Menschenrechte und zwischenstaatliche Streitbeilegung 08.01.2024 PDF
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Summary
This document discusses the topic of human rights and international dispute resolution. It delves into the jurisdiction of the International Court of Justice (ICJ) regarding human rights cases and explores various conflict resolution mechanisms. It presents different approaches to international human rights protection, while also examining specific case studies emphasizing different international instruments and mechanisms.
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Menschenrechte und zwischenstaatliche Streitbeilegung 08.01.2024 Welche Zuständigkeiten hat der IGH für menschenrechtliche Verfahren? ➔ Der IGH kann von Staaten angerufen werden, wenn ein Menschenrechtsvertrag dies vorsieht [Völkerrechtskonvention, Folterkonvention → ko...
Menschenrechte und zwischenstaatliche Streitbeilegung 08.01.2024 Welche Zuständigkeiten hat der IGH für menschenrechtliche Verfahren? ➔ Der IGH kann von Staaten angerufen werden, wenn ein Menschenrechtsvertrag dies vorsieht [Völkerrechtskonvention, Folterkonvention → kompromissarische Klausel] ➔ (IGH kann keine Individualbeschwerden hören; nicht nur für Völkermord, auch wenn grad relative viele Fälle → Zwischenstaatliche Fälle; IGH ist keine Berufungsinstanz…) 1. Menschenrechtsschutz als Sonderkonstellation Die völkerrechtliche Ausstattung des Individuums als mit relevanten Rechten (und Pflichten Völkerstrafrecht) ist eine Entwicklung des 20. JH. Individualverfahren stehen im Zentrum eines als „effektiv“ verstandenen Menschenrechtsschutzes. [Was kann der/die Einzelne tun?] [wenn nur über einzelen Staat Rechte geltend machen kann, hat man weniger Schutz…] Zwischenstaatliche Verfahren sind eine Möglichkeit, die Erfüllung menschenrechtlicher Verpflichtungen eines Staates mit Wirkung für Individuen durch „klassisches“ staatenzentriertes Völkerrecht sicherzustellen. [Möglichkeit für viele Einzelpersonen] Grundlage dafür ist ein Verständnis der Menschenrechte als Pflichten erga omnes (partes). [zwischen allen geltend → was Besonderes, weil Möglichkeit zu klagen?→ partes = ggü. Jeder Partei eines Vertrages → richtiges erga omnes also ALLEN gibt es nicht wirklich in der Praxis…, man muss besonderes Interesse haben für Klage] 2. Universeller Menschenrechtsschutz a. Beispiele: Der so genannte „Charta-basierte Menschenrechtsschutz“ kennt keine Mechanismen zur Beilegung zwischenstaatlicher streitiger Verfahren. [z.B mit Menschenrechtsrat → beruht auf Berichten, keine wirkliche Instan zfür Entscheidungeun außer IGH] Mehrere der Instrumente des „vertragsbasierten Menschenrechtschutzes“ enthalten Klauseln, die spezifische Formen zwischenstaatlicher Streitbeilegung zulassen; allerdings unterschiedlich ausgeprägt [IPbpR & IPwksR, Anti- FolterKonvention, Anti-Rassismus, Schutz des Kindes, der Frauen, Völkermord…] IPBürg: Art. 41-43 (Gute Dienste und eine Vergleichsfunktion des Ausschusses, allerdings nur gegenüber Staaten, die das Verfahren ausdrücklich anerkannt haben) [→ eher schwache Ausprägung, geht nicht aber das hinaus, was eh…] [ →Hohe Bürde, beide müssen… abgeben: Reziprozität] Anti-Rassismus-Konvention: Art. 11-13 (Bildung einer Ad-hoc Vergleichskommission nach Art. 12, grds. wirksam ggü. allen Vertragsstaaten) Die ersten drei Staatenbeschwerden erhielt der Ausschuss im Jahr 2018 (Quatar gegen Saudi Arabien, Quatar gegen die Vereinigten Arabischen Emirate, Palästina gegen Israel). [ → ist nicht so viel bei raus gekommen…, und wenn ist so ein Vergleich ja auch nicth verbindlich.. → nach 2018 auch keine neuen Beschwerden…] [Beilegung des Streites liegt nicht ausdrücklich bei Kommission, sie macht Empfehlung und hofft dann auf Einigung durch die Parteien…] Anti-Folterkonvention: Art. 21 (das Komitee kann Staatenbeschwerden behandeln, aber nur, wenn diese Kompetenz