Grundlagen des Europarechts Themenkomplex 4 PDF

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Diese Notizen behandeln den Themenkomplex 4 des Europarechts unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung, des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung und der Kompetenzverteilung zwischen Mitgliedsstaaten und der Union.

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Grundlagen des Europarechts Themenkomplex 4 Moritz Anton Ibesich WISE 2024/2025 Überblick 1. Das Verhältnis zwischen Mitgliedsstaaten und Union a. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung b. Das Subsidiaritätsprinzip c. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit d....

Grundlagen des Europarechts Themenkomplex 4 Moritz Anton Ibesich WISE 2024/2025 Überblick 1. Das Verhältnis zwischen Mitgliedsstaaten und Union a. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung b. Das Subsidiaritätsprinzip c. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit d. Kompetenzverteilung 2. Rechtssetzung und Verwaltung a. Rechtsetzung in der EU b. Verwaltung SEITE 2 § 3 Verhältnis der EU zu den Mitgliedstaaten (WH) SEITE 3 Ausgangspunkt: Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung ▪ Entwicklung: ▪ Vor Maastricht: keine Nennung im Vertrag, aber impliziert (so wie für jede IO) ▪ Maastricht: Nennung im Vertrag, aber nur für die Gemeinschaft (weiterhin implizit für Union) ▪ Lissabon: zusätzliche Betonung (siehe nächste Folie) ▪ Wichtigster Ausdruck: Erfordernis einer Rechtsgrundlage im Primärrecht (dh eines Artikels in den EU-Verträgen) gilt für jedwedes Handeln der EU ▪ IdR Übertragung von Aufgaben, nicht Bereichen, aber „Abrundungskompetenz“ des Art 352 Abs 1 AEUV ▪ Zustimmung des EP; Frühwarnsystem (Subsidiarität, dazu später) SEITE 4 Ausgangspunkt: Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung Artikel 5 Abs 1 EGV Die Gemeinschaft wird innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig. [...] Artikel 5 Abs 1 und 2 EUV (1) Für die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Union gilt der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung. [...] (2) Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten Positive tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Abgrenzung Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Alle der Union nicht in den Verträgen übertragenen Negative Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten. Abgrenzung [...] SEITE 5 Vertikal − Horizontal Vertikale Kompetenz- abgrenzung Horizontale Kompetenz- abgrenzung Schnittmenge SEITE 6 Rechtsgrundlagen − Zwei Beispiele (1) Artikel 46 AEUV Das Europäische Parlament und der Rat treffen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses durch Richtlinien oder Verordnungen alle erforderlichen Maßnahmen, um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Artikels 45 herzustellen. [...] Artikel 86 AEUV (1) Zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union kann der Rat gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen ausgehend von Eurojust eine Europäische Staatsanwaltschaft einsetzen. