ExRewe_WS24-25_RWP-Skript_upload_2024-12-28 PDF
Document Details
Uploaded by Deleted User
Ludwig Maximilian University of Munich
2024
Thorsten Sellhorn, Andreas Oberhauser, Jan Seitz
Tags
Summary
This document is a lecture script for an External Accounting course at LMU Munich, covering topics like financial statements, company analysis and accounting beyond the annual report. It's intended for undergraduate business administration students, providing foundational knowledge in accounting and financial reporting.
Full Transcript
Institut für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung (RWP) Prof. Dr. Thorsten Sellhorn Lehrveranstaltung Externes Rechnungswesen Wintersemester 2024/2025 Skript zu den Veranstaltungsteilen des Instituts für RWP I Vo...
Institut für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung (RWP) Prof. Dr. Thorsten Sellhorn Lehrveranstaltung Externes Rechnungswesen Wintersemester 2024/2025 Skript zu den Veranstaltungsteilen des Instituts für RWP I Vorwort Dieses Skript wendet sich an Sie als Teilnehmer/Teilnehmerin der Lehrveranstaltung „Exter- nes Rechnungswesen“ an der LMU München. Herzlich willkommen! Wir nehmen an, Sie studieren BWL, weil Sie verstehen wollen, wie Unternehmen funktionie- ren, wie man Unternehmen führt und welche Rolle Unternehmen in Wirtschaft und Gesell- schaft spielen. Und weil Sie sich von einem BWL-Abschluss eine solide Basis für vielfältige Berufs- und Entwicklungspfade versprechen. In beiden Fällen ist dieser Kurs für Sie zentral, denn hier geht es im Kern um die Frage: „Was macht ein erfolgreiches Unternehmen aus?“ Sie ahnen, dass diese Frage wichtig ist – egal, welchen Weg sie später einschlagen werden. Aufgrund der elementaren Bedeutung des Rechnungswesens (Accounting) in der BWL und in der Unternehmenspraxis (wer sich überzeugen möchte: hier spricht Star-Investor Mark Cuban) sind das „Externe Rechnungswesen“ und das „Interne Rechnungswesen“ (2. Semes- ter) bei uns und anderswo Pflichtveranstaltungen. Gemeinsam bilden sie ein solides Funda- ment für Ihr weiteres Studium und Berufsleben. Sie sind zudem die Grundlage für eine Ver- tiefung im Bereich Accounting sowie für weitergehende Spezialisierungen im Rahmen von Master- und letztlich Promotionsstudiengängen. Sie gehören möglicherweise zu denjenigen Studierenden, die sich in ihrem weiteren Studien- verlauf (aus für uns natürlich vollkommen unerfindlichen Gründen) dazu entscheiden werden, das Fach Accounting nicht zu vertiefen. Folgende erste Leitfrage liegt daher unseren Rech- nungswesen-Veranstaltungen zu Grunde: „Welche Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Ge- biet des Rechnungswesens sollten Sie mindestens erwerben, um für Ihre spätere berufliche Laufbahn gerüstet zu sein?“ Hinzu kommt, dass man Sie in Ihrem zukünftigen Berufs- (und ggf. auch Privat-) Leben aufgrund Ihres betriebswirtschaftlichen Abschlusses (ob zu Recht oder zu Unrecht – das liegt an Ihnen) als Expertin/Experte in allen Wirtschaftsfragen wahr- nehmen wird. Für Viele ist dies gleichbedeutend mit Expertise (vor allem) auch in Sachen Rechnungswesen, denn Accounting bildet seit jeher eines der Kernfächer der BWL. Daher lautet unsere zweite Leitfrage für diese Kurse: „Was sollten Sie aus Ihrem Studium nachhaltig mitnehmen, um Ihrem Ruf als BWL-Absolventin/Absolvent der LMU gerecht zu werden?“ Dieses Skript soll Ihnen helfen, sich diese Kenntnisse anzueignen – und dabei hoffentlich Ihre Begeisterung für dieses spannende Fach wecken. Denn eines ist sicher: Welchen Beruf Sie später auch ergreifen werden, sei es in der Unternehmensberatung, im mittelständischen „Hid- den Champion“, im börsennotierten „Global Player“, im Investment Banking, in der Wirt- schaftsprüfung, Steuer- oder Nachhaltigkeitsberatung, bei einer großen Versicherung oder als Unternehmensgründerin oder -gründer – immer werden Sie es mit den Zahlenwerken und Steuerungsinstrumenten des Rechnungswesens zu tun haben. Denn: Accounting matters! Fun- dierte Kenntnisse auf diesem Gebiet stellen für Sie zukünftig einen Wettbewerbsvorteil dar, dessen Grundlagen Sie in Ihrem Studium legen sollten. Bitte bedenken Sie dabei, dass Ihr Interesse an diesem Fach – und Ihre Kenntnisse – umso schneller wachsen werden, je mehr Zeit und Energie Sie in das Studium unserer Inhalte in- vestieren! Wir wünschen Ihnen viel Freude im Externen Rechnungswesen! München, im Oktober 2024 Thorsten Sellhorn, Andreas Oberhauser, und Jan Seitz vom Institut für RWP II Inhaltsverzeichnis Gebrauchsanweisung.............................................................................................................................. 7 1. Teil: Rechnungswesen als Sprache der Wirtschaft......................................................................... 9 1.1 Worum geht es hier?................................................................................................................. 9 1.2 Was ist ein Unternehmen?...................................................................................................... 12 1.3 Was macht ein Unternehmen?............................................................................................... 16 1.4 Für wen und warum gibt es Unternehmen?......................................................................... 21 1.5 Wann hat ein Unternehmen „Erfolg“?................................................................................. 27 1.6 Wo kommt das Rechnungswesen ins Spiel?......................................................................... 34 2. Teil: Der Jahresabschluss als Herzstück der Unternehmensberichterstattung.......................... 38 2.1 Einführung............................................................................................................................... 38 2.2 Elemente des Jahresabschlusses............................................................................................ 40 2.3 Ausgestaltung des Jahresabschlusses.................................................................................... 60 2.4 Institutionelle Rahmenbedingungen...................................................................................... 73 2.5 Bilanzpolitik und Jahresabschluss......................................................................................... 94 3. Teil: Unternehmensanalyse........................................................................................................... 100 3.1 Überblick................................................................................................................................ 100 3.2 Vorbereitende Maßnahmen................................................................................................. 101 3.3 Kennzahlenanalyse................................................................................................................ 102 3.4 Kennzahlensysteme............................................................................................................... 112 3.5 Prognoserechnung................................................................................................................. 120 3.6 Kritische Würdigung und Grenzen der Unternehmensanalyse....................................... 124 4. Teil: Externes Rechnungswesen jenseits des Jahresabschlusses................................................ 126 4.1 Überblick................................................................................................................................ 126 4.2 Konzernabschlüsse................................................................................................................ 126 4.3 Weitere Formen der Unternehmenspublizität................................................................... 135 4.4 Unternehmensverfassung (Corporate Governance).......................................................... 138 4.5 Nachhaltigkeitsberichterstattung........................................................................................ 140 4.6 Abschlussprüfung.................................................................................................................. 145 4.7 Fazit: Vision einer ganzheitlichen Unternehmensberichterstattung................................ 147 Nachwort.............................................................................................................................................. 149 Anhang 1: Fallstudie „Eisbach Boards“............................................................................................ IX Teil 1: Es geht los!............................................................................................................................. X Teil 2: Jahresabschluss.................................................................................................................XIV Anhang 2: Erläuterungen zur Fallstudie „Eisbach Boards“.......................................................... XV I Teil 1: Es geht los!................................................................................................................. XV II Teil 2: Jahresabschluss........................................................................................................ XLI III Anhang 3: Grundlegende Literatur.............................................................................................. XLVI Anhang 4: Wörterbuch................................................................................................................. XLVII IV Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Gewinnmaximierung unter der Nebenbedingung der Insolvenzvermeidung (Illiquidität und Überschuldung)........................................................................................................................ 29 Abbildung 2: Ziele des Unternehmens und die damit verbundenen Steuerungsebenen und Rechnungslegungssysteme................................................................................................................................ 33 Abbildung 3: Teilgebiete des Rechnungswesens nach Adressaten.................................................................... 37 Abbildung 4: Dynamisches Zusammenspiel der Rechenwerke......................................................................... 42 Abbildung 5: Grobgliederung der Bilanz.......................................................................................................... 42 Abbildung 6: Systematisierung von Eigenkapitalveränderungen...................................................................... 48 Abbildung 7: Gliederung des Betriebsergebnisses innerhalb GuV................................................................... 50 Abbildung 8: Gliederung der GuV unterhalb des Betriebsergebnisses............................................................. 