Vergleichende Politikwissenschaft PDF
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University of St. Gallen
Prof. Oliver Strijbis
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Summary
This document appears to be lecture notes or study materials on political science, specifically focusing on party systems and cleavages. It discusses different categories of cleavages and their implications within party systems, including regional and social cleavages. Analysis of specific party systems from Scandinavia is also included in the material.
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Er fragt nur Fragen an der Prüfung nach den Folien Online-Blog lesen und nicht die Texte Vergleichende Politikwissenschaft Parteiensysteme: Anwendung Prof. Oliver Strij...
Er fragt nur Fragen an der Prüfung nach den Folien Online-Blog lesen und nicht die Texte Vergleichende Politikwissenschaft Parteiensysteme: Anwendung Prof. Oliver Strijbis 1 Inhalte heute: 1. Nachtrag: Cleavages -> soziale Kon ikte 2. Anwendung: Parteiensysteme Skandinaviens 2 Lernziele Die Studierenden können die Cleavagetheorie auf die Analyse von Parteiensystemen anwenden Die Studierenden können den Erklärungsgehalt der Cleavagetheorie kritisch beurteilen 3 Inhalte heute: 1. Nachtrag: Cleavages 2. Anwendung: Parteiensysteme Skandinaviens 4 3. Cleavages (1) Wenn die drei Dimensionen gegeben sind, sagt man dem auch Pfeiler Cleavages: Spaltung (cleavage) = soziale Konfliktlinie, Opposition, Trennung. Dimensionen (Bartolini und Mair, 1990): 1. sozial (Gruppen, Schichten): Klassen, Religionen, Sprachen … auf struktureller Ebene, Potenzial zu Kon ikt 2. kulturell (Werte, Glauben, Vertrauen): Elemente von Solidarität und Gemeinsamkeit innerhalb der Gruppe, Loyalität- und Zugehö- nicht nur Klassenunterschiede sondern rigkeitsgefühl, … auch Identi kation mit den Klassen 3. organisatorisch (Parteien, aber nicht ausschliesslich): durch Demokratisierung werden Parteien zentral für die Durchführung des „Kampfes“. politische Organisationen welche die Spaltungen widerspiegeln Veränderung von Cleavages: Entstehung durch Konflikt und Mobilisierung (alignment) Auflösung durch Pazifizierung und Demobilisierung (dealignment) Umwandlung durch ideologische Anpassung (realignment) z.B. mehr soziale Mobilität 5 3. Cleavages (2) Auf Grund welcher sozialer Kon ikte sind Parteiensysteme entstanden Tabelle: Cleavages und Parteienfamilien Parteienfamilien “Revolution” Zeit Spaltung Inhalt des Konflikts (zuerst Liberale) Frühes 19. Grad an staatlicher Zentralisierung und Regionalisten / Zentrum–Peripherie Jahrhundert kulturelle Standardisierung ethnische Parteien National (beschränktes Säkularisierung, Demokratisierung, Konservative / Wahlrecht) Staat–Kirche Partizipation in repräsentativen Institutionen religiöse Parteien Spätes 19. Liberalisierung von industriellem Handeln, Stadt–Land Agrarparteien Jahrhundert ländliche Tarifpolitik, Allianzen mit Industrie Industriell (Erweiterung Unternehmer– Grad staatlicher Intervention in Wahlrecht) Sozialisten Arbeiter Marktwirtschaft und Sozialpolitik Frühes 20. Jahrhundert Kommunismus– Internationale Leadership und reformierende International (allgemeines Kommunisten Sozialismus gegen revolutionäre Strategie Wahlrecht) Spätes 20. Materialismus– Neue linke Parteien / Jahrhundert (de- Bürgerrechte, Pazifismus, Feminismus, Umwelt post-materialismus Grüne Post-industriell mobilisierte Wählerschaft) Offene–geschlossene Offenheit von Arbeitsmarkt, Einwanderung, Rechts-Populisten / Gesellschaften wirtschaftliche Integration anti-EU 6 3. Cleavages (3) Durchschnittlicher Wähleranteil in Prozent (%) zuerst grosse liberale Dominanz Ende 19 JH: Industrialisierung -> Aufstieg der Sozialisten nach 1. WK Spaltung in Kommunisten realignment: Bauernpartei zu rechtspopulistischer Partei (Umwandlung von bestehenden Parteien) Source: Caramani (p.c.) 7 3. Cleavages (4) Nationale Revolution 1: Zentrum−Peripherie Wandel Herausbildung des Staates => administrative Zentralisierung, Steuerhoheit. Konstruktion der Nation: kulturelle Integration / Standardisierung => Sprache und Religion. Konflikt Verteilung Ressourcen (z.B. Steuern), kulturelle Identitäten, lokale Privilegien. Unterstützende Faktoren: (1) geographische Abtrennung (2) kulturelle Unterscheidungen (3) wirtschaftliche Stärke. Parteienfamilien: peripherer Widerstand Regionalisten und ethnisch-sprachliche Parteien gegen Zentralisierung von Liberalen (und konservativen Parteien). 