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments. (2) [...] SEITE 7 Rechtsgrundlagen − Zwei Beispiele (2) Artikel 46 AEUV Das Europäische Parlament und der Rat treffen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses durch Richtlinien oder Verordnungen alle erforderlichen Maßnahmen, um die Legt fest: Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Artikels 45 herzustellen (1) Ziel und Zweck [...] (2) Verfahren der Entscheidungsfindung + beteiligte Artikel 86 AEUV Institutionen (1) Zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen (3) Rechtsakt bzw Interessen der Union kann der Rat gemäß einem besonderen Handlungsform Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen ausgehend von Eurojust eine Europäische Staatsanwaltschaft einsetzen. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments. (2) [...] SEITE 8 Kompetenzkategorien ▪ Kompetenzkategorien in Art 2 bis 6 AEUV: Kategorien und Bereiche ▪ Allg Definition der Kategorien (aber nicht abschließend!) ▪ Erfordernis der Rechtsgrundlage bleibt Schlüsselelement, zB Gemeinsamer Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts (Art 4 AEUV) ist unterteilt in 15 verschiedene Rechtsgrundlagen in Titel V ▪ Drei Hauptkategorien: ▪ Ausschließlich: „nur die Union kann gesetzgeberisch tätig werden“ ▪ Geteilt: „die Union und die MS können in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig werden“; Schranke Subsidiarität ▪ Ergänzend (Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung): keine Harmonisierung SEITE 9 „Kategoriale Anomalien” ▪ Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik (Art 5 AEUV): „Koordinierungskompetenz”, aber nicht nur das (zB relevant während Eurokrise) ▪ Widersprüchlich: Sozialpolitik ist in Art 4 und 5 AEUV genannt; Gesundheitspolitik in Art 4 und 6 AEUV ▪ Ungenannt (zB Art 19 AEUV: Bekämpfung von Diskriminierung; „Abrundungskompetenz” des Art 352 AEUV am Ende des AEUV) ➔ Fazit: nur begrenzte Klarstellung; Erfordernis der Rechtsgrundlage bleibt essentiell SEITE 10 Ausschließliche Zuständigkeit (Art 3 AEUV) ▪ Definition: Art 2 Abs 1 AEUV ▪ Rechtsfolgen: MS nicht handlungsbefugt : Sperrwirkung (→ Unanwendbarkeit, nicht Nichtigkeit) ▪ MS jedoch ausnahmsweise normsetzungsbefugt: ▪ Durchführung von EU-Recht (Art 291 Abs 1 AEUV) ▪ Rückermächtigung durch EU ▪ EuGH-Rsp zu EG: „Sachwalter des gemeinsamen Interesses“ ▪ Bereiche ausschließlicher Kompetenz (taxativ): ▪ Zollunion ▪ Wettbewerb im Binnenmarkt ▪ Währungspolitik für MS mit € ▪ Biologische Meeresschätze ▪ GHP ▪ uU internationale Abkommen SEITE 11 Geteilte Zuständigkeit (Art 4 AEUV) ▪ Definition: Art 2 Abs 2 AEUV ▪ Rechtsfolgen: MS solange handlungsbefugt, wie EU Materie nicht abschließend geregelt hat (vgl auch Protokoll Nr 25) ▪ Vorrang und Sperrwirkung („peremption” bzw „pre-emption”) ▪ Bereiche: alle, wenn nicht Art 3, 6 AEUV; insb (Art 4 Abs 2 AEUV): ▪ Binnenmarkt ▪ Sozialpolitik ▪ wirtliche, soziale & territoriale Zusammenhalt ▪ Landwirtschaft & Fischerei ▪ Umwelt ▪ Verbraucherschutz ▪ Verkehr ▪ TEN ▪ Energie ▪ RFSR ▪ öffentliche Gesundheit SEITE 