Summary

Dieses Kapitel fasst wichtige Punkte und zentrale Aussagen zu angewandter Ethik und Verantwortung zusammen. Es beleuchtet verschiedene Perspektiven auf den Verantwortungsbegriff, von der deduktiv-induktiven Methodik der Philosophischen Ethik bis hin zu den ethischen Bereichsethiken.

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Kapitel 5: Zusammenfassung entscheidender Punkte und zentrale Aussagen des Skriptums Die angewandte Ethik als Teilbereich der Philosophie (https://de.wikipedia.org/wiki/Philosophie) kann in einen praktischen und einen theoretischen Zweig unterteilt werden, wobei die praktische Philosophie, die E...

Kapitel 5: Zusammenfassung entscheidender Punkte und zentrale Aussagen des Skriptums Die angewandte Ethik als Teilbereich der Philosophie (https://de.wikipedia.org/wiki/Philosophie) kann in einen praktischen und einen theoretischen Zweig unterteilt werden, wobei die praktische Philosophie, die Ethik, die Theoriebildung und das Erkenntnisinteresse im Hinblick auf praktische Fragestellungen und Probleme versteht. Ein Drei-Ebenen-Modell von Ethik als deskriptive, normative und Metaethik sowie die strikte Abgrenzung von Ethik und Moral bieten einen guten Startpunkt für die weitere Beschäftigung mit philosophischen Fragestellungen. Die Methodiken der Theoriebildung sind für die angewandte Ethik konstitutiv, wobei Top-down-Modelle deduktiv und Bottom-up-Modelle induktiv vorgehen. Die deduktive Methodik ist ein Teil der philosophischen Ethik, die versucht, konkrete ethische Herausforderungen anhand der ethischen Theorien der philosophischen Tradition zu lösen. Die Bereichsethiken verwenden sowohl deduktive als auch induktive Methoden, aber es gibt keine universell gültige systematische Einteilung der Bereichsethiken in der philosophischen Ethik. Der Verantwortungsbegriff ist in den Bereichsethiken zentral, da er einen inhärenten Praxisbezug aufweist und die Idee eines Rede-und-Antwort-Stehens für eigene Taten beinhaltet. In der historischen Genese des Verantwortungsbegriffs zeigt sich, dass die Idee der Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) bereits in der griechisch-römischen Antike beinhaltet war, wo die Frage nach der Freiheit des Handelns und der Rolle des Schicksals oder der Natur im Mittelpunkt stand. Im Mittelalter verlagerte sich die Diskurstradition in den theologischen Bereich, wo die Idee einer individuellen Verantwortung gegenüber Gott bzw. der Strafe und Belohnung im Jenseits zentral war. In der Neuzeit setzte sich die theologische Tradition in der Theodizee-Debatte fort, die nach der Verantwortung Gottes für das Böse in der Welt fragt. Im Zeitalter der Aufklärung wurde der Begriff der \"responsibility\" in seiner französischen Version (responsabilité) zum Modewort der französischen Revolution und begründete die heutige Differenzierung des Verantwortungsbegriffes als ethische Verantwortung, rechtliche Verantwortung und soziale Verantwortung. Die moderne deutsche Version der \"Verantwortung\" leitet sich von der \"Zurechnung\" ab, die im juristischen Kontext einer Verteidigung oder Rechtfertigung stand. Der philosophische Bedeutungswandel des Verantwortungsbegriffes und seine zunehmende Rezeption lassen sich ab Anfang des 19. Jahrhunderts beobachten, zunächst im existenziell-individuellen Kontext und später, nach 1945, im Kontext der Verantwortung gesellschaftlicher Systeme. Der Verantwortungsbegriff erfährt im 20. Jahrhundert bei Hans Jonas (https://de.wikipedia.org/wiki/Hans\_Jonas) eine besondere Bedeutung, da Jonas davon ausgeht, dass die Menschheit noch nie zuvor der Möglichkeit, ihre eigene Vernichtung herbeizuführen, gegenübergestanden hatte. Jonas\' Vermeidungsethik dient primär dem Ziel, das ultimative Übel -- die (Selbst-)Vernichtung der Menschheit -- zu verhindern. Der Aufstieg des Verantwortungsbegriffs zur ethischen Schlüsselkategorie ist eng mit den ökonomischen, technischen und gesellschaftlichen Veränderungen im Verlauf der Industrialisierung im 19. Jahrhundert verbunden. Zu den bedeutendsten Entwicklungen zählen