8 3. Cleavages (5) Nationale Revolution 2: Staat−Kirche Wandel Der liberale Staat und dessen demokratische Institutionen. Ende der Privilegien: Aristokratie und Klerus (Land, Besitz). Säkularisierung: Herausforderung an religiösen Werten. Konflikt Kontrolle der Institutionen (Macht), Definition von Werten, Bildung und Schulpolitik, staatliche Ehe, etc. Parteienfamilien: konservativer Wiederstand Konservative / katholische (teilweise auch protestantische) Parteien für Erhaltung von Werten und Privilegien. Demokratisch und sozial gemässigter Widerstand: Christdemokratie. 9 3. Cleavages (6) Industrielle Revolution 1: Stadt−Land Wandel Industrialisierung und der Rückgang der Agrarwirtschaft. Der Aufstieg der städtischen Bourgeoisie. Konflikt Tarif- und Handelspolitik: Protektionismus (abgeschwächte Agrarwirtschaft) gegen Liberalismus (aufsteigende Industrie). Parteienfamilien: ländlicher Widerstand Agrarparteien, insbesondere in den nordischen Ländern, USA, Osteuropa und Schweiz (BGB). − Wandel in Zentrumsparteien (Nordeuropa). − Wandel in national-konservative Parteien (Schweiz). 10 3. Cleavages (7) Industrielle Revolution 2: Unternehmer−Arbeiter Wandel Die Auswirkung der industriellen Revolution: Wirtschaft und Gesellschaft. Der Aufstieg der Arbeiterbewegung. Konflikt „Kapital gegen Arbeit“ / Klassenkonflikt: Ausnutzung und Verteidigung von Arbeit: Löhne, Kinder- und Frauenarbeit, Sozialpolitik (Arbeitsplatz, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter), Wirtschaftspolitik (Intervention, Verteilung, progressive Steuern). Parteienfamilie: linke Parteien Sozialismus (Arbeiterparteien, labour, Sozialisten, Sozial-demokraten) in Allianz mit Gewerkschaften. 11 3. Cleavages (8) Internationale Revolution: Nationalismus−Internationalismus Wandel Sowjetrevolution (1917) Nationalismus (1. Weltkrieg) Konflikt Nationale Solidarität vs. internationale Solidarität Reformen vs. Revolution Parteienfamilie: revolutionäre Linke Abspaltung von kommunistischen Parteien (Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Griechenland). 12 3. Cleavages (9) Postindustrielle Revolution 1: Sicherheit und Wohlstand Wandel Aufkommen von neuen Werten nach 2. Weltkrieg. Neue Kohorten werden mit post-materialistischen Werten sozialisiert unter sozio-ökonomischen und internationalen Bedingungen: Frieden, Wohlstand, Wohlfahrtstaat. Konflikt Rechte von Minderheiten (ethnische Minderheiten, Migrantinnen, LGBTQ), Pazifismus, Feminismus (Gleichstellung in Bildung, Arbeit, Familie, Politik), Umweltschutz (1980er) Parteienfamilie: alternative und sozialliberale Linke Sozialliberale Parteien, Grüne (Deutschland, Niederlande, Skandinavien, Schweiz). Wandel von sozialdemokratischen Parteien (realignment!). 13 3. Cleavages (10) Postindustrielle Revolution 2: Globalisierung Wandel Wiederstand gegen Globalisierung, Backlash gegen Postmaterialismus und neue Linke, Widerstand gegen kosmopolitische Eliten Konflikt Supranationale Integration (EU), Migration, Menschenrechte, Klimawandel, Wirtschaftliche Globalisierung, Gender Parteienfamilie: Rechtspopulismus Rechtspopulistische, anti-EU Parteien (ganz Westeuropa ausser Irland). Wandel von konservativen und postfaschistischen Parteien (realignment!). 