Critical Thinking-9-30 PDF
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This document discusses critical thinking, including its facets, models, and challenges. It covers topics like digital competency, intellectual norms, and the role of critical thinking in problem-solving.
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Critical Thinking-9-30.pdf Das Kapitel über kritische Denkfähigkeiten Das Kapitel über kritische Denkfähigkeiten grenzt den Begriff der Dig- italkompetenz ab und zeigt den engen Zusammenhang zur Medienkom- petenz auf, wobei auch Anforderungs- und Kompetenzprofile sowie die Rolle und...
Critical Thinking-9-30.pdf Das Kapitel über kritische Denkfähigkeiten Das Kapitel über kritische Denkfähigkeiten grenzt den Begriff der Dig- italkompetenz ab und zeigt den engen Zusammenhang zur Medienkom- petenz auf, wobei auch Anforderungs- und Kompetenzprofile sowie die Rolle und Gefahren von digitalen Medien als Informationsquelle erläutert werden. Kritisches Denken findet im Kopf von Menschen statt, aber der men- schliche Denkapparat ist anfällig für Denkfehler, die in einem separaten Kapitel (Kapitel 6) behandelt werden. Das Kapitel 9 des Skriptums “Critical Thinking” hat mehrere Lernziele, darunter die Formulierung von Kriterien für kritisches Denken, die Er- läuterung der vier Facetten des kritischen Denkens nach Kruse (Selbst- gesteuertes Lernen Denken, rationales Denken, skeptisches Denken und kritisches Denken als Persönlichkeitseigenschaft) und die Auflistung von kognitiven Fertigkeiten für kritisches Denken. Weitere Lernziele umfassen die Erläuterung des Modells der Stiftung für kritisches Denken, die Beschreibung von intellektuellen Normen, Ele- menten des Denkens und intellektuellen Tugenden sowie die Skizzierung des Prozessmodells für kritisches Denken nach Garrison und Anderson. Es werden auch die Feinde des kritischen Denkens (Dogmatismus, Pop- ulismus, versteckte Interessen und Bequemlichkeit) beschrieben und die Notwendigkeit von Präzision in der Formulierung von Gedanken für kri- tisches Denken erläutert. Darüber hinaus werden sprachliche Unklarheiten (Mehrsinnigkeit und Quantifikationen) als Probleme für kritische Diskurse erläutert und Schritte in der Präzisierung von Gedanken vorgestellt. Das Konzept des kritischen Denkens wird anhand von verschiedenen Annäherungsversuchen erläutert, darunter die Forderung von Immanuel Kant, den Mut zu haben, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Die Stiftung für kritisches Denken (The Foundation for Critical Think- ing) liefert eine kompakte Definition von kritischem Denken, die besagt, dass es darum geht, die Qualität des eigenen Denkens zu steigern, indem man die inhärenten Strukturen des Denkens sachkundig befolgt und sie an intellektuellen Normen misst. Das Ergebnis von kritischem Denken sollte sein, dass eine Person vitale Fragen stellt und klar formuliert, relevante Informationen sammelt und interpretiert, zu durchdachten Schlussfolgerungen kommt und diese an objektiven Kriterien misst, abweichenden Denkweisen mit offenem Geist gegenübertritt und gut kommuniziert. Kritisches Denken kann auch als Selbstgesteuertes Lernen, selbstdiszi- pliniertes, selbstüberwachtes und selbstkorrigierendes Denken beschrieben werden. Namwambah (2020) definiert kritisches Denken als die Fähigkeit, kogni- 1 tive Fähigkeiten und Strategien effektiv einzusetzen, um die Wahrschein- lichkeit eines wünschenswerten Ergebnisses zu erhöhen, und grenzt es von kreativem Denken ab, das sich mit der Bildung möglicher Lösungen oder Erklärungen befasst. Kruse (2017) hebt vier Facetten des kritischen Denkens hervor: kritis- ches Denken als selbstgesteuertes Denken, kritisches