Mediengewalt_8_Priming PDF
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Heinrich Heine University Düsseldorf
Dr. Astrid Zipfel
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This document is a presentation on the topic of Violence in Media, specifically focusing on the concepts of priming and the weapons effect. It explores the theories and research behind the psychological impact of media violence. The presentation slides cover the theoretical framework, key elements, empirical studies, including relevant experiments, and critical considerations in researching media psychology.
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Stimulationsthese und Priming Vorlesung „Medien und Gewalt“ Wintersemester 2024/25 Dr. Astrid Zipfel 28.11.2024 hhu.de Inhalt 1. Stimulationsthese 2. Waffen-Effekt 3. Kognitives neo-assoziationist...
Stimulationsthese und Priming Vorlesung „Medien und Gewalt“ Wintersemester 2024/25 Dr. Astrid Zipfel 28.11.2024 hhu.de Inhalt 1. Stimulationsthese 2. Waffen-Effekt 3. Kognitives neo-assoziationistisches Model 4. Priming 5. Wichtige Punkte 2 hhu.de 1. Stimulationsthese 3 hhu.de 1. Stimulationsthese Frühe psychologische Theorien sehen Aggression als angeborenen Trieb (z.B. S. Freud) Weiterentwicklung zur Frustrations-Aggressions-Hypothese (John S. Dollard u.a.) : Frustration = Blockierung einer zielgerichteten Aktivität Aggression resultiert aus dem Bedürfnis der Überwindung von Frustration. Annahme, dass jedem aggressiven Akt ein Frustrationserlebnis vorausgeht. Weiterentwicklung der Frustrations-Aggressions-Hypothese (Neal E. Miller) Aggression ist nicht die einzige Reaktion auf Frustration, und es kommen auch andere Auslöser als Frustration für Aggression in Frage. Ob tatsächlich Aggression resultiert, hängt allerdings von Faktoren der Person und der Umwelt ab (z.B. Bestrafungsangst, Unerreichbarkeit der Zielperson). Möglichkeit der Aggressionsverschiebung auf eine erreichbare / weniger bedrohliche Zielperson bei Unmöglichkeit einer unmittelbaren Vergeltungsreaktion gegenüber der Frustrationsquelle. 4 Berkowitz 2012; Arriaga / Santos 2020; Sell 2021, S. 23f.; Krahé 2023, S. 321 hhu.de 1. Stimulationsthese Annahmen von Leonard Berkowitz im Rahmen der Stimulationsthese Durch Frustration bewirkter Zustand emotionaler Erregung schafft lediglich eine Disposition für Aggression. Diese wird manifest, wenn ein geeigneter Auslöser vorliegt. Auslöser können Hinweisreize sein, die mit der Ursache der gegenwärtigen Verärgerung oder mit vergangenen Erlebnissen assoziiert werden. https://news.wisc.edu/content/uploads/2016/ 01/Berkowitz-200.jpeg Einigen Hinweisreizen wird ein generell aggressionsauslösendes Potenzial zugeschrieben (z.B. Waffen). => Waffen-Effekt 5 Berkowitz 2012; Zipfel 2019, S. 63f.; Arriaga / Santos 2020 hhu.de 2. Waffen-Effekt Waffen-Effekt Annahme, dass der bloße Anblick von Waffen als genereller aggressiver Hinweisreiz fungiert, der über eine Aktivierung diverser aggressionsbezogener Gedanken, Gefühle und Verhaltensmuster Aggressivität fördert. 