die wachsende Arbeitsteilung und Ausdifferenzierung einzelner Arbeitsgebiete, der Übergang von primär zwischenmenschlichen Beziehungen hin zu anonymen Marktbeziehungen sowie der Einsatz neuer Technologien mit potenziell verheerenden Folgen. Der Nachhaltigkeitsbegriff kommt in der Verantwortungsdebatte eine besondere Bedeutung zu, insbesondere in der Umwelt- und Klimaethik sowie in der breiteren Debatte der Klimaverantwortung. Der Nachhaltigkeitsbegriff muss als grundsätzlich normativer Begriff verstanden werden, basierend auf der inhärenten (intergenerationalen) Gerechtigkeitskonzeption. Die drei Nachhaltigkeitsdimensionen -- ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit -- sind relevant und werden auch als Triple-Bottom-Line bezeichnet. Diese Trias wird in unterschiedlichen Kontexten aufgegriffen und fortgeführt, beispielsweise in den Sustainable Development Goals (SDGs) der UN oder den ESG-Standards für sozial verantwortliche Investmentoptionen. Konzepte der unternehmerischen Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) weisen einen starken inhaltlichen Bezug zur Nachhaltigkeitsdebatte auf. Das zweite Kapitel des Skriptums beschäftigt sich mit dem Verantwortungsbegriff als philosophisches Arbeitsfeld und stellt eine umfassende Definition des Verantwortungsbegriffs dar. Der Verantwortungsbegriff wird im Hinblick auf seine rechtliche, ethische, individuelle, kollektive und soziale Dimension hin untersucht, ausgehend von einer vierteiligen Definition des Verantwortungsbegriffes in der philosophischen Fachliteratur. Das philosophische Hauptproblem bei der Definition von gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung besteht darin, dass Definitionen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ unterschieden werden können, je nach den Grundlagen der Definitionen selbst. Michael Quante unterscheidet drei Arten von Definitionen: nominale Definitionen, die von einem Autor oder einer Gruppe von Autoren festgelegt werden, Standarddefinitionen, die den alltäglichen Wortgebrauch widerspiegeln, und Realdefinitionen, die sich auf die Analyse der mit der Sprache bezeichneten Gegenstände selbst beziehen. Im Kontext von Verantwortungszuschreibungen müssen unterschiedliche Arten von Definitionen in der gesellschaftlichen und medialen Debatte dargestellt werden, wie die Beispiele von Carola Rackete (https://de.wikipedia.org/wiki/Carola\_Rackete) und Francesco Schettino (https://de.wikipedia.org/wiki/Francesco\_Schettino) zeigen. Es gibt vier konkrete Verantwortungsdefinitionen, die von Heidbrink vorgeschlagen wurden: Die erste Definition unterscheidet zwischen Zurechnungsverantwortung und Zuständigkeitsverantwortung, wobei die Zurechnungsverantwortung im Nachhinein von anderen zugeschrieben wird und die Zuständigkeitsverantwortung im Vorhinein von selbst übernommen wird. Die zweite Definition versteht Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) als folgenbasiertes Legitimationsprinzip, das konzeptionell eine prospektive Ex-post-Verantwortung und eine retrospektive Ex-ante- Verantwortung unterscheidet. Die dritte Definition beschreibt Verantwortung als kontextualistisches Reflexionsprinzip, das den Verantwortungsbegriff als Reflexionsprinzip auf der Suche nach adäquaten Entscheidungsgründen vor dem Hintergrund komplexer Handlungsfelder versteht. Die vierte Definition fasst Verantwortung als Struktur- und Steuerungselement komplexer Systemprozesse im Hinblick auf die Rahmenregeln, Kontextgestaltung und Selbstverpflichtung der beteiligten Akteurinnen zusammen. In modernen, transnationalen Gesellschaften bestehen agierende Personen zumeist aus den Grundpolen von Markt, Staat und Zivilgesellschaft. Die Systemverantwortung bezieht sich auf die Systemtheorie, die von der Eigendynamik sozialer Subsysteme und deren Selbstorganisation ausgeht, und zielt darauf ab, soziale Subsysteme mit autonomer Verantwortungsbereitschaft auszubilden. Die Systemverantwortung konzentriert sich auf Systemprozesse, die durch Handlungsprozesse begründet werden, sich aber nicht aus diesen