Nachhaltigkeit und Umwelt - PDF

Summary

Dieser Text behandelt Geographien von Mensch-Umwelt-Beziehungen, Umweltgerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Es werden Themen wie die 'Tragödie der Allmende', Klimakonferenzen und verschiedene Planungsperspektiven diskutiert. Der Text analysiert auch das Konzept der doppelten Verdrängung durch Umweltprojekte und kritisiert die hegemoniale Rolle neoliberaler Wirtschaftspolitiken.

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1. Geographien von Mensch-Umwelt-Beziehungen und Nachhaltigkeit Kritik an traditionellen landeskundlichen Ansätzen: Die traditionelle Landeskunde wird kritisiert, da sie Landschaften als einmalige Kombination von Geofaktoren betrachtet und somit eine beschreibe...

1. Geographien von Mensch-Umwelt-Beziehungen und Nachhaltigkeit Kritik an traditionellen landeskundlichen Ansätzen: Die traditionelle Landeskunde wird kritisiert, da sie Landschaften als einmalige Kombination von Geofaktoren betrachtet und somit eine beschreibende statt erklärende Wissenschaft ist. Der sogenannte "Geodeterminismus", bei dem die Abfolge der Geofaktoren kausal auf den jeweils nächsten wirkt, wird ebenfalls abgelehnt. Es wird argumentiert, dass wissenschaftliche Beschäftigung mit Landschaften weitere Lesarten bzw. Konstruktionen hervorbringt (Sozialkonstruktivismus). Zitat: "Landschafts- und Länderkunde als Inbegri der Geographie verfügen über keine Problemstellungen. Sie konstruieren Schemata (…). Die konstatierten Zusammenhänge wie die Abhängigkeit von Klima und Relief sind trivial (…). Sie sind in der Konstatierung von Trivialzusammenhängen Allgemeinplätze, in der Zielvorstellung Leerformeln:". Tragfähigkeit: Die Konzepte von Thomas Malthus (begrenzte Tragfähigkeit der Erde) und Ester Boserup (Bevölkerungsdruck als Motor für Innovationen) werden gegenübergestellt. Boserup argumentiert, dass steigende Bevölkerungsdichte das Mensch- Umwelt-System stört, was zu Umweltdegradation, Mangelernährung und erhöhter Sterblichkeit führt. Institutionen: Institutionen werden als "übergreifende Erwartungsstrukturen" de niert, die das Handeln und Entscheiden bestimmen. Sie regulieren das gesellschaftliche Miteinander und sind "soziale Regeln, die in zeitlicher Hinsicht dauerhaft, in sozialer Hinsicht verbindlich und in sachlicher Hinsicht maßgeblich" sind. "Tragödie der Allmende": Die "Tragödie der Allmende" wird angesprochen und es werden verschiedene Arten von Institutionen (kulturell-kognitive, regulative, normative) diskutiert. Nachhaltigkeit: Die Vorlesung diskutiert die Geschichte des Nachhaltigkeitsbegri s, beginnend bei Hans Carl von Carlowitz (1713) und seinem ressourcenökonomischen Ansatz für den Wald. Es wird betont, dass Nachhaltigkeit nicht losgelöst vom gesellschaftlichen Kontext und den sozio-kulturellen Machtverhältnissen betrachtet werden kann. Zitat: "… the concept of sustainability cannot be divorced from its societal context and socio-cultural relations of power“ (Krueger, Mössner, Freytag, 2019). Klimakonferenzen: Es wird eine Liste von Klimakonferenzen (von Berlin 1995 bis Bonn 2017) präsentiert. Planungsperspektiven: Es werden drei Planungsperspektiven vorgestellt: Economy Planner: Sieht die Stadt als Ort der Produktion, Konsumtion, Distribution und Innovation. Ecology Planner: Sieht die Stadt als Ressourcenverbraucher und Abfallproduzent. ff ff fi Equity Planner: Sieht die Stadt als Ort von Kon ikten über die Verteilung von Ressourcen, Dienstleistungen und Möglichkeiten. 2. Umweltgerechtigkeit und Environmental Gentri cation Umweltgerechtigkeit: Der Fokus liegt auf der Beteiligung aller Menschen an (Umwelt-)Entscheidungsprozessen und der Anerkennung potenziell betro ener Gruppen und ihrer Ansprüche. Prozessgerechtigkeit: Sie konzentriert sich auf das Recht aller, an Entscheidungen teilzunehmen, die ihre Umwelt betre en. Zitat: „focuses on the right of all people to participate in (environmental) decision-making (are all residents given the opportunity to comment on the siting of a new bus depot in the neighbourhood; do community groups in uence environmental legislation that a ects their daily lives…)“ Gerechtigkeit als Anerkennung: Die Anerkennung wird als zentraler Aspekt der persönlichen Identität und Identitätsbildung betrachtet. Zitat: "Justice as recognition focuses on the