Einführung und Grundbegriffe der Betriebswirtschaftslehre PDF
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Summary
Dieses Dokument bietet eine Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, einschließlich der Betrachtungsebenen der Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre sowie des Erkenntnisobjekts der Betriebswirtschaftslehre. Es erklärt das Konzept des Wirtschaftens, die Charakteristik von Wirtschaftseinheiten, die Rolle von Unternehmen, die verschiedenen Arten von Betrieben (z.B. Unternehmen, gemeinnützige, öffentliche) und die Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre. Die Transaktionskostentheorie wird als Beispiel einer betriebswirtschaftlichen Theorie betrachtet und die Inputfaktoren des betrieblichen Transformationsprozesses erklärt.
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Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Betrachtungsebenen der VWL und BWL Gregor Weiß (UL) EBWL 21 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der...
Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Betrachtungsebenen der VWL und BWL Gregor Weiß (UL) EBWL 21 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Erfahrungs- und Erkenntnisobjekt einer Wissenschaft Erfahrungsobjekt: der wahrnehmbare Realitätsausschnitt, der den Hintergrund bzw. Ausgangspunkt des Erkenntnisstrebens darstellt. Erkenntnisobjekt: beschreibt Tatbestände innerhalb des Erfahrungsobjektes, über die Wissen gewonnen werden soll. Erkenntnisziele: beinhalten die Art des Wissens über die Tatbestände des Erkenntnisobjekts. Erfahrungsobjekt Das Erfahrungsobjekt der Wirtschaftswissenschaft ist der Tatbestand der Knappheit von Ressourcen und das hieraus folgende Erfordernis des Wirtschaftens. Wirtschaften Das Umgehen mit dem Knappheitsproblem. Gregor Weiß (UL) EBWL 22 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Charakteristik des Wirtschaftens Allgemein stehen einer/einem Akteur:in nur begrenzt Mittel zur Erreichung ihrer/seiner Ziele zur Verfügung, sie/er hat z.B. nur ein begrenztes Zeitbudget oder ein begrenztes Einkommen. Charakteristik des Wirtschaftens ist hierbei das Tre!en von Entscheidungen (wirtschaftliches Handeln), um eine optimale (bestmögliche) Zielerfüllung unter Beachtung der begrenzten Mittel zu erreichen bzw. den Bestand an verfügbaren Mitteln zu vergrößern. Gregor Weiß (UL) EBWL 23 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Pragmatische Definition des Erfahrungsobjekts der Wirtschaftswissenschaften Das Erfahrungsobjekt der Wirtschaftswissenschaften ist der Marktprozess mit seinen Akteur:innen (Wirtschaftssubjekten). Es bestehen zwischen den Akteur:innen ökonomische Austauschprozesse (Transaktionen), die auf Märkten stattfinden. Gütermarkt, Arbeitsmarkt, Kapitalmarkt. Markt Der Markt ist der abstrakte Ort des Tausches, der Ort, an dem die Transaktionsbeziehungen stattfinden. Gregor Weiß (UL) EBWL 24 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Wirtschaftseinheiten Quelle: Weber, W.; Kabst, R.; Baum, M. (2014): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. 9. überarb. Auflage, Gabler, Wiesbaden. S. 5 Gregor Weiß (UL) EBWL 25 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Das Erfahrungsobjekt, d.h. der Tatbestand der Knappheit und das Erfordernis des Wirtschaftens bzw. die Existenz von Märkten ist für die Betriebs- und die Volkswirtschaftslehre identisch, sie unterscheiden sich aber in ihrem Erkenntnisobjekt. Merke! Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre ist der Betrieb. Die Betriebswirtschaftslehre will Erkenntnisse über wirtschaftliches Handeln, d.h. ökonomische Entscheidungen und Prozesse in Betrieben gewinnen. Betrieb Der Betrieb ist eine planvolle organisierte Wirtschaftseinheit, in der Sachgüter und Dienstleistungen erstellt und an Nachfrager:innen abgesetzt werden. Dies konstituiert den betrieblichen Transformationsprozess. Gregor Weiß (UL) EBWL 26 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Unternehmen als marktwirtschaftlich orientierte Betriebe Unternehmen zeichnen sich durch folgende Merkmale aus: Autonomieprinzip: Die/der Eigentümer:in des Unternehmens ist in ihren/seinen betrieblichen Entscheidungen weitgehend frei und keiner staatlichen Lenkungsbehörde unterworfen. Vertragsfreiheit gehört ebenso zu dieser Autonomie, ist aber durch gesetzliche Rahmenbedingungen eingeschränkt. Erwerbswirtschaftliches Prinzip: Das unternehmerische Bestreben ist, durch die Produktion und den Absatz (Vermarktung) von Gütern Gewinne zu erzielen (Gewinnstreben/Gewinnmaximierung). Privateigentum: Die Verfügungsrechte an den Produktionsmitteln und am Gewinn stehen den Eigentümer:innen zu (kein Volksvermögen“). ” Sowohl Gewinne als auch Verluste werden von Eigentümer:innen getragen (unternehmerisches Risiko). Gregor Weiß (UL) EBWL 27 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Erkenntnisziel der BWL Merke! Das Erkenntnisziel der Betriebswirtschaftslehre ist, Wissen über wirtschaftliches Handeln, d.h. ökonomische Entscheidungen und Prozesse in Betrieben zu gewinnen. Gregor Weiß (UL) EBWL 28 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Weitere Arten von Betrieben Neben Unternehmen gibt es gemeinnützige (Non-Profit-Organisationen, NPO) und ö!entliche Betriebe. NPO arbeiten nach dem Kostendeckungsprinzip, ö!entliche Betriebe mitunter sogar nach dem Zuschussprinzip. Kostendeckungsprinzip: Der Ertrag deckt gerade die Kosten (keine Gewinnerzielung). Zuschussprinzip: Die ö!entliche Hand leistet einen Zuschuss aus ihrem Haushalt zur Abdeckung der Betriebskosten“. ” Wenngleich alle Arten von Betrieben Erkenntnisobjekt der BWL sind, konzentriert sich das Forschungsinteresse auf die Unternehmen, für ö!entliche Betriebe hat sich die Ö!entliche BWL“ als ” Spezialdisziplin herausgebildet. Merke! Jedes Unternehmen ist ein Betrieb, aber nicht jeder Betrieb ist ein Unternehmen. Gregor Weiß (UL) EBWL 29 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Spezielle Betriebswirtschaftslehren“ ” Quelle: Weber, W.; Kabst, R.; Baum, M. (2014): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. 9. überarb. Auflage, Gabler, Wiesbaden. S. 20 Gregor Weiß (UL) EBWL 30 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Erkenntnisziele der Betriebswirtschaftslehre I Beschreibungsziel: Entwicklung von Terminologien, Systematisierungen und Klassifizierungen der Vielfalt betriebswirtschaftlicher Phänomene. Erklärungsziel: Gewinnung gesetzesartiger“ Aussagen über betriebliche Sachverhalte. ” Betriebswirtschaftliche Theoriebildung. Gestaltungsziel: Formulierung von Handlungsempfehlungen im Hinblick auf vorgegebene Ziele. Entscheidungsorientierter Ansatz, Beobachtung und Erfahrung (praxisgestütztes Vorgehen), Anwendung von betriebswirtschaftlichen Theorien (theoriegestütztes Vorgehen), Explizite Problemlösung durch Anwendung mathematischer Optimierungsmodelle oder Simulationsrechnungen. Gregor Weiß (UL) EBWL 31 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Erkenntnisziele der Betriebswirtschaftslehre II Positive vs. normative Theorien Die Wirtschaftswissenschaften verfolgen in ihrem Kern zwei Ansätze: einen positiven und einen normativen Ansatz. Positive Analysen beschreiben, wie die Wirtschaft in der Realität funktioniert bzw. wie Betriebe sich verhalten. Normative Analysen formulieren hingegen, wie wirtschaftliche Prozesse unter bestimmten Bedingungen/Annahmen aussehen sollten. Beispiel: Wie finden Angebot und Nachfrage auf einem Markt theoretisch zusammen? Wie erfolgt dies in der Realität (gibt es eine Übernachfrage / ein Überangebot)? Gregor Weiß (UL) EBWL 32 / 591 Einführung und Grundbegri!e Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre Die Transaktionskostentheorie als Beispiel einer betriebswirtschaftlichen Theorie Transaktionskosten sind Betriebskosten des Wirtschaftssystems“ ” bzw. die Kosten der Markttransaktion“. ” Transaktionskosten entstehen in allen Phasen“ einer Transaktion. ” Anbahnung (ex-ante Transaktionskosten): Kosten bei der Transaktionspartner:innensuche, Screening-Costs (Kosten zur Informationssuche) und Signalling-Costs (Kosten zur Verdeutlichung der eigenen Leistung). Durchführung: z.B. Vereinbarungs- bzw. Verhandlungskosten, Absicherungskosten (Risikoübernahme in Transaktion). Kontrolle und Anpassung (ex-post Transaktionskosten): Kosten für die Überwachung der Leistung der Transaktionspartner:in (Agency Costs, Monitoring Costs). Zielsetzung ist es, intelligente Transaktionsdesigns zu scha!en, um Transaktionskosten zu reduzieren. Dies ist das Gestaltungsziel der Transaktionskostentheorie. Gregor Weiß (UL) EBWL 33 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Die Inputfaktoren Aufgabe eines Betriebs ist, Input aufzunehmen, diesen umzuwandeln und als Output abzugeben. Diese Umwandlung konstituiert den betrieblichen Transformationsprozess. Grundstruktur des betrieblichen Transformationsprozesses Quelle: Schmalen, H.; Pechtl, H. (2009): Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft. 14. überarb. Auflage, Schä!er-Poeschel, Stuttgart. S. 4 Der Input sind die betrieblichen Produktionsfaktoren, der Output konkretisiert sich in Produkten (Güter, Dienstleistungen). betriebliche Inputfaktoren sind Betriebsmittel, Betriebs- und Werksto!e, sowie objektbezogene und dispositive Arbeitsleistungen. Die Aufnahme des Inputs bzw. die Abgabe des Outputs konstituiert die Transaktion des Betriebs auf den Bescha!ungs- bzw. Absatzmärkten. Gregor Weiß (UL) EBWL 35 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Die betrieblichen Produktionsfaktoren