53 Abbildung 9: Abgrenzung von Gewinn/Verlust und Cashflow......................................................................... 56 Abbildung 10: Vergleich von HGB und IFRS................................................................................................... 88 Abbildung 11: Unterschiede zwischen den Herstellungskosten nach HGB, IFRS und EStR........................... 90 Abbildung 12: Rechnungslegung im Volkswagen-Konzern.............................................................................. 93 Abbildung 14: Zusammenhang von Umsatzrendite und Kapitalumschlag......................................................115 Abbildung 13: Leverage-Effekt........................................................................................................................116 Abbildung 15: Kapitalbindung und operative Umschlagdauer........................................................................118 Abbildung 16: Strukturierter Prognoseansatz.................................................................................................. 122 Abbildung 17: Arbeitsschritte zur Erstellung eines konsolidierten Abschlusses............................................. 128 Abbildung 18: Konsolidierungskreis nach IFRS............................................................................................. 130 Abbildung 18: Konzernverflechtungen und Konsolidierungsmaßnahmen...................................................... 133 Abbildung 19: Systematisierung der Unternehmenspublizität........................................................................ 136 Abbildung 21: Die finanzielle versus doppelte Wesentlichkeitsperspektive über die Angabe nichtfinanzieller Informationen....................................................................................................................... 143 Abbildung 21: Zusammenhänge zwischen den einzelnen Rechenwerken für das Geschäftsjahr 2024 der Eisbach Boards GmbH...................................................................................................................... XL V Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Anspruchsberechtigte des Unternehmens......................................................................................... 27 Tabelle 2: GuV und Kapitalflussrechnung im Vergleich................................................................................... 58 Tabelle 3: Rechnungslegungspflichten in Deutschland..................................................................................... 92 Tabelle 4: Umfang und Offenlegung des Jahresabschlusses nach HGB......................................................... 137 Tabelle 5: Teilbereiche der Unternehmensberichterstattung............................................................................ 148 VI Gebrauchsanweisung Übersicht Dieses Skript besteht aus fünf Teilen, die grob dem Ablauf der vom Institut für Rechnungswe- sen und Wirtschaftsprüfung abgehaltenen Vorlesungen und Übungen entsprechen. Fallstudie Im Rahmen dieses Kurses begleitet Sie die Fallstudie „Eisbach Boards“ (s. Anhang 1). Diese soll Ihnen theoretische Konzepte anhand konkreter Beispiele veranschaulichen. Diese Verbin- dung von Theorie und Praxis soll Ihnen helfen, die gelernten Inhalte einzuüben und zu vertiefen. Regelmäßig werden im Kurs Aufgaben und Fragestellungen aus dieser Fallstudie aufgegriffen, die Ihnen helfen, das erlernte Wissen aktiv anzuwenden und kritisch zu reflektieren. In Anhang 2 finden Sie Erläuterungen und Lösungshinweise zu den Aufgaben der Fallstudie. Diese Erläuterungen sollen Ihnen eine zusätzliche Orientierung geben und Ihnen helfen, Ihre eigenen Lösungsansätze zu überprüfen und zu vertiefen. Nutzen Sie die Fallstudie aktiv zur Vorbereitung auf die Klausur, da sie eine wichtige Grundlage für das Verständnis und die An- wendung der theoretischen Inhalte bildet. Großer vs. kleiner Text Im Skript finden Sie unterschiedlich formatierte Absätze, die Ihnen bei der Strukturierung und dem Verständnis der Inhalte helfen sollen. Der „normale“ Text enthält wesentliche Kerninhalte, die für das grundlegende Verständnis erforderlich sind, und sollte besonders aufmerksam gele- sen werden. Zusätzlich gibt es eingerückte Absätze, die den darüberstehenden Inhalt ergänzen und vertiefen. Diese Absätze bieten Ihnen zusätzliche Erklärungen, weiterführende Details oder Beispiele, die dazu beitragen, das behandelte Thema noch umfassender zu verstehen. Sie sind hilfreich für ein tieferes Verständnis, stellen jedoch eine Ergänzung zum Kerninhalt dar und sind nicht zwingend notwendig, um die grund- sätzlichen Konzepte zu verstehen. Nutzen Sie diese Einschübe, um Ihr Verständnis über das absolut Not- wendige hinaus weiter auszubauen. Lernziele Die in diesem Skript definierten Lernziele sollen Ihnen eine klare Orientierung über die Kom- petenzen geben, die Sie am Ende der jeweiligen Vorlesungseinheiten erworben haben sollten. Sie helfen Ihnen, den Fokus auf die wichtigsten Themen zu legen und Ihre Lernfortschritte zu überprüfen. Die Lernziele dienen auch als Leitfaden bei der Prüfungsvorbereitung und geben Ihnen eine Vorstellung davon, welche Kompetenzen und Kenntnisse in der Klausur erwartet werden. Nutzen Sie die Lernziele, um Ihren eigenen Lernprozess zu strukturieren und zu re- flektieren, ob Sie die wesentlichen Inhalte verstanden haben und anwenden können. Lernkontrolle Die Lernkontrolle in diesem Kurs soll Ihnen helfen, das vermittelte theoretische Wissen zu ver- tiefen und anzuwenden. Zu jedem Unterkapitel finden Sie Single-Choice-Fragen, die Ihnen eine direkte Rückmeldung darüber geben, wie gut Sie die wesentlichen Inhalte verstanden haben. Diese Fragen unterstützen Sie dabei, das Gelernte zu reflektieren und eventuelle Wissenslücken zu erkennen. Zusätzlich beinhalten die Lernkontrollen die Übungsaufgaben aus dem jeweiligen Unterkapitel. Diese Übungsaufgaben bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihr Wissen praktisch zu erproben und zu festigen und werden an den jeweiligen Übungsterminen besprochen. Dem Syllabus entnehmen 7 Sie, welche Übungsaufgaben für welchen Übungstermin vorzubereiten sind. Ein weiterer wich- tiger Bestandteil der Lernkontrolle sind Aufgaben zu unserem Case. Diese praxisorientierten Fallbeispiele helfen Ihnen dabei, die theoretischen Konzepte auf realitätsnahe Szenarien anzu- wenden und ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge zu entwickeln. Nutzen Sie diese verschiedenen Elemente der Lernkontrolle, um kontinuierlich Ihren Lernfortschritt zu überprü- fen und sicherzustellen, dass Sie gut auf die Prüfung vorbereitet sind. Gender-Disclaimer In diesem Skript wird, zur besseren Lesbarkeit, teilweise auf eine geschlechtergerechte Sprach- form verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten jedoch gleichermaßen für alle Ge- schlechter. Die gewählte Formulierung impliziert keine Benachteiligung, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung verstanden werden. 8 1. Teil: Rechnungswesen als Sprache der Wirtschaft 1.1 Worum geht es hier? Lernziele Sie können die zentrale Aufgabe des Rechnungswesens benennen. Sie können diskutieren, warum Rechnungswesen auch die Language of Business genannt wird. Sie können das Rechnungswesen als Kulturtechnik beschreiben. Sie können die Messung von Unternehmenserfolg als soziales Konstrukt veranschaulichen. Sie haben sich für ein Studium der Betriebswirtschaftslehre entschieden. Of- Erfolgs- fenbar interessieren Sie sich für wirtschaftliche Zusammenhänge – insbeson- messung dere für Unternehmen und ihre Aktivitäten. Um Unternehmen zu verstehen, müssen Sie wissen, wie Unternehmen die Resultate ihrer Tätigkeit – ihren “Erfolg” – messen und darüber Rechenschaft ablegen können. Dies ist die zentrale Aufgabe des Rechnungswesens. Möglicherweise sind Sie mit dem Rechnungswesen bereits in Berührung ge- „Rechnungs- kommen, vielleicht in der Schule. Allein der Begriff “Rechnungswesen” im- wesen“? pliziert Glamour, Spannung und endlose Faszination – nicht wahr? Spaß bei- seite: Das Rechnungswesen wird leider oft – und völlig zu Unrecht – als eine trockene “Technik” vermittelt und wahrgenommen, die allenfalls Buchhalter, Steuerfachangestellte und andere “Erbsenzähler” interessant finden können. Sie können aber ein Unternehmen nicht verstehen (geschweige denn, führen), wenn sie dessen Sprache nicht sprechen – wenn “Bilanz”, “Gewinn” oder “Cashflow” für Sie böhmische Dörfer sind. In diesem Kurs möchten wir Ihnen daher einen anderen Zugang zu diesem Sprache der Thema vermitteln. Rechnungswesen ist viel mehr als die bloße Technik der Wirtschaft doppelten Buchführung (die Sie bei uns auch erlernen werden – keine Sorge) – es ist die Sprache, in der Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit sowohl nach außen kommunizieren als auch nach innen steuern und planen. Wenn “Rech- nungswesen” Ihnen zu langweilig klingt, versuchen Sie es einfach mit Finan- cial Management – denn genau darum geht es. Dieses Fach gehört aus guten Gründen seit jeher zum Kern der Betriebswirtschaftslehre. Unser Ziel ist es, Ihnen die ökonomische Bedeutung des Rechnungswesens, insbesondere die des externen Rechnungswesens, näherzubringen. Denn ohne Rechnungswesen gibt es keine Financial Literacy: die Fähigkeit, Financial Lite- grundlegende Finanzthemen zu verstehen – vor allem, wie ein Unternehmen racy durch Investitionen und geschäftliches Handeln finanzielle Werte schafft (oder vernichtet). 