Denken als rationales Denken, kritisches Denken als Denken, das sich mit der Erprobung und Bewertung von Lösungen befasst, und kritisches Denken als Denken, das sich mit der Bewertung des eigenen Denkprozesses befasst. Kritisches Denken als selbstgesteuertes Denken bedeutet, dass man selbst- ständig denkt und nicht einfach nur nachvollzieht, was andere für richtig halten. Kritisches Denken als rationales Denken befasst sich mit der Frage, wie man mit fehlendem Wissen im Rahmen des eigenen Denkens umgeht. Die Definition von kritischem Denken von Paul und Elder (2003) wird auch erwähnt, die besagt, dass kritisches Denken die Fähigkeit ist, kogni- tive Fähigkeiten und Strategien effektiv einzusetzen, um die Wahrschein- lichkeit eines wünschenswerten Ergebnisses zu erhöhen. Kritisches Denken weist viele Parallelen zu Forschungshandlungen auf und umfasst Facetten wie Selbstgesteuertes Lernen, rationales, skeptisches Denken und Persönlichkeitseigenschaft. Kritisches Denken ist erforderlich, wenn es um schlecht definierte Prob- leme geht und bestehende Denkroutinen oder Standardmethoden nicht ausreichen. Kritisches Denken als skeptisches Denken bedeutet, dem vorhandenen Wissen grundsätzlich skeptisch gegenüberzustehen und es kontinuierlich auf Schwachstellen zu überprüfen, ohne die Möglichkeit von Wissen oder Erkenntnis grundsätzlich zu leugnen. Kritisches Denken als Persönlichkeitsmerkmal ist eine gewohnheitsmäßige Haltung im Umgang mit Fakten, Daten und Theorien, die von Genauigkeit, Sorgfalt und Umsicht geprägt ist. Eine wesentliche Dimension des kritischen Denkens besteht in der Beschrei- bung der dazu notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie in Tabelle 1 dargestellt. Tabelle 1 listet kognitive Fertigkeiten für kritisches Denken auf, wie Inter- pretieren, Analysieren, Evaluieren, Schlussfolgern, Begründen und Selb- stregulieren, die nach Facione (1990) und zitiert nach Jahn/Cursio (2021) notwendig sind. Kritisches Denken bezieht sich auf eine Vielzahl von kognitiven Fer- tigkeiten und umfasst die Diskussion über Fakten und Wissen sowie entsprechende Argumente und Argumentieren. Für die Abgrenzung und Definition des Begriffes “kritisches Denken” ist es wichtig, dass es nicht auf Basis eines unreflektierten Relativismus gelingen kann, der Begriffe wie “Tatsache” oder “Wahrheit” ablehnt oder generell die Möglichkeit objektiver Geltungsansprüche leugnet. Kritisches Denken erfordert ein grundsätzliches Einvernehmen darüber, 2 dass eine bestimmte Realität tatsächlich zutrifft, um diese kritisch betra- chten zu können. Tatsachen sind nicht sprachfrei zugänglich, sondern müssen durch Aus- sagesätze vermittelt werden, weshalb kritisches Denken auch ein sprachkri- tisches Denken ist. Definitionen und Facetten des kritischen Denkens Die Stiftung für kritisches Denken liefert ein Modell zum kritischen Denken, das aus drei Bestandteilen besteht: Normen, Elemente und Tugenden. Kritisch denkende Personen wenden die intellektuellen Normen rou- tinemäßig auf die Elemente des Denkens an und vervollkommnen so ihre intellektuellen Tugenden. Die universellen intellektuellen Normen sind Kriterien, die es immer dann anzuwenden gilt, wenn man die Qualität eines Gedankengangs überprüfen will. Beispiele für universelle intellektuelle Normen sind Klarheit, Richtigkeit, Logik, Relevanz und Fairness. Klarheit ist ein wichtiger Aspekt des kritischen Denkens, da sie es er- möglicht, zu bestimmen, ob eine Aussage richtig oder wichtig ist. Die Fragestellung sollte klar und präzise sein, um eine angemessene Antwort zu ermöglichen. Richtigkeit ist ein weiterer wichtiger Aspekt des kritischen Denkens, da sie es ermöglicht, die Wahrheit einer