Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchirurgischen Eingriffen PDF

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Universitätsspital Basel

2014

L. Fischler, M. Seeberger, A. Lampart

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anästhesiologie thoraxchirurgie medizin operation

Summary

Diese Richtlinie für das Anästhesiemanagement bei thoraxchirurgischen Eingriffen, aktualisiert im März 2014, behandelt die Besonderheiten der Anatomie, der Seitenlage, der Einlungenventilation, der CO2-Elimination und der Hämodynamik. Es werden zudem die Besonderheiten im Management des Atemweges und der Narkoseführung diskutiert, sowie unmittelbare postoperative Komplikationen und empfohlene Literatur.

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Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchirurgischen Eingriffen August 2009 L. Fischler, M. Seeberger Departement Anästhesie...

Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchirurgischen Eingriffen August 2009 L. Fischler, M. Seeberger Departement Anästhesie Kantonsspital Basel 4031 Basel Aktualisiert März 2014, A. Lampart „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 1 Inhaltsverzeichnis: 1. Anatomische und physiologische Besonderheiten S. 3 A. Anatomie B. Effekte der Seitenlage C. Effekte der Einlungenventilation D. CO2-Elimination E. Effekte auf die Hämodynamik 2. Besonderheiten in der präoperativen Beurteilung S. 5 3. Besonderheiten im Management des Atemweges S. 6 A. Doppellumentubus B. Bronchusblocker 4. Besonderheiten in der Narkoseführung S. 10 A. Standardmonitoring B. Lagerung C. Anästhesieverfahren D. intraoperative Beatmungsstrategie E. Wahl des postoperativen Anästhesieverfahrens 5. Unmittelbar postoperative Komplikationen S. 13 6. Empfehlenswerte Literatur S. 15 7. Anhang 1, Situs inversus: Airwaymanagement S. 16 „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 2 1. Anatomische und physiologische Besonderheiten: A. Anatomie: Der rechte Hauptbronchus ist nur ca. 2 cm lang und hat mit 22° einen flacheren Abgangswinkel als der linke Lungenflügel, welcher 4 cm lang ist bei einem Abgangswinkel von 35°. Daraus ergibt sich die höhere Wahrscheinlichkeit einer einseitigen Intubation rechts. Zudem obstruiert dadurch der rechte Oberlappenbronchus bei Gebrauch eines Doppellumentubus eher. Erschwerend kommt hinzu, dass der rechte Hauptbronchus bei rund 16% der Patienten verkürzt ist. B. Effekte der Seitenlage: Die Seitenlage ermöglicht für die meisten Eingriffe im Thoraxbereich einen optimalen Zugang. Leider führt sie zusammen mit Effekten der Narkoseinduktion und Beatmung zu erheblichen Veränderungen des pulmonalen Ventilation- /Perfusionsverhältnisses. Während der Spontanatmung in Seitenlage wird die untere Lunge (wie beim aufrechten Patienten die unteren Lungenabschnitte) besser ventiliert und perfundiert. Die Erklärung liegt für die Perfusion im direkten Effekt der Gravitationskraft und für die Ventilation in der besseren Dehnbarkeit der unteren Lunge (idealere Position auf der Druck/Volumen-Kurve, vgl. Abb. Seite 4) sowie in der besseren Kontraktionseffizienz des unten liegenden Hemidiaphragmas (bessere Vorspannung durch den Druck abdomineller Inhalte). Nach Anästhesieinduktion und Muskelrelaxation kommt es zu einer deutlichen Abnahme der funktionellen Residualkapazität der Lunge, wodurch sich die untere Lunge auf der Druck-/Volumenkurve in einen ungünstigeren Bereich verschiebt und weniger dehnbar wird, die obere Lunge hingegen eine bessere Compliance bekommt. Dieser Effekt wird durch die Thorakotomie noch verstärkt, da durch Reduktion der Thoraxrigidität die obere Lunge nun noch besser dehnbar wird (der negative Effekt des Pneumothorax [Lungenkollaps mit paradoxer Pendelluft und Mediastinalshift] beim offenen Brustkorb wird durch Überdruckbeatmung verhindert). Insgesamt resultiert eine Verschlechterung des Ventilations-Pefusionsverhältnisses mit Hypoxämiegefahr. C. Effekte der Einlungenventilation: Durch die Einlungenventilation nimmt die Prädisposition zur Hypoxämie zu, weil ein erheblicher Rechts-Linksshunt resultiert (besser ventilierte obere Lunge nicht mehr beatmet, jedoch noch voll perfundiert). Die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Reflex, maximal nach 15 Min. ausgeprägt) und direkte Kompression der Lunge durch chirurgische Manipulationen vermindern zum Glück die Perfusion in der oben liegenden Lunge und reduzieren so den Shunt auf ca. 20%. „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 3 Die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion kann gehemmt werden (mehr Shunt) durch: sehr hohen oder tiefen pulmonalarteriellen Druck, Hypokapnie, hohen oder sehr tiefen gemischtvenösen pvO2, direkte Vasodilatatoren (Nitroglycerin, Nitroprussid, Ca-Antagonisten, β-Mimetika), Lungeninfekte und Inhalationsanästhetika. Volumen O ben O ben D ru c k U n te n U n te n W acher Aus: E. Morgan, Clinical A n ä s th e s ie r te r Anesthesiology, Lange Verlag, P a tie n t P a tie n t 3rd ed, 2002, p 527 Vermieden werden sollten auch Faktoren, welche die Pefusion der unteren Lunge einschränken (dies erhöht den Blutfluss zur nichtventilierten Lunge): hohe Beatmungsdrücke (PEEP, Hyperventilation, hohe Spitzendrücke), tiefes FiO2 und Hyperkapnie, Vasokonstriktoren (ev. stärkerer Effekt auf normoxäme Gefässe) und Auto-PEEP. D. CO2-Elimination: Die CO2-Elimination wird durch die Einlungenventilation kaum beeinträchtigt (bei