Kognitiv-Affektive Neurowissenschaften - Komplette Zusammenfassung PDF
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Dieses Dokument ist eine Zusammenfassung des Fachgebietes Kognitiv-Affektive Neurowissenschaften. Es enthält Inhalte aus einem Buch und Vorlesungen und deckt verschiedene Themen ab, darunter neurovegetative und modulatorische Systeme, Motivation, Sexualität, Emotionen, Gehirnrhythmen und Schlaf, Sprache, Aufmerksamkeit und Bewusstsein, psychische Störungen, neuronale Schaltkreise und Gedächtnissysteme.
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Kognitiv-A ektive Neurowissenschaften - Komplette Zusammenfassung (Prof. Lamm) - Buch (gelb markierte Stellen) und Zusatzinhalte der Vorlesungen Inhaltsverzeichnis: 1. Neurovegetative und modulatorische Systeme................................................................2 2. Motivation............
Kognitiv-A ektive Neurowissenschaften - Komplette Zusammenfassung (Prof. Lamm) - Buch (gelb markierte Stellen) und Zusatzinhalte der Vorlesungen Inhaltsverzeichnis: 1. Neurovegetative und modulatorische Systeme................................................................2 2. Motivation.......................................................................................................................19 3. Sexualität........................................................................................................................30 4. Emotionen.......................................................................................................................37 5. Gehirnrhythmen und Schlaf............................................................................................47 6. Sprache..........................................................................................................................58 7. Aufmerksamkeit und Bewusstsein.................................................................................67 8. Psychische Störungen....................................................................................................79 9. Neuronale Schaltkreise...................................................................................................93 10. Gedächtnissysteme....................................................................................................105 11. Molekulare Mechanismen von Lernen und Gedächtnis.............................................119 1 ff 1. Neurovegetative und modulatorische Systeme Einführung: Für eine spezi sche Kommunikation werden in sensorischen und motorischen Systemen Mechanismen benötigt, die den synaptischen Informations uss auf den Spalt zwischen Axonterminale und Zielstruktur begrenzen. Transmitter, die im somatosensorischen Kortex freigesetzt werden, können keine Aktivierung im motorischen Kortex bewirken die Kommunikation im Gehirn ist mit Telefon oder Internet zu vergleichen - Neurone können sowohl mit einzelnen, als auch mit sehr vielen anderen Neuronen auf einmal kommunizieren Kommunikationswege im Nervensystem (b-c: tonisch, generalisiert): a) die meisten Systeme kommunizieren über spezi sche Verbindungen - hier: räumlich und zeitlich begrenzte Wirkung der synaptischen Übertragung auf die Zielzellen Andere arbeiten räumlich und zeitlich weniger spezi sch: b) Neuroendokrines System: hypothalamische Neuronen beein ussen die Zielstrukturen durch Freisetzung von Hormonen in die Blutbahn c) Autonomes Nervensystem: Netze gekoppelter Neuronen des vegetativen Nervensystems kooperieren bei der Regulation von Körpergeweben d) Di use modulatorische Systeme verstärken ihre Wirkung durch stark divergente axonale Projektion Im Folgenden werden drei Teilgebiete des Nervensystems behandelt: a) neurosekretorischer Anteil des Hypothalamus: kann Funktionen des Gehirns wie auch des Körpers beein ussen 2 ff fi fi fi fl fl fl b) vegetatives Nervensystem: kann die Reaktionen vieler innerer Organe, Blutgefäße und Drüsen kontrollieren c) di use modulatorische Systeme: liegen vollständig im ZNS, setzen sich aus einigen verwandten Zellgruppen zusammen, die sich in ihren Neurotransmittern unterscheiden hier üben Zellen ihre Wirkung durch stark divergierende Axonprojektionen mit großer räumlicher Reichweite aus zeitlich lang anhaltende E ekte; vermittelt über metabotrope postsynaptische Rezeptoren steuern vermutlich u.a. Erregungs- und Gefühlszustände Der neurosekretorische Hypothalamus Thalamus und Hypothalamus liegen zwar eng beieinander, haben jedoch sehr verschiedene Funktionen kleinere Schäden des Thalamus bewirken umgrenzte sensorische/motorische De zite der Hypothalamus bildet die Wand des dritten Ventrikels und sitzt unter dem dorsalen Thalamus der Hypothalamus hingegen leistet eine Integration von neuronalen, hormonellen und vegetativen Systemen und kontrolliert vitale Körperfunktionen eine kleine Läsion kann hier dramatische und fatale Störungen lebenswichtiger Körperfunktionen zur Folge haben Homöostase Homöostase = Aufrechterhaltung eines bestimmten inneren Milieus innerhalb enger physiologischer Grenzwerte z.B. Konstanthaltung der Körpertemperatur, Zusammensetzung von Extrazellulär üssigkeit und Blut der Hypothalamus reguliert dies - indem er auf veränderte äußere Umweltbedingungen reagiert 3 ff fl ff fi Abweichungen von der optimalen Körpertemperatur (37°C) werden vom Hypothalamus erkannt und bringen notwendige Körperreaktionen in Gang z.B. Zittern, Gänsehaut bei Kälte, Schwitzen bei Hitze andere Beispiele für Homöostase: Regulation von Blutvolumen und Blutdruck, Salz- und Säuregehalt sowie der Sauersto - und Glukosekonzentration im Blut Struktur und Verbindungen des Hypothalamus: Beide Seiten des Hypothalamus können jeweils in drei funktionale Zonen unterteilt werden: a) lateral b) medial c) periventrikulär die periventrikuläre Zone erhält Eingangssignale von den beiden anderen Zonen, vom Hirnstamm und vom Großhirn neurosekretorische Zellen der periventrikulären Zone sezernieren Hormone in den Blutstrom andere periventrikuläre Zellen kontrollieren das vegetative Nervensystem die Zone heißt periventrikulär, weil Zellen dort (mit Ausnahme des Nucleus supraopticus) genau an die Wand des dritten Ventrikels anschließen eine Zellgruppe bildet den Nucleus suprachiasmaticus (direkt über der Sehkreuzung) - direkte Innervation von Netzhautzellen, Synchronisation des circadianen Rhythmus mit dem Hell-Dunkel-Wechsel des Tageslichts andere kontrollieren das vegetative Nervensystem und die sympathische und parasympathische Modulation der inneren Organe neurosekretorische Neuronen senden ihre Axone hinunter bis zum Hypophysenstiel Zur Hypophyse hinführende Bahnen „isoliert“ betrachtet liegt die Hypophyse unter der Gehirnbasis im lebenden Gehirn wird sie jedoch von einer knöchernen Vertiefung der Schädelbasis umschlossen, die als Schutz dient (Hypophyse = Schnittstelle zwischen Hypothalamus und Körper) 4 f sie besteht aus: 1. Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse) 2. Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse beide werden unabhängig voneinander und auf unterschiedliche Weise vom Hypothalamus kontrolliert Hypothalamische Kontrolle der Neurohypophyse: die größten Zellen sind hier die magnozellulären neurosekretorischen Zellen Ernst und Berta Scharrer stellten früh die Hypothese auf, dass diese Neuronen chemische Substanzen direkt in die Kapillargefäße des Hypophysenhinterlappens abgeben (korrekterweise) von Neuronen ins Blut abgegebenen Substanzen werden heute als Neurohormone bezeichnet die magnozellulären neurosekretorischen Zellen geben die beiden Neurohormone Oxytocin und Adiuretin in den Blutstrom ab (Hypophysenhinterlappen) Oxytocin = „Liebeshormon“, verstärkte Ausschüttung bei Sex und Intimität, fördert soziale Bindung bei Frauen bewirkt es zudem eine Kontraktion des Uterus während der Wehen und stimuliert das Einschießen der Milch die Freisetzung kann beim Milch ussre ex durch somatische Sinneseindrücke, aber auch durch Anblick oder Schreien eines Babys ausgelöst werden die Sinnesinformation wird hierbei über den Thalamus zum Cortex geleitet, welcher schließlich den Hypothalamus stimuliert -> Oxytocin-Ausschüttung aber auch eine Hemmung des Hypothalamus durch den Cortex ist hier möglich - z.B. durch Angstgefühle 5 fl fl Adiuretin bzw. antidiuretisches Hormon (ADH) oder Vasopressin = reguliert das Blutvolumen und die Osmolarität des Blutes wenn der Körper unter Wassermangel leidet, nimmt das Blutvolumen ab, und die Salzkonzentration des Blutes erhöht sich diese Veränderungen werden durch Druckrezeptoren des Herz-Kreislauf-Systems und durch Zellen des Hypothalamus registriert, die die Information an adiuretinhaltige Neuronen weiterleiten es kommt daraufhin zu einer Ausschüttung von Adiuretin, das direkt auf die Nieren einwirkt und so eine Wasserrückgewinnung und eine Verringerung der Harnproduktion herbeiführt Hormone des Hypophysenvorderlappens: Hypothalamische Kontrolle der Adenohypophyse: im Gegensatz zum Hinterlappen (Teil des Gehirns) ist der Vorderlappen (Adenohypophyse) tatsächlich eine Drüse dessen Zellen synthetisieren und setzen viele verschiedene Hormone frei, die regulierend auf die Sekretionsaktivität anderer Drüsen im gesamten Körper (die insgesamt das endokrine System bilden) einwirken Hormone beein ussen Keim-, Schild- und Brustdrüsen sowie die Nebennieren daher wird der Vorderlappen oft als „Hauptdrüse“ beschrieben - er wird jedoch durch den Hypothalamus kontrolliert, welcher somit die eigentliche Hauptdrüse des endokrinen Systems darstellt der Vorderlappen wird durch Neuronen des periventrikulären Bereichs kontrolliert, die man als parvozelluläre neurosekretorische Zellen bezeichnet diese senden keine Axone in den Vorderlappen, sondern kommunizieren über den Blutstrom mit ihren Zielstrukturen zudem setzen sie hypophyseotrope Hormone in ein besonders spezialisiertes Blutgefäßsystem am Boden des dritten Ventrikels frei die Verzweigung dieser Blutgefäße wird als hypothalamisch-hypophysärer Pfortaderkreislauf bezeichnet hier werden die hypophyseotropen Hormone stromabwärts transportiert, bis sie an den Zellen der Adenohypophyse Bindungen mit spezi schen Rezeptoren eingehen deren Aktivierung bewirkt eine Freisetzung bestimmter Hormone und eine Einstellung der Sekretion anderer Hormone 6 fl fi