

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relevante psychologische Prozesse im Schulsport Kognitionen......

relevante psychologische Prozesse im Schulsport Kognitionen... Aufmerksamkeit Führung Gruppenprozesse Wahrnehmung Persönlichkeit Lernen Motivation Emotionen Was machen Sportpsychologinnen ? Beratung Lehre Forschung Diagnostik : systematische Im Prinzip dass, was ein an verschiedenen Forschungsprojekten Sammlung von Informationen zur Professor/Lehrer macht. teilnehmen Exploration (Erforschung/Untersuchung) Inhalte vermitteln der Ausgangslage Intervention : keine Intervention Igezieltes Eingreifen , um Probleme zu beheben) ohne vorhergehende Diagnostik ↳ besitzen ein wissenschaftliches Fundament Evalution Überprüfung und Qualitäts- : Sicherung der Betreuungsmaßnahmen Theorie - Praxis-Transfer : Ideal vorstellung us. Realität · Limitierende Faktoren : -Zeit -Standarisierung & Randomisierung Validität Publikationspraxis - - -Vergleichsgruppen -Compliance Mini-Lexikon Validität · sicherstellen , das Ergebnis das zeigt , was ich unter- suchen möchte. Nicht durch weitere Faktoren beeinflusst Randomisierung Studienteilnehmende ge- hören Versuchs- und Kon- trollgruppe gleichzeitig an Publikationspraxis Veröffentlichung eines Werkes Compliance Einhaltung von Gesetzen , Vorschriften und ethnischen Standards durch Unter- nehmen 2. Vorlesung Motivation 24.10.24 · Allgemein definiert als jegliche Form sexualisierten Verhaltens verbaler, nonverbaler oder körperlicher Art, gegenüber Einzelpersonen oder Gruppen, wobei es gewollt, ungewollt, legal oder illegal, zu Machtmissbrauch oder Vertrauensbruch kommt und welches von einem Opfer oder Beobachter als ungewollt oder genötigt betrachtet wird. Motivation im Sport - Definition > beschreibt die Richtung und Intensität von Bemühungen > hilft, eine bestimmte Haltungsalternative auszuwählen, um ein best. Ergebnis zu erreichen > erlaubt uns, Verhalten hinsichtlich Richtung und Intensität beizubehalten > „Die Beweggründe, die das Handeln eines Menschen bestimmen.“ (Drosdowski, Müller, Scholze-Stubenrecht & Werke 1996, S. 505) Motivation soll… …interindividuelle Unterschiede im menschlichen Handeln auf die gleiche Situation erklären …intraindividuelle Unterschiede bei derselben Person in unterschiedlichen Situationen erklären Motive im Sport: Handlungen entstehen aus de Interaktion zwischen de Person - in Form der Motive (Dispositionen) - und der Situation Motive sind situationsüberdauernde, zeitlich überdauernde und persönlichkeitsspezifische Wertungsdispositionen Motivierung ist der Prozess der Motivanregung Motivation ist das Ergebnis der Motivierung Motivgruppen: Menschen treiben Sport… 2 ssern aus Spaß/ Freude an Bewegung um sich wohlzufühlen als Ausgleich zum Alltag um Fitness zu verbessern Geschlechtsunterschied: Frauen eher aus gesundheitlichen Gründen Männer aus leistungsbezogenen Motiven und soziale Kontakte Motive wie Spaß, Ausgleich und Fitness sind gleichbedeutend Altersunterschiede: Motiv des sportlichen Könnens & der Spannung nehmen mit dem Alter ab gesundheitliches Motiv gewinnt mit steigendem Alter an Bedeutung allgemeine Befunde: meist mehrere Motive sportliche Situationen multithematisch besetzt Motivationstheorien Selbstbestimmungstheorie: Intrinsisch motiviertes Handeln resultiert aus der Suche nach > Intrinsisch Erfüllung der 3 - etwas um seiner selbst Willen tun Grundbedürfnisse: - Mittel (Handlung) und Zweck ( Handlungsziel) stimmen überein Verbundenheit - z.B. Spaß, Kompetenzerfahrungen Kompetenzerleben Autonomie > Extrinsisch - etwas als Mittel zum zweck tun - Handlung zur Zweckerreichung ( an erwarteten Folgen interessiert) - z.B. soziale Anerkennung, materielle Belohnung, sozialer Status,… „Ich beabsichtige in nächster Zeit körperlich aktiv zu sein, weil… Selbstbestimmungstheorie - Korrumpierungseffekt > Intrinsische Motivation wird durch externe Anreize „korrumpiert“ > Beispiele: Medic et al., 2007 - US Footballspieler erhielt Stipendium für Universität - Ergebnisse zeigen, dass sie weniger intrinsisch motiviert sind Flow- unterstützende Faktoren sind bspw. Flow- behindernde Faktoren sind bspw. Passung zwischen Fähigkeiten und Anforderung schlechte Vorbereitung Anforderungen sind klar und ohne Interpretationsnotwendigkeit suboptimale körperliche Voraussetzungen (z.B. Verletzungen) optimale Vorbereitung (z.B. Handlungspläne) unerwartete situative Bedingungen (z.B. Regen, Zuschauer optimale Bedingungen (z.B. Wetter, Atmosphäre) schlechte Leistung (eigenes) Feedback Zeitdruck hohe Selbstwirksamkeit Attributionstheorie (Heider, 1958; Weiner, 1985): > Wie erklären sich Menschen ihren Erfolg/ Misserfolg? > Annahme, dass sich alle Erklärungen kategorisieren lassen > Attributionskategorien - Stabilität: stabile/ instabile Faktoren - Lokation: internale/ externale Faktoren - Kontrollierbarkeit: kontrollierbare/ unkontrollierbare Faktoren Zielerreichungstheorie: > Leitfragen - Welche Kriterien ziehen Individuen an, um Erfolg & Misserfolge in Leistungssituationen zu bewerten? - Welche Ziele werden beim Leistungshandel verfolgt? > die Bewertung, welches Leistungsergebnis ein Erfolg oder Misserfolg ist, hängt von der Bezugsnorm ab Zielerreichungstheorie- Arten der Zielorientierung > Aufgabenorientierte Personen - verfolgen Ziele, die sich auf Lösung der Aufgabe selbst beziehen - individuelle Bezugsnorm > Leistungsorientierte Personen - verfolgen das Ziel zu gewinnen, besser zu sein als andere - soziale Bezugsnorm -> Personen können aufgabenorientiert UND leistungsorientiert sein -> Kontinuum, auf dem sich Personen einordnen lassen Zielerreichungstheorie - Befunde > Aufgabenorientierte Personen vs. Leistungsorientierte Personen - bessere Arbeitsmoral - höhere Persistent auch bei Rückschlägen - protektiver Faktor gegen Frustration aufgrund höherer Kontrollierbarkeit Zielerreichungstheorie - motivationales Klima > auch in Teams zerrt bestimmtes motivationales Klima vor > Aufgabenorientiertes Klima vs. Leistungsorientiertes Klima - bessere Stimmung - eher intrinsisch motiviert - höhere Anstrengungsbereitschaft - adaptive Attributions- und Copingstrategien Förderung der Motivation Wie lässt sich Motivation fördern - Handlungsempfehlungen > Fokus auf Aufgabenorientierung statt Leistungsorientierung > überwache und modifiziere attributionsbezogenes Feedback - Bsp.: Kind schneidet im Volleyballkurs schlecht ab - schlechtes Feedback? - gutes Feedback? Wie lässt sich Motivation fördern - Handlungsempfehlungen > Bestimmen, wann wettkampfbezogene Ziele angemessen sind - z.B. Auswahltraining vs. Rehabilitation > Erhöhe Gefühle der Kompetenz und Kontrolle - realistische Anforderungen stellen - erreichbare (Teil-) Ziele setzen - konstruktives Feedback - individuelle Bezugsform - partizipativer Ansatz und Autonomieerleben 3. Sitzung Volition 31.10.2024 Was versteht man unter Volition? Wie stehen Volition und Motivation zueinander? Was ist Motivation? Motivationale Prozesse, die sich auf Setzen von Zielen beziehen Goal setting Was ist Volition? Form der Motivation, die sich auf das Streben nach Zielen bezieht wie Umsetzung einer gesetzten Zielintention reguliert wird Motivationsregulatorische Prozesse internaler/ externaler Distraktoren häufig gleichgesetzt mit Selbstregulation/ Selbstkontrolle Goal striving Kernfragen 1. Handlungsinitiierung: Aufnahme einer Handlung (z.B. abendliches Joggen) 2. Presistenz: Andauern der Handlungstendenz bis zur Zielerreichung (z.B. Lauftraining über Monate hinweg) 3. Überwindung von Handlungshindernissen: (z.B. trotz Regen joggen) Voiltionstheorien Rubikonmodell: Die vier Phasen Handlungsfluss in 4 aufeinanderfolgende Phasen 1. Motivational-prädezionale Phase unterteilt 2. Volitional-präaktionale Phase 3. Votional-aktionale Phase in jeder Phase andere Bewusstseinslage erforderlich 4. Motivational-postaktionale Phase - kognitive Orientierung, die für die Aufgabe erforderlich ist - bestimmt Inhalt und Form der Informationsverarbeitung - spezielle kognitive Strukturen werden je nach Phase aktiviert Motivational-prädezionale Phase vor eigentlicher Handlungsentscheidung abwägende Bewussteseinlage - abwägen zwischen verschiedenen Zielen und deren Konsequenzen (Erwartung x Wert Kalkulation) - dann Entscheidung (bilden einer Handlungsintention) - Fazit-Tendenz Überschreiten des Rubikon Beispiel: gedankliche Inhalte: - körperliche Fitness steigern Volitional-präaktionale Phase - Gym oder regelmäßiges Joggen? - Joggen erscheit realisierbarer & erste volitionale Phase vor der attraktiver Handlung Endresultat: "ich werde regelmäßig planende Bewusstseinslage joggen gehen" - Handlungsplanung ist zentral, Frage nach Zielerreichung - Fiat-Tendenz (es möge geschehen) ABER es kann Situationen geben, die sich für die Realisierung versch. Ziele eignen - nicht nur ein Ziel, meistens mehrere - Querkonkurrenz (z.B. abends Freunde treffen vs. Sport) - Ziel mit der höchsten Fiat-Tendenz gewinnt Beispiel: gedankliche Inhalte: - was brauche ich? Wo, wann laufen? Endresultat: „kaufe Laufschuhe, ab nächster Woche jeden Morgen vor Arbeit joggen“ Votional-aktionale Phase Volitionale Phase während der Handlung Aktionale Bewusstseinslage - Handlungsinitiierung - Vergleich des Plans mit aktuellen Gegebenheiten, um flexibel reagieren zu können - Handlungsdurchführung wir von Volitionsstärke des Ziels bestimmt Beispiel: gedankliche Inhalte: - Nähere ich mich meiner Bestzeit an? - Sollte ich Training anpassen? Endresultat: Verschiebung des Laufens in günstiger erscheinende Abendstunden Motivational-postaktionale Phase Motivationale Phase nach der Handlung Bewertende Bewusstseinslage Bewertung des zurückliegenden Handelns Wenn Ziel erreicht, wird dieses deaktiviert Wenn nicht erreicht: - Anspruchsniveau senken, mit Ziel zufrieden sein - neue Handlungen einleiten, um Ziel zu erreichen - neue Ziele formulieren Beispiel: gedanklicher Inhalt: - wurde das Ziel (körperliche Fitness) erreicht? Endresultat: Nein, Ziel nicht zufriedenstellend erreicht/ Ja, neue Ziele werden gesetzt Kraftspeichermodell der Selbstkontrolle wünschenswert, best. Verhaltensweisen zu regulieren fördert Zielerreichung ABER Selbstkontrolle kann scheitern - prädominante Verhaltensweisen haben motivatonale Stärke - „Energie“ notwendig, um Tendenzen zu überwinden Selbstkontrolle als Fähigkeit prädominante, automatische Handlungstendenzen willentlich zu kontrollieren und/ oder zu ändern Kraftspeicher als limitierte Ressource - speist sämtliche Selbstkontrollhandlungen - Erschöpfung nach primärer Selbstkontrollausübung - in Folgeaufgaben Selbstkontrolle beeinträchtigt -> Ego-Depletion Förderung von Volition: regelmäßiges Training Durchführungsintentionen Bewältigungspläne Prozessmodell - widerspricht Kraftspeichermodell: nach 1. Selbstkontroll-Aufgabe weniger motiviert, weniger aufmerksam und negative Emotionen für 2. Selbstkontroll-Aufgabe - Erschöpfung führt zu einer Verschiebung der Aufmerksamkeit weg von Anzeichen von Zielkonflikten und stattdessen hin zu Anzeichen von möglicher Belohnung und Befriedigung - Erschöpfung verstärkt die Aufmerksamkeit und die damit verbundenen Emotionen auf intrinsisch befriedigende „want-to-Ziele“ implizite Theorien - Leistung wird bei Anstrengungen negativ beeinträchtigt, wenn man an Ego-Depletion glaubt (limited theory) 4. Vorlesung Emotionen 7.11.2024 Was sind Emotionen? Emotionen Eine Emotion ist ein aktueller psychischer Emotion als aktueller psychischer Zustand Zustand von Personen, dessen Qualität mit folgenden Merkmalen: Intensität und Dauer näher