unverändertem Atemminutenvolumen). Allerdings kann vor allem zu Beginn der Einlungenventilation bei unverändertem Atemminutenvolumen eine Zunahme der Totraumventilation der beatmeten Lunge auftreten (hauptsächlich infolge relativer Hyperventilation bei weniger stark veränderter Perfusion). Regelmässig beobachtet man deshalb auch bei Patienten mit normaler Lungenfunktion eine leichte Zunahme der arteriellen-endexspiratorischen CO2- Differenz. Bei COPD sind diese Veränderungen verstärkt. Die Kapnographie erlaubt in dieser Situation keine zuverlässige Überwachung der alveolären Ventilation und regelmässige Blutgasanalysen sind unabdingbar. Gerade bei Patienten mit schwerer Obstruktion kann eine permissive Hyperkapnie nötig werden zur Vermeidung von Air-Trapping1 und von hohen Beatmungsspitzendrücken. In der Regel wird diese gut toleriert. Kontraindiziert ist eine Hyperkapnie bei erhöhtem intrakraniellem Druck, kardiovaskulärer Instabilität, Cor pulmonale und bei schwerer metabolischer Azidose. E. Effekte auf die Hämodynamik: Die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion führt auch zu einer Zunahme des pulmonalvaskulären Widerstandes. Bei Patienten mit Cor pulmonale kann es dadurch zu einer Rechtsherzdekompensation kommen, die durch eine zusätzlich vorliegende Hyperkapnie noch verstärkt wird. Bei starker Überblähung oder Spannungspneumothorax der ventilierten unteren Lunge kann es zu einer akuten Verminderung des venösen Rückstromes kommen. Bei plötzlicher hämodynamischer Instabilität muss diese Ursache stets zuerst ausgeschlossen werden (Diagnose und Therapie in Seitenlage schwierig !). 1 Unter Airtrapping verstehen wir gefangene Luft in den terminalen Atemwegen infolge Überblähung und exspiratorischem Kollaps vorangelagerter Atemwege. Diese nicht vollständig ausgeatmete Atemluft führt zur Ausbildung eines Auto– oder intrinsic PEEP. 2. Besonderheiten in der präoperativen Beurteilung: „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 4 Bei der Beurteilung des Patienten ist vor allem die hohe Koinzidenz von Lungentumoren, COPD und Arteriosklerose (insbesondere KHK) zu beachten. Bei Patienten mit einem Lungenkarzinom ist an anästhesiologisch eventuell bedeutende Begleitumstände wie ein Vena cava superior-Kompressionssyndrom, lokale Tumorinfiltrationen (Hornersyndrom, Plexusinfiltration, Phrenicusparese, Perikarderguss), Fernmetastasierung, tracheo-bronchiale Obstruktionen, ein Lambert-Eaton- Syndrom (paraneoplastische Myasthenie), paraneoplastische Hormonproduktionen und Elektrolytstörungen (speziell Hypo-Na und Hyper-Ca) zu denken. In den meistens vorhanden CT-Aufnahmen des Thorax sollte speziell auf das Vorhandensein und die Lokalisation von Infiltraten, Atelektasen, Bullae, Cysten, Pleuraergüssen, tracheale Abweichungen, Atemwegskompressionen etc. geachtet werden. Präoperativ sollte eine Therapie mit Bronchodilatatoren und Steroiden (Cave: Stressprophylaxe) weitergeführt werden. Eine 12-24-stündige Nikotinabstinenz sollte eingehalten werden, da sie den CO-Hb-Gehalt deutlich vermindert (höherer O2-Gehalt, weniger Linksverschiebung der O2-Dissoziationskurve). Eine längere Nikotinabstinenz bringt erst ab 6-8 Wochen (vorher ev. erhöhte Inzidenz an perioperativen pulmonalen Komplikationen) eine Verminderung der kardiovaskulären und Wundheilungs-Komplikationen und ist häufig nicht praktikabel. Bei Patienten mit schlechtem AZ oder ausgeprägter COPD ist bei der präoperativen Gabe von Opiaten und Benzodiazepinen auf der Station grösste Vorsicht geboten. Generell sollten Patienten vor Lungeneingriffen nach der Prämedikation auf der Station und Algorithmus zur Beurteilung der pulmonalen Resektabilität auf dem Transport 2l/min O2 nasal Algorithmus pneumologische appliziert bekommen. Lungenfunktion: Abteilung KBS -FEV1 Neben spezifischen Risiken von - DLCO anästhesiologischen Massnahmen (Kanülierung der Gefässe, Doppel- Eines von beiden < 80% Norm Beide > 80 % Norm lumenintubation, Drainagen, ev. Gabe von Fremdblut, Periduralanästhesie/ Spiroergometrie: - VO2 max PCA) sollten die Patienten speziell auch über eine Überwachung und mögliche < 40% Norm oder > 75% Norm oder Nachbeatmung auf der Intensivstation < 10 ml/kg/min 40-75% Norm, resp. 10-20 ml/kg/min > 20 ml/kg/min aufgeklärt werden. Zur Risikoabschätzung der periope- V/Q-Szintigraphie: -VO2 max ppo rativen Morbidität und zur Beurteilung (ppo = predicted postoperative) der Resektabilität von Lungenab- < 40% Norm und schnitten wurden unzählige Parameter < 10 ml/kg/min > 40% Norm, resp. > 10 ml/kg/min untersucht. Leider kann bis heute das V/Q-Szintigraphie: spezifische Risiko für den einzelnen -FEV1 ppo - DLCO ppo Patienten mit Indices nicht zuverlässig vorausgesagt werden. Beide < 40% Norm Eines von beiden > 40% Norm Die Resultate verschiedener Studien im Rahmen der Lungenvolumen- Reduktions-Chirurgie bei Patienten mit VO2 max schwerer COPD zeigen, dass früher immer wieder aufgeführte sogenannte 40 – 59% Norm 60 – 75% Norm “prohibitive“ Lungenfuktionsparameter nicht haltbar sind. Bewährt haben sich inoperabel Lobektomie Pneumonektomie möglich möglich vielmehr differenziertere Algori- thmen (vgl. Abbildung). FEV1 = forciertes exsp. Volumen in der 1. Sek.; DLCO = Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid; VO2 = Sauerstoffaufnahme/-verbrauch; V/Q = Ventilation/ Perfusion Als einfaches Staging der kardiopulmonalen Reserven kann das Treppensteigen mit dem Patienten versucht „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 5 werden. Bei schwerer Leistungseinschränkung erlaubt v.a. die Spiroergometrie eine recht gute Differenzierung in primär kardiale und pulmonale Ursachen. Eine präoperative Rechtsherzkatheterisierung ist nur in Ausnahmefällen indiziert. Orientierend kann eine transthorakale Echokardiographie Auskunft über die pulmonale Hämodynamik und Rechtsherzfunktion geben und ist bei klinischem Verdacht auf ein Cor pulmonale indiziert. 