Wie dieses System funktioniert, demonstriert die Regulation der Nebennieren - diese bestehen aus zwei Teilen: 1. die äußere Nebennierenrinde (adrenaler Cortex) 2. das innere Nebennierenmark (adrenale Medulla) die Rinde produziert das Steroidhormon Cortisol dieses mobilisiert Energiereserven und unterdrückt das Immunsystem - somit wird das Durchhaltevermögen gestärkt Stress ist ein guter Stimulus für die Freisetzung von Cortisol diese kann durch physiologischen Stress, psychischen Stress und positive emotionale Stimulation ausgelöst werden Die Stressantwort: ob auf einen Reiz eine Stressantwort (und somit Cortisol-Ausschüttung) folgt, entscheiden die parvozellulären neurosekretorischen Zellen, die die Nebennierenrinde kontrollieren unter Stressbedingungen/Belastung setzen sie im periventrikulären Hypothalamus Corticoliberin (corticotropin-releasing hormon, CRH) in den Pfortaderkreislauf frei dieses bewirkt im Vorderlappen nach ca. 15s die Freisetzung von Corticotropin (adrenocorticotropem Hormon, ACTH), welches in den allgemeinen Kreislauf eintritt 7 - und auf diesem Weg zur Nebennierenrinde gelangt, wo es innerhalb weniger Minuten eine Cortisolfreisetzung induziert Cortisol kann direkt auf Neuronen des Hypothalamus einwirken und auch auf Neuronen in anderen Gehirnregionen die Cortisol-Konzentration im Blut unterliegt zum Teil einer Selbstregulation Cortisol gehört zu den Steroiden (Cholesterin-verwandte Substanzen) es ist lipophil („fettliebend“), löst sich sehr gut in Lipidmembranen und überschreitet leicht die Blut-Hirn-Schranke im Gehirn angelangt, interagiert es mit spezi schen Rezeptoren und bewirkt eine Inhibition der CRH-Ausschüttung dies stellt sicher, dass die Cortisolkonzentration im Blut nicht zu sehr ansteigt Ärzte müssen dies bei der Verschreibung von Prednison berücksichtigen Prednison = synthetische Form von Cortisol, häu g zur Unterdrückung von Entzündungsreaktionen verschrieben wenn es jedoch über mehrere Tage eingesetzt wird, vermittelt es dem Gehirn die Annahme, die Menge an natürlich freigesetztem Cortisol sei zu hoch Folge: Drosselung der Freisetzung von CRH und somit auch von Cortisol aus der Nebennierenrinde Gegenteil einer Nebennierenrindeninsu zienz: Morbus Cushing - durch Hypophysenfehlfunktion erhöhter ACTH- und somit auch erhöhter Cortisol-Spiegel Symptome hier: Gewichtszunahme, Immunsuppression, Schla osigkeit, Gedächtnisstörungen und Reizbarkeit 8 ffi fi fi fl die zahllosen Verhaltensveränderungen durch Cortisol lassen sich möglicherweise dadurch erklären, dass Neuronen mit Cortisolrezeptoren weit verbreitet im gesamten Gehirn zu nden sind, nicht nur im Hypothalamus Cortisol hat in diesen anderen Regionen des ZNS signi kante Auswirkungen auf die neuronale Aktivität Exkurs - Stress und Gehirn Stress bewirkt eine Freisetzung von Cortisol - über den Blutstrom gelangt zum Gehirn und bindet dort an Rezeptoren vieler Neuronen die aktivierten Rezeptoren wandern in den Zellkern, wo sie die Transkription von Genen und schließlich die Proteinsynthese anregen als Folge der Cortisolaktivität nehmen die Neuronen mehr Ca2+-Ionen durch spannungskontrollierte Ionenkanäle auf (direkt oder indirekt) über kurze Zeit hilft Cortisol also dem Gehirn, besser mit Stress zurechtzukommen bei chronischem, unvermeidlichen Stress kann zu viel Calcium jedoch zum Absterben von Neuronen beitragen McEwen und Sapolsky konnten in Versuchen mit Ratten jeweils nachweisen, dass sowohl Cortisol-Injektionen als auch täglicher Stress dazu beitrugen, dass Neurone absterben ähnliches konnte Sapolsky mit Pavianen zeigen - in der Wildnis halten sich hier untergeordnete Männchen von den dominanteren fern in Kä gen eingesperrt gibt es jedoch keine Ausweichmöglichkeit - viele Tiere starben hier, jedoch nicht wegen Kämpfen, sondern durch stressinduzierte E ekte u.a. zeigte sich eine Degeneration des Hippocampus - diese Schädigung wurde direkt durch Cortisol verursacht Auswirkungen von Cortisol und Stress auf das Gehirn ähneln den E ekten des Alterns chronischer Stress verursacht ein vorzeitiges Altern des Gehirns! in den Gehirnen von Gewaltopfern konnte man degenerative Veränderungen, insbesondere im Bereich des Hippocampus, nachweisen Das vegetative/autonome Nervensystem autonome Funktionen laufen in der Regel automatisch ab und sind hoch kontrolliert in Kampf-Flucht-Situationen bewirkt der Sympathikus physiologische Reaktionen wie eine Erhöhung der Herzfrequenz, Anstieg des Blutdrucks etc. bei Entspannung/Erleichterung wiederum bewirkt der Parasympathikus wiederum eine Absenkung der sympathischen Funktionen auf niedrigere Werte Aktionen des vegetativen Nervensystems sind mannigfaltig, weit gestreut und relativ langsam es balanciert synaptische Erregungs- und Hemmprozesse, um eine weit koordinierte und abgestufte Kontrolle zu erreichen (im Gegensatz zum Motorsystem: hier nur Einwirkung durch aktivierende Signale) 9 fi fi fi ff ff Vegetative Schaltkreise Aufgabe des VNS ist es, alle innervierten Gewebe oder Organe (mit Ausnahme der Skelettmuskelfasern -> somatomotorisches System) im Körper zu steuern Unterschied: Zellkörper der Motoneuronen liegen entweder im Vorderhorn des Rückenmarks oder im Hirnstamm und sind somit Teil des ZNS Zellkörper der vegetativen Neuronen liegen hingegen außerhalb des ZNS in Zellgruppen, die als autonome Ganglien bezeichnet werden Neuronen dieser Ganglien werden postganglionäre Neuronen genannt sie werden durch präganglionäre Neuronen gesteuert, deren Zellkörper im Rückenmark und im Hirnstamm liegen das somatomotorische System kontrolliert seine Ziele (Skelettmuskulatur) über eine monosynaptische Bahn das vegetative Nervensystem benutzt für seine Ziele (glatte Muskulatur, Herzmuskel und Drüsen) eine disynaptische Bahn hier zu sehen nochmal: einzigen Output des somatosensorischen Systems bilden Motoneuronen im ZNS Schwitzen, Speichel und Genitalstimulation hängen z.B. aber vom VNS ab viszeromotorische/sekretorische Reaktionen werden von Sympathikus und Parasympathikus gesteuert, deren postganglionäre Neuronen außerhalb des ZNS in den autonomen Ganglien liegen 10 Sympathikus und Parasympathikus: zwar liegen beide Bahnen parallel zueinander präganglionäre Axone des Sympathikus entspringen aber nur aus dem mittleren Drittel des Rückenmarks (Thorakal- und Lumbalmark) präganglionäre Axone des Parasympathikus aus dem Hirnstamm und den untersten (sakralen) Rückenmarksegmenten präganglionäre Neurone des Sympathikus liegen im Seitenhorn des Rückenmarks sie senden ihre Axone durch die Vorderwurzeln und werden dann mit Neuronen in den Ganglien des sympathischen Grenzstrangs (neben der Wirbelsäule) oder mit Neuronen der prävertebralen Ganglien (innerhalb der Bauchhöhle) verschaltet präganglionäre Neuronen des Parasympathicus sitzen in verschiedenen Kerngebieten des Hirnstammes und im unteren (sakralen) Rückenmark ihre Axone verlaufen innerhalb einiger Hirnnerven und in den Spinalwurzeln des sakralen Rückenmarks da sich die ihre Ganglien direkt neben, auf oder in ihren Erfolgsorganen be nden, wandern die präganglionären Axone viel längere Strecken als die sympathischen Axone Das VNS innerviert drei verschiedene Gewebetypen: die Drüsen, die glatte Muskulatur und den Herzmuskel. Es: a) innerviert die sekretorischen Drüsen (Speichel-, Schweiß- und Tränendrüsen sowie diverse schleimproduzierende Drüsen) b) innerviert das Herz und die Blutgefäße, um den Blutdruck und den Blut uss zu kontrollieren; c) innerviert die Bronchien der Lungen, um den Sauersto bedarf des Körpers zu decken d) reguliert die Verdauungs- und Sto wechselfunktionen der Leber, des Magen-Darm- Trakts und des Pankreas e) reguliert die Funktionen der Nieren, der Harnblase, des Dickdarms und des Mastdarms f) ist für die sexuellen Reaktionen der Genitalien und Fortp anzungsorgane erforderlich g) interagiert mit dem Immunsystem des Körpers Chemische und anatomische Organisation des Sympathikus und Parasympathikus: präganglionäre Neuronen beider Abteilungen benutzen Acetylcholin (Ach) als Neurotransmitter die postganglionäre parasympathische Innervation nutzt ebenfalls Acetylcholin, während bei der sympathischen Innervation Noradrenalin (NA) genutzt wird (mit Ausnahme von Schweißdrüsen und glatter Muskulatur der Gefäße in den Skelettmuskeln, die beide auch cholinerg sind) das durch präganglionäre sympathische Nervenfasern innervierte Nebennierenmark setzt bei einer Aktivierung Adrenalin frei 11 ff ff fl fl fi beim Sympathikus sind innerhalb der Brusthöhle lokalisierte Zielorgane mit post- ganglionären Neuronen verbunden, die dem sympathischen Grenzstrang entspringen in der Bauchhöhle lokalisierte Zielorgane sind mit postganglionären Neuronen verbunden, die in den prävertebralen Ganglien entspringen Physiologische Wirkungen von Sympathikus und Parasympathikus: der Sympathikus zeigt seine höchste Aktivität in realen oder vermeintlichen Gefahrensitutionen („4 Fs“: ght, ight, fright und sex) der Parasympathikus unterstützt körperliche Vorgänge wie Verdauung, Wachstum, Immunreaktionen und Energiespeicherung in den meisten Fällen verhalten sich die Aktivitätsniveaus der beiden Teilsysteme gegenläu g zueinander - wenn eins aktiv ist, zeigt das andere weniger Aktivität usw. beide können nicht gleichzeitig stark stimuliert werden - was das ZNS auch verhindert Beispiele: Herzfrequenz (Steigerung durch S, Senkung durch PS) und Verdauung (Anregung durch PS, Hemmung durch S) jedoch sind nicht alle Gewebe von beiden Anteilen beein usst: Blutgefäße der Haut und Schweißdrüsen werden nur durch S innerviert, Tränendrüsen nur durch PS ein weiteres Beispiel sind die männlichen Sexualre exe: die Erektion wird durch parasympathische Aktivität durchgeführt, Ejakulation und Orgasmus hingegen durch den Sympathikus Angst/Sorgen (Sympathikus) hemmen daher die Erektion und fördern die Ejakulation Das enterische Nervensystem: wird manchmal auch als „kleines Gehirn“ bezeichnet, weil es eigenständig arbeiten kann kontrolliert einen Großteil der physiologischen Prozesse, die mit dem Transport und der Verdauung der Nahrung zusammenhängen enthält ungefähr so viele Neurone wie das Rückenmark dennoch ist es nicht vollständig autonom - es erhält auf indirektem Weg (Axone des Sympathikus und Parasympathikus) Eingangssignale vom „großen“ Gehirn diese Eingänge