herleiten lassen, und umfasst Aspekte wie Designverantwortung von Entscheidungsressourcen und starke Kontextsteuerung durch Selbstregulierung. Der Verantwortungsbegriff im klassischen Verantwortungsmodell wird als relationaler Begriff mit den vier Relata von Objekt, Subjekt, Wertesystem und Instanz verstanden, wobei lineare Beziehungen zwischen Handlungssubjekt und Handlungsfolgen sowie ein negativ bewertetes Ereignis im Zentrum stehen. Das klassische Modell ist seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr allgemein gültig, jedoch auch heute noch auf gewisse Situationen anwendbar, und beruht auf einer strikten Trennung von Naturprozessen und menschlichem Handeln. Das nachklassische Verantwortungsmodell unterscheidet sich vom klassischen Modell in mindestens zwei Punkten: der zeitlichen Ausrichtung von der retrospektiven Ex-post-Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) hin zur prospektiven Ex-ante-Verantwortung und der Aufmerksamkeit des Verantwortungssubjekts von zu vermeidenden Schäden hin zu gewünschten Zuständen mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit. Die nachklassische Verantwortungskategorie wird auch als sogenannte Vorsorgeverantwortung verstanden und weist eine inhärent normative Dimension auf, wobei Verantwortung ohne ethische Dimension nicht denkbar ist. Der Verantwortungsdiskurs wird auch in anderen Wissenschaften geführt, insbesondere in der Rechtswissenschaft, die sich mit dem Inhalt des Verantwortungsbegriffes beschäftigt, auch wenn dieser meist nicht explizit adressiert wird. Es ist nötig, moralische und rechtliche Verantwortung konzeptionell zu unterscheiden, da rechtlich verbotene Handlungen moralisch unbedenklich sein können und umgekehrt moralisch bedenkliche Handlungen rechtlich erlaubt sein können. Der Bereich der rechtlichen Verantwortung verfügt über ein Rechtsetzungs- und Sanktionierungssystem, das sich von der ethischen Verantwortung unterscheidet. Der Verantwortungsbegriff wird in der Rechtswissenschaft sowohl aus der Innenperspektive des Rechts als auch aus der Außenperspektive betrachtet und kann durch den ethischen Verantwortungsbegriff unterstützt werden. Die normative Dimension des Verantwortungsbegriffs kann anhand verschiedener normativer Theorien untersucht werden, wie z.B. teleologischen und deontologischen Theorien oder konsequentialistischen und nichtkonsequentialistischen Theorien. Die Unterscheidung zwischen Deontologie (Handeln nach moralischen Prinzipien) und Konsequentialismus (Handeln nach moralischen Handlungsfolgen) ist wichtig, aber auch vereinfachend, da viele deontologische Theorien auch Handlungsfolgen berücksichtigen und einige Formen des Utilitarismus moralische Prinzipien einbeziehen. Im Verantwortungsdiskurs werden deontologische und teleologische Theorien vor allem in Verbindung mit retrospektiver Ex-post-Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) und prospektiver Ex-ante- Verantwortung betrachtet. Ex-post-Verantwortung basiert auf der Umsetzung von Regeln und Prinzipien, während Ex-ante-Verantwortung auf der Erlangung oder Herstellung bestimmter Güter bzw. der Vermeidung konkreter Übel ausgerichtet ist. Als grobe Annäherung gilt, dass sich Ex-post-Verantwortung tendenziell auf deontologische Theoriemodelle stützt, während sich Ex-ante-Verantwortung tendenziell auf teleologische Theoriemodelle bezieht. Neben der rechtlichen Dimension der Verantwortung können auch Modelle individueller und kollektiver Verantwortung unterschieden werden. Das Primat der individuellen Verantwortung sieht die Verantwortung einzelner, zurechnungsfähiger menschlicher Personen als grundlegendes Paradigma jeder Verantwortungsrelation an. Demgegenüber kann auch eine konträre Position kollektiver Verantwortung vertreten werden, die jedoch ein umstrittenes Konzept darstellt. Tracy Isaacs unterscheidet drei theoretische Hauptpositionen kollektiver Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung), darunter die kollektivistische Position, die kollektive Entitäten als Akteure vollumfänglich für ihr