bestimmt - Emotionen haben eine bestimmte Qualität, werden können, der meist Intensität und Dauer objektgerichtet ist und mit - Sie sind in der Regel objektgerichtet Veränderungen auf einer oder mehreren Sie umfassen normalerweise: der folgenden Ebenen eingeht: - ein charakteristisches Erleben (Gefühl) subjektives Erleben (Gefühl) - bestimmte physiologische Veränderungen physiologische Veränderungen und - Bestimmte Verhaltensweisen (z.B. Mimik, verhalten (Ausdruck von Handlungen) Gestik, Stimme, Körpersprache) „Emotion ist ein seltsames Wort. Fast jeder denkt, er versteht was es bedeutet, bis er versucht, es zu definieren. Dann behauptet praktisch niemand mehr, es zu verstehen“ (Conzelmann, Hänsel & Höner, 2013, S. 296) Klassifikation von Emotionen · wie unterscheiden sich Emotionen hinsichtlich: - subjektivem Erleben - physiologischen Veränderungen - Verhaltensaspekten Subjektives Erleben Erfassung des subjektiven Erlebens durch verbale Beschreibung − „Ich bin glücklich und zufrieden mit meiner Leistung im Wettkampf“ Freude − „Ich fürchte mich vor einer Verletzung“ Angst − „Ich habe richtig Panik“ Angst − „Ich bin sauer/wütend über diese Schiedsrichterentscheidung“ Ärger Beschreibungsdimensionen anhand übergeordneter Dimensionen (Wundt, 1908) 1. Lust und Unlust (angenehm – unangenehm) 2. Aktivierung (erregt – beruhigt) Physiologische Veränderungen Unterscheidung von Emotionen anhand Levenson et al. (1990; 1992): Pulsfrequenz und Hauttemperatur kein eindeutiger Zusammenhang zwischen physiologischer Veränderungen und einem bestimmten emotionalen Zustand Verhaltensaspekt Mimik, Gestik, Stimme und Körperhaltung Inwieweit kann vom beobachtbaren Ausdrucksverhalten auf bestimmte Emotionen geschlossen werden? Furcht, Ärger, Trauer, Ekel, Verachtung, Freude und Überraschung lassen sich relativ gut anhand der Mimik erkennen (Ekman et al.,1987) Abgrenzung zu Stimmung (Mood) − Meist geringere IntensiDeprimiertheitDauer als Emotionen − Nicht objektgerichtet (klarer Bezug zur auslösenden Ursache fehlt) − eher „diffuse“ Gefühlserlebnisse bzw. Gesamtbefindlichkeit − Beispiele: gute Laune, Deprimiertheit Abgrenzung zu Befindlichkeit - umfassender als ein rein emotionaler Zustand - beinhaltet Gefühle, aber auch andere Befindlichkeitsaspekte (z.B. Müdigkeit) - je nachdem, ob eher aktuelles oder habituelles Befinden gemeint ist, sind Befindlichkeiten eher Emotionen oder Stimmungen ähnlich Abgrenzung zu Affekt - kurzer, aber besonders intensiver und heftiger emotionaler Zustand (z.B. Jubel) allgemeine Emotionstheorien Emotionstheorie von James - Emotion entsteht durch Wahrnehmung einer physiologischen Veränderung - physiologische Veränderungen sind nicht Begleiterscheinungen oder Folge von Emotionen, sondern deren Ursache (z.B. „Wir sind traurig, weil wir weinen“) Zwei-Faktoren Theorie von Schachter - physiologische Veränderungen sind für das Erleben von Emotionen notwendig - ABER: eine physiologische Veränderung wird als notwendig, aber nicht als hinreichend für die Entstehung einer Emotion betrachtet - Emotion wird durch zwei Faktoren beeinflusst: Wahrnehmung einer physiologischen Veränderung, Attribution auf eine mögliche Ursache für die physiologische Veränderung Choking under Pressure4 - schlechtere Leistung als angesichts der eigenen Fähigkeiten und bisherigen Leistungen erwartet (Sportler*in versagt im entscheidenden Moment das volle Leitungsniveau abzurufen) → tritt in vielen verschiedenen Aufgabenbereichen auf, in denen die Anreize für eine optimale Leistung maximal sind - Angst häufig als Indikator für erlebten Druck in einer Situation Angst - aktueller psychischer Zustand, durch verstärkte Besorgnis und Anspannung gekennzeichnet, geht mit einer körperlichen Aktivierung einher - negative Emotion - tritt in Situationen auf, die als bedrohlich bewertet werden → Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit und/oder Beeinträchtigung des Selbstwertes Komponenten Aktivierung oder auch Erregung 4 Leistungsversagen unter Druck zeitliche Dimensionen 5 Zusammenspiel: Einflussfaktoren auf die Höhe der Zustandsangst 5 Ängstlichkeit auch Eigenschaftsangst genannt Teufelskreis der Angst im Sport Angst und Leistung - negativer Zusammenhang von Angst und sportlicher Leistung - höhere Zusammenhänge... ✓ bei Frauen gegenüber Männern ✓ bei Athleten mit einem geringen Leistungsniveau gegenüber Athleten mit einem mittleren oder hohen Leistungsniveau ✓ in Mannschaftssportarten gegenüber Individualsportarten ✓ in Kontaktsportarten gegenüber Nichtkontaktsportarten ✓ bei der kognitiven gegenüber der somatischen Angstkomponente Erklärungsansätze Drive-Theorie von Spence - Annahme: positiver linearer Angst-Leistungs-Zusammenhang → bei steigender Angst verbessert sich die Leistung - ABER Versagen aufgrund zu hoher Erregung kann nicht erklärt werden Yerkes-Dodson-Hypothese - Annahme: bei steigender Aktivierung verbessert sich die Leistung bis zu einem Optimum kontinuierlich, danach schlägt die Wirkung um, Aktivierung verschlechtert Leistung - ABER Ist das Optimum immer in der Mitte der Kurve? IZOF-Modell6 - jede Person benötigt für beste Leistung ein optimales Maß Angst - das optimale Level der Angst ist nicht unbedingt in der Mitte der Kurve - das optimale Level der Angst innerhalb einer bestimmten Erregungsspanne Selbstaufmerksamkeitstheorien - Angst führt dazu, dass man Aufmerksamkeit auf das Selbst lenkt (Fokus nach innen) - Step-by-Step-Monitoring: förderlich bei Anfängern, hinderlich bei Experten - Fokus auf saubere Ausführung der Bewegung (Experten werden zu Anfängern) Ablenkungstheorien - Angst geht mit Sorgengedanken einher, die die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses beanspruchen - selektive Aufmerksamkeitsregulation beeinträchtigt → erschwerte eine systematische Informationsverarbeitung, führt zu erhöhter Ablenkbarkeit (Fokus nach außen) - schlechtere Leistung v.a. in Präzisionsaufgaben - wenig Angst: zielgerichtet / viel Angst: impulsgesteuert - über Blickverhalten lässt sich Aufmerksamkeitsregulation messen Trainingsansätze - Techniken, um die somatische Angst zu reduzieren: progressive Muskelentspannung, Atemkontrolle, Biofeedback - Techniken, um die kognitive Angst zu reduzieren: stellvertretende Erfahrungen am Modell sammeln, Training der Selbstregulation, Selbstgespräche, Vorstellungstraining - Training unter Druck ✓ Lernen/Vorbereitung findet in Situationen statt, der der bedrohlichen Situation möglichst ähnlich sind: Drucksituationen im Sportkontext simulieren ✓ Annahme, dass Personen sich an Druck „gewöhnen“ 6 ersten beiden Theorien nicht so wichtig 5. Vorlesung 14 11.. 