Aussage zu überprüfen. Die Autoren Paul und Elder (2003) sowie Jahn und Cursio (2021) werden im Text als Referenzen genannt. Eine Aussage kann klar sein, aber nicht zutreffend, wie im Beispiel “Die meisten Hunde wiegen mehr als 300 Pfund” gezeigt wird. Exaktheit ist wichtig, da eine Aussage zwar klar und richtig sein kann, aber nicht exakt, wie im Beispiel “Hans hat Übergewicht!” zu sehen ist. Relevanz ist ebenfalls wichtig, da eine Aussage klar, richtig und exakt sein kann, aber irrelevant für die Fragestellung, wie im Beispiel der persön- lichen Anstrengungen für einen Lehrgang gezeigt wird. Tiefgang ist erforderlich, da eine Aussage klar, richtig, exakt und relevant sein kann, aber oberflächlich, wie im Beispiel “Sag einfach Nein!” zur Drogenprävention gezeigt wird. Vernetzung ist wichtig, da verschiedene Sichtweisen berücksichtigt werden sollten, um ein umfassendes Verständnis zu erlangen. Logik ist erforderlich, da die Gedanken in einer bestimmten Reihenfolge gebracht werden müssen, um sinnvoll zu sein. Universelle Normen bilden die Grundlage des kritischen Denkens und soll- ten konsequent auf die einzelnen Elemente des Denkens angewendet wer- den. 3 Die Elemente des Denkens nach Paul und Elder Die Elemente des Denkens, die von Paul und Elder (2003) beschrieben werden, umfassen: Absicht: Welche Absicht verfolgen die Autorinnen? Ist die Absicht offen deklariert bzw. klar erkennbar? Ist sie vertretbar? Fragestellung: Ist das Problem/Thema gut formuliert? Eindeutig und ohne Parteinahme? Wird die Beschreibung der Komplexität des behan- delten Sachverhalts gerecht? Information: Führen die Autorinnen relevante Tatsachen, Erfahrungen und Informationen an? Sind die Aussagen überprüfbar und exakt? Interpretation: Entwickeln die Autorinnen eine nachvollziehbare Argu- mentationslinie, die gut erkennen lässt, auf welchem Weg sie zu ihren zentralen Schlussfolgerungen gelangen? Konzepte: Klären und erläutern die Autorinnen Konzepte, Schlüsselbe- griffe und zentrale Ideen ausführlich? Sind diese vertretbar? Annahmen: Sind sich die Autorinnen bewusst, wo sie sich auf Annahmen stützen? Die kritische Bewertung von Texten oder Aussagen beinhaltet die Über- prüfung, ob die Autorinnen Dinge als selbstverständlich hinnehmen, die hinterfragt werden könnten, und ob ihre Ausführungen auf fragwürdigen Annahmen basieren, ohne deren Problematik anzusprechen. Es ist wichtig, dass die Autorinnen die Auswirkungen und Konsequenzen ihrer Haltung berücksichtigen und auch abweichende Standpunkte und Argumentationslinien einbeziehen und entkräften. Intellektuelle Tugenden Die intellektuellen Tugenden entwickeln sich auf der letzten Stufe des kri- tischen Denkens und sind eng mit der Persönlichkeit verbunden. Zu den intellektuellen Tugenden gehören: Intellektuelle Bescheidenheit: Sich der Grenzen des eigenen Wissens be- wusst sein und ein Gespür für Parteilichkeit, Vorurteile und limitierte Standpunkte haben. Intellektueller Mut: Den Mut haben, Ideen, die emotional abgelehnt wer- den, fair und kritisch zu betrachten und zu bewerten. Intellektuelle Anteilnahme: Sich in die Lage anderer versetzen können, um sie zu verstehen, und die Bereitschaft haben, die eigene Haltung zu überwinden. Intellektuelle Unabhängigkeit: Die eigenen Haltungen und Werte mit dem Verstand im Griff haben und kritisch denken lernen. Diese intellektuellen Tugenden sind nach Paul und Elder (2003) wesentliche Bestandteile des kritischen Denkens. Intellektuelle Aufrichtigkeit ist entscheidend, um kritisch zu denken, in- dem man der eigenen Denkhaltung treu bleibt, intellektuelle Normen kon- sequent befolgt und Widersprüche im eigenen Denken und Handeln offen 4 eingesteht. Intellektuelle