Handeln verantwortlich sieht. Individualistische Konzeptionen kollektiver Verantwortung betonen, dass jedes Individuum für das im Kollektiv erzielte Handlungsresultat verantwortlich ist, sofern dies auf die anderen auch zutrifft. Eliminative Positionen kollektiver Verantwortung hingegen lehnen die Konzeption kollektiver Verantwortung grundsätzlich ab. Sowohl die Konzepte individueller als auch kollektiver Verantwortung werden im weiteren Kontext der sozialen Verantwortung diskutiert, wobei jedoch keine einheitliche Definition von politischer und sozialer Verantwortung zugrunde gelegt werden kann. Die unterschiedlichen normativen Hintergrundtheorien, wie libertäre, liberale oder perfektionistische Staatstheorien, und ontologischen Theorien, wie kollektivistische und individualistische Handlungstheorien, führen zu verschiedenen Ansätzen sozialer Verantwortung. Beispielsweise zeigen sich die unterschiedlichen Ansätze bei der Frage von staatlichen Umverteilungsmaßnahmen, wo libertäre Denker individuelle Freiheit und das Recht auf Eigentum in den Vordergrund stellen, während gemäßigte liberale Ansätze dem Staat die Verantwortung zur sozialen und wirtschaftlichen Absicherung der Bürger zuschreiben. Der Perfektionismus geht davon aus, dass der Staat nicht nur für das wirtschaftliche Wohlergehen seiner Bürger, sondern auch für deren moralische und ethische Vervollkommnung verantwortlich ist. Die sozialen Aufgaben, die unter den Verantwortungsbereich eines politischen Gemeinwesens fallen, werden unterschiedlich beurteilt, abhängig vom jeweils zugrunde gelegten Freiheitsbegriff. Innerhalb des politischen Gemeinwesens wird Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) für politische Entscheidungsprozesse am Paradigma individueller und kollektiver Handlungsfähigkeit festgemacht. Die Frage nach der rechtlichen, politischen und sozialen Verantwortung von Unternehmen wurde im Verlauf des 19\. Jahrhunderts intensiviert und ab den 1970er-Jahren breit diskutiert. Milton Friedman (https://de.wikipedia.org/wiki/Milton\_Friedman) Position bezüglich der sozialen Verantwortung von Unternehmen hat eine intensive Rezeptionsgeschichte erfahren und wird oft in wirtschaftsethischen Fachpublikationen zitiert. Friedmans Argumentation basiert auf drei Kernthesen: nur Individuen können moralisch verantwortlich gemacht werden, Manager sind nur den Interessen der Aktionäre und Eigentümer verpflichtet, und Manager sind für die angestrebte Form sozialer Verantwortung nicht demokratisch legitimiert. Die Konzeption der Corporate Social Responsibility (CSR) versucht, ein positives Verständnis von sozialer Unternehmensverantwortung zu skizzieren, wobei CSR als ein umfangreiches Konzept mit unterschiedlichen Definitionen begriffen werden muss. Milton Friedmans klassische Theorie, wonach Unternehmen nur ihren Aktionären verpflichtet sind, wird heute zumeist um eine umfangreichere Stakeholder-Perspektive ergänzt, die alle betroffenen Gruppen berücksichtigt. Archie Carrolls viergliedriges CSR-Modell (CSR-Pyramide) gilt als guter Ausgangspunkt für eine Systematisierung der CSR und unterscheidet zwischen ökonomischer, rechtlicher, ethischer und philanthropischer Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung). Die ökonomische und rechtliche Verantwortung wird gesellschaftlich von Unternehmen gefordert, während die ethische Verantwortung über die bloß rechtliche Verantwortung hinausgeht und die gesamtgesellschaftlichen Moralvorstellungen berücksichtigt. Die philanthropische Verantwortung ist gesellschaftlich weder gefordert noch erwartet, aber erwünscht und kann durch Spenden oder Sozialprogramme erfolgen. Carrolls Modell wurde aufgrund der starken Fokussierung auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der USA und fehlender Strategien im Umgang mit in Konflikt stehenden Verantwortungsdimensionen kritisiert. Simon Peter Zadek (https://de.wikipedia.org/wiki/Peter\_Zadek) identifiziert am Beispiel des Sportartikelherstellers Nike fünf Stufen der Organisationsentwicklung und des organisationalen Lernens im