stellen eine zusätzliche Kontrolle dar und können die Funktionen des enterischen Anteils in einigen Fällen sogar ersetzen Zentrale vegetative Kontrolle: wesentlich für die autonome Kontrolle sind vor allem die Verbindungen zwischen der periventrikulären Zone, dem Hirnstamm und den Rückenmarkskernen der in der Medulla gelegene und mit dem Hypothalamus in Verbindung stehende Nucleus tractus solitarii bildet ebenfalls eine wichtige Zentralstelle der autonomen Kontrolle einige autonome Funktionen laufen auch dann störungsfrei ab, wenn der Hirnstamm von allen darüberliegenden Strukturen, inklusive des Hypothalamus, getrennt wurde 12 fi fi fl fl fl Neurotransmitter und Pharmakologie Präganglionäre Neurotransmitter: wichtigster Transmitter ist hier Acetylcholin (gleicher Transmitter wie an den motorischen Endplatten) - die präganglionären Neuronen sowohl des Sympathikus als auch des Parasympathikus setzen ihn frei Postganglionäre Neurotransmitter: parasympathische Neuronen schütten Acetylcholin aus der überwiegende Anteil aller sympathischen Neuronen setzt Noradrenalin frei Wirksto e, die noradrenalingesteuerte Vorgänge begünstigen oder muscarinische E ekte des Acetylcholins hemmen, sind im Allgemeinen sympathomimetisch d.h., ihre E ekte imitieren eine Aktivierung des Sympathikus (sind also Agonisten!) Atropin bewirkt z.B. Anzeichen einer sympathischen Aktivierung (Pupillenerweiterung) Wirksto e, die die muscarinische Vorgänge begünstigen oder noradrenalingesteuerte Vorgänge hemmen, sind parasympathomimetisch (imitieren also den Parasympathikus) Beispiel: Propanolol bewirkt eine Verringerung der Herzschlagfrequenz und eine Senkung des Blutdrucks (wird gegen Lampen eber eingesetzt) die Wirkung von Adrenalin ist fast identisch mit der einer sympathischen Aktivierung Di use modulatorische Systeme Anatomie und Funktionen: Die Systeme unterscheiden sich zwar in Struktur und Funktion, zeigen aber gewisse grundsätzliche Übereinstimmungen: 1. üblicherweise besteht das Ursprungsgebiet dieser Systeme aus einer relativ kleinen Neuronengruppe (mehrere Tausend Neuronen) 2. die Projektionen dieser Systeme gehen aus dem Hirnstamm hervor 3. jedes Neuron kann viele andere Neuronen beein ussen, da es über sein Axon Kontakte zu über 100.000 Neuronen ausbildet, die weit über das Gehirn verstreut sind 4. bei vielen der Systeme werden über die zugehörigen Synapsen Transmittermoleküle in die extrazelluläre Flüssigkeit freigesetzt, die dann zu vielen anderen Neuronen di undieren können, anstatt ihre Wirkung nur in unmittelbarer Umgebung des synaptischen Spalts zu entfalten Exkurs - Du bist, was du isst Serotonin wird aus Tryptophan synthetisiert eine große Menge Tryptophan wird benötigt, damit die Synthesereaktion bei maximaler Geschwindigkeit abläuft 13 ff ff ff ff ff ff fi fl die Tryptophankonzentration im Gehirn liegt jedoch deutlich unter dem Level, der erforderlich wäre, um eine Sättigung des Enzyms zu erreichen Die Syntheserate wird also teilweise durch die Verfügbarkeit von Tryptophan im Gehirn bestimmt! - je mehr Tryptophan, desto mehr Serotonin. da das im Blut vorhandene Tryptophan von mit der Nahrung aufgenommenen, Proteinen stammt, führt eine proteinreiche Ernährung zu einem starken Anstieg der Tryptophanmenge im Blut eine deftige/proteinreiche Mahlzeit hat jedoch einen Abfall der Tryptophan- (und Serotonin-)Konzentration zur Folge, der einige Stunden andauert! Erklärung: einige Aminosäuren konkurrieren mit Tryptophan um den Transport durch die Blut-Hirn-Schranke - da sie in proteinreicher Nahrung ebenfalls vorhanden sind, unterdrücken sie den Eintritt von Tryptophan ins Gehirn bei kohlenhydratreicher Ernährung verhält es sich genau umgekehrt - das wegen der Kohlenhydrate freigesetzte Insulin vermindert die Menge an Aminosäuren, Tryptophan kann e zient ins Gehirn transportiert werden -> Serotonin-Spiegel steigt ein erhöhter Tryptophan-Spiegel bewirkt besseren Gemütszustand, verminderte Ängstlichkeit und erhöhte Schläfrigkeit (durch erhöhten Serotonin-Spiegel) umgekehrt können ungenügende Tryptophan-Mengen eine Kohlenhydratsucht zur Folge haben - ebenso bewirkt bei Fettsucht der Kohlenhydrat-Entzug Depressionen und Schlafstörungen (hervorgerufen durch zu wenig Tryptophan) die Ernährungsweise spiegelt also den Serotoninbedarf des Gehirns wider Arzneimittel, die den Serotoninlevel erhöhen, können eine Gewichtsreduzierung (und eine Verminderung von Depressionen) bewirken, möglicherweise, indem sie das Verlangen nach Kohlenhydraten reduzieren 1. Der noradrenerge Locus coeruleus Noradrenalin wird auch durch Neuronen des winzigen, im Pons lokalisierten Locus coeruleus („blauer Ort“) benutzt man besitzt jeweils zwei Loci coerulei, einen auf jeder Körperseite, die jeweils ungefähr 12.000 Neuronen enthalten Nils-Åke Hillarp und Bengt Falck konnten als erste noradrenerge Neurone selektiv sichtbar machen (mit der „Formaldehyd-induzierten Fluoreszenz“) Axone verlassen den Locus coeruleus in mehreren Bahnen, fächern sich dann jedoch auf, um nahezu alle Gehirnregionen zu innervieren (wirkt auf sub- und neocorticale Strukturen) Zellen des Locus coeruleus scheinen an der Steuerung von Aufmerksamkeit, Erregung und des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt zu sein sie spielen außerdem eine Rolle bei Lern- und Erinnerungsvorgängen, bei Angst- und Schmerzgefühlen, bei Gemütsverfassungen und beim Gehirnsto wechsel 14 ffi ff Neuronen des Locus coeruleus werden am besten durch neue, unerwartete und nicht schmerzende Sinnesreize im Umfeld aktiviert geringste Aktivität bei Unaufmerksamkeit, wenig Bewegung oder Verdauung er scheint bei interessanten Ereignissen in der Außenwelt an einer generellen Erregung des Gehirns beteiligt zu sein Das noradrenerge System könnte allgemein die Funktion haben, die Ansprechemp ndlichkeit des Gehirns zu erhöhen und die Informationsverarbeitung in spezi schen Systemen zu beschleunigen und diese dadurch e zienter zu machen. 2. Die serotonergen Raphe-Kerne serotoninhaltige Neuronen liegen größtenteils gebündelt in den neun Raphekernen vor a) die mehr caudal, in der Medulla oblongata gelegenen Kerne innervieren das Rückenmark und modulieren schmerzassoziierte Sinnesreize b) die mehr rostral, im Pons und Mittelhirn gelegenen Kerne innervieren di us die meisten Gehirnregionen und gleichen hierin den Neuronen des Locus coeruleus die Zellen der Raphe-Kerne feuern am schnellsten in einem Zustand der Wachsamkeit Locus coeruleus und Raphe-Kerne gehören zum klassischen Konzept des aufsteigenden retikulären Aktivierungssystems Raphe-Neurone scheinen eng mit der Kontrolle des Schlaf-Wach-Rhythmus und verschiedenen Schlafstadien verbunden zu sein sie werden auch mit der Kontrolle von Gemütszuständen und bestimmten emotionalen Verhaltensweisen in Zusammenhang gebracht 3. Die dopaminerge Substantia nigra und die Area tegmentalis ventralis lange wurde angenommen, dass Dopamin nur eine Vorstufe von Noradrenalin ist Forschungen von Arvid Carlsson belegten jedoch seine Rolle als eigenständiger Neurotransmitter im ZNS zwei eng verwandte dopaminerge Zellgruppen weisen typische Merkmale der di usen Modulationssysteme auf: 1. Substantia nigra: senden ihre Axone zum Striatum (Nucleus caudatus und Putamen), wo sie in bestimmter Weise förderlich auf die Aktivierung willkürlicher Bewegungen wirken (Degeneration hier: Parkinson) 2. Area tegmentalis ventralis: Hinweise, dass diese Struktur an einer Art Belohnungssystem beteiligt ist; die vom Mittelhirn ausgehende Projektion wird manchmal auch als mesocorticolimbisches Dopaminsystem bezeichnet 4. Die cholinergen Zellkomplexe des Hirnstamms und basalen Vorderhirns es gibt zwei bedeutende di use cholinerge Modulationssysteme im ZNS, von denen eines im basalen Vorderhirn liegt 15 fi fi ff ffi ff ff hier: mediale Septumkerne, die für die cholinerge Innervation des Hippocampus zuständig sind und: Nucleus basalis, der den größten Teil der cholinergen Innervation des Neocortex übernimmt die Zellen im basalen Vorderhirn gehören zu den ersten, die bei Alzheimer absterben es hat o enbar auch eine besondere Funktion bei Lern- und Erinnerungsprozessen zweites System: pontomesencephalotegmentaler Komplex (im Pons und im Tegmentum des Mittelhirns) wirkt vor allem auf den Thalamus ein, wo es gemeinsam mit den noradrenergen und serotonergen Systemen die Erregbarkeit der sensorischen Relaiskerne steuert Zellen projizieren aber auch hinauf zum Großhirn und bilden somit eine cholinerge Verbindung zwischen Stammhirn und den basalen Vorderhirnkomplexen Pharmakologische Beein ussung modulatorischer Systeme psychoaktive Drogen wirken meist auf das ZNS ein, indem sie die chemischen Übertragungsvorgänge an den Synapsen beeinträchtigen viele beein ussen direkt die Modulationssysteme Halluzinogene die chemische Struktur von LSD (auch die von Psilocybin und Meskalin) ist der von Serotonin sehr ähnlich LSD wirkt als potenter Agonist an präsynaptischen Serotoninrezeptoren der Neuronen in den Raphekernen die Aktivierung dieser Rezeptoren führt zu einer deutlichen Minderung der Feuerrate der Rapheneuronen ein Aspekt der LSD-Wirkung auf das ZNS ist daher die Reduktion der Aktivität des serotonergen Modulationssystems LSD erzeugt jedoch nicht Halluzinationen, indem es die serotonergen Systeme außer Kraft setzt - denn: eine Zerstörung der Raphekerne imitiert nicht den E ekt von LSD außerdem zeigen Versuchstiere dann dennoch eine normale Reaktion auf LSD Stimulanzien Kokain und Amphetamin wirken über dopaminerge und noradrenerge Systeme sie bewirken u.a. gesteigerte Wachheit und Selbstwertgefühl und sind sympathomimetisch (Erhöhung von Herzfrequenz und Blutdruck usw.) Kokain wurde anfangs als Arzneimittel verschrieben, Amphetamine fanden im 2. Weltkrieg erstmals Anwendung Dopamin und Noradrenalin werden aufgrund ihrer chemischen Struktur als Katecholamine bezeichnet - ihre Wirkung wird durch Wiederaufnahme beendet Kokain und Amphetamin hemmen diese Wiederaufnahme 16 ff fl fl ff neuere Untersuchungen zeigen aber, dass Kokain vor allem die Dopamin- Wiederaufnahme hemmt, während Amphetamin beide hemmt und zusätzlich die Dopamin-Freisetzung stimuliert Nachweis: wenn man durch Verwendung von Syntheseinhibitoren (wie etwa α-Methyltyrosin), eine Verringerung der Catecholaminmengen