12 Geteilte Zuständigkeit (Art 4 AEUV) ▪ Besonderheiten in Art 4 Abs 3 und 4 AEUV ▪ „Parallele Zuständigkeit“ − keine Sperrwirkung, aber Anwendungsvorrang! ▪ Typologiewidrige Regelung: ▪ F&E, Raumfahrt, EZA & und humanitäre Hilfe ▪ MS dürfen weiter handeln! ▪ iwS Typus der „Unterstützungskompetenzen“ in Art 6 AEUV ▪ „Gubernativkompetenz“ (Art 5 AEUV, Art 2 Abs 3 AEUV) ▪ (Nur) Koordination der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik ▪ GASP ▪ Von Grundregel des Art 4 Abs 1 AEUV nicht explizit ausgenommen ▪ dh nicht: geteilte Kompetenz iSd AEUV ▪ sondern: Sonderregeln (vgl Art 24 EUV) SEITE 13 Unterstützende, Koordinierende und Ergänzende Kompetenz (Art 6 AEUV) ▪ Definition: Art 2 Abs 5 AEUV ▪ Rechtsfolgen: Zuständigkeit der MS nicht berührt − Limitierung der EU hinsichtlich der Handlungsweisen (nur Koordinierung, Unterstützung und Ergänzung, aber Instrumente stehen frei) ▪ Keine Sperrwirkung, aber Anwendungsvorrang ▪ Keine Harmonisierung ▪ Bereiche: ▪ Menschliche Gesundheit ▪ Industrie ▪ Kultur ▪ Tourismus ▪ Allgemeine und berufliche Bildung, Jugend, Sport ▪ Katastrophenschutz ▪ Verwaltungszusammenarbeit SEITE 14 Überblick: Kompetenzzuweisungen außerhalb der genannten Kategorien ▪ Vertragsabrundungskompetenz (Art 352 Abs 1 AEUV) ▪ „implied powers” (Zuständigkeiten kraft Sachzusammenhangs) ▪ Hauptanwendungsfall Außenbeziehungen ▪ Wegen Art 216 AEUV künftig von untergeordneter Bedeutung ▪ Außenkompetenzen ▪ Explizit (zB Art 207 AEUV) oder implizit (vgl Art 3 Abs 2, 216 Abs 1 AEUV) ▪ Weitgehende Parallelität von Innen- und Außenkompetenzen ▪ Offene Methode der Koordinierung (OMK) SEITE 15 Vertragsabrundungskompetenz (Art 352 AEUV) ▪ Sog „Flexibilitätsklausel“ ▪ Erforderlichkeit zur Verwirklichung von Vertragszielen (insb Art 3 EUV) ▪ IRd vertraglichen Politikbereiche ▪ Nicht GASP (Art 352 Abs 4 AEUV) ▪ Grenzen des Art 40 Abs 2 EUV (rechtstechnisch problematisch) ▪ Keine Harmonisierung, wo vertraglich ausgeschlossen ▪ Alle Rechtsakttypen denkbar ▪ Rat: Einstimmigkeit – EP: Zustimmung ▪ Nationale Parlamente: Subsidiaritätsprüfung (Frühwarnmechanismus) SEITE 16 Offene Methode der Koordinierung (OMK) ▪ Nicht in Art 2 bis 6 AEUV: Bereiche, in denen keine EU-(Legislativ-) Kompetenz besteht ▪ Tw vertraglich vorgesehen (Verweise in Art 149, 156 Abs 2, 168 Abs 2, 173 Abs 2, 181 Abs 2 AEUV), tw nur politisch vereinbart ▪ Rechtlich unverbindlich ▪ Unterschiedliche Instrumente: zB Koordinierung durch Leitlinien, Aktionspläne, „peer review“, „benchmarking“, „best practices“ ▪ Regelmäßige Überwachung der MS SEITE 17 Rechtsstreitigkeiten − Wahl der Rechtsgrundlage I ▪ Wahl der Rechtsgrundlage: typischer Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten vor dem EuGH ▪ Grund: unterschiedliche Rechtsgrundlagen = unterschiedliche Verfahren der Entscheidungsfindung ▪ Bsp: KOM wählt Rechtsgrundlage, die als Konsensquorum qM vorsieht ▪ EuGH: im Zweifel sind Ziel und Inhalt sowie der Schwerpunkt des Rechtsakts ausschlaggebend („centre of gravity“, „best fit“) ▪ Weniger Rechtsstreitigkeiten nach VvL? ▪ Durch