consideration of potentially a ected persons or groups of persons and their claim- making. It was introduced into the debate by Schlosberg (2004), de ning recognition both as subject and as condition of justice." Environmental Gentri cation: Es wird die Problematik der "doppelten Verdrängung" (Bewohner -> Pioniere -> Gentri er) in Zusammenhang mit der Aufwertung von Gebieten durch Umweltprojekte (z.B. Parks) angesprochen. Dabei werden Beispiele wie der Phoenix-See in Dortmund und Harlem X-Change in New York City verwendet. Zitat: “When a hazardous site, such as a polluting factory or a dump, is built in a neighborhood, residents from higher socioeconomic classes tend to move out and those from lower socioeconomic classes move in (Been and Gupta 1997; Wolverton 2002; Banzhaf and Walsh 2008). Paradoxon der nachhaltigen Politik: Es wird das Paradoxon angesprochen, dass Umweltverbesserungen zu Gentri zierung und Verdrängung führen können. Zitat: “paradox of sustainable politics” (Checker 2011). Gentri zierung im ländlichen Raum: Gentri zierung wird nicht nur als städtisches Phänomen betrachtet, sondern auch im ländlichen Raum analysiert, wo soziale Verdrängung statt ndet. Die unterschiedlichen Vorstellungen von Natur und Arbeit zwischen alten und neuen Bewohnern spielen eine Rolle. Kritik an Wachstumslogik: Wachstumsorientierte Stadtentwicklung wird kritisiert, da sie zu Privatisierungen, marktähnlichen Steuerungen und der Umgehung demokratischer Legitimation führt. Zitat: "Marktähnliche Steuerungen / Governance (PPP) / Umgehung demokratischer Legitimierung". Umweltproteste: Der Umweltkon ikt um das HidroAysen- Wasserkraftwerk in Chile wird als Beispiel für Umweltproteste und die Privatisierung von Wasserrechten angeführt. fi fi fl ff ff fi fl fi fi fi fl ff fi ff fi 3. Wirtschaftsgeographie: Kritik an traditionellen Ansätzen und neue Perspektiven Kritik am BIP: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Maß für wirtschaftliche Leistung wird kritisiert, da es nicht alle relevanten Aspekte (z.B. Hausarbeit, Umwelt) berücksichtigt und auf Wertentscheidungen beruht. Zitat: "Misst BIP die richtigen Dinge? - Misst es das, was gesellschaftlich am wichtigsten ist? - Was ist mit Aspekten wie Wohlbe nden, Glück, Nachhaltigkeit?". Es wird festgestellt, dass "umweltschädliche Aktivitäten vielmehr ‘positiv’ zum BIP beitragen. Alternative Indikatoren: Andere Indikatoren wie der UNDP Human Development Index und der OECD Better Life Index werden als Alternativen genannt. Soziale Konstruktion von Wirtschaft: Es wird argumentiert, dass das Verständnis von Wirtschaft sozial konstruiert ist. Zitat: "Was wir unter Wirtschaft verstehen ist sozial konstruiert – Wirtschaft ist das, was Gesellschaften jeweils unter Wirtschaft verstehen" Wirtschaftsgeographie als Disziplin: Die Wirtschaftsgeographie wird als ein Teilbereich der Humangeographie de niert, der sich mit der Beschreibung und Erklärung der Orte und Räume befasst, in denen wirtschaftliche Aktivitäten statt nden. Es wird jedoch betont, dass traditionelle De nitionen oft begrenzt und limitierend sind. Zitat: "“sub- eld of human geography concerned with describing and explaining the varied places and spaces where economic activities are carried out and circulate“. Es wird eine Arbeitsde nition vorgestellt, die den Ein uss von Raum, Ort, Maßstab, Landschaft und Umwelt auf "ökonomische Prozesse" berücksichtigt. Historische Entwicklung der Wirtschaftsgeographie: Die historische Entwicklung der Wirtschaftsgeographie wird in fünf Phasen unterteilt: 1) Handelsgeographie & Umweltdeterminismus, 2) Regionale Geographie, 3) Raumwissenschaft & Standorttheorie, 4) Radikale Geographie, 5) Poststrukturalistische Geographie. Diese Entwicklung spiegelt den jeweiligen historischen und gesellschaftspolitischen Kontext wider. Kritik am Umweltdeterminismus: Die These, dass wirtschaftliche Entwicklung durch klimatische Bedingungen bestimmt wird, wird als rassistisch und nicht haltbar kritisiert. Ungleiche Entwicklung: Ungleiche Entwicklung wird als Ergebnis des kapitalistischen Wirtschaftssystems und seiner zeitlichen und räumlichen Verschiebungen von Kapital analysiert. Wirtschaft und Natur: Es wird betont, dass Wasser (und auch Boden) als gesellschaftliches Naturverhältnis betrachtet werden muss, um seine Konstruktion zu