3. Besonderheiten im Management des Atemweges: Die Bedeutung der Ein-Lungen- Modifiziert nach: Heck M, Repet. Anästhesiolo- ventilation hat in den letzten Jahren Indikationen zur Ein-Lungenventilation gie, Springer-Verlag, 3rd ed., p 398 deutlich zugenommen, v.a. weil sie für absolute Schutz der gesunden Lunge vor Kontamination: thorakoskopische Eingriffe Indikationen - intrapulmonale Abszesse/ Bronchiektasen unverzichtbar ist. Es wird bei diesen - massive Hämorrhagie Eingriffen nicht nur eine Stillegung, sondern auch ein vollständiges Beherrschung einseitiger Ventilationsprobleme: - bronchopleurale Fistel Kollabieren der Lunge auf der zu - tracheobronchiale Verletzungen operierenden Seite gefordert. Die - Eröffnung grosser Luftwege zahlreichen absoluten und relativen - schwere Hypoxie bei einseitiger Pathologie Indikationen für eine Ein-Lungen- ventilation finden sich auf neben- einseitige bronchoalveoläre Lavage: stehender Tabelle. - pulmonale alveoläre Proteinose Prinzipiell gibt es 2 Möglichkeiten, eine Ein-Lungenventilation durchzu- bestimmte Operationen: führen: mittels Doppellumentubus - Thorakoskopie (DLT) oder mittels Bronchusblocker. - Lungentransplantation Beide haben entsprechende Vor– und Nachteile (vgl. Tabelle). relative Schaffung optimaler Operationsbedingungen In Notfallsituationen (z.B. massive Indikationen Ausbildung und Training Hämorrhagie) kann auch ein koventioneller Ein-Lumentubus zum Einsatz kommen, der meist problemlos blind in den rechten Bronchus vorgeschoben werden kann (der rechte Oberlappen ist so jedoch kaum ventilierbar). Ein Vorschieben in den linken Hauptbronchus ist viel schwieriger und kann durch Vorbiegen des Tubus (Tubuskonvexität nach posterior, Kopf nach rechts drehen) und ev. bronchoskopisch gesteuert erfolgen. A. Doppellumentubus: Alle Doppellumentuben haben ein längeres bronchiales Lumen mit Cuff und ein kürzeres tracheales Lumen mit einem grösseren Cuff. Rechtsseitige Tuben haben einen Schlitz im Bereiche des bronchialen Cuffs, um den re Oberlappen belüften zu können. Im KBS stehen links– und rechtsseitige DLT (Firma Mallincrodt) der Grösse 35, 37, 39 F zur Verfügung. Prinzipiell gilt, dass das bronchiale Lumen immer auf der nicht-Operationsseite liegen sollte (eine Ausnahme bilden Erkrankungen mit infektiösen Sekreten). Da rechtsseitige DLT aus anatomischen Gründen schwieriger zu platzieren sind (kürzerer Hauptbronchus rechts), wird mit Ausnahme von Oberlappenresektionen oder Pneumonektomien links (Gefahr des Tubuseinnähen bei der Bronchusstumpfnaht) die Einlage eines linksseitigen DLT bei allen Lungenoperationen bevorzugt. Falls es bei einer Unterlappenresektion links zu einer ungeplanten Pneumonektomie kommt, kann der linksseitige DLT zur Bronchusnaht zurückgezogen werden. Einlage: konventionelle Laryngoskopie; Einführen des Tubus mit dem bronchialen Lumen nach ventral; nach Passieren des Larynx Zurückziehen des Führungsdrahtes und Drehen des Tubus um 90° auf die Seite des zu intubierenden Bronchus (ev. Drehen des Kopfes zur Gegenseite); Vorschieben bis zum federnden Widerstand (durchschnittliche Intubationstiefe 29 cm Zahnreihe) und Aufblasen des trachealen Cuffs. „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 6 Vor- und Nachteile von DLT und Bronchusblocker Modifiziert nach: Zollinger A , Anästhesist 1999, 48:193 Technik Vorteile Nachteile Doppellumentubus (DLT) beide Lungen für Bronchoskopie, verschiedene Tuben li/re Absaugen, Blähen und O2-Insufflation Plazieren re schwieriger getrennt zugänglich ev. postoperative Umintubation nötig korrektes Plazieren v.a. links einfach und Gefahr tracheobronchialer sicher Verletzungen Lungenkollaps erleichtert kleine Innendurchmesser der beiden Lumina Bronchusblocker Einsatz zusammen mit normalen Tubus Ballon verschliesst Zugang zu distalen selektive Blockade auch kleiner Luftwege Atemwegen (Lappenbronchus) möglich Absaugen erschwert (dünnes Lumen) Blockade re/ li ohne Tubuswechsel häufig intraoperative Dislokationen möglich keine postoperative Umintubation nötig Lagekontrolle: Die korrekte Tubuslage kann auskultatorisch nach einem einfachen Schema getestet werden und dabei können grob folgende drei prinzipielle Fehllagen ausgeschlossen werden: zu tief oder zu wenig tief liegender Tubus, Lage des Tubus im falschen Hauptbronchus (vgl. Tabelle weiter unten). Eine endgültige Tubuslagekontrolle sollte nach der definitiven Seitenlagerung jedoch stets bronchoskopisch durchgeführt werden (falls die Tubusplazierung auskultatorisch nicht gut gelingt bereits in Rückenlage durchführen). Wegen des relativ dünnen Innendurchmessers des DLT muss bei allen Grössen zur Vermeidung von Schäden am Bronchoskop die Kinderoptik verwendet werden (4,1 mm Aussendurchmesser). Zunächst wird nach Besprayen des Bronchoskopes und der Tubusadapter mit Silikonspray über das tracheale Lumen die Carina aufgesucht. Der blaue bronchiale Cuff sollte nach dem Aufblasen gerade noch sichtbar sein (bei zu tiefer Lage droht eine