herbeiführt, kommt es zur Aufhebung der durch Kokain/Amphetamin verursachten E ekte Wirkung von Stimulanzien auf katecholaminhaltige Axonterminalen: Sucht/Abhängigkeit leitet sich u.a. spezi sch von der durch den Drogenkonsum erhöhten Übertragungsrate innerhalb des mesocorticolimbischen Dopaminsystems ab Abschließende Bemerkungen: di use modulatorische Systeme kommunizieren mit Neuronen in vielen Gehirnregionen sie zeichnen sich durch die lange Dauer ihrer E ekte aus, die von Minuten bis Stunden reichen kann kennzeichnend sind auch ihre jeweiligen Neurotransmitter - in vielen Fällen de niert der Transmitter das System alle in diesem Kapitel diskutierten Systeme sind an der Homöostase des Gehirns beteiligt -> Regulation verschiedener physiologischer Prozesse sie setzen Hormone in den Blutstrom frei; Botensto e wirken systemisch und weit verzweigt (non-spezi sch, verlängerte E ekte) Disruption hat globale Konsequenzen -> tonisch, generalisiert Alle können auch das Erregungsniveau erhöhen. neuroendokrine Systeme verwenden Hormone und wirken eher auf den Körper modulatorische Systeme verwenden Neurotransmitter und wirken eher aufs Gehirn 17 ff fi fi ff ff ff ff fi beide operieren weitgehend autonom Zusätzliche Bemerkungen: eine Verabreichung von Oxytocin führte in einer Studie dazu, dass Versuchspersonen anderen mehr vertrauen Imaging-Studie: dies funktioniert evtl., indem die Amygdala herunterreguliert wird und so Furchtreaktionen abgemildert werden spätere Studien: Oxytocin macht nicht prosozialer, sondern kann auch negative E ekte haben - z.B. Neid und Schadenfreude steigern es bewirkt nicht per se, dass wir andere positiver bewerten, sondern erhöht die Salienz (Bedeutsamkeit/Hervorstechen) von sozialen Signalen neue Studien: weder positiver, noch negativer Zusammenhang möglicherweise schon prosoziale E ekte, aber Mechanismus komplexer als gedacht ______________________________ Außerdem: Sympathikus und Parasympathikus ergänzen sich gegenseitig, keine Konkurrenz, ohne deren Funktionen sind wir nicht überlebensfähig Sympathikus z.B. -> E ektoren, Erweiterung der Pupillen 18 ff ff ff 2. Motivation Motivation als „Triebkraft“ für Verhalten, garantiert aber nicht dessen Auftreten Hypothalamus, Homöostase und motiviertes Verhalten: die hypothalamische Regulation der Homöostase beginnt mit der sensorischen Transduktion - ein bestimmter Parameter (z.B. Temperatur) wird von Neuronen gemessen Abweichungen vom optimalen Bereich werden von Neuronen registriert, die sich in der periventrikulären Zone des Hypothalamus konzentrieren diese Neuronen generieren dann eine integrierte Antwort, um den Parameter zurück auf seinen Optimalwert zu bringen - sie besteht aus drei Komponenten: 1. humorale Antwort: hypothalamische Neuronen reagieren auf sensorische Signale, in- dem sie die Freisetzung von Hypophysenhormonen in den Blutstrom fördern oder hemmen 2. viszeromotorische Antwort: die Neuronen reagieren, indem sie das Gleichgewicht zwischen den sympathischen und den parasympathischen Ausgangssignalen des vegetativen Nervensystems entsprechend anpassen 3. somatomotorische Antwort: die Neuronen (vor allem im lateralen Hypothalamus) reagieren, indem sie eine geeignete somatomotorische Verhaltensreaktion einleiten motivierte Verhaltensweisen (z.B. trinken, einen warmen Platz aufsuchen) werden durch Aktivität im lateralen Hypothalamus ausgelöst Langzeitregulierung der Nahrungsaufnahme Energiegleichgewicht: wenn man sich nach einer Mahlzeit in der digestiven Phase be ndet, wird überschüssige Energie in Form von Glykogen oder Triglyceriden gespeichert zwischen den Mahlzeiten (interdigestive Phase), werden Glykogen und Triglyceride zu kleineren Molekülen abgebaut (katabolisiert), die den Zellen des Körpers als Brennsto dienen 19 fi f Hormonelle und hypothalamische Regulierung von Körperfett und Nahrungsaufnahme Körperfett und Nahrungsaufnahme: das Körpergewicht ist normalerweise sehr stabil so wird das während einer Hungerperiode verlorene Gewicht rasch zurückgewonnen, wenn wieder genügend Nahrung verfügbar ist umgekehrt gilt: wird ein Tier gemästet, nimmt es zu - sobald es seine Nahrungsaufnahme aber wieder selbst regulieren kann, geht das Gewicht zurück Dies ist ein Mechanismus zum Erhalt der Energiehomöostase. lipostatische Hypothese = das Gehirn überwacht die Menge an Körperfett und „verteidigt“ diesen Energiespeicher gegen Störungen (Gordon Kennedy, 1953) Ursache ist ein hormonelles Signal, das per Blutstrom transportiert wird Coleman wies nach, dass einem Stamm übergewichtiger Mäuse beide Kopien des Gens ob fehlten („ob/ob-Mäuse“) Annahme: Dieses Gen codiert das Hormon, welches dem Gehirn mitteilt, die Fettreserven seien normal groß - bei Fehlen des Gens kommt das Gehirn zu der falschen Annahme, die Reserven seien erschöpft - Folge: abnormal starke Motivation, zu fressen (bei den ob/ob-Mäusen) wenn eine übergewichtige ob/ob-Maus operativ mit einer normalen Maus vereinigt wird (Parabiose), sodass via Blutkreislauf übermittelte Signale zwischen beiden Tieren ausgetauscht werden, geht das Übergewicht der ob/ob-Maus stark zurück 20 Friedman gelang es schließlich, das verantwortliche Protein Leptin zu synthetisieren eine Behandlung mit Leptin kurierte die ob/ob-Mäuse vollständig von dem Übergewicht und der Essstörung Das Hormon Leptin wird von Fettzellen ausgeschüttet. Es reguliert die Körpermasse, indem es direkt auf die Neuronen im Hypothalamus wirkt, die den Appetit verringern und den Energieumsatz erhöhen. umgekehrt wichtig für das Überleben: ein niedriger Leptin-Spiegel bekämpft Untergewicht - er stimuliert u.a. Hunger und Nahrungsaufnahme Exkurs - das hungernde Gehirn der Dicken Menschen, denen Leptin fehlt, haben ständig Heißhunger, einen langsamen Sto - wechsel und sind krankhaft übergewichtig (Gewicht ähnlich vererbbar wie Größe) eine Leptinersatztherapie kann ihnen helfen - mit Ausnahme weniger Menschen, denen das Hormon von Geburt an fehlt, reagierten viele Übergewichtige überraschenderweise aber nicht darauf sie haben vielmehr einen abnorm hohen Leptinspiegel - ihre Probleme resultieren aus einer verringerten Emp ndlichkeit ihrer Hirnneuronen für das Leptin im Blut mögliche Ursachen: a) Leptin kann die Blut-Hirn-Schranke nicht gut passieren b) die Expression der Leptinrezeptoren in den Neuronen des periventrikulären Hypothalamus ist verringert c) die ZNS-Reaktionen auf Veränderungen der Hypothalamusaktivität sind gestört Hypothalamus und Nahrungsaufnahme: bilaterale Läsionen des lateralen Hypothalamus führen zu Magersucht (Anorexie) laterale Läsionen des ventromedialen Hypothalamus führen zu Fettsucht Anorexie, die durch eine Schädigung des lateralen Hypothalamus ausgelöst wird, bezeichnet man als laterales hypothalamisches Syndrom Übergewicht und Fettsucht durch Läsionen im ventromedialen Hypothalamus hingegen als ventromediales hypothalamisches Syndrom lange nahm man an, der laterale Hypothalamus sei ein „Hungerzentrum“ und damit der Gegenspieler des „Sättigungszentrums“ im ventromedialen Hypothalamus dieses „Zwei-Zentren-Modell“ hat sich jedoch als zu einfach erwiesen - Leptin scheint stattdessen eine große Rolle zu spielen Auswirkungen eines hohen Leptinspiegels: drei für die Kontrolle der Nahrungsaufnahme wichtige Kerne: 1. Nucleus arcuatus 2. Nucleus paraventricularis 21 fi ff 3. Area hypothalamica lateralis zirkulierende Leptinmoleküle, die von Fettzellen in den Blutstrom entlassen wurden, aktivieren Leptinrezeptoren von Neuronen im Nucleus arcuatus des Hypothalamus, der in der Nähe der Basis des dritten Ventrikels liegt diese Neuronen, die von einem Anstieg des Leptinspiegels im Blut aktiviert werden, sind durch das Vorhandensein bestimmter Peptidneurotransmitter gekennzeichnet die meisten enthalten o enbar sowohl αMSH als auch CART, deren Konzentrationen verändern sich proportional zur Leptinkonzentration im Blut αMSH = α-Melanocyten-stimulierendes Hormon CART = cocaine- and amphetamine-regulated transcript a) humorale Antwort: erhöhte Ausschüttung von TSH und ACTH; Anregung des Sto wechsels b) viszeromotorische Antwort: erhöhter Tonus des Sympathikus, Anregung des Sto wechsels und Erhöhung der Körpertemperatur c) somatomotorische Antwort: Senkung der Nahrungsaufnahme; αMSH- und CART- Neuronen im Nucleus arcuatus senden ihre Axone direkt in die Regionen des Nervensystems, die diese koordinierten Antworten steuern 22 ff ff ff die humorale Antwort wird durch die Aktivierung von αMSH/CART-Neuronen im Nucleus paraventricularis ausgelöst, der die Ausschüttung von TSH und ACTH aus dem Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse) bewirkt es gibt aber auch eine direkte Bahn für die Kontrolle der sympathischen Antwort durch den Nucleus arcuatus: die αMSH- und CART-Neuronen senden selbst Axone zur intermediolateralen grauen Substanz des Rückenmarks schließlich wird die Nahrungsaufnahme über Verbindungen von Neuronen des Nucleus arcuatus mit Zellen im lateralen Hypothalamus gehemmt die Injektion von αMSH oder CART in das Gehirn ahmt die Antwort auf einen erhöhten Leptinspiegel nach daher werden beide als anorexigene Peptide bezeichnet - sie senken den Appetit die Injektion von Substanzen, die die Wirkung dieser Peptide blockieren, erhöht dagegen die Nahrungsaufnahme Diese Befunde sprechen dafür, dass αMSH und CART normalerweise an der Regulation des Energiegleichgewichts beteiligt sind, und zwar unter anderem dadurch, dass sie als gehirneigene Appetitzügler wirken. Auswirkungen eines niedrigen Leptinspiegels: ein Absinken des Leptinspiegels im Blut wird von Neuronen im Nucleus arcuatus registriert, die die Peptide NPY und AgRP enthalten diese Neuronen hemmen die Neuronen in den paraventrikulären Kernen, die die Freisetzung von TSH und ACTH kontrollieren zusätzlich aktivieren sie Neuronen im lateralen Hypothalamus, die die Nahrungsaufnahme anregen einige der aktivierten Neuronen im lateralen Hypothalamus enthalten das Peptid MCH (Melanin-konzentrierendes Hormon) Zusammenfassung: der Nucleus arcuatus registriert Veränderungen des Leptin- Spiegels im Blut ein Anstieg des Leptinspiegels erhöht die Aktivität in den αMSH/CART-Neuronen, während ein Abfall des Leptinspiegels die Aktivität der NPY/AgRP-Neuronen erhöht diese beiden Neuronenpopulationen im Nucleus arcuatus steuern die