Megatrends in der Automobilindustrie (PDF)

Summary

Dieser PDF-Dokument behandelt Megatrends in der Automobilindustrie. Es untersucht verschiedene Megatrends und deren Einfluss auf die Branche, insbesondere Umweltbewusstsein und dessen Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Branche. Der Text betont die Notwendigkeit einer Neuausrichtung und die Schaffung einer neuen Unternehmerkultur, um den Herausforderungen dieser Trends zu begegnen.

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# 2 Megatrends in der Automobilindustrie ## War Umweltschutz bis vor wenigen Jahren noch eher etwas für „Umweltaktivisten" oder „Ökos", so hat er sich inzwischen zu einem öffentlichen Trend entwickelt: - Umweltbewusstsein ist nicht mehr eine persönliche Angelegenheit, sondern ein gesellschaftliche...

# 2 Megatrends in der Automobilindustrie ## War Umweltschutz bis vor wenigen Jahren noch eher etwas für „Umweltaktivisten" oder „Ökos", so hat er sich inzwischen zu einem öffentlichen Trend entwickelt: - Umweltbewusstsein ist nicht mehr eine persönliche Angelegenheit, sondern ein gesellschaftliches Thema! ## Umweltbewusstsein als Megatrend, der eine Neuausrichtung der Gesellschaft erfordert. - Naturschonende Produktion und Nachhaltigkeit üben erheblichen Druck auf die Wirtschaft aus, das Einhalten von Klimazielen steht für einen Großteil der Bevölkerung an erster Stelle. - Damit geht einher, dass sich gesellschaftliche, politische, individuelle und strukturelle Neuausrichtungen ergeben. - Dieser Megatrend zwingt die heutige Automobilindustrie zum Handeln; Geschäftsmodelle und Prozesse müssen neu definiert werden. - Dies bedeutet in der Konsequenz, dass eine neue Unternehmerkultur geschaffen werden muss, und dies möglichst zeitnah, denn: Der Markt der Zukunft wartet nicht. ## Verantwortungsvolles Agieren setzt neue Maßstäbe, das eigene Handeln bestimmt, wie gesund, bewusst oder umweltfreundlich das eigene Leben empfunden wird. - Der Dreiklang von Mensch, Natur und Technologie wird in ein neues Licht gerückt, die Gewichtung ist eine andere. - Der Schwerpunkt des neuen Lifestyles liegt auf gesund, sozial und nachhaltig. ### Politische Basis als Grundlage - Auch wenn für viele der bewusste Umgang mit Ressourcen eine persönliche Lebenseinstellung ist, so liegt sie doch in gesellschaftlicher Verantwortung. - Niemand kann allein die Klimakrise bewältigen, es bedarf eines allgemeingültigen und gesellschaftlichen Konsens. - Die Grundlage dafür zu schaffen ist Aufgabe der Politik, denn sie definiert Rahmenbedingungen u.a. in Form von Gesetzen, Regulierungen oder Anreizen. - Ziel ist es, Unternehmen für die Wandlung zu begeistern und diese auch möglich zu machen. - Das Bewusstsein, dass Wachstum nicht mehr vordergründig etwas mit mehr Ab- und Umsatz zu tun hat, ist essenziell. ## Was ist ein Megatrend? - In diesem Zusammenhang wird häufig von Megatrends gesprochen, z.B. in Forschungs- und Entwicklungsprojekten, die langfristige Entwicklungen oder Entwicklungsmuster beschreiben. - Geprägt wurde der Begriff in den 1980er Jahren von John Naisbitt, einem amerikanischen Zukunftsforscher. - Er definiert sich durch eine deutliche gesellschaftliche, politische, technische sowie wirtschaftliche Veränderung. - Ein Trend (Veränderungs- oder Wandlungsprozess) kann unterschiedliche Erscheinungsformen haben. ### Trendformen 1. Kurzfristige Trends 2. Mittelfristige Trends 3. Megatrends ## Entscheidend für die Eingruppierung eines Trends sind Intensität und Fristigkeit. - Kurzfristige Trends umfassen beispielsweise Mode oder Produktgruppen. - Deren Wirksamkeit ist als eher gering einzustufen. - Mittelfristig haben