Umgang mit CSR-Themen: defensive Stufe, Compliance-Stufe, Managementstufe, strategische Stufe und zivile Stufe. In der defensiven Stufe wird Verantwortung geleugnet, um einen Reputationsverlust zu vermeiden, während in der Compliance-Stufe ein richtlinienbasiertes Compliance-Modell implementiert wird, um Reputationsverluste und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. In der Managementstufe wird CSR-Management in die Unternehmensstruktur integriert, um den wirtschaftlichen Erfolg zu sichern, während in der strategischen Stufe CSR-Themen in die primären Geschäftsprozesse integriert werden, um einen strategischen First-Mover-Vorteil zu erzielen. In der zivilen Stufe engagieren sich Unternehmen für industrieweite Veränderungen, rechtliche Regulierungen und Multi-Stakeholder-Initiativen. Zadek setzt die fünf Stufen organisationalen Lernens in Bezug zu vier korrelierenden Stufen des gesamtgesellschaftlichen Problembewusstseins: latente Phase, aufstrebende Phase, Konsolidierungsphase und Institutionalisierungsphase. Das Konzept der gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) von Unternehmen kann in verschiedenen Phasen unterteilt werden, darunter die aufstrebende Phase, die Konsolidierungsphase und die Institutionalisierungsphase. In der aufstrebenden Phase beginnen Unternehmen, sich mit gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen, während in der Konsolidierungsphase gesamtgesellschaftliche Diskurse und Multi-Stakeholder-Initiativen entstehen. In der Institutionalisierungsphase werden gesellschaftliche Themen in rechtlich verbindliche oder industrieinterne Regelungen überführt. Die Konzeption der Corporate Citizenship (CC) ergänzt oder ersetzt seit den 1990er-Jahren den CSR-Begriff und kann auf drei verschiedene Arten definiert werden: als philanthropisches Engagement, als Synonym für CSR oder im Kontext liberaler Konzepte der Bürgerschaft. Im Kontext liberaler Konzepte der Bürgerschaft können Unternehmen soziale Rechte, Bürgerrechte und politische Rechte stärken, indem sie Wohlfahrtsleitungen, Bildungsprogramme oder medizinische Versorgung bereitstellen und auf lokale Regierungen einwirken. Private Governance-Initiativen sind freiwillige private Regulierungen von nicht-staatlichen Akteuren, Unternehmen und anderen Stakeholdern, die gesamtgesellschaftliche soziale und ökologische Probleme adressieren. Bekannte internationale Beispiele für erfolgreiche Private-Governance-Initiativen sind der Accord on Fire and Building Safety in Bangladesch (https://de.wikipedia.org/wiki/Bangladesch) und das Forest Stewardship Council (https://de.wikipedia.org/wiki/Forest\_Stewardship\_Council) (FSC). Das Konzept der Political Corporate Social Responsibility (PCSR) fokussiert sich auf die politische Rolle von Unternehmen und ist ein wirtschaftsethisches und managementwissenschaftliches Konzept, das den besonderen Charakter multinationaler Unternehmen als Ausgangspunkt nimmt. Die Forschung zu PCSR wurde primär durch die Arbeiten von Andreas Scherer und Guido Palazzo initiiert, die einen betont normativen PCSR-Begriff vertreten, der die Bedeutung der deliberativen Demokratie betont. Kritiker des PCSR-Konzeptes (Politische Corporate Social Responsibility) sehen in der politischen Einflussnahme von Unternehmen auf gesamtgesellschaftliche Probleme eine Ausweitung neoliberaler Politik und den Abbau demokratischer Strukturen. Multinationale Unternehmen können jedoch oft gesetzliche Regelungen in einzelnen Staaten durch Verlagerung ihrer Geschäftsaktivitäten umgehen, was die Notwendigkeit von Private-Governance-Initiativen aufzeigt. Die Globalisierung hat die Trennung zwischen staatlichen Akteuren und Unternehmen erodiert, weshalb Unternehmen versuchen, Regulierungslücken zu schließen. In gescheiterten Staaten, in denen staatliche Regulierungsgewalt fehlt, müssen Unternehmen und Politik ihre Rollen neu definieren und zwischen staatlich bindendem \"hard law\" und freiwilligem \"Soft Law (https://de.wikipedia.org/wiki/Soft\_Law)\" unterscheiden. Das vierte Kapitel des Skriptums befasst sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) von Unternehmen und Führungskräften, einschließlich sozialem und politischem Aktivismus, menschenrechtlicher Verantwortung und ESG-Standards. Der sozio-politische Aktivismus von Führungskräften (CEO-Activism) hat eine lange Tradition und bezieht sich auf öffentliche Stellungnahmen, die die öffentliche Meinung beeinflussen sollen. CEO-Activism unterscheidet sich vom klassischen Lobbying und kann sowohl konservative als auch progressive Themen umfassen, wobei letztere den Diskurs dominieren. Die Rolle des CEO umfasst eine Vermittlerrolle zwischen Unternehmen und Gesellschaft, einschließlich der Definition des Kerngeschäfts, der Abwägung von Stakeholder-Interessen und der Entscheidung zwischen kurzfristigen und langfristigen Zielen. Ein viergliedriges Modell des Token-, Servant-, Strategic- und Citizen-Activism entwickelt sich auf der Grundlage der Dichotomie von gesellschaftlicher und unternehmerischer Perspektive. Token-Activism zeichnet sich durch geringe moralische Bedeutung des Themas und geringe Verbindung zum Kerngeschäft des CEOs aus. Servant-Activism zeichnet sich durch Themen von hoher gesellschaftlicher Aktualität, aber geringer Relevanz für das Kerngeschäft des CEOs aus. Strategic-Activism beinhaltet ein geringes Maß an gesamtgesellschaftlicher Relevanz, jedoch ein hohes Maß an branchenspezifischer Relevanz und kann im Kontext der klassischen CSR und PCSR verstanden werden. Citizen-Activism umfasst sowohl hohe gesellschaftliche als auch hohe branchenspezifische Relevanz, wobei CEOs in politische Debatten zu kontroversen Themen ihres direkten Kerngeschäfts aktiv eingreifen. Die Menschenrechtsverantwortung von Unternehmen wird reflektiert und anhand ausgewählter Modelle und Theorien konzeptionell eingeordnet. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass unternehmerisch verantwortliches Handeln die Achtung von Menschenrechten beinhaltet. Historisch wird die Diskussion um die Menschenrechtsverantwortung von Unternehmen oft auf den Fall des 1995 exekutierten nigerianischen Umweltaktivisten Ken Saro-Wiwa (https://de.wikipedia.org/wiki/Ken\_Saro-Wiwa) zurückgeführt. Der Ethiker Florian Wettstein formuliert ein ethisches Modell der sogenannten Unternehmenskomplizenschaft, das aus direkter und indirekter Komplizenschaft von Unternehmen an Menschenrechtsverletzungen besteht. Die Unternehmenskomplizenschaft unterteilt sich in zwei Subkategorien: die vorteilhafte Komplizenschaft (beneficial complicity) und die stille Komplizenschaft (silent complicity). Die stille Komplizenschaft ergibt sich aus der Untätigkeit von Unternehmen, Menschenrechtsverletzungen von staatlichen Akteuren öffentlich anzusprechen. Um sich auf effektive und zugleich demokratiepolitisch legitime Art für Menschenrechte einsetzen zu können, empfiehlt Wettstein Unternehmen, Menschenrechtsverletzungen im Hinblick auf bestimmte Grundsätze zu thematisieren, wie die Bereitschaft zum Diskurs, die Kooperation mit Stakeholdern sowie Öffentlichkeit und Transparenz. Aus rechtlicher Perspektive sind zwei internationale Leitfäden zum Umgang mit Menschenrechtsthemen im unternehmerischen Kontext zu nennen: die \"UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte\" (UNGP) und die \"OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen\". Beide Leitfäden vereinen soziale, wirtschaftliche und umweltbezogene Dimensionen unternehmerischer Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) im Menschenrechtskontext. Die gesellschaftliche und ökologische Verantwortung von Unternehmen und Investoren kann im Kontext der ESG-Standards adressiert werden. Der Begriff der ESG-Standards bezieht sich auf drei Bereiche: Environmental (E), Social (S) und Governance (G), die als ein Set von Prinzipien verstanden werden können, um sozial verantwortliche Investmentoptionen zu identifizieren. Die Umweltdimension von ESG beinhaltet Themen wie Umweltverschmutzung, Energieeffizienz, Ressourcenknappheit und Biodiversität. Die Sozialdimension bezieht sich auf interne