9 Warum gibt es Rechnungswesen? Warum hat es sich über Jahrhunderte hin- Rechnungsw e- weg evolutorisch entwickelt und gilt als Grundvoraussetzung jedes Wirt- sen als Kultur - technik schaftens? Als eine der ältesten Kulturtechniken spielte dabei das Rechnungs- wesen eine Schlüsselrolle in den wirtschaftlichen Entwicklungen von Gesellschaften. So nutzten zum Beispiel bereits die Sumerer eine frühe Form des Rechnungswesens zur Aufzeichnung von Getreide- und Handelsbestän- den und in Oberitalien konnte die (unter anderem von dem Franziskaner- mönch Luca Pacioli etablierte) doppelte Buchführung entscheidend zu einer wirtschaftlichen Blütephase beitragen. Das Rechnungswesen schuf dabei die Grundlagen für Handelsbeziehungen Rechnungsw e- und trug zu Stabilität (durch Vertrauen) und Wachstum von Zivilisationen und sen schafft Transparenz Volkswirtschaften bei, indem es Transparenz und Kontrolle ermöglichte. und Vertrau en Lange bevor gesetzliche Vorgaben und Regulierungen eingeführt wurden, diente das Rechnungswesen als zentrales Instrument, um das unternehmeri- sche Tun messbar zu machen. Wir möchten, dass Sie das Rechnungswesen nicht als eine bürokratische Pflicht sehen, sondern als eine Möglichkeit, die Aktivitäten eines Unternehmens in Zahlen darzustellen, die viele verschie- dene Dimensionen der Unternehmenstätigkeit erfassen. Rechnungswesen hilft uns dabei, unterschiedliche Konzepte von Erfolg zu messen und zu be- werten. Nehmen Sie das Beispiel des börsennotierten Fußballvereins Borussia Dort- Was ist “Er- mund. Was ist “Erfolg” für dieses Unternehmen? Ist es der Tabellenplatz in folg”? der Bundesliga, der Börsenkurs oder der Gewinn, der im Jahresabschluss aus- gewiesen wird? Das Rechnungswesen macht diese unterschiedlichen Dimen- sionen von Erfolg messbar. Diese Vielfalt und Flexibilität machen das Rech- nungswesen besonders spannend, und wir möchten Ihnen die Gelegenheit bieten, sich mit diesen Facetten auseinanderzusetzen und zu verstehen, was Erfolg in einem Unternehmen bedeutet und wie er gemessen werden kann. Gleichzeitig erkennen wir, dass die Messung von Unternehmenserfolg nicht Erfolg als sozi- so eindeutig funktioniert wie bei physikalischen Größen, etwa bei der Kör- ales Konstrukt pergröße eines Menschen oder dem CO2-Ausstoß einer Fabrik. Erfolg ist im Rechnungswesen immer auch ein soziales Konstrukt, in das vielfältige Per- spektiven und Werturteile einfließen. Daher ist das Rechnungswesen nicht nur eine technische Disziplin, sondern auch ein sozialer Prozess, der die wirt- schaftliche Wirklichkeit eines Unternehmens abbildet und uns als Gesell- schaft ermöglicht, unternehmerische Aktivitäten zu bewerten und daraus Konsequenzen abzuleiten. Damit geht zwangsläufig immer auch eine gewisse Subjektivität einher, die eine Beschäftigung mit dieser Materie besonders spannend macht. In diesem ersten Teil des Kurses beschäftigen wir uns mit fünf zentralen Fra- Aufbau des 1. gen, die in den kommenden Kapiteln behandelt werden. Zunächst klären wir, Teils was ein Unternehmen ist (Abschnitt 1.2) und was es tut (Abschnitt 1.3). Da- nach werfen wir einen Blick darauf, für wen und warum Unternehmen exis- tieren (Abschnitt 1.4) und wie man den Erfolg eines Unternehmens definieren und bestimmen kann (Abschnitt 1.5). Diese Fragen führen uns schließlich 10 zum Kern unseres Themas: der Rolle des Rechnungswesens bei der Messung und Darstellung des Unternehmenserfolgs (Abschnitt 1.6). Nutzen Sie die Möglichkeit, diese Themen in den Vorlesungen und Übungen mit uns zu dis- kutieren und so ein tiefgehendes Verständnis für die Bedeutung des Rech- nungswesens in der modernen Wirtschaft zu entwickeln. Lernkontrolle Kontrollfragen Bitte bearbeiten Sie die Kontrollfragen zu diesem Unterabschnitt auf der Moodle-Seite. 11 1.2 Was ist ein Unternehmen? Lernziele Sie können verschiedene betriebswirtschaftliche Unternehmensmodelle benennen und beschrei- ben. Sie können erklären, wie die Perspektive eines Unternehmens als "Generator von Ein- und Aus- zahlungen" mit der Steuerung der Liquidität und Rentabilität zusammenhängt. Sie können unterschiedliche Unternehmensperspektiven wie dieses Unternehmens als Produk- tionsfunktion oder das Unternehmen als Bündel von Verträgen vergleichen und deren jeweilige Implikationen analysieren. Sie können verschiedene Rechtsformen nennen und klassifizieren. 1.2.1 Eine Frage der Perspektive Unternehmen sind komplexe soziale Gebilde, die sich in ihrer Gesamtheit nur Betrieb swirt- schaftliche schwer erfassen lassen. Die Betriebswirtschaftslehre nutzt daher “Modelle”, „Unterneh - um auf bestimmte Aspekte eines Unternehmens zu fokussieren – wie eine mensmodelle“ Landkarte, die spezifische Eigenschaften des Territoriums hervorhebt. Diese Abstraktion reduziert Komplexität und lenkt den Fokus auf spezifische Fra- gen, die von Interesse sind. Dabei lassen sich verschiedene Modellperspekti- ven beispielhaft aufführen: Das Unternehmen als “Generator” von Ein- und Auszahlungen: In dieser Untern ehmen Perspektive erscheint das Unternehmen als “Maschine”, die durch Transakti- als “Generator” von Ein- und onen mit ihrer Umwelt Ein- und Auszahlungen generiert. Diese Transaktio- Auszahlungen nen erfolgen mit verschiedenen Akteuren wie dem Markt für Inputfaktoren, dem Absatzmarkt, dem Arbeitsmarkt, den Steuerbehörden sowie Eigen- und Fremdkapitalgebern. Aus den Beziehungen zu diesen Akteuren entstehen spe- zifische Zahlungsströme, die im Rechnungswesen erfasst werden. Ziel ist es, diese Zahlungsströme zu analysieren und zu steuern, um die Liquidität und Rentabilität des Unternehmens zu sichern oder gar zu maximieren. Das Unternehmen als Bündel von Verträgen (nexus of contracts): Diese Nexus o f Sichtweise stammt aus der sog. Neuen Institutionenökonomik und betrachtet contracts das Unternehmen als ein Netzwerk von Verträgen. Unternehmen bestehen in dieser Perspektive nicht als festes Gebilde, sondern als Bündel von vertragli- chen Vereinbarungen zwischen verschiedenen Parteien wie Mitarbeitenden, Lieferanten, Kunden und Kapitalgebern. Jeder dieser Verträge regelt spezifi- sche Rechte und Pflichten, wodurch ein System von Anreizen und Kontroll- mechanismen entsteht, dass das Verhalten der beteiligten Akteure koordiniert. Das Unternehmen als Produktionsfunktion: In der klassischen Sicht wird Untern ehmen ein Unternehmen als eine Einheit beschrieben, die Produktionsfaktoren wie als Produkti- onsfunktion Arbeit, Kapital und Boden in Güter und Dienstleistungen umwandelt. Diese Sichtweise reduziert ein Unternehmen auf die Frage, wie Inputs effizient in Outputs transformiert werden können. Die Produktionsfunktion modelliert 12 den Zusammenhang zwischen den eingesetzten Ressourcen und dem erzielten Output, wobei der Fokus auf der Maximierung der Produktion bei minimalem Ressourceneinsatz liegt. Diese Perspektive ist zentral für Effizienzüberlegun- gen und Kostenmanagement. Das Unternehmen als Verursacher von Externalitäten: Unternehmen ver- Untern ehmen ursachen nicht nur direkte Ein- und Auszahlungen, sondern auch sogenannte als Verursa- cher von Exter- Externalitäten oder externe Effekte – insbesondere ökologische und soziale nalitäten Auswirkungen, die nicht vom Unternehmen unmittelbar getragen werden. Solche Externalitäten können negativ (z.B. Umweltverschmutzung oder sozi- ale Ungleichheit) oder positiv sein (z.B. Wissenszuwachs durch Forschung). Diese Perspektive betont, dass Unternehmen eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und Umwelt tragen, die über ihre finanzielle Wertschöpfung hinausgeht. Die Herausforderung besteht dann darin, Mechanismen zu entwi- ckeln, um diese Externalitäten zu internalisieren oder zu kompensieren. Das Unternehmen als Bündel von Vermögenswerten und Finanzierungs- Untern ehmen quellen: In dieser Perspektive wird das Unternehmen als eine Struktur be- als Bündel von Vermögenswer- trachtet, die auf der einen Seite aus Vermögenswerten und auf der anderen ten und Finan- Seite aus den finanziellen Mitteln besteht, die zur Anschaffung dieser Vermö- zierungsquel - len genswerte benötigt werden. Es geht also um die Mittelherkunft – also die Quellen der Finanzierung, wie Eigen- und Fremdkapital – und die Mittelver- wendung, also darum, wie diese Mittel in Anlagen, Maschinen oder andere Ressourcen investiert werden, um den Unternehmenszweck zu erfüllen. Diese Sichtweise ist grundlegend für das externe Rechnungswesen, da sie die Bi- lanzstruktur eines Unternehmens darstellt und Rückschlüsse auf dessen finan- zielle Stabilität und Investitionspolitik zulässt. Jede dieser Perspektiven stellt eine modellhafte Reduktion der Unterneh- Modellhafte Re- mensrealität dar und ermöglicht es, spezifische Fragestellungen innerhalb der duktion von Untern ehmens- Betriebswirtschaftslehre systematisch zu untersuchen und zu bewerten. Wir realitäten werden später diskutieren, welche Implikationen diese verschiedenen Per- spektiven für die Frage haben, was den “Erfolg” eines Unternehmens aus- macht. Grundlegende Literatur: A.G. Coenenberg, A. Haller, G. Mattner und W. Schultze , Einführung in das Rechnungswesen, 7. Aufl., Kap. 2; W. Neus , Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, Kap. 5.1.2. Dem Begriff des Unternehmens stellt Dieter Schneider den Begriff der Unter- nehmung gegenüber. Schneider versteht eine Unternehmung als eine evoluto- risch gewachsene Institution zur Ausübung von Unternehmerfunktionen. Dabei ist für Schneider die Hauptunternehmerfunktion die eigennützige Übernahme von Einkommensunsicherheiten Anderer. So können zum Beispiel Anstel- lungsverträge verstanden werden als das eigennützige – denn der Arbeitgeber er- hält im Gegenzug Arbeitskraft – Abnehmen der Einkommensunsicherheit eines Angestellten. Einkommensunsicherheiten entstehen nach Schneider durch die Unsicherheit und Ungleichverteilung von Wissen über zukünftige Geschehnisse. (Vgl. D. Schneider , Betriebswirtschaftslehre, Band 3, Theorie der Unter- nehmung, S 46 ff.) Der Begriff der Unternehmung ist also viel weiter gefasst, bezieht sich auf die Verringerung von Einkommensunsicherheiten – statt Ge- winnmaximierung – als zentrales Kriterium. In der US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaft hat sich die Definition von Jensen und Meckling durchgesetzt. Auf Basis der Prinzipal-Agenten-Theorie fol- gern Jensen und Meckling, dass ein Unternehmen verstanden werden kann als „a legal fiction which is at the center of a nexus of contracts“. (M. C. Jensen und W. H. Meckling , Theory of the firm: Managerial behavior, agency costs and ownership structure, Journal of Financial Economics 3.4: S. 305-360, S.310.) 13 Zu vermeiden ist in diesem Zusammenhang der umgangssprachlich verbreitete Begriff der “Firma”. Die Firma bezeichnet den Namen eines Kaufmanns bzw. eines Unternehmens im Geschäftsverkehr. Der englische Begriff firm (Unterneh- men) verleitet zu dieser falschen Begriffsverwendung im Deutschen. 