sich Konsum und Zeitgeisttrends entwickelt. - Sie haben hauptsächlich Einfluss auf Konsum und Produktwelten. - Soziokulturelle Trends wirken ähnlich lang nach, wobei sie keine Güter, sondern Emotionen und Werte der Menschen widerspiegeln. ## Megatrends setzen sich deutlich von den vorher genannten Trends ab: - Sie definieren sich durch nachhaltigen, dynamischen und evolutionären Charakter. - Sie wirken von allen Trends am meisten nach, nämlich langfristig. ## Megatrends haben einen enormen Einfluss auf die Gesellschaft: - Sie definieren das gesellschaftliche Leben neu: Bisheriges Denken und Handeln sowie bestehende Werte werden auf den Prüfstand gestellt. - Sie sind langfristige Wandlungen, auch wenn es innerhalb eines Trends mal zu Abweichungen oder gegenläufigen Trends kommen kann. ## Ein Megatrend beeinflusst darüber hinaus das gesellschaftliche Weltbild, die Werte und das Denken. - Dieser beschreibt dabei allgemein zunächst die langfristige Richtung einer Entwicklung, auf dessen Basis dann eine Prognose erstellt werden kann. - Kurzfristige Abweichungen von diesem Pfad beeinflussen dabei nicht die grundsätzliche Richtung. - Weiterhin kann es gleichzeitig jederzeit gegenläufige Trends geben, die aber üblicherweise nur kurzfristig oder für Teilbereiche gelten. - Megatrends können nicht genau vorhergesagt werden. - Erforscht werden sie anhand von historischen Daten in Kombination mit Prognosen die Zukunft betreffend. ### Megatrends der Automobilindustrie | Megatrend | Beschreibung | |:---:|:---:| | Wissenskultur | Uneingeschränkter Zugang zu Wissen durch Internet | | Mobilität | Steigender Bedarf und Vielfalt an Mobilitätsformen | | Gesundheit | Prägt sämtliche Lebensbereiche und neue Erwartungen an Gesundheitssystem | | Globalisierung | Zunehmend vernetzte Welt | | Silver Society | Bevölkerung wird älter, Zahl Älterer steigt | | New Work | Symbiose von Leben und Arbeit | | Geschlechterrolle | Veränderte Rollenmuster in Wirtschaft und Gesellschaft | | Neo-Ökologie | Neuausrichtung der Werte der globalen Gesellschaft | | Urbanisierung | Mehr Menschen leben weltweit in Städten | | Konnektivität | Vernetzung dominiert gesellschaftlichen Wandel | | Sicherheit | Wahrnehmung der Verunsicherung, streben nach Sicherheit | | Individualisierung | Kulturprinzip der westlichen Welt; Freiheit der Wahl, aber auch Wir-Kultur | ## Urbanisierung - Die Bevölkerung wird weiterhin wachsen, insbesondere in den Städten. - Die Stadt wird zu einem konzentrierten Ballungsraum, in dem der Großteil der Menschen leben wird: 1900 lebten 165 Mio. Menschen in der Stadt, 2050 werden es rund 10 - 12 Milliarden sein. - Platz wird rar und begehrt, sodass sich der Funktionsraum für die klassische Form der Mobilität ändern muss. ## Individualisierung - Unter Individualisierung wird hier der Übergang von sozialer Fremd- zur Selbstbestimmung des Menschen verstanden. - In der Verkehrssoziologie gilt: Je entwickelter eine Gesellschaft ist, desto höher der Grad der Individualisierung, desto flexibler und spontaner wird das Verkehrsverhalten und desto weniger bündelungsfähig ist die Nachfrage. - Der flexible Arbeitsmarkt trägt dazu bei, dass immer mehr Menschen oft ihre Stelle wechseln, phasenweise mehrere Jobs haben oder kurzfristig arbeitslos sind. - Dies erzeugt einen sich schnell änderndes Mobilitätsbedarf. Je individualisierter ein Bereich ist, desto ausgeprägter die Automobilnutzung. Das Auto wurde bisher den individuellen Wünschen und flexiblen Bedürfnissen am besten gerecht. ## Konnektivität - Durch die fortschreitende, technologische Entwicklung hat sich der Megatrend Konnektivität entwickelt. - Er umschreibt