6 Benjamin / Kepes / Bushman 2018; Benjamin 2019; 2020; Bushman / Romer 2021 hhu.de 2. Waffen-Effekt 7 hhu.de 2. Waffen-Effekt Klassisches Experiment von Berkowitz / Le Page (1967) zum Waffen-Effekt Verärgerung Krahé 2023, S. 322 https://publicdomainvectors.org/de/tag/Pistole 8 hhu.de 2. Waffen-Effekt Empirische Befunde zum Waffen-Effekt Nicht alle Studien können einen Waffen-Effekt nachweisen. Er ist für aggressive Kognitionen und feindselige Einschätzungen besser nachgewiesen als für aggressive Affekte oder Verhaltensweisen. Aktuellere Studien fanden aber auch Hinweise auf Verhaltenseffekte (siehe folgende Folien) Beispiele für kognitive Effekte: Mehr violente Wort-Assoziationen nach Betrachten von Bildern von „guten“ (Polizisten, Soldaten) oder „bösen“ Personen (Kriminelle) mit vs. ohne Waffen. Schnellers Aussprechen aggressiver Worte, wenn sie vorher in Kombination mit waffenbezogenen (vs. auf Tiere bezogenen) Begriffen rezipiert wurden. Beispiel für gesteigerte Feindseligkeit: Probanden schätzen Personen als wütender ein, wenn sie als Waffe geeignete Dinge (z.B. Gartenschere) vs. neutrale Gegenstände (z.B. Gießkanne) tragen. 9 Benjamin / Kepes / Bushman 2018; Benjamin 2019; 2020; Bushman / Romer 2021 hhu.de 2. Waffen-Effekt Empirische Befunde zum Waffen-Effekt - Fortsetzung Offensichtlich macht es einen Unterschied, ob es sich um Waffen handelt, die dazu gedacht sind, Menschen zu verletzen oder zu töten oder ob diese anderen Zwecken dienen Jäger zeigten einen Waffen-Effekt nur bei Angriffs-, nicht bei Jagdwaffen. ProbandInnen zeigten einen Waffen-Effekt bei Waffen, die von Polizisten, Soldaten oder Kriminellen getragen wurden, nicht jedoch bei (Sport-)Waffen von Olympioniken. Widersprüchliche Befunde zu Effekten waffenartiger Controller bei Computerspielen. 10 Benjamin / Kepes / Bushman 2018; Benjamin 2019; 2020; Bushman / Romer 2021 hhu.de 2. Waffen-Effekt Experiment von Bushman u.a. 2017 Riskantes Fahrverhalten im Simulator bei Präsenz einer Waffe / eines Badminton- Schlägers auf dem Beifahrersitz 11 hhu.de 2. Waffen-Effekt Befunde aus der Forschung zum Auftreten von Polizisten Weapons Focus Effekt: Waffen ziehen Aufmerksamkeit auf sich Das sichtbare Tragen von Waffen fördert aggressive Verhaltensweisen gegenüber Polizisten (Weapons Effect) Feldexperiment von Ariel u.a. (2019) zur Londoner Polizei: Polizisten, die sichtbar Taser trugen, waren doppelt so vielen Angriffen ausgesetzt (0,21 vs. 0,44 Angriffe auf 1000 Einsätze) 12 Bushman / Romer 2021; Koerner / Staller / Zaiser 2023, S. 361f. hhu.de 13 hhu.de 3. Kognitives neo-assoziationistisches Modell 14 hhu.de 3. Kognitives neo-assoziationistisches Modell Kognitives neo-assoziationistisches Modell (Leonard Berkowitz) Weiterentwicklung der Frustrations-Aggressions-These zu Modell der Bedeutung negativer Affekte für Aggression (nicht jede Frustration muss nennenswerte negative Affekte bewirken). Phase 1 Automatische Prozesse (schnell, mühelos, zwangsläufig, kann parallel zu anderen Prozessen ablaufen, Aufmerksamkeit alleine genügt für Reaktion) Unangenehme Reize (Frustration, aber z.B. auch Lärm, Schmerz, Hitze usw.) führen zu einem unspezifischen (negativen) Erregungszustand. Dieser als unangenehm empfundene Zustand aktiviert automatisch physiologische und motorische Reaktionen und löst einen Angriffs- und Flucht-Impuls aus (Verhältnis und Intensität sind von Genetik, Erfahrungen, Situation abhängig) Im Zuge dessen werden auch Gedanken, Erinnerungen und Gefühle aktiviert, die mit Aggressions- oder Fluchttendenzen (sowie jeweils untereinander) verbunden sind. Hieraus resultieren rudimentäre Gefühle von Verärgerung / Wut (Fight) bzw. Angst (Flight). 