Beharrlichkeit ist notwendig, um trotz Problemen und Hin- dernissen nach objektiven Einsichten und Wahrheiten zu suchen und sich an rationalen Prinzipien zu orientieren. Vertrauen in die Vernunft ist wichtig, um den Spielraum der Vernunft voll auszuschöpfen und alle Menschen zu ermutigen, durch die Entwicklung ihres rationalen Denkvermögens zu eigenen Schlussfolgerungen zu gelan- gen. Gerechtigkeitssinn ist erforderlich, um alle Standpunkte gleich zu behan- deln, ungeachtet der eigenen Gefühle und Interessen, und die intellek- tuellen Normen konsequent durchzusetzen. Das Prozessmodell des kritischen Denkens nach Garrison und Anderson Das Modell von Garrison und Anderson (2003) beschreibt den Prozess des kritischen Denkens in vier Phasen: Erkundungsphase, Diskurs und Austausch, Integrationsphase und Auflösung des Problems. In der Erkundungsphase wird der fragliche Sachverhalt genauer unter- sucht, um ihn besser zu verstehen und zu beurteilen. Der Auslöser für den kritischen Denkprozess ist ein Widerspruch oder eine unverständliche Situation, die die vorhandenen Denk- und Hand- lungsweisen an ihre Grenzen bringt. Das kritische Denken wird aktiviert, wenn die Person versucht, den Sachverhalt besser zu verstehen und den erkannten Widerspruch aufzulösen. Kritische Überlegungen können sich in verschiedenen Handlungen man- ifestieren, wie z.B. Brainstorming, Recherche, Notizen oder Gesprächen mit anderen Personen. Durch diese Überlegungen kann es gelingen, Informationen in das eigene Denken und Handeln einzubeziehen und gut begründete Urteile über eine Situation oder ein Problem zu fällen. Die Ergebnisse dieser Phase sind elaborierte Ideen und Konzepte, die in den vorherigen Phasen entstanden sind und durch geprüfte Belege ab- gesichert sind. In der vierten Phase geht es um die eigentliche Auflösung des Problems, indem konkrete Varianten durch das Handeln in der Praxis erprobt wer- den. Die aufgestellten Ideen und Konzepte werden getestet und neue Denk- und Handlungsstile angewendet, wobei die gewonnenen Annahmen und Erkenntnisse einem “Reality-Check” unterzogen werden. Der Prozess des kritischen Denkens kann jedoch zu neuen Widersprüchen und Fragen führen, die einen weiteren Zyklus des kritischen Denkens aus- lösen. Der Ort für diesen Prozess des kritischen Denkens wird in zwei Bereiche geteilt: den persönlichen Bereich der eigenen Reflexion und den zwischen- 5 menschlichen Bereich des Austausches mit der Welt. Feinde des kritischen Denkens Kruse (2017) beschreibt “Feinde des kritischen Denkens”, zu denen auch der Dogmatismus gehört, der das unveränderte und unkritische Festhalten an Überzeugungen, Wertvorstellungen oder Weltanschauungen beinhaltet. Dogmatismus ist das Gegenteil des kritischen Denkens und kann zu Fa- natismus führen, einem übersteigerten, blinden Engagement für eine bes- timmte Idee. Es besteht ein Spannungsfeld zwischen dem praktischen Wert von Dog- matismus und der Notwendigkeit, kritisch zu denken, da feste Meinungen nicht immer von dogmatischen Meinungen unterschieden werden können. Der Kampf zwischen Dogmatismus und kritischem Denken ist nicht nur eine innerwissenschaftliche Sache, sondern auch eine individuelle Heraus- forderung, die man ständig mit sich selbst austragen muss. Populismus und Fundamentalismus stellen einen Gegenpol zum kritischen Denken dar, da sie oft den Anspruch auf Rationalität aufgeben oder bekämpfen und sich nicht einer Konsensfindung verpflichtet fühlen. Versteckte Interessen können den kritischen Diskurs und die wis- senschaftliche Arbeit beeinflussen, wenn unreflektierte Interessen die Zielsetzungen lenken und die Bewertung der Gegenstände beeinträchti- gen. Geförderte Forschung kann