per Erklärung anerkannt wurde) [ → Gang zum IGH ist wirkungsvoller] Wanderarbeiter-Konvention: Art. 74 (Staatenbeschwerden nur bei Anerkennung des entsprechenden Mandats des Komitees) b. Rolle und Bedeutung des IGH: Anders als bei den menschenrechtlichen Spruchkörpern sind zwischenstaatliche Verfahren vor dem IGH der Normalfall, Klagen von Individualpersonen sind nicht möglich. Neben spezifischen Mechanismen der Staatenbeschwerde kennen einige Menschenrechtsverträge auch den Weg in die Schiedsgerichtsbarkeit und zum IGH [trz verhältnismäßig wenig Fälle…, Staaten verklagen sich nicht so gerne gegenseitig aus Angst vor Gegenklage (pol. Perspektive), vlt. effektive, andere Instanz, → es gibt keine wirklich verpflichtenden Klauseln !…] [ → Klausel zur obligatorischen Streitbeilegung mit verpflichtenden Ergebnis (Abs. 1) → das haben die meisten Verträge nicht, weil sonst weniger Staaten unterzeichnen würden…] Anhängiger Fall vor dem IGH: Kanada und die Niederlande v. Syrien (2023) Im Fall zwischen Belgien und dem Senegal (Questions relating to the Obligaiton to Prosecute or Extradite (Belgium v. Senegal), 2012 entschied der IGH, dass die Verpflichtungen aus der Anti-Folterkonvention „erga omnes partes“ wirken und Belgien daher standing vor dem IGH hat. [ → sonst würde erga omnes nicht nützen…] [→ das wirkt! Auch gegen Staaten, die z.b nicht dem Rom-Statut angeschlossen haben und sonst viele Ausnahmeerklärungen…] o Case Concerning Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovinav. Serbia and Montenegro); Ergebnis/Status: zulässig, aber keine Hauptsachentscheidung o Allegations of Genocide under the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Ukraine v. Russia, 2023); Ergebnis/Status: noch nicht entschieden; mündl. Verh. Sept. 2023 o Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (The Gambia v. Myanmar); Ergebnis/Status: vorsorgliche Maßnahmen, Hauptsache noch nicht entschieden. [eine der Fälle, wo IGH noch ein Schritt weiter gegangen ist bei erga omnes → Gambia hat mit Myamar und der Situation nichts zu tun…] o Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide in the Gaza Strip (South Africa v. Israel); Ergebnis/Status: Vorläufiger Rechtsschutz gewährt, Hauptsache anhängig o Auch im Verfahren Nicaragua v Deutschland spielt die Völkermordkonvention eine Rolle [ → im Sinne einer Beihilfe]. Sie ist aber nur ein Aspekt und ist für die Begründung der Zuständigkeit des IGH nicht ausschlaggebend. [viele anhängige Fälle, aber keine Entscheidungen…] o Application of the International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination, Georgia v. Russia (2011) o Application of the International Convention for the Suppression of the Financing of Terrorism and of the International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination, Ukraine v. Russia o Application of the International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination, Armenia v. Azerbaijan 3. Regionaler Menschenrechtsschutz a. EGMR Im Vergleich zu anderen Spruchkörpern große Anzahl zwischenstaatlicher Verfahren und stetig wachsende Relevanz; im Vergleich mit anderen Verfahrensarten aber zahlenmäßig fast zu vernachlässigen (bis 2024 nur 37 zwischenstaatliche Verfahren) Häufig hochpolitische Verfahren: Irland v UK, Zypern v Türkei, Armenien v Aserbeidschan, Ukraine v Russland o Vergleich: Fünf zwischenstaatliche Verfahren infolge der Situation auf der Krim und in der Ostukraine seit 2014 gegenüber 3700 Individualverfahren zu dieser Thematik (Stand: 2021, vor dem Ende der Mitgliedschaft Russlands am 16.09.2022) [→ anhängige Verfahren werden noch beendet] Problematisch im Kontext des EMRK-Beitritts der EU: Die Möglichkeit zwischenstaatlicher Verfahren würde der EU die Fähigkeit verleihen, de facto die EU- Mitgliedsstaaten in Menschenrechtsfragen zu überwachen - Siehe hierzu: EuGH Gutachten 2/13, 18.12.2014 Möglichkeit