Einführung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens weniger Anreize, Rechtsgrundlage infrage zu stellen ▪ Aber: weiterhin Bedeutung im Hinblick auf Abgrenzung AEUV-GASP und AEUV-EAGV SEITE 18 Rechtsstreitigkeiten − Wahl der Rechtsgrundlage II ▪ Problem der Wahl der für einen Rechtsakt „richtigen“ Kompetenzgrundlage ▪ Wahl von Ziel und Inhalt des Rechtsakts abhängig ▪ Kompetenzgrundlage relevant für anwendbares Verfahren (welche Organe haben Mitwirkungsrechte?) und zulässigen Inhalt des Rechtsakts ▪ Im Zweifel Hauptziel des Rechtsakts ausschlaggebend ▪ Im Fall zweier gleichrangiger, untrennbarer Zielsetzungen ausnahmsweise Doppelabstützung zulässig ▪ Dadurch kann es zB zu einer „Aufladung“ des oGGV durch ein Einstimmigkeitserfordernis im Rat kommen ▪ Gegenausnahme: prozedurale Unvereinbarkeit (insb Gesetzgebungs- vs sonstiges Rechtsetzungsverfahren) SEITE 19 Wiederholung (1): „Wahl“ der RGL eines Rechtsakts Objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände (insb Ziel und Inhalt des Rechtsakts) Rechtsakt verfolgt 1 Zielsetzung Rechtsakt verfolgt 2 Zielsetzungen Subsidiaritäts- oder 1 RGL Spezialitätsregeln? ja nein 1 RGL Inhaltl Zuordnungsregel notwendig SEITE 20 Wiederholung (2): „Wahl“ der RGL eines Rechtsakts Schwerpunkt bzw wesentliche/überwiegende Zielsetzung? ja nein 1 RGL Doppelabstützung, wenn untrennbar verbunden und gleichwertig Gegenausnahme: Doppelabstützung nur zulässig, wenn Verfahren vereinbar Maßstab: Verfahrensrechte eines Organs bleiben erhalten, auch wenn 2. RGL Verfahrensrecht nicht vorsieht → Kumulation der Verfahren NB: nach jüngerer Rsp ist Kompetenzgrundlage heranzuziehen, der der Rechtsakt aufgrund seines objektiven Regelungsgehalts sachlich näher steht SEITE 21 Subsidiaritätsprinzip (Art 5 Abs 3 EUV, Protokoll Nr 2) ▪ Zweck: Schutz nationaler ▪ Prüfschritte: Interessen und Gewohnheiten 1. Welche Ziele will die EU verfolgen? ▪ Anwendungsbereich: Außerhalb 2. Was ist die Kompetenzgrundlage? ausschließlicher Zuständigkeit 3. Weist die Kompetenzgrundlage eine nicht-ausschließliche ▪ Kompetenzausübungsschranke Zuständigkeit auf? ▪ Kontrolle durch nationale 4. Negative Abgrenzung Parlamente („Frühwarnsystem“) („Effizienztest”): Untersuchung der Fähigkeit der MS, das vorgegebene ▪ Justiziabilität (Art 263, 267 Ziel zu erreichen AEUV) 5. Positive Abgrenzung („Mehrwerttest“): Ist ein Regelungsbedürfnis der betreffenden Materie gerade aus Sicht der Zielsetzung (Art 3 EUV, Protokolle) der EU gegeben? SEITE 22 Prinzip der Verhältnismäßigkeit (Art 5 Abs 1 S 2, Abs 4 EUV; Protokoll Nr 2) ▪ Allg Rechtsgrundsatz des ▪ Prüfschritte: Unionsrechts 1. Geeignetheit: Ist die Maßnahme ▪ Bindung der Unionsorgane bei geeignet, das Ziel XY zu erreichen? der Rechtsetzung und Verwaltung → weites Ermessen („offensichtlich sowie MS bei Vollzug von ungeeignet”) Unionsrecht und Beschränkung von 2. Erforderlichkeit: Geht die Grundfreiheiten Maßnahme über das zur ▪ Kompetenzausübungsschranke Zielerreichung erforderliche Maß ▪ Justiziabilität hinaus? 