vor der Herausforderung stehen, die Grund- sätze des kritischen Denkens und freien Forschens von den Förderinter- essen zu trennen, insbesondere bei Widersprüchen zwischen dem Ergebnis des kritischen Denkens und den Interessen der Fördergeber. Die persönliche Bequemlichkeit kann ein Feind des kritischen Denkens sein, da es oft einfacher ist, eine bereits vorhandene Position unkritisch zu übernehmen, als eine eigene, durchdachte Position zu entwickeln. Die Übernahme von Meinungen der Mehrheit oder von bestimmten Me- dien ohne Reflexion kann zu einer unkritischen Haltung führen. In einer komplexen Welt ist es schwierig, zu allen Themen eine fundierte und kritische Meinung zu entwickeln, und es ist wichtig, sich der eigenen Grenzen bewusst zu sein und nicht zu jedem Thema eine Meinung haben zu müssen. Es gibt drei Fehler, die bei der Meinungsbildung gemacht werden können: Meinungen zu Themen zu versprühen, die einen nicht interessieren, Mein- ungen zu unbeantwortbaren Fragen zu haben und nicht genügend Zeit für eine vernünftige Klärung aufzuwenden. Der Text beschreibt drei Fehler, die beim kritischen Denken gemacht werden können: Niemand kann die Zukunft vorhersagen, Fachleute eingeschlossen, und man sollte sich vor vorschnellen Meinungen hüten. Der dritte Fehler ist, dass Menschen dazu tendieren, voreilige Antworten auf komplexe Fragen zu geben, wie es der amerikanische Psychologe Jonathan Haidt untersucht hat. 6 Es ist wichtig, keine Meinung zu allem und jedem haben zu müssen, und Meinungslosigkeit ist kein Zeichen von geistiger Beschränktheit, sondern ein Zeichen von Intelligenz. Wenn man sich eine Meinung bilden will, sollte man sich Zeit nehmen, in Ruhe darüber schreiben und Ansichten von außen einholen, möglichst von Menschen, die anders denken. Es ist wichtig, die eigenen Argumente zu hinterfragen und zu versuchen, sie zu durchlöchern, um herauszufinden, ob sie stichhaltig sind. Präzises Denken und sprachliche Unklarheiten Ein essenzieller Teilaspekt des kritischen Denkens ist die Notwendigkeit einer gewissen Präzision und Genauigkeit im Denken und Formulieren von Gedanken. Sprachliche Unklarheiten können in einem kritischen Diskurs zu einem bedeutenden Hindernis werden und sollten daher vermieden werden. Ein Beispiel für sprachliche Unklarheit ist die Mehrdeutigkeit, wie im Satz “Wir fordern mehr Sicherheit!” gezeigt wird, der ohne Kenntnis des genauen Kontextes nicht eindeutig interpretiert werden kann. Um die Bedeutung eines solchen Satzes zu klären, muss zunächst die Be- deutung des Wortes “Sicherheit” geklärt werden, dann der Kontext, in dem es verwendet wird, und schließlich die spezifischen Anforderungen, die damit verbunden sind. Die Mehrdeutigkeit in der Sprache kann durch verschiedene Faktoren entstehen, wie zum Beispiel durch die Verwendung von Sicherheits- gurten für Autofahrerinnen und Helme für Fahrradfahrer, oder durch die Forderung der Stadtbevölkerung an die Stadtverwaltung, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Anzahl der Unfälle zu reduzieren. Quantifikationen wie “alle”, “einige” und “keine” können ebenfalls zu Un- klarheiten in der Sprache führen, da sie oft unbemerkt bleiben, aber den- noch praktische Auswirkungen haben können. Allaussagen (oder universelle Urteile) wie “Du kommst immer zu spät” können durch Gegenbeispiele widerlegt werden und sind oft übertrieben, um Nachdruck zu verleihen. Angaben wie “sehr viele”, “fast alle” oder “die meisten” helfen, genaue Aussagen zu machen, bleiben aber selbst vage und geben keine klare An- zahl an. Der Gedanke “Europa ist am Ende” ist nicht hinreichend präzisiert und es ist nicht klar, ob ihm ein Wahrheitswert zugeschrieben werden kann, da “am Ende” nicht definiert ist. Um genau zu denken, müssen wir eine sachliche Priorisierung vornehmen und unsere Gedanken sprachlich präzisieren, indem wir entscheiden, worüber wir genau nachdenken und welche Worte bzw. Begriffe die besten sind. Die Präzisierung der Aussage “Die EU muss sich erneuern” zeigt, dass der Satz eher eine Aufforderung ist als eine Aussage und dass “erneuern” nicht 7 definiert ist. Eine Präzisierung des Gedankens würde erfordern, den Gegenstand klar zu benennen, das handelnde Subjekt klar zu definieren und die Bedeutung von “erneuern” zu klären. Der Autor Kruse (2017) wird zitiert, um die Bedeutung von Präzisierung in der Sprache zu unterstreichen. Die Bürgerinnen, Parteien, Politikerinnen, Landesregierungen, das Eu- ropäische Parlament, der Europäische Rat und andere müssen die Eu- ropäische Union (EU) verändern, aber es ist wichtig, den Vorgang zu präzisieren und zu kontextualisieren, um zu verstehen, was genau gemeint ist. Die Präzisierung einer Aussage bedeutet, einen Gedanken genauer zu fokussieren und ihn damit auch einzugrenzen, um einen engeren und klar benannten Wirklichkeitsausschnitt zu betrachten. Beispiele für präzisierte Aussagen sind: “Die EU-skeptischen Parteien im Europäischen Parlament verlangen eine Umwandlung der politischen Ver- fassung der EU in einen Staatenbund” und “71 Prozent der Befragten sprechen sich für den Erhalt der EU-Mitgliedschaft ihres Landes aus, ob- wohl 72 Prozent der Meinung sind, die EU-Politik bewege sich in die falsche Richtung”. Kritisches Denken bedeutet Selbstgesteuertes Lernen, selbstdisziplin- iertes, selbstüberwachtes und selbstkorrigierendes Denken, das durch vier wichtige Facetten gekennzeichnet ist: selbstgesteuertes Denken, rationales Denken, skeptisches Denken und kritisches Denken als Persönlichkeitseigenschaft. Notwendige Fähigkeiten und Fertigkeiten für kritisches Denken sind Inter- pretieren, Analysieren, Evaluieren, Schlussfolgern, Begründen und Selb- stregulieren. Kritisches Denken kann nicht gelingen, wenn Begriffe bzw. Konzepte wie “Tatsache” oder “Wahrheit” grundsätzlich abgelehnt werden, und es ist stets auch ein sprachkritisches Denken. Kritisch Denkende wenden die intellektuellen Normen routinemäßig auf die Elemente des Denkens an und vervollkommnen so ihre intellektuellen Tugenden, wie Klarheit, Richtigkeit, Exaktheit, Relevanz, Tiefgang, Ver- netzung und Logik. Die intellektuellen Tugenden umfassen Bescheidenheit, Mut, Anteilnahme, Unabhängigkeit, Aufrichtigkeit, Beharrlichkeit, Vertrauen in die Vernunft und Gerechtigkeitssinn. Das Prozessmodell des kritischen Denkens nach Garrison und Anderson beschreibt den Prozess, der durch einen Auslöser zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und Wahrnehmung führt. In der Erkundungsphase eines Problems finden Überlegungen und das Denken in Bezug auf das erkannte Problem statt, was ein wichtiger Teil des kritischen Denkens ist. In der Integrationsphase werden die recherchierten Informationen in Ideen und Konzepten zusammengefasst, um eine Erprobung durch Handeln in 8 der Praxis zu ermöglichen, sowohl im persönlichen als auch im geteilten Bereich. Wichtige Feinde des kritischen Denkens sind Dogmatismus, Populismus, versteckte Interessen und Bequemlichkeit, die das kritische Denken behin- dern können. Präzises Denken ist notwendig für kritische Diskurse und damit auch für kritisches Denken, insbesondere in Bezug auf sprachliche Unklarheiten wie Mehrdeutigkeit und Quantifikationen. Die Präzisierung von Gedanken erfordert das klare Benennen des Gegen- standes, die klare Definition des handelnden Subjektes, eine Präzisierung des Vorganges sowie eine Kontextualisierung von Behauptungen. 9