Arbeitssicherheit, Mitarbeitersicherheit, Diversity und gesamtgesellschaftliches Engagement, wie etwa Ernährungssicherheit oder demografischen Wandel. Die Governance-Dimension bezeichnet einen Ansatz nachhaltiger Unternehmensführung, einschließlich Kontrollprozessen, Aufsichtsstrukturen und Compliance-Regelungen. ESG-Investmentstandards konzentrieren sich auf die Mehrwertgenerierung für Shareholder und Stakeholder, die Vermeidung von problematischen Industriezweigen und die Fokussierung auf nachhaltige Governance- Strukturen. Die Principles for Responsible Investment (https://de.wikipedia.org/wiki/Principles\_for\_Responsible\_Investment) (PRI) auf UN-Ebene formulieren ESG-Standards für den Kooperations- und Austauschprozess von Investoren. Die Stellung der ESG-Prinzipien im Kontext der weiteren Unternehmens- und Nachhaltigkeitspolitik kann nicht abschließend geklärt werden, jedoch zeigt sich in der Literatur eine tendenziell positive Bewertung des Konzepts. Konsumenten tragen zusammen mit anderen Marktteilnehmern eine geteilte, auf die Zukunft gerichtete Verantwortung (https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung) für eine nachhaltige Entwicklung, wie von Imke Schmidt betont. Diese Verantwortung kann durch die Reduktion des eigenen Schadensbeitrags, die Mitgestaltung von Strukturen und die Beschaffung von Informationen nachgekommen werden. Die \"Fairer Handel (https://de.wikipedia.org/wiki/Fairer\_Handel)\"-Bewegung ist eine praktische und etablierte Praxis, individuelle und kollektive Konsumentenverantwortung zu verbinden, und unterteilt sich in verschiedene Organisationen und Zertifizierungen, die den drei Dimensionen ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit entsprechen. Der Begriff \"Fair Trade\" wird in doppelter Hinsicht verwendet: aus theoretischer Perspektive bezeichnet er verschiedene Konzeptionen des fairen Handels, die auf unterschiedlichen Grundsatzpositionen aufbauen, und aus praktischer Perspektive bezeichnet er die Eigendefinitionen verschiedener Organisationen. Die Konzeptionen des fairen Handels können altruistische Motive sowie die Kritik an entwicklungspolitischen Missständen im Vordergrund stellen oder als Alternativmodell für jegliche Handelsaktivitäten angestrebt werden. In ökonomischer Hinsicht wird etwa die Festsetzung eines Mindestpreises vorgenommen, um nachhaltige und verantwortungsvolle Handlungsstrategien von Einzelpersonen und Unternehmen zu fördern. Die von den Vereinten Nationen initiierten Sustainable Development Goals (SDGs) sind ein bedeutender Rahmen für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln und formulieren 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Bereichen soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit. Der UN Global Compact ist ein globales Netzwerk von Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und der UN, das auf Initiative des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan (https://de.wikipedia.org/wiki/Kofi\_Annan) ins Leben gerufen wurde, um die SDGs im Unternehmenskontext umzusetzen. Der UN Global Compact basiert auf 10 universellen Prinzipien und der allgemeinen Umsetzung und Förderung der 17 SDGs, die in die Themen Schutz von Menschenrechten, Einhaltung von Arbeitsstandards, Umweltschutz und globale Korruptionsbekämpfung eingeteilt werden können. Ein häufig genannter Kritikpunkt am UN Global Compact ist die rechtlich nicht bindende Konzept der (unternehmerischen) Selbstverpflichtung, da bei Nichterfüllung keine Sanktionen gesetzt werden können und eine empirische Überprüfung der angeblich erzielten Fortschritte seitens der UN nicht stattfindet. Der UN Global Compact erhebt jedoch nicht den Anspruch, rechtlich bindende Regelungen zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung zu ersetzen, sondern soll vielmehr die auf Freiwilligkeit gegründeten Netzwerke von Unternehmen und Zivilgesellschaft zu verstärkter Innovation führen und einen positiven Anreiz für verantwortungsvolle Unternehmenspolitik liefern.

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