1.2.2 Unser Fokus: Wirtschaftsunternehmen Wir wollen uns hier auf Organisationen fokussieren, die im Auftrage ihrer Wirtschaftli- cher Zweck Anspruchsgruppen einen wirtschaftlichen Zweck (z. B. Gewinnmaximie- rung) verfolgen und daher ein externes Rechnungswesen benötigen, um ihre Zielerreichung sicherzustellen und den Grad ihrer Zielerreichung an ihre An- spruchsgruppen zu kommunizieren. Diese Organisationen wollen wir hier als Wirtschaftsunternehmen bezeichnen. Selbstverständlich können Organisationen nicht-wirtschaftliche Zwecke verfol- gen, und auch Wirtschaftsunternehmen können außerwirtschaftliche Ziele haben; wir diskutieren diese Frage in Abschnitt 2.4. Zur Debatte, ob corporate social responsibility (CSR) ein legitimes Unternehmensziel darstellt, vgl. etwa Carroll, Archie B., und Kareem M. Shabana. “The business case for corporate social re- sponsibility: a review of concepts, research and practice.” International Journal of Management Reviews 12.1 (2010): 85-105. Rechtsformen Wirtschaftsunternehmen können in unterschiedlichen Rechtsformen operie- ren. Die Bandbreite reicht von Rechtssubjekten (natürliche Personen sowie juristische Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit) bis hin zu nichtrechts- fähigen Subjekten (z. B. rechtlich unselbständige Mitunternehmerschaften) und rein wirtschaftlichen Einheiten sowie Mischformen. Damit betrachten wir hier einerseits Einzelunternehmen, Personengesellschaften (z. B. GbR, OHG, KG, PartG und EWIV), Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG, Ltd. und SE) sowie Genossenschaften (eG) und Mischformen (z. B. KGaA und GmbH & Co. KG) Andererseits widmen wir uns aber auch Konzernen und anderen Formen von Konzerne als Unternehmenszusammenschlüssen als rein wirtschaftlichen Einheiten. Dies wirtsch aftlich e Einheit ist konsistent mit Gutenberg, der seinen Unternehmensbegriff nicht auf eine rechtliche Einheit beschränkt, sondern hierunter jede wirtschaftlich selbstän- dige Organisationseinheit subsumiert. Nicht gemeint sind hier wirtschaftliche Einheiten nach § 2 BewG, also wirt- schaftlich zusammengehörige Einheiten von Gegenständen, die nach dem Be- wertungsgesetz einheitlich bewertet werden. 14 Lernkontrolle Kontrollfragen Bitte bearbeiten Sie die Kontrollfragen zu diesem Unterabschnitt im Moodle Kurs. Übungsaufgaben 1-1. Beschreibung des Begriffes „Unternehmen“ Beschreiben Sie, was ein Unternehmen ist, und gehen Sie hierbei auf die unterschiedlichen Blick- winkel ein, aus welchen ein Unternehmen betrachtet werden kann. 15 1.3 Was macht ein Unternehmen? Lernziele Sie können die verschiedenen Kategorien von Geschäftstätigkeiten (Operative, Investitions- und Finanzierungstätigkeiten) definieren und deren Bedeutung im Unternehmenskontext analy- sieren. Sie können operative Tätigkeiten im Kontext der Wertschöpfung identifizieren und deren Ein- fluss auf die Rentabilität eines Unternehmens kritisch reflektieren. Sie können die Notwendigkeit von Investitionstätigkeiten erklären und die Kriterien zur Bewer- tung von Investitionen unter Berücksichtigung von Risiken und Opportunitätskosten darstellen. Sie können die Rolle von Eigen- und Fremdkapital in der Finanzierung eines Unternehmens analysieren und die verschiedenen Finanzierungsquellen charakterisieren. Folgt man dem klassischen betriebswirtschaftlichen Unternehmensbegriff im Sinne von Erich Gutenberg, ist ein (Wirtschafts-) Unternehmen ein Betrieb (also eine Kombination von Produktionsfaktoren), dessen Hauptziel im Ge- winnstreben besteht und in dem der Unternehmer auf der Grundlage von Pri- vateigentum seinen Wirtschaftsplan autonom festlegt. Es produziert Güter oder bietet Dienstleistungen an, um durch Transaktionen mit seinen Kunden Gewinne zu erzielen. Dabei setzt es Ressourcen (z.B. Rohstoffe, Arbeitskraft, Kapital) möglichst effizient ein und berücksichtigt Risiken und Wettbewerb. Es kann in verschiedenen Bereichen tätig sein. Ein einfaches Beispiel wäre ein Bäcker: Er nutzt Mehl, Wasser, Strom und Arbeitskraft, um Brot zu erzeu- gen, das er mit möglichst hohem Gewinn an seine Kunden verkauft. Vgl. E. Gutenberg , Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1, S. 457 ff. Es sei nicht verschwiegen, dass es in der deutschen Betriebswirtschaftslehre zu dieser Frage einen umfangreichen und lange währenden Meinungsstreit gege- ben hat, auf den an dieser Stelle nur verwiesen wird. Interessierten sei die Lektüre von Reinhard Schmidts „Erich Gutenberg und die Theorie der Unternehmung“ (Frankfurt, 1998) ans Herz gelegt. Hier geht es im Prinzip um die Frage, ob die Begriffe „Betrieb“ und „Unternehmen“ in einem Verhältnis der Über- oder Un- terordnung zueinanderstehen. Geschäftstätig- Man unterscheidet gemeinhin drei Kategorien von Geschäftstätigkeiten (bu- keiten siness activities): Operative Tätigkeit, Investitionstätigkeit und Finanzie- rungstätigkeit. Vielfach werden die Kategorien operating und investing unter dem Oberbegriff der operating activities (betriebliche Geschäftstätigkeit) zusammengefasst und von den financing activities (Finanzierungstätigkeit) abgegrenzt. Wir kommen hierauf weiter unten zurück. Diese Reihenfolge der Darstellung ist üblich, aber irreführend (vgl. Wouters, M. (2008). The order of teaching accounting topics – Why do most textbooks end with the beginning? Accounting Education: an International Journal, 17(1), 3- 14). Von der Chronologie her wäre es sinnvoller, mit der Beschaffung von finan- ziellen Mitteln zu starten (Finanzierungstätigkeit), die für die Anschaffung der Unternehmensausstattung (Investitionstätigkeit) und die Abwicklung erster ope- rativer Aktivitäten die Grundvoraussetzung bildet. 16 1.3.1 Operative Tätigkeit Die Geschäftsmodelle marktwirtschaftlicher Unternehmen basieren auf dem Operating activiti es Ziel, Güter oder Dienstleitungen möglichst mit „Gewinn“ (den wir noch de- finieren müssen) zu verkaufen, also am Absatzmarkt Einzahlungen zu erzie- len, die die Auszahlungen an den Faktormärkten übersteigen. Operative Tä- tigkeiten (operations) sind all jene Aktivitäten, die direkt mit Erstellung und Absatz der Güter bzw. Dienstleitungen zusammenhängen: Sie betreffen das „Kerngeschäft“, mit dem das Unternehmen Gewinn für seine Anteilseigner erzielen möchte. Wir problematisieren weiter unten die möglichen Zielsetzungen von Unterneh- men und anderen Organisationen. Zunächst gehen wir hier von Gewinnerzie- lungsabsicht aus. Klassische Beispiele für operative Tätigkeiten sind alle laufenden Beschaf- fungs-, Produktions- und Vertriebstätigkeiten, also etwa der Kauf von Vorrä- ten, die Herstellung von Produkten und deren Vertrieb, die Marketingkam- pagne, die Mietzahlung an den Vermieter der Werkshalle und selbst die Lohnzahlung an den Servicemitarbeiter, der die Toiletten im Verwaltungsge- bäude reinigt. Fallbeispiel Eisbach Boards Im operativen Geschäft betreibt die Eisbach Boards GmbH einen Druckservice für Surfbretter und zum anderen stellen sie selbst eigene bedruckte Surfbretter her, um diese dann an Surfbegeisterte in ihrem Ladengeschäft zu verkaufen. Hierzu braucht sie einen Vorrat an Surfbrettern, Druckfolie und Zubehör. Diese Vorräte nennt man auch Verbrauchsgüter. Gemeinsam mit dem Kassenbestand (falls sie ihre Zah- lungen nicht rein digital abwickelt) bilden sie den Teil des Betriebsvermögens der GmbH, der sich nur für kurze Zeit im Unternehmen befindet. Diesen nennt man Umlaufvermögen. Bei Siemens etwa liegen die Dinge ein wenig komplexer, weil Siemens als Konglomerat verschiedenster Unternehmen in ganz unterschiedlichen Bereichen tätig ist, etwa im Anlagenbau oder in der Medizintechnik. Aber auch Sie- mens hat unter anderem Vorräte und Kassenbestand in seinem Umlaufvermögen. 1.3.2 Investitionstätigkeit Um überhaupt operativ tätig werden zu können, muss zunächst einmal die Investing activiti es nötige Unternehmensinfrastruktur aufgebaut werden. Anlagen müssen errich- tet, Maschinen, Computer und Büromöbel gekauft und eventuell Büroflächen erworben werden. Immaterielle Vermögenswerte wie Software, Lizenzen, Markennamen oder Patente sind zu entwickeln bzw. zu beschaffen. Aktivitä- ten, die dazu dienen, Produktionskapazität im weiteren Sinne bereitzustellen, werden als Investitionstätigkeiten (investing activities) bezeichnet. Solche Investitionen sind stets dadurch gekennzeichnet, dass der angeschaffte Gebrauch sgü- Gegenstand zu Anfang eine Auszahlung erfordert und dann im Unternehmen ter/Investiti- onsgüter über einen längeren Zeitraum (d.h. länger als ein Jahr) genutzt werden kann. Diese langfristig nutzbaren Gegenstände nennt man auch Gebrauchsgüter (im Gegensatz zu Verbrauchsgütern, die nur kurzfristig nutzbar sind) oder Inves- titionsgüter. Sie bilden das Anlagevermögen, das sich im Gegensatz zum Um- laufvermögen über längere Zeit im Unternehmen befindet. 17 Investitionen umfassen zumeist die Anschaffung langfristiger Vermögenswerte. Das klassische Beispiel ist der Erwerb einer Fabrik, in der über mehrere Jahre produziert werden soll. Der Erwerb einer solchen Fabrik wird einen signifikanten Teil der Ressourcen eines Unternehmens für längere Zeit binden und ist dement- sprechend eine Entscheidung, die gut überlegt sein muss. Wie entscheidet die Unternehmensführung, ob eine solche Investition sinnvoll ist? Hierzu wird die Investitionsrechnung herangezogen, die Sie in der Veranstaltung „Investition und Finanzierung“ kennen lernen. Mit Hilfe der Investitionsrech- nung wird der Barwert (present value) der Investitionsauszahlungen mit dem Barwert der erwarteten Einzahlungen, die aus dem Betrieb der Anlage erwartet werden, verglichen. Die Diskontierung der Zahlungen erfolgt mit einem risiko- adjustierten Zins, der die Rendite der bestmöglichen verdrängten Alternativan- lage (also die Opportunitätskosten der betrachteten Investition) widerspiegeln soll. Übersteigt der Barwert der erwarteten Einzahlungen den Barwert der Investiti- onsauszahlungen, so hat die Investition einen positiven Kapitalwert (net present value oder NPV) und ist nach diesem Kriterium positiv zu bewerten. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem positiven NPV-Projekt. Alternativ lässt sich der interne Zinsfuß der betrachteten Investition bestimmen und direkt mit dem Diskontierungszins gegenüberstellen. Das kritische Element der Investitionsrechnung ist die Frage, wie mit der Unsi- cherheit zukünftig erwarteter Zahlungen umgegangen werden soll. Fallbeispiel Eisbach Boards Die Eisbach Boards GmbH muss ihre Werkstatt mit einer Druckmaschine, Montagewerkzeug und Schleifgeräten ausstatten, während Siemens Grundstücke, Bürogebäude, Produktionshallen, Patente, einen Fuhrpark und vieles mehr benötigt. Will die Eisbach Boards GmbH zum Beispiel ihr Angebot aus- weiten, so kauft sie für 12.500 Euro eine 3D-Druckmaschine zum Herstellen von eigenen Surfbrettern, welche sie dann für die nächsten fünf Jahre nutzen möchte. Dieser wird Teil des Anlagevermögens. Die operative Tätigkeit ist teilweise schwierig von der Investitionstätigkeit Investitionstä- abzugrenzen. So können wir z. B. eine Marketingkampagne als operativen tigkeit vs. ope- rative Tätigkei t Vorgang oder als Investition in Marke und Reputation des Unternehmens be- greifen. Bei der Einordnung von Aktivitäten als operative Tätigkeit oder In- vestitionstätigkeit kommt es erneut auf das jeweilige Geschäftsmodell des Unternehmens an. Praxisbeispiele Man kann etwa darüber streiten, ob der “Kauf” von Fußballspielern für Borussia Dortmund den Cha- rakter einer Investition hat oder eher als Teil des operativen Geschäfts anzusehen ist. Im ersten Fall basiert das Geschäftsmodell darauf, Spieler zu erwerben, um sie möglichst langfristig in Wettbewerben einzusetzen und dadurch sportlichen Erfolg zu erzielen. In der zweiten Sichtweise könnte Borussia Dort- mund als eine Art „Spielerhändler“ betrachtet werden, der gezielt junge Talente einkauft oder ausbildet, um sie nach einigen Jahren der Entwicklung mit Gewinn an andere Clubs weiterzuverkaufen. Der Kauf von Anteilen an börsennotierten Kapitalgesellschaften ist für ein Industrieunternehmen in der Regel eine Investition; für eine Bank kann hierin jedoch ein Teil des operativen Geschäfts zu sehen sein. 1.3.3 Finanzierungstätigkeit Operative und Investitionstätigkeiten benötigen Ressourcen; diese müssen Financing activiti es aus internen oder externen Quellen finanziert werden (financing activities). Die Eigenkapitalgeber bzw. Anteilseigner stellen die anfänglichen Ressour- 18 cen für das Unternehmen in Form von Eigenkapital zur Verfügung. Bankdar- lehen und anderes Fremdkapital sind eine andere klassische Form, operatives Geschäft und Investitionen extern zu finanzieren. Die Kapitalgeber stellen diese Ressourcen jedoch nicht kostenlos bereit. Eigenkapitalgeber sind an einem Unternehmen beteiligt, weil sie eine ent- Residualan - sprechende Rendite auf Ihr eingesetztes Kapital erhoffen. Ihre Beteiligung ist spruch der Ei- genkapitalg e- grundsätzlich unbefristet. Sie haben den sog. Residualanspruch auf den Ge- ber winn und ggf. Liquidationserlös des Unternehmens, nachdem die vertragli- chen Ansprüche aller anderen Anspruchsgruppen befriedigt worden sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Anteilseigner ihre Anteile am Sekundärmarkt (falls vorhanden) veräußern können. Fremdkapital- Fremdkapitalgeber fordern Zinsen und Kapitalrückzahlung am Ende der geber vereinbarten Laufzeit. Damit gehören Kapitaleinzahlungen von Eigen- und Fremdkapitalgebern, laufende Zins- und Dividendenzahlungen sowie Fremd- kapitaltilgungen und Kapitalherabsetzungen zu den Cashflows aus Finanzie- rungstätigkeit. Sie resultieren aus der Bereitstellung von externen finanziellen Ressourcen für operative und Investitionstätigkeit. Ein- und Auszahlungen sind hinsichtlich Existenz, Zeitpunkt und Höhe mehr oder weniger unsicher. Eine Herausforderung für die unternehmerische Tätigkeit besteht folglich darin, sicherzustellen, dass jederzeit ausreichend Liquidität für die Begleichung fälliger Auszahlungsverpflichtungen zur Verfügung steht. Zu diesem Zweck bedient man sich der Liquiditätsrechnung bzw. Finanzplanung, welche wir in folgenden Kapiteln noch näher beleuchten werden. Fallbeispiel Eisbach Boards Die Eisbach Boards GmbH braucht Geld für die Bevorratung mit Druckerfolie, unbedruckten Surfbret- tern, für die Wechselgeldkasse sowie für die Anschaffung der nötigen Produktionsmaschinen (Bedruck- ungsmaschine). Die Eisbach Boards GmbH finanziert sich über die Einlagen der drei Eigentümer, sowie einen Kredit der lokalen Sparkasse. Der Kredit der Sparkasse wird als Fremdkapital bezeichnet, die Ein- lagen von Katharina, Victoria und Jan stellen Eigenkapital dar. Da die drei Eigenkapitaleinlagen stellen, werden Sie zu Anteilseignern bzw. Gesellschaftern der GmbH. Lernkontrolle Kontrollfragen Bitte bearbeiten Sie die Kontrollfragen zu diesem Unterabschnitt im Moodle Kurs. Übungsaufgaben 1-2. Direkte Kapitalflussrechnung Unternehmerin U betreibt einen Feinkostladen. Der Bestand an liquiden Mitteln zu Beginn des Geschäftsjahres 20x1 beträgt 20.000 EUR. Für das Geschäftsjahr 20x1 wurden die folgenden Ge- schäftsvorfälle aufgezeichnet: 1. U hat 2 Mitarbeitende, auf die jeweils 25.000 EUR Jahresgehalt entfällt. 2. Kunde K hat aufgrund eines verdorbenen Kartoffelsalats, den er bei U im Laden gekauft hatte, Anzeige gegen U erstattet und fordert 20.000 EUR Schmerzensgeld. U erwartet, dass sie vermutlich 15.000 EUR zahlen muss und bildet eine Rückstellung in dieser Höhe. 19 3. U kauft am 1. März für 40.000 EUR Vorräte auf Ziel, die er zu 75% bis zum 31.12.20x1 bar begleicht. 4. U beliefert ein benachbartes Hotel mit Lebensmitteln und erhält dafür monatlich 5.000 EUR, die jeweils am Ende eines jeden Monats überwiesen werden. Die weiteren Einzahlungen der Kunden betragen 100.000 EUR in 20x1. 5. Für ihren Laden muss U jedes Jahr 40.000 EUR an Miete zahlen. Die Bezahlung erfolgt Ende Dezember. 6. Ihre Seine Eismaschine verkauft U an die Eisdiele E für 25.000 EUR. E hat bis 31.12. 20X1 die Rechnung noch nicht beglichen. 7. Für die Herstellung eines neuen Produktes schafft U eine Maschine für 100.000 EUR an. U bezahlt bar. Die Nutzungsdauer beträgt 5 Jahre, die Abschreibung erfolgt linear. 8. Um die Kreditwürdigkeit ihres Unternehmens zu erhöhen, zahlt U 20.000 EUR in das um diesen Betrag erhöhte Stammkapital ein. 9. Um die Maschine aus 7. zu finanzieren, nimmt U am 1. Januar ein Darlehen mit einem Nennbetrag von 60.000 EUR auf. Disagio: 5.000 EUR, Zinssatz: 5%, Zinsen werden direkt dem Bankkonto belastet. Erstellen Sie eine direkte Kapitalflussrechnung zum 31.12.20x1 und ermitteln Sie anschließend den Bestand der liquiden Mittel zum Ende des Geschäftsjahres 20x1. 1-3. Indirekte Kapitalflussrechnung Nachstehend finden Sie die vereinfachte Bilanz aus den Geschäftsjahren 20x0 und 20x1 sowie die vereinfachte Gewinn- und Verlustrechnung aus dem Geschäftsjahr 20x1 (in EUR). Nehmen Sie an, dass Zinszahlungen nicht zur operativen Tätigkeit gezählt werden. Stellen Sie die indirekte Kapitalflussrechnung auf. Bilanz 20x0 20x1 Anlagevermögen 79.600 91.000 Immaterielle Vermögensgegenstände 24.000 29.900 Grundstücke und Gebäude 55.600 61.100 Umlaufvermögen 27.700 35.000 Vorräte 6.900 7.500 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 8.400 7.800 Liquide Mittel 12.400 19.700 Summe Aktiva 107.300 126.000 Eigenkapital 28.000 41.300 Stammkapital 13.600 22.200 Gewinnrücklagen 14.400 19.100 Fremdkapital 79.300 84.700 Finanzschulden 48.800 55.100 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 20.700 17.900 Rückstellungen 9.800 11.700 Summe Passiva 107.300 126.000 Gewinn- und Verlustrechnung 20x1 Umsatzerlöse 35.400 20 Materialaufwand -18.200 Personalaufwand -7.200 Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände -3.000 Abschreibungen auf Gebäude -6.600 Operatives Ergebnis (EBIT) 23.500 Zinsaufwand -2.000 Gewinn vor Steuern 21.500 Steueraufwand -5.400 Jahresüberschuss 16.100 1-4. Anwendung 1. Wie würden Sie ein stark wachsendes Start-up beurteilen, das einen hohen negativen Free Cashflow (Summe aus dem Cashflow aus der operativen Tätigkeit und der Investitionstä- tigkeit) aufweist? Welche Rückschlüsse würden Sie als Investor ziehen? 2. Beschreiben Sie zwei mögliche Auswirkungen des Klimawandels oder anderen Nachhaltig- keitsproblemen auf den Cashflow eines Unternehmens und nennen Sie je ein Beispiel. Aufgaben der Fallstudie Eisbach Boards Aufgabe 1.3 1.4 Für wen und warum gibt es Unternehmen? Lernziele Sie können die grundlegenden Unterschiede zwischen der Shareholder- und der Stakeholder- Perspektive erläutern und deren Bedeutung für die Zielsetzung von Unternehmen analysieren. Sie können die Rolle von Corporate Social Responsibility (CSR) im Kontext der Unternehmens- ziele bewerten und die Implikationen für die Unternehmensführung diskutieren. Sie können die verschiedenen Anspruchsgruppen eines Unternehmens identifizieren und deren spezifische Informationsbedürfnisse differenzieren. Sie können die unterschiedlichen Perspektiven der Interessensgruppen auf den Erfolg eines Un- ternehmens erläutern. 1.4.1 Übersicht: Shareholder und Stakeholder Zur Zielsetzung und Daseinsberechtigung von Wirtschaftsunternehmen gibt es unterschiedliche normative Sichtweisen, die sich in zwei Hauptperspekti- ven einteilen lassen: die Shareholder-Perspektive und die Stakeholder-Per- spektive. Diese erscheinen manchen (wenn auch eventuell nur auf den ersten Blick) als miteinander unvereinbar. Grundlegende Literatur: A.G. Coenenberg, A. Haller, G. Mattner und W. Schultze , Einführung in das Rechnungswesen, 7. Aufl., Kap. 1; W. Neus , Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, Kap. 5. Shareholder- Perspektive 21 Aus der Sicht der Shareholder-Perspektive existieren Unternehmen, um ei- nen möglichst hohen finanziellen Wert für die Eigentümer (shareholder) zu erwirtschaften. Unternehmen sollen also so handeln, dass der Wert des Unter- nehmens für die Eigentümer bzw. Anteilseigner – also die Aktionäre einer Aktiengesellschaft oder die Gesellschafter einer GmbH – maximiert wird. Dieser Ansatz ist vor allem in der klassischen Betriebswirtschaftslehre veran- kert und legt den Fokus auf den Wert des Unternehmens für die Anteilseigner (shareholder value) als Maßstab für den Erfolg eines Unternehmens. Milton Friedmans berühmtes Diktum „the business of business is business“ (Fried- man, New York Times vom 13.9.1970) gibt die Ansicht wieder, dass die Ver- antwortung der Unternehmensleitung allein bei den Aktionären liegt. Es gilt als ikonische Verkörperung des Shareholder-Value-Gedankens. Vgl. etwa McLean, (2023). The Case for Shareholder Capitalism: How the Pur- suit of Profit Benefits All, Cato Institute. Stakeholder - Im Gegensatz dazu berücksichtigt die Stakeholder-Perspektive nicht nur die Perspektive Interessen der Eigentümer, sondern auch die Interessen aller, die gegenüber dem Unternehmen auf gesetzlicher oder vertraglicher Basis anspruchsberech- tigt sind. Dazu zählen Mitarbeitende, Kunden, Lieferanten und der Staat in seiner steuer- und abgabenerhebenden Funktion. Unternehmen sollten daher Entscheidungen treffen, die nicht nur den Gewinn für die Eigentümer, son- dern auch das Wohl all dieser Gruppen berücksichtigen. Diese Perspektive erweitert den Fokus eines Unternehmens und sieht es als Teil eines größeren sozialen und wirtschaftlichen Netzwerks. Milton Friedman selbst würde wohl bestreiten, dass seine oben zitierte Sicht- weise mit diesem Stakeholder-Value-Gedanken im Konflikt steht. Im Gegenteil: Nach Ansicht auch von Shareholder-Value-Vertretern kann ein Unternehmen überhaupt nur dann Wert für seine Eigentümer schaffen, wenn es sich innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen bewegt und seinen vertraglichen Ver- pflichtungen gegenüber seinen anderen Anspruchsgruppen (stakeholders), also seinen Mitarbeitenden (über faire Löhne und Gehälter), seinen Kunden (über „preiswerte“ Produkte und Dienstleistungen), seinen Lieferanten (über wettbe- werbsfähige Einkaufspreise) und dem Fiskus einhält. Damit sei Unternehmens- wertmaximierung im Sinne der Anteilseigner automatisch immer auch für die anderen Unternehmensbeteiligten optimal. Dem halten die Vertreter der