Oberlappenobstruktion, bei zu starkem Überragen der Carina kann nicht einseitig beatmet werden). Als zweites wird über das bronchiale Lumen bronchoskopiert und darauf geachtet, dass der Oberlappenbronchus frei ist; bei einem rechtsseitigen DLT sollte der Tubus solange verschoben werden, bis der rechte Oberlappenbronchus im seitlichen Schlitz des Cuffs zu liegen kommt. Der bronchiale Cuff wird zur Verhinderung von bronchialen Druckschäden nur zum Testen und während der 1-Lungenventilation aufgeblasen (1-2 ml, gerade bis kein Leck mehr hörbar ist durch das offene Tracheallumen). Bei Fehllage im falschen Bronchus kann der DLT zurückgezogen werden und mittels Bronchoskopie durchs bronchiale Lumen umplaziert werden. Intraoperative Fehllagen des DLT können zu Hypoxie, Verschlechterung der Compliance, vermindertem Ausatmungsvolumen und fehlendem Kollabieren der zu operierenden Lunge führen. Vorgehen bei schwieriger Intubation: Bei Unmöglichkeit der Platzierung eines DLT kann versucht werden, mittels Einlumentubus konventionell zu intubieren und zweizeitig über einen Tubuswechselstab einen DLT vorzuschieben. Alternativ ist der Einsatz eines Bronchusblockers zu erwägen. Folgende Komplikationen sind bei DLT beschrieben: Hypoxie infolge Fehllage oder Obstruktion, Larynxverletzungen, tracheobronchiale Rupturen, Einnähen des Tubus bei der Bronchusnaht. „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 7 Schema zur auskultatorischen Lagekontrolle eines D LT Aus: E. Morgan, Clinical Anesthesiology, Lange Verlag, 3rd ed, p 527 M assnahm e Interpretation 1. Aufblasen des trachealen Cuffs (5 -10 ml) 2. B eidseitiges Auskultieren - normal = symmetrisches Atemgeräusch - nur einseitiges Atemgeräusch = T ubus liegt zu tief, tracheale Ö ffnung liegt auf Carina oder endobronchial 3. Aufblasen des bronchialen Cuffs (1 -2ml) - normal = einseitiges Atemgeräusch auf der Seite des bronchialen und Abklemmen des trachealen Lumens Lumens - beidseitiges Atemgeräusch = T ubus zu weit draussen, bronchiales Lumen liegt noch in T rachea - einseitiges Atemgeräsuch auf der anderen Seite = endobronchiales Lumen liegt auf der falschen Seite - kein Atemgeräusch über O berfeld auf der Seite des bronchialen Lumens und über der ganzen gegenüberliegenden Lunge = T ubus zu tief, bronchialer Cuff verschliesst O berlappenbronchus 4. Ö ffnen des trachealen Lumens und - normal = einseitiges Atemgeräusch auf der Seite des trachealen Abklemmen des blauen bronchialen Lumens Lumens - abgeschwächtes Atemgeräusch = T ubus zu weit draussen, bronchialer Cuff verschliesst partiell T rachea 5. Ablassen des blauen bronchialen Cuffs und W iederbeginn Zweilungenbeatmung bis zum O P B. Bronchusblocker: Im USB kommt ein Bronchusblocker der Firma Rüsch zur Anwendung. Der EZ-Blocker ist ein Endobronchialblocker mit zwei distalen Verlängerungen, die jeweils mit einem aufblasbarem Cuff und einem zentralen Lumen ausgestattet sind. Die beiden distalen Verlängerungen sind zur Identifizierung unterschiedlich gefärbt. Diese Farb- und Symbolkennzeichen finden sich auf jeder entsprechenden Balloneinheit zur Blockung des Cuffs. Aufgedruckte Tiefenmarkierung geben die Entfernung zur distalen Spitze des EZ-Blockers an. Er wird in einem üblichen einlumigen Endotrachealtubus ( Mindestgrösse 7 mm Innendurchmesser) zur Isolierung der Lungenflügel eingesetzt. Für die Platzierung und korrekte Positionierung ist eine fiberoptisches Bronchoskop zu verwenden. Der EZ-Multiport-Adapter ist zum Anschluss eines Endobronchialtubus an das Beatmungsgerät ausgelegt und ermöglicht gleichzeitig die Einführung eines Bronchoskops und des EZ-Blockers oder eines Absaugkatheters. Der Bronchusblocker stellt für pädiatrische Patienten (keine DLT < 35) oder Situationen mit schwieriger Intubation eine brauchbare Alternative zum DLT dar. Handhabung: Das Bronchoskop, der Tubus und der Bronchusblocker müssen zu Beginn mit Silikonspray gleitfähig gemacht werden. Beim Einführen der Blokadevorrichtung sollte sich der Endotrachelatubus 4 cm oberhalb der Carina befinden, um die ordnungsgemässe Funktion des EZ-Blockers zu gewährleisten. Den EZ-Blocker unter direkter Sichtkontrolle vorschieben bis beide distalen Verlängerungen in den jeweiligen Hauptbronchus eingeführt worden sind. Nachdem die korrekte Position für den Eingriff erreicht ist, wird die Position kontrolliert und auf Anzeichen für eine Cuff-Hernie sowie Undichtigkeit geachtet. Nach dem Umlagern des Patienten muss die Bronchusblockerlage erneut bronchoskopisch kontrolliert werden. „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 8 gegabelte distale Enden (Y-förmig) farbcodierte distale Enden ermöglichen die eindeutige Identifizierung und Zuordnung zu den Farbcodierungen der Kontrollballons röntgenschattengebend Cuffs aus Polyurethan bieten hervorragende Abdichtung auch bei langen chirurgischen Eingriffen (bis zu 8 Stunden) EZ-Multiport™ Adapter Ventilation EZ-Blocker ermöglicht die Aufnahme von: fiberoptischem Bronchoskop Absaugkatheter Zwei separate proximale Kontrollballons Kontrollballon mit gelben Streifen entspricht dem Cuff des gelben distalen Endes Kontrollballon mit blauen Streifen entspricht dem Cuff des blauen distalen Endes „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 9 4. Besonderheiten in der Narkoseführung: A. Standardmonitoring: Bezüglich Grundmonitoring gelten die Minimal Safety Standards des DA USB. Eine gut zugängliche grosse venöse Leitung (min. 16 G) ist für alle Patienten