humoralen, viszeromotorischen und somatomotorischen Reaktionen auf eine Zunahme bzw. Abnahme der Adipositas AgRP und αMSH sind Antagonisten beide binden an den MC4-Rezeptor an postsynaptischen Neuronen im Hypothalamus während αMSH der Agonist des Rezeptors ist, ist AgRP ein natürlicher Antagonist, der die Stimulation durch αMSH blockiert heißt: αMSH aktiviert den MC4-Rezeptor, AgRP blockiert die Wirkung von αMSH auf diesen Rezeptor! eine Aktivierung der MC4-Rezeptoren im lateralen Hypothalamus hemmt die Nahrungsaufnahme; eine Blockierung der Rezeptoren fördert sie 23 NPY und AgRP hemmen TSH und ACTH, aktivieren den parasympathischen Teil des vegetativen Nervensystems und regen die Nahrungsaufnahme an. Sie werden als orexigene Peptide bezeichnet. Kontrolle durch die Area hypothalamica lateralis: Läsionen hier führen zum Einstellen von Fressverhalten, Reizungen dagegen lösen selbst bei satten Tieren Fressverhalten aus (gilt für alle Säuger inklusive Mensch) Problem: nicht nur die Neuronen dort werden dadurch beein usst, sondern auch axonale Bahnen, die durch den Hypothalamus ziehen 1. Neuronengruppe - MCH MCH kommt hier ebenfalls vor dessen System liegt strategisch günstig, um den Cortex über den Leptinspiegel im Blut zu informieren, und könnte daher wesentlich dazu beitragen, die Suche nach Nahrung zu motivieren denn: eine MCH-Injektion fördert die Nahrungsaufnahme 2. Neuronengruppe - Orexin (Hypocretin) Neurone enthalten direkten Input vom Nucleus arcuatus Orexin ist ebenfalls ein orexigenes Peptid, fördert also die Nahrungsaufnahme die Spiegel von MCH wie auch Orexin im Gehirn steigen, wenn der Leptinspiegel im Blut sinkt dabei sind beide nicht redundant, sondern erfüllen komplementäre Funktionen - Orexin fördert den Beginn der Nahrungsaufnahme, während MCH diese verlängert! darüber hinaus spielt Orexin eine wichtige Rolle bei der Regulation des Wachzustands und ist ein Bindeglied zwischen Schla osigkeit und Adipositas Zusammenfassung: a) ein Anstieg des Leptinspiegels führt zu einem Anstieg von αMSH und CART in den Neuronen des Nucleus arcuatus; diese anorexigenen Peptide wirken auf das Gehirn teilweise durch Aktivierung des MC4-Rezeptors, hemmen die Nahrungsaufnahme und steigern die Sto wechselaktivität b) ein Absinken des Leptinspiegels führt zu einem Anstieg von NPY und AgRP im Nucleus arcuatus und von MCH und Orexin in der Area hypothalamica lateralis; diese orexigenen Peptide regen die Nahrungsaufnahme an und senken die Sto wechselaktivität Kurzzeitregulierung der Nahrungsaufnahme der Esstrieb schwankt mit Ansteigen/Abfallen des Leptinspiegels er wird durch orexigene Signale gefördert (als Antwort auf eine Fastenperiode) und durch Sättigungssignale gehemmt (in der digestiven Phase, z.B. beim Essen) 24 ff ff fl fl unten: wenn die Sättigungssignale stark sind, wird die Nahrungsaufnahme gehemmt fallen sie auf null ab, verschwindet diese Hemmung, und es kommt zur Nahrungsaufnahme Appetit, Essen, Verdauung und Sättigung 1. Cephale Phase („Kopfphase“): Anblick und Geruch von Essen lösen eine reihe physiologischer Prozesse aus; parasympathischer und enterischer Teil des VNS werden aktiviert 2. Gastrische Phase („Magenphase“): Reaktionen werden bei Kauen, Schlucken und Füllen des Magens deutlich stärker 3. Intestinale Phase („Darmphase“): bei Füllen des Magens und Weiterwandern in den Darm werden Nährsto e resorbiert und gelangen ins Blut Ghrelin (Hungerhormon): Ghrelin wurde ursprünglich als Faktor isoliert, der die Ausschüttung eines Wachstumshormons (STH) fördert rasch erkannte man aber, dass es im Magen in hoher Konzentration vorliegt und ins Blut freigesetzt wird, wenn der Magen leer ist intravenös gegeben regt es den Appetit stark an und fördert die Nahrungsaufnahme, indem es die NPY- und AgRP-haltigen Neuronen im Nucleus arcuatus aktiviert Magendehnung: viele Axone der Magenwände verlaufen zum Vagusnerv im Gehirn sensorische Axone des Vagusnervs aktivieren Neuronen im Nucleus tractus solitarii in der Medulla diese Signale hemmen die Nahrungsaufnahme Cholecystokinin (CKK): CKK wird von endokrinen Zellen der Dünndarmschleimhaut gebildet sowie von einigen Neuronen des enterischen Nervensystems es wird als Antwort auf die Stimulation des Verdauungstrakts durch verschiedene, vor allem fettreiche Nahrungsmittel ausgeschüttet 25 ff dabei wirkt es ebenfalls über den Vagusnerv synergistisch mit der Magendehnung zusammen und hemmt die Nahrungsaufnahme in bestimmten Orten ist es auch im ZNS nachweisbar Insulin: Insulin wird von den β-Zellen der Pankreas freigesetzt der Transport von Glucose in andere Körperzellen erfordert Insulin! es ist somit von enormer Wichtigkeit sowohl für den anabolen, als auch für den katabolen Sto wechsel der Glucosespiegel im Blut wird daher vom Insulinspiegel streng reguliert - der Glucosespiegel ist erhöht, wenn der Insulinspiegel niedrig ist, und fällt, wenn dieser steigt a) cephale Phase: bei Erwartung von Nahrung wird vermehrt Insulin ausgeschüttet; der Glucosespiegel sinkt leicht ab - dies verstärkt den Appetit b) gastrische Phase: die Insulinausschüttung wird durch gastrointestinale Hormone wie CCK weiter angeregt c) intestinale Phase: der Glucosespiegel steigt an, die Insulinausschüttung erreicht ihr Maximum und beide erzeugen so ein Sättigungssignal andere Sättigungssignale wirken hauptsächlich über den Vagusnerv - Insulin hingegen wirkt im Blut direkt auf Nucleus arcuatus und die Kerne im ventromedialen Hypothalamus Exkurs - Marihuana und Heißhunger der Wirksto Δ-9-Tetrahydrocannabinol (THC) in Marihuana stimuliert den Cannabinol-Rezeptor 1 (CB1) -> in vielen Regionen, die für Nahrungsaufnahme verantwortlich sind -> auch Hypothalamus die Aktivierung von CB1-Rezeptoren regt o enbar den Appetit an, indem die Geruchswahrnehmung verstärkt wird ein endgültiger Nachweis steht aber noch aus! Warum essen wir? a) hedonistischer Aspekt: weil wir Nahrung mögen b) Triebabbau: Verlangen nach Nahrung Studien an Menschen und Tieren sprechen dafür, dass „Mögen“ und „Verlangen“ von getrennten Schaltkreisen im Gehirn vermittelt werden Verstärkung und Belohnung: Olds und Milner: Ratten konnten durch Drücken eines Hebels eine elektrische Selbststimulation in ihrem Gehirn herbeiführen 26 ff ff ff diese wurde manchmal bis zur Erschöpfung so exzessiv wiederholt, dass Essen und Trinken vergessen wurden die Selbststimulation stellte also eine Belohnung dar, der das Verhalten verstärkte die e zientesten Orte für eine solche Stimulation liegen längs der Bahnen von dopaminergen Axonen, die von der ventralen tegmentalen Area (VTA) durch den lateralen Hypothalamus in mehrere Regionen des Vorderhirns ziehen Pharmaka, die Dopaminrezeptoren blockieren, reduzieren auch die Selbststimulation - dies spricht für eine Dopaminausschüttung als Motivator naheliegend ist ein Mechanismus, durch den natürliche Belohnungen (Nahrung, Wasser, Sex) bestimmte Verhaltensweisen verstärken (aber auch z.B. Amphetamin) Exkurs - Selbststimulation des menschlichen Gehirns Patient 1 litt an Narkolepsie - eine Selbststimulation der Septumkerne führte zu einem angenehmen, Wachheitsgefühl, was laut ihm in Richtung eines Orgasmus ging der Versuch einer Wiederholung blieb jedoch erfolglos und mündete in Frustration Patient 2 litt an epileptischen Anfällen - auch er berichtete bei einer septalen Stimulation über sexuelle Emp ndungen; stimulierte aber am häu gsten den medialen Thalamus, obwohl die Reizung dort eher irritierend empfunden wurde laut ihm hatte er dabei das Gefühl, sich an etwas zu erinnern dies zeigt, dass Selbststimulation nicht immer mit Lustemp nden einhergeht oft ist die Erwartung einer Belohnung mit der Stimulation assoziiert, doch die Erfahrung selbst ist nicht immer angenehm Dopamin und Motivation: Motiviertes Verhalten ist darauf angelegt, die Ausschüttung von Dopamin im Frontallappen zu steigern. lange nahm man an, dass Dopamin hedonistische Gefühle vermittelt aber: eine Zerstörung dopaminerger Neurone schwächt die hedonistische Antwort auf Nahrung nicht vielmehr mögen Tiere die Nahrung immer noch, zeigen aber kein Verlangen mehr danach - Dopamin bestimmt also die Motivation die Aktivität dopaminerger Neuronen signalisiert Fehler bei der Belohnungserwartung - Neurone feuern bei unerwarteten Belohnungen, nicht aber bei erwartbaren (Ventral Tegmental Area, VTA) „besser als erwartet“ = Aktivierung; „schlechter als erwartet“ = Hemmung; „wie erwartet“ = keine Aktivität Verhaltensweisen, die zu erwarteten/besser als erwarteten Ergebnissen führen, werden wiederholt, solche mit Ergebnissen, die schlechter sind als erwartet, hingegen nicht Dopamin spielt auch bei Lernmechanismen für Nahrung/Drogen eine große Rolle 27 ffi fi fi fi Exkurs - Dopamin und Sucht Tiere werden dann zu einem Verhalten motiviert, wenn dies die Freisetzung von Dopamin im Nucleus accumbens (liking und wanting-Hotspots) und verwandten Strukturen fördert Verhaltensweisen, die mit der Einnahme von Drogen einhergehen, die eine Dopaminfreisetzung fördern, werden deutlich verstärkt eine chronische Überaktivierung dieser Bahnen führt jedoch zu einer homöostatischen Reaktion: das Dopamin-„Belohnungssystem“ wird heruntergeregelt dies bewirkt eine Drogentoleranz - immer höhere Dosen sind für den selben E ekt notwendig Nachweis: ein Drogenentzug geht mit deutlichem Abfall in der Dopamin-Freisetzung und Aktivität des Nucleus accumbens einher Serotonin, Nahrung und Stimmung: Der Serotonin-Spiegel ist in der interdigestiven Phase niedrig, steigt in Erwartung von Nahrung an und erreicht während der Mahlzeit, vor allem als Antwort auf Kohlenhydrate, ein Maximum. Serotonin wird aus Tryptophan synthetisiert, der Tryptophanspiegel im Blut schwankt wiederum mit der Menge der Kohlenhydrate in der Nahrung der Anstieg von Tryptophan im Blut und von Serotonin im Gehirn ist somit eine wahrscheinliche Erklärung für den stimmungshebenden E ekt von Schokolade! dieser E ekt ist besonders während Stressperioden au ällig Andere motivierte Verhaltensweisen physiologische Signale im Blut werden ebenfalls in spezialisierten Regionen des Hypothalamus analysiert humorale und viszeromotorische Antworten werden durch eine Aktivierung des periventrikulären und medialen Hypothalamus eingeleitet Verhaltensreaktionen werden vom lateralen Hypothalamus gesteuert 28 ff ff