2024 Gruppenprozesse Einführung Bedeutsamkeit sozialer Interaktionen - Verhalten im Sport nicht nur von Persönlichkeitseigenschaften beeinflusst, sondern auch von den jeweiligen situativen Umständen Soziale Kognitionen - Wahrnehmung und Bewertung der sozialen Welt und wie diese Kognitionen unser Verhalten beeinflussen Soziale Interaktionen - wechselseitiger Einfluss des Verhaltens in zwischenmenschlichen Beziehungen und in Gruppen - Kommunikation ist ein Aspekt der sozialen Interaktion (Austausch von Informationen) Interaktionsformen - Interaktionen zwischen Trainer und Athlet (Führung) - Interaktionen innerhalb von Gruppen und Mannschaften - Interaktionen zwischen Athlet und Zuschauern (Zuschauereinfluss) Bedeutsamkeit der Gruppe im Sport - eine Gruppe besteht i.d.R. aus zwei bis 20 Personen - interagieren miteinander - beschreiben sich als der Gruppe zugehörig (Selbstkategorisierung) - sind sich der anderen Gruppenmitglieder bewusst - haben eine gewisse zeitliche Kontinuität - gaben gemeinsame Ziele, Normen und Einstellungen (Wir-Gefühl) - weisen gewisse Entitativität7 auf → ergeben sich als Folge sozialer Interaktionen - Bsp.: Lauftreffs, Schulklassen, Sportvereine, Rückenschulkurse, Fußballmannschaften → nicht alle Ansammlungen von Personen werden als Gruppe bezeichnet Differenzierung - Massen (z.B. jubelnde Fans) und Kategorien (z.B. Gruppe Sportlehrende) sind von Gruppen abzugrenzen → Merkmal der wechselseitigen Einflussnahme der Interaktionspartner fehlt Sportmannschaften Spezifika - eher an leistungsbezogenen Zielen orientiert - zeitlich und personell stabiler - durch strukturierte Interaktionsmuster gekennzeichnet - feste Rollen 7 Ausmaß, in dem eine Ansammlung von Personen als miteinander verbunden und kohärent wahrgenommen wird Modelle zur Entstehung und Entwicklung von Gruppen - Gruppen sind keine statischen Gebilde - bestimmte Merkmale entstehen mit der Zeit - Modelle lassen sich in 3 Kategorien unterteilen: Lineare Modelle - Gruppen durchlaufen bestimmte Phasen → werden nacheinander durchlaufen und können unterschiedlich lang sein forming - gegenseitiges Kennenlernen - Bestimmung der Gruppenaufgabe - Unsicherheit storming - Auseinandersetzung und Konflikte (zwischen Mitgliedern/Führungsperson) - Widerstände bzgl. Vorgehensweise und Lösung der Gruppenaufgabe - individuelle Ziele stehen im Vordergrund - Atmosphäre ist angespannt norming - Bildung einer Gruppenstruktur (kooperatives Verhalten zentral) - Werte und Normen entwickeln sich - Mitglieder übernehmen verschiedene Rollen - Gruppenzusammenhalt und Wir-Gefühl steigen performing - starke Aufgaben- und Zielorientierung - Mitglieder kooperieren und arbeiten auf das Gruppenziel hin adjourning (abschließen) - Gruppe löst sich auf/ Mitglieder verlassen die Gruppe - das Erreichte wird bewertet - Gefühle wie Erleichterung oder Enttäuschung treten auf - aber spezifisch für Sportmannschaften: es kommt nicht immer zur Neugründung und vollständigen Auflösung einer Gruppe → stetiger Wechsel der Gruppenmitglieder bedingt, das in Gruppenentwicklung nicht alle Phasen durchlaufen werden Life-Cycle-Modelle - Entwicklung einer Gruppe ähnelt dem Verlauf des Lebens: Geburt - Wachstum - Tod → Gruppen bereiten sich schon in der Entstehung auf ihre Auflösung vor - besonders geeignet zur Beschreibung von Yoga- oder Rückschulkursen (begrenzte Dauer) Pendelmodelle - variierender Verlauf der Gruppenentwicklung: ständiger Wechsel zwischen Phasen des Zusammenhalts und Phasen der Auseinandersetzung Gruppenleistung - Gruppen verfügen über eine Qualität und Dynamik, die über die der einzelnen Gruppemitglieder hinausgeht - Produktivität von Gruppen ist u.U. höher als die Addition der Leistungen der einzelnen Gruppenmitglieder Effekte auf die Gruppenleistung - Gruppengröße - meist über Regelwerk der Sportart festgelegt, prinzipiell variabel (Kaderzusammenstellung) - potenzielle Produktivität einer Gruppe: Leistung, die eine Gruppe aufgrund der individuellen Ressourcen der Gruppenmitglieder hypothetisch erbringen könnte - tatsächliche Produktivität = potenzielle Produktivität – Prozessverluste - Annahme: Produktivität der Gruppe wächst zunächst mit steigender Größe; erreicht die Gruppe eine bestimmte Grenze, so kommt es zu einer Leistungsstagnation oder - verschlechterung, wenn weitere Mitglieder dazukommen → Ursache: v.a. Prozessverluste (Störungen, die durch mangelnde Zusammenarbeit entstehen) Ringelmann-Effekt - mit zunehmender Gruppengröße wird Spanne zwischen tatsächlicher und potenzieller Produktivität immer größer → Prozessverluste nehmen zu - Gründe für die Prozessverluste: mangelhafte Koordination, geringe Motivation - Motivationsverlust kann unter folgenden Umständen entstehen ✓ soziales Faulenzen: es wird kein persönlicher Gewinn oder keine persönliche Verantwortung für das Ergebnis erwartet ✓ Trittbrettfahren: eine Person sieht keinen Zusammenhang zwischen ihrer