Shareholder-Perspektive entgegnen, dass die Maximierung der Interessen der Anteilseigner zu Wachstum und Beschäfti- gung beitrage und Mittel freisetze (z. B. über Steuereinnahmen), die von öf- fentlichen und privaten Haushalten zur Förderung von Umwelt- und Sozial- belangen eingesetzt werden könnten. Insbesondere könnten Anteilseigner das für sie erwirtschaftete Einkommen aus freien Stücken für gemeinnützige Zwecke verwenden; es sei nicht das Recht, geschweige denn die Pflicht an- gestellter Manager, das ihnen von den Anteilseignern anvertraute Vermögen für andere als die (wirtschaftlichen) Unternehmensziele zu verwenden. Zu- dem sei kein Privatunternehmen berechtigt, ohne demokratisch legitimiertes politisches Mandat außerwirtschaftliche gesellschaftliche Ziele zu verfolgen. Als eine dritte Perspektive ist das Konzept der Corporate Social Responsi- Corporate bility (CSR) zu nennen. Dieses geht noch einen Schritt weiter und besagt, Social Respon- sibility (CSR) dass Unternehmen eine Verantwortung auch gegenüber der Gesellschaft ins- gesamt und all denjenigen haben, die von seinen Aktivitäten betroffen sind – 22 auch ohne gegenüber dem Unternehmen gesetzliche oder vertragliche An- sprüche zu haben. Zu diesen “Betroffenen” können auch die Natur selbst so- wie zukünftige Generationen gehören. Hieraus ergibt sich die Ansicht, dass Unternehmen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale und ökologische Ziele verfolgen, also in ganzheitlicher Weise gesellschaftliche Verantwortung für eine nachhaltige (sustainable) Wirtschaftsentwicklung übernehmen soll- ten. Unternehmen, die sich CSR verpflichtet fühlen, setzen sich für ethische Geschäftspraktiken, Nachhaltigkeit und die Verbesserung der Lebensqualität der Gesellschaft ein. Dies kann z. B. durch den Schutz der Umwelt, faire Ar- beitsbedingungen oder soziales Engagement geschehen. Verfechter dieses Gedankens sind der Ansicht, dass erst ein solches “gesellschaft- liches Gewissen” einem Unternehmen in der heutigen Zeit eine Daseinsberech- tigung (licence to operate) verleiht. Dabei halten zunehmend auch Nachhaltig- keitsaspekte Einzug in gesetzliche normierte Vorgaben. Besonders illustrativ zeigt sich dies am Beispiel des Companies Act of 2006 im Vereinigten König- reich (UK). Durch diesen wurden die fiduciary duties („Treuhandspflichten“), der Kern des britischen Unternehmensrechts, von einem reinen auf den Schutz der Shareholder ausgerichteten Konzept um eine Stakeholder- (Mitarbeiter, Kun- den, Lieferanten) und eine darüberhinausgehende CSR-Perspektive (Langfristig- keit und Umweltschutz) erweitert. Kritik an Cor - Kritiker befürchten demgegenüber, dass Unternehmen unter der “CSR- porate Social Flagge” kostspielige Projekte verfolgen, die dem Unternehmenswert und da- Responsibility mit letztlich den Anteilseignern schaden. Friedman etwa geißelte Spenden für wohltätige Zwecke, mit denen angestellte Manager mit Geldern des Unter- nehmens – und damit auf Kosten der Anteilseigner – ihre privaten Liebhabe- reien verfolgen. In Abschnitt 5.2 diskutieren wir die CSR-Perspektive im Kontext der Nachhal- tigkeitsdebatte noch etwas ausführlicher. In Abschnitt 1.5 widmen wir uns der Frage, was die hier dargestellten Perspektiven für die Frage implizieren, was den “Erfolg” eines Unternehmens ausmacht. 1.4.2 Anspruchsgruppen (Stakeholder) des Unternehmens Grundlegende Literatur: A.G. Coenenberg, A. Haller, G. Mattner und W. Schultze , Einführung in das Rechnungswesen, 7. Aufl., Kap. 2; W. Neus , Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, Kap. 5.2; B. Pellens, R. U. Fülbier, J. Gassen und T. Sellhorn , Internationale Rechnungslegung, 11. Aufl., Kap. 1. Differ enzierung Im Einzelnen lassen sich folgende Anspruchsgruppen unterscheiden, die auf- nach An sprü- chen grund ihrer unterschiedlichen Ansprüche gegenüber dem Unternehmen ver- schiedener Arten von Informationen bedürfen. Zum einen ist nach Festan- spruchsberechtigten und Restanspruchsberechtigten zu differenzieren. Festanspruchsberechtigte haben auf Grund ihrer vertraglichen Festan spruch s- Beziehungen mit dem Unternehmen Anspruch auf feste Zahlungen; berech tigte zu ihnen gehören etwa Gläubiger, Lieferanten und Arbeitnehmer. Ihr primäres Informationsinteresse richtet sich auf den Erhalt der ihnen zustehenden Zahlungen; ihnen genügt daher eine verlässliche Untergrenze für das Unternehmensvermögen sowie die rechtzeitige 23 Information über existenzbedrohende Risiken und Fehlentwicklun- gen. Die Ansprüche der Residual- oder Restanspruchsberechtigten Restan- sind von der Höhe des Erfolgs (Gewinns) abhängig und daher ex spruchsberech - tigte ante unsicher. Zu dieser Gruppe zählen die Eigentümer, der Fiskus und (mit Abstrichen) die angestellte Unternehmensleitung, sofern sie erfolgsorientiert vergütet wird. Wegen ihrer potenziell nach oben offenen Ansprüchen interessieren sie sich für die gesamte Bandbreite der erwarteten zukünftigen Entwicklungen – sowohl nach oben als auch nach unten. Vgl. zu dieser Unterscheidung näher W. Neus , Einführung in die Betriebs- wirtschaftslehre, Kap. 8.1.2. Differ enzierung Eine weitere relevante Unterteilung fragt nach der Stellung der Adressaten nach Informati- des externen Rechnungswesens als insider oder outsider des Unternehmens; onsausstattung hiernach entscheidet sich zumeist auch die Informationsausstattung der be- treffenden Akteure. Zu den unternehmensexternen Adressaten des externen Rechnungswesens gehören: Eigenkapitalgeber: Aufgrund ihres Residualanspruchs tragen die Ei- Eigenkapital - genkapitalgeber das Unternehmerrisiko. Daher haben – momentane geber wie zukünftige – Eigenkapitalgeber die größten Informationsbedürf- nisse. Sie brauchen zum einen ein Mittel, um sich über den aktuellen Wert ihrer Investition zu informieren, und zum anderen ein Mittel, um Erwartungen über mögliche zukünftige Gewinnausschüttungen zu formen. Für Letzteres sind Informationen über die aktuelle und zu- künftig erwartete Rentabilität des Unternehmens entscheidend. Eigen- kapitalgeber und ihre Intermediäre, wie z. B. Analysten und Vermö- gensverwalter, brauchen regelmäßige und aktuelle Informationen, um getätigte oder geplante Investitionsentscheidungen in das Unterneh- men beurteilen zu können. Vor allem wollen sie nicht zu viel für Un- ternehmensanteile zahlen. Dazu kommt, dass die Eigenkapitalgeber die Unternehmensleitung ihrer Leistung gemäß vergüten möchten, um Anreize für möglichst hohe Leistung zu setzen. Dies erfordert Infor- mationen, die es erlauben, diese Leistung zu messen. Fremdkapitalgeber (Gläubiger): Sie haben vertragliche Ansprüche Fremdkapital- auf die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals sowie auf eine risiko- geber adäquate Verzinsung. Fremdkapitalgeber sind daher hauptsächlich an der zukünftigen Liquiditätssituation des Unternehmens interessiert, um abschätzen zu können, wie hoch das Ausfallrisiko zukünftiger Zins- und Tilgungszahlungen des Unternehmens ist. Dies gilt auch für zukünftige Kreditvergabeentscheidungen. Zudem ist der Wert des im Insolvenzfall verwertbaren Vermögens eine wichtige Information für diese Gruppe. Weniger von Bedeutung ist für die Gläubiger das up- ward potential, da sie an diesem nicht beteiligt sind. Lieferanten: Sie sind ebenfalls Gläubiger des Unternehmens. Damit Lieferan ten geht es also auch bei Lieferanten um Kreditvergabeentscheidungen. Lieferanten sind also ebenfalls an der zukünftigen wirtschaftlichen 24 Entwicklung ihres Kunden interessiert, um abzuschätzen, ob das Un- ternehmen seine Forderungen begleichen kann und langfristig als Kunde in Frage kommt, ob sich also langfristige kundenspezifische Investitionen lohnen. So investieren etwa die Hardwarelieferanten von Apple regelmäßig in spezielle Maschinen, die nur für Apple-Pro- dukte genutzt werden dürfen. Bevor solche langfristigen Bindungen eingegangen werden, muss folglich der Partner hinsichtlich seiner langfristigen Aussichten analysiert werden. Zudem interessiert den Lieferanten die Rentabilität des Kunden, um mögliches Preissteige- rungspotenzial abschätzen zu können. Kunden (Absatzmarkt): Spiegelbildlich sind Kunden ebenfalls an Kunden der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Lieferanten inte- ressiert. Für Ihre Beschaffungsentscheidungen ist wichtig, ob auch künftig mit verlässlichen Lieferungen gerechnet werden kann und ob Garantie- und Serviceleistungen in Anspruch genommen werden kön- nen. Mitarbeiter: Sie haben Arbeitsverträge mit dem Unternehmen abge- Mitarbeiter schlossen. Für die Mitarbeiter sind die Sicherheit der Arbeitsplätze sowie ihre eigenen Karriereperspektiven von Interesse. Für sie geht es also um die Einkommens- und Arbeitsplatzsicherheit. Zudem sind Ar- beitnehmer und ihre Vertretungen, die Gewerkschaften, an der Renta- bilität des Arbeitgebers interessiert, um das Potenzial für Tarifver- handlungen abschätzen zu können. Staat: Der Staat/Fiskus benötigt Informationen zur wirtschaftlichen Staat/Fisku s Leistungsfähigkeit von Unternehmen, um aktuelle Steuerzahlungen festzusetzen und künftige Steuereinnahmen zu planen. Je nach Art der Steuer (Lenkungssteuer, Einkommenssteuer, Substanzsteuer) treten weitere Informationsbedürfnisse hinzu. Fallbeispiel Eisbach Boards Für den Jahresabschluss der Eisbach Boards GmbH interessiert sich nicht nur Jan, welcher die Geschäfte des Unternehmens hauptsächlich leitet, sondern auch Victoria Schmidt und Katharina Huber, welche beide eine Einlage von jeweils 15.000 Euro geleistet haben. Somit konnte die Erstausstattung und die benötigten Rohwaren erworben werden. Victoria und Katharina haben somit jeweils einen 30%-Anteil als GmbH-Gesellschafter übernommen. Die beiden möchten wissen, welcher Gewinnanteil Jan ihnen in diesem Jahr auszahlen wird. Außerdem fragen sich Victoria und Katharina, wie es um die zukünftigen Gewinnaussichten bestellt ist. Auch die lokale Sparkasse bekommt eine Ausfertigung, denn sie ist Gläu- bigerin eines Kredits, den die Eisbach Boards GmbH kurz nach der Gründung aufgenommen hat. Der zuständige Kreditsachbearbeiter will prüfen, ob die Eisbach Boards GmbH solide finanziert ist und da- von ausgegangen werden kann, dass die vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen pünktlich geleistet werden. Die drei Surfclubs, welche mit der Eisbach Boards GmbH einen Kundenbeziehung eingehen wollen, interessiert sich dafür, ob die finanzielle Situation der Eisbach Boards GmbH es erwarten lässt, dass der geschlossene Vertrag über die Wind- und Surfboards auch eingehalten werden kann. Auch der Verkäufer der unbedruckten Surfboards hat ebenfalls ein Interesse an dem Geschäftsabschluss. Er will ebenfalls sichergehen, dass die Eisbach