Quelle: Schmalen, H.; Pechtl, H. (2009): Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft. 14. überarb. Auflage, Schä!er-Poeschel, Stuttgart. S. 5 Gregor Weiß (UL) EBWL 36 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Betrieblicher Wertschöpfungsfluss Gregor Weiß (UL) EBWL 37 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Die Elementarfaktoren objektbezogene Arbeitsleistungen: befassen sich ausschließlich mit der unmittelbaren Durchführung der betrieblichen Vorgänge. Betriebsmittel alle im Betrieb verwendeten Anlagen und Gegenstände, die nicht Bestandteil des Outputs werden. Der Kauf von Betriebsmitteln ist eine Investition. Der Verschleiß der Betriebsmittel durch ihren Einsatz im Transformationsprozess, während dem sich ihr Nutzenpotential verkleinert und letztlich vollständig verbraucht, wird als Abschreibung bezeichnet. Betriebssto!e: gehen im betrieblichen Transformationsprozess physisch unter“, werden aber nicht Bestandteil des Outputs. ” Werksto!e Roh-, Halb- und Fertigfabrikate (Bauteile, Komponenten) die im Produktionsprozess Bestandteil des Outputs werden. Werden Werksto!e von anderen Betrieben bezogen, spricht man von Zulieferteilen. Gregor Weiß (UL) EBWL 38 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Die dispositiven Arbeitsleistungen Dispositive Arbeitsleistungen Tätigkeiten einer Person, die sich mit der Leitung und Lenkung betrieblicher Vorgänge beschäftigen. Originäre Führungsentscheidungen erfordern Weitblick und Fingerspitzengefühl“ eines dynamischen ” ” Unternehmens“. sind nicht deligierbar und nicht im Vorhinein bewertbar: Erst der Markt zeigt ihre Richtigkeit. Derivative Führungsentscheidungen leiten sich aus den originären Führungsentscheidungen ab. können an Spezialist:innen delegiert werden. Viele Entscheidungen in Betrieben sind keine (strategischen) Führungsentscheidungen, sondern betre!en deren Umsetzung (operative Entscheidungen). Gregor Weiß (UL) EBWL 39 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Lenkung und Leitung der betrieblichen Vorgänge (Management) Management Managementaufgaben: Planen, Entscheiden, Durchführen, Kontrollieren, Dokumentieren und Führen. Planung: Festlegung der Ziele, Analyse des Istzustands, Ermittlung und Bewertung der Handlungsalternativen. Organisation: Realisierung der getro!enen Entscheidungen. Kontrolle: Überprüfung, ob die getro!enen Entscheidungen zum gewünschten Ziel geführt haben bzw. wo Ursachen für eine Zielverfehlung liegen (Controlling). Dokumentation: Scha!ung einer informationsbezogenen Grundlage für Planung, Entscheidung und Kontrolle bzw. aufgrund rechtlicher Anforderungen (Rechnungswesen). Gregor Weiß (UL) EBWL 40 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Modifikationen des Systems der Produktionsfaktoren Derivative und objektbezogene Arbeitsleistung: Moderne Arbeitstätigkeiten sind eine Mischung aus derivativen und objektbezogenen Arbeitsleistungen bzw. meist in einer Person vereinigt. Steuerungs- und Kontrollaufgabe sind an das Band verlagert. Job-Enrichment bei ehemals objektbezogenen Tätigkeiten. Repetier- und Potentialfaktoren: Betriebliche Produktionsfaktoren lassen sich noch in anderer Hinsicht klassifizieren. Repetierfaktoren: Produktionsfaktoren die im betrieblichen Transformationsprozess untergehen“, da sie zum Bestandteil des ” Produkts werden (Werksto!e), oder für die Funktionsfähigkeit der Betriebsmittel bzw. des Betriebs benötigt werden (Betriebssto!e). Potenzialfaktoren: stellen im betrieblichen Transformationsprozess ihr Nutzungspotential zur Verfügung. Hierzu zählen Betriebsmittel und die Arbeitsleistungen (= Humankapital). Gregor Weiß (UL) EBWL 41 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Erweiterungen des Systems der Produktionsfaktoren (Humankapital) Neben den Betriebsmitteln zählt auch das Humankapital zu den Potenzialfaktoren des betrieblichen Transformationsprozesses. Humankapital Die Fähigkeiten und die Fertigkeiten (Wissen) der Mitarbeiter:innen. zur Verfügung stellen des Potenzials der Mitarbeiter:innen im betrieblichen Transformationsprozess Einsatz des Humankapitals in dispositive und objektbezogene Arbeitsleistungen Wie bei einem Betriebsmittel findet auch bei der Arbeitsleistung eine Abschreibung statt: Abnahme der Leistungskraft eines Menschen im Laufe der Lebensjahre, Veralten der Fähigkeiten und Fertigkeiten durch den technischen Fortschritt. Neben der Investition in neue Betriebsmittel wird durch Weiterbildung bzw. Einstellung neuer Mitarbeiter:innen in das Humankapital investiert, um den Entwertungsprozess des vorhandenen Humankapitals aufzufangen. Gregor Weiß (UL) EBWL 42 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Erweiterungen des Systems der Produktionsfaktoren (Zusatzfaktoren) Umwelt und Infrastruktur zählen ebenfalls zu Inputfaktoren im betrieblichen Transformationsprozess. werden nicht über Transaktion erworben, sondern dem Betrieb von ” alleine“ (Umwelt) bzw. durch staatliche Leistung gestellt. Dienstleistungen Dritter erleichtern die finanziellen Transaktionen (z.B. Banken) oder bieten Versicherungsschutz (Versicherungen). Umstritten ist, ob Informationen ebenfalls eigenständige Inputfaktoren sind, oder ob sie in Betriebsmitteln (z.B. Computer) und im Humankapital integriert sind. Gregor Weiß (UL) EBWL 43 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Die Teilaufgaben des betrieblichen Transformationsprozesses Quelle: Schmalen, H.; Pechtl, H. (2009): Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft. 14. überarb. Auflage, Schä!er-Poeschel, Stuttgart. S. 7 Gregor Weiß (UL) EBWL 44 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Aktivitäten des betrieblichen Transformationsprozesses Bescha!ungsaufgabe: Ankauf oder Anmietung (Leasing) von Betriebsmitteln, Einkauf von Werksto!en, Anstellung von Mitarbeiter:innen. Lagerungsaufgabe: Lagerung von Betriebsmitteln und Werksto!en sowie der Fertigfabrikate. Erzeugungsaufgabe: der eigentliche Produktionsprozess, in Sachleistungsbetrieben weitgehend technologisch durch die Betriebsmittel, in Dienstleistungsbetrieben durch (objektbezogene) Arbeitsleistungen bestimmt. Absatzaufgabe: Erkundung des Absatzmarktes, seine Beeinflussung und der Verkauf der betrieblichen Produktion. Gregor Weiß (UL) EBWL 45 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Erweiterung der Aktivitäten des betrieblichen Transformationsprozesses Finanzierungsaufgabe: Ausgleich nicht deckungsgleicher Geldzu- und -abflüsse, die durch die Bescha!ung von Input (Geldabfluss) und den Absatz von Output (Geldzufluss) entstehen. Einhaltung des finanziellen Gleichgewichts (Liquiditätsplanung) Aufnahme vorübergehend fehlender Geldmittel (Finanzierungskosten) oder Anlage vorübergehend überschüssiger Geldmittel (Finanzinvestitionen) am Kapitalmarkt Erwerb und Veräußerung von Beteiligungen (Beteiligungsmanagement) Personal- und Technologieentwicklung: Sicherstellung der Qualifikation der Mitarbeiter:innen und dem Einsatz neuester Technologien. Weiterbildungsmaßnahmen und die Gewinnung neuer Mitarbeiter:innen sorgen für ein geeignetes Humankapital“, ” Innovationen für eine Weiterentwicklung der Produkte und Produktionsverfahren im Unternehmen. Leitungsaufgabe: Lenkung und Leitung aller anderen betrieblichen Aktivitäten (originäre und derivative Führungsentscheidungen). Gregor Weiß (UL) EBWL 46 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Teilaufgaben der betrieblichen Transformationsprozesse Teilaufgaben beinhalten eine Vielzahl einzelner Aktivitäten. Als Geschäftsprozesse werden, die zur Erfüllung einer betrieblichen Teilaufgabe notwendigen Folge von zusammenhängenden Aktivitäten bezeichnet. Ziel ist eine optimale Strukturierung der Teil- und Hauptprozesse sowie ein optimales Zusammenwirken der einzelnen Geschäftsprozesse. Je nach Umfang unterscheidet man in Teilprozesse Hauptprozesse (unterteilen sich in mehrere Teilprozesse) Ferner gibt es eine Unterscheidung in Primäre Geschäftsprozesse Sekundäre Geschäftsprozesse (unterstützen die primären Geschäftsprozesse) Die Bezeichnungen primär“ und sekundär“ sind damit nicht im Sinne ” ” einer Wertung ihrer Wichtigkeit zu verstehen. Gregor Weiß (UL) EBWL 47 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Wertkette und Wertschöpfung Die Wertkette Die im betrieblichen Transformationsprozess ablaufenden Aktivitäten bilden eine Wertkette. Die betriebliche Wertkette beschreibt die Summe aller physischen und technisch abgrenzbaren Aktivitäten in einem Betrieb, um Input in marktfähigen (vermarktungsfähigen) Output umzuwandeln. Der gesamte Erstellungsprozess eines Produkts setzt sich aus der Summe der betrieblichen Wertketten zusammen. Das Prinzip der Arbeitsteilung (zwischen Betrieben) impliziert, dass ein Betrieb nur bestimmte Aktivitäten im Erstellungsprozess übernimmt. Je besser die einzelnen betrieblichen Wertketten der vor- und nachgelagerten Stufen aufeinander abgestimmt sind (Wertverbundsystem), desto e”zienter (kostengünstiger und/oder qualitativ besser) verläuft der Erstellungsprozess des Produkts. Das Wertverbundsystem ist das überbetriebliche Analogon zur optimalen innerbetrieblichen Abstimmung der Geschäftsprozesse. Gregor Weiß (UL) EBWL 48 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Die Entstehung eines Produkts Quelle: Schmalen, H.; Pechtl, H. (2009): Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft. 14. überarb. Auflage, Schä!er-Poeschel, Stuttgart. S. 8 Gregor Weiß (UL) EBWL 49 / 591 Einführung und Grundbegri!e Der betriebliche Transformationsprozess Die Wertschöpfung Die monetäre Bewertung