notwendig. Routinemässig wird bei allen Operationen mit 1- Lungenventilation eine invasive arterielle Druckmessung angelegt (repetitive aBGA intraoperativ nötig, frühes Erfassen hämodynamischer Schwankungen bei intrathorakaler Drucksteigerung, häufig begleitende KHK). Die Indikation zur Einlage eines ZVK ist grosszügig zu stellen (Abgrenzen eines Spannungspneumothorax der unteren Lunge klinisch in Seitenlage schwierig, häufig längere postoperative Gabe von iv-Antibiotika nötig, Gabe von Vasoaktiva effizienter). Aus übungs– und operationstechnischen Überlegungen wird in der Regel die V. subclavia auf der Operationsseite als Zugang gewählt. Die Indikation zum weiteren invasiven Monitoring (Pulmonaliskatheter, TEE) ist wie bei anderen Operationen je nach Vorerkrankungen, aber mit grösserer Zurückhaltung zu stellen. Dabei ist zu beachten, dass in Seitenlage/ Einlungenventilation die Interpretation der PCWP/CO-Werte erschwert ist (falls Katheter-Spitze in kollabierter oberer Lunge liegt werden falsch tiefe Werte für CO und SvO2 gemessen). Zudem darf sich der Katheter nicht in einem zu resezierenden Lungenareal befinden. Eine radiologische Lagekontrolle mittels BV ist deshalb nötig. Nach Pneumonektomien kann zudem der Wedgeballon zu einer massiven Einschränkung der pulmonalen Rest- Strombahn führen, was mit einer erhöhten Gefahr für einen Lungeninfarkt und einer akuter Rechtsherzbelastung einhergeht. Bei der Kombination von DLT und TEE ist mit einer erhöhten Gefahr einer Schädigung des N. recurrens im Larynxbereich zu rechnen. Für länger als 90 min dauernde Eingriffe, grössere Resektionen und nach Anlage einer Periduralanästhesie ist ein Blasendauerkatheter indiziert. Bei allen Patienten wird eine Magensonde eingelegt, die das Aufsuchen chirurgischer Strukturen intraoperativ erleichtert. Bei grösseren Resektionen (Sleeve-Resektionen, Pneumonektomien) wird die Magensonde primär nasal eingelegt und postoperativ nach der Operation evtl. belassen (mögliche N. vagus Läsion erhöht die Aspirationsgefahr). Wie eingangs erwähnt, sind der Zuverlässigkeit der Kapnographie bei Einlungenbeatmung Grenzen gesetzt. Aus diesem Grunde sind, nach einer Ausgangs-aBGA in Rückenlage, nach Beginn der Einlungenventilation je nach Klinik alle 30—60 Minuten die Blutgase erneut zu messen. Die Erhaltung der Normothermie ist prioritär (unmittelbar postoperative Extubation angestrebt, häufig KHK als Begleiterkrankung). Deshalb wird bei allen Patienten bereits in der Einleitung ein Warmair-System installiert, das während der ganzen OP über der unteren Körperhälfte in Betrieb ist; daneben muss die Körpertemperatur kontinuierlich überwacht werden. Ein Plastiksack über dem Kopf dämmt den Wärmeverlust zusätzlich ein. Die intraoperative Beatmung erfolgt über Limbo-Schläuche (= Inspirations– und Exspirationsschenkel in gleichem Schlauch, weniger Wärmeverlust). Bei längeren Eingriffen ist ein Infusionswärmer zu installieren. B. Lagerung: Die Seitenlagerung ist eine technische Voraussetzung für die meisten lungenchirurgischen Eingriffe. Wichtig ist, dass nach dem Umlagern auf eine genügende seitliche Stabilität geachtet wird, um ein intraoperatives Abkippen des Patienten zu verhindern. Dies wird nach Lagerung des Patienten auf eine weiche Matratze mittels Stützen am Sakrum und an der Symphyse sowie Lagerung des oberen Armes in eine Beinschiene erreicht. Vor dem Zudecken des Patienten ist darauf zu achten, dass keine Druckstellen vorhanden sind (insbesondere Sulcus N. ulnaris, N. peroneus, gute „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 10 Polsterung mittels Kissen zwischen den Beinen anstreben, Augenbulbi/ Ohr frei von Druck). Eine zu starke Überstreckung der obenliegenden Schulter (postoperative Schulterschmerzen, Plexus brachialis Läsionen) und im Bereich der HWS ist zu vermeiden. Der DLT sollte nach bronchoskopischer Lagekontrolle zusätzlich mit Klebband befestigt werden (starker Speichelfluss in Seitenlage kann Pflaster lösen). Der Zugang zu allen Leitungen sollte gewährleistet sein. Dabei hat es sich bewährt, die invasive Druckmessung in den unten liegenden Arm und die Volumenleitung in den oben liegenden Arm zu legen. C. Anästhesieverfahren: Lungenchirurgische Eingriffe werden fast ausschliesslich in Allgemeinanästhesie unter kontrollierter mechanischer Beatmung durchgeführt (in gewissen Zentren in LA standby unter Analgosedation für rein diagnostische Thorakoskopien). Eine Kombination mit einer Periduralanästhesie/ -analgesie ist fast immer vorteilhaft und anzustreben (vgl. weiter unten). Prinzipiell können (unter Beachtung spezifischer Kontraindikationen und möglicher Interaktionen) alle Anästhetika, Muskelrelaxantien und Analgetika zur Anwendung kommen. Auf hoher Evidenz beruhende Daten zur Bevorzugung gewisser Substanzen in der Thoraxchirurgie gibt es in der gegenwärtigen Literatur keine. Idealerweise werden aber kurz wirksame, gut steuerbare Substanzen bevorzugt, damit eine unmittelbar postoperative Extubation mit suffizienter Spontanatmung erreicht werden kann. So kann die Gefahr postoperativer pulmonaler Komplikationen wie Pneumonien, Naht-insuffizienzen am Bronchusstumpf und persistierende broncho-pleurale Fisteln vermindert werden. Aus diesen Gründen sind ein Opiat- und Relaxantienüberhang auf jeden Fall zu vermeiden. Eine Opiat-sparende Anästhesietechnik ist bei Kombinationsanästhesien mit gut sitzender PDA einfach möglich. Die Muskelrelaxation muss bei allen Patienten