die Vernetzung von Geräten und Nutzern, also Menschen. - Kommunikation findet auf einer weiteren Ebene statt. - Beispiele hierfür sind soziale Medien, Industrie 4.0 oder virtuelle Währungen wie Bitcoin. - Dieser Prozess verändert auch die Mobilität, denn durch die Vernetzung entsteht eine neue Form der Infrastruktur, basierend auf dem Internet. - Automobil-Hersteller können sich damit als innovative Mobilitätsdienstleister etablieren. - Die effektive Vermittlung zwischen Angebot und Nachfrage durch Vernetzungstechnologien, smarte Endgeräte (mit Software-Applikationen) und innovative Vermittlungsplattformen wird zukünftig entscheidend für den Verkaufserfolg einer Marke sein, da sich das Nutzungskonzept der Fahrzeuge ändert. ## IT-Unternehmen arbeiten seit einigen Jahren branchenübergreifend und etablieren neue Fahrkonzepte, die die klassische Automobilindustrie bedrohen könnten. - Hinzu kommen Aktivitäten von Firmen wie Lyft, Didi Chuxing oder Uber. - Sie setzen mit ihren Chauffeur- und Ridesharing-Aktivitäten nicht auf die Entwicklung von Fahrzeugen, sondern wollen eine neue Nutzungskultur des Automobils auf Basis neuer digitaler Vernetzungs- und Betriebsplattformen (Mobilitätsdienstleistungen) etablieren. - Schließlich sind in diesem Zusammenhang die neuen chinesischen IT- und Technologiefirmen zu nennen, die sich auf den Einstieg in diesen Markt vorbereiten, wie die Suchmaschinenfirma Baidu, Chinas größtes Internetunternehmen Tencent oder die von Jack Ma gegründete Handelsplattform Alibaba. - Sie alle investieren in die Verknüpfung von Onlinenutzerdaten, Elektromobilität und Automatisierungstechnologie für Mobilitätsangebote in chinesischen Ballungsräumen. ## Neo-Ökologie - Neo-Ökologie steht vor allem für das Bedürfnis innovative und profitable Prozesse zu etablieren, die ökologische und soziale Herausforderungen bestmöglich berücksichtigen. - Folge dessen sind kritische Konsumenten, für die Herkunft, Qualität, Nachhaltigkeit und soziale Aspekte eine wichtige Rolle spielen. - Auch umweltpolitisch hat sich etwas verändert. - Neo-Ökologie verändert die Automobilindustrie maßgeblich und stellt sie vor große Herausforderungen: CO2-Emmissionen, Feinstaub sowie Fahrverbote für Fahrzeuge mit zu hohem Stickoxid-Ausstoß in Städten sorgen für einen politischen Diskurs. ## Mobilität - Mobilität als Dienstleistung gewinnt zunehmend an Bedeutung. - Das Leben in Ballungsräumen sowie das Umweltbewusstsein sorgen dafür, dass immer weniger Menschen Interesse an einem ökologisch ineffizienten, betriebswirtschaftlich bedenklichen und platztechnisch unpraktischen eigenen Auto haben und sich mehr Flexibilität durch innovative Mobilitätskonzepte wünschen: Verlässlich, flexibel, kostengünstig und ökonomisch. - Mobile Technologien unterstützen diesen Prozess, sie bieten die Möglichkeit, unterschiedliche Fortbewegungsmöglichkeiten (öffentliche Verkehrsmittel, Car Sharing, etc.) zu mischen. - Schaffen es die Automobilhersteller sich dieser Herausforderung zu stellen, flexible und nachhaltige Mobilitätskonzepte zu erstellen und sich aktiv in den Megatrend einzubringen, können sie es schaffen, sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. ## Vor diesem Hintergrund ist es für Städte wichtig, dies bei ihren Mobilitätskonzepten zu berücksichtigen und neue Ideen für die individuelle Mobilität der Bevölkerung zu finden. ## Megatrends als Basis für die dritte Revolution der Automobilindustrie ### Die erste Revolution `'20` - **Ford** - Fließbandfertigung - Kostensenkung ### Die zweite Revolution `'70/'80` - **Just In Time** - **Fehler werden nicht zum nächsten Prozessschritt mitgenommen** - **Lean