des betrieblichen Transformationsprozesses bzw. der betrieblichen Wertkette wird durch die Wertschöpfung ermöglicht. Die Wertschöpfung zeigt an, welche Werte“ durch den betrieblichen ” Transformationsprozess bzw. die Wertkette gescha!en werden. Wertschöpfung Eine Wertschöpfung liegt vor, wenn der Preis, den die/der Anbieter:in für ihr/sein im betrieblichen Transformationsprozess entstandenes Leistungsergebnis (Output, Produkt) erhält, höher als der Wert des von anderen produzierenden Einheiten (z.B. Zulieferer:innen) bezogenen und im Transformationsprozess verbrauchten sachlichen Inputs ist. Die betriebliche Wertschöpfung steht zur Verteilung an: Arbeitnehmer:innen erhalten ihren Lohn. Kapitalgeber:innen erhalten ihre Zinsen. Staat erhält seine Steuern. Unternehmer:in erhält als Residualgröße den Gewinn. Gregor Weiß (UL) EBWL 50 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Das Wirtschaftlichkeitsprinzip Das Wirtschaftlichkeitsprinzip stellt die Forderung, keine Produktionsfaktoren zu verschwenden. Wirtschaftlichkeit anhand von Mengengrößen Minimumprinzip: einen bestimmten Output mit geringstmöglichem Input erreichen. Maximumprinzip: mit gegebenem Input einen größtmöglichen Output erreichen. Quelle: Schmalen, H.; Pechtl, H. (2009): Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft. 14. überarb. Auflage, Schä!er-Poeschel, Stuttgart. S. 9 Gregor Weiß (UL) EBWL 52 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Wirtschaftlichkeit anhand von Wertgrößen Soll-Kosten Minimumprinzip: W Ist-Kosten mit: Soll-Kosten = geringstmögliche Kosten zur Erstellung eines bestimmten Outputs Ist-Kosten = tatsächlich angefallene Kosten In der Praxis gilt üblicherweise: Ist-Kosten Soll-Kosten Ist-Leistung Maximumprinzip: W Soll-Leistung mit: Soll-Leistung = bestmögliche Leistung bei Vorhandensein eines bestimmten Inputs Ist-Leistung = tatsächlich erzielte Leistung In der Praxis: Soll-Leistung Ist-Leistung W Wirtschaftlichkeitsmaß liegt immer zwischen 0 und 1, wobei gilt: W 0 : viel Verschwendung, geringe Wirtschaftlichkeit W 1 : wenig Verschwendung, hohe Wirtschaftlichkeit Gregor Weiß (UL) EBWL 53 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Wirtschaftlichkeit, Produktivität und E!zienz Wirtschaftlichkeitsprinzip, Produktivität und E”zienz sind Drillinge. Die Wirtschaftlichkeit anhand von Mengengrößen lässt sich auch als Produktivität oder synonym als E”zienz bezeichnen: Produktivität beschreibt das mengenmäßige oder technische Verhältnis von Einsatzmitteln (Input) und deren erzielten Ergebnissen (Output). E”zienz steht für wirtschaftliches Handeln. Die e”ziente Ausgestaltung des betrieblichen Transformationsprozesses führt zu hoher (maximaler) Produktivität, Minimum- oder Maximumprinzip der Wirtschaftlichkeit sind erfüllt. Sind das Minimum- oder Maximumprinzip erfüllt, ist die Produktivität am höchsten, der betriebliche Transformationsprozess ist e”zient ausgestaltet. Gregor Weiß (UL) EBWL 54 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Wirtschaftlichkeit und Produktivität Häufig bezieht man die Produktivität auf bestimmte Inputfaktoren (faktorbezogene Produktivität) und setzt sie in Relation zu Outputgrößen, die innerhalb der betrieblichen Wertkette anfallen. Arbeitsproduktivität beschreibt das Produktionsergebnis je Arbeitsstunde. Dafür wird der betre!ende Output durch die Gesamtzahl der im Betrieb angefallenen Arbeitsstunden der Mitarbeiter:innen geteilt. Analog lässt sich der Output durch die Maschinenstunden oder die Maschinenanzahl teilen, um so die Produktivität der Betriebsmittel zu bestimmen. Formal handelt es sich somit um die Durchschnittsproduktivität. Grenzproduktivität kennzeichnet den zusätzlichen Output, der durch den Einsatz einer zusätzlichen Inputeinheit erzielt werden kann. Grenzproduktivität und Durchschnittsproduktivität sind zu unterscheiden und keineswegs identisch. Die faktorbezogene Produktivität blendet jedoch andere Inputfaktoren zur Erstellung des Outputs aus. Das Output ist das Ergebnis des Zusammenwirkens aller Inputfaktoren. Der Einsatz eines Inputfaktors kann die Produktivität eines anderen Inputfaktors erhöhen. Gregor Weiß (UL) EBWL 55 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Wirtschaftlichkeit und Rationalisierung Rationalisierung Durch Rationalisierung soll die Wirtschaftlichkeit, Produktivität und E”zienz des betrieblichen Transformationsprozesses gesteigert werden und so die Marktposition des Betriebs verbessert werden. Rationalisierung ist die Verbesserung (Optimierung) von Betriebsabläufen unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit. Rationalisierungsmaßnahmen können in allen Bereichen eines Unternehmens ansetzen und lassen sich unterscheiden in Kosteneinsparungen Prozessinnovationen Produktinnovationen Gregor Weiß (UL) EBWL 56 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Das erwerbswirtschaftliche Prinzip Oberstes Ziel unternehmerischer Tätigkeit ist die Erwirtschaftung von Überschüssen. möglichst großer Gewinn Gewinn Umsatz Kosten mit: Umsatz Verkaufsmenge Verkaufspreis möglichst große Rentabilität Die Rentabilität gibt an, in welcher Höhe sich das eingesetzte (investierte) Kapital während einer bestimmten Zeitspanne verzinst hat. Gewinn Eigenkapitalrentabilität: rEK Eigenkapital 100 Gewinn Fremdkapitalzinsen Gesamtkapitalrentabilität: rGK Eigen- und Fremdkapital 100 Gewinn Umsatzrentabilität: rU Umsatz 100 Gregor Weiß (UL) EBWL 57 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Das erwerbswirtschaftliche Prinzip Selbst wenn der Gewinnanteil am Umsatz gering ist, kann ein Unternehmen eine günstige Eigenkapitalrentabilität erwirtschaften: Gewinn Umsatz Gewinn Umsatz Kapital Kapital gering hoch günstig Der Quotient aus Umsatz zu Kapital wird auch als Kapitalumschlagsgeschwindigkeit (turnover velocity) bezeichnet. Eine Kapitalumschlagsgeschwindigkeit von 3 bedeutet, dass das eingesetzte Kapital zum dreifachen Umsatz geführt hat. Gregor Weiß (UL) EBWL 58 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Return on Investment Der Gewinn wird auf das Betriebsergebnis und der Kapitaleinsatz auf das betriebsnotwendige Eigenkapital beschränkt. Das Betriebsergebnis enthält den Erfolg der normalen“, operativen ” Geschäftstätigkeit, Steuern und Fremdkapitalzinsen, die den Gewinn gemindert haben werden hinzugerechnet, es ergibt sich das EBIT (Earnings before Interest and Taxes). Das betriebsnotwendige Eigenkapital gibt das zur Erreichung des Betriebszwecks erforderliche Eigenkapital an. Da dies nur schwer zu bestimmen ist, wird oftmals das betriebsnotwendige Gesamtkapital verwendet. Der Return on Investment (RoI) ist eine modifizierte Eigenkapitalrentabilität. Wird jedoch das Gesamtkapital als Bezugsgröße für das Betriebsergebnis bzw. das EBIT verwendet, ist der daraus resultierende RoI analog zur Gesamtkapitalrentabilität. Gregor Weiß (UL) EBWL 59 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Renditekennzahlen Renditekennzahlen Renditezahlen dienen als Maßzahl dafür, wie erfolgreich ein Unternehmen das erwerbswirtschaftliche Prinzip verfolgt hat. Renditekennzahlen bieten vielfältige Ansatzpunkte für das Management eines Unternehmens: Benchmarking: Vergleich der erzielten Kapitalrendite mit derjenigen bestimmter Konkurrent:innen in der Branche (z.B. der/dem Marktführer:in) oder dem Branchendurchschnitt zur Überprüfung der eignen Wettbewerbsposition. Aufdecken notwendiger Maßzahlen zur Renditesteigerung in Tochtergesellschaften oder bestimmten Geschäftsbereichen. Bezugsgröße für eine erfolgsabhängige Entlohnung der Manager:innen: je höher die erzielte Rendite, desto höher die Entlohnung. Gregor Weiß (UL) EBWL 60 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Wertorientierte Unternehmensführung (Value Based Management, VBM) I Wertorientierte Unternehmensführung Konzept der Leitung und Lenkung des betrieblichen Transformationsprozesses zur Steigerung des Unternehmenswerts. Als bekanntester Ansatz der wertorientierten Unternehmensführung gilt der Shareholder-Value-Ansatz: dabei handelt die Unternehmensleitung im Sinne ihrer Anteilseigner:innen (shareholder) zur Mehrung derer Vermögensposition, d.h. dem Wert der Unternehmensanteile (Shareholder-Value). Der Shareholder-Value ist umso größer, je höher der Unternehmenswert. Ziel der wertorientierten Unternehmensführung ist die Identifikation von Werttreibern, d.h. Tatbeständen (bspw. Inputfaktoren, Produkte), die einen positiven Wertbeitrag im Unternehmen liefern. Gregor Weiß (UL) EBWL 61 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Wertorientierte Unternehmensführung (Value Based Management, VBM) II Es ergibt sich ein Werttreibermanagement der wertorientierten Unternehmensführung: Werttreiber sind zu halten oder auszubauen Wertvernichter sind abzustellen Das Value Based Management stellt eine Rückbesinnung der Unternehmensführung auf ihre Aufgabe dar, das erwerbswirtschaftliche Prinzip zu verfolgen. Gregor Weiß (UL) EBWL 62 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Ökonomischer Darwinismus Der ökonomische Darwinismus einer Marktwirtschaft besagt, dass nur die leistungsfähigen, Gewinne erzielenden Unternehmen überleben und die leistungsschwachen, Verlust erleidenden Unternehmen aus dem Marktgeschehen ausscheiden. Ursache: Verluste haben das Eigenkapital aufgezehrt, dies führt im juristischen Sinne zur Insolvenz (Konkurs). Aufgehoben werden kann der ökonomische Darwinismus, wenn vor allem große Unternehmen mit den massiven sozialen Konsequenzen ihres Ausscheidens drohen. systemrelevante (systemische) Unternehmen (z.B. Banken im Kapitalmarkt) damit drohen, dass ihr Ausscheiden ganze Märkte in Turbulenzen stürzen könnte. Die Politik greift mit Unterstützungsmaßnahmen ein, um die Unternehmen vor der Insolvenz zu retten. Die Verluste der Unternehmen werden aufgefangen, ihre Gewinne können dennoch ausgeschüttet werden. Gregor Weiß (UL) EBWL 63 / 591 Einführung und Grundbegri!e Die Eckwerte der Unternehmensführung Das finanzielle Gleichgewicht Das finanzielle Gleichgewicht ist bei einem Unternehmen gewahrt, wenn es zu jedem Zeitpunkt den fälligen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Gelingt es nicht, eine fällige Zahlungsverpflichtung zu erfüllen, so tritt der Tatbestand der Illiquidität ein, was ebenfalls zur Insolvenz führt. Möglichkeiten des Unternehmens, sein finanzielles Gleichgewicht wieder zu erlangen: Stundung der Zahlungsverpflichtung, Aufbringung von Finanzmitteln, Vermögensverkäufe. Das finanzielle Gleichgewicht stellt eine Nebenbedingung des erwerbswirtschaftlichen Prinzips dar. Ein Unternehmen muss seine Zahlungsfähigkeit erhalten, eine Maximierung der Liquidität verstößt jedoch gegen das erwerbswirtschaftliche Prinzip: Werden liquide Mittel gehalten und nicht gewinnbringend investiert, entstehen Opportunitätskosten, d.h. Gewinnentgang. Gregor Weiß (UL) EBWL 64 / 591 Einführung und Grundbegri!e Das Stakeholder-Modell Die Stakeholder des Unternehmens Ein Unternehmen lässt sich als o!enes System“ verstehen, welches ” mit seiner Umwelt (Umsystem) in vielfältigen Beziehungen steht. Stakeholder sind Anspruchs- und Interessengruppen, die Anforderungen an das Unternehmen formulieren bzw. Beiträge vom Unternehmen erwarten. Quelle: Schmalen, H.; Pechtl, H. (2009): Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft. 14. überarb. Auflage, Schä!er-Poeschel, Stuttgart. S. 12 Gregor Weiß (UL) EBWL 66 / 591 Einführung und Grundbegri!e Das Stakeholder-Modell Anforderungen der Stakeholder an das Unternehmen und von ihnen erwartete Beiträge I Kund:innen Unternehmen erwarten, dass die Kund:innen die produzierten Produkte kaufen, um den Preis als Gegenleistung zu vereinnahmen. Kund:innen sind aber nur bereit, die Produkte zu kaufen, wenn sie aus ihrer Sicht attraktiv sind. Investor:innen Investor:innen geben dem Unternehmen Kapital, das für die Finanzierung des betrieblichen Transformationsprozesse notwendig ist. Fremdkapitalgeber:innen überlassen zeitlich befristetes Kapital (Fremdkapital) und erwarten Zinszahlungen während der Laufzeit sowie eine fristgerechte Rückzahlung. Eigenkapitalgeber:innen stellen dem Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung und erwarten eine Mehrung der Kapitaleinlage. Shareholder Value: Steigerung des Vermögens der Eigenkapitalgeber:innen durch Gewinnausschüttungen und/oder Erhöhung des Marktwerts der Unternehmensbeteiligung. Gregor Weiß (UL) EBWL 67 / 591 Einführung und Grundbegri!e Das Stakeholder-Modell Anforderungen der Stakeholder an das Unternehmen und von ihnen erwartete Beiträge II Arbeitnehmer:innen Unternehmen benötigen deren Arbeitsleistung. Arbeitnehmer:innen erwarten hierfür einen angemessenen Lohn, attraktive Arbeitsbedingungen und kündigungssichere Arbeitsplätze. Zulieferer:innen Von diesen bezieht das Unternehmen Betriebsmittel, Betriebssto!e und Werksto!e in der benötigten Menge, Qualität und Lieferfrist. Zulieferer:innen erwarten eine vereinbarungsgemäße Bezahlung, günstige Konditionen und langfristige Geschäftsbeziehungen. Gregor Weiß (UL) EBWL 68 / 591 Einführung und Grundbegri!e Das Stakeholder-Modell Anforderungen der Stakeholder an das Unternehmen und von ihnen erwartete Beiträge III Staat Ansprüche des Unternehmens an den Staat betre!en die Infrastruktur. Der Staat fordert Steuern und die Einhaltung der Rechtsnormen. Gesellschaft Unternehmen erwarten Akzeptanz bzw. ein positives ö!entliches Image. Die Gesellschaft verlangt Arbeitsplätze und die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt. Konkurrent:innen Das Unternehmen fordert das Einhalten der Wettbewerbsregeln. Diese Forderung beruht auf Gegenseitigkeit. Gregor Weiß (UL) EBWL 69 / 591 Einführung und Grundbegri!e Das Stakeholder-Modell Implikationen des Stakeholder-Modells Die Qualität der Beziehungen eines Unternehmens zu Stakeholdern wird als soziales Kapital“ bezeichnet, aus dem Informations- und ” Wettbewerbsvorteile entstehen können. Um das soziale Kapital“ zu mehren, muss ein Unternehmen ” Anreize setzen (Leistungen bieten), damit es die von den Stakeholdern erwarteten Beiträge erhält. langfristig die Überbetonung der Interessen einer einzelnen Stakeholdergruppe verhindern. einen Ausgleich ( Gleichgewicht“) mit den einzelnen Stakeholdern ” anstreben. Beziehungen des Unternehmens mit seinem Umsystem sind nicht nur ausschließlich ökonomischer Art, sondern oft auch kommunikativer Art (Public Relations). Angestrebt wird ein Dialog mit den Stakeholdern, vor allem der Ö!entlichkeit. Gregor Weiß (UL) EBWL 70 / 591 Einführung und Grundbegri!e Das Stakeholder-Modell Stakeholder-Modell als Corporate Sustainability Das Stakeholder-Modell lässt sich auch im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensführung (Corporate Sustainability) verstehen. ökonomische Dimension: Sicherung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. ökologische Dimension: schonender Umgang des Unternehmens mit seiner natürlichen Umwelt. soziale Dimension: Verantwortung des Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeiter:innen und der Gesellschaft. Diese Betrachtung darf nicht statisch sein (intragenerative Gerechtigkeit), sondern sollte auch Auswirkungen des Unternehmenshandelns auf zukünftige Generationen beachten (intergenerative Gerechtigkeit). Gregor Weiß (UL) EBWL 71 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Anlässe der Betriebsgründung Ö”entlicher Betrieb Identifikation eines Bedarfs, der nicht durch private Anbieter gedeckt wird, z.B. weil es nicht rentabel wäre. Es wird ein ö!entlicher Betrieb zur Bedarfsdeckung gegründet. Beispiele: Verkehrsbetriebe, Eissporthallen, Schwimmbäder, Theater. Private Betriebe oder Unternehmen Identifikation einer bestehenden und noch ungesättigten Nachfrage (d.h. Marktlücke). Dies entsteht z.B. durch ein fehlendes Produkt oder einen zu hohen Preis oder fehlender Qualität, die dazu führt, dass ein Unternehmen als neuer Marktteilnehmer Nachfrage bedienen kann. Gregor Weiß (UL) EBWL 73 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Marktforschung Ziel der Marktforschung Marktforschung hat das Ziel Marktbedingungen zu verstehen, um fundierte Entscheidungen zu tre!en. Angebotsanalyse: Welche Produkte/Dienstleistungen sind am Markt verfügbar? Wer sind die Hauptwettbewerber? Nachfrageanalyse: Was sind die Kundenbedürfnisse? Wie verhält sich die Zielgruppe? Methoden: Primärforschung (Befragungen, Interviews) Sekundärforschung (Marktberichte, Statistiken) Verweis In der Vorlesung von Prof. Häusle wird tiefer darauf eingegangen. Gregor Weiß (UL) EBWL 74 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Geschäftsmodelle I Definition Ein Geschäftsmodell beschreibt, wie ein Unternehmen Wert scha!t, liefert und erfasst. Es stellt den Rahmen dar, durch den eine Organisation ihren Kund:innen Nutzen bietet und dabei wirtschaftlich nachhaltig agiert. Wertangebot: Was bietet das Unternehmen an, das Kund:innen überzeugt? (z.B. Produkte, Dienstleistungen) Zielgruppe: Wer sind die Kund:innen? Wertschöpfungskette: Wie wird der Wert produziert und geliefert? Einnahmequellen: Wie verdient das Unternehmen Geld? Kostenstruktur: Welche Kosten entstehen bei der Wertschöpfung? Gregor Weiß (UL) EBWL 76 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Geschäftsmodelle II Name des Beschreibung Beispiel Modells Basisdienstleistungen kostenlos, Freemium- Premium-Funktionen kostenpflich- Spotify Modell tig Plattform- Vermittlung zwischen Anbietern und Airbnb, Modell Nachfragern eBay Abonnement- Regelmäßige Zahlungen für kontinuierli- Netflix Modell chen Zugang Direktverkauf Verkauf direkt an Endkunden ohne Zwi- Tesla (D2C) schenhändler Nutzung einer Marke und eines Franchise- Geschäftsmodells durch unabhängige McDonald’s Modell Betreiber Tabelle: Beispiele von Geschäftsmodellen Gregor Weiß (UL) EBWL 77 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Unique Selling Proposition Definition: USP USP bezeichnet das Alleinstellungsmerkmal eines Produkts oder einer Dienstleistung, das es von den Mitbewerber:innen abhebt. Es beschreibt den einzigartigen Nutzen oder die besondere Eigenschaft, die nur dieses Angebot bietet und die für die Zielgruppe besonders relevant ist. Ziel: Das USP hilft, das Produkt/Unternehmen klar im Markt zu positionieren. Beispiel: Schnelle Lieferzeit, exklusives Design oder außergewöhnlicher Kundenservice. Ein starkes USP ist entscheidend, um Kund:innen zu überzeugen und Wettbewerbsvorteile zu sichern. Fazit Ein prägnantes USP kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg im hart umkämpften Markt ausmachen. Gregor Weiß (UL) EBWL 78 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Marktformen Indikator für funktionierende Märkte Verteilung Marktanteile auf die im Markt agierenden Unternehmen. Preistransparenz: Klare Sichtbarkeit der Preise für Käufer:innen und Verkäufer:innen, basierend auf Angebot und Nachfrage. Wettbewerb: Es herrscht freier Wettbewerb, der zu fairen Preisen, Innovation und einer Auswahl für Verbraucher:innen führt. Ressourcenzuweisung: E”ziente Zuweisung von Gütern und Dienstleistungen, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Marktzugang: Geringe