mittels Nervenstimulator überwacht und im Zweifelsfall die Indikation zur Reversion grosszügig gestellt werden (Cave: Bronchospasmen bei Asthmatikern durch Neostigmin möglich). Da Inhalationsanästhetika bei intraoperativen pulmonalen Lecks zur OP-Kontamination führen können, wird bei uns primär eine TIVA mit Propfol durchgeführt. Dies ist umso mehr gerechtfertigt, als dass sich Propofol selbst bei Patienten mit COPD bezüglich Atemmechanik ähnlich verhält wie Inhalationsanästhetika (bei bekannten Asthmatikern sind jedoch letztere zu bevorzugen). Propofol bewirkt zudem eher eine Verminderung der Shuntfraktion und damit eine bessere Oxygenierung als Inhalationsanästhetika (während es keine Unterschiede diesbezüglich zwischen Isoflurane und Sevoflurane gibt). Auf eine mögliche Verstärkung der durch PDA-induzierten Vasodilatation muss jedoch unter Propofol-Anästhesie speziell geachtet werden. Der Einsatz von Lachgas ist wegen erhöhter Hypoxiegefahr und möglicher Ausdehnung von Cysten/ Bullae/ Pneumothoraces kontraindiziert. Der Effekt anderer Pharmaka auf die hypoxisch pulmonale Vasokonstriktion ist zu beachten. Das nach Lungenoperationen gelegentlich beobachtete nicht-kardiale Lungenödem manifestiert sich vor allem nach längerdauernden Operationen oder Pneumonektomien. Klinische Symptome treten meist erst 2 Tage postoperativ auf, radiologische Veränderungen bereits früher. Die Ursache ist multifaktoriell. Dabei spielt eine Cytokin-vermittelte Permeabilitätsstörung mit einem eiweissreichen, alveolären Exsudat eine wesentliche Rolle. Kofaktoren sind die Seitenlage (mit höherer Transudation in basalen Lungenabschnitten), eine rasche Reexpansion kollabierter Lungenabschnitte und möglicherweise eine intravasale Volumenüberladung. Aus diesem Grunde empfiehlt sich bei allen grösseren Lungeneingriffen eine Flüssigkeitsrestriktion: Es werden intraoperativ nur insensitive Verluste und Blutungsverluste ersetzt. Dabei sind aus theoretischen Überlegungen Kolloide Lösungen und Blutprodukte früh einzusetzen (bleiben eher intravasal, insgesamt weniger Gesamtvolumen nötig). Auf eine Substitution von Nüchtern- und Erhaltungsbedarf wird bewusst verzichtet. D. intraoperative Beatmungsstrategie: Die Einlungenventilation wird nach Rücksprache mit dem Chirurgen in der Regel kurz nach Hautschnitt begonnen und dabei kontrolliert, wie gut sie vom Patienten toleriert wird (Oxygenation, Beatmungsdruck ?). Oberstes Ziel ist das Vermeiden einer Hypoxie. Wichtig ist zudem die Begrenzung des inspiratorischen Beatmungsspitzendruckes und das Vermeiden von Lungenüberblähung und hohem Auto-/intrinsic PEEP (vgl. weiter oben). Diesen prioritären Zielen kann in kritischen Fällen die CO2-Elimination untergeordnet werden und eine gewisse permissive Hyperkapnie toleriert werden (sofern keine Kontraindikationen bestehen und keine schwere respiratorische Azidose resultiert). „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 11 Es empfiehlt sich ein Stufen-Schema zur Behebung von Beatmungsproblemen (vgl. Tabelle). Zur Verifizierung von Tubuslage bei Beatmungsproblemen bleibt die Fiberoptik während der ganzen Operation im Saal (damit auch der Operateur mitschauen kann, wird wenn immer möglich der Endoskopie-Turm mit Monitor verwendet). Modifiziert nach: Benumhof JL, in Anesthesia, Ed: Miller, Churchill Livingston, 4th ed, p 1714 S t u f e n s c h e m a B e a t m u n g s s t r a t e g ie Z ie l M a ssn a h m e P r io r itä t V e r m e id e n v o n H y p o x ie 1. k o r r e k te L a g e v o n T u b u s fib e r o p tis c h k o n tr o llie r e n 1 2. F iO 2 s te ig e r n a u f 1.0 3. a p n o e is c h e O x y g e n a tio n d e r O P -S e ite m it 2 l O 2 /m in in o ffe n e n T u b u s 4. C P A P m it 5 -1 0 c m H 2 0 a u f d e r O P -S e ite 5. v o r s ic h tig w e n ig P E E P a u f u n te r e L u n g e ( C a v e : P e r fu s io n in u n te r e r L u n g e k a n n v e r m in d e r t w e r d e n → m e h r S h u n t) 6. in te r m ittie r e n d e 2 -L u n g e n b e a tm u n g o d e r c h ir u r g is c h e D r o s s e lu n g d e r A. p u lm o n a lis a u f d e r O P -S e ite V e r m e id e n v o n h o h e n B e a tm u n g s - 1. in s p ir a to r is c h e D r u c k b e g r e n z u n g a u f i.d.R. 3 4 m b a r 2 d r u c k e n o d e r A u to - P E E P 2. k o r r e k te L a g e v o n T u b u s fib e r o p tis c h k o n tr o llie r e n u n d S e k r e te a b s a u g e n , lie g t e in P n e u m o th o r a x a u f d e r v e n tilie r te n S e ite v o r ? 3. S e n k u n g v o n A te m z u g v o lu m e n u n d S te ig e r n v o n A te m fr e q u e n z 4. U m s te lle n a u f P C V -B e a tm u n g ( = d r u c k k o n tr o llie r t ) 5. T o le r ie r e n e in e r g e w is s e n p e r m is s iv e n H y p e r k a p n ie 6. O P in 2 -L u n g e n v e n tila tio n e r w ä g e n b e i O b s tr u k tio n z u s ä tz lic h : 1. G a b e v o n B r o n c h o d ila ta to r e n ( 3 -5 H ü b e B e r o te c ) 2. V e r lä n g e r u n g d e r E x s p ir a tio n s z e i t ( I :E = 1 :2 ) V e r m e id e n e in e r s c h w e r e n 1. O p tim ie r e n d e s A te m m in u te n v o lu m e n s , fa lls n ic h t e in e 3 r e s p ir a to r is c h e n A z id o s e h ö h e r e P r io r itä t v e r le tz t w ir d 2. fib e r o p tis c h e K o n tr o lle d e r T u b u s la g e u n d g e z ie lte s A b s a u g e n v o n S e k r e te n , e v. L a v a g e 3. e v. E in s a tz v o n B r o n c h o d ila ta to r e n u n d S e n k e n d e s M e ta b o