Boards GmbH eine verlässlicher Kunde ist, mit welchem er eine langfristige Geschäftsverbindung eingehen will. Auch die Aushilfe Ann- Kristin, welche BWL an der LMU studiert, interessiert sich ebenfalls für den Jahresabschluss. Sie will die wirtschaftliche Situation der 25 Eisbach Boards GmbH bewerten und dann entscheiden, ob sie im nächsten Jahr wieder als Aushilfe dort arbeiten will. Zu guter Letzt liegt der Jahresabschluss auch der Steuererklärung zugrunde, auf de- ren Basis die GmbH Körperschaft- und Gewerbesteuer zahlt. Zudem existieren unternehmensinterne Adressaten des externen Rech- Untern ehmens- nungswesens mit eigenen Zielen und resultierenden Informationsbedürfnis- interne Stake- holder sen: Eigentümer (Unternehmer) bzw. Unternehmensleitung (Manage- Eigentümer ment): Die obige Diskussion über die Unternehmensziele hat gezeigt, und Unterneh - mensleitung dass die Unternehmensleitung eine ganze Reihe von Informations- und Steuerungssystemen benötigt, um die drei Unterziele Liquiditäts- sicherung, Profitabilität und nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit simul- tan überwachen und steuern zu können. Im Einzelnen werden diese benötigt für: o Investitionsentscheidungen, um die Wettbewerbsposition zu halten bzw. auszubauen, z. B. durch Erweiterung oder Neu- bau von Produktionsanlagen, Schaffung und Verbesserung einer IT-Infrastruktur oder Akquisition ganzer Unternehmen; o Finanzierungsentscheidungen, um kurzfristige Liquidität für den betrieblichen Bereich sowie langfristig verfügbare Mittel für Investitionen zu beschaffen; und o Operative Entscheidungen, die die Planung, Steuerung und Ausführung des gewöhnlichen Geschäfts betreffen (z.B. make or buy, Produktionsplanung, Angebotskalkulation, etc.) Beirat/Aufsichtsrat und dessen Ausschüsse: Bei- und Aufsichtsräte Aufsich tsr at versehen mit ihren Ausschüssen (z. B. Prüfungs- oder Vergütungsaus- schuss) wichtige Überwachungsaufgaben in Unternehmen. Dabei hat der Aufsichtsrat als Ganzes ähnliche Informationsbedürfnisse wie die Anspruchsgruppen, die er repräsentiert, nämlich die Anteilseigner und die Arbeitnehmer. Der Vergütungsausschuss gibt dem Aufsichtsrat Empfehlungen zu Höhe, Struktur und Angemessenheit der Vorstands- vergütung. Er benötigt also Informationen, um die Performance des Managements beurteilen zu können. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat benötigen Informationen über den Zustand und die Pro- fitabilität des Unternehmens, um abzuschätzen, ob Arbeitnehmer an- gemessen entlohnt werden. Tabelle 1 setzt die Kriterien der Anspruchsberechtigung und der Informati- onsausstattung zueinander in Beziehung: Festbetragsanspruch Restbetragsanspruch unternehmensintern Angestellte Manager ohne erfolgs- Angestellte Manager mit erfolgs- orientierte Entlohnung orientierter Entlohnung Großgläubiger Eigentümer-Manager Anteilseigner mit großem Anteil 26 unternehmensextern Klein- und Deliktsgläubiger Fiskus Lieferanten Anteilseigner mit kleinem Anteil Kunden Arbeitnehmer Tabelle 1: Anspruchsberechtigte des Unternehmens Lernkontrolle Kontrollfragen Bitte bearbeiten Sie die Kontrollfragen zu diesem Unterabschnitt im Moodle Kurs. Übungsaufgaben 1-5. Anspruchsgruppen eines Unternehmens 1. Nennen und beschreiben Sie kurz die Interessen der unterschiedlichen Anspruchsgruppen eines Unternehmens. 2. Kann es zu Interessenskonflikten zwischen den einzelnen Anspruchsgruppen eines Unter- nehmens kommen? Bitte Beschreiben Sie die Zusammenhänge kurz. 1.5 Wann hat ein Unternehmen „Erfolg“? Lernziele Sie können die Unterschiede zwischen Maximierungs- und Satisfizierungszielen im Unterneh- menskontext beschreiben. Sie können die Insolvenzgründe eines Unternehmens definieren und deren Bedeutung für die Shareholder-Perspektive erläutern. Sie können die Bedeutung der Wertschöpfungsrechnung für die Stakeholder-Perspektive erklä- ren und deren Anwendung in der Unternehmenspraxis diskutieren. 1.5.1 Erneut eine Frage der Perspektive Die Frage, wann ein Unternehmen als erfolgreich gelten kann, hängt maßgeb- Frage der Per - spekti ve lich von der Perspektive der jeweiligen Interessensgruppen ab, die wir oben diskutiert haben. Jede dieser Gruppen – seien es die Eigentümer, die Mitar- beiter oder die Gläubiger – hat ihre eigenen Erwartungen und definiert auf dieser Grundlage, was den Erfolg eines Unternehmens ausmacht. Demnach liegt der Erfolg eines Unternehmens stets im Auge des Betrachters und muss von den spezifischen Unternehmenszielen her bestimmt werden. Diese Ziele müssen klar definiert und spezifiziert werden, damit der Erfolg des Unterneh- mens messbar wird. Der Grad der Zielerreichung bildet somit das zentrale 27 Kriterium für den Erfolg. Das Rechnungswesen spielt dabei eine wichtige Rolle, da es als Instrument dient, um den Grad der Zielerreichung zu messen, zu planen und zu steuern. Bezüglich der Zielerreichung lassen sich zwei Zielarten unterscheiden: Ma- Maximieru- ximieruungs- und Satisfiszierungsziele. Erstens gibt es Ziele, bei denen eine ungs- und Sa- tisfiszierungs- Maximierung angestrebt wird. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Maximie- ziele rung des Gewinns bzw. des Unternehmenswertes aus Sicht der Eigentümer, also die Gewinn- bzw. Shareholder-Value-Maximierung. Zweitens gibt es Ziele, bei denen es genügt, einen bestimmten Mindestgrad der Zielerreichung zu erreichen. Dies bezeichnet man als Satisfizierung. Ein Beispiel hierfür wäre die Sicherstellung einer Mindestmenge an liquiden Mitteln, die das Un- ternehmen benötigt, um seine laufenden Verpflichtungen erfüllen und im ope- rativen Geschäft handlungsfähig bleiben zu können. Eine Maximierung des Bestands an liquiden Mitteln ist aus betriebswirtschaft- licher Sicht nicht sinnvoll, denn sie werfen nur eine geringe Rendite ab. Erfolg bedeutet auch, den vorzeitigen Untergang des Unternehmens zu ver- hindern. Eine weitere wichtige Frage in diesem Zusammenhang betrifft daher die möglichen “Todesursachen” von Unternehmen: Warum und wann schei- tert ein Unternehmen? Das Scheitern eines Unternehmens wird als Insolvenz bezeichnet. Ein Unternehmen gilt als insolvent, wenn es entweder zahlungs- unfähig ist – also seine laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfül- len kann – oder wenn es überschuldet ist, also seine Verbindlichkeiten gegen- über Dritten nicht mehr durch das vorhandene Vermögen gedeckt sind. 1.5.2 Shareholder-Perspektive Aus der Perspektive der Shareholder ergeben sich im Wesentlichen zwei zent- Insolvenz durch Über - rale Ziele. Das erste Ziel ist die Sicherung des Überlebens des Unternehmens, schuldung insbesondere durch die Vermeidung einer Insolvenz. Bei einer Insolvenz aufgrund von Überschuldung, wie bereits angedeutet, wird das Eigenkapital des Unternehmens aufgezehrt. Das Unternehmen ist dann nicht mehr in der Lage, seine Schulden durch eigenes Vermögen zu decken. Ein zentrales Ziel der Unternehmensführung ist daher die Kapitalerhaltung, also die Sicherstel- lung, dass das Eigenkapital erhalten bleibt und nicht an Wert verliert. Damit wird die Basis für die langfristige Stabilität und das Überleben des Unterneh- mens geschaffen. Illiquidität 28 Ein zweiter Insolvenzgrund ist die Zahlungsunfähigkeit, auch Illiquidität ge- nannt. Diese wird vermieden, indem das Unternehmen stets einen positiven Bestand an liquiden Mitteln sicherstellt. Dieser Bestand an Liquidität ergibt sich dabei aus dem Anfangsbestand an Zahlungsmitteln zu Beginn einer Pe- riode, zuzüglich der Einzahlungen und abzüglich der Auszahlungen, die das Unternehmen in dieser Periode tätigt. Der verbleibende Endbestand zeigt an, ob das Unternehmen zahlungsfähig ist. Ein hinreichender positive Saldo aus Ein- und Auszahlungen – auch Cashflow genannt – ist somit entscheidend, um die Zahlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten und damit das Überleben des Unternehmens auch aus dieser Warte zu sichern. Gewinn Gewinnmaximierung unter Berücksichtigung der Mindestliquidität Illiquidität Liquidität Überschuldung Abbildung 1: Gewinnmaximierung unter der Nebenbedingung der Insolvenzvermei- dung (Illiquidität und Überschuldung) Sobald das Überleben des Unternehmens gesichert ist, richtet sich der Fokus Gewinnmaxi- auf das zweite zentrale Ziel der Shareholder: die Gewinnmaximierung. Hier- mierung nach sei die Unternehmensleitung in erster Linie den Interessen der residu- alanspruchsberechtigten Eigenkapitalgeber verpflichtet. Gewinnmaximie- rung bedeutet, dass das Unternehmen Überschüsse für seine Eigentümer erzielt, die möglichst hoch ausfallen sollen. Das wird erreicht, indem das Un- ternehmen die für die Produktion benötigten Inputfaktoren günstig einkauft und die daraus erstellten Produkte oder Dienstleistungen zu möglichst hohen Preisen verkauft. Wie der Gewinn konkret ermittelt wird und welche Spielräume dabei bestehen, werden wir in späteren Kapiteln ausführlich behandeln. Die Grundlagen dafür werden in dem Teil der Vorlesung zur Technik des betrieblichen Rechnungswe- sens gelegt. 29 Das Kriterium der Gewinnmaximierung wirft jedoch die Frage auf, über wel- chen Zeitraum der Gewinn maximiert werden soll. Da die Anteilseigner in ihrer Gesamtheit einen ex ante unendlichen Anlagehorizont haben, sollte der erwartete Gewinn über die Gesamtlebensdauer des Unternehmens (Totalperi- ode) maximiert werden. Um Zinseffekte (time value of money) zu berücksich- tigen, ist der Barwert zukünftig erwarteter Gewinne zu maximieren; dies ent- spricht dem Ziel, den erwarteten Unternehmenswert für die Anteilseigner (shareholder value) zu maximieren. Risikoeinschätzungen können über den Zinsfuß in das Maximierungskalkül ein- fließen. 1.5.3 Stakeholder-Perspektive In der Stakeholder-Perspektive hingegen steht die Erfüllung der Ansprüche Stakeholder - Perspektive verschiedener Interessensgruppen im Vordergrund. Das Unternehmen muss sicherstellen, dass es seine vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber Lieferanten, Mitarbeitern, Fremdkapitalgebern und dem Staat er- füllt. Dies bedeutet, dass Lieferanten bezahlt, Löhne und Gehälter an Mitar- beiter ausgezahlt, Zinszahlungen an Kreditgeber geleistet und Steuern an den Fiskus abgeführt werden. Diese Leistungen des Unternehmens an seine verschiedenen Stakeholder kön- Wertschöp- nen in einer Wertschöpfungsrechnung, auch Value-Added-Statement ge- fungsrechnung nannt, dargestellt werden. Sie zeigt, wie das Unternehmen durch seine be- trieblichen Aktivitäten einen Mehrwert (Wertschöpfung) generiert und wie dieser auf verschiedene Anspruchsgruppen verteilt wird. Der Aufbau der Wertschöpfungsrechnung beginnt mit der Ermittlung der gesamten Wert- schöpfung. Dazu werden die Umsatzerlöse des Unternehmens erfasst und die Vorleistungen (also alle externen Aufwendungen, wie Material- und Dienst- leistungskosten) abgezogen. Die verbleibende Differenz bildet die Wert- schöpfung. Diese Wertschöpfung wird anschließend auf die verschiedenen Anspruchsgruppen verteilt: 1. Arbeitnehmer: Löhne und Gehälter sowie Sozialabgaben. 