15 Berkowitz 2012; Arriaga / Santos 2020, S. 3; Krahé 2023, S. 322f. hhu.de 3. Kognitives neo-assoziationistisches Modell Phase 2: Bewusst ablaufende Prozesse (auf bestimmte Aspekte der Situation fokussierte Aufmerksamkeit, Anstrengung sowie Intention erforderlich) Weitere kognitive Verarbeitungsprozesse (z.B. Ursachenzuschreibung, Situationseinschätzung, Gültigkeit sozialer Normen, erwartete Konsequenzen) bewirken eine Konkretisierung und schließlich einen als angemessen betrachteten Gefühlszustand inkl. als adäquat betrachtete Reaktionen auf den aversiven Stimulus. In dieser Phase kann die rudimentäre Verhaltenstendenz aus der ersten Phase noch deutlich verändern oder auslöschen. Bedeutung aggressiver Schlüsselreize, die automatisch ein Netzwerk an aggressionsbezogenen Konzepten und motorischen Reaktionsimpulsen aktivieren: Waffeneffekt Beobachtung von Gewalt in den Medien, bei der Darstellung von Gewalt als gerechtfertigt anschließend Aggressionshemmungen reduziert 16 Berkowitz 2012; Arriaga / Santos 2020, S. 2; Krahé 2023, S. 322f hhu.de 3. Kognitives neo-assoziationistisches Modell Phase I Phase II => Kern des Priming-Ansatzes 17 Krahé 2023, S. 323 hhu.de 3. Kognitives neo-assoziationistisches Modell Der Waffen-Effekt im kognitiven neo-assoziationistischen Modell 18 Werth / Seibt / Mayer 2020, S. 362 hhu.de Ein kleines Experiment 19 hhu.de Green Needle Brainstorm https://www.youtube.com/watch?v=5pRY3wlKwm8 20 hhu.de 4. Priming 21 hhu.de 4. Priming Begriff Priming = Vorbereitung, Bahnung, „Grundierung“ Grundidee Reize aktivieren Gedächtnis-Inhalte („bottom-up“), die dann Einfluss auf die Reizverarbeitung bzw. die Reaktionen auf diesen Reiz nehmen („top- down“) Voraussetzungen Netzwerkartige Organisation des Gedächtnisses. Aus Beobachtungen und Erfahrungen entstandenes Gefüge aus Knoten, die jeweils ein bestimmtes kognitives „Konzept“ (von Gegenständen, Personen, Verhaltensweisen usw.) repräsentieren und sowie Verbindungen zwischen diesen Knoten in Form (unterschiedlich stark ausgeprägter) assoziativer Pfade. 22 Arriaga / Santos 2020, S. 2; Scheufele 2022, S. 13-29 hhu.de 4. Priming Konkretisierung kognitiver Konzepte Schemata = Kognitive Einheiten, die Wissen über eine Objektklasse repräsentieren (z.B. Populismus => Rassismus und öffentliche Provokation) Bei der Nennung des Begriffs „Populismus“ werden diese beiden Vorstellungen aktiviert und einer als „populistisch“ bezeichneten Person zugeschrieben. Kategorien = enthalten vergleichbare Objekte (z.B. verschiedene populistische Politiker) Skripte = Schemata für Vorgänge, Abläufe und Ereignisse (z.B. typischer Ablauf eines Restaurantbesuchs) Szenarien enthalten darüber hinaus auch typische Akteure, Rollen, Gegenstände, soziale Beziehungen usw. (z.B. Kellner, Kerzen, höflicher Umgang) 23 Scheufele 2022, S. 14-17 hhu.de 4. Priming Geborgenheit Farbe blau rot gelb Familie Kanarien- Verletzung vogel Horror- film Blut Kindheit Zwitschern Waffe Haustier Ekel Gefangen- Sanitäter Angst Hund schaft Natur Nachbar Flucht Tierwohl Berufe Wanderausflug Karl-Otto Schuh- Veganer Schuhgeschäft verkäufer 24 hhu.de 4. Priming gelb Farbe blau Waffe Pistole Verletzung Morgen- Blut Messer rot stern Schreie Horrorfilm Verteidigung Angriff Kumpels Spezialeffekte Ego Shooter Kampf Ansehen Helden Feindschaft Rache Wut 25 hhu.de 4. Priming Priming-Prozess Prime = Reiz, der einen Knoten des Netzwerks aktivieren kann. Priming = Aktivierung eines Netzwerk-Knotens Das aktivierte, vom Knoten repräsentierte Konzept bleibt kurzzeitig leichter zugänglich / ist leichter abrufbar Die Aktivierung breitet sich vom angeregten Knoten ausgehend über das Netzwerk aus, d.h. es kommt zur Aktivierung aller mit dem aktivierten Konzept verbundener Konzepten. Hierbei spielt die Stärke der Verbindung zwischen den Knoten eine Rolle. Priming-Effekt = Aktivierte Konzepte sind leichter abrufbar und werden daher bevorzugt zur Urteilsbildung / Entscheidungsfindung herangezogen. Es handelt sich um einen spontan und automatisch ablaufenden Prozess. 