Barrieren für den Marktzugang, damit neue Anbieter den Markt betreten und den Wettbewerb beleben können. Informationsverfügbarkeit: Alle Marktteilnehmer:innen haben Zugang zu relevanten Informationen, um fundierte Entscheidungen zu tre!en. Gregor Weiß (UL) EBWL 85 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Wettbewerbsarten Definition: Produktwettbewerb Der Produktwettbewerb ist der Wettbewerb um die Entwicklung und die Verbesserung von vergleichbaren Produkten. Definition: Preiswettbewerb Der Preiswettbewerb ist der Wettbewerb um die Preise vergleichbarer Produkte. Gregor Weiß (UL) EBWL 86 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Monopol Definition Ein Monopol liegt vor, wenn ein Unternehmen keinem oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist. In Deutschland: Monopol ist definiert als ein Unternehmen, dass mehr als 40 Prozent Marktanteil hält. Ein bekanntes Beispiel...... für ein Monopol in Deutschland war lange Zeit die Deutsche Telekom im Bereich der Festnetztelefonie. Vor der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes in den 1990er Jahren hatte die Deutsche Telekom (bzw. ihre Vorgängerorganisation Deutsche Bundespost) das alleinige Recht, Telefonleitungen zu betreiben und Festnetzanschlüsse anzubieten. Gregor Weiß (UL) EBWL 87 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Oligopol Definition Ein Oligopol liegt vor, wenn einige wenige Unternehmen in ihrer Gesamtheit keinem oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt sind. Deutschland: 3 Unternehmen mehr als 50 Prozent Markanteil. 5 Unternehmen mehr als 2/3 Markanteil. Ein bekanntes Beispiel...... für ein Oligopol in Deutschland ist der Mobilfunkmarkt, der von wenigen großen Unternehmen dominiert wird. Die Hauptakteure sind Deutsche Telekom (T-Mobile), Vodafone, und Telefónica (O2). Diese Unternehmen kontrollieren den Großteil des Marktes, wobei es zwar kleinere Anbieter gibt, diese jedoch oft Netzkapazitäten der drei großen nutzen. Gregor Weiß (UL) EBWL 88 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Negative und positive Auswirkungen Negative Auswirkungen: Reduzierung der Möglichkeiten, sich preislich zu unterscheiden. Reduzierung der Produktvielfalt. Positive Auswirkungen: Erhöhung des Wettbewerbs bei Markteintritt durch zwischenbetriebliche Verbindung. Erhöhung der Produktvielfalt bei Neuentwicklung durch gekoppelte Ressourcen und Kompetenzen. Bildung von Standards. Gregor Weiß (UL) EBWL 89 / 591 Gründungsanlass und Geschäftsmodell Kartellgesetze und -behörden in Deutschaland Kartellgesetz (GWB): Grundlage: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), auch bekannt als Kartellgesetz. Ziel: Förderung von Wettbewerb und Verhinderung von Monopolen und wettbewerbswidrigen Absprachen. Verbietet: Preisabsprachen, Marktaufteilung und den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen. Regelt: Fusionskontrolle und Wettbewerbsverstöße. Kartellbehörde (Bundeskartellamt): Zuständige Behörde: Bundeskartellamt mit Sitz in Bonn. Aufgaben: Überwachung der Einhaltung des Kartellrechts, Untersuchung von wettbewerbswidrigen Praktiken. Befugnisse: Untersagung von Kartellen, Fusionskontrolle und Verhängung von Bußgeldern bei Verstößen. Gregor Weiß (UL) EBWL 90 / 591 Globalisierung und Standortwahl Phänomen der Globalisierung Phänomen der Globalisierung I Globalisierung Globalisierung bezeichnet den weltweiten Prozess der steigenden Integration und Verflechtung der nationalen Volkswirtschaften, die mit einem sehr starken Anstieg der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit von Unternehmen verbunden ist. Wachstum des länderübergreifenden Handels Wachstum des grenzüberschreitenden Transportverkehrs Anstieg von Direktinvestitionen im Ausland (foreign direct investments, FDI): Kapitalanlagen eines Investors im Ausland Greenfield-Investment (Neugründung von Unternehmen im Auslandsmarkt) Brownfield-Investment (Kapitalbeteiligung an ausländischen Unternehmen) Gregor Weiß (UL) EBWL 93 / 591 Globalisierung und Standortwahl Phänomen der Globalisierung Phänomen der Globalisierung II steigende Mobilität des Kapitals Lizenzvergabe (grenzüberschreitende Transfers intellektuellem Eigentums) Anstieg der Anzahl an Kooperationen und Netzwerkbildungen von Unternehmen aus unterschiedlichen Ländern ( strategische ” Allianzen“) Gregor Weiß (UL) EBWL 94 / 591 Globalisierung und Standortwahl Phänomen der Globalisierung Ursachen für die Expansion der internationalen ökonomischen Verflechtungen I Deregulierung nationaler Märkte: Siegeszug der Marktwirtschaft“ ” Integration von Ländermärkten (z.B. Europäische Gemeinschaft) Internationale Abkommen und Organisationen zur Liberalisierung der Wirtschaftsbeziehungen (z.B. GATT – general agreement about tari!s and trade, TTIP?) verringern Handelshemmnisse und senken (Markteintritts-) Barrieren. Technischer Fortschritt insbesondere im Bereich des Kommunikations- und Transportwesens, Ausbau der Infrastruktur in vielen Ländern, Verminderung der Kosten für Transport von Waren und Informationsübermittlung sowie Beschleunigung dieser Prozesse. Gregor Weiß (UL) EBWL 95 / 591 Globalisierung und Standortwahl Phänomen der Globalisierung Ursachen für die Expansion der internationalen ökonomischen Verflechtungen II Erhöhung des Lebensstandards quantitativer und qualitativer Anstieg des Konsums neue Geschäftspartner:innen Länder mit starken Wirtschaftswachstum (z.B. BRIC-Staaten: Brasilien, Russland, Indien, China) sind auf der ökonomischen ” Weltbühne“ erschienen mentale Mobilität“ ” ein höherer Bildungsstand, die Medien und der Tourismus nehmen Einfluss auf die Arbeitstätigkeit im Ausland, Kapitalanlagen oder Produktpräferenzen Gregor Weiß (UL) EBWL 96 / 591 Globalisierung und Standortwahl Phänomen der Globalisierung Kritikpunkte an der Globalisierung Gefährdung der Ökologie durch verstärkte Ausbeutung der natürlichen Ressourcen sowie steigende Umweltbelastung durch das erhöhte Transportvolumen Verschlechterung der Handels- und Wirtschaftsbedingungen für ökonomisch schwächere Länder ( fairer Handel statt Freihandel“) ” Verlust von Arbeitsplätzen in Ländern mit hohen Lohnkosten, Lohndumping in Niedriglohnländern Steigende organisierte Kriminalität Grundsätzlich zeigt die ökonomische Theorie (die sog. Wohlfahrtsökonomie) allerdings, dass eine Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zu einer Wohlfahrtssteigerung“ der beteiligten ” Länder führt. Gregor Weiß (UL) EBWL 97 / 591 Globalisierung und Standortwahl Phänomen der Globalisierung Internationalisierung der Teilaufgaben des betrieblichen Transformationsprozesses Für Unternehmen impliziert Globalisierung eine Internationalisierung betrieblicher Prozesse: Absatzaufgabe ausländische Märkte erö!nen neue Absatzchancen, sie sind im internationalen Marketing zu erschließen. Bescha!ungsaufgabe Auswahl an potenziellen Lieferanten erweitert sich. Produktionsaufgabe Wahl des Produktionsstandort in dem Land mit den günstigsten Rahmenbedingungen. Finanzierungsaufgabe Investor:innen werden auch auf dem internationalen Kapitalmarkt gesucht. Leitungsaufgabe Komplexität steigt, wenn das Unternehmen auf meh- rere Länder verteilte Standorte aufweist und/oder Mitarbeiter:innen aus unterschiedlichen Kulturkrei- sen beschäftigt. Globalisierung Der betriebliche Transformationsprozess wird internationaler. Gregor Weiß (UL) EBWL 98 / 591 Globalisierung und Standortwahl Betriebliche Standortwahl Die Wahl des betrieblichen Standorts Standort Als Standort eines Betriebes bezeichnet man den Ort, an dem sich eine Betriebsstätte, d.h. Geschäftseinrichtungen wie Produktionshallen, Verwaltungsgebäude oder Verkaufsräumlichkeiten befinden, die dem betrieblichen Transformationsprozess dienen. Sind die Betriebsstätten (Tochtergesellschaften) auf mehrere geografische Orte verteilt, hat der Betrieb (Konzern) mehrere Standorte. Je nach Teilaufgaben des betrieblichen Transformationsprozesses, die an einem Standort durchgeführt werden, lässt sich unterscheiden nach: Produktions- Forschungs- und Entwicklungs- (F&E)- Standort Verwaltungs- Verkaufs- Die Standortwahl zählt zu den konstitutiven Führungsentscheidungen. Gregor Weiß (UL) EBWL 100 / 591 Globalisierung und Standortwahl Betriebliche Standortwahl Die Standortwahl als Entscheidungsproblem Hierarchieebenen der Standortwahl: internationale Standortwahl, regionale Standortwahl, lokale Standortwahl, innerörtliche Standortwahl. Standortwahl als mehrstufiger Entscheidungsprozess: zuerst gilt es interessante Standorte zu entdecken“, Standorte, die ” bestimmte Mindestkriterien nicht erfüllen scheiden vorab aus. für die verbleibenden Standorte werden dann die standortabhängigen Kosten und Leistungen ermittelt. der Standort mit dem voraussichtlich größten standortabhängigen Gewinn (als Di!erenz der standortabhängigen Leistungen und standortabhängigen Kosten) wird ausgewählt. Gregor Weiß (UL) EBWL 101 / 591 Globalisierung und Standortwahl Betriebliche Standortwahl Probleme der Standortwahl Weder die standortabhängigen Kosten noch die standortabhängigen Leistungen sind mit Sicherheit abschätzbar. In der Zukunft sind Abweichungen von den erwarteten Werten möglich, weshalb der Standort sich dann nicht mehr als optimal erweisen könnte. Die Standortwahl ist ein Entscheidungsproblem unter Unsicherheit, dem man mit Alternativrechnungen mit pessimistischen bzw. optimistischen Schätzwerten zu begegnen versucht. Gregor Weiß (UL) EBWL 102 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Standortfaktoren Die Standortfaktoren umfassen alle standortabhängigen