2. Staat: Steuern und Abgaben. 3. Fremdkapitalgeber: Zinsen für aufgenommene Kredite. 4. Eigenkapitalgeber: Gewinn; dieser kann (teilweise) ausgeschüttet oder in Form von Rücklagen im Unternehmen einbehalten (thesauriert) werden. Die Wertschöpfungsrechnung bietet damit einen Überblick über die Leistung des Unternehmens und die Verteilung des erzielten Mehrwerts auf die Stake- holder. In der CSR-Perspektive wird der Fokus nochmals erweitert. Der Begriff der Triple Bottom Line, geprägt von John Elkington in seinem Buch „Cannibals with Forks“ aus den 1990er Jahren, beschreibt einen Ansatz, bei dem Unternehmen nicht nur finanziellen, sondern auch ökologischen und sozialen Mehrwert schaf- 30 fen sollen. Das bedeutet, dass neben der finanziellen Wertschöpfung für die Sta- keholder darüberhinausgehende ökologische (z.B. Reduzierung von Umweltbe- lastungen) und gesellschaftliche Beiträge geleistet werden sollen, die über die Interessen der direkten Anspruchsberechtigten hinausgehen. Diese drei Dimen- sionen – finanzieller, ökologischer und sozialer Mehrwert – bilden zusammen den Dreiklang der sogenannten Triple Bottom Line. 1.5.4 Mögliche Zielkonflikte Die oben dargestellten Sichtweisen scheinen miteinander in einem Zielkon- Vorsteuerungs- verhältnis flikt zu stehen. Der Widerspruch lässt sich aber unter bestimmten Annahmen auflösen. Der Schlüssel hierzu liegt in der Wahl des Betrachtungshorizonts: Erwartet eine Gesellschaft von ihren Unternehmen und Managern, dass diese nach der Stakeholder- bzw. CSR-Perspektive handeln, ist die Verfolgung ge- meinwohlorientierter Ziele langfristig im besten Interesse auch der Anteils- eigner, denn nur ein Unternehmen mit positiver Reputation kann auch wirt- schaftlich erfolgreich sein. In dieser Sichtweise stehen die Zielsysteme der Perspektiven nicht in einem Konflikt, sondern in einem Vorsteuerungsver- hältnis zueinander. Wir betrachten nachfolgend die Unterziele der Unterneh- menswertmaximierung – untergliedert in kurz-, mittel- und langfristige Ziele (Abbildung 2): Finanzwirtschaftliches/kurzfristiges Ziel: Jederzeitige Liquidität sicher- Finanzwi rt- stellen, um Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Zielgröße ist hier der Cash- schaftliches Ziel: Liquidität flow, und das relevante Rechenwerk ist die Kapitalflussrechnung bzw. die prognostizierte Kapitalflussrechnung in Form der kurzfristigen Liquiditäts- planung. Lediglich die kurzfristige Liquidität – und damit das „Überleben“ – des Unternehmens zu sichern ist jedoch offensichtlich keine hinreichende Be- dingung für die Maximierung des Unternehmenswerts. Ein Unternehmen, das kurzfristig liquide ist, aber mittelfristig weit unprofitabler ist als seine Kon- kurrenten, wird mittel- bis langfristig von diesen Konkurrenten aus dem Markt gedrängt werden. Nach § 17 InsO ist die Zahlungsunfähigkeit allgemeiner Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren. Zahlungsunfähig ist, wer nicht in der Lage ist, die fälli- gen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzu- nehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Operatives Ziel : Operatives/mittelfristiges Ziel: Rentabilität sicherstellen, um Überschul- Rentabilität dung zu vermeiden. Daher ist neben der Liquidität der Erfolg bzw. die Renta- bilität zu gewährleisten. Erfolgloses, verlustbringendes Wirtschaften führt zur Aufzehrung des Eigenkapitals und damit zur Überschuldung. Aber die sprich- wörtliche „schwarze Null“ reicht nicht aus. Das Unternehmen muss ausrei- chend rentabel sein, um die Renditeforderungen der Anteilseigner zu erfüllen; andernfalls werden diese ihr Vermögen abziehen bzw. dem Unternehmen wei- tere Mittel vorenthalten. Die mittelfristige, operative Zielgröße ist also der Gewinn; er bildet damit die Vorsteuerungsgröße der Liquidität. Das relevante Rechenwerk zu Höhe und Zusammensetzung des Erfolgs ist die Gewinn- und Verlustrechnung. Künftige Erfolge lassen sich mithilfe von Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen prognostizieren. Nach § 19 InsO ist bei juristischen Personen auch die Überschuldung Eröff- nungsgrund für ein Insolvenzverfahren. Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen 31 des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahr- scheinlich. Wie in Teil 2 erläutert, ist die richtige Periodisierung der Cashflows von ent- scheidender Bedeutung für die Erfolgsmessung in einer Periode. Die Definition von Erfolg spiegelt sich also im Periodisierungskonzept wider. Was aber sind die langfristigen Voraussetzungen dafür, das kurzfristige Ziel der Liquiditätssicherung und das mittelfristige Ziel der Erfolgssicherung in einem dynamischen Umfeld nachhaltig zu erreichen und damit den langfris- tigen Fortbestand des Unternehmens zu sichern und den Unternehmenswert zu maximieren? Die Wirtschaftsgeschichte ist gespickt mit einstmals erfolg- reichen Unternehmen, die einen abrupten und oft fatalen Rückgang ihres Ge- schäfts erlebten. Beispiele sind die ehemaligen Mobilfunkriesen Nokia und Blackberry, welche das Potenzial von Smartphones viel zu spät erkannten. Josef Schumpeter bezeichnete diesen dynamischen, die Marktwirtschaft kennzeichnenden Fortschrittsprozess als schöpferische Zerstörung. Daraus folgt ein entscheidendes drittes Ziel: Strategisches/langfristiges Ziel: Erfolgsquellen bzw. -potenziale sichern Strategisches und ausbauen. Die Zielgröße ist hier am wenigsten klar definiert. Es sind die Ziel: Wettbe- werbsvor teile nachhaltige Sicherung bestehender Wettbewerbsvorteile und der stetige Auf- bau neuer Wettbewerbsvorteile als Vorsteuerungsgrößen für Liquidität und Erfolg. Die relevanten Rechenwerke sind die Bilanz, aus denen sich die Res- sourcen des Unternehmens zumindest zum Teil entnehmen lassen. Hinzu treten vielfältige darüberhinausgehende Rechnungen, in denen insbeson- dere nicht-finanzielle Leistungsindikatoren abgebildet werden. Zu nennen sind hier Formen der Balanced Scorecard, des Intellectual Capital Reporting, des Va- lue Reporting, des Environmental oder „Green“ Reporting, des Corporate Social Responsibility Reporting, des Sustainability Reporting sowie des Integrated Re- porting, die von den Unternehmen in der Regel freiwillig bereitgestellt werden und in einem breiten Begriffsverständnis zum externen Rechnungswesen gezählt werden können. 32 Abbildung 2: Ziele des Unternehmens und die damit verbundenen Steuerungsebenen und Rechnungslegungssysteme (Quelle: in Anlehnung an A. G. Coenenberg, A. Haller, G. Mattner und W. Schulze , Einführung in das Rechnungswesen, Abbildung 1.5) Es müssen folglich alle drei Unterziele verfolgt werden, um den Unterneh- Zielkonflikte menswert zu maximieren. Sie können jedoch nicht alle drei gleichzeitig ma- ximiert werden. Vielmehr stehen die drei Unterziele in einem Konflikt zuei- nander. Ein hoher Cash-Bestand stellt zwar die kurzfristige Liquidität sicher, bindet aber liquide Mittel, die besser investiert werden sollten, um die lang- fristige Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Genauso kann die mittelfristige Rentabilität gesteigert werden, indem die (Re-) Investitionsquote in die ope- rative Substanz des Unternehmens verringert wird, z. B., indem Maschinen nicht erneuert oder Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen reduziert werden. (Tatsächlich verbringen viele Analysten einen signifikanten Teil ihrer Zeit damit, herauszufinden, ob ein Unternehmen auch angemessen in die Zu- kunft investiert.) Umgekehrt kann es auch zu Überinvestitionen kommen. Zu viel Kapazität wird errichtet, was zu einem Überangebot (und damit verbun- denem Preisdruck) sowie zu hohen Leerkosten führen kann. Die Unternehmensleitung steht also täglich vor der schwierigen Aufgabe, die drei Unterziele sorgfältig gegeneinander auszubalancieren. Auch dafür braucht sie angemessene interne Informationssysteme. Dazu kommen externe Rechnungslegungssysteme, mit denen die Unternehmensleitung bestehenden, wie potenziellen Interessengruppen glaubhaft illustrieren kann, ob und wie die Unternehmensziele erfüllt werden. 33 Lernkontrolle Kontrollfragen Bitte bearbeiten Sie die Kontrollfragen zu diesem Unterabschnitt im Moodle Kurs. Übungsaufgaben 1-6. Unternehmenserfolg 1. Beschreiben Sie kurz, ob und wie der Unternehmenserfolg (Gewinn) mit weiteren Zielen des Unternehmens in Beziehung steht. 2. Beschreiben Sie kurz für jede Perspektive bzw. jedes Unternehmensziel einen positiven Er- folg. Geben Sie dabei jeweils eine konkrete Kennzahl an, die zur Messung dieses Erfolgs verwendet werden kann. Erläutern Sie weiter, wie diese Kennzahl ausgeprägt sein sollte, um den Erfolg zu verdeutlichen. Aufgaben der Fallstudie Eisbach Boards Aufgabe 1.2 Aufgabe 1.3 Aufgabe 1.5 1.6 Wo kommt das Rechnungswesen ins Spiel? Lernziele Sie können die Rolle des Rechnungswesens in der Unternehmenssteuerung erläutern und dessen Bedeutung für die Erreichung von Unternehmenszielen darstellen. Sie können zwischen Entscheidungs- und Planungsrechnungen sowie Kontrollrechnungen un- terscheiden und deren jeweilige Funktionen im Entscheidungsprozess erklären. Sie können verschiedene Informationssysteme des Rechnungswesens beschreiben und deren Relevanz für die Planung, Steuerung und Kontrolle der Unternehmensaktivitäten erläutern. Sie können die Rolle des externen Rechnungswesens als Kommunikationsinstrument beschrei- ben. Im Rahmen der Unternehmenssteuerung spielt das Rechnungswesen eine Entscheidungs - zentrale Rolle, um den zuvor definierten Erfolg messbar zu machen und damit und Planungs- rechnungen den Grad der Erreichung der definierten Ziele zu quantifizieren. Dazu erfasst das Rechnungswesen systematisch alle finanziellen und sonstigen Daten, die für die Bewertung des Unternehmenserfolgs relevant sind. Mithilfe von Ent- scheidungs- und Planungsrechnungen unterstützt das Rechnungswesen die 34 Unternehmensleitung dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen und den zu- künftigen Erfolg gezielt zu planen. Hierbei werden beispielsweise Prognosen erstellt und Szenarien durchgespielt, um den Erfolg gezielt zu beeinflussen und Steuerungsmaßnahmen abzuleiten. Über Kontrollrechnungen wird der Erfolg regelmäßig überprüft, indem der Kontrollrech - Ist-Zustand mit den geplanten Zielen verglichen wird. Dabei liefert das Rech- nungen nungswesen wichtige Informationen, um Abweichungen zu erkennen. Dies ermöglicht es der Unternehmensl