lis m u s ( V e r m e id e n v o n H y p e r th e r m ie , V e r tie fe n d er N ark o se), ev. G ab e v o n N aH C O 3 erw äg en 4. O P in 2 -L u n g e n v e n tila tio n e r w ä g e n Vor Absetzen des Bronchus wird nach Absprache mit dem Operateur der endobronchiale Situs mit der Fiberoptik dargestellt. Die Indikation für intraoperatives bronchoskopisch gesteuertes Absaugen ist grosszügig zu stellen. In der Regel wird nach Bronchusnaht endobronchial vorsichtig noch einmal inspiziert und abgesaugt. Die Einlungenbeatmung wird dann zur Suche nach möglichen Luftlecks im OP-Gebiet kurz aufgehoben, indem beide Lungen von Hand vorsichtig gebläht werden (Spitzendruck über 30 mbar vermeiden). Während der Anlage der Thoraxverschlussnähte empfiehlt sich zur Verhinderung von Lungenverletzungen nochmals die Einlungenventilation. Nach Einlage und Plazieren der Bülaudrainagen wird dann kurz vor dem Zuziehen der Nähte erneut unter Sicht vorsichtig gebläht und nach vollständiger Lungenentfaltung auf kontrollierte Beatmung beider Lungen umgeschaltet. Spezielle Eingriffe wie Resektionen im Bereich der Trachea und der Carina können den Einsatz von Hochfrequenz- Jetventilation oder selten einmal der Herzlungenmaschine erforderlich machen. E. Wahl des postoperativen Analgesieverfahrens: Als Basisanalgesie werden in erster Linie NSAID fix, sowie Novalgin und/oder Mô in Reserve verordnet. Bei Kontraindikation von NSAID wird Paracetamol und Novalgin fix sowie Mô in Reserve verordnet. Die Balance von Schmerzfreiheit und Atemdepression bei Patienten mit knapper Lungenfunktion ist schwierig mit parenteralen Opiaten zu erreichen. Obschon in kontrollierten Studien bisher keine signifikanten Unterschiede „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 12 zwischen Opiat-Analgesie und Epiduralanästhesie bzgl. harter Kritierien (Morbidität und Mortalität) bei Thorakotomien gezeigt werden konnten, ist aus Komfortgründen eine epidurale Schmerztherapie anzustreben. In erster Linie wird bei uns bei Thorakotomien mit Lungenresektionen nach Ausschluss von Kontraindikationen (wie Gerinnungsstörungen, lokaler Infekt, Patientenablehnung, neurologische Erkrankungen) eine thorakale kontinuierliche Epiduralanästhesie (Punktionshöhe Th 6-8) angestrebt. Diese wird nach einer üblichen Testdosis (Bupivacain 0.5% mit Adrenalinzusatz 3 ml) mit weiteren 4-8ml Bupivacain 0.25% aktiviert (je nach Alter, Grösse und hämodynamischer Reaktion). Bei gutem Niveau und hämodynamischer Toleranz wird die Epiduralanästhesie intraoperativ kontinuierlich mit Bupivacain 0,25% 4-6 ml/h (Perfusor) weitergeführt. Initial kann ein epiduraler Bolus von Fentanyl ( 1 gamma/kgKG) appliziert werden. Postoperativ wird die Schmerztherapie mit Bupivacain 0.12% + Fentanyl (2 gamma/ml) 4-6 ml/h an der Schmerz- Pumpe begonnen. Bei ungenügender Wirkung soll Morphin ( s.c; p.os) zusätzlich verordnet werden. (vgl. APS- Skript). Bei technischen/ anatomischen Schwierigkeiten oder Kontraindikationen für die Einlage eines epiduralen Katheters kann eine spinale Gabe von Opiaten erwogen werden. Intrathorakales Morphin kann beispielsweise eine effiziente 12-24-stündige Analgesie auch bei Thorakotomien bewirken (speziell in der Kombination mit NSAR). Zu beachten ist, dass höhere Dosen nötig sind als bei abdominellen Eingriffen. Punktiert wird auf Höhe L3/4 oder L4/5 und anschliessend 0.5 mg konservierungsmittelfreies Morphin (verdünnt mit 5ml NaCl 0.9%) appliziert. Voraussetzung ist allerdings eine min. 12-stündige Überwachung auf der IMC/OIB (mögliche verzögerte Atemdepression bei weniger lipophilem Morphin). Die intrathekale Opiatgabe ist bei COPD-Patienten mit dokumentierter Tendenz zur CO2-Retention wegen möglicher Verstärkung der Atemdepression zu vermeiden. Daneben ist auch an andere Schmerzverfahren zu denken wie die selektive Blockade einzelner Interkostalnerven durch den Chirurgen mittels lang wirksamem Lokalanästhetikum oder die paravertebrale Blockade ( single shot mit Bupivacain 0,5% / Mepivacain 1,5% und Katheter mit Naropin 0,2%) Bei Kontraindikationen für eines der obenerwähnten Verfahren kann eine Mô-PCA Pumpe in Erwägung gezogen werden. 5. Unmittelbar postoperative Probleme: Die Inzidenz von postoperativen pulmonalen Komplikationen ist hoch. Eingedicktes Sekret oder Blutgerinnsel können Bronchien obstruieren und zu Atelektasen mit Desaturation führen. Neben forcierter Mobilisation und Atemtherapie ist in schweren Fällen ein bronchoskopisches Absaugen postoperativ angezeigt. Kleinere Luftlecks sind nach Lungen-Resektionen relativ häufig. Die meisten verschliessen nach wenigen Tagen spontan. Grosse bronchpleurale Fisteln können jedoch zu grossen Leckagen über das Bülaudrain mit Lungenkollaps oder selten auch zu zunehmendem Pneumothorax (bei ungenügender Ableitung durch das Bülaudrain) führen. Bei noch intubierten Patienten kann der Luftverlust so gross werden, dass nur noch selektiv über die nicht operierte Lungenseite beatmet werden kann. In solchen Fällen ist eine schnelle chirurgische Sanierung erforderlich. Ebenso ist eine chirurgische Sanierung meist unumgänglich, wenn im Rahmen einer Nachblutung die Bülaudrainagen initial > 200-400 ml/h Blut fördern. Nach Pneumonektomien kann eine intrathorakale Druckänderung im Rahmen eines Pneumothorax auf der nicht resezierten Seite oder nach Soganlage auf der operierten Seite zu einem akuten Mediastinalshift mit Herniation des Herzens führen. Die Konsequenzen sind eine rasche