Kosten- und Leistungsarten, die dann von Bedeutung sind, wenn der betriebliche Standort frei wählbar ist. Man unterscheidet zwischen harten und weichen Standortfaktoren: harte Standortfaktoren besitzen einen unmittelbaren Bezug zu monetären Kosten und Leistungen weiche Standortfaktoren lassen sich nicht in monetären Größen ausdrücken, sie charakterisieren qualitative Eigenschaften eines Standorts Zu den wichtigsten Standortfaktoren zählen: Logistikkosten Kosten der Arbeitskräfte Abschreibungs- und Zinsbelastungen Energiekosten Clusterleistungen Absatzleistungen Steuern und Subventionen Staatsleistungen Gregor Weiß (UL) EBWL 104 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Logistikkosten Logistikkosten setzen sich aus den Kosten für Transport und Lagerung von Güter im Rahmen des betrieblichen Transformationsprozesses zusammen. Transportkosten entstehen bei der Bescha!ung von Roh-, Hilfs- und Betriebssto!en sowie Halb- und Fertigfabrikate, beim Absatz der im Betrieb erzeugten Güter. Es können auch innerhalb eines Unternehmens standortspezifische Transportkosten anfallen, sofern die betrieblichen Produktionsstandorte geografisch verteilt sind. Gregor Weiß (UL) EBWL 105 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Kosten der Arbeitskräfte I Die Arbeitskosten gelten als magischer Standortfaktor“, dürfen aber ” nicht als alleinige Entscheidungsdeterminanten gesehen werden. Arbeitskosten sind sowohl regional wie international unterschiedlich. Regionale standortspezifische Arbeitskosten in Ballungsgebieten: höheres Lohnniveau als im ländlichen Raum (Mitarbeiter:innen erhalten bspw. wegen hoher Wohnkosten Lohnzulagen) im ländlichen Raum: Arbeitskräfte aus dem Umland müssen zum Standort befördert werden (Mitarbeiter:innen erhalten bspw. Fahrtkostenzuschüsse), der Freizeitwert des Standorts ist geringer (Führungskräfte verlangen höhere Gehälter als in einem räumlich attraktiven Umfeld) Gregor Weiß (UL) EBWL 106 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Kosten der Arbeitskräfte II Internationale standortspezifische Arbeitskosten auf Grund unterschiedlichen Lohnniveaus durch gesetzlich bzw. tarifvertraglich festgeschriebener Personalzusatzkosten auf Grund unterschiedlicher Lohnstückkosten International sind neben den Kosten je Arbeitsstunde auch die Produktivität (Produktionsergebnis je Arbeitsstunde) relevant: die Lohnstückkosten Lohnstückkosten Die Lohnstückkosten bringen die angefallenen Lohnkosten je erbrachter Leistung zum Ausdruck. Es ist der Standort am attraktivsten, der die geringsten Lohnstückkosten aufweist, d.h. der die beste Relation aus Arbeitsleistung und Arbeitskosten aufweist. Gregor Weiß (UL) EBWL 107 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Abschreibungs- und Zinsbelastungen Abschreibungs- und Zinsbelastungen können für einen Betrieb an verschiedenen Standorten unterschiedlich hoch sein. hinsichtlich der notwendigen Investitionen für den Aufbau eines Betriebes, bestehen regionale und internationale Di!erenzen der Staat gewährt gezielte Abschreibungsvergünstigungen Mietkosten und Leasingraten entstehen anstelle der Abschreibungs- und Zinskosten, wenn der Betrieb Grundstücke, Räumlichkeiten oder Maschinen nicht kaufen will. Gregor Weiß (UL) EBWL 108 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Energiekosten Die Preise für Energie (Strom, Gas, Öl) sind in fast allen Ländern politische Preise, d.h. sie sind fiskalpolitisch und/oder umweltpolitisch motiviert (z.B. Energiesteuern“ oder Ökosteuer“). ” ” Energie ist in manchen Ländern auf Grund der Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen günstiger zu beziehen. Das Energiekostengefälle zwischen den Ländern stellt für energieintensive Betriebe einen internationalen Standortfaktor dar. Gregor Weiß (UL) EBWL 109 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Clusterleistungen I Cluster Ein Cluster stellt ein Netzwerk von Produzent:innen, Zulieferer:innen, aber auch Forschungseinrichtungen dar, die in einer gewissen räumlichen Nähe zueinander angesiedelt sind und deren betrieblichen Wertketten einander ergänzen. Der Prototyp eines solchen Clusters war/ist das Silicon Valley im Bereich der Computertechnologie und des Internets; der Raum Hamburg stellt einen Cluster für die Luftfahrtbranche dar. Gregor Weiß (UL) EBWL 110 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Clusterleistungen II Vorteile eines Standorts in einem Cluster:. Möglichkeiten zum Networking“ (Knüpfen von Geschäftskontakten ” und Finden geeigneter Kooperationspartner:innen) Synergiee!ekte auf Grund ineinander greifender betrieblicher Wertketten hoher Qualifikationsgrad der Arbeitnehmer:innen in der betre!enden Branche soziales Kapital“: Di!undieren von Wissen durch informelle Kontakte ” und Arbeitsplatzwechsel innerhalb eines Clusters Förderung der Innovationsdynamik Gregor Weiß (UL) EBWL 111 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Absatzleistungen I Die Absatzleistungen als Standortfaktor sind in erster Linie für Einzelhandelsbetriebe und Hersteller:innen mit regional begrenzten Absatzgebieten bei der regionalen Standortwahl von Interesse. Marktpotenzial Das Marktpotenzial einer Region für eine Warenkategorie bestimmt sich (konzeptionell) aus der Bevölkerungszahl (Anzahl potentieller Käufer:innen) multipliziert mit den betre!enden Pro-Kopf-Ausgaben bzw. der Kaufkraft in der betre!enden Warenkategorie. Die Absatzleistung bzw. das Marktpotenzial eines lokalen Standorts wird darüber hinaus beeinflusst durch: Absatzleistungen anderer (konkurrierender) Einkaufsorte (Netto-) Kaufkraftzuflüsse: auf Grund eines insgesamt attraktiven Einzelhandelsangebots vor Ort kann eine Stadt bzw. Gemeinde Kaufkraft aus benachbarten Orten abziehen Gregor Weiß (UL) EBWL 112 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Absatzleistungen II Agglomerationse!ekte: die Einkaufsattraktivität eines lokalen Standorts bestimmt sich aus dem gesamten Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot an diesem Standort und wird durch Stadtmarketingkonzepte unterstützt. Der örtliche Einzelhandel steht somit nicht in einer Konkurrenzbeziehung. Regional ist die Standortwahl vor allem für den Einzelhandel bedeutsam. Ein guter Standort zeichnet sich z.B. durch eine hohe Passant:innenfrequenz, gute Parkmöglichkeiten, aber auch ein attraktives Ambiente der unmittelbaren Umgebung aus. Durch Agglomerationse!ekte entstanden vielerorts Einkaufzentren auf der grünen Wiese“ außerhalb der Städte. ” Mit einem City-Management versuchen Stadtverwaltungen die Innenstädte wieder zu beleben (Business Improvement Districts) Gregor Weiß (UL) EBWL 113 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Absatzleistungen III International spielt der erzielbare Absatz eine ebenso wichtige Rolle. Besitzen ausländische Märkte eine große Bedeutung für das Unternehmen, so sind Exporttätigkeiten nicht mehr ausreichend, der Markt erfordert eine unmittelbare Präsenz. Das Unternehmen folgt mit Standortgründungen im Ausland den Kund:innen, die ebenfalls im Ausland tätig werden. Protektionistischen Maßnahmen und Handelshemmnissen (Local Content-Auflagen) lassen sich umgehen, wenn Betriebe durch einen Standort im betre!enden Ausland als einheimisch“ angesehen werden. ” Gregor Weiß (UL) EBWL 114 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Steuern und Subventionen I Auch Steuern können bei der Standortwahl eine Rolle spielen, sowohl regional, als auch international. Regionale Steuerunterschiede in Deutschland finden sich in der Gewerbe- und der Grundsteuer, da diese von Gemeinden erhoben werden. Die Gewerbesteuer bezieht sich auf den sog. Gewerbeertrag, der sich aus dem Gewinn (Ertrag der Eigenkapitalgeber:innen) und den Zinsen (Ertrag der Fremdkapitalgeber:innen) zusammensetzt. Besteuerung: Grundlage der Berechnung ist ein Steuermessbetrag (z.B. 3,5 Prozent auf den Gewerbeertrag). Auf diesen Betrag setzen die Gemeinden ihren jeweiligen prozentualen Hebesatz, der multipliziert mit dem Steuermessbetrag dann die zu zahlende Steuer ergibt. Die Hebesätze (min. 200%, 16 IV 2 GewStG) liegen zumeist zwischen 300 und 500 Prozent, d.h. der Steuermessbetrag wird mit 3 bis 5 multipliziert. Gregor Weiß (UL) EBWL 115 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Steuern und Subventionen II Manche Gemeinden versuchen durch relativ niedrige Hebesätze ihre Attraktivität für Investor:innen zu verbessern, während besonders beliebte Städte hohe Hebesätze verlangen können. Die Grundsteuer fällt beim Erwerb von Immobilien an. Internationale Steuerunterschiede Steueroasen, Doppelbesteuerungsabkommen und Außensteuergesetz. Internationale Steuerunterschiede führen zu sogenannten Steueroasen Unternehmen versuchen durch Gründung von Gesellschaften (ausländische Tochtergesellschaft) oder durch Auslagerung des gesamten (juristischen) Geschäftssitzes ( Briefkastenfirma“) ” Steuerunterschiede zu nutzen. Das Außensteuergesetz schränkt diesen Spielraum jedoch ein, da für interne Lieferungen zwischen den Gesellschaften Transferpreise“ ” gelten. Gregor Weiß (UL) EBWL 116 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Steuern und Subventionen III Außerdem müssen die Gesellschaften ihr gesamtes Einkommen, also auch das in Steueroasen erzielte, in Deutschland versteuern (Welteinkommenprinzip). Besteht mit einem Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen, werden Einkünfte nur in dem Land besteuert, in dem sie entstanden sind. International tätige Unternehmen können durch geschickte Steuerung ihrer Gewinne und Verluste ihre Steuerlast