verstehen. Wirtschaft, Gender, Race und Identitäten: Die Ver echtung von Wirtschaft mit Gender, Race und Identität wird als zentrales Thema fi fl fi fi fi fi fi fl hervorgehoben. Es wird betont, dass Wirtschaftsstrukturen von Ungleichheiten auf multiplen Ebenen geprägt sind. Zitat: "Wirtschaft ist ein soziales Phänomen: durch ungleiche und überschneidende Ungleichheiten auf multiplen Ebenen gekennzeichnet". Es wird auf die intersektionalen Aspekte von Identitäten hingewiesen. Diverse Ökonomien: Die Vorlesung führt das Konzept der "Diverse Economies" ein, das über die kapitalistische Wirtschaft hinausgeht und andere Formen des Wirtschaftens betrachtet. Plurale Ökonomie: Es wird die Notwendigkeit einer pluralen Ökonomie mit verschiedenen Schulen, Theorien und Linsen betont. Zitat: "Entkopplung von Wirtschaft und biophysischen Bedingungen". Kritik an neoliberaler Wirtschaftspolitik: Die hegemoniale Rolle neoliberaler Wirtschaftspolitiken und neoklassischer Wirtschaftstheorie wird kritisiert. LEADER Ansatz: Der LEADER-Ansatz zur Regionalentwicklung in der EU wird vorgestellt, inklusive der Kritik an seiner Bürokratie und mangelnder Wirksamkeit. Schlussfolgerung Die präsentierten Quellen zeigen, dass sowohl die Humangeographie als auch die Wirtschaftsgeographie dynamische Disziplinen sind, die sich ständig weiterentwickeln. Sie hinterfragen traditionelle Annahmen und Methoden und setzen sich kritisch mit den sozialen, politischen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit auseinander. Die Analyse von Mensch-Umwelt-Beziehungen, Nachhaltigkeit, Ungleichheit, und der Konstruktion von "Wirtschaft" stehen dabei im Vordergrund. Die Kritik an tradierten Ansätzen und der Ruf nach interdisziplinären Perspektiven sollen die Komplexität der Welt besser erfassen und zu neuen Erkenntnissen führen. Die "Tragödie der Allmende" (Tragedy of the Commons) beschreibt ein Problem der Ressourcenutzung, bei dem individuelle Akteure, die aus Eigennutz handeln, eine gemeinsam genutzte Ressource übernutzen und damit deren Zerstörung oder Erschöpfung verursachen. Hier sind einige Kernpunkte, um das Konzept zu verstehen: Gemeinsame Ressource: Es geht um eine Ressource, die vielen zur Verfügung steht und von vielen genutzt werden kann. Beispiele sind Weideland, Fischbestände oder auch saubere Luft und Wasser. Individueller Nutzen vs. kollektiver Schaden: Jeder Einzelne hat einen Anreiz, die Ressource so intensiv wie möglich zu nutzen, da der individuelle Nutzen (z.B. mehr Vieh weiden lassen, mehr Fisch fangen) direkt bei ihm landet. Die negativen Folgen der Übernutzung (z.B. die Schädigung der Weide, Über schung) tragen jedoch alle gemeinsam. Rationales Handeln führt zur Tragödie: Aus der Perspektive des Einzelnen ist die Übernutzung der Ressource rational, da er seinen eigenen Nutzen maximiert. Wenn jedoch alle so handeln, führt dies unweigerlich zur Zerstörung oder Erschöpfung der Ressource. Das Problem der Externalisierung: Die Kosten der Ressourcennutzung werden nicht vom Nutzer allein getragen, sondern externalisiert und auf die Gemeinschaft abgewälzt. fi Garrett Hardin, der das Konzept 1968 bekannt machte, argumentierte, dass die "Tragödie der Allmende" nur durch zentrale staatliche Lenkung oder Privatisierung der Ressource zu lösen sei. Allerdings wird diese Sichtweise kritisiert. Eine alternative Perspektive bietet die Arbeit von Elinor Ostrom, die für ihre Forschung zu gemeinschaftlicher Ressourcenverwaltung mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Sie argumentiert, dass eine erfolgreiche Verwaltung von Gemeingütern durch klar de nierte Grenzen, funktionierende Überwachung, abgestufte Sanktionen, Kon iktlösungsmechanismen und Beteiligung aller Nutzer an Entscheidungen erreicht werden kann. Diese Form der Verwaltung wird als "polyzentrisch" bezeichnet, was bedeutet, dass es viele voneinander unabhängige Entscheidungszentren gibt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die "Tragödie der Allmende" ein Modell ist, das die Schwierigkeiten bei der Nutzung von gemeinsamen Ressourcen aufzeigt. Es unterstreicht, dass individuelles, eigennütziges Handeln zu kollektiven Schäden führen kann und dass effektive Mechanismen der Steuerung und Zusammenarbeit notwendig sind, um solche Tragödien zu vermeiden. fl fi

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