26 Dillman Carpentier 2020; Scheufele 2022, Kapitel 1 hhu.de 4. Priming Bedingungen für Priming-Effekte Verfügbarkeit = Nur im Gedächtnis vorhandene Konzepte können aktiviert werden. Zugänglichkeit = Aktivierung erhöht die Zugänglichkeit und damit die Wahrscheinlichkeit, dass Konzepte zur Urteilsbildung / Entscheidungsfindung herangezogen werden. Anwendbarkeit = Nicht alle aktivierten Konzepte sind in einer Situation sinnvoll / adäquat anwendbar. 27 Dillman Carpentier 2020, S. 4; Scheufele 2022, S. 26 hhu.de 4. Priming Arten von Priming-Effekten Recent Priming: Erhöhte Zugänglichkeit durch kürzliche Aktivierung Frequent Priming Erhöhte Zugänglichkeit durch häufige Aktivierung => kann zu dauerhafter bzw. chronischer leichterer Zugänglichkeit entsprechender Konzepte führen => Erklärung langfristiger Effekte 28 Scheufele 2022, S. 27f. hhu.de 4. Priming Arten von Priming-Effekten Wiederholungs-Priming Eine Verbindung entsteht über die häufige gemeinsame Präsentation von zwei Konzepten (=> klass. Konditionierung) Affektives Priming Aktivierung von Konstrukten durch (medienbewirkte) Emotionen 29 Dillman Carpentier 2020, S. 5; Scheufele 2022, S. 37 hhu.de 4. Priming Arten von Priming-Effekten Semantisches Priming Semantische / linguistische Verbindung zwischen zwei Konzepten (z.B. Tiger und Löwe = Raubkatzen) Konzeptuelles Priming Auf einer vergangenen Lernerfahrung beruhende Verbindung https://thedecisionlab.com/biases/priming (z.B. Ozean und Tiger => Kenntnis des Romans „Life of Pi“) Messmethoden: Perzeptuelles Priming Wortergänzungstests Wortassoziationstests Verbindung über äußere Merkmale / Formen statt über Lexical Decision Tasks Bedeutung (z.B. goat / boat; Schlange – brauner Schnürsenkel) usw. 30 Dillman Carpentier 2020, S. 5; Scheufele 2022, S. 27f.; 37 hhu.de 4. Priming Arten von Priming-Effekten Assimilations-Effekte Aktivierte Gedanken / Verhaltenskonzepte entsprechen dem Prime bzw. sind in dessen Richtung „verzerrt“. Kontrast-Effekte Bei extremen Primes und mangelnder Passung zwischen Prime und aktivierter Kategorie in Bezug auf die Beurteilungskriterien kann eine Verbindung zu gegenteiligen Konzepten erfolgen. 31 Dillman Carpentier 2020, S. 6f. hhu.de 4. Priming Assimilations-Effekt Ambivalentes Ergebnis zweier Szenario The Experimente von Boy Scrull / Wyer 1979 Hug Kiss Donald Leg Aufgabe: Break Verwendung von her 3 der 4 Worte in Arm found His einem Satz new Beurteilung der I Feindseligkeit Einen Tag später sind die von Donald Effekte verschwunden 32 Dillman Carpentier 2020, S. 6 hhu.de 4. Priming Kontrast-Effekt Ambivalentes Szenario Ergebnis eines Experiments von Herr 1986 Kontrast Donald 4 1 Aufgabe: Charles Santa Claus Manson Identifikation von 2 Assimilation 3 4 Namen in „Suchsel“ Beurteilung der Joe Frazier Robin Hood Feindseligkeit von Donald 33 Dillman Carpentier 2020, S. 7 hhu.de 4. Priming Anwendungsbereiche Politische Kommunikation: Je nach Lesart können Themen oder Frames als Primes fungieren. Primes fungieren als Beurteilungskriterium und steuern die weitere Wahrnehmung und Entscheidungen (z.B. Wahlentscheidung). Beispiel: Wenn über einen Politiker stärker im Rahmen eines Populismus-Frames als eines Kompetenz-Frames (z.B. zur Umweltpolitik) berichtet wird, spielt bei der Wahlentscheidung der