mindern, selbst in der EU ist ein einheitliches Steuersystem in weiter Ferne“. ” Subventionen sind finanzielle Zuwendungen des Staates an Betriebe. Subventionen werden von Seiten des Staates als Mittel der Industriepolitik“ verstanden, um in einer Volkswirtschaft ” Investor:innen anzulocken“ oder bestimmte Regionen eines Landes ” wirtschaftlich zu entwickeln. Gregor Weiß (UL) EBWL 117 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Steuern und Subventionen IV Direkte Subventionen: Zuschüsse: Der Geldbetrag muss nicht zurückgezahlt werden (z.B. Investitionszulagen). Kredite: Der Geldbetrag muss zurückgezahlt werden, es liegt aber ein vergleichsweise günstiger Zinssatz vor. Bürgschaften: Der Staat steht als Bürge für das Unternehmen ein, was dessen Kreditwürdigkeit verbessert. Indirekte Subventionen: Reduzierung staatlicher Geldforderungen an das Unternehmen. Steuererlasse, Steuerbefreiung, Steuerermäßigungen, Zollermäßigungen, Verzicht auf Abgaben oder die Gewährung von Rückvergütungen bzw. Erstattungen. Gregor Weiß (UL) EBWL 118 / 591 Globalisierung und Standortwahl Die Standortfaktoren Staatsleistungen Der Staat beeinflusst die Standortwahl durch die Bestimmung ökonomisch relevanter Infrastrukturen des Landes: Verkehrs- Kommunikations- Energie- Schul- Gesundheits- Rechtswesen Eine weitere wichtige Rolle spielen Faktoren, die das Geschäftsrisiko beeinflussen: politische Stabilität oder währungspolitische Entscheidungen E”zienz der ö!entlichen Verwaltung oder Grad der Korruption“ ” Gregor Weiß (UL) EBWL 119 / 591 Globalisierung und Standortwahl Der Wirtschaftsstandort Deutschland Vor- und Nachteile des Standorts Deutschland Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Quelle: Schmalen, H.; Pechtl, H. (2009): Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft. 14. überarb. Auflage, Schä!er-Poeschel, Stuttgart. S. 30 Gregor Weiß (UL) EBWL 121 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Kaufmannseigenschaften Kaufmannseigenschaften I Als Kaufmann“ wird derjenige bezeichnet, der ein gewerbliches ” Unternehmen (Handelsgewerbe) betreibt. Er unterliegt den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB). Handelsgesetzbuch kodifiziert ein besonderes Kaufmannsrecht. fordert vom Kaufmann ein höheres Maß an Pflichten und Sorgfalt als unter Privatleuten. regelt das Kaufmannsrecht nicht erschöpfend, sondern umfasst die vom BGB abweichenden Sonderregeln. Handelsgewerbe setzt voraus, dass eine auf Gewinnerzielung und planmäßige Wiederholung gerichtete selbstständige Tätigkeit vorliegt. schließt damit wissenschaftliche und künstlerische Tätigkeiten, ebenso wie freie Beruf wie von ärztlichem Fachpersonal, der Steuerberater:in oder des Rechts- beistandes aus. Diese werden gemäß 14 BGB als Unternehmer:in“ bezeichnet. ” Gregor Weiß (UL) EBWL 124 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Kaufmannseigenschaften Kaufmannseigenschaften II Das Handelsgesetzbuch unterscheidet mehrere Typen“ von ” Kaufleuten: Istkaufmann Jede Person, die ein Handelsgewerbe betreibt und hierfür einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigt. Formkaufmann Jede AG, KGaA, GmbH und eG besitzt als Kapitalge- sellschaft Kaufmannseigenschaft; wird“ allerdings erst ” zum Kaufmann durch die Eintragung im Handels- bzw. Genossenschaftsregister. Die Registereintragung besitzt somit konstitutiven Charakter. Personengesellschaften (OHG, KG) besitzen Kauf- mannseigenschaften, auf Grund des Handelsgewerbes, das sie betreiben. Für sie ist die Eintragung ins Han- delsregister verpflichtend, hat aber nur deklaratorischen Charakter. Der Eintrag im Handelsregister ist auch für Betriebe der ö!entlichen Hand verpflichtend. Gregor Weiß (UL) EBWL 125 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Kaufmannseigenschaften Kaufmannseigenschaften III Das Handelsgesetzbuch unterscheidet mehrere Typen“ von ” Kaufleuten: Kannkaufmann Wenn ein Nichtkaufmann für einen Handelsregisterein- trag optiert, dann wird er dadurch zu einem Kaufmann mit allen Rechten und Pflichten. Gregor Weiß (UL) EBWL 126 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Kaufmannseigenschaften Kaufmannseigenschaften IV Das Handelsregister ist ein bei den Amtsgerichten elektronisch geführtes, ö!entliches Verzeichnis. Es dient der Verö!entlichung von für den kaufmännischen Geschäftsverkehr relevante Informationen: Firma, Sitz, Rechtsform, Niederlassungen, Gegenstand des Unternehmens, vertretungsberechtigte Personen sowie Grund- und Stammkapital. Die Informationen gehen in das Unternehmensregister ein und werden Interessent:innen elektronisch abrufbar bereitgestellt. Im Handelsregister eingetragene Unternehmen haben besondere Anforderungen zu beachten (s. “vier Grundpflichten”). Im Geschäftsbrief müssen der Firmenname, Geschäftssitz, das zuständige Registergericht, die Nummer des Eintrags sowie bei Kapitalgesellschaften Angaben zur/zum Geschäftsführer:in bzw. Vorstand aufgeführt sein. Kaufleute sind zur Buchführung nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung (GoB), als auch zur Erstellung eines Jahresabschlusses mit Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, je nach Rechtsform und Unternehmensgröße auch Anhang und Lagebericht verpflichtet. Gregor Weiß (UL) EBWL 127 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Überlegungen zur Wahl der Rechtsform I Die Wahl der Rechtsform ist eine konstitutive Führungsentscheidung des Unternehmens. Die Rechtsformwahl gehört zu den langfristigen unternehmerischen Entscheidungen, ist jedoch nicht nur bei der Gründung, sondern auch bei wesentlichen Veränderungen der persönlichen oder unternehmensbezogenen Rahmenbedingungen zu beachten. Für die Wahl der Rechtsform gilt der Grundsatz des Typenzwangs: Es kann nur eine Rechtsform gewählt werden, die auch im Gesellschaftsrecht gesetzlich geregelt ist. Ein Rechtsformwechsel wird notwendig, wenn dies auf Grund der aktuellen Gegebenheit zweckmäßig ist. Bspw. haben in den vergangenen Jahren viele Unternehmen die Rechtsform einer Aktiengesellschaft angenommen um einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt zu erhalten. Gregor Weiß (UL) EBWL 129 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Überlegungen zur Wahl der Rechtsform II Die einzelnen Rechtsformen unterscheiden sich in mehreren betriebswirtschaftlichen Kriterien, die bei der Wahl der geeigneten Rechtsform zu beachten sind: Leitungs- und Kontrollbefugnis Haftung Mindestkapital Finanzierungsmöglichkeiten Fungibilität Gewinn- und Verlustbeteiligung Rechnungslegungs- und Publizitätsvorschriften steuerliche Belastung Die Rechtsform unterscheidet sich vor allem in der Ausgestaltung der Leitung und Kontrolle, Haftung, Finanzierung und steuerlichen Belastung. Gregor Weiß (UL) EBWL 130 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Die Rechtsformen in Deutschland Quelle: Schmalen, H.; Pechtl, H. (2009): Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft. 14. überarb. Auflage, Schä!er-Poeschel, Stuttgart. S. 37 Gregor Weiß (UL) EBWL 131 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Das Einzelunternehmen Betreibt ein Kaufmann (Einzelkaufmann, Einzelunternehmer:in, Inhaber:in) sein Handelsgewerbe ohne einen weitere:n Gesellschafter:in, so handelt es sich um ein Einzelunternehmen. Der Kaufmann ist alleinig zur Geschäftsführung berechtigt. Mindestkapital als Einlage zur Gründung ist nicht erforderlich. Unternehmer:in und Inhaber:in sind faktisch untrennbar miteinander verbunden, dennoch ist zwischen Betriebs- und Privatvermögen zu unterscheiden. Allein der/dem Inhaber:in steht der gesamte Gewinn zu. Dieser kann im Unternehmen belassen (thesaurieren) werden oder ausgeschüttet werden. Zusätzliches Eigenkapital (EK) erhält das Unternehmen durch Überführung von Privatvermögen der Inhaber:in in das Betriebsvermögen (Einlagen). Eine Rückführung aus dem Betriebsvermögen sind ebenso möglich (Entnahme), was das Eigenkapital senkt. Die/der Einzelunternehmer:in haftet unbeschränkt, d.h. mit ihrem/seinem gesamten Privatvermögen. Einzelunternehmer:in zu sein bedeutet nicht, dass der betriebliche Transformationsprozess ohne Mitarbeiter:innen bestritten wird. Über Vollmachten können sogar (große) Teile der zustehenden Geschäftsbefugnis an Mitarbeiter:innen delegiert werden. Gregor Weiß (UL) EBWL 132 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Personengesellschaften Betreiben mindestens zwei Personen gemeinschaftlich ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe, so handelt es sich um eine Personengesellschaft. Ein Gesellschaftsvertrag regelt das Innenverhältnis, insbesondere bestimmter Rechte und Pflichten der Gesellschafter:innen. Die Gesellschafter:innen bringen Vermögensgegenstände, meist Bareinlagen, aber auch Sachgegenstände oder Rechte als Eigenkapital in die Gesellschaft ein. Einlagen werden auf dem Kapitalkonto der Gesellschaft gutgeschrieben“. ” Der Kapitalanteil, d.h. die Höhe des Kapitalkontos bringt den Wert der wirtschaftlichen Beteiligung einer Gesellschafter:in zum Ausdruck. Der Kapitalanteil erhöht sich, wenn erwirtschaftete Gewinne thesauriert werden bzw. verringert sich, wenn Verluste erwirtschaftet werden. Scheidet ein:e Gesellschafter:in aus der Personengesellschaft aus, erhält er seinen Kapitalanteil ausbezahlt“. Im Gesellschaftsvertrag ist die Höhe dieses ” Auseinandersetzungsguthabens zu regeln. Personengesellschaften sind rechtlich aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR- oder BGB-Gesellschaft; 705- 749 BGB) hervorgegangen. Die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung einer BGB-Gesellschaft entspricht im Wesentlichen der O!enen Handelsgesellschaft (OHG). Gregor Weiß (UL) EBWL 133 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Die O”ene Handelsgesellschaft (OHG) I Die gesellschaftsrechtliche Regelung der OHG: 105 !. HGB Gesellschafter:innen sind mindestens zwei Personen, die natürliche, aber auch juristische Personen sowie andere Personengesellschaften sein können. Die Geschäftsführung liegt bei allen Gesellschafter:innen, außer der Gesellschaftsvertrag schließt einzelne Gesellschafter:innen von der Geschäftsführung aus. Alle Gesellschafter:innen sind damit berechtigt, im Namen der Gesellschaft Geschäfte abzuschließen (sog. Einzelgeschäftsführung). Das Eigenkapital besteht bei der Gründung aus den Einlagen der Gesellschafter:innen aus ihrem Privatvermögen. Frisches“ EK stammt aus ” Erhöhung der Einlagen oder durch die Aufnahme neuer Gesellschafter:innen mit deren Einlagen. Die Aufnahme neuer OHG-Gesellschafter:innen, als auch das Ausscheiden bisheriger Gesellschafter:innen erfordert das Einvernehmen aller Gesellschafter:innen. Gregor Weiß (UL) EBWL 134 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Die O”ene Handelsgesellschaft (OHG) II Die gesellschaftsrechtliche Regelung der OHG: 105 !. HGB Jede:r Gesellschafter:in haftet unbegrenzt für Verbindlichkeiten der OHG. Die Haftung ist unmittelbar, unbeschränkt und gesamtschuldnerisch. Die Gewinnverteilung bezieht sich - wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anders bestimmt – auf die Einlagen, die mit vier Prozent verzinst werden. Ein eventueller Gewinnrest ist nach Köpfen“ zu verteilen. Thesaurierte Gewinne ” werden den Kapitaleinlagen gutgeschrieben. Gemäß 124 Absatz 1 HGB ist die OHG rechtsfähig! Sie kann also unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, ebenso kann sie vor Gericht klagen und verklagt werden. Gregor Weiß (UL) EBWL 135 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Die Kommanditgesellschaft (KG) I Die gesellschaftsrechtliche Regelung der KG: 161!. HGB Gesellschafter:innen sind mindestens ein Komplementär und ein Kommanditist. Die Geschäftsführung liegt bei den Komplementären, welche sich analog zu derjenigen der OHG-Gesellschafter:innen gestaltet. Kommanditisten haben nur Kontrollrechte, besitzen somit keine Kaufmanneigenschaft. Das Eigenkapital bei der Gründung besteht aus den Einlagen der Kommanditisten und der Komplementäre (und indirekt aus dem Privatvermögen der Komplementäre). Eine EK-Erhöhung erfolgt über Einlagen der Komplementäre bzw. Kommanditisten oder durch Aufnahme neuer Gesellschafter:innen. Für Aufnahme und Ausscheiden gelten analog die Regelungen der OHG. Die Haftung der Komplementäre entspricht derjenigen der OHG-Gesellschafter:innen. Kommanditisten haften ebenfalls gesamtschuldnerisch, aber nur mit ihren Eigenkapitaleinlagen. Wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anders bestimmt, sind Einlagen mit vier Prozent zu verzinsen. Eventuelle Gewinnreste sind angemessen“ (unter ” Berücksichtigung der unterschiedliche Haftung) zu verteilen. Thesaurierte Gewinne werden den Kapitaleinlagen gutgeschrieben. Gregor Weiß (UL) EBWL 136 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Die Kommanditgesellschaft (KG) II Die gesellschaftsrechtliche Regelung der KG: 161!. HGB Auch die KG kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten erwerben und vor Gericht klagen und verklagt werden. Gregor Weiß (UL) EBWL 137 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Kapitalgesellschaften Kapitalgesellschaften sind im Unterschied zu Personengesellschaften juristische Personen. Kapitalgesellschaften sind eigene Steuersubjekte. Für Gewinne sind von der Gesellschaft selbst Steuern (Körperschaftsteuer; in D: 15% + 5,5% SolZ) zu entrichten. Es liegt eine wesentlich stärkere Trennung von Eigentum am Unternehmen und Leitung der Geschäfte vor. Somit ist eine Fremdgeschäftsführung möglich. Und folglich verringert das Ausscheiden einer Gesellschafter:in nicht das Eigenkapital der Gesellschaft, da ausscheidende Gesellschafter:innen Anteilrecht nur an Dritte veräußern können. Kapitalgesellschaften sind gesellschaftsrechtlich in eigenen Regelungswerken kodifiziert (AktG, GmbH). Vorschriften zur Rechnungslegung finden sich hingegen im HGB. Gregor Weiß (UL) EBWL 138 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Die Aktiengesellschaft (AG) Für eine AG gilt das Regelungswerk des Aktiengesetzes (AktG). Eine AG musste früher aus mindestens fünf Aktionär:innen bestehen. Dabei kann es sich um natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften handeln. Seit 1994 ist allerdings das Konstrukt der Kleinen AG“ erlaubt, ” wonach auch eine Person allein eine AG gründen darf. Zur Gründung einer AG müssen die Aktionär:innen einstimmig eine Satzung beschließen, welche notariell zu beurkunden ist. Die Gründer:innen einer AG müssen mindestens 50.000 Euro Kapitaleinlagen tätigen. Diese bildet das gezeichnete Kapital bzw. das Grundkapital, welches in Aktien gestückelt ist. Neues EK kann durch die Ausgabe neuer (junger) Aktien, im Rahmen einer Kapitalerhöhung, gewonnen werden. Gewinne können thesauriert oder als Dividende an die Aktionär:innen ausgeschüttet werden. Bei der Thesaurierung fließen die Gewinne in die Rücklagen der Gesellschaft und erhöhen somit nicht das gezeichnete Kapital. Gregor Weiß (UL) EBWL 139 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Exkurs: Aktien Eine Aktie ist ein Wertpapier. Sie verbrieft einen Anteil am Unternehmen und verkörpert bestimmte Gesellschaftsrechte: Rechte auf Dividendenbezug Bezugsrecht bei einer Kapitalerhöhung Recht auf anteiligen Liquidationserlös im Falle der Auflösung der AG Stimmrechte in der Hauptversammlung Aktien können von der/vom Aktionär:in an Dritte, bei börsennotierten AGs an der Börse verkauft werden. Wird eine Aktie über die Börse verkauft, so entspricht der Verkaufspreis dem aktuellen Börsenkurs. Aktien besitzen damit eine hohe Fungibilität: Ein Ausstieg aus der Gesellschaft ist ohne großen Aufwand möglich. Ebenso wird ein Dritter durch den Kauf von mindestens einer Aktie zur/zum Gesellschafter:in der AG (Aktionär:in). Arten (eine Auswahl) von Aktien sind: Nennwert-, Stück-, Inhaber:innen-, (vinkulierte) Namens-, Stamm- und Vorzugsaktien Gregor Weiß (UL) EBWL 140 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Der Wert“ der Aktie I ” Wird eine Aktie an der Börse gehandelt, so besitzt die Aktie einen aktuellen Börsenkurs. Dies ist der Marktwert der Aktie, d.h. der Wert, mit dem der ” Kapitalmarkt“ ein Anteilsrecht an der Gesellschaft bewertet. Der Börsenkurs ist vom (rechnerischen) Nennwert der Aktie zu unterscheiden, dieser übertri!t den Nennwert oft um das Vielfache. Ein überschlagsweiser Ansatz, den Unternehmenswert einer AG zu bestimmen, besteht darin, den aktuellen Börsenkurs mit der Anzahl der ausgegebenen Aktien zu multiplizieren. Dieser Wert wird als Marktkapitalisierung bezeichnet. Ein:e Aktionär:in kann zweifach von einer Aktie profitieren: Dividendenauszahlung Erhöhung des Börsenkurses Gregor Weiß (UL) EBWL 141 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Der Wert“ der Aktie II ” Das maximale Verlustrisiko einer Aktionär:in, die/der über die Börse Anteilsrechte an der Gesellschaft erworben hat, entspricht dem bezahlten Kaufpreis, wenn der Börsenkurs ihrer/seiner Aktie auf 0 gefallen ist. Gehört sie/er zu den Gründer:innen, so hat sie/er die eigene ursprüngliche Kapitaleinlage verloren. Gregor Weiß (UL) EBWL 142 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Organe der Aktiengesellschaft Die AG weist drei Organe auf: Vorstand Aufsichtsrat Hauptversammlung Die unterschiedlichen Rechte der Geschäftsführung sind prinzipiell im Aktiengesetz geregelt. Viele Gestaltungsspielräume werden aber erst durch die Satzung der Gesellschaft bzw. durch die Geschäftsordnung von Vorstand und Aufsichtsrat ausformuliert. Gregor Weiß (UL) EBWL 143 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Der Vorstand ( 76 ”. AktG): Der Vorstand besteht aus einer oder mehreren natürlichen Personen. Vorstandsmitglieder werden vom Aufsichtsrat für höchstens fünf Jahre bestellt und sind im Handelsregister einzutragen. Der Vorstand ist dem Aufsichtsrat zur Berichterstattung über den Gang der Geschäfte und die beabsichtige Geschäftspolitik verpflichtet (mindestens alle drei Monate). Die Organisation des Vorstands erfolgt nach dem Kollegialprinzip oder Direktorialprinzip. Das Direktorialprinzip ist in Deutschland nicht erlaubt, dennoch können Elemente davon in die Geschäftsordnung integriert werden (starke:r Vorstandsvorsitzende:). Entscheidungen sind immer nach dem Gesamtwohl“ des Unternehmens zu tre!en. ” Innerhalb des Vorstandes werden häufig Ausschüsse gebildet. Die/der Vorstandsvorsitzende koordiniert die Teilaufgaben innerhalb des Vorstands. Gregor Weiß (UL) EBWL 144 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Aufgaben des Vorstands zu den wichtigsten Aufgaben des Vorstands zählen: Leitung des Unternehmens Durchführung der Geschäfte Vertretung der Gesellschaft (gerichtlich und außergerichtlich) Einberufung der Hauptversammlung Erstellung des Jahresabschlusses der Gesellschaft. Gregor Weiß (UL) EBWL 145 / 591 Rechtsformen und Unternehmensverfassung Arten von Rechtsformen Der Aufsichtsrat ( 95 ”. AktG): I Der Aufsichtsrat besteht aus 3 bis 21 Personen, je nach Höhe des Grundkapitals des Unternehmens. Ein Aufsichtsratsmitglied muss nicht zwingend Aktionär:in, darf jedoch nicht gleichzeitig Vorstandsmitglied der Gesellschaft sein. Die Aufsi