3. Verhältnismäßigkeit ieS: Eingriff muss in angemessenem Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen SEITE 23 Prüfungsaufbau Verbandskompetenz 1. Begrenzte Kompetenz der EU (Art 5 Abs 1 S 1 EUV > Art 5 Abs 2 EUV) 2. Kompetenzgrundlage („Einzelermächtigung“), zB Art 114 AEUV ▪ Folgen für die Handlungsform (Art 288 AEUV): „Maßnahmen“ (zB Art 114 AEUV) oder Beschränkung auf RL (zB Art 115 AEUV) 3. Zuordnung zum Kompetenztyp (Art 2-6 AEUV), zB geteilte Kompetenz Art 4 Abs 2 lit a AEUV ▪ Folgen für die Intensität möglicher Regelungen (zB Harmonisierungsverbot) ▪ Folgen für die Kompetenzausübungsschranke (Subsidiaritätsprinzip bei nicht ausschließlicher Kompetenz der EU) 4. Beachtung der Kompetenzausübungsschranken: Subsidiaritätsprinzip (Art 5 Abs 3 EUV); Verhältnismäßigkeitsprinzip (Art 5 Abs 4 EUV, Subsidiaritätsprotokoll) SEITE 24 § 6 Rechtsetzung Allgemeines ▪ Rechtsakte ▪ Gesetzgebungsakte ▪ Im ordentlichen GG-Verfahren durch Rat und EP ▪ Im besonderen GG-Verfahren ▪ Als VO, RL oder Beschluss ▪ Andere Rechtsakte/Rechtsakte ohne Gesetzescharakter ▪ Rechtsakte auf Grundlage des Primärrechts (Einfache Rechtsakte, zB Art 43 Abs 3 AEUV) ▪ Delegierte Rechtsakte Art 290 AEUV ▪ Durchführungsrechtsakte Art 291 AEUV SEITE 26 Rechtsetzung durch Rat und EP ▪ Regelfall: ordentliches Gesetzgebungsverfahren ▪ durch Rat und EP gemeinsam und gleichberechtigt ▪ „gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren” ▪ entspricht früherem Mitentscheidungsverfahren ▪ Ausnahme: besondere Gesetzgebungsverfahren ▪ entweder EP oder Rat führende Rolle; Mitwirkung des jeweils anderen Organs ▪ Zustimmung bzw Anhörung des jeweils anderen Organs SEITE 27 Art 294 AEUV: Ordentliches Gesetzgebungsverfahren I Vorschlag KOM-Initiative RAT Vorschlag EP: 1. Lesung EP-Standpunkt (ggf mit Änderungen) Billigung Rechtsakt RAT: 1. Lesung Ratsstandpunkt KOM Nichtäußerung Standpunkt Billigung Ablehnung kein Rechtsakt EP: 2. Lesung Rechtsakt abgeänderte Fassung SEITE 28 Art 294 AEUV: Ordentliches Gesetzgebungsverfahren II KOM vollst Stellungnahme Billigung Rechtsakt RAT keine vollst Billigung oder Fehlen der erforderlichen Mehrheiten Teilnahme Vermittlungsausschuss Rat (QuM) – EP (Mehrheit) KOM kein gems Entwurf (6 Wo) gemeinsamer Entwurf kein Rechtsakt RAT: 3. EP: 3. Lesung kein Lesung (Mehrheit Rechtsakt (QuM) abgg Stimmen) Rechtsakt SEITE 29 Besondere Gesetzgebungsverfahren Entspricht früherem Entspricht früherem Anhörungsverfahren Zustimmungsverfahren ▪ Verfahrensregelungen: s konkrete ▪ Verfahrensregelungen: s konkrete Norm Norm ▪ Erlass durch Rat ▪ Gesetzgebungsakte des EP: ▪ zB für Regelungen im Bereich des ▪ EP nicht gleichberechtigt EP selbst ▪ Anhörung des EP ▪ Zustimmung des Rates grds mit (Stellungnahmerecht; keine rechtl QuM Bindung) ▪ Gesetzgebungsakte des Rates: ▪ Bsp: Passerelle-Beschlüsse, ▪ zB Ernennung der KOM als bestimmte Fragen der Kollegialorgan, Beitritt von Staaten Unionsbürgerschaft (bspw Art 21 zur EU Abs 3, Art 22 Abs 2 S 2 AEUV) ▪ Zustimmung des EP SEITE 30 Rechtsetzung durch Kommission ▪ Rechtsakt auf Grundlage Primärrecht (= Sekundärrecht) ▪ Beschluss der Kommission in Beihilfesachen Art 108 Abs 2 AEUV ▪ Delegierte Rechtsakte (Art 290 AEUV; Tertiärrecht) ▪ Übertragung Rechtsetzungsbefugnis in Gesetzgebungsakt (legislative Gewalt) auf Kommission ▪ nur zur Änderung bzw Ergänzung ▪ bestimmter, nicht wesentlicher Vorschriften ▪ Festlegung Ziel, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer ▪ Kontroll- und Widerrufsmöglichkeiten für EP und Rat (Art 290 Abs 2 AEUV) ▪ Durchführungsrechtsakte (Art 291 AEUV; Tertiärrecht) ▪ Übertragung Durchführungsbefugnis in verbindlichen Rechtsakten (exekutive Gewalt) auf KOM oder Rat für Vw-Vollzug ▪ Kontrolle durch MS (dem Grundsatz nach für Vollzug zuständig) ▪ Festlegung allg Regeln und Grundsätze durch Rat und EP im Voraus (Art 291 Abs 3 AEUV, neue Komitologie-Verordnung (EU) Nr 182/2011) SEITE 31 Rechtsetzung durch Kommission ▪ Komitologie ▪ Zweck: ▪ Kontrolle von Kommissionsentwürfen (materiell: teils GG) ▪ ursprünglich durch Rat ▪ später: auch EP (Änderungen Komitologiebeschluss 1999, 2006) ▪ Neuregelung für Art 291 Abs 3 AEUV ▪ neue Komitologie-Verordnung (EU) Nr 182/2011 löst den früheren Komitologie-Beschluss 1999/468/EG des Rates ab ▪ Kontrolle der KOM durch MS ▪ Vorlage der KOM an MS-Ausschuss unter Vorsitz KOM ▪ Beratungsverfahren und Prüfverfahren SEITE 32 § 7 Verwaltung Kompetenzaufteilung EU/MS ▪ Unionsunmittelbarer Vollzug (Ausnahme) ▪ Unionsinterner Bereich ▪ Externer unionsunmittelbarer Vollzug ▪ Mitgliedstaatlicher Vollzug (Regel; Art 291 Abs 1 AEUV) ▪ Unmittelbare mitgliedstaatliche Vollziehung: Vollzug von Unionsrecht ▪ Mittelbare mitgliedstaatliche Vollziehung: Vollzug von Ausführungsrecht ▪ Grundsatz der institutionellen und verfahrensmäßigen Autonomie der MS ▪ Verwaltungszusammenarbeit (Art 197 AEUV) SEITE 34 Verwaltungsorganisation Unionsunmittelbar Mitgliedstaatlich ▪ Unionsinterner Vollzug: durch die ▪ Verwaltungsorganisation obliegt MS jeweiligen Organe (Art 4 Abs 3 EUV, Art 291 Abs 1 ▪ Unionsexterner Vollzug: erfordert AEUV) europ Verwaltung ▪ Beeinflussung durch Sekundärrecht ▪ KOM (Art 17 Abs 1 S 5 EUV) oder materielles Unionsrecht ▪ Einrichtungen und Stellen der ▪ Keine Weisungsbefugnis der KOM, Union, die keine Organe sind (bspw aber faktische Agenturen und Ämter, EZB) Einflussmöglichkeiten SEITE 35 Verwaltungsverfahren Unionsunmittelbar Mitgliedstaatlich ▪ Prim + sek Unionsrecht ▪ (a) Unmittelbar ▪ Art 298 Abs 2 AEUV als ▪ Grundsatz: Verfahrensautonomie der MS, soweit keine Vorschriften ausdrückliche Rechtsgrundlage im EU-Recht (Soweit-Formel, Art ▪ Gebietsübergreifende Regelungen 291 Abs 1 AEUV) des allg Verwaltungsrechts nur ▪ Schranken (Art 4 Abs 3 EUV): punktuell ▪ Effektivitätsgebot ▪ Äquivalenzgebot/Grundsatz der ▪ Verstreut in VO (nur Einzelaspekte) Gleichwertigkeit ▪ Lückenschließung durch allg ▪ (b) Mittelbar Rechtsgrundsätze ▪ Grds Vollzug von Umsetzungsrecht nach nat Vorschriften; beeinflusst durch Effektivitäts- und Äquivalenzgebot SEITE 36 Institut für Europarecht und Internationales Recht Gebäude D3, 3. OG Welthandelsplatz 1, 1020 Vienna, Austria Moritz Anton Ibesich [email protected] https://www.wu.ac.at/eir SEITE 37

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