Leistung und der Gruppenleistung ✓ Gimpel-Effekt: eine Person vermutet, dass andere Mitglieder die eigene Leistungsbereitschaft ausnutzen - eine geringe Motivation wird begünstigt... ✓ bei Aufgaben, bei denen Einzelleistungen schlecht identifizierbar sind ✓ wenn die individuelle Verantwortung nicht deutlich wird ✓ wenn die Aufgabe bedeutungslos erscheint ✓ wenn die Leistungsfähigkeit der anderen besonders hoch erscheint - Gruppengröße hat nicht nur Einfluss auf Produktivität, sondern auch auf psychologische Variablen wie Kohäsion und Zufriedenheit - Bsp.: bei Fitnesssportgruppen sinkt bei steigender Gruppengröße die Zufriedenheit - mögliche Ursachen: Interaktionsdichte wird geringer; Schwierigkeit, sämtliche Bedürfnisse und Ziele zu vereinbaren Kohäsion = Gruppenzusammenhalt - mehrdimensionales Konstrukt - aufgabenbezogen: Grad, in dem Gruppenmitglieder zusammenarbeiten, um übergeordnetes Ziel zu erreichen → Teamwork - sozial: zwischenmenschliche Aspekte, Sympathie → Teamgeist - es lässt sich ein Soziogramm zur Kohäsion erstellen - positiv moderater Zusammenhang Kohäsion und Leistung → aufgabenbezogene und soziale Kohäsion wichtig für Leistung, gilt für interaktive und co-aktive Sportarten → Wirkungsrichtung unklar: Führen sportliche Erfolge zu hoher Kohäsion oder andersrum? - positive Zusammenhänge zwischen Kohäsion und Zufriedenheit, sozialer Unterstützung, Stabilität der Teammitglieder, Adhärenz8, Gruppenzielen- und normen - Kohäsion fördern durch Teambildung: Besonderheit (T-Shirts, Gruppenname), Gruppennormen, Rollenklarheit, Interaktion und Kommunikation, individuellen Beitrag eines jeden verdeutlichen, regelmäßige Teammeetings, Cliquenbildung vermeiden, Konflikte sofort angehen 8 wie oft beim Training erscheinen Führungsverhalten = Prozess, durch den eine Person eine Gruppe von Personen beeinflusst, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen - Ziele: Förderung der Motivation, Erreichen gemeinsamer Ziele, jeder Einzelne soll sich weiterentwickeln Wie wird man zum „Leader“? - Ist man dazu berufen? Trait-Ansatz - Kann das jeder lernen? Verhaltensorientierter Ansatz - Trainerverhalten sollte sich der jeweiligen Situation anpassen: beziehungs- oder aufgabenorientiert multidimensionales Modell Konsequenzen von Führungsverhalten - Zufriedenheit hoch bei Passung des Trainerstils und den Bedürfnissen - Kohäsion hoch bei Motivierung, informativem Feedback, Anerkennung - Leistung abhängig von Team, vergangener Leistung, Bedürfnissen - intrinsische Motivation hoch bei demokratischem Führungsverhalten Sport und Gesundheit Körperliche Aktivität Einführung = jede durch die Skelettmuskulatur ausgelöste Bewegung, Energieverbrauch, physikalische Arbeit größerer Muskelgruppen kann verschiedene Formen annehmen (z.B. Alltags- und Freizeitaktivitäten, berufliche Aktivitäten oder sportliche Aktivitäten) - unterschiedliche Intensitätsstufen: schlafen, sitzende Tätigkeit, leichte Intensität, moderate Intensität, hohe Intensität Wirkmechanismen - körperliche Ebene: Verbesserung Cholesterinwerte, Stärkung Herz-Kreislaufsystem (kardiovaskuläres System), Senkung Übergewicht, Schutz vor Erkrankungen, Reduktion Muskelspannung (Muskelerhalt- und zuwachs), bessere Blutzuckerregulation - psychische Ebene: Ablenkung vom Alltag, Kontakte knüpfen, positive Stimmung, Reduktion von Stress, Reduktion von Angsterleben, Selbstvertrauen, soziale Unterstützung Empfehlungen Kinder und Jugendliche - mindestens 60 min. täglich (allgemeine Tätigkeiten zählen auch → Alltagstätigkeiten körperlich gestalten) - nicht zu lange sitzen, zwischendurch immer wieder bewegen - drei Tage in der Woche Bewegung machen, die die Muskeln kräftigt und Knochen stärkt - verschiedene Arten von Bewegung - Bewegung soll Freude machen Empfehlungen Erwachsene - 150 - 300 min. pro Woche ausdauerorientierte Bewegung mit moderater Intensität oder Kombination 75 - 150 min. pro Woche ausdauerorientierte Bewegung mit hoher Intensität - 2 Tage pro Woche muskelkräftigende Aktivitäten - ab 65 Jahren: 3 Tage pro Woche Gleichgewichtübungen zur Sturzprävention - zu viel körperliche Aktivität schädlich - mindestens 3 Tage pro Woche jeweils mindestens 20 Minuten sportlich aktiv Prävalenz - weltweit mehr als 28 % der Erwachsenen körperlich inaktiv - weltweit mehr als 80 % der Jugendlichen körperlich inaktiv - Inaktivität in High-Income-Countries doppelt so hoch wie in Low-Income-Countries - keine signifikante Steigerung der Aktivitätslevel seit 2001 - Frauen körperlich weniger aktiv als Männer - fast 8 % aller Todesfälle in Deutschland sind auf körperliche Inaktivität zurückzuführen - nach Pandemie noch mehr sitzende Tätigkeiten und weniger körperliche Aktivitäten als vor Pandemie - drastische Bewegungseinbrüche bei Kindern und Jugendlichen in der Pandemie (2. Lockdown deutlich schlimmer als 1.), körperlichen Folgen könnten lebenslang anhalten Intentions-Verhaltenslücke - bewegungsbezogene Intention ↯ tatsächliches Verhalten (z.B. Neujahresvorsätze) Gesundheitsmodelle Theorie des geplanten Verhaltens - Einstellung, subjektive Norm und Selbstwirksamkeit = Prädiktoren einer bewegungsbezogenen Intention - subjektive Norm: Gefühl, dass signifikante Personen wollen, dass ich körperlich aktiv bin - bewegungsbezogene Intention = wichtigster Prädiktor für tatsächliches Verhalten - rot: Intentions-Verhaltenslücke (wahrscheinlicher bei schwach ausgeprägter Intention) - Intention klärt nur 20-30 % Varianz auf - kontinuierliche Modelle eignen sich, um Intentionsbildung vorherzusagen, aber geringer Vorhersagewert für tatsächliches Verhalten - kontinuierliche Modelle beschäftigen sich motivationalen Prozessen, beziehen sich auf die Zielsetzung (goal setting) / dynamische Modelle: beziehen darüber hinaus noch volitionale Prozesse ein (goal striving) Transtheoretisches Modell - Annahmen aus verschiedenen psychischen Theorien - Menschen bewegen sich bei Verhaltensänderungen immer durch sechs ähnliche Stadien (Stages of Change) - eindeutige Anordnung der Stadien: jede Person lässt sich einem Stadium zuordnen, Personen im gleichen Stadium ähneln sich, Personen in unterschiedlichen Stadien unterscheiden sich sehr stark - je nach Stadium unterschiedliche Barrieren, die man überwinden muss - kein linearer Verlauf, Rückfälle in frühere Stadien möglich Absichtslosigkeit (Precontemplation) - Person führt Zielverhalten aktuell nicht aus - keine Absicht, ihr Verhalten in den nächsten 6 Monaten zu ändern - kein Bewusstsein für Problematik des aktuellen Verhaltens Absichtsbildung (Contemplation) - Person führt Zielverhalten aktuell nicht aus - denkt aktiv darüber nach, ihr Verhalten in den nächsten 6 Monaten zu ändern → tut es noch nicht - noch keine Intention gebildet - Annahme, dass man Problem bereits erkannt hat Vorbereitung (Preparation) - Person führt Zielverhalten aktuell nicht aus - konkrete Intention zu Verhaltensänderungen vorhanden → in den nächsten 30 Tagen Beginn, schon etwas zur Vorbereitung unternommen (z.B. Sportmaterial gekauft, Verein gesucht) Umsetzung (Action) - Person versucht, Intention umzusetzen - Anstrengungen, um Verhalten anzupassen - während der ersten sechs Monate erfolgreiche Verhaltensänderung Aufrechterhaltung (Maintenance) - weniger anstrengend als Phase der Umsetzung - Ziel: Stabilisierung, Vermeidung von Rückfall in alte Habits Beendigung (Termination) - wenn man neues Verhalten 5 Jahre aufrechterhalten hat - neues Verhalten etabliert: keine großen Anstrengungen mehr nötig, Person verspürt kein Verlangen mehr Kognitiv-affektive Strategien (Hilfen, um Intention zu bilden) - Steigern des Problembewusstseins - emotionales Erleben - Neubewertung der persönlichen Umwelt - Neubewertung der eigenen Person → v.a. in den ersten drei Phasen einer Verhaltensänderung relevant Verhaltensorientierte Strategien - Selbstverpflichtung - Nutzen hilfreicher Beziehungen - Selbstverstärkung - Kontrolle der Umwelt → v.a. in aktionaler Phase einer Verhaltensänderung relevant unterstützende Interventionen - durch Stadienzuordnung wird Interventionsansatz bestimmt (passende Strategie für bestimmtes Stadium) - bei Passung wird Übergang zum nächsten Stadium erleichtert Physical Activity Adoption and Maintenance Model (PAAM) - bessere Selbstregulation führt zu geringerer Intentions-Verhaltenslücke → Selbstregulation sehr bedeutsam, ist situativer Zustand (siehe Fußnote S. 9) - Habit = Bewegungsgewohnheiten → Ziel diese zu entwickeln, dann Selbstregulation unwichtig - positive Erfahrungen und Konsequenzen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, wieder körperlich aktiv zu sein Bewegungsförderung Förderung der Selbstwirksamkeit - durch vier Prozesse: positive Erfahrungen (Erfolge), positive stellvertretende Erfahrungen (ähnliche Personen, Vorbilder), positives konstruktives Feedback, positiver Affekt (Emotionen) adäquate bewegungsbezogene Intentionen - körperliche Aktivität viele Vorteile, körperliche Inaktivität viele Nachteile → Einsicht erzeugen - was sind Faktoren, die mich unterstützen oder hindern → Analyse erlaubt Umwandlung hindernder Kräfte - smarte Ziele: spezifisch, Zielverhalten messbar, erreichbar, realistisch, kleine zeitnahe Ziele und übergeordnetes Ziel => Motivation bleibt oben Förderung der Selbstregulation: siehe S. 9 Förderung der Volition Förderung des positiven Affekts - Spaß an Tätigkeit → dazu kann Sport in Gruppen beitragen (mit Freunden) - auf Verhältnisebene Anreize setzen → Menschen unterstützen, körperlich aktiv zu sein (Bsp. Rolltreppe vs. Treppe, dann Treppe mit Klaviertasten) 2. Teil: Soziologie des Sports Einführung in die Soziologie des Sports soziologische Perspektive Gegenstand der Soziologie - Soziologie = Wissenschaft von der Gesellschaft - Gesellschaft ist: Netzwerk menschlicher Beziehungen, mehr als die Summe der Menschen eines Landes, eigenständiges Gebilde mit objektivem Charakter => Gesellschaft = menschliches Produkt, objektive Wirklichkeit => Mensch = gesellschaftliches Produkt Anliegen der Soziologie - zeigt, dass das Individuelle am Menschen gesellschaftlich geprägt ist - deckt verborgene gesellschaftliche Mechanismen und (Macht-)Verhältnisse auf - hinterfragt das Selbstverständliche und Vertraute menschlichen Handelns und Zusammenlebens - betreibt gesellschaftliche Aufklärung - lädt zu kritischem Denken ein zentrale analytische Perspektiven der Soziologie a) Individuum (Mikrosoziologie) - Gesellschaft (Makrosoziologie) - untersucht: soziales Handeln von Menschen; Interaktions-, Beziehungs-, Kommunikationsmuster; Alltag (Kleingruppen, Szenen, Subkulturen) - untersucht: große Kollektive von Menschen (Organisationen, Institutionen, Staaten), gesellschaftliche Teilsysteme (Wirtschaft, Politik, Religion, Sport) b) soziales Handeln - soziale Struktur - subjektiv sinnhaft (vs. Verhalten: nicht-sinnhaft); auf mindestens eine weitere Person adressiert; weist einen überindividuellen, typischen Sinn auf - stabiles Muster sozialer Ordnung; stabilisiert sich durch wiederholt ähnliche Handlungen; besitzt einen eigenen, objektiven Realitätsgehalt; ermöglicht und begrenzt soziales Handeln c) soziale Stabilität (Ordnung) - sozialer Wandel (Transformation) - resultiert aus der Regelmäßigkeit sozialer Prozesse; manifestiert sich in Werten, Normen, Regeln, Ideologien, Organisationen, Institutionen; wichtig für die Kontinuität und Identität sozialer Kollektive - geschieht durch endogene oder exogene Prozesse, wirkt sich auf die Strukturen einer Gesellschaft und damit auf das Handeln der Menschen aus Aufgaben und Funktionen der Sportsoziologie - beschäftigt sich mit dem wechselseitigen Verhältnis von Sport und Gesellschaft, sozialen Strukturen und sozialem Handeln im Sport - analysiert gesellschaftliche Entwicklung, Bedeutung, Funktion und Wirkung des Sports - zeigt die sozialen und kulturellen Einflussfaktoren auf Sport als soziale Institution und Praxis auf - identifiziert und analysiert die sozialen Probleme im Sport - hinterfragt kritisch und relativiert das auf den Sport bezogene Alltagswissen (Vorurteile, Ideologien, Selbstverständlichkeiten) - leistet Beiträge zur Theorieentwicklung in Soziologie und Sportwissenschaft - erbringt Beratungsleistungen für die soziale Praxis des Sports (Sportorganisationen) zentrale sportsoziologische Fragstellungen Gesellschaft → Sport - Wie prägen gesellschaftliche Strukturen, Institutionen und Beziehungen den Sport? Sport → Gesellschaft - Welchen Einfluss hat der Sport auf soziales Handeln und andere gesellschaftliche Teilbereiche? Binnenstruktur des Sports - Wie ist der Sport strukturell organisiert und wie wird in ihm gehandelt? Sport im Individualisierungsprozess Gesellschaftliche Individualisierung Individualisierung = gesellschaftlicher Prozess - einzelne Mensch wird aus traditionellen sozialen Bindungen und Zugehörigkeiten herausgelöst → zunehmend auf sich selbst gestellt - gesellschaftliche Individualisierungsprozess = Bestandteil des europäischen Modernisierungsprozesses „erste“ Individualisierungsschub Westeuropa Ende 18./Anfang 19. Jh. - Übergang ständisch-feudale Agrargesellschaft in bürgerliche Industriegesellschaft - gesellschaftliche Gründe: Aufklärung (Vernunft statt Glauben/Mythos), Aufkommen des Bürgertums als neuer sozialer Klasse, Industrialisierungsprozess soziale Folgen - Auflösung traditioneller sozialer Milieus: Klassen statt Stände - Bedeutungsverlust überlieferter Glaubenssysteme (v.a. Religion) - Erosion vorgegebener sozialer Bindungen und Sicherheiten (Familie, Dorfgemeinschaft) „zweite“ Individualisierungsschub Westdeutschland ab 1950er/60er Jahre - „Freisetzung“ aus traditionellen sozialen Zugehörigkeiten (Klassen) und Rollen (z.B. Geschlechterrollen) → Emanzipation der Frau - „Entzauberung“ vorgegebener Sinn- und Biografiemuster, Welt- und Selbstbilder - „Reintegration“ in Institutionen und selbst gewählte Gruppen Konsequenzen für das Individuum - Eigenverantwortlichkeit - Mensch als „homo optionis“ → viele Wahlmöglichkeiten - Biographie = Bastelbiographie = Risikobiographie - Chancen und Risiken des eigenen Lebens steigen - „Erlebe dein Leben!“ als kategorischer Imperativ → kein Überlebenskampf mehr Körper im Individualisierungsprozess Körperverdrängung in der Moderne gesellschaftliche Bedeutung des Körpers nimmt ab gesellschaftliche Gründe und Erscheinungsformen: - Cartesianischer Dualismus → Geist herrscht über Körper - Zivilisationsprozess → Selbstkontrolle steigt - Verstädterung → psychophysische Belastungen steigen - technologische Entwicklungen → Überwindung natürlicher Grenzen - veränderte Arbeitswelt → Zunahme „sitzender“ Tätigkeiten Körperaufwertung in der Moderne gesellschaftlicher Stellenwert des Körpers steigt gesellschaftliche Gründe und Erscheinungsformen: - Urbanisierung → Naturflucht und Verkörperlichung der Stadt (Stadt wird zu Sportstätte) - „Langsicht“ → Gegenwartserfahrungen - Säkularisierung → Körper als Sinn- und Identitätsinstanz (Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper) - Postmaterialismus → Körperästhetisierung und Körperinszenierung - Geschlechteremanzipation → männliches Schönheitshandeln, weiblicher Leistungskörper Individualisierung des organisierten Sports - Sport wird im 20. Jh. zum Massenphänomen aufgrund des Ausbaus von Wohlfahrts- und Sozialstaat - Aus- und Binnendifferenzierung des Sports, Pluralisierung des Sportangebots - Aufkommen kommerzieller und selbst organisierter Sozialformen im Sport Pluralisierung des Sportangebots - Binnendifferenzierung des Leistungssports: immer mehr Disziplinen innerhalb einer Sportart - Ausdifferenzierung des Freizeitsports: Vervielfältigung der Sportangebote → verschiedene Erscheinungsformen: ✓ sachliche Ausdifferenzierung → Pluralisierung der Sportarten (mehr Sportarten) ✓ soziale Ausdifferenzierung → Integration sportabstinenter sozialer Gruppen ✓ räumliche Ausdifferenzierung → Urbanisierung des Sports ✓ zeitliche Ausdifferenzierung → Sport zu jeder Tages- und Nachtzeit posttraditionelle Sportgemeinschaften: Szenen - Szene: thematischer Fokus, zeitlich-räumliche Flexibilität, hohe soziale Fluktuation, Internetkommunikation, Events - zentrales Identitätsmerkmal = Stilisierung: Bindung nach innen, Abgrenzung nach außen → Sport = Lebensstil selbstorganisierter Sport: individualisierte Vergemeinschaftung - Wertpräferenzen der Akteure: Autonomie, Flexibilität, Ungebundenheit, Individualität - kommerzielle Sportanbieter: Fitnessstudios (= individualisierte Sporteinrichtung) - Self-tracking: Fitness-Apps als personal coach - Gleichzeitigkeit von Individualität und Kollektivität Individualisierung sportlichen Handelns Erosion traditioneller Sportmoral und Sportwerte - traditionelle Werte: Leistung, Disziplin, Trainieren, Wettkampf - (post-)moderne Werte: Spaß, Gesundheit, Fitness, Ästhetik, Selbstverwirklichung, Erleben Ästhetisierungen und Verkörperungen des Sports - Ästhetisierung traditioneller Sportsymbole, der Sportkörper und von Sporträumen - Sportkleidung wird modischer und körperbetonter Subjektivierung der Sportpraxis - lebenslange Treue zum Verein und Sport schwindet - Sportbiographie = Bastelbiographie → verschiedene Sportarten - Sportbiographie = evtl. Risikobiographie aufgrund der „Paradoxie der Individualität“ Individualisierung des Schulsports? Schulsport als organisierter Sport - Pluralisierung der Sportangebote? - Ausdifferenzierung