hämodynamische Kompromittierung (bei Herniation nach rechts durch Kompression der venösen Zufuhr, bei Herniation nach links durch Kompression des AV-Sulcus mit Ischämie und Ausflussbehinderung), die ohne Gegenmassnahmen (kein Sog nach Pneumonektomie!!, Drainage von gestauter Luft) innert kürzester Zeit tödlich verlaufen kann. Das postoperative Lungenödem wurde bereits weiter oben erwähnt. Eine postoperative Atemdepression durch Narkoseüberhang muss von atemmechanischen Ursachen abgegrenzt werden (Flail Chest nach grossen Thoraxwandresektionen, Läsionen des N. phrenicus, hohe Spinalanästhesie etc.). Selten kann es zu einer Torsion von Anteilen der Restlunge nach Resektionen kommen, wobei durch die pulmonalvenöse Stauung häufig eine Lungeninfarzierung entsteht, die meist aber erst nach Stunden bemerkt wird. Sehr selten sind postoperative Paraplegien beschrieben. Es sollte hier an die Möglichkeit eines Epiduralhämatoms „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 13 (durch chirurgische paraspinale Manipulationen, resp. nach PDK) oder an eine mögliche ischämische Störung (Läsion an den Interkostalarterien) gedacht werden. 6. Empfehlenswerte Literatur: Allgemein: „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 14 Anesthesia for thoracic surgery, Benumhof JL and Alfery DD, in: Anesthesia, Ed: Miller RD, 4th ed, Churchill Livingston 1994, pp 1663 Anästhesie in der Thoraxchirurgie, Zollinger A, Anaesthesist 1999, 48:193-204 Anesthesia for thoracic surgery, Mikhail MS, in: Clinical Anesthesiology, Ed: Morgan GE et al., 3rd ed, Lange Medical Books 2002, pp 525 Präoperative Evaluation: Evidence-Based preoperative evaluation of candidates for thoracotomy, Reilly JJ, Chest 1999, 116:474- 476 Effect of preoperative smoking intervention on postoperative complications: a randomised clinical trial, Moller AM et al., Lancet 2002, 359:114-117 Propofol vs. Inhalativa: The effects of propofol, isoflurane and sevoflurane on oxygenation and shunt fraction during one-lung ventilation, Abe K et al., Anesthesia & Analgesia 1998, 87:1164-1169 Arterial Oxygenation and shunt fraction during one-lung ventilation: a comparison of isoflurane and sevoflurane, Abe K et al., Anesthesia & Analgesia 1998, 86:1266-1270 Comparison of propofol with isoflurane for maintenance of anesthesia in patients with COPD, DeSouza G et al., J Cardiothorac Vasc Anesth 1995, 9:24-28 Comparison of the effects of propofol and isoflurane anesthesia on right ventricular function and shunt fraction during thoracic surgery, Kellow NH et al., Br J Anaesth 1995, 75:578-582 Postoperatives Lungenödem: Pulmonary endothelial permeability changes after major lung resection, Waller DA et al., Ann Thorac Surg 1996, 61:1435-1440 Postoperative Analgesie: Comparison between repeat bolus intrathecal morphine and an epidurally delivered bupivacaine and fentanyl combination in the management of post-thoracotomy pain, McCrory C et al., J Cardiothorac Vasc Anesth 2002, 16:607-611 A randomized, double-blinded comparison of intrathecal morphine, sufentanil and their combination versus iv Morphine PCA for postthoracotomy pain, Liu N et al., Anesthesia & Analgesia 2001, 92:31-36 Intrathecal sufentanil and morphine for post-thoracotomy pain relief, Mason N et al., Br J Anaesth. 2001, 86:236-240 Intrathecal fentanyl for post-thoracotomy pain, Sudarshan G et al., Br. J Anaesth. 1995, 75:19-22 Aktuelle Therapieschemata Lungentumore: National Cancer institute: Aktuellstes Therapieregime und Staging von diversen Lungentumoren unter http://www.cancer.gov „Richtlinien für das Anästhesiemanagement bei thoraxchir. Eingriffen“ Seite 15 Anhang 1 Situs inversus Airwaymanagement bei Patienten mit Situs inversus (z.B. bei Kartagener Syndrom) Anatomische Grundlagen Bronchialsystem Situs Normale inversus Anatomie links rechts links rechts Cave: beim Situs inversus hat es links 3 Lungenlappen (Unter-, Mittel- und Oberlappen) und rechts 2 Lungenlappen (Unter- und Oberlappen). EKG und Thorax-Rx bei Situs Inversus Bei Dextrocardie des Herzens ist zu beachten, dass die Standard-EKG-Ableitungen (Linksherz-EKG) zu einem atypischen EKG führen und dass ein Rechtsherz-EKG abgeleitet werden muss. Linksherz-EKG bei Dextrocardie Rechtsherz-EKG bei Dextrocardie Thorax-Rx bei Situs inversus August 2009, FIM/HUS/SEE Anhang Seite 1 Lungenskript Seite 16 Anhang 1 Situs inversus Airwaymanagement bei Situs inversus Bei Situs inversus soll NIE ein DLT nach links eingesetzt werden! Grund: Der Oberlappen, welcher beim Situs inversus links liegt, wird sonst nicht belüftet, da beim DLT nach links das Murphy eye fehlt. Situs inversus und OP linke Lunge Situs inversus: als Vergleich die normale Anatomie: DLT nach rechts, wobei das Murphy eye DLT nach rechts mit korrekt in diesem Fall funktionslos ist, da rechts platziertem Murphy eye zur kein Oberlappen vorhanden ist Belüftung des rechten Oberlappens Situs inversus und OP rechte Lunge Situs inversus: als Vergleich die normale Anatomie: Bronchusblocker nach rechts DLT nach links ev. ist bei OP des rechten Unterlappens oder OP im distalen Bronchialsystem ein DLT nach rechts möglich (mit Operateur absprechen!) Spezialfälle: Sleeve-Resektionen: Absprache mit Operateur! (Bronchusblocker nicht möglich) Pneumonektomie: Absprache mit Operateur! (Bronchusblocker nur bei langem Hauptbronchus eine Option) August 2009, FIM/HUS/SEE Anhang Seite 2 Lungenskript Seite 17

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