zwischenstaatlicher Verfahren „durch die Hintertür“ - Vertragsstaaten können Individualverfahren als Dritte beitreten (Art. 36 EMRK) Zweck zwischenstaatlicher Verfahren vor dem EGMR: Nicht vollständig geklärt - Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten (subjektivrechtliche Dimension) - Mechanismus für die kollektive Durchsetzung der EMRK (objektivrechtliche Dimension) [→ Hoffnung das systematisch Verletzung abgeschafft wird] b. Inter-Amerikanischer Gerichtshof Nur zwei zwischenstaatliche Fälle wurden vor die inter-amerikanische Menschenrechtskommission gebracht o Nicaragua v. Costa Rica (2006): Für nicht zulässig erklärt ▪ Englischsprachige Zusammenfassung: https://www.cidh.oas.org/annualrep/2007eng/interstatecase.eng.htm o ▪ Aufschlussreich für die Zwecke von zwischenstaatlichen Verfahren zum Menschenrechtsschutz: „collective guarantee mechanism“ (para. 198) o Equador v. Kolumbien (2009): Verfahren wurde einvernehmlich beendet Staaten beantragen regelmäßig Rechtsgutachten, um im Kern zwischenstaatliche Fragen klären zu lassen o Zu dieser Thematik: https://voelkerrechtsblog.org/de/inter-state-cases-in- disguise under-inter-american-human-rights-law/ Beispiele für Rechtsgutachten, die im Kern zwischenstaatliche Streitigkeiten betreffen: - Advisory Opinion OC-16/99 (1997): Hier beantragte Mexiko ein Gutachten des Gerichts im Namen einiger Staatsbürger, die zu Tode verurteilt wurden und vom Aufenthaltsstaat (den USA) nicht von ihrem Recht unterrichtet wurden, mit einem mexikanischen Konsulat in Kontakt zu treten. - Advisory Opinion OC-18/03 (2003): Dieses Verfahren, in dem das Gericht die staatliche Pflicht zur Gleichbehandlung nicht-dokumentierter Arbeiter*innen feststellte und Leitlinien für ihre Behandlung verfasste, wird als Antwort auf eine Entscheidung des US Supreme Court gesehen, in dem die Rechte solcher Arbeiter*innen erheblich beschränkt wurden. - Advisory Opinion OC-21/14 (2014) „Rights and Guarantees of Children in the Context of Migration and/or in need of International Protection“: Konkreter Kontext - Situationen an der südlichen Grenze zur USA. Das Gericht erklärte, dass seine Schlussfolgerungen für alle Mitgliedsstaaten der 1948 American Declaration of the Rights and Duties of Man habe (inkl. Der USA), nicht nur diejenigen Staaten, die die Amerikanische Menschenrechtskonvention ratifiziert haben (wozu die USA nicht gehören). 4. Literatur und Hausaufgaben Bitte lesen Sie folgenden (kurzen) Beitrag: Tigroudja, Could the Collective Guarantee Mechanism be Detrimental to Individuals‘ International Litigation Capacity?, 30.04.2021, https://voelkerrechtsblog.org/de/could-the-collective-guarantee-mechanism-be detrimental- to-individuals-international-litigation-capacity/ Warum diskutiert die Autorin zwischenstaatliche Verfahren im Verhältnis zu Individualbeschwerden kritisch? Zwischenstaatliche Verfahren werden oft gegenüber Individualbeschwerden priorisiert Dies kann zu Verzögerungen oder Vernachlässigungen individueller Fälle führen. Die EMRK bietet keine klaren Leitlinien zur Lösung von Konflikten zwischen den Mechanismen. Die Priorisierung interstaatlicher Klagen kann die Autonomie der Individualklage untergraben. Gefahr: Verlust des Gleichgewichts und der zentralen Schutzfunktion der EMRK. Forderung: Verfahren so gestalten, dass individuelle Rechte nicht zugunsten von Staateninteressen vernachlässigt werden. Ein Fall könnte in beiden Kategorien eingeordnet werden und dann werden die zwischenstaatlichen bevorzugt Individualverfahren seien eigentliche das wichtige, aber werden nachrranig genutzzt Individualverfahren seien nicht abhängig, davon ob zwischenstaatl. Verfahren stattgefunden hat Könnten Personen doppelt begünstigt werden? zwischenstaatliche Verfahren könnten einen Einfluss auf die Individualverfahren und deren Ergebnis haben (weil man dann auf diese zurück verweist) Mehr dazu: Völkerrechtsblog