Management** - **GM** ## Obwohl die Automobilbranche mit ihren rund 100 Jahren noch recht jung ist, hat sie bereits zwei revolutionäre Phasen durchlebt: 1. Fließbandfertigung durch Ford Motor Company zu Beginn des 20. Jahrhunderts 2. Autos für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel (General Motors) und Lean Management in der Produktion (Toyota) ## Beide Strukturänderungen haben große und weitreichende Folgen für die Automobilindustrie hervorgerufen, die bis heute Einfluss auf die Branche haben. - Ford gelang es mit der Umstellung auf Fließbandarbeit, die Produktion schneller und preiswerter zu machen. - Erschwingliche, schnell produzierte Autos für jedermann. - Somit konnten sich viele Menschen ein günstiges Fahrzeug in den USA leisten. - Die Ford Motor Company und ihr im Massenproduktionssystem erstelltes Modell T wurden zum Vorbild, andere Automobilhersteller passten ihre Herstellungsweise ebenfalls an. ## "A car for every purse and purpose" - ein Satz, der die Automobilbranche der USA prägen sollte! - In den siebziger- und achtziger Jahren hatte Albert Sloan, Präsident der General Motors Company, die Vision, über die Massenproduktion ein Fahrzeug für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel zur Verfügung stellen zu können. - Er strukturierte die Organisation nach Geschäftsbereichen und nicht mehr nach Funktion um. - Die Umstellung war vielversprechend: Sie war so erfolgreich, dass der Marktanteil von General Motors dadurch so groß - einfach zu groß - wurde, sodass die Koordination des Geschäfts aufwendig und teuer wurde. - Der Gewinn der Umstrukturierung ging dadurch wieder verloren. ## Die Toyota Motor Corporation hat die Fahrzeugproduktion auf ihre Art und Weise verändert, bestehende Errungenschaft noch perfektioniert. - Durch gegebene Rahmenbedingungen musste Toyota den Produktionsprozess effizienter machen. - On top kam, dass individuelle Konsumentenwünsche schon bei der Fertigung berücksichtigt werden konnten. - Der neue Produktionsprozess basierte auf Dezentralisierung und Simultanisierung: Dezentralisierung von Verantwortungsbereichen, Aufgaben, Kompetenzen sowie Vereinheitlichung der Prozesse. - Diese Veränderung wurde diese Umstrukturierung von Wissenschaftler (Institute for Technology, Massachusetts) als Lean Management bezeichnet. - Die Neustrukturierung des Produktionsprozesses war erfolgreich. - Toyota konnte im Gegensatz zu Mittbewerbern wie Ford oder General Motors eine gute Bindung zu den Zulieferern aufbauen und die Wertschöpfungskette positiv verkürzen, den Grad der Arbeitsteilung und Spezialisierung deutlich zu erhöhen. - Das Ergebnis: Erhöhter Marktanteil, größere Produktauswahl bei gleichzeitig vergleichbar kleinerem Betrieb. - Durch die konsequente Einhaltung der Grundprinzipien Dezentralisierung und Simultanisierung konnten Effizienz und Effektivität gesteigert werden. - Die Branche ist noch heute von dem zweiten Umbruch geprägt, der die Wertschöpfungskette maßgeblich verändert hat. ## Für die Automobil-Branche wird sich vieles ändern. - Nicht von heute auf morgen, aber der Prozess des Wandels ist nicht aufzuhalten. - Bestehende und neue Elemente werden sich ergänzen oder verschmelzen, neue Mobilitätskonzepte vorgeben. - Mobilität wird sich verändern, aber weiterhin das Herzstück der Branche bleiben. ### Weiterführende Literatur - Pfeil, Felix. Megatrends und die dritte Revolution der Automobilindustrie. Research Papers On Marketing Strategy. Würzburg 2018 - Vornholz, Günter. Digitalisierung der Immobilienwirtschaft. Walter de Gruyter GmbH 2019 - https://www.zukunftsinstitut.de

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