ff ff Exkurs - Neuroökonomie Wurzeln der Ökonomie: Adam Smith („Der Wohlstand der Nationen“) oft „düstere“ Prognosen Hauptziel der Neuroökonomie: Werkzeuge und Erkenntnisse von Ökonomie, Neurowissenschaften und Psychologie zu kombinieren, um herauszu nden, wie Menschen wirtschaftliche Entscheidungen tre en Zusätzliche Anmerkungen (Vorlesung): „Zero“-Getränke (Zuckerersatzsto e) werden vom Körper als „süß“ klassi ziert als Folge wird im Sinne einer konditionierten Antwort Insulin ausgeschüttet (homöostatische Reaktion) -> dieses versucht die Glucose in die Leber einzuspeichern, ndet aber keine -> fälschlicherweise Signal: zu wenig Glucose Folge: Hungergefühl Studie 1: soziale homöostatische Regulation folgt ähnlichen Prinzipien wie physiologische homöostatische Regulation bei Belohnungsvorhersagefehler -> Anpassung von Erwartung und Verhalten -> Konsolidierung; mehr lernen bei großem Belohnungsvorhersagefehler Studie 2: Belohnung steuert nicht nur primäre Reize, sondern auch soziale Interaktionen (prosozial/altruistisch) altruistische Bestrafungen: anderer Person durch Ablehnung einer unfairen Aufteilung ein Signal schicken, dass sie beim nächsten Mal fairer handeln sollte (und bestraft sich selbst) dorsales Striatum ist hier involviert, je öfter so eine Bestrafung, desto eher ist die Struktur aktiviert -> auch altruistisches Verhalten kann belohnend sein Schluss: unser Belohnungssystem kann auch in komplexe soziale Belohnungsprozesse involviert sein, vor allem N. Accumbens und dorsales Striatum Studie 3: wir sind tendenziell eher egoistisch als altruistisch Studie 4: Schmerzreize entweder bei sich oder einer anderen Person verabreicht/nicht verabreicht -> Probanden waren prosozialer motiviert (eher die der anderen verhindern) ob wir eher selbstbezogen/altruistisch sind, hängt von den incentives/Belohnungen ab, um die wir spielen (positive erreichen, negative vermeiden) beim Verhindern von negativen Gefühlen eher prosoziales Motiv, bei Geld (positives Gefühl erreichen) eher selbstbezogenes Motiv 29 fi ff ff fi fi 3. Sexualität Das Geschlecht umfasst den biologischen Status und kulturelle Verhaltensweisen Geschlechtsidentität = Wahrnehmung des eigenen Geschlechts Genetische Grundlagen des Geschlechts: die menschliche DNA ist auf 46 Chromosomen verteilt, 23 vom Vater und 23 von der Mutter 22 Paare sind exakt gleich verteilt (44 Autosome), eine Ausnahme bilden die Geschlechtschromosome X und Y (2 Geschlechtschromosome) Frauen: zwei X-Chromosome (XX), Männer: ein X- und ein Y-Chromosom (XY) dieses genetische Geschlecht wird durch den Beitrag eines X- oder Y-Chromosoms vom Vater bestimmt (anders z.B. bei Vögeln) das X-Chromosom ist deutlich größer als das Y-Chromosom und umfasst ca. 800 Gene (vs. 50) bei Frauen wirkt sich ein defektes Gen auf dem X-Chromosom meist nicht schlimm aus - bei Männern aber können Entwicklungsstörungen die Folge sein man spricht dann von X-Chromosom-gebundenen Krankheiten/X-chromosomal vererbten Krankheiten - z.B. Rot-Grün-Schwäche, Hämophilie oder Muskeldystrophie vom Typ Duchenne das Y-Chromosom erfüllt weniger Funktionen - es enthält jedoch das SRY-Gen, die geschlechtsbestimmende Region (auf dem kurzen Arm des Y-Chromosoms) dieses codiert ein Protein mit Namen TDF (testis-determining factor) ein Mensch mit einem Y-Chromosom und dem SRY-Gen entwickelt sich männlich, ohne das Chromosom und Gen entwickelt er sich weiblich (weil: kein SRY-Gen!) SRY ist jedoch nicht als einziges Chromosom an der Geschlechtsbestimmung beteiligt, denn es reguliert nachweislich Gene auf anderen Chromosomen auch die männchenspezi sche Physiologie, z.B. Produktion von Spermien, beruht auf anderen Genen auf dem Y-Chromosom (dennoch: SRY-Gen: Hodenentwicklung) Geschlechtliche Entwicklung und Di erenzierung: die Zellen, die sich zu den Gonaden entwickeln, sind nicht auf einen einzelnen Entwicklungsweg beschränkt während der ersten 6 Schwangerschaftswochen be nden sie sich in einem undi erenzierten Zustand und können sowohl Hoden als auch Eierstöcke werden 30 ff fi ff fi diese noch nicht festgelegten Keimdrüsen weisen zwei entscheidende Strukturen auf: den Müller’schen Gang und den Wol ’schen Gang besitzt der Fetus ein Y-Chromosom und SRY-Gen, wird in den Leydigzellen der männlichen Gonaden Testosteron produziert - aus dem Wol ’schen Gang entwickeln sich durch Testosteron die männlichen inneren Geschlechtsorgane gleichzeitig wird durch das Anti-Müller-Hormon (AMH oder MIS) verhindert, dass sich der Müller’sche Gang ausdi erenziert wenn andererseits kein Y-Chromosom vorhanden und kein Testosteronanstieg zu verzeichnen ist, entwickelt sich der Müller’sche Gang zu den weiblichen inneren Geschlechtsorganen, und der Wol ’sche Gang degeneriert beide Genitalien entwickeln sich aus denselben undi erenzierten Urogenitalstrukturen - daher können auch Formen zwischen beiden möglich sein („Hermaphroditismus“) Hormonelle Kontrolle des Geschlechts wichtige endokrine Drüsen, die die Hormone freisetzen, sind hier Eierstöcke (Ovarien), Hoden (Testes) sowie die Hypophyse, die die Ausschüttung reguliert bei den Sexualhormonen handelt es sich um Steroidhormone Kurzzusammenfassung: Die Gonaden produzieren Steroidhormone. Sie werden hormonell durch LH und FSH kontrolliert. Diese Sekretion wird wiederum durch das GnRH, was vom Hypothalamus ausgeschüttet wird, kontrolliert. 31 ff ff ff ff ff Die wichtigsten männlichen und weiblichen Hormone: die Di erenzierung in „männlich“ und „weiblich“ spiegelt eher höhere Konzentrationen des jeweiligen Hormons wider - beide weisen auch Hormone des anderen Geschlechts auf bei Männern sind dies Androgene - z.B. Testosteron bei Frauen sind dies Östrogene (z.B. Östradiol) und Gestagene (z.B. Progesteron) Östradiol wird durch das Enzym Aromatase direkt aus Testosteron synthetisiert Steroidhormone sind Lipide, deshalb können sie Zellmembranen leicht passieren und an Rezeptoren im Cytoplasma binden die Ligand-Rezeptor-Komplexe im Cytosol haben dann direkten Zugang zum Zellkern und zur Genexpression Androgene werden am meisten von den Hoden freigesetzt, geringer von den Nebennieren Testosteron kommt dabei am häu gsten vor - es ist verantwortlich für die Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane, aber auch sekundärer Geschlechtsmerkmale bei entsprechender Prädisposition kann es aber auch für eine Glatzenentwicklung verantwortlich sein Frauen haben nur ca. 10% des Testosteronspiegels von Männern dieser schwankt bei Männern im Laufe des Tages - ein Anstieg ist durch soziale Probleme, Wut und Kon ikte gekennzeichnet (aber unklar: Ursache oder Wirkung?) Östradiol und Progesteron werden beide von den Eierstöcken abgegeben die Östradiolkonzentration ist anfangs recht niedrig, steigt aber in der Pubertät und ist verantwortlich für Brustentwicklung und Reifung der weiblichen Geschlechtsorgane der Spiegel schwankt ebenfalls, folgt jedoch einem regelmäßigen Zyklus von 28 Tagen und variiert damit weitaus weniger rasch als bei Männern hohe Konzentrationen von Östradiolrezeptoren nden sich in der Hypophyse und im Hypothalamus, u.a. in der Area praeoptica und um den vorderen Hypothalamus Regulation der Sexualhormone durch Hypophyse und Hypothalamus: der Hypophysenvorderlappen schüttet zwei sehr wichtige Hormone aus - das luteinisierende Hormon (LH) und das follikelstimulierende Hormon (FSH) diese Hormone werden als Gonadotropine bzw. gonadotrope Hormone bezeichnet Gonadotropin-releasing-Hormon (GnRH) bzw. Gonadoliberin bewirkt die Freisetzung von LH und FSH aus der Hypophyse neuronale Eingänge von der Retina in den Hypothalamus bewirken aufgrund der täglichen Schwankungen der Lichtmenge eine veränderte Ausschüttung von GnRH Licht hemmt die Produktion des Hormons Melatonin, das die Gonadotropinfreisetzung inhibiert - dadurch werden diese Hormone verstärkt ausgeschüttet 32 ff fl fi fi daher kann die Fortp anzungsaktivität durch die Menge des Tageslichts beein usst werden - Nachkommen werden i.d.R. in der Jahreszeit geboren, in der sie die besten Überlebenschancen haben! beim Menschen ist ein so klarer Zusammenhang nicht nachgewiesen Neuronale Grundlagen des Sexualverhaltens Neurochemie des Fortp anzungsverhaltens: Forschungen dazu wurden v.a. bei Wühlmäusen durchgeführt - Präriewühlmäuse leben eher gesellig und monogam, Gebirgswühlmäuse ungesellig und promiskuitiv man konzentrierte sich dabei vor allem auf die Rolle von Oxytocin und Adiuretin im Vergleich zu Gebirgswühlmäusen weisen Präriewühlmäuse eine hohe Dichte von Adiuretinrezeptoren im ventralen Pallidum auf sowie eine hohe Dichte an Oxytocinrezeptoren im medianen präfrontalen Cortex (mPFC) sowie im Nucleus accumbens wenn sich Präriewühlmäuse paaren, steigen der Adiuretinspiegel (beim Männchen) und der Oxytocinspiegel (beim Weibchen) steil an verabreicht man männlichen Präriewühlmäusen vor der Paarung Adiuretin- Antagonisten, dann verhindert dies, dass sie eine feste Paarbindung ausbilden Oxytocin-Antagonisten zeigen keine solche Wirkung (umgekehrt bei Weibchen) wenn man bei Gebirgswühlmäusen Gene eingeschleust, die eine Überexpression von Adiuretinrezeptoren bewirken, bilden sie entsprechende Rezeptoren zahlreich aus und zeigen ähnliche Aktivität wie die Präriemäuse zudem sind beide Hormone am Brutp egeverhalten beteiligt Adiuretin steigert die väterliche Zuneigung männlicher Präriewühlmäuse, während Oxytocin bei den Weibchen mütterliches Verhalten auslöst dieser E ekt lässt sich jedoch nicht replizieren, wenn man Gebirgsmäusen nur die Hormone verabreicht -> Präriewühlmaus perfekt für die sozialen Neurowissenschaften Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen diese Unterschiede existieren und werden als Geschlechtsdimorphismus bezeichnet Tiere mit ausgeprägtem Dimorphismus sind z.B. Stichlinge (männliches Gehirn sehr viel größer als weibliches - wahrscheinlich wegen erhöhter kognitiver Aufgaben) im menschlichen Gehirn konnten bisher nur wenige geringfügige, relativ subtile Unterschiede unbekannter Funktion nachgewiesen werden diese können stark variieren - so ist ein bestimmter Nucleus zwar bei Frauen durchschnittlich größer, dessen Größe schwankt aber so stark, dass er bei manchen Männern sogar größer ist 33 ff fl fl fl fl Kognitive Geschlechtsunterschiede werden z.T. entwicklungsgeschichtlich erklärt - Männer entwickelten sich als Jäger und waren damit mehr darauf angewiesen, sich in ihrer Umgebung zu orientieren Frauen blieben hingegen eher zu Hause und kümmerten sich um die Kinder, sodass sie mehr soziale und verbale Fähigkeiten entwickelten Frauen schneiden bei sprachlichen Aufgaben besser ab (ab ca. 11 Jahren messbar) sowie bei: Nennung von Gegenständen derselben Farbe, die Au istung von Wörtern mit gleichem Anfangsbuchstaben und das Wortgedächtnis Männer übertre en Frauen am stärksten, wenn es darum geht, Objekte in der Vorstellung zu drehen sowie bei: Lesen von Landkarten, Labyrinthlernen und mathematischen Beweisführungen größtenteils sind die Variationen aber auf individuelle Unterschiede zurückzuführen und nicht geschlechtsspezi sch (Unterschiede sind relativ) und: a) nicht alle Studien erbringen die gleichen Ergebnisse b) in großen Bevölkerungsgruppen beiden Geschlechts gibt es große Leistungsunterschiede (mehr Variation innerhalb des Geschlechts als dazwischen) c) unklar, ob Leistungsunterschiede angeboren oder das Ergebnis unterschiedlicher Ein üsse sind (nature vs. nurture) auch unterschiedliche hormonelle Ein üsse werden immer wieder für die Unterschiede verantwortlich gemacht z.B. dass das Abschneiden bei räumlichen Aufgaben bei Frauen mit dem Menstruationszyklus korreliert (beste Ergebnisse bei niedrigem Östrogenspiegel) oder schlechtes Abschneiden bei Männern mit niedrigem Testosteronspiegel selbsterfüllende Prophezeiungen (durch Überzeugungen) können in Studien ebenfalls für Unterschiede sorgen bisher konnte eine Korrelation aber nicht stichhaltig belegt werden Aktivierende Wirkungen der Sexualhormone Mit mütterlichem und väterlichem Verhalten assoziierte Veränderungen des Gehirns: sexuelle Aktivitäten schwanken im Laufe der Zeit z.B. p anzen sich einige Arten nur zu bestimmten Jahreszeiten fort, Paarungen erfolgen lediglich in einer ganz bestimmten Phase dieser Jahreszeit andere: Weibchen kümmern sich nur begrenzte Zeit um die Jungen, geschlechtsdimorphe Veränderungen im Gehirn treten nur vorübergehend oder zyklisch auf (zusammen mit dem Sexualverhalten) 34 fl fl ff fi fl fl Auswirkungen von Östrogenen auf die Funktion der Neuronen, das Gedächtnis und Krankheiten: Östrogene haben tief greifende aktivierende Auswirkungen auf die Struktur und Funktion von Neuronen: a) nach experimenteller Östradiolzufuhr verändert sich innerhalb von Minuten die spezi sche Erregbarkeit der Neuronen in vielen Bereichen des Gehirns b) Östradiol moduliert den Strom von Kaliumionen; auf diese Weise kommt es zur Depolarisation einiger Neuronen, und diese feuern mehr Aktionspotenziale Beispiel: ohne zusätzliches Östrogen wächst aus Hypothalamus-Gewebe eine relativ kleine Zahl von Neuriten aus nach Behandlung mit Östrogen kommt es zu einem übermäßigen Wachstum die Behandlung mit Östradiol bewirkt eine Zunahme der dendritischen Dornfortsätze an den Neuronen des Hippocampus die Blutspiegel von Östradiol und Progesteron schwanken im Laufe des Sexualzyklus in der Phase des Proöstrus erreichen die Konzentrationen beider Hormone ihren Höchstwert der Schwellenwert zum Auslösen eines Krampfes im Hippocampus einer weiblichen Ratte variiert im Laufe des Östrus am geringsten ist er in der Phase des Proöstrus Sexuelle Orientierung: ca. 3-10% der amerikanischen Bevölkerung sind homosexuell weder Androgen- oder Östrogengaben noch die Entnahme der Keimdrüsen wirken sich auf die sexuelle Orientierung aus! - aktivierende Hormone ekte scheint es somit nicht zu geben strukturelle Unterschiede der Gehirne von Homo- und Heterosexuellen sind eher auf organisierende E ekte von Hormonen zurückzuführen Aspekte des menschlichen Sexualverhaltens könnten letztendlich mit einer unterschiedlichen Gehirnorganisation in Zusammenhang stehen aber: es ist Vorsicht geboten - bis ein Konsens erzielt wurde Zusammenfassung: menschliches Verhalten ist nicht charakteristisch männlich oder weiblich einzig Fortp anzung erfordert geschlechtsspezi sche Verhaltensweisen (inkl. Sexualhormone etc.) Zusätzliche Bemerkungen (Vorlesung): Cortex -> Potential, sich in Eierstöcke zu entwickeln 35 fi fl ff fi ff Medulla -> Potential, sich in die Hoden zu entwickeln Studie 1: sozialer Ausschluss führt dazu, dass bei Männern und Frauen Sexualhormone unterschiedlich stark produziert werden bei Männern hat er so gut wie keinen E ekt auf den Testosteron-Spiegel, sozialer Einschluss führt hier allerdings zu einer Steigerung bei Frauen wird bei Ausschluss Progesteron verstärkt ausgeschüttet Zusammenfassung: Sozialer Ausschluss führt bei Männern und Frauen zu unterschiedlichen Hormonantworten -> Testosteron eher bei Inklusion, Progesteron eher bei Exklusion - aber: korrelative Studie! Studie 2: Verhandlungsverhalten - Gabe von Testosteron vs. Placebo (verblindet) eine Testosteron-Gabe führte zu besseren (höheren) Angeboten der Teilnehmer an andere als ein Placebo fragt man die Teilnehmer aber, gaben Leute, die in der Testosteron-Gruppe glaubten zu waren an, geringere Angebote gemacht zu haben (höhere bei Leuten, die glaubten, ein Placebo bekommen zu haben) Die Überzeugung, eine bestimmte Substanz mit negativer Publicity bekommen zu haben, rechtfertigt also in der Eigenwahrnehmung, geringere Angebote zu machen. Die biologische Hormonwirkung entspricht nicht der psychologischen Wirkung! -> Interaktion zwischen biologischen und psychologischen Faktoren Aromatization hypothesis: aromatisiertes Östradiol (heißt: Testosteron wird unter Ein uss von Aromatase zu Östradiol) maskulinisiert das Gehirn Evidenz: frühe Östradiol-Injektionen maskulinisieren das Gehirn und: Testosteron + Aromatisations-Blocker = keine Maskulinisierung Weibliche Gehirne werden jedoch nicht maskulinisiert, weil bei ihnen Alpha-Fetoprotein die Bindung von Östradiol verhindert -> nichts gelangt ins Gehirn. Bei Männern gelangt Testosteron ins Gehirn und wird dann zu Östradiol umgewandelt. Studie 3: Testosteron im Fötus-Zustand korreliert mit Gehirn-Dimorphismen, v.a. graue Substanz (über Verhältnis von Zeige nger zu Ring nger), negativ -> maskulin, positiv -> feminin Studie 4: extrem wenig Varianz über die Größe hinaus zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen kein Determinismus, auch große Unterschiede sagen nichts über die Ausprägung von Fähigkeiten aus -> kann durch Erfahrung/Lernen auch korrigiert werden 36 fl ff fi fi 4. Emotionen a ektive Neurowissenschaften -> Grundlage der Emotionen man muss unterscheiden zwischen emotionalem Erleben und dem Ausdruck von Emotionen viel, was über Emotionen bekannt ist, stammt aus Tierstudien Das Emotionssystem kann noch nicht so weit kartiert werden wie z.B. das visuelle System - Emotion basiert auf im Gehirn verteilten Mustern cerebraler Aktivität. Frühe Emotionstheorien Die James-Lange-Theorie: William James und Carl Lange entwickelten zeitgleich sehr ähnliche Theorien Annahme: Emotionen seien eine Reaktion auf physiologische Veränderungen im Körper (emotionale Stimuli -> Kortex -> erst die som.aut. Antworten triggern Emotionen) die körperlichen Veränderungen rufen also die Emotion hervor, nicht umgekehrt Die Cannon-Bard-Theorie: Annahme: emotionales Erleben kann auch unabhängig von emotionalem Ausdruck auftreten Argument 1: physiologische Veränderungen sind nicht nötig für Emotionen (Nachweis: bei Durchtrennen des Rückenmarks zeigen Tiere weiter Emotionen) Argument 2: mangelnde Korrelation von emotionalem Erleben und körperlichem Zustand (physiologische Veränderungen von z.B. Angst treten auch bei anderen Emotionen auf) in Cannons Theorie ist der Thalamus besonders wichtig - Emotionen entstünden erst, wenn Signale entweder direkt aus den sensorischen Rezeptoren oder durch absteigende kortikale Signale im Thalamus eintre en die Art von Emotion wird durch das Aktivierungsmuster des Thalamus bestimmt 37 ff ff entgegen Cannons Annahmen konnte gezeigt werden, dass Angst und Wut mit unterscheidbaren physiologischen Reaktionen assoziiert sind bis zu einem gewissen Grad ist man sich der vegetativen Funktionen des Körpers bewusst (interozeptive Bewusstheit) -> wichtiger Aspekt von James-Lange gegen Cannon-Bard spricht, dass sich Schädigungen des Rückenmarks o enbar doch auf die Emotionen auswirken können (einige Studien zeigten das) Unbewusste Emotionen und ihre Folgen: Öhman/Dolan: erst wurde ein zorniges, dann ein ausdrucksloses Gesicht präsentiert - Probanden berichteten aber anschließend, nur letzteres gesehen zu haben das zornige Gesicht wird perzeptuell „maskiert“, das ausdruckslose fungiert als „Maskierungsreiz“ (heißt: emotionales Erleben keine Voraussetzung für Ausdruck) in einem anderen Experiment erfolgte eine aversive Konditionierung (jedes Mal Stromschlag bei zornigem Gesicht) Folge: veränderte vegetative Aktivität bei zornigem Gesicht wenn nach der Konditionierung wieder zornige Gesichter, aber mit Maskierungsreiz, präsentiert wurden, trat wieder eine vegetative Reaktion bei den zornigen Gesichtern auf (obwohl diese nicht bewusst waren) mit fröhlichen Gesichtern war dies nicht möglich Zusammenfassung: es wird bei aversiven Reizen auf die zornigen Gesichter reagiert, die aber nicht bewusst sein können -> unbewusste Emotionen In einem weitergehenden Experiment: a) Probanden wurden mit Fotos, die zornige und ausdruckslose Gesichter zeigten, konditioniert - wenn das zornige Gesicht zusammen mit einem lauten Ton gezeigt wurde, reagierten sie mit einer verstärkten vegetativen Reaktion (Hautleitfähigkeit) b) in der Testphase wurde ein zorniges Gesicht gezeigt, unmittelbar gefolgt von einem ausdruckslosen Gesicht als Maskierungsreiz - Probanden gaben an, nur das ausdruckslose Gesicht gesehen zu haben - die erhöhte Hautleitfähigkeit trat dennoch auf die zornigen Gesichter lösten erhöhte Aktivität in der Amygdala aus Exkurs - Schmetterlinge im Bauch Emotionen könnten wirklich mit charakteristischen Karten sensorischer Veränderungen einhergehen, die sich über den ganzen Körper ausbreiten Studienteilnehmer sollten bestimme Emotionen mit Farben (warm = Aktivierung, kalt = inaktiv) auf dem Körper verorten diese Karten glichen sich über verschiedene Kulturen hinweg - eine Interpretation gestaltet sich jedoch schwierig 38 ff Das Konzept des limbischen Systems These: es gibt ein einzelnes System, in dem Emotionen verarbeitet werden