14 3. Cleavages (11) Durchschnittlicher Wähleranteil in Prozent (%) Source: Caramani (p.c.) 15 3. Cleavages (12) Cleavages als Erklärung für Parteiensysteme: Anzahl der Parteien: Liberale + eine Partei pro historische Cleavage (National, industriell, international) Ideologie der Parteien Wandel von Ideologie und struktureller Basis (realignment mit post-industriellen Cleavages) Polarisierung des Systems: Je stärker desto weniger überschneidende (≠ «cross-cutting») Cleavages Stabilität: Eine ausserordentliche Pfadabhängigkeit der (westeuropäischen) Parteiensysteme → Erklärt Varianz in Zeit und Raum: Historische Veränderungen, Unterschiede zwischen polities (v.a. Ländern) → Wir lieben Cleavagetheorie! 16 3. Cleavages (13) Aber was ist mit Wahlsystemen? Auch Wahlsysteme erklären Parteiensysteme, sie sind teilweise aber auch endogen (d.h. werden durch Parteiensystem und indirekt Cleavages erklärt) Wahlsysteme haben einen E ekt, aber nicht Cleavages so einen grossen. Parteiensysteme Wahlsysteme 17 3. Cleavages (14) Tabelle: Wahlsystem und effective Anzahl Parteien (ENP) … … … … … Source: Colomer 2005 18 3. Cleavages (15) Tabelle: Wahlsystem und effective Anzahl Parteien (ENP) (Fort.) Source: Colomer 2005 Das Wahlsystem hat einen Einfluss, aber nicht so sehr wie erwartet: Länder mit MR haben nur etwa 1 „effektive“ Partei mehr Es sind vor allem Länder mit bereits mehr Parteien, die zu MR wechseln (Endogeneität) 19 Inhalte heute: 1. Nachtrag: Cleavages 2. Anwendung: Parteiensysteme Skandinaviens 20 2. Parteiensysteme Skandinaviens (1) 1. Das Parteiensystem Dänemarks Die Serie zum Thema! 21 2. Parteiensysteme Skandinaviens (2) 1. Das Parteiensystem Dänemarks 22 2. Parteiensysteme Skandinaviens (3) Das Parteiensystem Dänemarks: 1. Beschreibung Ende 19. Jahrhundert: Dominante Liberale und Opposition von Konservativen Anfang 20. Jahrhundert: Aufkommen der Sozialdemokratie und Sozialliberalen Nach 2. WK: Kommunisten (schwach) 1970er: Aufkommen Rechtspopulisten 1970er: Fragmentierung bei der Linken Seit 2000er: Zusätzliche Fragmentierung in der Linken und Rechten 23 2. Parteiensysteme Skandinaviens (4) Das Parteiensystem Schwedens (Fort.): 2. Interpretation: PR-Wahlsystem: Geringe Anreize für Koordination, neue Cleavage führt eher zu neuer Partei als zu Reorientierung (z.B. Fusion, Unbenennung, etc.) Cleavages: Staat vs. Kirche: Liberale und Konservative Arbeit vs. Kapital: Sozialisten (International: Kommunisten) (Postmaterialismus: Führt zu etwas Fragmentierung auf der Linken, aber keine bedeutende grüne Partei!) Globalisierung: Neue starke Rechtspopulisten Seit 2000er: Dealignment? Neue Cleavage? immer mehr Volatilität -> man weiss noch nicht genau wo es hinführen wird 24 2. Parteiensysteme Skandinaviens (5) Das Parteiensystem Schwedens: 25 2. Parteiensysteme Skandinaviens (6) Das Parteiensystem Schwedens (Fort.): 1. Beschreibung Ende 19. Jahrhundert: Dominante Liberale und Opposition von Konservativen Anfang 20. Jahrhundert: Aufkommen der Sozialdemokratie Frühes 20. Jahrhundert: Bauernpartei, Kommunisten sehr schwach Ab 1970er: Leichte Fragmentierung der Linken Seit 2000er: Aufkommen der Rechtspopulisten Seit 2000er: Zusätzliche Fragmentierung des Zentrums und der Rechten 26 2. Parteiensysteme Skandinaviens (7) Das Parteiensystem Schwedens: 2. Interpretation: PR-Wahlsystem: Geringe Anreize für Koordination, neue Cleavage führt eher zu neuer Partei als zu Reorientierung (z.B. Fusion, Unbenennung, etc.) Cleavages: Staat vs. Kirche: Liberale und Konservative Arbeit vs. Kapital: Sozialisten (International: Kommunisten) (Postmaterialismus: Führt zu etwas Fragmentierung auf der Linken, aber keine bedeutende grüne Partei!) Globalisierung: Neue starke Rechtspopulisten 27 Parteien und Parteiensysteme Schluss Das Studium von Parteien und Parteiensystemen als zentrales Thema in der VP Parteien als einzelne Akteure vs. Parteiensysteme Notwendige Abstraktion von spezifischen Parteien zu Parteiensystemen und Parteienfamilien (Abstraktionsleiter!) Wahlrecht strukturiert Anzahl der Parteien und hat evt. Einfluss auf Polarisierung. Aber Wahlrecht ist auch endogen. Cleavage-Theorie zur Erklärung von Parteiensystemen: Dominante Theorie zur Erklärung von Entstehung und Wandel von Parteien in (West- )Europa Generalisierbarkeit auf andere Kontexte Geringere Erklärungskraft heute: Dealignment oder Realignment? 28