des Schulsports?: sachlich? sozial? räumlich? zeitlich? - mehr Eigenverantwortlichkeit? soziales Handeln im Schulsport - Postmaterialistische Werte? - Ästhetisierungen des Körpers? - Inszenierungen des Körpers? - Geschlechteremanzipation? - selbst organisierter Sportunterricht? Geschlechterstrukturen im Sport Geschlecht als soziale Konstruktion - Männlichkeitskonstruktionen & Weiblichkeitskonstruktionen Geschlechterrollen und -stereotype Geschlecht als soziale Rolle = „Ensemble erwarteter Verhaltensweisen, Einstellungen, Verpflichtungen und Privilegien, das eine Gesellschaft jedem Geschlecht zuschreibt“ - stillschweigende Erwartungen an Männer und Frauen → Was dürfen/können/sollen Frauen und Männer (nicht)? Geschlechterstereotype = „grob vereinfachende, aber tief verwurzelte Vorstellungen über männliche und weibliche Eigenschaften“ → Naturalisierung der Geschlechterdifferenz Geschlechterrollen- und stereotype beeinflussen sich wechselseitig - Geschlechterstereotype erzeugen Erwartungen bzgl. der Verhaltensweisen von Frauen und Männern - wiederholte Wahrnehmung von Geschlechterrollen vermittelt Eindruck, Geschlechterstereotype seien zutreffend - Problem: zirkuläre Schlussfolgerung - Stereotyp → Beobachtung → Folgerung Zweigeschlechtlichkeit als Norm gängige Annahmen - es gibt genau zwei Geschlechter - Körper-Zeichen sind geschlechtsspezifische Wahr-Zeichen - man hat sein Geschlecht ein Leben lang - aus dem körperlichen Geschlecht folgen typische Eigenschaften, Vorlieben etc. - normal ist heterosexuelles Begehren, weil es für Reproduktion der Gattung notwendig ist => Geschlecht = biologisch bedingt und festgelegt soziokonstruktivistische und feministische Kritik - Biologie prägt menschliches Verhalten, determiniert es aber nicht - sex (biologisches Geschlecht: Frauen-/ Mannkörper) vs. gender (soziales Geschlecht/Geschlechtsidentität: Frau-/ Mannsein) - was es heißt, eine Frau/ ein Mann zu sein, ist nicht biologisch festgelegt, sondern gesellschaftlich hergestellt Vorsicht vor Biologisierung der Geschlechter - bei fast allen Verhaltensmerkmalen ist die Variation innerhalb eines Geschlechts größer als im Durchschnitt zwischen den Geschlechtern) → Berücksichtigung kultureller und sozialer Faktoren: - Jungen werden mehr zum Sport animiert als Mädchen (Kultur) - Frauen haben Abstand zu Männern in vielen Disziplinen verringert (Training) - Frauen brechen frühere Rekorde von Männern (bessere Förderung) => kultureller Wandel (größere Akzeptanz für Athletinnen), individuelles soziales Handeln (verstärktes Training) fortdauernde soziale Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit - doing gender: geschlechterspezifische Verhaltensweisen und Strukturen - talking gender (Sprechen = Handeln): geschlechtsbezogene Redeweisen - institutionalizing gender: geschlechtsbezogene Strukturen (z.B. Prämien Skispringen) geschlechtsspezifische Strukturen im Sport Deutungsstrukturen = Sinnkomplexe (Diskurse), die das Handeln anleiten (Werte, Leitideen, Stereotype) - moderner Sport = gesellschaftlicher Teilbereich zunächst für Männer - Frauen erhielten systematisch später Zugang zum Turnen, Schul- und Wettkampfsport - Begründung: Frauen sind moralisch und körperlich „defizitär“ im Vergleich zum Mann und daher fehl am Platz im Sport - heteronormativer Sportdiskurs: „Gebärmutter erleidet Schaden“ (beim Skisprung) - biologische Begründungsversuche, Frauen den Zugang zu Sportarten zu verweigern, dauern an Massenmedien (re-)produzieren Geschlechterordnung im Sport - quantitative Verteilung tagesaktueller Sportberichte: 15% Frauen- vs. 85% Männersport - mehr Berichte über Männersportarten, die dem männlichen Stereotyp entsprechen (Kraft, Kampf, Aggressivität, Risiko) - Berichte über Frauensportarten fokussieren Individualsportarten ohne Körperkontakt und ästhetische Sportarten Erwartungsstrukturen = mehr oder weniger fixierte Normen, Regeln, Moralvorstellungen, Rollenerwartungen, Sitten - formell festgelegte Geschlechterdifferenzen (per Regeln) ✓ geschlechtsbezogene Segregationen: zumeist getrenntgeschlechtliche Sportarten, exklusive Frauen- oder Männersportarten ✓ Verweiblichung von Sportarten: kleinere Spielflächen, leichtere Sportgeräte, kürzere Laufstrecken, Verringerung des Körpereinsatzes ✓ → „Männersport“ = Norm, „Frauensport“ = Normabweichung Konstellationsstrukturen = relativ dauerhafte Ordnungs- und Beziehungsmuster, Ressourcenverteilungen, Macht- /Ungleichheitsstrukturen - geschlechtsspezifische Handlungsfelder: Männer- und Frauensport als unhinterfragtes Strukturmerkmal des Sports - geschlechtsspezifische Verteilung von Machtpositionen im Sport (z.B. ehrenamtliche Führungs- vs. Basisarbeit) doing gender und undoing gender im Sport doing gender - frühkindliche Bewegungsförderung ✓ Jungen werden zum riskanten, explorativen Verhalten ermutigt ✓ Mädchen werden zu Aktivitäten mit körperlicher Feinmotorik und längerer Konzentrationszeit ermutigt ✓ „Kleidchen“, „Schläppchen“, „geblümte T-Shirts“ vs. „grobe Jogginghose“, „weite Hose“, „dicke Turnschuhe“ - besondere Geschlechtsinszenierung in gegengeschlechtlichen Sportarten - Bsp. Siegerehrungen: Frauen stehen Spalier, tragen lange Kleider - Männer überreichen Medaillen undoing gender = Praktiken und Strategien, Geschlechtsunterschiede zu neutralisieren - Angleichung in Kleidung, Gestik, Sprache, Habitus - gender mainstreaming in Sportorganisationen und -institutionen Geschlechterstrukturen im Schulsport?! - doing und undoing gender im Schulsport - Deutungsstrukturen: Rollenbilder und Stereotype im Schulsport → reproduziert oder zumindest infrage gestellt? - Erwartungsstrukturen: unterschiedliche Erwartungen an Mädchen und Jungs, keine geschlechtsbezogene Segregation, teilweise Geschlechtertrennung aufgehoben