Brocas lobus limbicus: nach Broca besteht der Lobus limbicus aus Strukturen, die einen Ring um den Hirnstamm und den Balken an den medialen Hirnwänden bilden Broca schrieb allerdings nichts über deren Funktion - lang nahm man an, dass er mit dem Geruchssinn assoziiert sei (erst später mit Emotionen) Der Papez-Kreis: Papez: es gibt ein Emotionssystem, das an den medialen Gehirnwänden liege und den Cortex mit dem Hypothalamus verbinde Papez ging davon aus, dass emotionales Erleben durch die Aktivität im cingulären Cortex und (weniger direkt) durch die Aktivität in anderen Rindenarealen bestimmt wird (dies fügt Erlebnissen eine „emotionale Färbung“ hinzu) emotionaler Ausdruck werde durch den Hypothalamus gesteuert der cinguläre Cortex projiziert in den Hippocampus, und dieser projiziert über ein Axonbündel, den Fornix, in den Hypothalamus hypothalamische E ekte erreichen den Cortex über eine Umschaltstation in den anterioren Thalamuskernen da die Kommunikation zwischen Cortex und Hypothalamus bidirektional ist, ist der Papez-Kreis sowohl mit James-Lange- als auch mit Cannon-Bard-Theorie vereinbar Studien bestätigten zwar die Verknüpfung der einzelnen Komponenten, allerdings nicht, dass alle an Emotionen beteiligt sind da der Hippocampus durch Tollwut beein usst wird, nahm Broca an, er sei an Emotionen beteiligt die Elemente des Papez-Kreises stimmen mehr oder weniger mit denen von Brocas Lobus limbicus überein 39 ff fl aufgrund ihrer Ähnlichkeit werden die Strukturen häu g als limbisches System zusammengefasst Probleme mit dem Konzept eines einzelnen Emotionssystems: Strukturen wie der Hippocampus sind wohl eher nicht an Emotionen beteiligt aufgrund der Bandbreite/verschiedener Hirnaktivitäten unserer Emotionen ist es unwahrscheinlich, dass nur ein einziges System daran beteiligt ist umgekehrt haben an Emotionen beteiligte Strukturen auch noch andere Funktionen (keine 1:1-Beziehung zwischen Struktur und Funktion) Exkurs - Phineas Gage bei einem Sprengunfall bohrte sich eine Eisenstange durch den linken Frontallappen Gage überlebte, zeigte allerdings drastische Persönlichkeitsveränderungen spätere Untersuchungen zeigten schwere Läsionen in der Großhirnrinde beider Hemisphären, insbesondere in den Frontallappen Emotionstheorien und neuronale Repräsentationen frühe Theorien schlossen vor allem von Läsionen/Krankheit aufs gesunde Hirn Theorien der Basisemotionen: Annahme: gewisse Emotionen gelten als unverwechselbare und nicht weiter zergliederbare Erfahrungen, die angeboren und kulturunabhängig sind Basisemotionen: Wut, Ekel, Furcht, Freude, Traurigkeit und Überraschung a) es gibt verschiedene „Hotspots“ (Bereiche hoher Hirnaktivität), die mit jeder Emotion verknüpft sind b) jede Emotion ist mit einer Reihe kleinerer und größerer Regionen geringerer Hirnaktivität assoziiert c) einige Regionen sind mit mehr als einer einzigen Emotion verknüpft die Amygdala ist z.B. stärker mit Furcht verknüpft, der mediale frontale Cortex stärker mit Traurigkeit Interpretation 1: die am stärksten aktivierte Region kann eindeutig einer Emotion zugeordnet werden Interpretation 2: das Muster der Aktivierung könnte die Basis der Emotion sein und jede aktive Hirnregion ein Teil des Puzzles bilden 40 fi Dimensionale Emotionstheorien: Annahme: Emotionen können in kleinere fundamentale Elemente zerlegt werden, die sich in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichen Mengen kombinieren lassen Beispieldimensionen: Valenz und Arousal Emotionen beruhen demnach auf einer unterschiedlich starken Gehirnaktivierung, die mit a ektiven Dimensionen wie Valenz und Arousal korrespondiert Psychologische konstruktionistische Theorien der Emotion: Variante der dimensionalen Theorien Unterschied: die Dimensionen haben kein a ektives Gewicht statt Dimensionen wie Angenehmheit wird ein emotionaler Zustand aus physiologischen Prozessen konstruiert, die nicht nur Emotionen betre en (z.B. Sprache, Aufmerksamkeit) Furcht und die Amygdala Das Klüver-Bucy-Syndrom: eine temporale Lobektomie (Entfernung beider Temporallappen) ruft bei Rhesusa en zahlreiche Verhaltensanomalien hervor am au älligsten ist dabei ein Rückgang von Angst und Aggression diese Veränderungen lassen sich auch beim Menschen beobachten - hier tritt dann meist noch eine A ektverarmung auf Anatomie der Amygdala: liegt am vorderen Pol des Temporallappens, unmittelbar unterhalb des Cortex auf der medialen Seite die Kerne der Amygdala lassen sich in drei Gruppen unterteilen: 1. basolaterale Kerne 2. corticomediale Kerne 3. zentraler Kern 41 ff ff ff ff ff ff Informationen aus allen sensorischen Systemen erreichen die Amygdala und werden hier insbesondere in die basolateralen Kerne geleitet die Amygdala ist über zwei Bahnen mit dem Hypothalamus verbunden: die ventrale amygdalofugale Bahn und die Stria terminalis die basolateralen Kerne empfangen visuelle, auditive, gustatorische und taktile A erenzen die corticomedialen Kerne erhalten olfaktorische Eingänge Auswirkungen von Stimulation und Läsionen der Amygdala: Läsionen führen zur A ektverarmung zudem wird die Fähigkeit beeinträchtigt, einen emotionalen Gesichtsausdruck zu erkennen - welche Emotionen betro en sind, ist aber unklar De zite im Zusammenhang mit Angst, Wut, Traurigkeit oder Ekel (am häu gsten wird Angst in einem Gesichtsausdruck nicht erkannt) Patientin S.M. litt an einer bilateralen Zerstörung der Amygdala - diese verringerte selektiv die Fähigkeit, ängstliche Gesichtsausdrücke zu erkennen (und wütende) die Forscher identi zierten als Grund, dass S.M. auf Bildern die Augen einer Person nicht ansah und nur auf den Mund fokussierte (nach Instruktion gelang das Erkennen) These: Furcht wird durch ein wechselseitiges Zusammenspiel zwischen Amygdala und visuellem Cortex erkannt (ohne Amygdala ist das nicht mehr möglich) eine Stimulation der Amygdala kann zu erhöhter Wachheit/Aufmerksamkeit, aber auch Beunruhigung und Angst führen ängstliche Gesichter rufen eine höhere Aktivität in der Amygdala hervor als neutrale Gesichter bei Betrachtung fröhlicher und neutraler Gesichter blieb die Amygdalaaktivität unverändert Schaltkreis für gelernte Angst: Neuronen der Amygdala können lernen, auf Reize zu reagieren, die mit Schmerz assoziiert werden nach dem Lernen lösen die Reize Angstreaktionen aus Kapp et al. wiesen dies bei Kaninchen nach, indem ein bestimmter Ton mit Schmerz assoziiert wurde - gemessen wurde dies an der Herzfrequenz LeDoux: Läsionen der Amygdala nach der Konditionierung eliminieren die gelernten vegetativen Reaktionen (Herzschlag, Blutdruck etc.) die konditionierte Reaktion der Amygdala basiert auf synaptischen Veränderungen in den basolateralen Kernen durch Konditionierung wird ein Ton mit Schmerz durch einen elektrischen Schock assoziiert die Angstreaktion wird von der Amygdala vermittelt der emotionale Reiz erreicht über die Hörrinde die basolateralen Kerne der Amygdala, und das Signal wird zum zentralen Kern weitergeleitet 42 ff fi fi ff ff fi E erenzen aus der Amygdala projizieren zum einen in das periaquäduktale Grau (PAG) im Hirnstamm und lösen so die Verhaltensreaktion auf den Reiz aus und zum anderen in den Hypothalamus, wodurch die autonome Reaktion hervorgerufen wird am emotionalen Erleben ist wahrscheinlich die Großhirnrinde beteiligt auch beim Menschen ist die Amygdala wichtig - z.B. lässt sich bei Kopplung visueller Reize mit leichten Stromschlägen Aktivität dort registrieren (bei erneuter Darbietung) und: bei Darbietung emotionaler und neutraler Reize lösten die emotionalen Reize (positiv wie negativ) eine erhöhte Aktivität der Amygdala aus zudem konnten sich Probanden an die emotionalen Reize besser erinnern Wut und Aggression Wut ist eine Basisemotion, Aggression ein Verhalten, das sich aus Wut ergibt Amygdala und Aggression: Aggression ist ein facettenreiches Verhalten und kann verschiedene Gründe haben Testosteron beein usst zumindest bei Tieren das Aggressionsverhalten, beim Menschen ist der Zusammenhang weniger deutlich (aber z.B. „roid rage“ bei Sportlern) a) Beuteaggression: Angri sverhalten, um Nahrung zu erbeuten (geringe Aktivität im Sympathikus) b) a ektive Aggression: um Eindruck zu schinden (hohe Aktivität des Sympathikus), mit Lautäußerungen und bedrohlicher/defensiver Haltung verbunden beide werden durch somatomotorisches und vegetatives System vermittelt, aber die Bahnen weichen irgendwann voneinander ab die Amygdala scheint hier ebenso eine wichtige Rolle zu spielen - Läsionen bei A en führten zu friedfertigem Verhalten (Pribram et al.) und einem Fall in der Hierarchie Stimulationen führen zu Erregung oder a ektiver Aggression 43 ff ff fl ff ff ff Chirurgie gegen Aggression: Läsionen der Amygdala (Amygdalalektomie) haben bei einigen Patienten einen „zähmenden“ E ekt und reduzieren Aggression Methoden der „Psychochirurgie“ wurden gegen Angststörungen, Aggression oder Neurosen eingesetzt, sind aber aus heutiger Sicht ein drastisches Verfahren eine Medikation ist die übliche Behandlungsmethode Exkurs - Frontale Lobotomie Egas Moniz: Läsionen des Frontallappens (v.a. Zerstörung limbischer Strukturen und Verbindungen mit frontalem/cingulären Kortex) haben einen beruhigenden E ekt der Eingri wurde bei einer Vielzahl von Störungen vorgenommen - neben einer „Befreiung von Ängsten und unerträglichen Gedanken“ konnte ein Abstumpfen emotionaler Reaktionen beobachtet werden zudem: unangemessenes Verhalten und Absenkung moralischer Maßstäbe - IQ und Gedächtnis blieben hingegen unangetastet Moniz erhielt für diese Methode damals den Nobelpreis Andere Hirnstrukturen, die bei Wut und Aggression eine Rolle spielen der Hypothalamus kann aggressives Verhalten durch Projektionen zur ventralen tegmentalen Area und zum periaquäduktalen Grau beein ussen Wut und Aggression werden durch eine Projektion kontrolliert, die von der Amygdala zum Hypothalamus, periaquäduktalen Grau (PAG) und der ventralen tegmentalen Area zieht Serotonin: die Serotoninmangelhypothese besagt eine inverse Verknüpfung von Aggression und Serotoninaktivität bei induzierter Isolation sinkt die Umsatzrate von Serotonin, auf die Konzentration hat dies jedoch keine Auswirkungen zudem zeigte sich dies nur bei Mäusen, die infolge der Isolation auch aggressiv wurden und gar nicht bei weiblichen Mäusen 44 ff ff