Populismus des Kandidaten eine stärkere Rolle als dessen Fachkompetenz. Priming von Stereotypen Einseitige Hervorhebung bestimmter Eigenschaften in der Darstellung führt zu stereotyper Wahrnehmung von Personen Priming violenter Einstellungen / Verhaltensweisen 34 Dillman Carpentier 2020, S. 8-11; Scheufele 2022, Kapitel 4 hhu.de 4. Priming Forschungsstand zum Priming in der Medien-und-Gewalt-Forschung Eine erhöhte Zugänglichkeit aggressiver Kognitionen und eine Aktivierung feindseliger Gefühlszustände durch violente Primes wurde in vielen Studien nachgewiesen. Eine Meta-Analyse ergab einen mittelstarken Zusammenhang (r =.30) für die Beziehung zwischen Mediengewalt und kognitiven und affektiven Priming-Effekten. Dauer von Priming-Effekten ist unklar. Verhaltensrelevanz ist unklar. 35 Roskos-Ewoldsen / Klinger / Roskos-Ewoldsen 2007; Zipfel 2019, S. 64-66. hhu.de 4. Priming Kritikpunkte / offene Fragen Priming als Metapher für im Gehirn ablaufende Prozesse, deren neurobiologische Grundlagen noch nicht vollständig geklärt sind. Heterogenes Verständnis des Priming-Begriffs Unklarheit über Relevanz des Effekts: Werden nur Assoziationen von Konstrukten gemessen oder hat deren Aktivierung tatsächlich weiterreichende (langfristige) Effekte? Ob langfristige Verhaltenseffekte möglich sind, können die zumeist als kurzfristige Labor-Experimente durchgeführten Priming-Studien nicht beantworten. Grundidee des Primings ist Stimulus-Response-Denkweise verhaftet, d.h. weitere Einflussfaktoren sind eher unterbelichtet (Beschaffenheit von Frames, die violente Assoziationen fördern, personenbezogene Merkmale usw.). 36 Zipfel 2019, S. 65f. hhu.de 5. Wichtige Punkte Die Frustrations-Aggressions-These sieht Frustration zunächst als notwendige Bedingung für Gewalt und Gewalt als eine zwangsläufige Folge von Frustration. In seiner Stimulationsthese relativiert Berkowitz die Eindeutigkeit des Zusammenhangs von Frustration und Gewalt (Frustration fördert nur Disposition zur Gewalt) und betont die Bedeutung aggressionsauslösender Schlüsselreize. Dem „Waffen-Effekt“ zufolge ist der Anblick von Waffen ein universell gültiger, aggressions- auslösender Schlüsselreiz Das Kognitive Neo-Assoziationistische Modell von Berkowitz beschreibt, wie aus automatischen Reaktionen auf einen aversiven Reiz durch kognitive Prozesse konkrete Emotionen und Verhaltenstendenzen entstehen. Da bei spielt der Gedanke einer engen assoziativen Beziehung verschiedener kognitiver und affektiver Konzepte im Gedächtnis des Rezipienten eine wichtige Rolle. Dieses assoziative Netzwerk steht im Mittelpunkt des Priming-Ansatzes, demzufolge ein äußerer Reiz (= Prime) durch Anregung eines Knotenpunktes eine Vielzahl damit assoziierter Konzepte aktivieren und damit leichter zugänglich machen kann. Die erhöhte Zugänglichkeit bewirkt, dass diese aktivierten Konzepte bei Bewertungs- und Entscheidungsprozessen bevorzugt herangezogen werden. 37 hhu.de 5. Wichtige Punkte Der Ansatz bezieht sich v.a. auf kurzfristige Effekte, die Vorstellung einer chronischen Aktivierung von Konzepten erlaubt aber auch die Erklärung langfristiger Wirkungen. Priming wird bevorzugt über kognitive Messverfahren wie Wortassoziations- und Wortvervollständigkeitstests gemessen. Kurzfristige Priming-Effekte (und auch der Waffen-Effekt) sind in der Medien-und- Gewalt-Forschung gut belegt, die (langfristige) Verhaltensrelevanz ist allerdings umstritten. 38 hhu.de Literatur Ariel, B. (u.a.) 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